L 3 AL 47/06

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 9 AL 343/04
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 47/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 20. März 2006 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Gewährung von Fahrkostenbeihilfe.

Der 1959 geborene Kläger, der seinerzeit in M. (bei N.) wohnte, meldete sich am 30. März 2004 bei der Beklagten arbeitslos, nachdem er zuvor seit Januar 2001 eine selbständige Tätigkeit ausgeübt hatte. Am 19. April 2004 nahm der Kläger eine bis zum 23. Juni 2004 befristete Beschäftigung bei dem Bezirksamt H.-M. als Wahlhelfer im Rahmen der Europawahl auf. Die einfache Fahrstrecke vom damaligen Wohnort des Klägers zum Beschäftigungsort in H.-M. betrug 84 Kilometer.

Am 21. April 2004 beantragte er mündlich und am Folgetag schriftlich die Gewährung von Fahrkostenbeihilfe für tägliche Hin- und Rückfahrten vom Wohnort zum Arbeitsplatz.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 12. Mai 2004 ab. Zur Begründung führte sie unter Bezugnahme auf § 53 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III) i.V.m. § 324 Abs. 1 SGB III aus, dass Leistungen zur Förderung der Aufnahme einer Beschäftigung grundsätzlich vor Eintritt des Ereignisses, das die Gewährung der Leistung begründe, zu stellen seien. Als förderrechtlich maßgebend gelte das Datum der Antragstellung. Die Arbeitsaufnahme liege vor diesem Datum. Der Antrag sei somit verspätet gestellt. Der Kläger habe das Merkblatt 1 erhalten, in dem unter dem Gliederungspunkt "weitere Hilfen" auf die rechtzeitige Antragstellung verwiesen werde. Gründe, dass diese Ablehnung für den Kläger eine unbillige Härte bedeute, seien nicht erkennbar bzw. seien nicht vorgebracht.

Mit bei der Beklagten am 27. Mai 2004 eingegangenen Widerspruchsschreiben begründete der Kläger den Antrag auf Fahrkostenbeihilfe. Er führte aus, dass er den Antrag unverzüglich gestellt habe, nachdem er die Information über die Möglichkeit einer Förderung erhalten habe. Leider sei dies erst nach Arbeitsantritt der Fall gewesen. In dem Merkblatt werde auf die Möglichkeit der Förderung nicht hingewiesen. Auch habe er in Beratungsgesprächen keinerlei Hinweise auf Förderungsmöglichkeiten bei Aufnahme einer Arbeit erhalten. Hierzu wäre die Beklagte jedoch verpflichtet gewesen. Die entstehenden Fahrkosten seien derart hoch, dass er nicht wisse, wie er diese bei seiner derzeitigen finanziellen Situation bestreiten solle. Dass ihm aus der verspäteten Antragstellung derartige Nachteile entstehen sollten, verstehe er nicht. Er bitte um erneute Überprüfung des Ablehnungsbescheides.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2004 wies die Beklagten den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Kläger habe den Antrag verspätet gestellt. Zwar könnten Leistungen zur Förderung der Aufnahme einer Beschäftigung auf Antrag gewährt werden. Dieser sei jedoch nach § 324 SGB III grundsätzlich vor Eintritt des leistungsbegründenden Ereignisses zu stellen. Da der Kläger die Arbeit am 19. April 2004 aufgenommen habe, bevor er am 21. April 2004 den Antrag auf Gewährung von Fahrkostenbeihilfe gestellt habe, könne diesem nicht entsprochen werden. Die verspätete Antragstellung könne auch nicht nach § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III zugelassen werden, da eine unbillige Härte nicht anzunehmen sei. Er, der Kläger, habe das Merkblatt 1 erhalten, in dem unter dem Gliederungspunkt - Weitere Hilfen - auf die Bedeutung der rechtzeitigen Antragstellung verwiesen werde und darauf, dass Hilfen zur Arbeitsaufnahme nur dann gewährt werden könnten, wenn die Antragstellung vor Arbeitsaufnahme erfolge. Bedarf für eine weiter gehende Beratung des Klägers habe nicht bestanden, so dass die Berufung auf die verspätete Antragstellung keine unbillige Härte bedeute.

