L 5/15 RA 84/04

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
L 5/15 RA 84/04
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

I. Anknüpfungstatsachen:

a) Beruflicher Werdegang und sonstige berufsbezogene Qualifikationen der Klägerin:
Die 1948 geborene Klägerin durchlief von 1962 bis 1965 erfolgreich eine Ausbildung zur Großhandelskauffrau und war nachfolgend im erlernten Beruf versicherungspflichtig erwerbstätig. Zuletzt arbeitete die Klägerin vom 7. Oktober 1996 an als Speditionskauffrau bei der Firma X.-Transporte-Umzuge GmbH in S ... Die Klägerin war ab 18. Januar 2001 arbeitsunfähig erkrankt und bezog zunächst Krankengeld sowie nach der Aussteuerung vom 31. Mai 2002 bis zum 28. Juli 2004 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe. Anschlussarbeitslosenhilfen wurden mangels Bedürftigkeit nicht gewährt.

b) Gesundheitliches Restleistungsvermögen der Klägerin: Mindestens 6 Stunden pro Arbeitstag leichte körperliche Tätigkeiten mit Einschränkungen vornehmlich in sitzender Körperhaltung, mit der Möglichkeit zwischenzeitlich ohne und umherzugehen, ohne anhaltende oder überwiegende Überkopfarbeiten, ohne Heben und Tragen von Lasten über 5 kg Gewicht, nicht auf Leitern und Gerüsten, ohne Nachtschicht, unter Ausschluss von Kälte und Zugluft nur in geschlossenen, wohltemperierten Räumen.

II. Beweisfragen:

1. Welche berufsnahen oder berufsfremden Tätigkeiten kann die Klägerin noch ausüben?
Kann die Klägerin noch für eine Tätigkeit als kaufmännische Angestellte, als Bürohilfskraft, als Poststellenmitarbeiterin oder als Telefonistin in Betracht oder müssen diese Tätigkeiten nahezu ausschließlich sitzend verrichtet werden?

2. Welches fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofil haben diese Tätigkeiten im Einzelnen?

3. Welche Ausbildungszeiten erfordern diese Tätigkeiten und wie werden diese Tätigkeiten tarifvertraglich eingestuft?

4. Kann die Klägerin unter Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen zu I. a nach einer bis zu 3 Monate dauernden Einarbeitung und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten vollwertig verrichten?

5. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) auf dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang (mehr als 300 Arbeitsplätze im Bundesgebiet) zur Verfügung?

6. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?
Auskunft
Stellungnahme:

zu 1. und 2. Bei Beachtung des beruflichen Werdeganges und des gesundheitlichen Leistungsvermögens halte ich die Klägerin aus berufskundlicher Sicht noch für in der Lage, folgende berufsnahe bzw. berufsfremde Verweistätigkeiten zu verrichten:

Kaufmännische Angestellte
Kaufmännische Angestellte erledigen alle kaufmännisch-verwaltenden und organisatorischen Tätigkeiten innerhalb eines Betriebes, einer Behörde oder eines Verbandes und sorgen dafür, dass die betrieblichen Informations- und Kommunikationsflüsse funktionieren. Sie befassen sich vor allem mit dem betrieblichen Rechnungswesen, mit Buchhaltung, Lohn- und Gehaltsabrechnungen, Statistiken, mit Haus- und Grundstücksverwaltung sowie mit allgemeinen Verwaltungsaufgaben. Mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung erledigen sie den anfallenden Schriftverkehr und kümmern sich um Steuer- und Versicherungsfragen, Bestands- und Verkaufszahlen. Im Rahmen der Auftragsabwicklung erstellen sie Rechnungen, überwachen Zahlungseingänge und leiten erforderliche Mahnverfahren ein. So sie in der Lagerwirtschaft tätig sind, prüfen und lagern sie die eintreffende Ware, kontrollieren die Lagerbestände, erstellen Statistiken und überwachen die Lagerkosten. Zu ihren Tätigkeiten können auch Aufgaben in Vertrieb, Einkauf und Verkauf gehören. Um ihre vielseitigen Aufgaben effizient erledigen zu können, müssen sich Bürokaufleute gut in der Handhabung der aktuellen Hard- und Software auskennen.

Psychische Anforderungen:
Fähigkeit zu genaue, sorgfältige Arbeitsweise, auch unter Zeitdruck planvolle, systematische Arbeitsweise, gleich bleibender Aufmerksamkeit, auch in unruhiger Umgebung (bürotypische Unruhe in Mehrpersonenbüros).Flexibilität (z.B. Unterbrechung von Arbeitsgängen durch Anrufe ),Anpassungs- und Kooperationsfähigkeit (Geschick im Umgang mit Menschen), Befähigung zu selbstständigem Arbeiten, aber auch Befähigung zu Teamarbeit, Durchsetzungsvermögen (Verhandeln mit Auftraggebern, Lieferanten, Fremdfirmen),gute Umgangsformen, Höflichkeit (z.T. Umgang mit Kunden, Geschäftspartnern), Ordnungssinn.

Körperliche Anforderungen:
Es handelt sich dabei um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen, z.T. in Großraumbüros. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Üblich ist der Umgang mit Bürokommunikationsmitteln und Datenverarbeitung.

