S 7 R 71/05

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
S 7 R 71/05
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

I. Anknüpfungstatsachen:

a) Beruflicher Werdegang und sonstige berufsbezogene Qualifikationen der Klägerin/des Klägers:
- geb. 1959
- 09/75 – 07/77 Berufsaubildung zum Baufacharbeiter mit bestandender Abschlussprüfung
- 1977/78 Tätigkeit als Maurer und Kraftfahrer
- 1978/79 Ableistung Grundwehrdienst
- 1979 – 1989 Kraftfahrer
- 1989/90 Lagerist
- 1991 – 2001 Kraftfahrer
- 2002 – 01/2003 Umschulung zum Augenoptiker ohne Abschlussprüfung
- seitdem arbeitsunfähig bzw. arbeitslos

b) Gesundheitliches Restleistungsvermögen des Klägers:

1. Ein erwerbsmindernder Dauereinfluss kommt den Folgen der Unterschenkelamputation, der Versteifungs-Operation und Lendenwirbelsäulenbereich und in geringem Ausmaß den degenerativen Veränderung im Halswirbelbereich zu.

2. Die Erwerbsfähigkeit von Herrn X. unterliegt nachfolgenden Einschränkungen: Es finden sich qualitativ Einschränkungen bei der einzunehmenden Körperhaltung. Die Arbeiten sollten überwiegend im Sitzen mit der Möglichkeit, diese Tätigkeit durch Gehen oder Stehen zu unterbrechen, in wechselnder Körperhaltung durchgeführt werden. Zwangshaltungen des Rumpfes sind zu vermeiden, ebenfalls Hebe- oder Bückarbeiten. Es wird die maximale Hebebelastung als Einzel- oder Dauerbelastung mit 5 bis 10 kg angenommen. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände ist nicht eingeschränkt. Arbeit auf Leitern und Gerüsten sind nicht zumutbar, auch keine Schicht- oder Akkordarbeiten. Eine Gefährdung durch Reizstoffe ist nicht erkennbar.

3. Unter Berücksichtigung der getroffenen Feststellungen wird angenommen, dass Herr X. noch in der Lage ist, regelmäßig mindestens 6 Stunden arbeitstäglich leichte Arbeiten auszuführen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

4. Herr X. ist noch in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen und ununterbrochen einen Fußweg zur Arbeitsstelle von täglich 4 x 500 m in einem Zeitraum von jeweils weniger als 20 Minuten ohne zunumtbare Schmerzen zurückzulegen.

5. Es ist damit zu rechnen, dass während der Arbeitszeit zusätzliche betriebsunübliche Arbeitspausen erforderlich werden, da zu erwarten ist, dass unter entsprechender körperlicher Belastung Beschwerden im Lendenwirbelsäulenbereich, aber auch im Bereich des Unterschenkelstumpfes autreten, die zu einer vorübergehenden Ruhepause von 10 oder 15 Minuten führen könnten.

Eine sichere Voraussage, dass unübliche Arbeitspausen notwendig sind, ist von medizinischer Seite nicht abzugeben.

II. Beweisfragen:

1. Welche berufsnahen oder berufsfremden Tätigkeiten kann der Kläger noch ausüben?
Kann der Kläger insbesonder noch die Tätigkeit eines
- LKW-Fahrers
- Pförtners
- Parkhauswächters
- Versandfertigmachers
ausüben?
Hierbei bitte ich die aus medizinischer Sicht möglicherweise erforderlichen Arbeitspausen zu würdigen.

2. Welches fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofil haben diese Tätigkeiten im Einzelnen?

3. Welche Ausbildungszeiten erfordern diese Tätigkeiten und wie werden diese Tätigkeiten tarifvertraglich eingestuft?

4. Kann der Kläger unter Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen zu I.a nach einer bis zu 3 Monate dauernden Einarbeitung und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten vollwertig verrichten?

5. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) auf dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang (mehr als 300 Arbeitsplätze im Bundesgebiet) zur Verfügung?

6. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?
Auskunft
Stellungnahme:

zu 1.) Unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Einschränkungen halte ich den Kläger für in der Lage die Tätigkeit eines Pförtners, eines Parkhauswächters, sowie eingeschränkt die eines Versandfertigmachers (siehe meine Ausführungen zu 2.) auszuüben. Eine Tätigkeit als LKW-Fahrer kommt nicht in Betracht. Zu betriebsunüblichen Pausen ist generell anzumerken, dass diese in der Regel von Arbeitgebern nicht toleriert werden, sondern bestenfalls langjährigen erwerbsgeminderten Betriebsangehörigen gewährt werden. Eine Ausnahme bildet der Umstand, dass diese Pausen noch der persönlichen Verteilzeit zugerechnet werden können. Herr Prof. Dr. B. spricht in seinem Gutachten vom 26.09.2006 von zusätzlichen Ruhepausen von 10 oder 15 Minuten bei entsprechender körperlicher Belastung. In welchen zeitlichen Abständen und unter welchen konkreten körperlichen Belastungen diese betriebsunüblichen Pausen erforderlich sind, wird nicht behandelt. Aus diesem Grunde gehe ich davon aus, dass die Anforderungen der von mir genannten Verweisberufe im Rahmen des ärztlicherseits festgestellten Restleistungsvermögens liegen, und somit keine zusätzlichen betriebsunüblichen Pausen aufgrund von körperlicher Belastung am Arbeitsplatz einzuhalten sind.