Dagegen hat der Kläger am 23. Juli 2004 vor dem Sozialgericht Kiel Klage erhoben. Zur Begründung hat er ausgeführt: Er könne nicht akzeptieren, dass die Beklagte den Antrag allein wegen Verspätung abgelehnt habe. Er habe den Antrag unverzüglich gestellt, nachdem er die Information über die Möglichkeit einer Förderung erhalten habe. Dass dies erst nach Arbeitsaufnahme der Fall gewesen sei, dürfe ihm nicht zum Nachteil gereichen. In dem Merkblatt werde auf die Möglichkeit der Förderung lediglich allgemein und nicht bezogen auf Fahrkostenbeihilfe hingewiesen. Auch sei er in den Beratungsgesprächen nicht entsprechend informiert worden. Das Versäumnis sei demnach nicht ihm, sondern der Beklagten anzulasten.

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 12. Mai 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihn unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts im Hinblick auf seinen Antrag auf Mobilitätshilfe neu zu bescheiden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat auf die ihrer Auffassung nach zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid Bezug genommen. Ergänzend hat sie vorgetragen: Der Kläger habe bei seiner Arbeitslosmeldung am 30. März 2004 das o.a. Merkblatt für Arbeitslose erhalten und dessen Kenntnisnahme und Erhalt mit Unterschrift auf dem Antrag bestätigt. Hierin werde unter Ziff. 15, S. 64, unmissverständlich darauf hingewiesen, dass eigene Bemühungen, einen Arbeitsplatz zu finden, unterstützt werden könnten. Allerdings sei immer Voraussetzung, dass entsprechende Hilfen vor Entstehung der Kosten, also hier vor Arbeitsaufnahme, beantragt würden.

Nach mündlicher Verhandlung vom 20. März 2006 hat das Sozialgericht den Bescheid vom 12. Mai 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Juni 2004 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Fahrkostenbeihilfe neu zu bescheiden. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die zulässige Klage sei begründet. Der Kläger habe Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung der Beklagten über seinen Antrag auf Fahrkostenbeihilfe. Zwar habe er den Antrag tatsächlich erst nach Arbeitsaufnahme gestellt. Entgegen der Auffassung der Beklagten stelle der Leistungsausschluss jedoch eine unbillige Härte im Sinne des § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III dar, so dass die Beklagte die verspätete Antrag¬¬stellung hätte zulassen können. Eine unbillige Härte liege deshalb vor, weil das Verschulden des Klägers an der Versäumung der Ausschlussfrist gering sei, die Folgen für ihn wirtschaftlich erheblich seien und der Zweck des § 324 Abs. 1 SGB III, der Beklagten vor Inanspruchnahme von Leistungen Prüfungs- und Beratungsmöglichkeiten zu eröffnen, im konkreten Fall nicht berührt sei, weil bei rechtzeitiger Antragstellung voraussichtlich keine Ablehnungsentscheidung zu treffen gewesen wäre. Ihm sei nicht als schwerwiegendes Versäumnis anzulasten, dass er keine Kenntnis von der Möglichkeit der Gewährung von Fahrkostenbeihilfe gehabt habe. Das Merkblatt erwähne diese Mobilitätshilfe im Übrigen nicht, sondern weise nur in allgemeiner Form auf weitere Hilfen in Gestalt der Förderung der Arbeitsaufnahme hin, ohne dass die einzelnen Leistungen genannt würden. Aufgrund der dokumentierten überregionalen Bewerbungsaktivitäten des Klägers hätte im Übrigen Anlass für eine weiterführende Beratung des Klägers bestanden. Der Kläger habe sich infolge der erheblichen Fahrkosten wirtschaftlich schlechter als zuvor gestanden. Schließlich habe sich die um zwei Tage verspätete Antragstellung nicht im Sinne des Gesetzeszwecks auf die Prüfungs- und Beratungsmöglichkeiten der Beklagten auswirken können. Der Kläger habe wenige Tage vor der Arbeitsaufnahme um Beratung nachgesucht. Stellen- und Maßnahmeangebote seien ihm dabei nicht unterbreitet worden. Unter diesen Umständen sei nicht ersichtlich, welche Alternativen zu der Arbeitsaufnahme in Hamburg, die die Förderung entbehrlich gemacht hätten, die Beklagte dem Kläger hätte vorschlagen können. Die Beklagte habe demnach über die Zulassung des verspäteten Leistungsantrags ermessensgerecht zu entscheiden.

