S 25 RJ 1289/99

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Freistaat Bayern
Aktenzeichen
S 25 RJ 1289/99
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Bayern, Nürnberg
Anfrage
Der bei der Rentenantragstellung 38jährige Kläger hat von 1982 - 1985 den Beruf des Malers und Lackierers erlernt und anschließend ausgeübt. Von 1989 - 1991 besuchte er die Fachschule für Farb- und Lacktechnik und hat die Prüfung zum Staatlich geprüften Farb- und Lacktechniker abgelegt. Anschließend hat der Kläger eine Tätigkeit als Arbeiter in der Farbherstellung (Außendienst) und als Abteilungsleiter in einer Malerfirma verrichtet. Ab Dez. 1992 war er selbständig als Maler und Lackierer (Ein-Mann-Betrieb). Arbeitsunfähigkeit besteht seit 06.07.1998. Seit 11/98 bezieht der Kläger BU-Rente von einer Privatversicherung.

Dr. ^Klein^ beschreibt in seinem orthopädischen Gutachten vom 29.11.1999 die Leistungsfähigkeit des Klägers wie folgt:
- vollschichtig leichte Arbeiten
- aus wechselnder oder überwiegend sitzender Ausgangslage
- im Freien und in geschlossenen Räumen
- ohne mittelschwere Arbeiten
- ohne ausschließlich oder überwiegend gehende bzw. stehende Beschäftigung
- ohne wirbelsäulenbelastende Tätigkeiten wie
- Hantieren mit schweren Lasten () 10 kg)
- Arbeiten in Zwangshaltungen (Überkopfarbeiten oder in gebückter Körperhaltung)
- ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten
Auskunft
Berufskundliche Stellungnahme

In der Stellungnahme der sozialmedizinischen Abteilung der Beklagten vom 12.10.99 werden die Tätigkeiten eines Fachberaters in einem Farbengeschäft oder auch Heimwerkermarkt oder auch eines Qualitätsprüfers als Verweisungsmöglichkeiten genannt (Bl. 34 Klageakte). In der mündlichen Verhandlung vom 04.07.00 benennt die Beklagte die Tätigkeit eines Abteilungsleiters in einem Kaufhaus in der Farbenabteilung (Bl. 89 Klageakte) als weitere zumutbare Verweisungstätigkeit.

Der Kläger erklärte bei der mündlichen Verhandlung am 04.07.00, dass er staatlich geprüfter Farben- und Lacktechniker sei. Er habe die Fachschule für Farb- und Lacktechnik München von 1989 bis 1991 besucht. Fachrichtung sei historische Mal- und Lacktechnik gewesen. Ferner ist er Maler und Lackierermeister. Bei Lacktechnik war der Schwerpunkt unter anderem Anwendungstechnik.

Die sozialmedizinische Abteilung der Beklagten gibt in ihrer Stellungnahme vom 19.07.2000, die dem Schriftsatz der Beklagten vom 11.08.2000 beigefügt ist, an, dass für den Kläger noch als weitere Verweisungsberufe Tätigkeiten eines Bühnenmalers oder auch eines Werbe- und Schildermalers in Betracht kommen.

Fachberater in einem Farbengeschäft oder auch Heimwerkermarkt

Beratung ist im Einzelhandel nicht alleiniger Tätigkeitsinhalt, vielmehr liegt der Schwerpunkt erfahrungsgemäß auf dem Verkauf. Dazu gehört auch die Warenpräsentation. Verlangt wird nahezu ausschließlich Stehen und Gehen. Bücken ist durchaus häufig erforderlich, auch Recken, gelegentlich Überkopfarbeit und Besteigen von Leitern ist nicht auszuschließen. Heben und Tragen von Lasten ist keineswegs zu vermeiden. Die zu bewegenden Gewichte können sogar mittelschweres Maß übersteigen (z.B. Farbeimer, Kartons mit Lackdosen). Der Umgang mit Kunden setzt Höflichkeit, Kontaktfähigkeit, Flexibilität usw. und auch eine gewisse psychische Belastbarkeit voraus. Bei größerem Kundenandrang kann es auch zu Zeitdruck kommen. Das Leistungsvermögen des Klägers entspricht nicht mehr den üblichen Anforderungen.

