S 12 KA 521/08

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 521/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 50/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Nr. 1466 GOÄ-82 kann im Ausnahmefall neben der Nr. 1468 GOÄ-82 abgerechnet werden, wenn die Endoskopie nach Nr. 1466 GOÄ-82 zur Untersuchung des Operationsgebietes als separater Eingriff erfolgt. Nachweispflichtig hierfür ist der Vertragszahnarzt.
2. Für den Nachweis einer Osteotomie ist im Regelfall ein Röntgenbild ausreichend. Ist der röntgenologische Befund zweifelhaft, kann der Nachweis durch weitere Aufzeichnungen des Vertragszahnarztes, insbesondere einen OP-Bericht erbracht werden. Entscheidend ist nicht die Ausführlichkeit der Darlegungen, sondern die Nachvollziehbarkeit des Berichts für einen anderen Zahnmediziner. Pauschalierende Begründungen sind unzureichend.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Festsetzung eines Berichtigungsbetrages in Höhe von 1.215,97 EUR für die Behandlung der 1916 geborenen und bei der AOK NB. versicherten C im Quartal I/07.

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit vier zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassenen Zahnärzten in A-Stadt. Herr Dr. med. Dr. med. dent. A ist Arzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und Zahnarzt. Die übrigen Mitglieder der Gemeinschaftspraxis sind Zahnärzte.

Auf Anfrage der Beklagten teilte die Klägerin unter Datum vom 06.06.2007 zum strittigen Behandlungsfall C mit, bei dieser handele es sich um eine Heimpatientin in einem Stift. Sie befinde sich seit Ende Dezember 2006 in ihrer Behandlung. Erstmalig am 29.12.2006 sei eine Abszessinzision im Bereich des rechten Oberkiefers erfolgt, danach multiple Nachbehandlungen. Es sei dann die Entscheidung zu einer umfassenden Gesamtsanierung gefallen, aufgrund der Behinderung der Patientin in Narkose. Die Patientin sei bettlägerig erkrankt, so dass eine Röntgendiagnostik nicht möglich gewesen sei. Ihr Allgemeinzustand habe sich dann zusehends verschlechtert, vermutlich aufgrund eines Abszesses im Bereich des linken Oberkiefers. Am 09.01.2007 sei die Vorstellung im OP erfolgt. In nasaler Intubationsnarkose seien alle verbliebenen Zähne entfernt worden. Die präprothetische Chirurgie habe eine Knochenglättung sowie Vestibulumplastik beinhaltet. Durch eine endoskopische Kieferhöhlenrevision links sei ein ausgedehntes Kieferhöhlenempyem im Bereich der linken Kieferhöhle festgestellt worden. Diese sei offensichtlich auch entscheidend für die deutliche Reduktion des Allgemeinzustandes der Patientin gewesen. Zum Zeitpunkt des Eingriffes sei sie bereits deutlich somnolent gewesen, eine Versorgung im Heim sei kaum mehr möglich gewesen. Aus diesem Grunde sei die Entscheidung gefallen, den umfangreichen Eingriff innerhalb einer Sitzung durchzuführen, um der mehr als 90-jährigen Patientin eine erneute Narkose ersparen zu können. Die oralchirurgische Maßnahme habe Frau Dr. D erbracht, Herr Dr. Dr. A die Kieferhöhlenrevision mit Nasenfenster. Wegen der Bettlägerigkeit sei kein OPG/NNH angefertigt worden.

