L 5 R 348/03

Berufskundekategorie
Gutachten
Land
Freistaat Bayern
Aktenzeichen
L 5 R 348/03
Auskunftgeber
Regionaldirektion Bayern, Nürnberg
Anfrage
Der im Zeitpunkt der Beantragung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit/Erwerbsunfähigkeit am 20.12.1999 48-jährige Kläger hat nach dem Besuch der Hauptschule eine Berufsausbildung als Rundfunk- und Fernsehtechniker von 1966 bis 1970 absolviert. Danach war er im erlernten Beruf tätig; in der Zeit vom 1.7.1977 bis 31.12.1988 als selbständiger Rundfunk- und Fernsehtechniker. Seit Ende 1992 ist der Kläger arbeitsunfähig bzw. arbeitslos. Der (erste) Rechtsstreit aufgrund des Antrages auf Gewährung von Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit vom 11.5.1993, abgelehnt mit Bescheid der Beklagten vom 18.10.1993, wurde durch die am 15.2.1999 erfolgte Rücknahme der Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 17.10.1996 erledigt. Mit Urteil vom 18.2.2003 hat das Sozialgericht Regensburg die Klage gegen den Ablehnungsbescheid der Beklagten bezüglich der Rentenbeantragung vom 20.12.1999 abgewiesen. Zwar sei der Kläger gesundheitsbedingt für den Beruf eines Rundfunk- und Fernsehtechnikers als nicht mehr geeignet anzusehen, jedoch seien ihm vollschichtig körperlich leichte Tätigkeiten mit bestimmten qualitativen Einschränkungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zumutbar. Als zumutbare berufliche Verweisungstätigkeiten für den Kläger werden genannt das Prüfen und Messen von elektrischen Bauteilen, Reparaturarbeiten im Werkstattbetrieb oder die Tätigkeit als Lagerverwalter (Warenausgeber mit mechanischen Hilfsmitteln) in der elektrischen/elektronischen Industrie. Nach dem Schreiben der Beklagten vom 27.5.2004 wird an der beruflichen Verweisungstätigkeit eines Lagerverwalters, der auch körperlich mittelschwere Arbeiten zu verrichten hat, nicht länger festgehalten.

Die Leistungsfähigkeit des Klägers wird nach den fachärztlichen Gutachten wie folgt beschrieben: Wegen Gesundheitsstörungen an HWS und LWS (sog. Postnukleotomiesyndrom), rechtem Schulter- und Ellenbogengelenk und an beiden Kniegelenken kann der Kläger lediglich leichte körperliche Tätigkeiten vollschichtig verrichten. Ausgeschlossen sind Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, mit Absturzgefahr, in Feuchtigkeit und Kälte, mit Heben und Tragen von Lasten, unter Drehbewegungen der Rumpfwirbelsäule (Arbeiten am Band), mit Akkord oder Schichtdienst, in einförmiger Körperhaltung.
Auskunft
Nach der Fragestellung der erbetenen Auskunft ist zu prüfen, ob und ggf. welche Berufe mindestens auf Anlernebene für den Kläger nach einer maximal 3-monatigen Einarbeitungszeit noch in Betracht kommen und ob insbesondere die Anforderungen der Tätigkeit eines Kabelformers oder eines Verdrahtungselektrikers mit dem körperlichen und beruflichen Leistungsvermögen des Klägers vereinbar sind.

Kabelformer

Die Tätigkeit eines Kabelformers hat kein eigenes Berufsbild. Kabelformen ist eine Teilaufgabe aus dem Berufsbild des zweijährig ausgebildeten Kabeljungwerkers.

Kabeljungwerker stellen elektrische Kabel, Leiter und Leitungen aller Art und für alle Einsatzbereiche her. Dabei richten sie die für ihre Herstellung eingesetzten Maschinen und Einrichtungen ein, bedienen sie und überwachen den Herstellungsprozess. Kabeljungwerkern stellen Drähte und leicht biegsame Leiter (Litzen) aus Kupfer, Aluminium und Glasfasern her. Sie verseilen diese und bringen auf diese oder auf einzelne kompakte Drähte Isolierungen aus Papier, Gummi und Kunststoff auf. Auch verseilen sie mehradrige Kabel und bringen dann die äußeren Mäntel, Schutzhüllen und Bewehrungen aus verschiedenen Materialien auf. Die hierfür notwendigen Maschinen und Einrichtungen versorgen sie mit Material. Sie stellen die Anlagen für den jeweiligen Arbeitsschritt ein und überwachen den Herstellungsprozess. Anschließend prüfen sie die hergestellten Kabel und Leitungen auf ihre mechanischen und elektrischen Eigenschaften.

