S 7 RJ 531/01

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Freistaat Bayern
Aktenzeichen
S 7 RJ 531/01
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Bayern, Nürnberg
Anfrage
Der bei der Rentenantragstellung 34jährige Kläger hat von September 1983 - Juli 1986 den Beruf des Chemiefacharbeiters erlernt und anschließend bis September 1993 eine Tätigkeit als Anlagenfahrer verrichtet. Von Juli 1994 bis 4.10.97 hat der Kläger eine Beschäftigung als Galvanikarbeiter ausgeübt. Im Anschluss daran bezog der Kläger Krankengeld. Ab Mai 1999 bestand Arbeitslosigkeit. Seit April 2002 ist der Kläger nach eigenen Angaben (Bl. 48 Gerichtsakte) als Lagerarbeiter tätig.

Nach dem orthopädischen Gutachten von Dr. ^Scherg^ vom 09.05.2002 stellt sich das Leistungsvermögen des Klägers wie folgt dar:
- 8 Stunden täglich leichte körperliche Tätigkeiten
- im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen
- unter Beachtung, dass kein schweres Heben und Tragen über 20kg mit dem rechten Arm notwendig ist
- ohne Tätigkeiten in kniender und gebeugter Position
Auskunft
Berufskundliche Stellungnahme

Unstreitig ist, dass der Kläger seinen zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr verrichten kann. Fraglich ist aber, welche Arbeiten er noch mit seinem vorhandenen Restleistungsvermögen ausüben kann.

Sie bitten daher um eine berufskundliche Stellungnahme zu folgender Frage:

Welche tarifvertraglich erfassten Tätigkeiten, für die Arbeitsplätze in nennenswertem Umfang vorhanden sind, kann der Kläger unter Berücksichtigung seines verbliebenen Restleistungsvermögen nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten
- aus der Gruppe der Facharbeiter
- aus der Gruppe der angelernten berufsverwandten Tätigkeiten

noch ausüben?

Die Beklagte verweist den Kläger im Widerspruchsbescheid vom 11.04.2001 auf die Tätigkeit eines Qualitätskontrolleurs in der chemischen Industrie und auf Anlagenfahren, -überwachen,

-steuern. Im Schriftsatz vom 07.06.2002 nennt sie als zumutbare Verweisungstätigkeiten:
- Anlagenfahren, -bedienen, -überwachen, steuern,
- in der Prüfung und Kontrolle in der chemischen Industrie,
- Hausmeister in größeren Wohnanlagen

Insbesondere sollten zu den von der Beklagten benannten Verweisungstätigkeiten Stellung genommen werden.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2003 darauf hingewiesen, dass er sich bei mehreren Arbeitsstellen in der chemischen Industrie als Anlagenführer beworben habe, aber jedes Mal eine Absage erhalten habe, weil er mit seinen gesundheitlichen Einschränkungen nicht als Feuerwehrmann geeignet sei. Es werde von den betreffenden Firmen für die Tätigkeit als Anlagenführer zugleich vorausgesetzt, dass er auch als Feuerwehrmann eingesetzt werden könne. Daher bitten Sie außerdem um Stellungnahme, ob diese Anforderungen tatsächlich in der chemischen Industrie gestellt werden.

Allgemein ist anzumerken, dass der Ausbildungsberuf Chemiefacharbeiter mit Inkrafttreten der Verordnung vom 04.12.1986 über die Berufsausbildung zum Chemikanten/zur Chemikantin am 01.08.1987 aufgehoben wurde.

Anlagenfahren, Bedienen, Überwachen, Steuern

Die Tätigkeit eines Anlagenfahrers ist eine Berufsausübungsform (speziell zusammenfassende Bezeichnungen für Berufe, die zum Kernberuf gehören und von Berufstätigen ausgeübt werden in Spezialisierungen/Aufstiegsberufe/Beschäftigungsmöglichkeiten) für einen gelernten Chemikanten bzw. Chemiefacharbeiter.

Der Anlagenfahrer bzw. Chemikant in der Produktion überwacht, kontrolliert Maschinen und Anlagen sowie den gesamten Produktionsablauf. Er bedient und wartet die Anlagen, Geräte und Apparaturen und stellt Störungen im Produktionsablauf fest und beseitigt sie. Wenn er an automatisch gesteuerten technischen Anlagen arbeitet, bedient er Computer und ist mit den Prozessleitsystemen vertraut.

