L 6 RJ 204/03

Berufskundekategorie
Gutachten
Land
Freistaat Bayern
Aktenzeichen
L 6 RJ 204/03
Auskunftgeber
Regionaldirektion Bayern, Nürnberg
Anfrage
Die im Zeitpunkt der Antragstellung auf BU-/EU-Rente am 12.12.2000 39-jährige Klägerin hat keine Berufsausbildung absolviert. Sie war von 1993 bis Mai 1998 als Gebäudereinigerin beschäftigt gewesen und ist seitdem arbeitslos.

Nach dem nervenärztlichen Gutachten von Frau Dr. vom 15.12.2003 ist von folgendem Restleistungsvermögen der Klägerin auszugehen:

- krankheitswertige psychosomatisch/funktionelle Symptombildung,
- keine Tätigkeitsverrichtung, die schwere oder häufig mittelschwere Anforderungen an die körperliche Belastbarkeit stellen, vor allem entsprechende Anforderungen an die Belastbarkeit des linken Beines,
- kein häufiges oder anhaltendes Gehen oder Stehen, kein schweres Heben, Tragen und Bücken,
- keine Tätigkeiten auf Treppen, Leitern und Gerüsten sowie an verletzungsgefährdenden Maschinen,
- generell sind nervliche Belastbarkeit, Ausdauer, Konzentrationsvermögen, auch geistige Beweglichkeit und Umstellungsfähigkeit in zumindest mäßigem Umfang beeinträchtigt,
- keine Tätigkeiten unter Zeitdruck oder Akkord-/Fließbandbedingungen,.
- keine Tätigkeiten, die Anforderungen an Sprachverständnis, Lesen, Schreiben und Rechnen stellen.
Als positives Leistungsbild verbleiben demnach nur körperlich leichte und einfachste geistige vollschichtige Tätigkeiten überwiegend im Sitzen, zum Beispiel leichte Sortierarbeiten oder ähnliches. Eine wesentliche Besserung des Gesundheitszustandes sei in absehbarer Zeit nicht zu erwarten.
Auskunft
Gebäudereinigerin

Nach alledem kann nach hiesiger berufskundlicher Meinung der Auffassung des Sozialgerichts Augsburg in seinem Urteil vom 11.03.2003 nicht beigepflichtet werden, die Klägerin könne sowohl aus orthopädischer als auch aus nervenärztlicher Sicht die zuletzt ausgeübte Tätigkeit einer Gebäudereinigerin verrichten. Gebäudereinigerinnen arbeiten im Gehen und Stehen, aber auch im Bücken, Hocken oder Knien sowie über Kopf. Sie verrichten Schmutzarbeiten und können dabei Kälte und Nässe sowie Stäuben oder Gasen ausgesetzt sein. Insbesondere die Arbeiten auf Leitern und Gerüsten erfordert die Einhaltung von Unfallverhütungsvorschriften. Aufgrund dieser beruflichen Anforderungen kommt auch das nervenärztliche Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Klägerin für Tätigkeiten im Reinigungsbereich nicht mehr gesundheitlich geeignet ist.

Sortiererin, Verpackerin

Üblicherweise handelt es sich um ungelernte Tätigkeiten oder einfache Anlerntätigkeiten, die grundsätzlich keine längere als dreimonatige Einarbeitungszeit erfordern. Es gibt auch in ausreichender Zahl Arbeitsplätze mit nur leichten Belastungen; diese werden weitgehend mit Frauen besetzt. Sie sind jedoch in der Regel durch ausschließlich oder weitestgehend einseitige Körperhaltungen (Stehen oder Sitzen, nicht selten sogar bis hin zu Zwangshaltungen) und durch Zeitdruck (Akkord-, Fließbandarbeit o.ä.) geprägt. Schichtarbeit ist keine Seltenheit. Bei Verpackungstätigkeiten kann zudem häufiges Bücken und – auch wenn es sich einzeln betrachtet um leichte Gegenstände handelt – durch Zusammenfassung in größere Gebinde Heben und Tragen auch schwererer Lasten verlangt sein. Zu sortierende Teile werden in Behältern oder auf Paletten an den Arbeitsplatz geholt, auf Arbeitshöhe gebracht, danach in Behälter abgelegt und wieder wegtransportiert. Gutes Sehvermögen, Beidhandgeschick und Fingerfertigkeit sind neben Aufmerksamkeit und Konzentrationsvermögen übliche Anforderungsvoraussetzungen. Aus berufskundlicher Sicht sind diese beruflichen Verweisungstätigkeiten für die Klägerin nicht geeignet, weil ihre gesundheitlichen Leistungseinschränkungen derartigen Berufsausübungen entgegenstehen.

Im Übrigen wird die Beurteilung im nervenärztlichen Gutachten geteilt, dass für die Klägerin zustandsangemessene Arbeitsplätze nicht in großem Umfang zur Verfügung stehen dürften. Erfahrungsgemäß würden betriebsinterne Umsetzungen leistungsgeminderter Betriebsangehöriger auf solch eingeschränkte Arbeitsplatzprofile in der Regel bevorzugt werden.

Aufgrund der beruflichen Biografie der Klägerin sind alternative berufliche Ansatzmöglichkeiten nicht zu erkennen.
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Datum