Aufgaben und Tätigkeiten im Einzelnen:
- Lesen und Durcharbeiten technischer Unterlagen für die Kabelherstellung
- Ausführen allgemeiner Arbeiten beim Bedienen und Überwachen von Maschinen und Einrich
- tungen
- Einrichten, Beschicken und Bedienen der jeweiligen Maschinen und Einrichtungen für die einzelnen Fertigungsschritte
- Überwachung der Produktionsschritte durch Kontrolle der Produktionsergebnisse auf Übereinstimmung mit den Werten in den Arbeitsunterlagen, Ausführen manueller Messvorgänge
- Einleiten und Durchführen von Korrekturmaßnahmen, Beheben von Störungen
- Ziehen von Drähten mit Drahtziehmaschinen auf vorgegebene Durchmesser, Glühen und Überziehen von Drähten mit Isolierflüssigkeit
- Herstellen von Litzen, Leiterseilen und Kabelseelen auf Verlitz- und Verseilmaschinen
- Verseilen einzelner Drähte, Adern, Aderbündel oder Litzen durch maschinelles Verschrauben um eine gedachte Mittellinie (Verseilachse)
- Aufbringen von Isolierungen aus Papier, Gummi, Kunststoff und anderen Stoffen auf Leitungsdrähte und Seile
- Zusammenstellen, Abwiegen und Mischen der Rezepturbestandteile (Kunststoffgranulate, Gummi)
- Umhüllen der Leitungen und Drähte mit Kunststoffen und Gummi durch Extrudieren
- Aufbringen von Metallmänteln und -geweben auf Kabel
- Verspinnen von feinen Metalldrähten zu Metallfäden und -geweben
- Umhüllen und Umwickeln von Kabeln durch Metallgewebe
- Aufbringen der äußeren Umhüllungen und Bewehrungen auf Kabel
- Konfektionieren von Leitungen und Kabeln
- Anbringen von Stecker, Kabelschuhen, Aderendhülsen und andere Verbindungselemente
- Elektrisches und mechanisches Prüfen von Leitungen und Kabeln
- Pflege und Instandhalten der Arbeitsgeräte, Maschinen und Einrichtungen
- Schmieren von Maschinen
- Bearbeiten von Ziehsteinen und Verseilnibbeln.

Kabeljungwerker führen ihre Tätigkeiten überwiegend im Stehen aus. Sie arbeiten nach detaillierten technischen Unterlagen und mündlichen Anweisungen.

Das Thüringer Landessozialgericht hat - nach berufskundlichen Feststellungen - in seinem Urteil vom 3.12.2002 (vgl. Bl. 61 ff. der Akte Bayer. LSG L 5 RJ 348/03) herausgestellt, dass es sich bei dieser oben beschriebenen Anlerntätigkeit um eine körperlich leichte Arbeit handelt, die in geschlossenen und beheizten Werkhallen im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen verrichtet wird. Nach der im Internet eingestellten Datenbank für Ausbildungs- und Tätigkeitsbeschreibungen der Bundesagentur für Arbeit (BERUFEnet) gehen die Kabeljungwerker aber auch bei körperlich mittelschwerer bis schwerer Arbeit (Umgang mit Kabelrollen) mit Werkzeugen, Geräte und Maschinen um. Das erfordert manuelle Geschicklichkeit. Je nach Arbeitsaufgabe arbeiten sie allein oder im Team, meist in Wechselschicht, zum Teil im Akkord. Maschinenlärm, Staub und Gerüche sind in den Produktionshallen unvermeidbar. Ihre maschinenbedienende Tätigkeit erfordert unter Zeitdruck ständige Aufmerksamkeit, Sorgfalt und Reaktionsvermögen, um bei Störungen in den einzelnen Produktionsschritten rasch eingreifen zu können. Das Tragen von Arbeitsschutzmitteln (Schutzhelm, Handschuhe) wird vorausgesetzt. Den Entscheidungsgründen des Urteils des Sozialgerichts Leipzig vom 5.4.2001 (vgl. Bl. 72 ff. der Akte Bayer. LSG L 5 RJ 348/03) zufolge wird die Arbeit zum Teil unter Zeitdruck und häufig unter Akkord am Fließband ausgeführt.
Es kann davon ausgegangen werden, dass ein angelernter Arbeiter, auch wenn er nur Teilaufgaben aus dem Arbeitsfeld eines Kabeljungwerkers ausführt, die Arbeit unter ähnlichen Bedingungen verrichten muss.

