L 4/12 RA 962/02

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
L 4/12 RA 962/02
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

I. Anknüpfungstatsachen:

a) Beruflicher Werdegang und sonstige berufsbezogene Qualifikationen des Klägers:

01.01.1969 bis 29.06.1972 Lehre als Kraftfahrzeugschlosser
30.06.1972 bis 31.12.1973 Kfz-Schlosser 01.01.1974 bis 31.12.1975 Soldat auf Zeit 13.07.1978 bis 25.01.1980 Umschulung zum Güteprüfer
21.04.1980 bis 30.09.1999 Technischer Angestellte in der Qualitätssicherung

b) Gesundheitliches Restleistungsvermögen des Klägers/der Klägerin:

aa) Diagnosen im orthopädischen Gutachten des Dr. H. vom 3.9.2003:
• Degenerative Skelettveränderungen der Halswirbelsäule und Bandscheibenvorwölbungen mit Einschränkungen der HWS-Beweglichkeit; von der HWS zum Hinterkopf ausstrahlende Schmerzen; Bewegungsbeschwerden im rechten Schulter-Nackengürtel-Bereich
• Degenerative Skelettveränderungen im Bereich der Brustwirbelsäule mit Rundrücken
• Degenerative Skelettveränderungen im Lendenwirbelsäulenbereich
• Degenerative Gelenkveränderungen im Bereich der Hüftgelenke I. bis II. Grades (nach Jäger und Wirth)
• Verkalkung des Innenmeniskus linkes Knie; Zustand nach ASK linkes Knie; Kernspintomographisch beschriebene degenerative Innen- und Außenmensikusveränderungen rechts Knie, beginnende degenerative Kniegelenkknorpelschäden beidseits (MRT-Bericht vom 21.8.2000)
• Knochenhautreizung rechte Ferse und Reizung der rechten Achillessehne
• Spreizfuß beidseits.

Der Kläger sei noch in der Lage, regelmäßig vollschichtig (35-40 Stunden) körperlich leichte Tätigkeiten im Erwerbsleben zu verrichten. Die erbringbaren Tätigkeiten sollten im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Umhergehen oder auch Bevorzugung der sitzenden Körperhaltung innerhalb geschlossener temperierter Räume ohne Einwirkung von Kälte, Zugluft und Nässe erbringbar sein. Über-Kopf-Arbeiten für die rechte obere Extremität sowie Arbeiten in so genannten Wirbelsäulenzwangshaltungen und Arbeiten auf Leitern und Gerüsten seien nicht mehr zumutbar. Heben und Tragen von Lasten bis 8 kg könnten zugemutet werden. Tätigkeiten in ständig vorgebeugter Rumpfwirbelsäulenhaltung seien nicht mehr befundangemessen.

bb) Diagnosen im nervenärztlichen Gutachten des Dr. B. vom 14.10.2004 (auf nervenärztlichem und internistischem Fachgebiet)

• Undifferenzierte Somatisierungsstörung
• Noch leichte Schwäche von Hand und rechten Unterarm bei Zustand nach Armplexusläsion rechts durch Unfall 1991
• Hämochromatose

Der Kläger sei fähig, regelmäßig vollschichtig leichte Arbeiten im Erwerbsleben zu verrichten. Folgende qualitative Einschränkungen seien zu berücksichtigen: Es sollten keine Arbeiten sein überwiegend im Sitzen; keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten; keine Über-Kopf-Arbeiten; keine Arbeiten mit Ansprüchen an die Feinbeweglichkeit der rechten Hand; keine Arbeiten, die ein häufiges Zufassen mit der rechten Hand erfordern; keine Arbeiten mit Heben, Tragen oder Bewegen von schwereren Lasten; keine Arbeiten unter Einwirkung von Nässe, Kälte und Zugluft; keine Arbeiten unter Zeitdruck oder im Schichtdienst; keine Arbeiten mit erhöhten Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit oder an die Verantwortung.

II. Beweisfragen:

1. Welche berufsnahen oder berufsfremden Tätigkeiten kann der Kläger/die Klägerin noch ausüben?

2. Welches fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofil haben diese Tätigkeiten im Einzelnen?

3. Welche Ausbildungszeiten erfordern diese Tätigkeiten und wie werden diese Tätigkeiten tarifvertraglich eingestuft?

4. Kann der Kläger/die Klägerin unter Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen zu I. a nach einer bis zu 3 Monate dauernden Einarbeitung und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten vollwertig verrichten?

5. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) auf dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang (mehr als 300 Arbeitsplätze im Bundesgebiet) zur Verfügung?

6. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?
Auskunft
Stellungnahme:

zu 1.) unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Einschränkungen halte ich den Kläger nicht mehr für in der Lage berufsnahe Tätigkeiten auszuüben. Ich halte ihn jedoch für in der Lage als Telefonist, Pförtner, bzw. Poststellenmitarbeiter zu arbeiten.

zu 2.) Telefonist
Diese Tätigkeit umfasst die Bedienung von Telefon-/Fernsprechzentralen. Dazu gehört die Erteilung von Auskünften, die Registrierung von Gesprächen, die Entgegennahme und Weitergabe von Telegrammen, Telefaxen u. ä., die Entgegennahme und Niederschrift von Nachrichten für Teilnehmer, die vorübergehend abwesend sind. Je nach Art des Betriebes/ der Behörde können diese Tätigkeiten auch mit der Verrichtung von einfachen Büroarbeiten und /oder dem Empfangen und Anmelden von Besuchern gekoppelt sein.

Pförtner/Tagespförtner
Diese Tätigkeit umfasst das Überwachen des Personenverkehrs in Eingangshallen oder aus Pförtnerlogen von Betrieben, Behörden oder Krankenhäusern, das Überprüfen von Ausweisen, das Anmelden von Besuchern, das Ausfüllen von Besucherzetteln und das Weiterleiten von Besuchern an die zu besuchenden Stellen oder Personen innerhalb des Betriebes, der Behörde oder des Krankenhauses.

Mitarbeiter/Mitarbeiterin in der Poststelle eines Betriebes oder einer Behörde
Die Tätigkeit, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist, kann wechselweise im Sitzen, Stehen und Umhergehen verrichtet werden. Sie umfasst das Öffnen der täglichen Eingangspost, die Entnahme des Inhaltes von Postsendungen, das Anbringen eines Posteingangsstempels; das Verteilen der Eingangspost innerhalb der Poststelle in die Fächer der jeweils zuständigen Abteilungen bzw. Sachbearbeiter (üblicherweise mehrmals täglich unter Zuhilfenahme eines Postverteilerwagens) und Mitnahme der zur Weiterleitung an andere Fachabteilungen/Sachgebiete oder zum Versand bestimmten Vorgänge; das Kuvertieren, Wiegen und Frankieren der Ausgangspost, das Packen von Päckchen und Paketen, das Eintragen von Wert- und Einschreibesendungen in Auslieferungsbücher.

Bei den genannten Verweisarbeiten handelt es sich um körperlich leichte Arbeit In geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen, z.T. in Großraumbüros. Die Tätigkeiten finden überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen statt. Ein bedarfsweiser Wechsel der Arbeitsposition ist in der Regel jederzeit möglich.

zu 3.) Die erbetene Auskunft über die tarifliche Einstufung kann ich nicht erteilen, da die Dienststellen der Bundesanstalt für Arbeit keine Tarifsammlung führen. Entsprechende Anfragen bitte ich an die Tarifvertragsparteien oder an die Tarifregisterstelle im Hessischen Ministerium für Frauen, Arbeit und Sozialordnung zu richten. Bei den vorgenannten Verweistätigkeiten handelt es sich um ungelernte Arbeiten, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist und die nach einer entsprechenden Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit verrichtet werden können. Gleichwohl werden diese Tätigkeiten zu einem überwiegenden Teil von Arbeitnehmern mit einer abgeschlossenen Ausbildung ausgeübt.

zu 4.) Für die genannten Tätigkeiten sind im allgemeinen Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten von maximal drei Monaten Dauer erforderlich. Diese Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten dürften - unter Zugrundelegung des mir derzeit nach Aktenlage bekannten beruflichen und gesundheitlichen Leistungsvermögens des Klägers - auch für diesen ausreichend sein.

zu 5.) Die genannten Tätigkeiten stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang zur Verfügung.

zu 6.) Die genannten Verweistätigkeiten stehen auch Betriebsfremden zur Verfügung.
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