Gegen dieses, der Beklagten am 28. April 2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 29. Mai 2006 (Montag) vor dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung. Zur Begründung führt sie aus: Das erstinstanzliche Urteil halte einer Überprüfung nicht stand. Anlass zu einer initiativen Beratung des Klägers bzw. hinsichtlich der Förderungsmöglichkeiten habe nicht bestanden. Eigeninitiative, Bewerbungsbemühungen sowie versicherungsgerechtes Verhalten gehörten zu den selbstverständlichen Pflichten eines jeden Arbeitslosen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 20. März 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Er habe den Antrag auf Fahrkostenbeihilfe unverzüglich gestellt, nachdem er die Information über die Möglichkeit einer solchen Förderung erhalten habe. Leider sei dies erst nach Arbeitsantritt der Fall gewesen.

Der Senat hat noch die ergänzende Stellungnahme der Beklagten vom 26. Februar 2007 eingeholt, wonach eine maximale Förderung durch die Gewährung von Fahrkostenbeihilfe im Falle des Klägers in Höhe von insgesamt 1.626,24 EUR in Betracht gekommen wäre.

Dem Senat haben die den Kläger betreffende Leistungsakte der Beklagten und die Gerichtsakten vorgelegen. Diese sind Gegen¬stand der mündlichen Verhandlung gewesen. Hierauf wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft. Insbesondere wird der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ma߬gebliche Beschwerdewert von 500,00 EUR überschritten. Der Wert des Beschwerdegegenstandes errechnet sich vorliegend nach §§ 54 Abs. 4, 46 Abs. 2 Satz 3 SGB III i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Bundesreisekostengesetz (BRKG). Die vom Kläger begehrte Förderung in Form einer Fahrkostenbeihilfe würde nach § 54 Abs. 4 SGB III längstens für die Gesamtbeschäftigungszeit vom 19. April bis 23. Juni 2004 in Betracht kommen. Nach § 46 Abs. 2 Satz 3 SGB III würde sich die Wegstreckenentschädigung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BRKG in der im Jahre 2004 geltenden Fassung richten. Bei einer Entfernung von 84 km zwischen dem Wohn- und Beschäftigungsort errechnet sich unter Zugrundelegung von 0,22 EUR je gefahrenen Kilometer eine tägliche Wegstrecke von 168 km und ausgehend von 44 Arbeitstagen eine Gesamtförderung von 1.626,24 EUR. Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt wurde (§ 151 Abs. 1 SGG).

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 12. Mai 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2004 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, weil er – schon tatbe¬standlich - keinen Anspruch auf die von ihm begehrte Fahrkostenbeihilfe hat. Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben.

Nach § 53 Abs. 1 SGB III – in der hier maßgeblichen ab 1. Ja¬nuar 2003 geltenden Fassung – können Arbeitslose und von Ar¬beitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende, die eine versiche¬rungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, durch Mobilitätshil¬fen gefördert werden, soweit dies zur Aufnahme der Beschäfti¬gung notwendig ist. Die bis zum 31. Dezember 2002 in Abs. 1 Nr. 2 des § 53 SGB III geregelte Bedürftigkeitsprüfung bzw. Prüfung der Eigen¬leistungsfähigkeit ist vom Gesetzgeber mit Wirkung vom 1. Ja¬nuar 2003 gestrichen worden (zu den Motiven siehe BT-Drucks. 15/25, S. 28). Nach § 53 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b SGB III umfassen die Mobilitätshilfen bei Auf¬nahme einer Be¬schäftigung bei auswärtiger Arbeitsaufnahme die Übernahme der Kosten für die täglichen Fahrten zwischen Woh¬nung und Arbeits¬stelle (Fahrkostenbeihilfe). Nach § 54 Abs. 4 SGB III können als Fahrtkostenbeihilfe für die ersten sechs Mo¬nate der Be¬schäftigung die berücksichtigungsfähigen Fahrkos¬ten übernom¬men werden.