Für Kundenberatung im Farbgroßhandel trifft es vielfach zu, dass der Verkauf im Verkaufsraum oder sogar am Schreibtisch anhand von Listen, Katalogen oder über ein Computer-Terminal abgewickelt und eine strikte Trennung zum Lager eingehalten wird. Arbeitgeberbefragungen und vermittlerischen Erfahrungen zufolge wird jedoch üblicherweise den kaufmännischen Kenntnissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten größere Bedeutung als dem produktbezogenen und anwendungsspezifischen Wissen zugemessen und kaufmännisch ausgebildetes Personal (vor allem Groß- oder u.U. auch Einzelhandelskaufleute) beschäftigt. Daher ist auch in diesem Bereich keine geeignete Alternative erkennbar.

Qualitätsprüfer

Der Kläger hat 1991 die Prüfung zum staatlich geprüften Farb- und Lacktechniker abgelegt. Anschließend war er jedoch offensichtlich nicht in diesem Beruf tätig gewesen. Aus berufskundlicher Sicht kann der Kläger daher nicht im Rahmen einer maximal dreimonatigen Einarbeitungszeit die Ebene eines Technikers in der Qualitätsprüfung erreichen. Die Facharbeiterebene dürfte für den Kläger jedoch erreichbar sein. Üblicherweise werden auf dieser Ebene Lacklaboranten (3 jähriger eigenständiger Ausbildungsberuf) beschäftigt.

Die Aufgaben in der Qualitätskontrolle von Beschichtungen und Beschichtungsstoffen (Lacke, Farben u.ä.) in der Herstellung und Verarbeitung sind insbesondere:
- Probenehmen
- Durchführen chemisch-analytischer Arbeiten (z.B. Bestimmen von Farb-, Bindemittel und Lösungsmittelanteilen)
- Bestimmen von physikalischen Stoffkonstanten und Kennzahlen (z.B. Zähflüssigkeit, Verdunstungszahl)
- Durchführen von technologischen und Beständigkeitsprüfungen (z.B. Prüfen der Härte, des Glanzes und der Flexibilität von Beschichtungen, Prüfen der Beständigkeit gegenüber Salzlösungen, UV-Strahlen u.a.)
- Freigeben bzw. Sperren von Produkten und Zwischenprodukten zur weiteren Verwendung bzw. Auslieferung an Kunden nach Auswertung der Prüfergebnisse

Die Tätigkeit in der Qualitätsprüfung ist überwiegend körperlich leicht und wird vorwiegend im Stehen verrichtet. Gehen und Sitzen ist teilweise möglich. Jedoch kann der Wechsel der Körperhaltung nicht entsprechend dem gesundheitlichen Erfordernis vorgenommen werden, sondern richtet sich nach den Aufgaben, die zu erledigen sind. Voraussichtliche Nichteignung besteht bei Belastbarkeitseinschränkungen der Wirbelsäule oder der Beine, die langes Stehen nicht zulassen. Aus berufskundlicher Sicht ist aufgrund der Leistungseinschränkungen des Klägers im Bereich der Qualitätskontrolle keine geeignete berufliche Alternative erkennbar.

Abteilungsleiter in einem Kaufhaus in der Farbenabteilung

Der Kläger war nach Abschluss seiner Ausbildung zum Techniker 1991 als Arbeiter in der Farbherstellung (Außendienst) und als Abteilungsleiter in einer Malerfirma.