Es handelt sich um überwiegend leichte, gelegentlich mittelschwere körperliche Arbeit, die meist im Stehen und Gehen, in automatisierten Bereichen im Sitzen verrichtet wird. Ein Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen entsprechend dem gesundheitlichen Erfordernis ist jedoch erfahrungsgemäß nicht möglich. Mitunter sind Zwangshaltungen wie Bücken oder Überkopfarbeit erforderlich. Belastung der Atemwege durch Staub, Gase und Dämpfe können nicht vermieden werden. Ebenso kommt es zu Geruchsbelästigung durch Chemikalien, Farben und Lacke und Hautbelastung durch Umgang mit reizenden und/oder allergisierenden Chemikalien, z.T. mit Gefahrenstoffen. Teilweise ist Schmutzarbeit erforderlich und es besteht Unfallgefahr bei unsachgemäßem Umgang mit Chemikalien. Daher sind als persönlicher Arbeitsschutz Brille, Handschuhe, Sicherheitsschuhe erforderlich.

Das Arbeitstempo richtet sich überwiegend nach dem Maschinentakt und dem Ablauf der chemischen Vorgänge.

Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und der vorgegebenen Dauer von chemischen Reaktionen werden chemische Produktionsanlagen und Maschinen rund um die Uhr gefahren. Die Anlagen werden dabei Tag und Nacht bedient und überwacht. Vollkontinuierliche 3-Schicht-Arbeit ist daher üblich.

Kenntnisse in Arbeitssicherheit und Unfallverhütung werden von Arbeitgeber vorausgesetzt, da der Umweltschutz und die Arbeitssicherheit in den letzten Jahren immer höhere Anforderungen an die Fachkräfte der chemischen Industrie stellt. Daher war es auch erforderlich eine deutliche Verstärkung entsprechender Inhalte in der Ausbildung zum Chemikanten notwendig. Auch die Ausbildungsdauer wurde von 3 auf 3 Jahre erhöht.

Häufig fordern Arbeitgeber einen Gabelstaplerschein und stellen als Anforderung an den Bewerber, dass Atemschutztauglichkeit gegeben sein muss. Des weiteren wird Teamfähigkeit, Flexibilität und selbständige Arbeitsweise vorausgesetzt. Einige Arbeitgeber erwarten zwischenzeitlich sogar gute Englischkenntnisse und EDV-Kenntnisse.

Allgemein ist zu qualifizierten Tätigkeiten in der chemischen Industrie folgendes auszuführen:

Die chemische Industrie ist vielfältig und breit gefächert in bezug auf Materialien bzw. chemischen Stoffen, Maschinen, Anlagen und Produkten. Alleine durch einen Betriebswechsel kann eine zusätzliche Einarbeitung, ggf. Zusatzausbildung daher notwendig werden. Außerdem erfordern weitere Entwicklungen im Bereich der Produktionstechnologie in der chemischen Industrie die Bereitschaft zur ständigen Weiterbildung und Qualifizierung. Der Kläger war zuletzt 1993 als Anlagenfahrer tätig.

Körperliche Eignungsvoraussetzungen für eine Tätigkeit als Chemikant in der Produktion bzw. Anlagenfahrer sind:
- Mittlere Körperkraft, Körpergewandtheit
- Volle Funktionsfähigkeit der Wirbelsäule und Gliedmaßen
- Finger- und Handgeschicklichkeit für beidhändiges Arbeiten
- Belastbarkeit der Haut, Hände und Atemwege
- Volles (auch korrigiertes) Nah- und Weitsehvermögen
- Volles Hörvermögen (Überwachung der Anlagen und Maschinen)

Die Leistungseinschränkungen des Klägers können bei einer Tätigkeit als Chemikant in der Produktion bzw. als Anlagenfahrer nicht ständig und in vollem Umfang berücksichtigt werden.

Anzumerken ist, dass der medizinische Sachverständige in seinem Gutachten vom 09.05.2002 in der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung angibt, dass für den Kläger noch ein leidensgerecht angepasster Arbeitsplatz beim Anlagenfahren, Anlagenbedienen in Frage käme. Es dürfte jedoch keine Arbeit im Schichtbetrieb sein aufgrund der Arbeitsschutzbestimmungen und feuertechnischen Bestimmungen.

