L 7 AS 644/13 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 46 AS 2129/13 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 644/13 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Wenn eine Wohnung mit Strom geheizt wird, ist vorrangig eine realitätsnahe Aufteilung in Heizstrom und Haushaltsstrom vorzunehmen. Wenn diese Aufteilung, z.B. mangels getrennter Zähler, nicht möglich ist, liegt es nahe, auf den Anteil abzustellen, der im Regelbedarf für Haushaltsstrom angesetzt wurde. Nach der Gesetzesbegründung wurden in § 5 RBEG für das Jahr 2011 die Stromkosten der Haushalte, die nicht mit Strom heizen, mit 26,80 Euro (von 30,24 Euro) erfasst.
I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts München vom 11. September 2013 abgeändert und der Antragsgegner vorläufig verpflichtet, dem Stromversorger weitere 152,40 Euro zu überweisen. Bei diesem Betrag handelt es sich um ein Darlehen für die Antragstellerin.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

II. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.



Gründe:


I.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin begehrt im Beschwerdeverfahren die Übernahme von Teilen der Stromrechung und für einen absehbar notwendigen Umzug in eine neue Wohnung pauschal 5.000,- Euro für Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten. Außerdem wendet sie sich gegen eine Sanktion.

Die 1972 geborene Antragstellerin ist gelernte Immobilienkauffrau. Sie zog im Dezember 2011 völlig mittellos aus dem Ausland in den Zuständigkeitsbereich des Antragsgegners und bezog ab diesem Zeitpunkt Arbeitslosengeld II. Sie wurde zunächst zur Vermeidung von Obdachlosigkeit in einer Unterkunft untergebracht. Anschließend legte die Antragstellerin dem Antragsgegner ein Angebot für einen Mietvertrag zu einer Wohnung von 60 qm Wohnfläche vor. Die Grundmiete betrage monatlich 334,- Euro, die kalten Betriebskosten monatlich 35,- Euro. Später legte die Antragstellerin den unterschriebenen Mietvertrag vom 13.01.2012 für diese Wohnung vor, der nunmehr entsprechend der Angemessenheitsgrenze des Antragsgegners eine Grundmiete von 332,50 Euro auswies. Der Antragsgegner übernahm daraufhin diese Grundmiete und die kalten Betriebskosten, die Mietkaution und die Kosten einer Wohnungserstausstattung.

Nachdem die Antragstellerin mitteilte, dass die Wohnung mit Strom geheizt werde und mit Strom dezentral Warmwasser erzeugt werde, wurden von den monatlichen Abschlagszahlungen von 185,- Euro als Bedarf 135,- Euro anerkannt. Wie beantragt wurden vom Antragsgegner an den Stromversorger 185,- Euro überwiesen. Die Antragstellerin wurde darauf hingewiesen, dass die restlichen 50,- Euro aus der Regelleistung genommen werden (Bescheid vom 04.05.2012). Auf den dagegen gerichteten Widerspruch hin wurde zusätzlich ein Mehrbedarf für die dezentrale Warmwasserbereitung in Höhe von monatlich 8,60 Euro anerkannt (Änderungsbescheid vom 11.06.2012, Widerspruchsbescheid vom 25.07.2012).

Die Weitergewährung von Arbeitslosengeld II ab 01.12.2012 beantragte die Antragstellerin nicht. Sie erzielte in dieser Zeit Einkommen aus selbständiger Tätigkeit.

Am 06.05.2013 sprach die Antragstellerin erneut beim Antragsgegner vor. Sie legte Teile eines Räumungsurteils für ihre Wohnung vor, die Ankündigung der Räumung durch den Gerichtsvollzieher und einen Beschluss zur Aufschiebung der Räumung aus medizinischen Gründen bis 31.07.2013.

Am 28.05.2013 reichte die Antragstellerin den schriftlichen Antrag auf Arbeitslosengeld II ein. Sie legte auch zwei Mahnungen des Stromversorgers vor, aus der sich ein monatlicher Abschlag von 229,- Euro für Strom ergibt. Aus den vorgelegten Kontoauszügen ergaben sich für Januar bis April 2013 Provisionszahlungen einer Krankenversicherung in Höhe von insgesamt 3.825,63 Euro. Eine selbständige Tätigkeit könne sie aktuell aus persönlichen und gesundheitlichen Gründen nicht ausüben.