Der Zugang zur Tätigkeit als Abteilungsleiter in einem Kaufhaus in der Farbenabteilung ist nicht geregelt. Üblicherweise wird eine Ausbildung im kaufmännischen oder betriebswirtschaftlichen Bereich und langjährige Berufserfahrung vorausgesetzt.

Abteilungsleiter planen, koordinieren und steuern den Verkauf von Waren, Produkten und Dienstleistungen einer Abteilung des Unternehmens im Einklang mit dessen Marketing-Konzeption. Darüber hinaus leiten und überwachen sie die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Abteilung Verkauf und sorgen für die notwendigen personellen und sachlichen Voraussetzungen zur Aufgabenerledigung.

Auch unter Berücksichtigung des beruflichen Werdeganges des Klägers, dürften ihm ein maximal dreimonatiger Einarbeitungszeitraum nicht genügen, um als Abteilungsleiter in einem Kaufhaus in einer Farbenabteilung angesetzt werden zu können.

Bühnenmaler

Die sozialmedizinische Abteilung der Beklagten gibt in ihrer Stellungnahme vom 19.07.2000, der dem Schriftsatz der Beklagten vom 11.08.2000 beigefügt ist, an, dass für den Kläger noch als weiteren Verweisungsberuf die Tätigkeit eines Bühnenmalers in Betracht kommt

Bühnenmaler und Bühnenplastiker ist ein anerkannter Ausbildungsberuf nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) und ist keinem Berufsfeld zugeordnet. Die Ausbildung wird im Bereich Industrie und Handel angeboten und ist in den folgenden Fachrichtungen möglich:
- Malerei
- Plastik

Die Ausbildung dauert 3 Jahre.

In der Regel wird für den Zugang zur Tätigkeit eine abgeschlossene Ausbildung zum Bühnenmaler Bühnenplastiker - Malerei vorausgesetzt.

Der Kläger hat die Fachschule für Farb- und Lacktechnik München von 1989 bis 1991 besucht. Fachrichtung sei historische Mal- und Lacktechnik gewesen. Ferner ist er Maler und Lackierermeister. Bei Lacktechnik war der Schwerpunkt unter anderem Anwendungstechnik. Aufgrund des beruflichen Werdeganges des Klägers ist aus berufskundlicher Sicht nicht davon auszugehen, dass ein maximal dreimonatiger Einarbeitungszeit genügt, um als Bühnenmaler angesetzt werden zu können.

Die Arbeiten eines Bühnenmalers werden überwiegend in geschlossenen Räumen verrichtet. Es handelt sich um mittelschwere, teilweise auch schwere körperliche Arbeit mit Heben und Tragen schwerer Lasten, die vorwiegend im Stehen mit Zwangshaltungen, wie Bücken, Hocken, Knien und Überkopfarbeit ausgeübt wird.

Zum Teil ist Arbeit auf Leitern und Gerüsten und Spritzkabinen erforderlich. Einfluss von Kälte und Hitze (z.B. im Sommer bei Deckenverglasungen), ständiger Zugluft und schwankenden Raumtemperaturen können nicht vermieden werden.

Unabhängig vom erforderlichen Einarbeitungszeitraum entspricht das Leistungsvermögen des Klägers nicht mehr den üblichen Anforderungen.

Werbe- und Schildermaler

Als weitere Verweisungstätigkeit nennt die sozialmedizinische Abteilung der Beklagten in ihrer Stellungnahme vom 19.07.2000, der dem Schriftsatz der Beklagten vom 11.08.2000 beigefügt ist, die Tätigkeit eines Werbe- und Schildermalers.