Entsprechende Arbeitsplätze, wie von Dr. ^Scherg^ angegeben, sind Außenstehenden unter den üblichen Bedingungen des Arbeitslebens in der Regel nicht bzw. nicht direkt zugänglich, vielmehr handelt es sich nicht selten um vergönnungsweise Beschäftigung aufgrund sozialer Verpflichtungen oder die Arbeitsplätze wurden im Einzelfall durch besondere Vermittlungsbemühungen und Vermittlungshilfen, z.B. nicht selten erhebliche finanzielle Leistungen erschlossen.

Nach eingehender Sichtung der im Stellen-Informations-Service (SIS) der Bundesanstalt für Arbeit und der in allgemeinen Stellensuchmaschinen und Stellenbörsen veröffentlichten Stellenangebote für Chemikanten wird von keinem Arbeitgeber angegeben, dass der künftige Arbeitnehmer die Voraussetzung mitbringen muss, als Feuerwehrmann eingesetzt werden zu können.

Sicherlich ist es gerade beim Umgang mit Chemikalien für jeden Mitarbeiter erforderlich, über Kenntnisse der Verhaltensregeln im Brandfall oder bei Explosionsgefahr zu verfügen. Jedoch ist davon auszugehen, dass ein Anlagenführer beim Auftreten einer solche Gefahrensituation an "seiner" Anlage, verpflichtet ist, entsprechende Einrichtungen zur Brandbekämpfung zu handhaben und Maßnahmen zur Brandbekämpfung zu ergreifen.

Prüftätigkeiten und Kontrolltätigkeiten in der chemischen Industrie

Aufgrund des Einsatzes automatischer Prüfeinrichtungen, verbesserter Produktionsverfahren und anderer Arbeitsorganisationsformen nimmt die Zahl reiner Kontrollarbeitsplätze ab.

In der Qualitätskontrolle in der chemischen Industrie werden bei den Produktionsprozessen Proben entnommen, die mittels chemikalischer und physikalischer Methoden untersucht werden. Die Ergebnisse sind in Untersuchungsprotokollen festzuhalten. Die in der Qualitätskontrolle tätigen Fachkräfte bestimmen Maßnahmen zur Verringerung der Umweltbelastung, sammeln, verwerten oder entsorgen Abfälle.

Prüftätigkeiten beinhalten sehr häufig geringere körperliche Belastungen als Fertigungstätigkeiten und eignen sich daher besonders zur Umsetzung leistungsgeminderter Mitarbeiter, die aus sozialen Erwägungen oder aufgrund tarifvertraglicher Regelungen (z.B. Unkündbarkeit) weiterbeschäftigt werden sollen. Arbeitgeber berichten jedoch immer wieder, dass es zunehmend schwieriger wird, leidensgerechte Ansatzmöglichkeiten für eine wachsende Zahl von gesundheitlich beeinträchtigten Beschäftigten zu finden; z.T. werden sogar Wartelisten geführt.

Daneben wird ein Ansatz als Kontrolleur oft als beruflicher Aufstieg betrachtet. Aus personalpolitischen Erwägungen (z.B. dadurch Motivierung der Mitarbeiter und günstige Auswirkungen auf das Betriebsklima) wird diese Chance bevorzugt und soweit als möglich den eigenen Mitarbeitern eröffnet. Neben der fachlichen Qualifikation allgemein ist jedoch auch betriebsspezifisches Wissen über Produkt, Fertigungsverfahren, Betriebsorganisation und Arbeitsabläufe für die Aufgabenerfüllung Voraussetzung oder zumindest von erheblichem Vorteil, da sich z.B. Einarbeitungszeiten dadurch verkürzen oder gar erübrigen.