Mit Bescheid vom 13.06.2013, Änderungsbescheiden vom 20.06.2013, 24.06.2013 und 27.06.2013 wurde der Antragstellerin Arbeitslosengeld II wie folgt bewilligt:
- für Mai, Juni und Juli 2013 jeweils 941,49 Euro und
- für August bis einschließlich Oktober 2013 jeweils 382,- Euro.
Miete und Strom würden in voller Höhe an die Vermieterin und den Stromversorger überwiesen werden. Weil in den Stromabschlägen auch der Haushaltsstrom enthalten sei, könnten hiervon nur vier Fünftel (183,20 Euro von 229,- Euro) als Heizkosten anerkannt werden. Die Miete könne nur bis Juli 2013 berücksichtigt werden, da die Wohnung dann geräumt werde.

Die Antragstellerin teilte daraufhin mit, dass die Miete falsch berechnet worden sei. Sie müsse an die Vermieterin 415,- Euro bezahlen. Hierzu legte sie eine Zusatzvereinbarung vom 16.01.2012 zum Mietvertrag vor, wonach sie einen "Mietaufschlag" von 47,50 Euro zu zahlen habe. Laut Angaben der Vermieterin sei dieser Mietaufschlag seit Mai nicht bezahlt worden.

Nachfolgend teilte die Antragstellerin mit, dass das Räumungsurteil im Berufungsverfahren aufgehoben worden sei. Durch die verspätete Zahlung der Miete für Mai und Juni 2013 sei aber ein neuer Kündigungsgrund entstanden und eine neue fristlose Kündigung, hilfsweise ordentliche Kündigung zum 30.09.2013, erfolgt. Bis zu einer Gerichtsentscheidung werde sie weiterhin in der Wohnung bleiben. Das Mietverhältnis sei jedoch zerrüttet, so dass ein Umzug langfristig nicht zu vermeiden sei. Sie beantrage daher die Übernahme der gesamten Umzugskosten laut den beigelegten Kostenvoranschlägen von Speditionen, soweit erforderlich auch Einlagerungskosten. Sie beantrage auch Maklerkosten.

Mit Widerspruch vom 03.07.2013 gegen den Bescheid vom 13.06.2013 machte die Antragstellerin geltend, dass die Miete in zu geringer Höhe berücksichtigt worden sei.

Mit E-Mail vom 03.09.2013 beantragte die Antragstellerin einen "sofortigen Barzuschuss" in Höhe von 2.000,- Euro zur Abwendung besonderer Härten aus dem Mietverhältnis und dem Verhältnis zum Stromversorger. Ferner beantragte sie ein Darlehen über 5.000,- Euro, damit sie "entsprechend handlungsfähig sei und sich dem Arbeitsmarkt so schnell als möglich entsprechend einbringen könne".

Mit Änderungsbescheid vom 03.09.2013 erhöhte der Antragsgegner die bewilligte Leistung für die Monate August, September und Oktober 2013 auf jeweils 941,49 Euro.

Bereits am 23.08.2013 stellte die Antragstellerin beim Sozialgericht München per E-Mail einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Wegen des Zahlungsverzugs des Antragsgegners drohe ihr eine fristlose Kündigung. Seit Mai 2013 sei auch ein Mietanteil von 47,50 Euro nicht übernommen worden. Diese Differenz habe sie mit einem Darlehen ihrer Bank inzwischen beglichen. Sie benötige auch Unterstützung für einen etwaigen Umzug, insbesondere Kosten für Fahrten zu Besichtigungsterminen, Maklerkosten, Umzugsdurchführung durch eine Spedition, eventuell erforderliche Renovierung, Beschaffung einer neuen Küchenarbeitsplatte, die Übernahme der neuen Kaution und die erste Monatsmiete. Die Antragstellerin legte dem Gericht eine selbst unterzeichnete Schweigepflichtsentbindung vor.

Mit Beschluss vom 11.09.2013 verpflichtete das Sozialgericht München den Antragsgegner, der Antragstellerin vorläufig in der Zeit von Mai bis September 2013 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 47,50 Euro zu gewähren. Im Übrigen lehnte es den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab.