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 27.07.2007 die Leistungen nach Nrn. 2255, 1468, 1485, 2701, 1479 GOÄ-82, 59 (4x) und 62 (2x) BEMA ab. Es sei fachlich nicht nachvollziehbar, Indikationen zu komplexen chirurgischen Eingriffen zu stellen, ohne röntgenologische Absicherung der Diagnosen. Zumindest für Zahn 16 sei eine Röntgendiagnostik möglich gewesen. Diese habe ausweislich des Erfassungsscheines auch am Tag des operativen Eingriffs in Allgemeinnarkose stattgefunden. Offensichtlich sei es auch möglich gewesen, eine aufwändige Verbandsplatte nach Nr. 2701 GOÄ-82 während des operativen Eingriffs nach Kieferabformung(en) labortechnisch herstellen zu lassen. Die Leistungen würden im Hinblick auf die fehlende Röntgendiagnostik und die damit verbundene fehlende Verifizierung der Indikationen und der Abrechnungsfähigkeit zahlreicher Leistungen nicht abgerechnet werden. Die Entfernung der (Rest-) Zähne werde unter den Nrn. 43 bzw. 44 BEMA abgerechnet, da die Verifizierung des Mehraufwands der Leistungen nach X3 (Entfernung tieffrakturierter Zahn inkl. Wundversorgung) bzw. Ost 1 (Zahnentfernen durch Osteotomie inkl. Wundversorgung) nicht erfolgen könne. Zudem seien im Hinblick auf das Alter der Patientin keine Gründe erkennbar, die erschwerte oder operative Zahnentfernungen erwarten ließen. Die Abrechnung der Nrn. 40 bzw. 41a BEMA sei im Rahmen der Abrechnungsbestimmungen je operativen Eingriff (Sitzung) einmal zulässig im Hinblick auf die vasokonstriktorische Wirkung. Darüber hinausgehende Leistungen könnten nicht abgerechnet werden. Die Nr. 23 BEMA (Entfernen Krone, Brücke je Trennstelle) sei an den Zähnen 44, 45, 46, 47 abgerechnet worden, hier sei jedoch keine Extraktion erfolgt. Aus Plausibilitätsgründen könnten die Leistungen daher nicht abgerechnet werden.

Hiergegen legte die Klägerin am 09.08.2007 Widerspruch ein. Es sei nicht Leistungsvoraussetzung, dass die erhöhte Schwierigkeit bei der Zahnentfernung zur Begründung einer X3 oder einer Ost1 durch eine Röntgendiagnostik erkennbar sei. Die Leistungserbringung werde durch das OP-Protokoll hinreichend dargelegt. Es sei nicht zu erwarten, dass man bei einer über 90-jährigen bettlägerigen Patientin jeden einzelnen Zahn röntgen könne. Hier jedenfalls reiche die Zeugenaussage eines Anästhesisten aus. Gleiches gelte für die Lokalanästhesie. Gegen das Absetzen der EKRs ist nichts einzuwenden, hier sei offensichtlich die Ost1 an den entsprechenden Zähnen vergessen worden. Es sei zu prüfen, ob diese nachträglich angesetzt werden könnten.