Aus den genannten Gründen werden Kontrollarbeitsplätze bevorzugt und weitestgehend innerbetrieblich besetzt. Außenstehende Bewerbe haben üblicherweise nur Zugang zu entsprechenden Stellen, z.B. wenn sie (bei in der Regel voller Leistungsfähigkeit) über einschlägige besondere Qualifikationen oder Erfahrungen als Kontrolleur verfügen. Die Erfahrungen aus der Praxis belegen, dass Arbeitgeber überwiegend berufserfahrene Kräfte als Prüfer / Qualitätsfachmann, möglichst mit Abschlussprüfung vor der Industrie- und Handelskammer (z.B. nach einer Umschulung) oder mit Zertifikat (DGQ-Schein Güteprüfung - Weiterbildung bei der Deutschen Gesellschaft für Qualität) suchen bzw. beschäftigen. Durch die veränderten Qualitätsanforderungen in Industrie und Handwerk und die Einführung von Qualitätsmanagement- und Qualitätssicherungsnormen nach DIN ISO 9000 ff wird inzwischen der "Qualitätsfachmann" bzw. die "Qualitätsfachfrau" ausgebildet und auf dem Arbeitsmarkt nachgefragt.

Für nicht so qualifizierte und zusätzlich leistungsgeminderte Bewerber können geeignete Arbeitsplätze nur vereinzelt durch besondere Vermittlungsbemühungen und Vermittlungshilfen (z.B. nicht selten erhebliche finanzielle Leistungen) erschlossen werden. Aus berufskundlicher Sicht dürfte der Kläger keinen Zugang zu Prüf- und Kontrolltätigkeiten in der chemischen Industrie.

Hausmeister in größeren Wohnanlagen

Die Beklagte verweist den Kläger im Schriftsatz vom 07.06.2002 auf die Tätigkeit eines Hausmeisters in größeren Wohnanlagen.

Aufgaben/Tätigkeiten eines Hausmeisters von größeren Wohnanlagen sind:
- Durchführung von Sichtkontrollen (z.B. Heizung, Lüftung, Feuchtigkeit, äußere Gebäudeschäden, wie Risse u.ä.)
- Behebung erkennbarer Schäden bzw. Veranlassung der erforderlichen Reparaturen, Beaufsichtigung und Abrechnung derselben, Dokumentation der Abläufe
- Schlüsselverwaltung
- Wartung und Instandhaltung der haustechnischen Anlagen
- Pflege der Außenanlagen, Winterdienst, Organisation der Entsorgung
- Kontaktpflege und Umgang mit den Bewohnern des Gebäudes
- Organisation und Überwachung der Gebäudereinigung: Einteilung und Beaufsichtigung der Reinigung, Einweisung der Reinigungskräfte, Bestimmung der Reinigungsverfahren und der Häufigkeit der Reinigung, Verwaltung und Lagerung der Reinigungsmittel.

Erfahrungsgemäß sind die Aufgaben eines Hausmeisters zu 70 % handwerkliche Instandhaltungs- und Reparatur - sowie gärtnerische und reinigende Außenarbeiten, zu 20 % Mieterbetreuung und zu 10% Verwaltungsarbeiten.

Heben und Tragen von schweren Lasten ist zwar in der Regel nicht täglich oder häufig erforderlich, lässt sich meist aber nicht ganz ausschließen. Dabei ist nicht nur an das Bewegen von Möbeln (außer in Schulen z.B. in Bürohäusern, Heimen, Krankenhäusern, Tagungsstätten usw.) gedacht, sondern auch z.B. an den Umgang mit Abfallcontainern, größeren Mengen an Hilfs- und Betriebsstoffen (Streusand, Gips- oder Zementsäcke, Farbkübel u.ä.). Die Ausstattung mit anderen als einfachen Geräten (z.B. Sack- oder Schubkarre, unterlegbare Transportrollen o.ä.), die doch den körperlichen Einsatz fordern, lohnt sich oft nicht oder sie können, wo sie vorhanden sind, aufgrund der örtlichen Gegebenheiten oder der Art der Arbeit teilweise nicht eingesetzt werden. Ebenso sind Arbeiten im Freien erforderlich. Belastungen durch Kälte, Nässe, Zugluft und Temperaturschwankungen können nicht vermieden werden.

Körperliche Voraussetzungen für eine Hausmeistertätigkeit sind insbesondere weitgehender Funktionstüchtigkeit bzw. Beweglichkeit und Belastbarkeit der Wirbelsäule, Beine, Arme und Hände.