Nach der seit 1975 geltenden Verordnung über die Berufsausbildung zum Maler und Lackierer erwirbt ein Maler auch gewisse Kenntnisse im Schildermalen. Ob der Kläger allerdings je in diesem Bereich gearbeitet hat und über verwertbare Vorkenntnisse verfügt, ist aus den Akten nicht eindeutig zu entnehmen; ggf. könnte jedoch die Ebene der Anlernberufe innerhalb einer 3-monatigen Einarbeitungszeit erreicht werden. Im Schilder- und Lichtreklamehersteller existiert ein eigenständiger 3jähriger Ausbildungsberuf. In zunehmendem Maß sind Kenntnisse im Umgang mit computerunterstützten Arbeitsmitteln erforderlich. Außer Mal-, Lackier-, Ausschneide- und Klebetechniken wird auch Siebdruck und Lichtsatz angewendet. Die Arbeiten sind üblicherweise leicht bis mittelschwer und in wechselnder Körperhaltung, jedoch überwiegend im Stehen und teilweise in Zwangshaltungen zu verrichten. Arbeiten im Freien, auf Leitern und Gerüsten (einschl. häufigerem Besteigen von Leitern), Überkopfarbeiten und zumindest mittelschwere Hebe- und Tragebelastungen sind meist nicht ganz auszuschließen, die Einwirkung von Dämpfen und Gasen ist nicht zu vermeiden. Neben einem gesunden Stütz- und Bewegungsapparat wird auch hier üblicherweise gutes Sehvermögen im weiteren Sinn vorausgesetzt. Das Leistungsvermögen des Klägers entspricht nicht mehr den üblichen Anforderungen.

Hausmeister

In die Überlegungen miteinbezogen wurde noch die in ähnlichen Fällen häufig genannte Tätigkeit eines Hausmeisters. Hausmeister ist kein Ausbildungsberuf; es gibt auch kein einheitliches, verbindliches Berufsbild. Die Tätigkeitsinhalte können je nach Art des Arbeitgebers bzw. des zu betreuenden Objekts (z.B. Beschäftigung bei einer "Hausmeisterzentrale" oder einem Einzelarbeitgeber, verantwortlich für ein Objekt oder für mehrere) sehr unterschiedlich sein. Hauptaufgaben sind erfahrungsgemäß Kontroll- und Wartungsarbeiten sowie die Behebung von Mängeln (z.B. an elektrischen einschl. Beleuchtungs-, an Heizungs- und Sanitäranlagen, an Türen, Fenstern, Aufzügen), Reinigungsarbeiten innerhalb und oft auch außerhalb des Gebäudes (z.B. Treppenreinigung, Straßenkehren, Schneeräumen, Streudienst), Pflege von Grün- und Sportanlagen, Überwachung der Einhaltung von Feuerschutz- und sonstigen Sicherheitsbestimmungen und ggf. der Hausordnung, Sorge für die Hausver- und -entsorgung, außerdem einfache Verwaltungsarbeiten. Abhängig von der Größe des Objekts, der Aufgabenstellung oder der Arbeitsorganisation ist vielfach eine Verschiebung möglich zwischen dem eigentlichen Durchführen der Arbeiten und dem Veranlassen der Ausführung durch Fremdfirmen und deren Überwachung. Erforderlich ist üblicherweise Verständnis auch für technische Dinge und handwerkliches Geschick mit z.T. vielfältigen handwerklichen Kenntnissen und Fertigkeiten. Eine abgeschlossene Ausbildung ist nicht immer Voraussetzung, jedoch meist gewünscht. Besonders eignen sich Berufe wie Sanitär-, Heizungs- und Elektroinstallateur, Schlosser, ggf. auch Schreiner. Die Erfahrungen eines Malers sind eher begrenzt verwertbar. Dennoch ist nicht völlig ausgeschlossen, durch eine bis zu 3-monatigen Einarbeitung eine Einmündung zumindest auf der Ebene der Anlernberufe zu erreichen. Die Arbeiten sind überwiegend leicht bis mittelschwer, können gelegentlich aber auch schwer sein. Gehen (u.U. auch teilweise in unebenen Gelände, mit Treppensteigen in beachtlichem Umfang) und Stehen überwiegt deutlich. Ständig einseitige Körperhaltung wird nicht verlangt, jedoch immer wieder - u.U. auch einmal längerfristig - Arbeit in ungünstigen Haltungen wie Bücken, Hocken, Knien, Überkopfarbeit und Arbeit auf Leitern (einschl. Besteigen von Leitern). Heben und Tragen von mittelschweren und schweren Lasten ist zwar in der Regel nicht täglich oder häufig erforderlich, lässt sich aber meist nicht völlig ausschließen, da andere als einfache Hilfsmittel oft nicht vorhanden sind oder im Einzelfall nicht eingesetzt werden können. Dazu sind Belastungen durch Zugluft, Temperaturschwankungen oder bei Außenarbeiten Witterungseinflüsse sowie Nässe und gelegentlich Staub nicht ungewöhnlich. Vorausgesetzt wird üblicherweise insbesondere mittlere Körperkraft und Funktionstüchtigkeit und Belastbarkeit der Wirbelsäule, Arme und Beine. Das Leistungsvermögen des Klägers entspricht nicht mehr den üblichen Anforderungen.

