L 6 RJ 180/99

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Freistaat Bayern
Aktenzeichen
L 6 RJ 180/99
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Bayern, Nürnberg
Anfrage
Der bei der Rentenantragstellung 29jährige Kläger hat in seinem Heimatland von 1982 - 1985 eine Ausbildung zum Maschinenbauer und im Anschluss daran eine Ausbildung zum Feuerwehrmann absolviert. Von 1986
- 1994 war er selbständig. Von 08/95 - 9/95 war er als Sägewerksarbeiter tätig.

Nach dem Gutachten von Dr. ^Kiefer^ vom 21.07.98 stellt sich die Leistungsfähigkeit wie folgt dar:
- vollschichtig leichte, kurzfristig auch mittelschwere Tätigkeiten
- im Gehen, Stehen und Sitzen
- im Freien und in geschlossenen Räumen.

Die rechte Hand kann nur noch für Hilfestellungen benötigt werden, kann jedoch mehr als nur als Beihand benutzt werden.

Dr. ^Kleinschmidt^ beschreibt in seinem chirurgischen Gutachten vom 28.10.98 die Leistungsfähigkeit des Klägers wie folgt:
- vollschichtig leichte, gelegentlich bis mittelschwere Tätigkeiten
- ohne Arbeiten im Freien
- ohne schweres Heben und Tragen unter Einsatz beider Hände
- ohne beidhändiges Arbeiten wie Maschinenschreiben/Computerschreiben
Auskunft
Berufskundliche Stellungnahme

Dr. ^Kleinschmidt^ nennt in seinem chirurgischen Gutachten vom 28.10.98 die Tätigkeiten eines Platzanweisers (Kino, Theater, Oper), eines Parkplatzwächters, eines Pförtners in öffentlichen Gebäuden oder auch Krankenhäusern und ähnlichen als zumutbare Verweisungsmöglichkeiten. Auch sieht Dr. ^Kleinschmidt^ in Botengängen eine berufliche Alternative.

Platzanweiser

Für das Anweisen von Plätzen in Theatern, Konzerthallen, Kinos, Stadien u. ä. sowie Öffnen und Schließen von Logen werden in der Regel keine Vollzeitkräfte angestellt.

In Kinos werden zu den Hauptzeiten Schüler und Rentner beschäftigt, die jedoch nur die Eintrittskarte kontrollieren. Die Plätze werden in größeren Kinos in der Regel telefonisch reserviert und sind nummeriert, so dass das Anweisen von Plätzen nicht erforderlich ist. Auch in kleineren Kinos sind die Plätze üblicherweise mit Nummern versehen. Sollte in Theatern, Konzerthallen oder Stadien noch die Tätigkeit eines Platzanweisers existieren, ist davon auszugehen, dass es sich ebenfalls nicht um eine Vollzeitbeschäftigung handelt.

Parkplatzwächter

Die Tätigkeit eines Parkplatzwächters wird häufig im Freien verrichtet. Das Schutzhäuschen kann nur benutzt werden, wenn keine Parker ankommen bzw. den Parkplatz verlassen. Daher ist der Parkplatzwächter immer wieder Witterungseinflüssen ausgesetzt. Nach dem Gutachten von Dr. ^Kleinschmidt^ vom 28.10.98 sind Arbeiten im Freien ungünstig, da die Kälteempfindlichkeit der Hand gestört ist und somit Erfrierungserscheinungen in der kalten Jahreszeit möglich sind. Dies könne nur bis zu einem gewissen Grad durch einen gefütterten Handschuh kompensiert werden. Aus berufskundlicher Sicht können daher bei einer Tätigkeit als Parkplatzwächter die Leistungseinschränkungen des Klägers nicht ständig und in vollem Umfang berücksichtigt werden.

Da die Tätigkeiten eines Museumswärter und einer Spielhallenaufsicht in einem ähnlich gelagerten Fall als zumutbare Verweisungstätigkeit genannt wurde, nehme ich dazu detailliert Stellung.

