S 11 RJ 1210/95

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Freistaat Bayern
Aktenzeichen
S 11 RJ 1210/95
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Bayern, Nürnberg
Anfrage
Ihrer Anfrage zufolge soll im Zusammenhang mit den von der Beklagten genannten (Verweisungs-) Tätigkeiten "Fuhrparkdisponenten" und "Kfz-Kundenberater" zu folgenden Fragen Stellung genommen werden:

1. Kommen diese Tätigkeiten in nennenswerter Anzahl auf dem Arbeitsmarkt vor?

2.
a) Wie ist das Niveau der Tätigkeiten einzuschätzen (Facharbeiter, Anlerntätigkeiten, ungelernte Tätigkeiten)?
b) Wie lange ist ggf. die allgemeine Anlernzeit - oder Einarbeitungszeit für eine ungelernte Kraft?
c) In welchem Umfang verkürzt sich diese Zeit für einen Berufskraftfahrer?

3. Sind diese Tätigkeiten von einem Arbeitnehmer durchführbar, dessen gesundheitliches Leistungsvermögen sich wie folgt darstellt: leichte Arbeiten ohne Zeit-, Leistungs- und Verantwortungsdruck oder Schichtdienst, ohne erhöhte Verletzungsgefahr und nicht unter außergewöhnlichen klimatischen Bedingungen oder Staub-, Rauch-, Gas oder Dampfexposition.
Auskunft
Berufskundliche Stellungnahme

Fuhrparkdisponent

Die Aufgaben eines Fuhrparkdisponenten sind insbesondere:
- Sicherstellen einer optimalen Transport- und Lagerleistung unter Berücksichtigung des momentanen Standorts von Frachtgut und Transportmitteln, dabei Veranlassen:
- Verpacken des Transportgutes in geeignete Transportbehälter
- Zusammenstellen von Ladungen (Berücksichtigen der Tourenstrecke)
- Termingerechtes Bereitstellen von Transportmitteln
- Koordinieren des Transports, Umschlags und der Lagerung
- Planen des wirtschaftlichen Einsatzes von zur Verfügung stehenden Fahrzeugen und Fahrer(n/innen)
- Entgegennehmen von Aufträgen, Beraten von Kund(en/innen)
- Kontrollieren von Kosten

Die Tätigkeit eines Fuhrparkdisponenten stellt für einen Berufskraftfahrer nach längerer Berufserfahrung und entsprechenden Kenntnissen im Transport- und Speditionswesen und nach entsprechender Einarbeitung/Zusatzbildung (mehr als drei Monate) häufig eine Aufstiegsposition im Beschäftigungsbetrieb dar.

Üblicherweise werden jedoch für Tätigkeiten im Bereich Fuhrparkdisposition Kaufleute (insbesondere Speditionskaufleute) beschäftigt. Neben kaufmännischen, bürotechnischen und zunehmend EDV- Kenntnissen sind gute planerische und organisatorische Fähigkeiten erforderlich.

Es handelt sich um eine stressbetonte, häufig unter Zeitdruck zu verrichtende, sehr verantwortungsvolle, körperlich leichte Tätigkeit. Belastungen durch Abgase können nicht vermieden werden.

Persönliche Mindestanforderungen sind extrem hohe Stressbelastbarkeit, Nervenstärke, Höflichkeit und gute Umgangsformen, Organisationstalent, Verantwortungsbewusstsein, geographisches Grundverständnis, Fähigkeit im Umgang mit rechtlichen Vorschriften, Teamfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit und Führungsqualitäten (Fingerspitzengefühl im Umgang mit den Fahrern, Durchsetzungsvermögen).

Das Leistungsvermögen des Klägers entspricht nicht mehr den üblichen Anforderungen. Arbeitsplätze sind in nennenswertem Umfang vorhanden.

Kfz-Kundenberater

Gedacht werden könnte an einen Kundenberater in Autohäusern.