Die Beklagte gab mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2007 dem Widerspruch teilweise statt. Sie hob den Erstbescheid insoweit auf, als darin ein Betrag von mehr als 1.215,97 EUR festgesetzt worden war. Im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Mit dem Ausgangsbescheid sei das Honorar in Höhe von 1.781,34 EUR (1.969 Punkte) betreffend die KCH-Abrechnung für das Quartal I/07 vollständig einbehalten worden. Die jetzt getroffenen Einzelabsetzungen beliefen sich auf 1.512 Punkte unter Vorbehalt von HVM-Einbehalten. Im Hinblick auf die vasokontriktorische Wirkung in Verbindung mit der Intubationsnarkose sei die Abrechnung der Nrn. 40, 41a und 41b BEMA im Rahmen der Abrechnungsbestimmungen je operativen Eingriff (Sitzung) einmal zulässig. Die Beklagte setzte sieben Leistungen nach Nr. 40, zwei Leistungen nach Nr. 41a und eine Leistung nach Nr. 41b BEMA ab. Die Nr. 1468 GOÄ (Operative Eröffnung einer Kieferhöhle von der Nase aus) sei neben der Nr. 1466 GOÄ (endoskopische Untersuchung der Kieferhöhle) nicht zulässig. Diese Leistung setzte sie einmal ab. Die Absetzung der Leistungen nach den Nrn. 1485 (Operative Eröffnung und Ausräumung der Stirnhöhle oder der Kieferhöhle oder der Siebbeinzellen von außen), 2555 (Freie Verpflanzung eines Knochens oder von Knochenteilen (Knochenspäne)), 2701 (Anlegen von extraoralen Stütz-, Halte- oder Hilfsvorrichtungen einer Verbands- oder Verschlussplatte, Pelotte oder dergleichen – im Zusammenhang mit plastischen Operationen oder zur Verhütung oder Behandlung von Narbenkontrakturen), 59 (PlaO) (Mundboden oder Vestibulumplastik im Frontzahnbereich oder in einer Kieferhälfte) und 62 (Alv) (Alveotomie) bleibe bestehen wegen einer nicht nachvollziehbaren medizinischen Indikation, auch im Hinblick auf den Allgemeinzustand der Patientin, und der fehlenden Röntgendiagnostik. Die Nr. 59 BEMA setzte sie viermal und die Nr. 62 BEMA zweimal ab, die übrigen Leistungen jeweils einmal. Weiter führte sie aus, im OP-Bericht vom 06.06.2007 werde lediglich die "operative Zahnentfernung" dokumentiert. Die näheren Umstände der operativen Zahnentfernung seien nicht dokumentiert. Hierzu zählten Schnittführung, Art der Osteotomie, Art und Anzahl der Nähte etc. Eine Röntgendiagnostik, die den Mehraufwand einer operativen Zahnentfernung nach Nr. 47a (Ost1) gegenüber einer Extraktion nach den Nrn. 43 (X1) oder 44 (X2) BEMA und den Mehraufwand einer erschwerten Zahnentfernung nach Nr. 45 (X3) BEMA gegenüber einer Extraktion nach den Nrn. 43 (X1) oder 44 (X2) BEMA dokumentieren könnte, sei nicht durchgeführt worden. Im Hinblick auf den geschilderten Allgemeinzustand der Patientin erscheine diese Vorgehensweise auch fachlich fragwürdig. Eine erschwerte oder operative Zahnentfernung nach den Nrn. 45 (X3) oder 47a (Ost1) BEMA sei aus den genannten Gründen nicht nachvollziehbar. Die Nr. 47a wandelte sie dreimal in die Nr. 44, die Nr. 45 dreimal in die Nr. 43 und die Nr. 47a einmal in die Nr. 43 um. Die Absetzung der Nr. 23 BEMA (Ekr) sei von der Klägerin anerkannt worden. Die Absetzungen der Leistungen nach den Nrn. 1479 GOÄ-82 und Nr. 23 BEMA (Ekr) für Zahn 45 nehme sie zurück. Dem Nachtrag des Honorars für die Entfernung der Zähne 44, 46 und 47 werde stattgegeben. Allerdings sei eine operative Zahnentfernung nach Nr. 47a (Ost1) BEMA aus den bereits genannten Gründen nicht nachvollziehbar. Die im Einzelnen aufgeführten Leistungen würden in Höhe von 365,37 EUR (457 Punkte) erfasst und ausgezahlt werden.