Büro-/Verwaltungshilfskraft
Diese Tätigkeiten umfassen einfache, routinemäßige Bürohilfsarbeiten, die ohne besondere Ausbildung und ohne längere Einarbeitungszeit nach vorgegebenem Schema oder nach jeweiligen Anordnungen verrichtet werden können. Dies sind z.B. Schreibarbeiten, Verteilung von Post und firmeninterner Umläufe, kopieren von Unterlagen, Ablage oder Datenerfassung. Je nach vorhandenen Kenntnissen und Fertigkeiten können Bürohilfskräfte einfache Buchhaltungsarbeiten ausführen, bei der Erstellung von Statistiken und Auswertungen mitwirken oder im Telefondienst mitarbeiten. Bei ihren vielfältigen Aufgaben und Tätigkeiten verwenden sie oft moderne Büro- und Kommunikationsmittel und müssen daher mit Computern, Kopierern, Telefon, Telefax und anderen Bürogeräten nach entsprechender Einweisung umgehen können. Bürohilfskräfte können in allen Branchen tätig sein. Einfache Bürotätigkeiten wie z.B. Karteiarbeiten, Listenführung, Schreibarbeiten sind durch den zunehmenden Einsatz von EDV und moderner Bürokommunikation rückläufig. Häufig sind daher allgemeine PC-Kenntnisse (Word, Excel, Outlook) erwünscht, im Einzelfall auch kaufmännische Grundkenntnisse und vertrauter Umgang mit dem Internet.

Psychische Anforderungen:
Keine Besonderheiten

Körperliche Anforderungen:
Es handelt sich dabei um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen, z.T. in Großraumbüros. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Üblich ist der Umgang mit Bürokommunikationsmitteln und Datenverarbeitung, zunehmend Arbeit am Bildschirm.

Mitarbeiterin in der Poststelle eines Betriebes oder einer Behörde
Diese Tätigkeit erfordert keine besondere Ausbildung. Sie kann wechselweise im Sitzen, Stehen und Umhergehen verrichtet werden. Sie umfasst das Öffnen der täglichen Eingangspost, die Entnahme des Inhaltes von Postsendungen, das Anbringen eines Posteingangsstempels; das Verteilen der Eingangspost innerhalb der Poststelle in die Fächer der jeweils zuständigen Abteilungen bzw. Sachbearbeiter (üblicherweise mehrmals täglich unter Zuhilfenahme eines Postverteilerwagens) und Mitnahme der zur Weiterleitung an andere Fachabteilungen/Sachgebiete oder zum Versand bestimmten Vorgänge; das Kuvertieren, Wiegen und Frankieren der Ausgangspost, das Packen von Päckchen und Paketen, das Eintragen von Wert- und Einschreibesendungen in Auslieferungsbücher.

Psychische Anforderungen:
Keine Besonderheiten, gelegentlich ist Zeitdruck nicht auszuschließen

Körperliche Anforderungen:
Leichte, zeitweise mittelschwere Arbeiten(Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, z.B. Bewegen von Paketen, ist gelegentlich möglich), wechselnde Körperhaltung

Telefonistin
Telefonisten/Telefonistinnen sind in allen Branchen beschäftigt. Zum Teil arbeiten sie im Schichtdienst. Sie nehmen eingehende Telefonate an und leiten sie entsprechend weiter, erstellen Gesprächsnotizen und erfassen Kundenanrufe in einer Datenbank. Sie erteilen Auskünfte oder vereinbaren Termine per Telefon. Neben dem Telefonieren erledigen Telefonisten/Telefonistinnen auch allgemeine Büroarbeiten. Sie verschicken Faxe und nehmen Faxe entgegen, bearbeiten den E-Mail-Eingang und beantworten E-Mails, kümmern sich um den Postein- und -ausgang und um die Ablage und erledigen Schreibarbeiten. Sie bestellen Büromaterial, lagern es und geben es aus. Oder sie betreuen die Besuchergarderobe.

Psychische Anforderungen:
Kontaktfähigkeit, gute Umgangsformen, sicheres Auftreten, zeitweise unter Zeitdruck

Körperliche Anforderungen:
Leichte Arbeiten, überwiegend im Sitzen

zu 3. Die Tätigkeit einer kaufmännischen Angestellten erfordert eine kaufmännische Grundausbildung wie z.B. die Ausbildung zur Bürokauffrau. Sie dauert 3 Jahre.

Bei den Tätigkeiten Büro-/Verwaltungshilfskraft, Mitarbeiterin in der Poststelle eines Betriebes oder einer Behörde und Telefonistin es sich um ungelernte Arbeiten, für die keine besondere Ausbildung erforderlich ist und die nach einer entsprechenden Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit von maximal drei Monaten Dauer verrichtet werden kann.

Die erbetene Auskunft über die tarifliche Einstufung kann ich nicht erteilen, da die Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit keine Tarifsammlung führen. Entsprechende Anfragen bitte ich an die Tarifvertragsparteien oder an die Tarifregisterstelle im Hessischen Ministerium für Frauen, Arbeit und Sozialordnung zu richten.

zu 4.) Der Kläger ist nach dem ärztlicherseits festgestellten Leistungsvermögen in der Lage, die zu Pkt. 1. und 2. genannten Tätigkeiten unter arbeitsmarkt- und betriebsüblichen Bedingungen zu verrichten.

zu 5.) Die in Betracht kommenden Tätigkeiten stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang zur Verfügung.

zu 6.) Die in Betracht kommenden Tätigkeiten stehen auch Betriebsfremden zur Verfügung.
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