Lagerleiter

Gedacht werden könnte noch an die Tätigkeit eines Lagerleiters in Farbgroßhandlungen. Er hat in der Regel sicherzustellen, dass die Warenannahme und Eingangskontrolle ordnungsgemäß erfolgt, die Waren fachgerecht unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Eigenschaften gelagert, gepflegt und weiterbehandelt (z.B. gemischt) werden, die betriebswirtschaftlich und der Nachfrage entsprechende optimale Lagerbestandsmenge vorgehalten wird, Lagervorschriften und Sicherheitsbestimmungen beachtet und alle Lagereinrichtungen (z.B. Regalsysteme, Mischstation, ggf. Gabelstapler) ordnungsgemäß gehandhabt, gepflegt und instandgehalten werden. Je nach Lagergröße hat er in erster planende, organisierende, steuernde und überwachende Funktion oder muss selbst zeitweise Lager- und Transportarbeiten verrichten bzw. als Alleinkraft alle Arbeiten in ihrer Gesamtheit ausführen. Wenn der Schwerpunkt auf verwaltenden und leitenden Aufgaben liegt, handelt es sich in der Regel um eine Aufstiegsposition, die auszufüllen Betriebsfremde - auch mit Vorkenntnissen, wie sie der Kläger mitbringen dürfte - mehr als drei Monate Einarbeitung benötigen.

Mitarbeiter in der Poststelle von Behörden und Firmen

Als weitere berufsfremde Alternative wurde noch die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle von Behörden und Firmen geprüft. Sofern die Post nicht zusätzlich vom Postamt geholt werden muss, sind die eingehenden Sendungen (z.B. Postsäcke, - körbe, -pakete) einschließlich der Hauspost (z.B. auch Akten) anzunehmen und zu öffnen. Der Inhalt muß entnommen, auf Vollständigkeit geprüft, großteils mit einem Eingangvermerk sowie - nach Feststellung des Empfängers - mit einem Weiterleitungsvermerk versehen und entsprechend sortiert werden. Die Verteilung im Haus wie auch das Einsammeln der Ausgangspost kann von den Mitarbeitern der Post miterledigt werden oder Boten übertragen sein. Üblicherweise ist jedoch die Ausgangspost zu sortieren, zu kuvertieren bzw. zu verpacken, korrekt zu frankieren und zur Abholung in Säcken, Körben o.ä. bereitzustellen oder ggf. auch selbst zum Postamt zu befördern. Verschiedentlich sind bei der Tätigkeit Maschinen (z.B. Brieföffnungs-, Kuvertier-, Frankiermaschinen) zu bedienen. Die Arbeiten erfordern in der Regel gelegentlich mittelschwere Belastbarkeit, vor allen Dingen im Hinblick auf die zu bewegenden Lasten. In diesem Zusammenhang wird auch Bücken verlangt. Ein Wechsel der Körperhaltung ist möglich, wobei Gehen sogar in beachtlichem Umfang, u.U. einschließlich Treppensteigen, anfällt, wenn die Post auch ausgetragen und eingesammelt wird.

