S 9 R 169/06

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
S 9 R 169/06
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

I. Anknüpfungstatsachen:

a) Beruflicher Werdegang und sonstige berufsbezogene Qualifikationen des Klägers:
Der Kläger hat eine Ausbildung als Maler und Lackierer absolviert. Seit 1968 ist der Kläger als Autobahnbrücken- und Betonsanierer tätig.

b) Gesundheitliches Restleistungsvermögen des Klägers:
Bei dem Kläger bestehen ein Z. n. Resektion des linken Lungenoberlappens wegen eines peripheren Adenokarzinoms und ein Post-Thoraktomie-Schmerzsyndrom. Ferner wurden auf internistischem Fachgebiet von gutachterlicher Seite eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung und eine arterielle Hypertonie festgestellt. Aufgrund dieser gesundheitlichen Beeinträchtigungen ist der Kläger nur noch in der Lage, körperlich leichte Arbeiten unter Berücksichtigung zahlreicher qualitativer Leistungseinschränkungen zu verrichten. Die Arbeiten müssen in wechselnder Körperhaltung, ohne die Einnahme von Zwangshaltungen ausgeübt werden. Darüber hinaus ist die Hebebelastung für den linken Arm auf 5 kg und für den rechten Arm auf 1 kg limitiert. Überkopfarbeiten sind dem Kläger nicht zumutbar. Aufgrund der Lungenerkrankung ist eine Gefährdung des Klägers durch Reizstoffe wie Staub, Rauch, Gas und Dämpfe zu vermeiden. Wegen der weiteren Einzelheiten bezogen auf die internistischen Erkrankungen des Klägers wird auch das fachinternistische Gutachten von Prof. Dr. SA. vom 26.10.2006 Bezug genommen.

Darüber hinaus hat das Gericht ein orthopädisches Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Der auf diesem Gebiet gehörte Sachverständige stellte bei dem Kläger eine Funktions- und Belastungseinschränkung der Hals- und Lendenwirbelsäule bei degenerativen Veränderungen, eine Funktionsstörung des linken Schultergelenkes mit hieraus resultierender Gebrauchsbeeinträchtigung des linken Armes und beginnende Reizerscheinungen im Bereich beider Kniegelenke fest. Infolge der orthopädischen Leiden ist der Kläger nicht mehr in der Lage, Arbeiten zu verrichten, welche eine Hebe- und Tragebelastung abfordern und die mit der Einnahme ungünstiger Körperhaltungen verbunden sind. Arbeiten, die eine Kopfzwangshaltung erfordern, sind dem Kläger nicht zumutbar. Den Veränderungen im Bereich des linken Schultergelenkes bzw. des linken Armes stehen Überkopfarbeiten entgegen. Arbeiten, die eine volle Gebrauchsfähigkeit des linken Armes erfordern, sind dem Kläger nicht mehr zumutbar. Für Tätigkeiten mit herabhängenden Armen und u. U. angewinkelten Ellenbogen (z. B. sitzende Tätigkeiten an einem Schreibtisch) hat der Sachverständige eine uneingeschränkte Gebrauchsfähigkeit der linken Hand auch für feinmotorische Tätigkeiten angenommen. Allerdings ist hierbei zu beachten, dass der auf internistischem Fachgebiet gehörte Sachverständige eine gewichtsmäßige Beschränkung der Hebeleistung angenommen hat. Wegen der weiteren Einzelheiten im orthopädischen Gutachten wird auf die Gerichtsakte Bezug genommen.

II. Beweisfragen:

1. Welche berufsnahen oder berufsfremden Tätigkeiten kann der Kläger noch ausüben?

2. Kann der Kläger insbesondere noch die Tätigkeiten eines Pförtners oder Parkhauswächters ausüben?

3. Welches fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofil haben diese Tätigkeiten im Einzelnen?

4. Kann der Kläger unter Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen zu I.a nach einer bis zu drei Monate dauernden Einarbeitung und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten vollwertig verrichten?

5. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) auf dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang (mehr als 300 Arbeitsplätze im Bundesgebiet) zur Verfügung?

6. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?
Auskunft
Stellungnahme:

zu 1-3): Bei Beachtung des beruflichen Werdeganges und des gesundheitlichen Leistungsvermögens halte ich den Kläger aus berufskundlicher Sicht noch für in der Lage, folgende Tätigkeiten zu verrichten:

- Tagespförtner
- Büro-/Verwaltungshilfskraft

Tagespförtner
Die Berufsbezeichnung -Pförtner- umfasst eine Vielzahl von unterschiedlichen konkreten Pförtnertätigkeiten. Pförtner werden u. a. als Werkspförtner, Pförtner in Büro- und Geschäftsräumen und öffentlichen Gebäuden, Krankenhäusern, Heimen oder Museen eingesetzt. Je nach Aufgabenbereich und Art des Betriebes oder der Behörde sind die Anforderungen sehr unterschiedlich, d. h., es sind sowohl einfache als auch anspruchsvollere Anforderungsprofile möglich. Diese Tätigkeit umfasst das Überwachen des Personenverkehrs in Eingangshallen oder aus Pförtnerlogen von Betrieben, Behörden oder Krankenhäusern, das Überprüfen von Ausweisen, das Anmelden von Besuchern, das Ausfüllen von Besucherzetteln und das Weiterleiten von Besuchern an die zu besuchenden Stellen oder Personen innerhalb des Betriebes, der Behörde oder des Krankenhauses. Oft kümmern sie sich auch um die Postverteilung im Betrieb. Zu ihren Aufgaben gehören zum Teil auch der Telefondienst, das Aushändigen von Formularen, sowie das Aufbewahren von Fundsachen und Gepäck.

Die Arbeit ist grundsätzlich körperlich leicht, in der Regel wird in temperierten Räumen gearbeitet, es überwiegt sitzende Körperhaltung (ein Bewegungswechsel ist möglich).

Büro-/Verwaltungshilfskraft
Diese Tätigkeiten umfassen einfache, routinemäßige Bürohilfsarbeiten, die ohne besondere Ausbildung und ohne längere Einarbeitungszeit nach vorgegebenem Schema oder nach jeweiligen Anordnungen verrichtet werden können (z.B. Abheften, Sortieren, Aufschreiben, Notieren, Vergleichen).

Es handelt sich dabei um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten, oft klimatisierten Räumen, z.T. in Großraumbüros. Es wird überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen gearbeitet. Üblich ist der Umgang mit Bürokommunikationsmitteln und Datenverarbeitung, zunehmend Arbeit am Bildschirm.

Vom gesundheitlichen Leistungsvermögen her, halte ich den Kläger für nicht in der Lage die Tätigkeit als Parkplatz-/Parkhauswächter auszuüben zu können. Zu den Aufgaben des Parkplatz-/Parkhauswächters gehören u.a. das Reinigen, Öffnen und Schließen des Parkhauses, die Schneeräumung im Winter (ggf. mit Spezialfahrzeugen) und das Entfernen des Laubes im Herbst. Diese Arbeiten sind aufgrund der vorliegenden Gutachten vom 26.10.2006, 14.03.2007 und 28.04.2007 dem Kläger nicht zumutbar. Auch ist eine Gefährdung durch Reizstoffe wie Gase, Staub zu vermeiden, dies ist bei der Tätigkeit eines Parkhauswächters nicht möglich, sodass diese Tätigkeit für den Kläger nicht in Betracht kommt.

zu 4): Für die genannten Tätigkeiten sind im allgemeinen Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten von maximal drei Monaten Dauer erforderlich. Diese Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeiten dürften - unter Zugrundelegung des mir derzeit nach Aktenlage bekannten beruflichen und gesundheitlichen Leistungsvermögens des Klägers - auch für ihn ausreichend sein.

zu 5): Die genannten Tätigkeiten stehen alle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang zur Verfügung.

zu 6): Alle in Betracht kommenden Verweistätigkeiten stehen auch Betriebsfremden zur Verfügung.
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Datum