Museumswärter

Die Körperhaltung der Museumsaufsicht ist in den meisten Museen annähernd ausschließlich Stehen und Gehen. Sitzen ist die Ausnahme, allein schon, weil in der Regel mehrere Räume überwacht (z.T. auch über zwei Etagen) und regelmäßig und auch unregelmäßig begangen werden müssen. Sitzen ist gestattet, wenn kein Besucher da ist. Nach Auskunft von Museumsleitern ist die Mitarbeit beim Ab- und Aufbau von Ausstellungen, beim Transport und bei der Verwahrung von Objekten erforderlich. Gefordert werden gutes Hörvermögen, ausreichendes Sehvermögen, die Fähigkeit, Leitern zu besteigen und kurzfristig auf Leitern arbeiten zu können. Sonn- und Feiertagsdienst ist erforderlich.

Da die Tätigkeit eines Museumswärters zwar nicht ständig, aber immer wieder die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände erfordert, können die Leistungseinschränkungen des Klägers nicht immer und im vollen Umfang berücksichtigt werden.

Spielhallenaufsicht

Eine Spielhallenaufsicht ist für die Aufrechterhaltung des Spielbetriebes in Spielcentern, Spielotheken und Betrieben mit Unterhaltungs- und Glückspielgeräten zuständig. Zu ihren weiteren Aufgaben gehören das Betreuen und Pflegen der Spielautomaten, das Beseitigen von technischen Störungen bzw. Veranlassen von Reparaturarbeiten, das Gewährleisten der Sauberkeit und attraktiven Gestaltung des Spielcenters, das Organisieren und Betreuen von Veranstaltungen /Turnieren, das Betreuen der Gäste/ Kunden/innen, ggf. Schlichten von Unstimmigkeiten unter den Kunden/innen, Kassieren, Erstellen von Verkaufsabrechnungen und Aufstellen von Dienstplänen, ggf. Mithilfe beim Gastronomie-Service.

Die Tätigkeit einer Spielhallenaufsicht ist in der Regel körperlich leicht und wird im Stehen, Gehen und kurzfristig im Sitzen verrichtet. Wechselschicht ist üblich.

Anzumerken ist, dass von Arbeitgeberseite bestimmte Mindestanforderungen an die Person wie z.B. Durchsetzungsvermögen und Zuverlässigkeit gestellt werden. Außerdem muss häufig ein polizeiliches Führungszeugnis vorgelegt werden. Ob der Kläger diese Voraussetzungen mitbringt, kann nicht beurteilt werden. Die Leistungseinschränkungen des Klägers können bei der Tätigkeit einer Spielhallenaufsicht weitgehend berücksichtigt werden. Arbeitsplätze sind in nennenswertem Umfang vorhanden.

Gedacht werden könnte außerdem noch an eine Pförtnertätigkeit. Die Belastungen bei der Tätigkeitsausübung und die Anforderungen, die an das gesundheitliche Leistungsvermögen, die Vorkenntnisse und die Persönlichkeit gestellt werden, können sehr unterschiedlich sein. Stellen für einfache Pförtner gibt es in nennenswerter Zahl. Obwohl sie häufig als Schonarbeitsplätze gelten und der innerbetrieblichen Besetzung durch leistungsgeminderte Beschäftigte vorbehalten sind, haben dennoch auch Außenstehende in nennenswertem Umfang Aussichten, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten. Auch auf diverse Leistungsminderungen kann häufig Rücksicht genommen werden. So ist teilweise leichte Belastbarkeit ausreichend und ein Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen möglich. Schweres Heben und Tragen kann meist ausgeschlossen werden. Schichtarbeit ist üblich, nicht selten sogar rd. um die Uhr und /oder mit auf 12 Stunden verlängerten Schichten. Auch Zeitdruck ist zeitweise möglich. Außerdem sind andere Stressbelastungen (z.B. Gefahrensituationen, ggf. Auseinandersetzungen mit Besuchern oder Mitarbeitern) nicht völlig zu vermeiden. Eine Pförtnertätigkeit ist zwar verschiedentlich durch lange Zeiten der relativen Monotonie geprägt, gerade aber wenn die Routine durchbrochen wird, ist es die Aufgabe des Pförtners, zu reagieren und situationsgerecht schnell zu handeln.