Die Tätigkeit eines Mitarbeiters in einer Poststelle ist sowohl in der Wirtschaft als auch im öffentlichen Dienst keinesfalls grundsätzlich auf der Ebene der qualifizierten Anlerntätigkeiten angesiedelt, sondern nach Schwierigkeitsgrad gestaffelt ab der untersten Ebene der Angestelltenberufe zu finden, z.B.
- Bundesentgelttarifvertrag für die Chemische Industrie: Entgeltgruppe E 1 = kurze Einweisung = Verteilen von Post, E 2 = Berufspraxis von bis zu 13 Wochen = Sortieren und Verteilen von Post, E 3 = Berufspraxis von 6 bis 15 Monaten = Postabfertigen;
- Gehaltstarifvertrag für die Angestellten des Speditions- und Transportgewerbes in Bayern: Gehaltsgruppe 1 = Einweisung am Arbeitsplatz = Postabfertiger, Gehaltsgruppe 2 = Berufsausbildung = Postabfertiger
- BAT VerGr X = Hilfsleistung bei der Postabfertigung, VerGr IXb = Postabfertigen, VerGr VIII = schwierigere Tätigkeit (im Vergleich zu den vorgenannten).

Unabhängig davon verfügt der Kläger über keinerlei verwertbare Vorkenntnisse. Daher ist aus berufskundlicher Sicht davon auszugehen, dass er die Ebene der qualifizierten Anlerntätigkeiten nicht im Rahmen einer maximal dreimonatigen Einarbeitung erreichen kann.

Pförtner

Da Pförtnerarbeitsplätze vielfach als Schonarbeitsplätze gelten, die für die innerbetriebliche Umsetzung leistungsgeminderter Beschäftigter geeignet sind, wurde die Tätigkeit eines Pförtners in die Überlegungen miteinbezogen. In nennenswertem Umfang sind Arbeitsplätze für einfache Pförtner allerdings auch Außenstehenden zugänglich. Sie beinhaltet teilweise tatsächlich nur leichte Arbeiten. Ein gewisser Wechsel der Körperhaltung ist gleichfalls möglich, wobei Gehen im Vergleich zu Sitzen und/oder Stehen jedoch meist nur einen geringen Anteil hat. Arbeit in Zwangshaltungen, Bücken, schweres Heben und Tragen ist in der Regel nicht zu erwarten. Belastungen durch Witterungseinflüsse, Zugluft oder Temperaturschwankungen sind aber nicht immer ganz zu vermeiden. Auch Zeitdruck ist (z.B. bei Arbeitsbeginn und -ende, Schichtwechsel, größerem Besucherandrang) nicht auszuschließen. Gleiches gilt außerdem für nervliche Belastungen, z.B. in außergewöhnlichen Situationen, in denen Handeln vom Pförtner verlangt wird. Die Aufgaben eines Pförtners stellen gewisse persönliche Mindestanforderungen wie z.B. Flexibilität, Merk- und Kontaktfähigkeit, Umgangsformen und Durchsetzungsvermögen. Ob der Kläger diese persönlichen Mindestanforderungen erfüllt, kann nicht beurteilt werden. Qualifiziert im Sinne einer für einen Facharbeiter zumutbaren Verweisungstätigkeit ist eine Pförtnertätigkeit jedoch in der Regel erst dann, wenn zusätzliche Aufgaben wie z.B. die Erteilung von Auskünften, die weiterreichende Kenntnisse erfordern, schriftliche Arbeiten, umfangreiche Kontroll- und Sicherheitsaufgaben, die meist körperliche Belastung beinhalten, oder die Bedienung von Telefonanlagen mit mehreren Amtsleitungen zu erfüllen sind. Derartige Arbeitsplätze existieren in sehr viel geringerer Zahl als solche für einfache Pförtner. Sie werden in der Regel innerbetrieblich besetzt. Ein höchstens dreimonatiger Einarbeitungszeitraum reicht erfahrungsgemäß, zumal für einen Betriebsfremden nicht aus. Es ist daher auch in dieser Tätigkeit keine berufliche Alternative für den Kläger zu sehen.

