L 5 RJ 229/00

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Freistaat Bayern
Aktenzeichen
L 5 RJ 229/00
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Bayern, Nürnberg
Anfrage
Ihrer Anfrage zufolge bitten Sie, da bei der Klägerin alle Vermittlungsbemühungen fehlgeschlagen sind und weswegen den in meiner Stellungnahme genannten Berufen eine gewisse Skepsis auf Klägerseite entgegengebracht wird, um die Beantwortung folgender Fragen:

1. Können Sie in typisierender Betrachtung insoweit die in Ihrer Stellungnahme genannten Tätigkeitsfelder mit konkreten Arbeitsplätzen beschreiben?
2. Kann darüber hinaus bzw. ansonsten davon ausgegangen werden, dass eine Vermittlung auf Probe zur Austestung möglicher Arbeitsplätze erfolgen kann?
3. Gegebenenfalls bitte ich auch um Mitteilung von Erfahrungen in vergleichbaren Fällen bei der Arbeitsvermittlung.

Mit Anfrage vom 31.03.1999 bat das Sozialgericht München um die Beantwortung folgender Fragen:

1. Welche Tätigkeiten kommen auf dem Arbeitsmarkt für die Klägerin unter Berücksichtigung der von Herrn Dr. ^Kirchhoff^ im Gutachten vom 21.01.95 festgestellten Gesundheitsstörungen in Betracht?
2. Stehen in dieser Hinsicht ausreichend Arbeitsplätze zur Verfügung.
Auskunft
Berufskundliche Stellungnahme

In meiner Stellungnahme vom 09.12.1999 wurden die in der industriellen Fertigung vorkommende Tätigkeiten wie Kommissioniererin oder Versandfertigmacherin, Mitarbeiterin in einer Poststelle bei Firmen und Behörden, Mitarbeiterin in einer Registratur, Auffüllerin, Telefonistin, Museeumswärterin und Pförtnerin als Tätigkeiten benannt, bei der die Leistungseinschränkungen der Klägerin, wie im Gutachten von Dr. ^Kirchhoff^ angegeben, berücksichtigt werden können und Arbeitsplätze in nennenswertem Umfang auf dem Arbeitsmarkt vorhanden sind.

Meines Wissens sind Erwerbstätigkeiten zu benennen, die im Arbeitsprozess tatsächlich ausgeübt und als Arbeitsplatz (vakant oder besetzt) in nicht nur geringfügigem Maße vorhanden sind. Vermittlungsmöglichkeiten sind nicht zu berücksichtigen.

Kommissioniererin oder Versandfertigmacherin

Kommissioniererinnen bearbeiten Warenbestellungen und Versandaufträge.

Sie stellen Waren je nach Auftragsvorgabe durch entsprechende Entnahme aus dem Lager zusammen und überprüfen die zusammengestellten Partien auf Vollständigkeit und Beschaffenheit. Die vorverpackten Teile werden aus dem Lager (manuell, halbmanuell oder vollautomatisiert) geholt. Teilweise ist an Regalen zu arbeiten. Teilweise wird auch durch Einsatz eines Scanners die vollautomatisierte Kommissionierung ausgelöst.

Die Versandfertigmacherin nimmt den zusammengestellten Auftrag an und beurteilt den Versandweg (Abwägung nach Kosten und Termin), wählt das geeignete Packmaterial aus und verpackt z.B. in Kartonagen oder stellt z.B. Paletten für die Abholung zusammen.

Mitarbeiterin in einer Poststelle bei Firmen und Behörden

Poststellenmitarbeiter arbeiten am Schreibtisch und müssen die Post in entsprechende Fächer sortieren. Die Tätigkeit eines Mitarbeiters in einer Poststelle bei Firmen und Behörden wurde bereits ausführlich in meiner Stellungnahme vom 9.12.99 beschrieben.

Mitarbeiter in einer Registratur

Registraturkräfte arbeiten ebenfalls am Schreibtisch und an sog. Regalsystemen, wie z.B. Holzregalen, Stahlschränken mit Hängeregistratur, Aufzugschränken, unter Zuhilfenahme von einem Aktenwagen und ggf. kleinen Leitern. Es handelt sich bei Registraturen häufig um einen engen, fensterlosen Raum mit künstlicher Beleuchtung.

Auffüllerin

Die aufzufüllenden Waren werden auf einem Handhubwagen auf einer Palette bis zum Ort der Einschlichtung geschoben und müssen dann von Hand eingeschlichtet werden.

Telefonistin

Die Tätigkeit einer Telefonistin wird am Schreibtisch vor einer Telefonanlage mit Hörer oder Head-Set, ggf. am Bildschirm, in u.U. statischer Haltung verrichtet.

Museeumswärter

Die Tätigkeit einer Museumswärterin wird überwiegend im Gehen in gut klimatisierten Räumen verrichtet. Gelegentlich besteht die Möglichkeit zum Sitzen, wenn in einem der zu bewachenden Räume ein Stuhl vorhanden ist.

Pförtnerin

Die Pförtnerin kontrolliert den Zugang zu Gebäuden oder Betriebsgeländen. Sie kontrolliert Werksausweise, stellen Passagierscheine für Besucher aus und meldet diese bei der zuständigen Stelle an. Sie verhindert das Eindringen von Unbefugten in den Betrieb und überwacht zeitliche bzw. örtliche Zugangsberechtigungen (z.B. zu Sicherheitsbereichen) und den Kfz- und Warenverkehr. Sie verwaltet Schlüssel und Schließanlagen, führt Aufzeichnungen und nimmt Postsendungen an. Oft kümmern sie sich auch um die Postverteilung im Betrieb. Zu ihren Aufgaben gehört auch der Telefondienst (in kleineren Betrieben), das Beachten der Einhaltung von Fotografierverboten sowie das Aufbewahren von Fundsachen und Gepäck u.Ä.

Die Tätigkeit wird in sogenannten Pförtnerlogen oder im Eingangsbereich eines Gebäudes verrichtet. Üblicherweise steht ein Stuhl und ein Empfangstisch mit Telefon zur Verfügung.

Anmerken möchte ich noch, dass in meiner Stellungnahme vom 09.12.99 die Belastungen, die an den jeweiligen Arbeitsplätzen auftreten, genannt wurden. Bei der Telefonistinnentätigkeit und bei der Tätigkeit einer Pförtnerin wurde in meiner Stellungnahme daraufhingewiesen, dass nicht beurteilt werden kann, ob die Klägerin die persönlichen Voraussetzungen mitbringt.

Zu beobachten ist, dass Arbeitgeber vor einer Einstellung ein sog "Probearbeiten" voraussetzen.

Arbeitslose können an Trainingsmaßnahmen (§ 48 SGB III) bei einschlägigen Arbeitgebern oder geeigneten Bildungsträgern teilnehmen.

Nach § 49 SGB III werden Trainingsmaßnahmen u.a. gefördert, die die Eignung des Arbeitslosen für eine berufliche Tätigkeit oder eine Leistung der aktiven Arbeitsforderung feststellen.

Erfahrungsgemäß mindert längere Unterbrechung im Erwerbsleben die Vermittlungsaussichten deutlich. Noch geringer sind die Chancen, wenn zusätzlich gesundheitliche Einschränkungen zu berücksichtigen sind. Die Vermittlungsmöglichkeiten in berufsfremde Tätigkeiten reduzieren sich noch weiter, wenn keine einschlägigen Vorkenntnisse vorhanden sind.
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