Die Aufgaben in diesem Bereich sind insbesondere:
- Beraten und Verkaufen von Neu- und Gebrauchtfahrzeugen einschl. der jeweils gewünschten Ausstattung sowie ggf. des gewünschten Zubehörs
- Beraten in Finanzierungsfragen von Neu- und Gebrauchtwagen
- Prüfen der Fahrzeuge und des Zubehörs auf ordnungsgemäßen Zustand (z.B. Neuwagen), Qualität (z.B. Ersatzteile) und Menge, Versorgen der Werkstatt mit einzubauenden Ersatzteilen für Kundenfahrzeuge
- Durchführen von Verkaufsförderungsmaßnahmen, Werbung, Mitwirken an Marketingmaßnahmen, Beobachten des Kaufverhaltens und Steuerung des Verkaufs
- Erstellen der Verkaufsabrechnung
- Bearbeiten anfallender Aufgaben im Rechnungs- und Personalwesen
- Durchführen sonstiger Verwaltungsarbeiten
- Preise kalkulieren, Kosten berechnen, statistische Arbeiten durchführen Im Neuwagengeschäft ist die Tätigkeit häufig auf einen bestimmten Hersteller spezialisiert.

Arbeitsplätze sind in nennenswertem Umfang vorhanden.

Als Kfz-Kundenberater werden in der Regel jedoch Kaufleute beschäftigt. Die Tätigkeit ist auf der Facharbeiterebene angesiedelt. Die Einarbeitungszeit für einen Ungelernten ist mit mindestens drei Monaten anzusetzen. Da insbesondere auch kaufmännische Kenntnisse erforderlich sind, ist auch bei einem Berufskraftfahrer von einer mehr als dreimonatigen Einarbeitungszeit auszugehen.

Neben Branchen- und kaufmännischen Kenntnissen sind vor allem sicheres Auftreten im Bedienen und Beraten von Kunden, gutes äußeres Erscheinungsbild und Verhandlungsgeschick gefragt. Die Tätigkeit eines Kundenberaters ist zwar körperlich leicht, jedoch können Leistungs- und Verantwortungsdruck nicht vermieden werden.

Das Leistungsvermögen des Klägers entspricht nicht mehr den üblichen Anforderungen.

Zu erwägen ist noch eine Tätigkeit in der Reparaturannahme und Fahrzeugrückgabe in einer größeren Kfz-Werkstatt.

Zu den Aufgaben gehört die Inaugenscheinnahme des Fahrzeugs, die Schadensdiagnose, die Umsetzung der Angaben des Kunden in einen werkstattgerechten Arbeitsauftrag, die Abschätzung der Reparaturzeit, die Terminplanung, die Erstellung eines Kostenvoranschlages, die Endabnahme des reparierten Fahrzeugs und ggf. die Veranlassung der Material- und Ersatzteilbeschaffung sowie Stellung eines Ersatzfahrzeuges und nach Erledigung der Reparatur die Rückgabe des Fahrzeugs an den Kunden. Die körperlichen Belastungen sind in der Regel leicht, ein Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen findet statt, allerdings ist kurzfristig immer wieder Bücken, Vorbeugen, Hocken, Knien und Überkopfarbeit erforderlich. Auch bei Probefahrten wird die Wirbelsäule beansprucht. Belastungen durch Temperaturschwankungen, Zugluft, Witterungseinflüsse und Abgase sind oft gleichfalls nicht auszuschließen. Neben persönlicher Eignung (ähnlich wie im Verkauf), Fachkompetenz sowie Berufserfahrung in Schadensdiagnose und Kundendienst wird in der Regel die Meisterprüfung vorausgesetzt, da es sich um eine Schlüsselfunktion in der Kfz-Werkstatt handelt. Im allgemeinen besteht für Bewerber mit der Vorbildung des Klägers keine Aussicht einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten.

Unabhängig davon, genügen dem Kläger drei Monate Einarbeitszeit nicht, um auf zumutbarer Qualifikationsebene angesetzt zu werden. Arbeitsplätze sind in nennenswertem Umfang vorhanden.
Saved
Datum