Aus berufskundlicher Sicht scheint der Verweisungsberuf die gesundheitlichen Leistungseinschränkungen des Klägers nicht ständig und in vollem Umfange gebührend Rechnung tragen zu können. Im Zeitpunkt der Rentenantragstellung stand der Kläger bereits sieben Jahre nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis; fraglich ist daher, ob er sich mit seinem individuellen Leistungsvermögen innerhalb einer maximalen dreimonatigen Einarbeitungszeit noch die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten aneignen hätte können. Nach der Stellungnahme der Volkswagen AG vom 18.12.2000 wären entsprechende Arbeitsplätze in nennenswertem Umfang vorhanden gewesen.

Verdrahtungselektriker

Über eigene berufskundliche Unterlagen über die Tätigkeit eines Verdrahtungselektrikers verfüge ich leider nicht. Anhaltspunkte könnten jedoch die Tätigkeitsmerkmale eines Elektromechanikers für Schaltgeräte und -anlagen sein.

Folgende Tätigkeitsschwerpunkte wären dies:
- Erstellung der mechanischen Konstruktionsteile für die Schalteinrichtungen, z. B. Montageplatten für einzelne Baugruppen, Front- und Rückwände
- Zusammenbauen (Fügen) der Einzelteile zum/zur Schaltschrank/-einrichtung, Aufstellen und Befestigen
- Einsetzen, Einmontieren selbst hergestellter oder fremdbezogener Baugruppen (-sätze) - meist bestückte und verdrahtete Leiterplatten - in die Baugruppenträger der Schaltanlage
- Verkabeln der einzelnen Baugruppen untereinander getrennt nach den verschiedenen Stromkreisen
- ggf. Anschließen elektropneumatischer und - hydraulischer Betriebesmittel an die Schalteinrichtung
- Funktionsprüfung, Inbetriebnahme
- Herstellung, Bestücken und Löten von Leiterplatten für die einzubauenden Komponenten.

- Im Folgenden wird auf die in den mir zur Verfügung gestellten Aktenunterlagen befindlichen berufskundlichen Feststellungen und sozialgerichtlichen Entscheidungen Bezug genommen, denen ich fachlich- inhaltlich zustimme:
- Schreiben des Sozialgerichts Dortmund vom 12.07.2004 an das Bayer. Landessozialgericht - AZ: S 2 RJ 183/94 - ( vgl. Bl. 92 ff. der Akte Bayer. LSG L 5 RJ 348/03),
- Schreiben des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 03.08.2004 an das Bayer. Landessozialgericht - AZ: L E 534 - 1801 - (vgl. Bl. 122 ff. der Akte Bayer. LSG L 5 RJ 348/03),
- Schreiben des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28.03.2000 an den Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie NRW - AZ: L 8 RJ 180/99 - (vgl. Bl. 128 ff. der Akte Bayer. LSG L 5 RJ 348/03),
- Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 19.02.2001 - AZ: L 3 RJ 142/97 - (vgl. Bl. 84 ff. der Akte Bayer. LSG L 5 RJ 348/03),
- Schreiben des Landessozialgerichts Berlin vom 25.06.2001 an den Verband der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg e.V. - AZ: L 5 RJ 38/99 - (vgl. Bl. 56 ff. der Akte Bayer. LSG L 5 RJ 348/03),
- Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 03.05.2002 - AZ: L 5 RJ 38/99 - (vgl. Bl. 39 ff. der Akte Bayer. LSG L 5 RJ 348/03),
- Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 07.05.2003 - L 8 RJ 137/02 - (Kopie ist beigefügt).

Danach handelt es sich hierbei um eine körperlich leichte Tätigkeit im Einschichtsystem, deren Arbeitsplätze im Bundesgebiet in nennenswertem Umfang vorhanden sind. Bei entsprechender beruflicher Vorbildung genügt für diese Anlerntätigkeit eine maximal bis drei Monate dauernde Einarbeitungszeit.

Aus berufskundlicher Sicht dürfte dieser Verweisungsberuf grundsätzlich mit dem körperlichen und beruflichen Leistungsvermögen des Klägers vereinbar sein. Aufgrund seiner Tätigkeit als Rundfunk- und Fernsehtechniker bringt der Kläger beruflich verwertbare Kenntnisse ein; inwieweit seine doch lange Beschäftigungslosigkeit sich auf sein tatsächliches individuelles Leistungsvermögen auswirkt, kann jedoch von hier aus nicht abschließend beurteilt werden. Arbeiten mit Akkord oder Schichtdienst sind jedoch auszuschließen.