Das Leistungsvermögen des Klägers entspricht aus berufskundlicher Sicht nicht den üblichen Anforderungen, die an einen Hausmeister in größeren Wohnanlagen gestellt wird.

Gute handwerkliche Kenntnisse und Fertigkeiten, bevorzugt aus dem Bereich Elektro- oder Sanitärinstallation, Schlosserei oder Schreinerei sind Voraussetzung, damit keine längere als dreimonatige Einarbeitung erfolgen muss. Der Kläger hat aufgrund seines beruflichen Werdeganges keinerlei verwertbare Kenntnisse für eine Hausmeistertätigkeit. Auch in dem mir vorliegenden umfangreichen berufskundlichen Unterlagen wird die Tätigkeit eines Hausmeister nicht als Beschäftigungsalternative für einen gelernten Chemiefacharbeiter bzw. Chemikanten genannt.

Anzumerken ist, dass seit September 1996 eine 12monatige Fortbildungsmaßnahme in Vollzeit mit dem Abschluss "Staatlich geprüfter Hauswart" nach der Handwerksordnung existiert, da die Haustechnik in den letzten Jahren immer komplexer geworden ist.

Zugangsvoraussetzungen sind:
- Hauptschulabschluss und Gesellen- oder Facharbeiterbrief in einem gewerblich-technischen Beruf sowie eine mindestens einjährige Berufspraxis oder
- Hauptschulabschluss und Gesellen- oder Gehilfenbrief in einem nichttechnischen Beruf sowie eine mindestens zweijährige Berufspraxis oder

Hauptschulabschluss und eine mindestens fünfjährige Berufserfahrung in einem gewerblich-technischen Beruf

Pförtner

Da nach dem Gutachten des medizinische Sachverständige Dr. ^Scherg^ vom 09.05.2002 die Tätigkeit eines Pförtners noch für den Kläger in Frage kommt, wurde sie in die Überlegungen miteinbezogen.

Pförtnerarbeitsplätze gelten vielfach als Schonarbeitsplätze, die für die innerbetriebliche Umsetzung leistungsgemindeter Beschäftigter geeignet sind. In nennenswertem Umfang sind Arbeitsplätze für einfache Pförtner allerdings auch Außenstehenden zugänglich. Sie beinhaltet teilweise tatsächlich nur leichte Arbeiten. Ein gewisser Wechsel der Körperhaltung ist gleichfalls möglich, wobei Gehen im Vergleich zu Sitzen und/oder Stehen jedoch meist nur einen geringen Anteil hat. Arbeit in Zwangshaltungen, Bücken, schweres Heben und Tragen ist in der Regel nicht zu erwarten. Schichtarbeit ist üblich, nicht selten sogar rd. um die Uhr und/oder mit auf 12 Stunden verlängerten Schichten. Auch Zeitdruck ist zeitweise möglich. Außerdem sind andere Stressbelastungen (z.B. Gefahrensituationen, ggf. Auseinandersetzungen mit Besuchern oder Mitarbeitern) nicht völlig zu vermeiden. Eine Pförtnertätigkeit ist zwar verschiedentlich durch lange Zeiten der relativen Monotonie geprägt, gerade aber wenn die Routine durchbrochen wird, ist es die Aufgabe des Pförtners, zu reagieren und situationsgerecht schnell zu handeln. Zudem handelt es sich überwiegend um Alleinarbeit, so dass auf die ständige Anwesenheit und Aufmerksamkeit nicht verzichtet werden kann. Ein gewisses Maß an neurovegetativer und psychischer Belastbarkeit, aber auch ausreichendes Hörvermögen sind daher erforderlich.

Da der Pförtner für Kunden, Besucher, Lieferanten, ggf. Anrufer in der Regel der erste Ansprechpartner eines Unternehmens, einer Behörde etc. ist, werden auch bestimmte Mindestanforderungen an Umgangsformen, Auftreten, äußeres Erscheinungsbild u.ä. gestellt. Ob der Kläger diese persönlichen Mindestanforderungen erfüllt, kann nicht beurteilt werden.