Zu 2.) Pförtner
Diese Tätigkeit umfasst das Überwachen des Personenverkehrs in Eingangshallen oder aus Pförtnerlogen von Betrieben, Behörden oder Krankenhäusern, das Überprüfen von Ausweisen, das Anmelden von Besuchern, das Ausfüllen von Besucherzetteln und das Weiterleiten von Besuchern an die zu besuchenden Stellen oder Personen innerhalb des Betriebes, der Behörde oder des Krankenhauses. Es handelt sich im allgemeinen um körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend in geschlossenen Räumen, zum Teil auch im Freien (z. B. bei Kontrollgängen).Die Ausübung der Tätigkeit erfolgt im Wechselrhythmus zwischen Gehen, Stehen und Sitzen. Zum Teil wird im Schichtdienst (Wechsel-, Nachtschicht) gearbeitet

Parkhauswächter
Parkhauswächter/innen sind z.B. in Parkhäusern von Bahnhöfen, Flughäfen, Kaufhäusern oder Betreiberfirmen beschäftigt. Ihnen obliegen u. a. das regelmäßige Kontrollieren des Parkhauses zu Fuß, die Sicherheitsüberwachung der Parkdecks über Monitore oder Überwachung sonstiger sicherheitsrelevanter elektronischer und technischer Einrichtungen, das Kassieren der Parkgebühren, die Überwachung der Öffnungszeiten. Im Kundengespräch erklären sie beispielsweise die Bedienung der Kassenautomaten oder erteilen Auskünfte, nehmen Mängelmeldungen entgegen und leiten diese weiter. Sie sind häufig Angestellte der Betreiberfirmen, aber auch von Wach- und Schließgesellschaften. Es handelt sich im allgemeinen um körperlich leichte Tätigkeiten überwiegend in geschlossenen Räumen, zum Teil auch im Freien (z. B. bei Kontrollgängen).Die Ausübung der Tätigkeit erfolgt im Wechselrhythmus zwischen Gehen, Stehen und Sitzen. Zum Teil wird im Schichtdienst (Wechsel-, Nachtschicht) gearbeitet.

Versandfertigmacher
Die wesentlichen Aufgaben umfassen das verschönernde und zweckbedingte Aufmachen von Erzeugnissen der gewerblichen Wirtschaft und die vorbereitenden Arbeiten für deren Versand. Im einzelnen wären hier zu nennen: Das Entfernen produktionsbedingter Verschmutzungen durch Blankreiben, Polieren o.ä., das Aufkleben, Einnähen oder Befestigen von Reklame-, Prüf-, Waren- oder Gütezeichen, Etiketten, Preisauszeichnungen o.ä., das Abzählen, Abwiegen, Abmessen oder Abfüllen von Waren, das Einwickeln bzw. Einlegen von Waren in Papp- oder Holzschachteln, Kisten oder sonstigen Behältnissen, verkaufsfördernden Zierhüllen oder Zierkartons, das Verschließen dieser Behältnisse, das Anbringen von Kennzeichen oder Versandhinweisen o.ä. Das gesundheitliche Anforderungsprofil eines Versandfertigmachers kann je nach Produkt oder Branche sehr unterschiedlich sein. Bei dem beschriebenen für den Käger noch in Betracht kommenden (Teil-) Bereich der Tätigkeit eines Versandfertigmachers handelt es sich um eine leichte Tätigkeit in geschlossenen temperierten Räumen, die überwiegend im Sitzen ausgeübt wird.

Zu 3.) Die genannten Tätigkeiten sind in der Regel in einer dreimonatigen Einarbeitungszeit erlernbar. Die erbetene Auskunft über die tarifliche Einstufung kann ich nicht erteilen, da die Dienststellen der Bundesanstalt für Arbeit keine Tarifsammlung führen. Entsprechende Anfragen bitte ich an die Tarifvertragsparteien oder an die Tarifregisterstelle im Hessischen Ministerium für Frauen, Arbeit und Sozialordnung zu richten.

Zu 4.) Für die genannten Tätigkeiten sind im Allgemeinen Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten von maximal drei Monaten Dauer erforderlich. Diese Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten dürften - unter Zugrundelegung des mir derzeit nach Aktenlage bekannten beruflichen und gesundheitlichen Leistungsvermögens des Klägers - auch für diesen ausreichend sein.

Zu 5.) Die genannten Tätigkeiten stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang zur Verfügung.

Zu 6.) Die in Betracht kommenden Verweistätigkeiten stehen auch Betriebsfremden zur Verfügung.
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