Im Weiteren werden noch folgende Verweisungstätigkeiten beurteilt:

Tätigkeiten in der Prüfung und Kontrolle von elektro-mechanischen Geräten und Bauteilen

Prüf-, Kontroll- und Messtätigkeiten gibt es in der Elektroindustrie auf den verschiedensten Qualifikationsebenen. Dabei sind Bauelemente, Baugruppen, Geräte oder Anlagen auf unterschiedliche Art und Weise - z.B. optisch (u.a. unter der Lupe oder am Mikroskop), mit einfachen Messinstrumenten, an Messgeräten, komplexen Messplätzen oder mit Prüfcomputern nach Schaltplänen, Prüfanweisungen, mit Hilfe von Prüfprogrammen etc. zu kontrollieren.

Auf der Ebene der qualifizierten Anlerntätigkeiten gibt es Arbeitsplätze mit nur leichten Belastungen. Meist ist jedoch überwiegend bis nahezu ausschließlich im Sitzen zu arbeiten, wobei es durch Feinarbeit auf engem Raum, durch Arbeit am Mikroskop oder am Bildschirm zu gewissen Zwangshaltungen im Schulter-Nacken-Bereich und Rücken kommen kann. Bei erforderlichen Auf- oder Umbau des Messplatzes kann gelegentlich Bücken, Heben und Tragen anfallen. Notwendig ist in der Regel gutes Nahseh-, Raum- und Farbensehvermögen, beidhändige feinmanuelle Geschicklichkeit und ein hohes Maß an Sorgfalt und Konzentration.
Üblicherweise sind Elektronikkenntnisse, Kenntnisse in der Mikroprozessortechnik oder Ähnliches notwendig. Sofern es sich nicht um einfache Serienprüfungen und Abgleichaufgaben handelt, ist erfahrungsgemäß Anpassungsbereitschaft an neue Entwicklungen und ständige Weiterbildung erforderlich, um mit dem raschen technischen Wandel mithalten zu können. Ob der Kläger über diese Elektronikkenntnisse und Kenntnisse in der Mikroprozessortechnik verfügt, ist nach Aktenlage und aufgrund seiner beruflichen Biografie fraglich. Allgemein bleibt anzumerken, dass durch die veränderten Qualitätsanforderungen in Industrie und Handwerk sowie die Einführung von Qualitätsmanagement- und Qualitätssicherungsnormen nach DIN ISO 9000 ff. inzwischen der „Qualitätsfachmann“ bzw. die „Qualitätsfachfrau“ ausgebildet und auf dem Arbeitsmarkt nachgefragt wird.

Externe Bewerber haben üblicherweise nur Zugang zu entsprechenden Arbeitsplätzen, wenn sie - bei in der Regel voller Leistungsfähigkeit - über einschlägige besondere Qualifikationen (Abschlussprüfung vor der Industrie- und Handelskammer) oder mit Zertifikat - DGQ-Schein Güteprüfung - Weiterbildung bei der Deutschen Gesellschaft für Qualität - oder Erfahrungen als Kontrolleur verfügen. Für nicht so qualifizierte und zusätzlich leistungsgeminderte Bewerber können geeignete Arbeitsplätze nur vereinzelt durch besondere Vermittlungsbemühungen und finanzielle Vermittlungshilfen erschlossen werden.

Aus hiesiger Sicht ist nach allem diese Verweisungstätigkeit für den Kläger nicht gesundheitlich uneingeschränkt zumutbar bzw. innerhalb von drei Monaten erlernbar.

Reparaturarbeiten im Werkstattbetrieb

Organisatorisch erfolgt oftmals keine Aufteilung nach Klein- und Großgerätereparatur, Innendienst in der Werkstatt und Außendienst beim Kunden. Bei Kleingeräten ist eine Reparatur vielfach schon von der Konstruktion her nicht vorgesehen oder aus Kostengründen unrentabel. Arbeitsplätze für ausschließlich Kleingerätereparaturen sind nur begrenzt denkbar, z.B. bei großen technischen Kundendiensten oder Geräteherstellern, wo sie dann jedoch eigenen leistungsgeminderten Mitarbeitern vorbehalten sein dürften.

