L 6 RJ 270/98

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Freistaat Bayern
Aktenzeichen
L 6 RJ 270/98
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Bayern, Nürnberg
Anfrage
Der bei der Rentenantragstellung 46jährige Kläger hat den Beruf des Drehers erlernt und von 1969 - 1981 im Bundesgebiet ausgeübt. Nach Rückkehr in sein Heimatland hat er zuerst als Dreher weitergearbeitet und war ab 1987 beim gleichen Arbeitgeber in der Werkzeugausgabe tätig. Seit 01.05.1995 bezieht der Kläger EU-Rente in Kroatien.

Nach dem nervenärztlichen Gutachten von Dr. ^Kiefer^ vom 31.03.00 ist von folgender Leistungsfähigkeit auszugehen:
- vollschichtig leichte und mittelschwere körperliche Arbeiten
- kurzfristig auch schwere körperliche Arbeiten
- keine ausschließlich körperlich schweren Arbeiten
- ohne Arbeiten in Zwangshaltungen
- ohne Arbeiten, bei denen der Kläger in Kontakt mit Alkohol kommen könnte

Dr. ^Thomas Lange^ beschreibt in seinem fachchirurgisch-orthopädischen Gutachten die Leistungsfähigkeit des Klägers wie folgt:
- vollschichtig leichte und mittelschwere Arbeiten
- ohne ausschließliches Arbeiten im Gehen, Stehen oder Sitzen
- ohne überwiegende Disposition von Nässe, Kälte, Hitze
- ohne Heben und Tragen von Lasten über 15 kg
- ohne häufigstes Treppensteigen
- ohne häufiges Besteigen von Leitern und Gerüsten, kniende und hockende Tätigkeiten

Dr. ^Eberl^ beschreibt in seinem internistischem Gutachten vom 04.05.00 das Leistungsvermögen des Klägers wie folgt:
- vollschichtig leicht und mittelschwere körperliche Arbeiten
- ohne ausschließlich im Gehen, Stehen und Sitzen, d.h. ein Positionswechsel muss gelegentlich möglich sein
- ohne Zwangshaltungen
- ohne dauerhaft im Freien
- ohne erhöhte Disposition von Nässe, Kälte und Hitze
- ohne häufiges Bücken
- nicht ausschließlich an Maschinen oder am Fließband
- ohne häufiges Treppensteigen und häufiges Besteigen von Leitern und Gerüsten
- ohne Heben und Tragen von Lasten über 15 kg
Auskunft
Berufskundliche Stellungnahme

Das Sozialgericht Landshut hat in der mündlichen Verhandlung am 11.03.1998 die Klage abgewiesen und den Kläger auf Kontrolltätigkeiten in der Metallindustrie verwiesen (Bl. 12 ff. LSG-Akte).

Die Beklagte möchte in ihrem Schreiben vom 24.05.00 (Bl. 239f. LSG-Akte) den Kläger auf die Tätigkeiten eines Güteprüfers oder Qualitätskontrolleurs in der metallverarbeitenden Industrie bzw. auf die Tätigkeit eines Hausmeisters mit handwerklichen Fähigkeiten verweisen.

Ihrer Anfrage zufolge ist insbesondere die Frage zu beantworten, ob der Kläger auf die Tätigkeit eines Hausmeisters mit handwerklichen Fähigkeiten verwiesen werden kann und ob eine solche Berufstätigkeit für ihn gesundheitlich zumutbar wäre.

Außerdem bitten Sie bei der Erteilung der Auskunft um hinreichende Berücksichtigung, dass realistischerweise jedem Arbeitnehmer zuzumuten ist, auch einmal kurzfristig an die Grenze der Leistungsfähigkeit zu gehen, wenn dies ein seltener Vorgang bleibt.

Hauswarte können in unterschiedlichen Funktionsformen zum Einsatz kommen. Entsprechend vielfältig und unterschiedlich können die Aufgaben und Tätigkeiten sein.

Aufgaben/Tätigkeiten eines Hausmeisters von größeren Wohnkomplexen sind:
- Durchführung von Sichtkontrollen (z.B. Heizung, Lüftung, Feuchtigkeit, äußere Gebäudeschäden, wie Risse u.ä.)
- Behebung erkennbarer Schäden bzw. Veranlassung der erforderlichen Reparaturen, Beaufsichtigung und Abrechnung derselben, Dokumentation der Abläufe
- Schlüsselverwaltung
- Wartung und Instandhaltung der haustechnischen Anlagen
- Organisation der Entsorgung
- Pflege der Außenanlagen, Winterdienst
- Kontaktpflege und Umgang mit den Bewohnern des Gebäudes
- Organisation und Überwachung der Gebäudereinigung: Einteilung und Beaufsichtigung der Reinigung, Einweisung der Reinigungskräfte, Bestimmung der Reinigungsverfahren und der Häufigkeit der Reinigung, Verwaltung und Lagerung der Reinigungsmittel.