Qualifiziert ist eine Pförtnertätigkeit jedoch in der Regel erst dann, wenn zusätzliche Aufgaben wie z.B. die Erteilung von Auskünften, die weiterreichende Kenntnisse erfordern, schriftliche Arbeiten, umfangreiche Kontroll- und Sicherheitsaufgaben, die meist körperliche Belastung beinhalten, oder die Bedienung von Telefonanlagen mit mehreren Amtsleitungen zu erfüllen sind. Derartige Arbeitsplätze existieren in sehr viel geringerer Zahl als solche für einfache Pförtner. Sie werden in der Regel innerbetrieblich besetzt. Ein höchstens dreimonatiger Einarbeitungszeitraum reicht erfahrungsgemäß, zumal für einen Betriebsfremden, nicht aus. Dem Kläger genügt für eine Tätigkeit als Pförtner, die auch von einem Ungelernten innerhalb von drei Monaten erlernt werden kann (einfacher Pförtner), ebenfalls ein dreimonatiger Einarbeitungszeitraum.

Für eine qualifizierte Pförtnertätigkeit würde auch der Kläger einen längeren Einarbeitungszeitraum als drei Monate benötigen.

Insgesamt können bei einer Pförtnertätigkeit nicht alle Leistungseinschränkungen (Schichtarbeit) ständig und in vollem Umfang berücksichtigt werden.

Lagerverwalter

In ähnlich gelagerten Fällen wurde häufig die Tätigkeit eines Lagerverwalters genannt. Der Lagerverwalter hat in der Regel sicherzustellen, dass die Warenannahme und Eingangskontrolle ordnungsgemäß erfolgt, die verschiedenen Waren fachgerecht unter Berücksichtigung der jeweiligen Eigenschaften gelagert, gepflegt und weiterbehandelt werden, eine betriebswirtschaftliche und produktionsbezogene optimale Lagerbestandsmenge vorgehalten wird, Lagervorschriften und Sicherheitsbestimmungen beachtet und alle Lagereinrichtungen ordnungsgemäß gehandhabt, gepflegt und instand gehalten werden. Je nach Lagergröße hat er die dabei anfallenden Arbeiten in erster Linie zu planen, zu organisieren, zu steuern und zu überwachen oder auch selbst praktisch mitzuarbeiten oder sie in ihrer Gesamtheit allein zu verrichten. Wenn der Schwerpunkt auf verwaltenden und leitenden Aufgaben liegt, handelt es sich üblicherweise um eine Aufstiegsposition. Die dafür erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten, insbesondere auch im kaufmännisch-betriebswirtschaftlichen und bürotechnischen Bereich können vom Kläger, der überwiegend als Schlosser tätig war, nicht im Rahmen einer maximal dreimonatigen Einarbeitung vermittelt werden. Die bis zur Facharbeiterebene in der Regel erforderlichen, eigentlichen Lagerarbeiten beinhalten dagegen erfahrungsgemäß mindestens mittelschwere, u.U. auch schwere Belastungen, insbesondere entsprechende Hebe- und Tragebelastungen, Bücken und andere Zwangshaltungen, Klettern auf Lkw-Ladeflächen, u.U. auch Besteigen von Leitern, teilweise im Freien bzw. unter Witterungseinflüssen. Der Kläger ist nach eigenen Angaben seit April 2002 als Lagerarbeiter beschäftigt und führt diese Tätigkeit mit sehr großen Mühen durch (Bl. 48 Gerichtsakte).

Auf Seite 10 (Bl. 54 Gerichtsakte) seines Gutachtens gibt Dr. ^Scherg^ an, dass die Tätigkeit als Lagerarbeiter zwar noch durchführbar ist für den Kläger, jedoch nicht auf Dauer.

Aus berufskundlicher Sicht ist im Lagerbereich keine für den Kläger gesundheitlich uneingeschränkt zumutbare bzw. innerhalb von drei Monaten erlernbare Verweisungstätigkeit erkennbar.

Andere tarifvertraglich erfassten Tätigkeiten, für die Arbeitsplätze in nennenswertem Umfang vorhanden sind, die der Kläger unter Berücksichtigung seines verbliebenen Restleistungsvermögens nach seinen Kenntnissen und Fähigkeiten aus der Gruppe der Facharbeiter, aus der Gruppe der angelernten berufsverwandten Tätigkeiten noch ausüben kann, sind aus berufskundlicher Sicht nicht erkennbar.
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