Bei ausschließlicher Kleingerätereparatur ist nur mit leichten Belastungen zu rechnen und sitzendes Arbeiten ist möglich. Es kommt jedoch zu Zwangshaltungen im Rücken und im Schulter-Nacken-Bereich. Vorausgesetzt werden ein gutes Sehvermögen sowie eine ausgeprägte beidhändige Handgeschicklichkeit und Fingerfertigkeit für Fein- und Präsisionsarbeiten. Das geforderte hohe Maß an Konzentration, Aufmerksamkeit, Geduld, Sorgfalt und Ausdauer gilt erfahrungsgemäß als nicht unerhebliche nervlich-psychische Belastung. Von Zeitdruck sind auch Reparaturarbeitsplätze nicht ausgeschlossen.
Bei Großgerätereparaturen ist ein entsprechendes Heben und Tragen nicht ausgeschlossen.

Die gesundheitlichen Leistungseinschränkungen des Klägers können aus berufskundlicher Sicht demnach nicht ständig und in vollem Umfang berücksichtigt werden.

Montagetätigkeiten

Denkbar wären noch Montagetätigkeiten in der Elektrogeräteindustrie. In der Großserienfertigung werden jedoch im Rahmen sehr arbeitsteiliger Produktionsverfahren meist nur kurzfristig angelernte Kräfte für leichte Arbeiten beschäftigt, bevorzugt Frauen.

Die Tätigkeiten in der Kleinserien-, Einzel- oder Sonderfertigung sind in der Regel durch einseitige Körperhaltung und Akkord- oder Bandarbeit geprägt, zum Teil auch Schichtarbeit. Ist ein Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen möglich, kann nicht ausgeschlossen werden, dass Zwangshaltungen wie Bücken, Knien und Überkopfarbeit erforderlich werden. Heben und Tragen von Lasten sind nicht immer zu vermeiden.

Das körperliche Restleistungsvermögen des Klägers steht nach hiesiger Auffassung einer zumutbaren Berufsausübung entgegen.

Sachbearbeiter in der Reparaturannahme

In kleineren Elektrofachgeschäften existiert die Tätigkeit eines Sachbearbeiters in der Reparaturannahme nicht. Gedacht werden könnte an eine Tätigkeit in der Reparaturannahme von großen Märkten der Unterhaltungselektronik.

Der Umgang mit Kunden setzt Höflichkeit, Kontaktfähigkeit, Flexibilität und ein gewisses Maß an psychischer Belastbarkeit voraus. Bei größerem Kundenandrang kann es zu Zeitdruck kommen. Ob der Kläger jedoch diese persönlichen Mindestanforderungen erfüllt, lässt sich von hier aus nicht beurteilen.

Die Tätigkeit wird überwiegend im Stehen mit der Möglichkeit zum Sitzen verrichtet. Ein Wechsel der Körperhaltung ist jedoch nicht immer gewährleistet. Heben und Tragen von Lasten - unter Umständen auch schwere Lasten - kann durchaus erforderlich sein, beispielsweise wenn ein Fernseher bei der Reparaturannahme bzw. nach erfolgter Reparatur von der Theke auf den Wagen gehoben werden muss. Eine absolute Aussage zu der Häufigkeit dieser Belastung ist nicht möglich, weil dies abhängig ist von der Art und Größe der Geräte, die zur Reparatur abgegeben werden.

Da die Anzahl von großen Märkten der Unterhaltungselektronik in den letzten Jahren zugenommen hat, ist davon auszugehen, dass derartige Arbeitsplätze im Bundesgebiet in nennenswertem Umfang vorhanden sind. Das gesundheitliche Leistungsvermögen des Klägers wird aber aus berufskundlicher Sicht nicht ständig und in vollem Umfang berücksichtigt werden können, insbesondere wegen Heben und Tragen von Lasten.

Fachberater im Elektrofachgroßhandel

Für die Kundenberatung im Elektrofachgroßhandel trifft es vielfach zu, dass der Verkauf im Verkaufsraum oder am Schreibtisch anhand von Listen, Katalogen oder über ein Computer-Terminal abgewickelt und dadurch eine strikte Trennung zum Lager eingehalten wird.
Kaufleute im Großhandel sind Bindeglieder zwischen Produktion und Verbrauch. Sie sorgen für den reibungslosen Warenfluss zwischen Herstellern, Weiterverarbeitern und Endverteilern. Die Tätigkeitsbereiche reichen vom Wareneingang über die Lagerung der Ware, die Überwachung der Lagerbestände, die Steuerung des Warenflusses bis zur Planung der Warenauslieferung.