Hiergegen hat die Klägerin am 07.12.2007 die Klage erhoben. Sie trägt vor, es sei nicht nachvollziehbar, dass Lokalanästhesien im Rahmen von Intubationsnarkosen nur einmal zulässig sein sollten. Diese erfüllten auch den Zweck, dass durch die zusätzliche Lokalanästhesiewirkung die Narkosetiefe geringer gehalten werden könne. Bei polymorbiden Patienten sei dies besonders wichtig. Ein solcher Hinweis ergebe sich auch nicht aus den Abrechnungsbestimmungen. Es treffe nicht zu, dass die Gebührenziffern 1466 und 1468 nicht nebeneinander abgerechnet werden könnten. Sie verweise auf die Kommentierung von Brück et al. Es sei per Endoskopie zuerst das Operationsgebiet abgeklärt worden, um dann schließlich eine offene Kieferhöhlenrevision durchzuführen. Es sei keine operative Eröffnung der Kieferhöhle mittels Endoskopie erfolgt. Die von ihr angefertigte Zahnfilmaufnahme gebe keine Informationen über die Notwendigkeit einer solchen Operation oder aber eine Alveotomie. Aus diesem Grunde also die Leistungen Kieferhöhlenrevision mit freiem Knochentransplantat, Vestibulumplastik und Alveotomie abzusetzen, sei nicht nachvollziehbar. Es sei nicht notwendig, dass in einem OP-Protokoll die technische Vorgehensweise einer operativen Zahnentfernung dokumentiert werde. In aller Regel würden ja noch nicht mal OP-Protokolle gefertigt werden, sondern lediglich Notizen ausgeführt werden. Es seien jeweils breitbasig gestielte Mukoperiostlappen präpariert worden und bukkale Osteotomien mit der Kugelfräse erfolgt. Danach sei dann die operative Zahnentfernung durch Osteotomie erfolgt. Ein Mehraufwand müsse nicht dokumentiert werden. Inwieweit der Allgemeinzustand der Patientin Auswirkungen auf die Technik der Zahnentfernung haben solle, sei nicht nachvollziehbar. Die Notwendigkeit zur Osteotomie habe sich aus der Tatsache ergeben, dass die Zähne mittels einfacher Extraktion nicht hätten entfernt werden können, sondern jeweils eine Osteotomie notwendig geworden sei. Bei der Patientin handele es sich um eine schwerkranke, bettlägerige Patientin aus einem Altersheim. Sie sei an einer dentogenen Sinusitis maxillaris erkrankt gewesen, die ein umfassendes operatives Vorgehen erforderlich gemacht habe. Die Beklagte begründe nicht, weshalb die Leistungen medizinisch nicht notwendig gewesen seien. Wiederholte Lokalanästhesien seien erfolgt, um eine sehr oberflächliche Narkosetiefe zu erreichen, was eine zusätzliche Schmerztherapie mittels Lokalanästhesie erforderlich gemacht habe. Ein Zahnfilm könne auch bei einer liegenden, intubierten Patientin angefertigt werden. Ein OPG erfordere ein Stehen der Patientin, zumindest ein Sitzen. Dies sei bei der Patientin nicht möglich gewesen.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 27.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2007 mit Ausnahme der Absetzung der Nr. 23 BEMA (Ekr) aufzuheben,
hilfsweise
Beweis zu erheben über die Behauptung, dass die im Ausgangsbescheid abgesetzten Gebührenziffern tatsächlich gem. der Leistungslegende erbracht wurden und im Übrigen eine Anfertigung weiterer Röntgenbilder medizinisch nicht erforderlich war, durch Einholung eines Gutachten durch einen Facharzt für MKG-Chirurgie, vorzuschlagen von der Fachgesellschaft.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Klägerin verkenne, dass die Lokalanästhesien je operativen Eingriff einmal als zulässig anerkannt worden seien. Das Problem sei nicht, dass überhaupt Lokalanästhesien erbracht worden seien, sondern der Umfang der erbrachten Lokalanästhesien im Rahmen einer Intubationsnarkose. Aus dem OP-Bericht sei keinesfalls ableitbar, dass ausnahmsweise ein Nebeneinander der Ziffern 1466 und 1668 GOÄ-82 begründet sei. Die Klägerin verkenne, dass hier Indikationsstellungen für die abgerechneten Leistungen im Streit seien. Hierfür obliege ihr grundsätzlich die Nachweispflicht. Sie räume selbst ein, dass dieser Nachweispflicht weder durch die Beibringung von Röntgenunterlagen noch durch den vorgelegten OP-Bericht entsprochen werden könne.

Die Kammer hat das Verfahren zur Durchführung einer Mediation auf Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 12.12.2007 zum Ruhen gebracht. Nach Scheitern der Mediation wurde das Verfahren wieder auf Antrag der Klägerin am 18.08.2008 neu aufgerufen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragszahnärzte verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragszahnärzte handelt (§ 12 Abs. 3 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 27.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2007 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klage war im Hauptantrag als auch im Hilfsantrag abzuweisen.

Der Bescheid der Beklagten vom 27.07.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2007 ist rechtmäßig.