Die Leistungen im Rahmen der Mobilitätshilfen sind "Kann-Leis¬tungen", bei deren Gewährung der Beklagten ein Ermessen bei der Prüfung des Einzelfalles eingeräumt ist (Stratmann in Nie¬sel, SGB III, 3. Aufl., § 53 Rz. 2). Eine Ermessensausübung kommt allerdings erst dann in Betracht, wenn die tatbestands¬mäßigen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Mobilitätshil¬fen gegeben sind, was vorliegend nicht der Fall ist.

Die von dem Kläger begehrte Fahrkostenbeihilfe bei auswärtiger Arbeitsaufnahme setzt nach § 53 Abs. 1 SGB III voraus, dass diese Förderung zur Aufnahme der versicherungspflichtigen Be¬schäftigung notwendig ist. Neben der subjektiven Notwendig¬keit – im Sinne von persönlicher Bedürftigkeit, die zwar Be¬stand¬teil des Notwendigkeitserfordernisses ist, allein aber eben nicht ausreicht – muss auch die objektive Notwendigkeit der Förderung vorliegen. Der Notwendigkeitsbegriff bringt näm¬lich (auch) zum Ausdruck, dass Beitragsmittel der Bundesagen¬tur für Arbeit für Förderungsmaßnahmen nur erbracht werden sollen, wenn das angestrebte Ziel, nämlich die Arbeitsauf¬nahme, sonst nicht zu verwirklichen ist (Thüringer LSG, Beschl. v. 6. No¬vember 2003, L 3 AL 755/01, veröffentlicht in juris; SG Dresden, Urt. v. 25. Februar 2006, S 23 AL 2075/04, veröf¬fentlicht in juris; Hennig in Ei¬cher/Schlegel, Kommentar zum SGB III, Stand: Februar 2007, § 53 Rz. 45; Stratmann, a.a.O., § 53 Rz. 5). In diesem Sinne ist das Tatbe¬standsmerkmal der Notwendigkeit sowohl Folge des Wirtschaft¬lichkeitsgebots im Sinne des § 7 Satz 1 SGB III als auch des Ge¬dankens der Subsidi¬ari¬tät der Mobilitätshilfen im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB III (Hennig, a.a.O., § 53 Rz. 45). Die Beant¬wortung der Frage, ob das angestrebte Ziel, also die (auswärtige) Arbeitsaufnahme, ohne die Förderleistung nicht zu verwirklichen ist, setzt daher eine Prognose¬entschei¬dung voraus, die zu dem Resultat führen muss, dass ohne die Gewährung der Mobilitätshilfen das Beschäftigungsver¬hältnis voraussichtlich nicht zu Stande gekommen wäre (Thüringer LSG, a.a.O.; SG Dresden, a.a.O.; Bernard in Spellbrink/Eicher, Kasseler Handbuch des Arbeits¬förderungs¬rechts, 2003, § 9 Rz. 69; Stratmann, a.a.O., § 53 Rz. 5; Stark in Wissing/Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe, Praxiskommentar zum SGB III, 2. Aufl. 2004, § 53 Rz. 10; Pet¬zold in Hauck/ Noftz, Kommentar zum SGB III, Stand: Februar 2007, § 53 Rz. 10). Mit anderen Worten heißt dies, dass die Förderung un¬ver¬zichtbar (Hennig, a.a.O., § 53 Rz. 47) und unerlässlich (Winkler in Gagel, Kommentar zum SGB III, Stand: Dezember 2006, § 53 Rz. 11) sein muss; bloße Zweckmäßigkeit allein ge¬nügt nicht (Hen¬nig, a.a.O., § 53 Rz. 47). Sinn und Zweck der Förderung bestehen nämlich darin, finanzielle Hindernisse zu beseitigen, die förderungsberechtigten Personen den Wiederein¬tritt in das Berufsleben erschweren (vgl. Petzold, a.a.O., § 53 Rz. 1; Wink¬ler, a.a.O., § 53 Rz. 2; Hennig/Eicher, a.a.O., § 53 Rz. 2; Bernard, a.a.O., § 9 Rz. 59).