Ein Anordnungsanspruch bestehe lediglich in Höhe von monatlich 47,50 Euro. Die vom Antragsgegner festgestellte Mietobergrenze sei nicht in einem schlüssigen Konzept festgelegt worden. Es sei vielmehr von der Tabelle zu § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) auszugehen zuzüglich eines Zuschlags von 10 %. Der Wohnort der Antragstellerin habe die Mietstufe V. Daraus ergebe sich eine Mietobergrenze von 423,50 Euro. Dies liege unter den geltend gemachten Kosten der Unterkunft von 415,- Euro (332,50 Euro Kaltmiete, 35,- Euro kalte Betriebskosten und 47,50 Euro Mietaufschlag). Die Übernahme von lediglich vier Fünfteln der gesamten Stromkosten sei nicht zu beanstanden, weil die Stromkosten auch den Haushaltsstrom enthalten würden. Umzugskosten, Maklerkosten und Mietkaution für eine neue Wohnung könnten erst dann zugesichert oder bewilligt werden, wenn diese Kosten spruchreif seien. Im vorliegenden Fall stehe nicht einmal fest, ob und wann die Antragstellerin ihre Wohnung zu räumen habe. Außerdem sei noch keine bestimmte neue Wohnung benannt worden. Ein Anspruch auf Gewährung von 2.000,- Euro sei nicht ersichtlich. Gleiches gelte für ein Darlehen in Höhe von 5.000,- Euro; falls dieses eine Eingliederungsleistung betreffen würde, fehle es schon an einer Ermessensreduzierung auf Null.

Die Antragstellerin wurde bereits mit Schreiben vom 27.06.2013 aufgefordert, sich um eine Stelle als Helferin im Gastgewerbe bei der Firma A. N. GmbH zu bewerben. Das Schreiben enthält eine Rechtsfolgenbelehrung zu einer Absenkung um 30 % des Regelbedarfs. Die GmbH teilte schriftlich mit, dass sich die Antragstellerin telefonisch wie folgt beworben habe: Die Firma könne sie ruhig einstellen, aber wollen tue sie nicht. Die Firma werde keinen Spaß an ihr haben. Die GmbH lehnte daraufhin die Bewerbung ab. Auf die Anhörung hierzu teilte die Antragstellerin mit, dass der Vorwurf "in höchstem Maße unrichtig" sei. Richtig sei, dass sie sich fernmündlich beworben habe. Mit Bescheid vom 12.09.2013 erfolgte eine Sanktion in Höhe von 30 % des Regelbedarfs der Antragstellerin (114,60 Euro) für die Monate Oktober, November und Dezember 2013. Dagegen legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 01.10.2013 Widerspruch ein.

Die Antragstellerin hat zunächst durch E-Mail, am 26.09.2013 auch mit Unterschrift beim Sozialgericht München, Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts eingelegt. Das Mietverhältnis sei zum 30.09.2013 gekündigt worden, sie sei ab 01.10.2013 obdachlos. Die Antragstellerin legte eine Mahnung des Stromversorgers vom 17.09.2013 vor, in der dieser für September 2013 die umgehende Zahlung von 152,40 Euro forderte und eine Einstellung der Energieversorgung zum 21.10.2013 androhte. Sie habe nicht gewusst, dass der Antragsgegner entgegen ihrem Auftrag und seinem Bescheid nur vier Fünftel des Stroms an den Stromlieferanten bezahlt habe. Sie wolle, dass die Stromschulden wegen Notlage übernommen werden oder das fehlende Fünftel (45,80 Euro monatlich) als laufende Härtefallleistung. Die Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag habe sie nicht verschwiegen. Sie benötige 5.000,- Euro als "Eingliederungsleistung". Sie würde mit diesem Betrag die Kaution einer neuen Wohnung, den Umzug, eventuelle Renovierungskosten, generelle Wohnraumbeschaffungskosten, Benzingeld etc. bezahlen. Sie müsse umziehen, weil der Antragsgegner Fehler gemacht habe.

Später hat die Antragstellerin mitgeteilt, dass zwar die Kündigung zum 30.09.2013 bestehe, aber noch keine Räumungsklage erhoben wurde und aktuell keine Räumung drohe.