Telefonist

Aufgrund ihrer Bewertung in verschiedenen Tarifverträgen (mindestens qualifizierte Angelerntenebene) wurde noch die berufsfremde Tätigkeit eines Telefonisten geprüft. Sie ist - sofern nicht andere Arbeiten mit verrichtet werden müssen oder zur Auskunftserteilung umfangreiches und vertieftes Wissen erforderlich ist - erfahrungsgemäß in maximal drei Monaten zu erlernen. Die Tätigkeit eines Telefonisten ist körperlich leicht, wird aber ausschließlich im Sitzen ausgeübt. In der Regel erfolgt die Vermittlung der Gespräche per Tastatur und Bildschirm. Bildschirmarbeit wird u.U. in ausgeprägt statischer Haltung verrichtet. Zumindest eine Hand muss so geschickt und belastbar sein, dass die Verbindung schnell und korrekt hergestellt, ggf. Nachrichten notiert und z.T. Gebührenaufzeichnungen geführt bzw. Abrechnungen vorgenommen werden können. Neben Voraussetzungen wie Höflichkeit, Flexibilität, Merkfähigkeit, Sprachgewandtheit mit möglichst angenehmer Stimme etc. wird außerdem ein gewisses Maß an psychischer Belastbarkeit (u.a. für Arbeit unter Zeitdruck) erwartet. Ob der Kläger die persönlichen Mindestvoraussetzungen mitbringt und ob ausschließliches Sitzen in u.U. ausgeprägt statischer Haltung die Restgesundheit des Klägers gefährdet oder auf Dauer schädigt, kann nicht beurteilt werden. Anzumerken ist, dass Dr. ^Klein^ in seinem orthopädischen Gutachten vom 29.11.1999 Arbeiten aus wechselnder oder überwiegend sitzender Ausgangslage noch für zumutbar erachtet hat. Arbeitsplätze für Telefonisten sind in nennenswertem Umfang vorhanden.

Andere Verweisungsmöglichkeiten auf der Ebene der Facharbeiter- oder Anlernberufe, die in nennenswertem Umfang existieren und auch Außenstehenden zugänglich sind, die dem Kläger gesundheitlich uneingeschränkt zumutbar sind und von ihm nach einer Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten ausgeübt werden können, sind aus berufskundlicher Sicht nicht erkennbar.

Anzumerken ist noch, dass verbindliche Tarifauskünfte nicht zum Aufgabengebiet der Bundesanstalt für Arbeit gehören.

Sie konnten bisher von den jeweiligen Tarifpartnern, den Auskunfts- und Beratungsstellen der Arbeitsgerichte und den Tarifauskunftsstellen der Bezirksregierung eingeholt werden.

Die bei den Bezirksregierungen angesiedelten Tarifauskunftsstellen wurden zum 01.07.2000 aufgelöst. Bei den Arbeitsgerichten werden Auskünfte über den Inhalt von Tarifverträgen nur noch im Vorfeld einer beabsichtigten Klage erteilt. Nach Mitteilung des Bayerischen Staatsministerium vom 05.07. und 5.10.2000 werden Tarifauskünfte zukünftig vom Deutschen Gewerkschaftsbund/Landesbezirk Bayern und der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft ausschließlich deren Mitglieder erteilt. Es besteht jedoch die Möglichkeit, Tarifauskünfte bei einem Rechtsanwalt gegen Gebühr einzuholen.
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