Anzumerken ist, dass bei der Gefahrenabwehr die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände erforderlich sein kann. Außerdem ist beim Ausfüllen der Besucherscheine eine gewisse Fähigkeit zum Schreiben erforderlich. Ob der Kläger, der nach eigenen Angaben Rechtshänder ist, dazu noch in der Lage ist, kann den Akten nicht entnommen werden.

Es handelt sich überwiegend um Alleinarbeit, so dass auf die ständige Anwesenheit und Aufmerksamkeit nicht verzichtet werden kann. Ein gewisses Maß an neurovegetativer und psychischer Belastbarkeit, aber auch ausreichendes Hörvermögen sind daher erforderlich.

Da der Pförtner für Kunden, Besucher, Lieferanten, ggf. Anrufer in der Regel der erste Ansprechpartner eines Unternehmens, einer Behörde etc. ist, werden auch bestimmte Mindestanforderungen an Umgangsformen, Auftreten, äußeres Erscheinungsbild u.ä. gestellt. Ob der Kläger die persönlichen Mindestanforderungen mitbringt kann nicht beurteilt werden.

Es existiert eine nennenswerte Zahl von auch Außenstehenden zugänglichen einfachen Pförtnerarbeitsplätzen.

Boten, Mitarbeiter einer Registratur oder Poststelle müssen erfahrungsgemäß zumindest zeitweise bis mittelschwer belastbar sein. Häufiges Bücken, Recken, Heben und Tragen von schwereren Lasten ist trotz des Einsatz von z.B. Aktenrollwagen nicht unüblich. Auch das Besteigen von kleinen Leitern ist z.B. in einer Registratur erforderlich. Außerdem ist bei diesen Tätigkeiten die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände erforderlich. Die Leistungseinschränkungen des Klägers können bei diesen Tätigkeiten nicht ständig und in vollem Umfang berücksichtigt werden.

Telefonist

Aus dem Kreis der hervorgehobenen ungelernten, in verschiedenen Tarifverträgen mindestens wie Anlerntätigkeiten bewerteten Tätigkeiten wird oft noch die - berufsfremde - Telefonistentätigkeit als berufliche Alternative genannt. Sie ist - wenn nicht andere Arbeiten mit verrichtet werden müssen oder zur Auskunfterteilung umfangreiches oder vertieftes Wissen erforderlich ist - erfahrungsgemäß in maximal drei Monaten erlernbar. Die Tätigkeit eines Telefonisten ist körperlich leicht, wird jedoch ausschließlich im Sitzen ausgeübt. In der Regel erfolgt die Vermittlung der Gespräche per Tastatur und Bildschirm. Bildschirmarbeit wird u.U. in ausgeprägt statischer Haltung verrichtet. Zumindest eine Hand muss so geschickt und belastbar sein, dass die Verbindung schnell und korrekt hergestellt, ggf. Nachrichten notiert und z.T. Gebührenaufzeichnungen geführt bzw. Abrechnungen vorgenommen werden können. Neben Voraussetzungen wie Höflichkeit, Flexibilität, Merkfähigkeit, Sprachgewandtheit mit möglichst angenehmer Stimme etc. wird außerdem ein gewisses Maß an psychischer Belastbarkeit (u.a. für Arbeit unter Zeitdruck) erwartet. Ob der Kläger die persönlichen Voraussetzungen mitbringt, kann nicht beurteilt werden. Arbeitsplätze sind in nennenswertem Umfang vorhanden.