Eine telefonische Anfrage beim Stromversorger hat ergeben, dass am 01.10.2013 eine Zahlung in Höhe von 229,- Euro von Seiten des Antragsgegners eingegangen war und nur mehr ein Rückstand von 26,40 Euro bestand und keine Sperre mehr drohte. Nach einer weiteren Auskunft des Stromversorgers gegenüber dem Antragsgegner werden am 07.10.2013 weitere 126,- Euro fällig, so dass wieder Stromschulden von 152,40 Euro bestehen.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 11.09.2013 abzuändern und den Antragsgegner vorläufig zu verpflichten, die aktuellen Stromschulden zu übernehmen und ihr 5.000,- Euro für die künftige Wohnung zur Verfügung zu stellen. Ferner beantragt die Antragstellerin einstweiligen Rechtsschutz gegen den Sanktionsbescheid vom 12.09.2013.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Soweit Stromschulden bestünden, könnten diese dem Haushaltsstrom zuzuordnen sein. Ein konkreter Umzug stünde mangels neuer Wohnung nicht bevor. Einem Umzug in eine kostenangemessene Wohnung sei mit Schreiben vom 23.09.2013 grundsätzlich zugestimmt worden.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf die Akte des Antragsgegners, die Akte des Sozialgerichts und die Akte des Beschwerdegerichts verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Beschwerde ist jedoch überwiegend unbegründet. Nur bezüglich der Stromschulden sind der Antragstellerin weitere Leistungen zuzusprechen. Eine aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Sanktion ist für Oktober 2013 nicht anzuordnen.

Streitgegenstand ist die Höhe der Leistungen für den Zeitraum von Mai bis einschließlich Oktober 2013. Dieser Zeitraum wird von der aktuellen Bewilligung abgedeckt. Die Leistungen ab 01.11.2013 wurden nach Angaben der Antragstellerin erst am 02.10.2013 beantragt. Es besteht kein Anlass diesem eben erst begonnenen Verwaltungsverfahren vorzugreifen.

Das Beschwerdegericht schließt sich - abgesehen von den Stromschulden - gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG der Begründung des Sozialgerichts an und weist die Beschwerde aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass der erstinstanzliche Eilantrag bis zum Zugang der unterschriebenen Schweigepflichtentbindung unzulässig war. Ein E-Mail genügt nicht der analog § 90 SGG erforderlichen Schriftform (vgl. BayLSG, Beschluss vom 09.03.2011, L 7 AS 151/11 B ER). Zur Sanktion, die zum Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts noch nicht vorlag, sind weitere Ausführungen veranlasst. Insoweit liegt zumindest eine sachdienliche Antragsänderung entsprechend § 99 Abs. 1 SGG vor.

Mit Bescheid vom 12.09.2013 wurde eine Sanktion in Höhe von 30 % des Regelbedarfs der Antragstellerin für die Monate Oktober, November und Dezember 2013 verfügt. Streitgegenstand ist hier, wie ausgeführt, nur der Oktober 2013. Der Antragsgegner war auch berechtigt, während des Eilverfahrens diesen Bescheid zu erlassen und ihn zu vollziehen, weil die Sanktion den Beschluss des Sozialgerichts nicht tangiert (vgl. BayLSG, Beschluss vom 17.08.2012, L 7 AS 564/12 B ER). Da der Sanktionsbescheid nach § 39 Nr. 1 SGB II sofort vollziehbar ist und die für Oktober 2013 bereits bewilligte Leistung vermindert, ist ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG statthaft. Die Entscheidung erfolgt auf Grundlage einer Interessenabwägung. Abzuwägen sind das private Interesse des Antragstellers, vom Vollzug des Verwaltungsaktes bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens verschont zu bleiben und das öffentliche Interesse an der Vollziehung der behördlichen Entscheidung. Im Rahmen dieser Interessenabwägung kommt den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache eine wesentliche Bedeutung zu.

Dabei ist die Wertung des § 39 Nr. 1 SGB II zu berücksichtigen, wonach der Gesetzgeber aufgrund einer typisierenden Abwägung der Individual- und öffentlichen Interessen (vgl. Eicher in Eicher, SGB II, 3. Auflage 2013, § 39, Rn. 7) dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug prinzipiell Vorrang gegenüber entgegenstehenden privaten Interessen einräumt. Eine Abweichung von diesem Regel-Ausnahmeverhältnis kommt nur in Betracht, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide bestehen (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rn. 12c, Conradis, LPK-SGB II, 4. Auflage 2012, § 39 Rn. 16 und Bay LSG, 16.07.2009, L 7 AS 368/09 B ER) oder wenn ausnahmsweise besondere private Interessen überwiegen.