Die Beklagte war zuständig für die sachlich-rechnerische Berichtigung.

Nach § 75 Abs. 1 SGB V haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung sicher zu stellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, dass die vertrags(zahn)ärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht. Nach § 75 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz haben die Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen die Erfüllung der den Vertrags(zahn)ärzten obliegenden Pflichten zu überwachen. Zu den Pflichten der Vertrags(zahn)ärzte gehört unter anderem auch eine ordnungsgemäße Abrechnung der von ihnen erbrachten Leistungen. Die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung stellt die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen der Vertrags(zahn)ärzte fest; dazu gehört auch die Arzt bezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität sowie die Prüfung der abgerechneten Sachkosten (§ 106a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Es obliegt deshalb nach § 19 BMV-Z der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen (vgl. BSG, Urt. v. 10.05.1995 - 6 RKa 30/94 - SozR 3-5525 § 32 Nr. 1 = NZS 1996, 134 = Breith 1996, 280 = USK 95120, juris Rdnr. 12; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 5, juris Rdnr. 15; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 11 = BSGE 93, 69 = SGb 2004, 474 = GesR 2004, 522 = MedR 2005, 52 = NZS 2005, 549, juris Rdnr. 17) bzw. § 12 Abs. 1 Satz 1 EKV-Z (vgl. BSG, Urt. v. 13.05.1998 - B 6 KA 34/97 R - SozR 3-5555 § 10 Nr. 1 = USK 98155, juris Rdnr. 13; BSG, Urt. v. 28.04.2004 - B 6 KA 19/03 R - aaO.; BSG, Urt. v. 30.06.2004 - B 6 KA 34/03 R - aaO.).

Der angefochtene Berichtigungsbescheid ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

Materiell-rechtlich streiten die Beteiligten im Wesentlichen um vier Komplexe, nämlich um die Absetzung von Anästhesieleistungen nach Nrn. 40 (7x), 41a (2x) und 41b BEMA (1x), nach Nr. 1466 GOÄ-82 (1x), Nr. 1485, 2255, 2701 GOÄ-82, Nr. 59 (4x) und 62 BEMA (2x) und Umwandlung der Nr. 47a in Nr. 44 (3x), der Nr. 45 in Nr. 43 (3x) und der Nr. 47a in Nr. 43 BEMA (1x).

Die Absetzung von Anästhesieleistungen nach Nrn. 40 (7x), 41a (2x) und 41b BEMA (1x) war nicht zu beanstanden.

In der mündlichen Verhandlung konnte geklärt werden, dass die Beteiligten darin übereinstimmen, aufgrund eines vor dem Landessozialgericht abgeschlossenen Vergleichs in einem anderen Verfahren, dass die Anästhesie nach einer Operationsdauer von 3 Stunden wiederholt werden kann. Die Klägerin hat ferner eingeräumt, dass der Nachweis für die Dauer der Operation bisher nicht erbracht wurde. Soweit sie allgemein angeboten hat, den Nachweis hierfür nachzuholen, steht ihr diese Möglichkeit im Klageverfahren nicht mehr offen. Die vollständige Leistungserbringung ist mit der Abrechnung nachzuweisen. Soweit hier zugunsten der Klägerin unterstellt wird, seinerzeit sei es noch nicht darauf angekommen, die Operationsdauer anzugeben, so hätte sie dies aber für dieses Verfahren spätestens nach dem genannten Vergleichsschluss nachholen müssen, jedenfalls dann in der mündlichen Verhandlung. Einer Aufforderung hierzu durch die Beklagte oder das Gericht bedurfte es nicht.

Die Absetzung der Leistung nach Nr. 1466 GOÄ-82 war nicht zu beanstanden.