Die Tätigkeit eines Fachberaters im Elektrogroßhandel ist eine geistig anspruchsvolle und körperlich leichte Betätigung, die im Sitzen und zeitweise im Stehen und Gehen ausgeübt wird. Oft kommt es zu Zeit- und Termindruck. Es wird daher eine gute psychische Belastbarkeit und ausreichende Konzentrationsfähigkeit vorausgesetzt. Für den Umgang mit Kunden sind üblicherweise Höflichkeit, Kontaktfähigkeit, Flexibilität und Sprachgewandtheit als persönliche Mindestanforderungen anzusehen.
Nach vermittlerischen Erfahrungen wird den kaufmännischen Kenntnissen und Fähigkeiten größere Bedeutung als dem produktbezogenen und anwendungsspezifischen Wissen zugemessen. Daher wird üblicherweise kaufmännisch ausgebildetes Personal angesetzt, insbesondere werden Großhandelskaufleute (Beruf mit dreijähriger Ausbildung) beschäftigt.

Ob der Kläger über die in diesem Bereich erforderlichen IT-Kenntnisse verfügt, kann nach Aktenlage nicht beurteilt werden. Für einen Fachberater genügt es nicht, nur Kenntnisse über die Waren zu haben und Zahlen in den PC einzugeben, vielmehr ist Wissen über die Anbieter und Kunden, Kalkulation und Preisgefüge, Liefermöglichkeiten und -kosten, Zahlungsweise bzw. Finanzierung, über Verkaufsstrategien und Verhandlungstechniken zumindest in Grundzügen erforderlich. Der Kläger verfügt als Rundfunk- und Fernsehtechniker nur über begrenzte bzw. spezielle warenkundliche Kenntnisse. Da er aufgrund seines beruflichen Werdeganges nicht über besondere kaufmännische Kenntnisse verfügen dürfte, ist für einen qualifizierten Ansatz in diesem Verweisungsberuf - auch wenn der Kläger über PC-Kenntnisse verfügen sollte - insgesamt ein Einarbeitungszeitraum von drei Monaten zu kurz.

Telefonist

Die Tätigkeit eines Telefonisten ist körperlich leicht; sie wird ausschließlich im Sitzen ausgeübt. In der Regel erfolgt die Vermittlung der Gespräche per Tastatur und Bildschirm. Zur den Minimalanforderungen der Tätigkeit gehören die schnelle und korrekte Herstellung von Verbindungen, das Notieren von Nachrichten und das Führen bzw. Abrechnen von Gebührenaufzeichnungen. Eine vornüber geneigte Zwangshaltung und ein sehr hoher Anteil an Tätigkeiten am Bildschirm sind somit gegeben.
Hinzu kommt, dass sich der Beruf des Telefonisten, wie man ihn aus früherer Zeit kannte, erheblich geändert hat. Die Auswertung einer größeren Anzahl von Stellenanzeigen erbrachte folgendes Profil: Es werden vorwiegend weibliche Arbeitskräfte mit kaufmännischer Grundbildung gesucht; Kenntnisse in Maschinenschreiben, Datenverarbeitung und mindestens einer Fremdsprache sind nahezu obligatorisch, daneben sind extrafunktionale Qualifikationen, wie angenehme Telefonstimme, ansprechendes Äußeres, gute Umgangsformen und Teamgeist wichtige Auswahlkriterien. Im Schnitt ist die Tätigkeit mit mehr als zwei weiteren Aufgabengebieten kombiniert; in den meisten Fällen (60 %) gehört der Kundenempfang dazu. Gesucht wird daher häufig die "Visitenkarte des Betriebes". Etwa ein Fünftel der Stellen werden als Teilzeitjobs angeboten. Es kommt aber auch Schichtarbeit vor (4 %). In 11 % der Stellenanzeigen waren Altersbegrenzungen genannt, meist nach oben (nicht über 40 bzw. 45 Jahre), aber auch nach unten (nicht unter 25 Jahre).

Aus berufskundlicher Sicht erscheint dieser Verweisungsberuf für den Kläger nicht geeignet, weil seinen gesundheitlichen Leistungseinschränkungen (Gesundheitsstörungen an HWS und LWS sowie rechtem Schulter- und Ellenbogengelenk) bei einer derartigen Berufsausübung nicht gebührend berücksichtigt werden könnten. Auch wäre aufgrund seiner ausschließlich bisher im gewerblichen Bereich ausgeübten beruflichen Tätigkeiten eine mehr als dreimonatige Einarbeitungszeit notwendig.
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