L 10 RI 189/02

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Niedersachsen-Bremen
Aktenzeichen
L 10 RI 189/02
Auskunftgeber
Sachverständiger, Verwaltungsbeamter
Anfrage
Die Klägerin ist gelernte Friseurin und hat ihr bisheriges Berufleben ausschließlich in diesen Beruf verbracht. Die aufgetretenen Gesundheitsstörungen sind unstrittig und betreffen vor allen Dingen Armhochhebebelastungen, Armvorhaltungen und dauerndes Stehen. Mit diesen gesundheitlichen Einschränkungen ist eine Weiterführung in diesem Beruf nicht mehr möglich. Alternativen bieten sich zum einen im Bereich eines Callcenter-Agenten bzw. im Bereich Pförtner. Callcenter-Agenten arbeiten in Callcentern. Ihr Arbeitsplatz besteht aus einer Telefonanlage, die mit einem Kopfhörer mit Mikrophon bedient wird. Dabei besteht durchaus die Möglichkeit, eingeschränkte Hörfähigkeit durch technische Mittel auszugleichen. Weiteres Arbeitsmittel ist ein Computer. Für die Bedienung der technischen Hilfsmittel ist eine betriebliche Einarbeitung mit einer Dauer von drei Monaten üblich.
Auskunft
Berufskundliche Stellungnahme

Auszug aus der Sitzungsniederschrift

Üblicherweise werden bei dieser Tätigkeit Kundenfreundlichkeit und akzentfreie deutsche Sprache gefordert. Darüber hinaus werden solche Arbeitsplätze im festgelegten Rhythmus gewechselt, sodass längere Zwangshaltungen vermieden werden. Außerdem wird ein sehr regelmäßiges Pausenmanagement durchgeführt. Callcenter-Agenten werden nach Haustarifen bezahlt. Die Höhe lässt sich durchaus mit durchschnittlichen Facharbeiterentlohnungen vergleichen.

Der Beruf des Pförtners bzw. Pförtnerin hat in den letzten Jahren wieder eine Verstärkung erfahren, weil insbesondere größere Betriebe ihre schutzwürdigen Interessen durch Pförtner wahrnehmen lassen. Pförtner arbeiten im ständigen Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen, kontrollieren Zu- und Abgänge von Personen aus dem Werkgelände und bedienen technische Geräte wie Fahrzeugwaagen etc. Auf Grund des festgestellten Leistungsvermögens der Klägerin halte ich die Ausübung dieser Berufstätigkeit für möglich. Die Entlohnung ist in einschlägigen Tarifverträgen geregelt und bewegt sich im Einstiegsbereich in einer Größenordnung vergleichbar mit BAT VIII. Der Beruf des Pförtners ist aus meiner Sicht nicht den sogenannten Schonarbeitsplätzen zuzurechnen. Gerade in den vergangenen Jahren hat es eine deutliche Zunahme dieser Arbeitsplätze gegeben, die auch mit Bewerbern aus dem allgemeinen Arbeitsmarkt besetzt worden sind.

Auf Fragen des Gerichts: Callcenter-Agenten haben üblicherweise nach 30 Minuten eine kurze Pause, da die Konzentrationsfähigkeit erfahrungsgemäß nach diesen Zeiträumen nachlässt. Aus diesem Grunde werden in diesem Beruf auch mehr und häufigere Pausen als an normalen Arbeitsplätzen gemacht.

Auf weitere Frage des Gerichts:

In den Berufen als Pförtnerin und Callcenter-Agentin werden üblicherweise nur solche Personen eingestellt, die über eine abgeschlossene Berufsausbildung verfügen. Die Art der Berufsausbildung ist hierbei von geringerer Bedeutung, da es vielmehr auf das Vorhandensein bestimmter unterstellter Fähigkeiten ankommt, die üblicherweise durch eine Berufsausbildung vermittelt werden.

Auf Grund dieser Tatsache reichen in aller Regel auch Einarbeitungszeiten bis zu drei Monaten. Die Bezahlung liegt jedoch auf Grund der beruflichen Vorerfahrung eher auf Facharbeiterniveau.

Auf weitere Frage des Gerichts:

Callcenter-Agenten sitzen in schallgedämmten ”Boxen”. Hinsichtlich der Geräuschbelastung durch Tastaturen kann festgestellt werden, dass üblicherweise nur solche zum Einsatz kommen, die geräuschgemindert und ohne Klick arbeiten.

Auf Fragen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin:

Die von Callcenter-Agenten benutzten Headsets schließen Nebengeräusche weitgehend aus. Anders wäre es auch nicht möglich, dass bis zu mehrere hundert Callcenter-Agenten in einem Großraumbüro annähernd störungsfrei arbeiten können. Hinzukommt, dass jeder Agent durch die ihn umgebende ”Box” schallgeschützt arbeitet.

Aus meiner Sicht erfüllt die Klägerin die gesundheitlichen Anforderungen, die üblicherweise an Callcenter-Agenten gestellt werden. Dies schließt die festgestellte mögliche Hörbeeinträchtigung ein.

Die erforderlichen Kenntnisse für die Ausübung dieser Berufstätigkeit können in drei Monaten Einarbeitung bzw. Vorbereitung erlangt werden.

Aus meiner Erfahrung ist eine Fingerfertigkeit an der PC-Tastatur, die nicht dem 10-Finger-System entspricht, ausreichend und innerhalb der erwähnten Anlernzeit zu erlernen.

Die üblichen Pausen in Callcentern sind bezahlte Pausen.

Pförtner arbeiten überwiegend in geschlossenen Räumen. Nässe, Kälte und Zugluft treten höchstens ausnahmsweise auf.
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