Da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 12.09.2013 bestehen, ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung zurückzuweisen. Die Sanktion entspricht § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 31a Abs. 1 Satz 1, § 31b SGB II. Die angebotenen Stelle war zumutbar. Die Antragstellerin hat sich nach Aussage der Mitarbeiterin des Arbeitgebers in einer Art und Weise beworben, dass die Anbahnung der Arbeit verhindert wurde. Das Beschwerdegericht sieht keinen Anlass, diese Aussage zu bezweifeln. Auch die Ausführungen der Antragstellerin anlässlich der Anhörung sprechen nicht dagegen. Sie habe sich entsprechend telefonisch beworben und auch ihren Willen bekundet. Die Art und Weise der Willensbekundung ist einer Arbeitsverweigerung gleichzusetzen und führt zu der Sanktion. Da das Vermittlungsangebot eine zutreffende Rechtsfolgenbelehrung enthält, keine entgegenstehenden wichtigen Gründe ersichtlich sind sowie Beginn und Dauer der Sanktion zutreffend festgelegt wurden, ist die Sanktion nach derzeitigem Kenntnisstand nicht zu beanstanden.

Die bestehenden Stromschulden sind vorläufig zumindest als Darlehen gemäß § 22 Abs. 8 SGB II zu übernehmen. Insoweit sind ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund zu bejahen. Weil die Überweisung der 229,- Euro vom 01.10.2013 teilweise mit Stromschulden verrechnet wurde, hat sie nur einen Teil der Abschlagszahlung für Oktober abgedeckt. Es bestehen erneut Stromschulden von 152,40 Euro und die erneute Androhung einer Stromsperre steht unmittelbar bevor. In diesem Fall wäre die Wohnung nicht mehr beheizbar und angesichts der Jahreszeit unbewohnbar.

Es kann sein, dass ein Teil des Darlehens im Rahmen des offenen Widerspruchsverfahrens gegen die laufende Bewilligung in einen Zuschuss umzuwandeln ist. Der Anteil von einem Fünftel von 229,- Euro ist eine gegriffene Größe, deren tatsächliche Grundlage nicht ersichtlich ist. Wenn keine realitätsnahe Bemessung der Anteile des Heiz- und Haushaltsstroms möglich ist, läge es näher, von dem Gesamtbetrag von 229,- Euro den Anteil abzuziehen, der im Regelbedarf für Haushaltsstrom angesetzt ist. Laut BT-Drs. 17/3404, S. 55 wurden in § 5 RBEG mit 26,80 Euro von 30,24 Euro für 2011 die Stromkosten der Haushalte erfasst, die nicht mit Strom heizen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine Reduzierung der deutlich zu hohen Heizkosten auf die angemessenen Heizkosten mangels eines Absenkungsverfahrens nicht möglich ist.

Lediglich ergänzend wird angemerkt, dass die Antragstellerin konkretisiert hat, wofür sie die 5.000,- Euro haben will. Sie begehrt diesen Betrag als Umzugspauschale, um damit die zu erwartenden Kosten eines künftigen Umzugs abzudecken. Mit einer Eingliederungsleistung nach § 16 SGB II hat das nicht zu tun. Das Sozialgericht hat völlig zutreffend entschieden, dass derartige Kosten (Kaution, Umzugskosten, Maklerkosten) frühestens dann zustehen können, wenn eine neue Wohnung konkret in Aussicht steht. Diese neue Wohnung muss im Übrigen grundsätzlich kostenangemessen sein und die entstehenden Kosten müssen erforderlich sein.

Nicht nachvollziehbar sind die Ausführungen der Antragstellerin, dass sie die Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag nicht verschwiegen habe. Die Zusatzvereinbarung kann auch nicht auf Anraten einer Mitarbeiterin des Antragsgegners entstanden sein (so die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren). Die Antragstellerin hatte ein Angebot für den Mietvertrag vorgelegt, das mit 334,- Euro Grundmiete nur 1,50 Euro über der Mietobergrenze des Antragsgegners lag. Die Zusatzvereinbarung ging aber über einen monatlichen Mietaufschlag von 47,50 Euro. Diesen Zuschlag hatte sie bis Juni 2013 verschwiegen und deshalb vom Antragsgegner ohne Weiteres die Mietkaution erhalten.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Die Antragstellerin hat nur im geringfügigen Umfang obsiegt.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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