Ausgehend von den vorgenannten Maßstäben bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte dafür, dass das zeitlich auf zweieinhalb Monate befristete Be¬schäftigungsverhältnis des Klägers ab dem 19. April 2004 bei dem Bezirksamt H.-M. ohne die Gewährung der Fahrkostenbeihilfe voraussichtlich nicht zu Stande gekommen wäre. Im Gegenteil muss sogar davon ausgegangen werden, dass der Kläger die Tätigkeit unabhängig von der Möglichkeit der Gewährung von Fahrkostenbeihilfe aufgenommen hat. Nach dem Vorbringen des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 20. März 2006 hat er von der Erstattungsmöglichkeit vor Antragstellung am 21. April 2004 nichts gewusst, und die Arbeit in Unkenntnis und unbeeinflusst von Förderungsmöglichkeiten der Beklagten aufgenommen. Es fehlt daher an der tatbestandlichen Vorausset¬zung der (objekti¬ven) Notwendigkeit der Förderung im Sinne des § 53 Abs. 1 SGB III, da zum Zeitpunkt der Antragstellung (21. April 2004 bzw. 22. April 2004) im Rahmen einer auf Tatbestandsebene zu treffenden Prog¬noseentscheidung nicht mehr davon ausgegangen werden konnte, dass das Beschäf¬tigungsver¬hältnis des Klägers bei dem Bezirksamt H.-M. ohne die Gewäh¬rung der Fahrkostenbeihilfe (voraussichtlich) nicht zu Stande gekommen wäre.

Da bereits die Tatbestandsvoraussetzungen des § 53 Abs. 1 SGB III nicht vorlagen, d.h. die begehrte Mobilitätshilfe zur Aufnahme der Beschäftigung nicht notwendig war, konnte bzw. musste eine Ermessensent¬scheidung der Beklagten nicht mehr ergehen. Auf die Frage, ob im Zusammenhang mit der Arbeitsaufnahme bei dem Bezirksamt H.-M. eine verspätete Antragstellung zur Vermeidung einer unbilligen Härte nach § 324 Abs. 1 Satz 2 SGB III zuzulassen war, kam es entscheidungs¬er¬heblich nicht an.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Der Senat hat die Revision zugelassen. Er hat nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache bejaht. Die Frage, ob der Notwendigkeitsbegriff im Sinne des § 53 Abs. 1 SGB III eine Prognoseentscheidung dahingehend vor¬aussetzt, dass das auswärtige Beschäftigungsverhältnis ohne die Gewäh¬rung der Mobilitätshilfen (hier: Fahrkostenbeihilfe) voraussichtlich nicht zu Stande gekommen wäre, ist höchstrichterlich nicht ge¬klärt.

Rechtsmittelbelehrung:

Dieses Urteil kann mit der Revision angefochten werden.

Die Revision ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim

Bundessozialgericht Graf-Bernadotte-Platz 5 34114 Kassel

einzulegen. Die Revisionsschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist bei dem Bundessozialgericht eingegangen sein.

Als Prozessbevollmächtigte sind zugelassen

• die Mitglieder und Angestellten von Gewerkschaften, von selbstständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung, von Vereinigungen von Arbeitgebern, von berufsständischen Vereinigungen der Landwirtschaft und von Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer bisherigen Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Erfüllung dieser Aufgaben bieten,

• Personen, die als Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der vorgenannten Organisationen stehen, handeln, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Vereinigung für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet,

• jeder bei einem deutschen Gericht zugelassene Rechtsanwalt.

Behörden, Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts oder private Pflegeversicherungsunternehmen brauchen sich nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen.

Die Revisionsschrift muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils schriftlich zu begründen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten und die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.

Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt.

Für die Revision vor dem Bundessozialgericht kann ein Beteiligter, der nicht schon durch einen Bevollmächtigten aus dem Kreis der oben genannten Gewerkschaften oder Vereinigungen vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.

Der Beteiligte kann die Prozesskostenhilfe selbst beantragen. Der Antrag ist beim Bundessozialgericht entweder schriftlich oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.

Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse [Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten] sowie entsprechende Belege beizufügen. Hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten oder durch den Schreibwarenhandel bezogen werden.

Wird Prozesskostenhilfe bereits für die Einlegung der Revision begehrt, so müssen der Antrag und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - gegebenenfalls nebst entsprechenden Belegen - bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung der Revision [ein Monat nach Zustellung des Urteils] beim Bundessozialgericht eingegangen sein.

Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt werden.

Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Anwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.

Der Revisionsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um je zwei weitere Abschriften.

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Rechtskraft
Aus
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