Nr. 1466 GOÄ-82 beinhaltet die mit 20 Punkten bewertete endoskopische Untersuchung der Kieferhöhle. Die Beklagte hat diese Leistung abgesetzt, weil diese Leistung nicht neben der mit 33 Punkten bewerteten operativen Eröffnung einer Kieferhöhle von der Nase aus nach Nr. 1468 GOÄ-82 abgerechnet werden kann. Diese Auffassung trifft zu und ist insofern auch zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Beteiligten gehen ferner zutreffend davon aus, dass ein Nebeneinanderabrechnen beider Leistungen im Ausnahmefall möglich ist, wenn die Endoskopie nach Nr. 1466 GOÄ-82 zur Untersuchung des Operationsgebietes erfolgt. Streitig ist insofern nur die Frage, ob dieses separate Vorgehen seitens der Klägerin nachgewiesen ist.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass der Nachweis bisher nicht erbracht wurde. Soweit sie allgemein angeboten hat, den Nachweis hierfür nachzuholen, steht ihr diese Möglichkeit im Klageverfahren nicht mehr offen. Die vollständige Leistungserbringung ist mit der Abrechnung nachzuweisen. Spätestens im Widerspruchsverfahren hätte der Nachweis erfolgen können oder müssen. Jedenfalls lag in der mündlichen Verhandlung ein Nachweis nicht vor, was allein der Klägerin anzulasten ist, da allein sie hierzu in der Lage ist.

Die Absetzung von Leistungen nach Nr. 1485, 2255, 2701 GOÄ-82, Nr. 59 (4x) und 62 BEMA (2x) war gleichfalls nicht zu beanstanden.

Die Beklagte hat darauf hingewiesen, es sei fachlich nicht nachvollziehbar, Indikationen zu komplexen chirurgischen Eingriffen zu stellen, ohne röntgenologische Absicherung der Diagnosen, zumal eine Röntgendiagnostik für Zahn 16 möglich gewesen sei. Diese Auffassung teil die mit zwei Zahnmedizinern fachkundig besetzte Kammer. Wie mit den Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erörtert wurde, bedarf ein solcher Eingriff der röntgenologischen Absicherung. Soweit die Versicherte gebrechlich war, hätte alternativ u. U. eine Computertomographie oder der Einzelstatus der verschiedenen Zähne angefertigt werden können. Ein endoskopischer Eingriff vermag diese Diagnostik nicht zu ersetzen, dann hätte auch die rechte Kieferhälfte endoskopiert werden müssen. Mit einer Endoskopie können nicht alle Indikationen erfasst werden, gegebenenfalls hätte eine Probeexcision vorgenommen werden müssen. Als K(Z)V ist die Beklagte nach § 136 Abs. 2 SGB V auch berechtigt zur Durchführung von Qualitätssicherungsmaßnahmen. Bei entsprechenden Mängeln kann sie die Leistungen absetzten. Danach prüfen die Kassenärztlichen Vereinigungen die Qualität der in der vertragsärztlichen Versorgung erbrachten Leistungen im Einzelfall durch Stichproben (vgl. SG Frankfurt a. M., Urt. v. 08.10.2003 - S 27 KA 3134/02 -). Bei entsprechenden Mängeln kann sie die Leistungen absetzten.

Die Umwandlung der Nr. 47a in Nr. 44 (3x), der Nr. 45 in Nr. 43 (3x) und der Nr. 47a in Nr. 43 BEMA (1x) war nicht zu beanstanden.

Für die Erbringung der höher bewerteten Leistungen durch die Klägerin fehlt es an einem Nachweis.