In der industriellen Fertigung vorkommende Tätigkeiten wie Montier-, Verpackungs-, Sortier- und Kontrollarbeiten können körperlich leicht sein, in der Regel dann, wenn mit kleinen Teilen umzugehen ist. Die Arbeiten sind aber weitgehend in einseitiger Körperhaltung (entweder im Sitzen oder Stehen) zu verrichten. Ein Wechsel zwischen Sitzen und Stehen ist möglich, wenn die zu bearbeitenden Teile selbst an- und abtransportiert werden müssen, jedoch fällt u.U. auch schwerere Hebe- und Tragebelastung an. Gerade bei Montier-, Verpackungs-, Sortier- und Kontrollarbeiten ist die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände erforderlich. Die Tätigkeiten in diesem Bereich erfordern nicht selten Schichtarbeit und werden in der Regel im Akkord oder unter akkordähnlichen Bedingungen bzw. am Fließband verrichtet. Eine ständige Rücksichtnahme auf alle Leistungseinschränkungen des Klägers ist bei diesen Tätigkeiten nicht möglich. Außerdem werden für diese körperlich leichten Tätigkeiten bevorzugt Frauen beschäftigt, da ihnen ein größeres Feinhandgeschick unterstellt und dabei eine höhere Arbeitsgeschwindigkeit erwartet wird.

Ungelernte Tätigkeiten für Männer sind z.B. Lager-, Transport- und Verladearbeiten. Die dabei anfallenden Tätigkeiten sind jedoch mittelschwer bis schwer und ausschließlich im Gehen und Stehen zu verrichten. Häufiges Bücken sowie Heben und Tragen von Lasten sind üblich. Teilweise ist auch im Freien unter Witterungseinflüssen und unter Einwirkung von Zugluft und Temperaturschwankungen zu arbeiten. Zeitdruck oder Schichtarbeit sind keine Seltenheit. Ein dem Leistungsvermögen des Klägers entsprechende Alternative ist auch in diesem Bereich nicht erkennbar.

Auch einfache Reinigungsarbeiten stellen für den Kläger keine seinem Leistungsvermögen entsprechende Alternative dar. Diese Arbeiten beinhalten zumindest gelegentlich auch schwerere als nur leichte Belastungen. Die Arbeiten werden im Gehen und Stehen verrichtet. Häufiges Bücken, Recken, vorgebeugte und z.T. gedrehte Haltung, o.ä. oder auch Arbeit im Freien werden verlangt. In der Regel wird außerdem unter Zeitdruck gearbeitet. Die volle Gebrauchsfähigkeit beider Hände ist erforderlich.

Spüler im Hotel- und Gaststättengewerbe müssen ebenfalls teilweise schwerere als nur leichte Lasten heben. Eine dem Leistungsvermögen des Klägers entsprechende Alternative wird auch hier nicht gesehen.

Einfache Bürohilfstätigkeiten wie z.B. Karteiarbeiten, Listenführung, Schreibarbeiten sind zwar körperlich leicht, werden jedoch in der Regel überwiegend im Sitzen verrichtet. Außerdem sind sie durch den zunehmenden Einsatz von EDV und moderner Bürokommunikation rückläufig. Auch verlangt der Wechsel von bisher ausschließlich gewerblicher Arbeit auf Bürotätigkeiten erfahrungsgemäß ein erhöhtes Maß an Umstellungsfähigkeit, wobei auf Arbeitgeberseite üblicherweise keine Bereitschaft besteht, minderbelastbare, gewerbliche, männliche Arbeitnehmer für solche Arbeiten neu einzustellen.

Weitere Berufstätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, die in nennenswertem Umfang existieren und auch Außenstehenden zugänglich sind, die dem Kläger gesundheitlich uneingeschränkt zumutbar sind und von ihm nach einer Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten ausgeübt werden können, sind aus berufskundlicher Sicht nicht erkennbar.
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