Erfahrungsgemäß bestehen die Aufgaben eines Hausmeisters zu 70 % aus handwerklichen Instandhaltungs- und Reparatur - sowie gärtnerischen und reinigenden Außenarbeiten, zu 20 % aus Mieterbetreuung und zu 10% aus Verwaltungsarbeiten.

Die körperlichen Belastungen sind überwiegend leicht bis mittelschwer, gelegentlich auch schwer. Gehen und Stehen überwiegt bei weitem. Der gelegentliche Positionswechsel, wie im Gutachten von Dr. ^Eberl^ vom 04.05.00 gefordert, ist bei einer Hausmeistertätigkeit sicherlich möglich. Jedoch kann der Wechsel der Körperhaltung zwischen Gehen, Stehen und Sitzen nicht immer entsprechend dem gesundheitlichen Erfordernis vorgenommen werden. Treppensteigen ist kaum zu vermeiden, sondern fällt vielmehr oft in beachtlichem Umfang an. Nicht regelmäßig bzw. in täglich gleichbleibendem Umfang, aber u.U. auch einmal längerfristig wird Bücken, Hocken, Knien, Überkopfarbeit und Arbeit auf Leitern verlangt. Auch Heben und Tragen von Lasten über 15 kg ist zwar in der Regel nicht täglich oder häufig erforderlich, lässt sich meist aber nicht ganz ausschließen. Damit ist nicht nur das Bewegen von Möbeln (außer in Schulen z.B. in Bürohäusern, Heimen, Krankenhäusern, Tagungsstätten usw.) gemeint, sondern auch der Umgang mit Abfallcontainern, größeren Mengen an Hilfs- und Betriebsstoffen, z. B. Streusand, Farbkübel, u.ä. Die Ausstattung mit Hilfsgeräten, wie z. B. Sack- oder Schubkarre, unterlegbaren Transportrollen o. ä., die jedoch auch körperlichen Einsatz fordern, lohnt sich oft nicht. Teilweise können diese Geräte auf Grund der örtlichen Gegebenheiten oder der Art der Arbeiten nicht eingesetzt werden.

Zeitweise muss im Freien gearbeitet werden, wobei die Einwirkung von Nässe, Kälte und Hitze nicht vermieden werden kann. Erfahrungsgemäß handelt es sich jedoch nicht um anhaltende Belastungen. Die Tätigkeit des Hausmeisters liegt i. d. R. auf der Ebene der Anlern- oder Facharbeiterberufe. Neben guten handwerklichen Kenntnissen und Fähigkeiten wird häufig auch eine einschlägige Ausbildung wie z. B. Sanitär-, Heizungs- oder Elektroinstallateur, Schlosser, ggf. auch Schreiner verlangt oder vorausgesetzt. Die Einarbeitungszeit ist abhängig von den Vorkenntnissen und der Aufgabenstellung.

Für den Kläger dürften drei Monate für eine Reihe von Arbeitsplätzen - auf der qualifiziert Angelerntenebene - ausreichend sein.

Obwohl es sich bei einer Hausmeistertätigkeit um eine weitgehend selbständige, eigenverantwortliche Tätigkeit mit der Möglichkeit der freien Einteilung des Arbeitsablaufs handelt, können aus berufskundlicher Sicht und vermittlerischer Erfahrung die Leistungseinschränkungen des Klägers nicht ständig und in vollem Umfang berücksichtigt werden, da bei der Tätigkeit eines Hausmeisters der gelegentliche Positionswechsel entsprechend dem gesundheitlichen Erfordernis nicht immer möglich ist. Zusätzlich ist Treppensteigen erforderlich. Außerdem kann zeitweises Arbeiten auf Leitern und in Zwangshaltungen wie Bücken, Hocken und Knien nicht vermieden werden. Ebenso ist Heben und Tragen von Lasten über 15 kg nicht auszuschließen. Inwieweit dadurch die Restgesundheit des Klägers gefährdet oder auf Dauer geschädigt wird, kann aus berufskundlicher Sicht nicht beurteilt werden. Dies fällt m. E. in den Bereich eines ärztlichen Sachverständigen. Sollte eine ständige Rücksichtnahme auf alle Leistungsminderungen des Klägers nicht erforderlich sein, sind Arbeitsplätze als Hausmeister auf zumutbarer Qualifikationsebene in nennenswertem Umfang vorhanden, auf denen der Kläger aufgrund seines beruflichen Werdeganges innerhalb einer maximal dreimonatigen Einarbeitungszeit angesetzt werden könnte.
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