Die Kammer geht dabei davon aus, dass im Regelfall ein Nachweis durch die Abrechnung des Vertragszahnarztes in Verbindung mit einem Röntgenbild ausreichend ist. Anhand eines Röntgenbildes kann im Regelfall festgestellt werden, ob der Zahn so gelegen ist, dass eine Osteotomie vorgenommen werden muss. Am Röntgenbild wird erkennbar, ob eine Hebelextraktion möglich ist. Immer dann, wenn die Indikation anhand des Röntgenbilds nicht ganz eindeutig ist, so dass die Vornahme einer Osteotomie für einen zahnärztlichen Betrachter ohne Weiteres nachvollziehbar ist, kann der Nachweis durch weitere Aufzeichnungen des Vertragszahnarztes, insbesondere einen OP-Bericht erbracht werden. Aus diesen zeitnah zu erstellenden Unterlagen muss wiederum für einen zahnärztlichen Leser ohne Weiteres nachvollziehbar sein, dass die abgerechneten Leistungen tatsächlich erbracht worden sind. Die bloße Angabe der Leistungsnummer oder ihres Kurzbegriffs, die Wiederholung der Leistungslegende oder die bloße Verwendung des Begriffs "Ausklappen" reichen für den Nachweis einer Osteotomie nicht aus. Frakturiert z. B. der Zahn wider Erwarten, so sind die Hebelversuche und der weitere Verlauf kurz darzustellen. Ist der Zahn entgegen der Aussage des Röntgenbildes so beschaffen, dass eine Hebelextraktion nicht möglich ist, so ist die Zahnbeschaffenheit kurz darzustellen. Ist die Retinierung eines Zahnes nicht eindeutig im Röntgenbild zu erkennen, so bedarf es für den Nachweis des Leistungsinhalts gleichfalls weiterer Darlegungen. Durch diese Anforderungen wird nicht entgegen den Leistungslegenden ein "Mehraufwand" verlangt, sondern der Vertragszahnarzt bleibt lediglich beweispflichtig für die Erbringung des sich in der Leistungslegende widerspiegelnden Mehraufwands. Gerade angesichts der recht unterschiedlichen Bewertung einer einfachen Zahnentfernung nach Nr. 43 (X1) (Entfernung eines einwurzeligen Zahnes einschließl. Wundversorgung) oder 44 (X2) (Entfernung eines mehrwurzeligen Zahnes einschließl. Wundversorgung) mit 10 bzw. 15 Punkten, der Entfernung eines tieffrakturierten Zahnes einschließl. Wundversorgung nach Nr. 45 (X3) mit 40 Punkten, der Hemisektion u. Teilextraktion eines mehrwurzeligen Zahnes nach Nr. 47b (Hem) mit 72 Punkten und den Osteotomien mit 58, 72 bzw. 78 Punkten muss der Beklagten eine Überprüfung der tatsächlichen Leistungserbringung möglich sein. Entscheidend ist nicht die Ausführlichkeit der Darlegungen, sondern die Nachvollziehbarkeit des Berichts für einen anderen Zahnmediziner. Pauschalierende Begründungen sind unzureichend. Insofern ist seitens der Klägerin in der mündlichen Verhandlung zutreffend darauf hingewiesen worden, es komme immer auf den Einzelfall an. Damit werden an die Beweislast eines Vertragszahnarztes geringere Anforderungen als die Erbringung eines Vollbeweises gestellt, als ein Nachweis wesentlich durch Plausibilität des zahnmedizinischen Befundes und der Schilderung der vorgefundenen Zahnsituation geführt werden kann (so auch Urteil der Kammer vom gleichen Tag im Verfahren mit Az.: S 12 KA 520/08).

Die Beklagte hat insofern unwidersprochen im Widerspruchsbescheid darauf hingewiesen, im OP-Bericht vom 06.06.2007 werde lediglich die "operative Zahnentfernung" dokumentiert; die näheren Umstände der operativen Zahnentfernung seien nicht dokumentiert; hierzu zählten Schnittführung, Art der Osteotomie, Art und Anzahl der Nähte etc. Insofern genügt der OP-Bericht nicht den genannten Anforderungen.

Die Klage war daher im Haupt- und Hilfsantrag abzuweisen. Der Hilfsantrag war auch abzuweisen, weil die mit zwei Zahnärzten besetzte Kammer ausreichende Sachkunde besitzt. Er war ferner abzuweisen, weil es sich nicht um einen Beweisantrag zum Nachweis von Tatsachen handelt. Die Frage, ob mit einem Geschehen die Leistungslegende einer Gebührenziffer erfüllt wird, gehört zum Subsumtionsvorgang unter diese Gebührenziffer und ist damit einem Beweis nicht zugänglich. Rechtsfragen sind vom Gericht zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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