S 30 RJ 1128/01

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Freistaat Bayern
Aktenzeichen
S 30 RJ 1128/01
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Bayern, Nürnberg
Anfrage
Im Wege der Amtshilfe bitten Sie um die Beantwortung folgender Fragen:

1. Sind für die Ausübung der Tätigkeit als Linienbusfahrer Qualifikationen und Befähigungen verlangt, für deren Erwerb eine Berufsausbildung als Facharbeiter erforderlich ist?

2. Werden Linienbusfahrer häufig oder regelmäßig von Anfang an oder im Sinne eines Bewährungsaufstieges ohne Rücksicht auf ihre Ausbildung als Facharbeiter entlohnt?

3. Gibt es in relevanter Zahl Arbeitsplätze als "Disponent" in Firmen, die Linienbusse betreiben?

4. Welche Qualifikationen sind hierfür erforderlich?

5. Welche besonderen körperlichen oder psychischen Belastungen bringt die Ausübung dieses Berufes mit sich?

6. Kann ein Linienbusfahrer ohne besondere berufliche Qualifikation diese Tätigkeit ausüben?

7. Wenn ja, ist hierfür eine Anlernzeit erforderlich, und von welcher Dauer?
Auskunft
Berufskundliche Stellungnahme

zu Frage 1:

In der Regel werden für die Tätigkeit eines Linienbusfahrers neben der erforderlichen Fahrerlaubnis zur Personenbeförderung (EU- oder EWR-Fahrerlaubnis der Klasse D, D1, DE oder D1E, Mindestalter 20 Jahre) auch Fahrpraxis und im Einzelfall benötigte Kfz-Kenntnisse sowie die Teilnahme an einem entsprechenden qualifizierenden Lehrgang oder auch eine abgeschlossene Berufsausbildung als Berufskraftfahrer vorausgesetzt

Es existiert ein neuer dreijähriger Ausbildungsberuf als Fachkraft im Fahrbetrieb, der 2002 erstmals eine Ausbildungsordnung nach dem Berufsbildungsgesetz (in Kraft getreten am 01.08.2002) erhielt. Dieser bereitet umfassend auf Qualitäts- und Dienstleistungsanforderungen vor, die an den modernen Personennahverkehr gestellt werden.

Ausbildungsinhalte sind u.a. Disposition des Fahrbetriebes wie Dienstpläne erstellen, Fahrpersonal disponieren und Fahrzeuge disponieren.

Fachkräfte im Fahrbetrieb arbeiten in Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs. Sie fahren Busse, Straßenbahnen oder U-Bahnen, nehmen Aufgaben in den Bereichen Kundendienst, Marketing, Planung und Disposition des Fahrzeugbetriebs wahr oder sorgen für die Einsatzbereitschaft der Fahrzeuge.

zu Frage 2:

Sind Linienbusfahrer Angestellte im Öffentlichen Dienst, bemisst sich das Einkommen nach dem Bundesangestelltentarifvertrag. Auch bei einer Beschäftigung in der privaten Wirtschaft haben Tarifverträge einen maßgeblichen Einfluss auf den Verdienst. Einkommen werden aber auch unabhängig von Tarifverträgen vereinbart. Nach Rücksprache mit einem großen Verkehrsbetrieb werden Linienbusfahrer ab Beginn der Beschäftigung überwiegend, ohne Rücksicht auf ihre Ausbildung, entsprechend der Eingangsstufe eines Facharbeiters entlohnt.

zu Frage 3:

Der neue Ausbildungsberuf Fachkraft im Fahrbetrieb wurde aufgrund arbeitsmarktlicher Erfordernisse geschaffen. Gut qualifizierte Arbeitskräfte stärken die Wettbewerbsposition von Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs und gewährleisten eine hohe Qualität für den Fahrgast. Arbeitsplätze als Disponenten in Firmen bzw. Verkehrsbetrieben, die Linienbusse betreiben, existieren in nennenswerter Zahl auf dem Arbeitsmarkt des Bundesgebietes.

zu Frage 4:

Dispositionsaufgaben werden üblicherweise von kaufmännisch vorgebildeten Kräften verrichtet.

Die Tätigkeit eines Disponenten stellt für einen Linienbusfahrer eine Aufstiegsposition im Beschäftigungsbetrieb dar. Nach Rücksprache mit dem großen Verkehrsbetrieb ist nach betrieblichen Auswahlrichtlinien und Entwicklung über die Tätigkeit eines Sachbearbeiters für einen Linienbusfahrer ein Ansatz als Disponent möglich. Neben kaufmännischen, bürotechnischen und zunehmend EDV- Kenntnissen sind gute planerische und organisatorische Fähigkeiten erforderlich.

Bei der Tätigkeit eines Disponenten handelt es sich um eine Schlüsselposition und Vertrauensstellung. Disponenten werden in der Regel wie Meister entlohnt.

zu Frage 5:

Es handelt sich um eine stressbetonte, häufig unter Zeitdruck zu verrichtende, sehr verantwortungsvolle, körperlich leichte Tätigkeit. Belastungen durch Abgase können nicht vermieden werden.

Persönliche Mindestanforderungen sind extrem hohe Stressbelastbarkeit, Nervenstärke, Höflichkeit und gute Umgangsformen, Organisationstalent, Verantwortungsbewusstsein, geographisches Grundverständnis, Fähigkeit im Umgang mit rechtlichen Vorschriften, Teamfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit und Führungsqualitäten (Fingerspitzengefühl im Umgang mit den Fahrern, Durchsetzungsvermögen).

zu Frage 6:

Ein Linienbusfahrer kann die Tätigkeit eines Disponenten üblicherweise nicht ohne zusätzliche Qualifikation ausüben.

zu Frage 7:

Wie bereits angegeben, werden für die Tätigkeit eines Disponenten üblicherweise kaufmännisch ausgebildete Kräfte beschäftigt. Nach längerer Zeit im Beschäftigungsbetrieb und wie bereits ausgeführt - entsprechender Entwicklung - kann ein Linienbusfahrer, wenn er die persönlichen Mindestvoraussetzungen mitbringt, als Disponent angesetzt werden. Im Rahmen einer maximal dreimonatigen Einarbeitung können die Kenntnisse für Dispositionsaufgaben in der Regel nicht erworben werden.
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Datum