L 5 R 432/07

Berufskundekategorie
Stellungnahme
Land
Hessen
Aktenzeichen
L 5 R 432/07
Auskunftgeber
Landesarbeitsamt Hessen
Anfrage
In obigem Rechtsstreit wird um die Beantwortung der unter II. aufgeführten berufskundlichen Beweisfragen unter Berücksichtigung der nachfolgend aufgezeigten Anknüpfungstatsachen gebeten.

I. Anknüpfungstatsachen:

a) Beruflicher Werdegang und sonstige berufsbezogene Qualifikationen der Klägerin: von August 1971 bis August 1974 Ausbildung zur Fleischereifachverkäuferin anschließend bis Dezember 1991 Tätigkeit als Fleischereifachverkäuferin im Angestelltenverhältnis seit Januar 1992 Mitinhaberin einer Metzgerei, Tätigkeit im Verkauf

b) Gesundheitliches Restleistungsvermögen der Klägerin:
- vollschichtig mittelschwere Arbeiten
- keine Arbeiten mit hohen Anforderungen an das räumliche Sehen, d.h. keine Tätigkeiten, die beidseitiges (binokulares) Sehen erfordern
- keine Tätigkeiten an laufenden Maschinen mit rotierenden Messern
- keine Belastungen durch trockene Luft, Gase, Dämpfe oder Stäube

II. Beweisfragen:

1. Welche berufsnahen oder berufsfremden Tätigkeiten kann die Klägerin noch ausüben?

2. Welches fachliche und gesundheitliche Anforderungsprofil haben diese Tätigkeiten im Einzelnen?

3. Welche Ausbildungszeiten erfordern diese Tätigkeiten und wie werden diese Tätigkeiten tarifvertraglich eingestuft?

4. Kann die Klägerin unter Berücksichtigung der Anknüpfungstatsachen zu I.a nach einer bis zu 3 Monate dauernden Einarbeitung und Einweisung die für die in Betracht kommenden Tätigkeiten vollwertig verrichten?

5. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten (bitte einzeln bezeichnen) auf dem Arbeitsmarkt in nennenswertem Umfang (mehr als 300 Arbeitsplätze im Bundesgebiet) zur Verfügung?

6. Stehen die in Betracht kommenden Tätigkeiten auch Betriebsfremden zur Verfügung?
Auskunft
Stellungnahme:

zu 1. Die Berufungsklägerin verfügt über eine abgeschlossene Ausbildung als Fleischereifachkäuferin und eine langjährige Berufserfahrung sowohl im Angestelltenverhältnis als auch als Selbständige. Das Leistungsvermögen der Berufungsklägerin wird durch die funktionelle Einäugigkeit auf Tätigkeiten eingeschränkt, die binokulares Sehen nicht erfordern. Die Tätigkeit als Fleischereifachverkäuferin ist nur sehr eingeschränkt möglich, da häufig Aufschnittmaschinen und Fleischwölfe bedient werden müssen. Eine arbeitsteilige Bedienung der Kundschaft kommt in der Regel nicht vor. Ich halte die Berufungsklägerin daher nicht mehr in der Lage, als Fleischereifachverkäuferin arbeiten zu können. Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung im Verkaufsbereich ist es aus berufskundlicher Sicht möglich, folgende berufsnahe Tätigkeiten zu verrichten:

Fachverkäuferin – Lebensmittelhandwerk Schwerpunkt Bäckerei Verkäuferin
Kassiererin (Handel)

Die Berufungsklägerin ist ferner in der Lage, folgende berufsfremde Tätigkeiten zu verrichten:
Telefonistin

zu 2.) Fachverkäuferin – Lebensmittelhandwerk Schwerpunkt Bäckerei
Fachverkäufer/innen im Lebensmittelhandwerk mit dem Schwerpunkt Bäckerei verkaufen Brot und Backwaren, zum Teil auch kleine Imbisse. Sie bedienen und beraten ihre Kunden, präsentieren ihre Waren und halten den Verkaufsraum sauber. Fachverkäufer/innen im Lebensmittelhandwerk mit dem Schwerpunkt Bäckerei sind vorwiegend in Bäckereien und Einzelhandelsgeschäften tätig. Darüber hinaus können sie auch in der Gastronomie beschäftigt sein, vorrangig im Verpflegungsbereich bei Catering-Unternehmen oder in der Hotellerie.

Es handelt sich um eine körperlich leichte Arbeit, zeitweise mittelschwere Tätigkeit überwiegend in geschlossenen, temperierten Räumen. Die Tätigkeit wird im Wechsel zwischen Stehen und Gehen ausgeübt. Gelegentlich sind Zwangshaltungen wie Bücken, Überkopfarbeit sowie Zeitdruck nicht auszuschließen.

Verkäuferin
Verkäuferinnen veräußern Waren und Dienstleistungen. Dazu informieren und beraten sie Kunden und bieten Serviceleistungen an. Sie nehmen Ware an, zeichnen sie aus und präsentieren sie ansprechend. Zudem prüfen sie den Bestand, führen Qualitätskontrollen durch, bestellen Ware nach und nehmen Reklamationen entgegen. Verkäuferinnen können in verschiedenen Einzelhandelsfachgeschäften tätig sein, u. a. in Modehäusern, Baumärkten oder im Versandhandel, in Supermärkten und Kaufhäusern, in Gemüseläden, Fischgeschäften, Bäckereien oder Tabakläden und anderen Facheinzelhandelsgeschäften. Auch in großen Tankstellen mit gemischtem Warenangebot arbeiten sie. Darüber hinaus sind sie auch im Vermietungs- und Verleihgewerbe, etwa in DVD-Verleihen, angestellt.

Es handelt sich um eine körperlich leichte, zeitweise mittelschwere Tätigkeit, überwiegend in geschlossenen, temperierten Räumen. Die Tätigkeit wird im Wechsel zwischen Stehen und Gehen ausgeübt. Gelegentlich sind Zwangshaltungen wie Bücken, Hocken und Überkopfarbeit sowie Zeitdruck nicht auszuschließen.

Kassiererin (Handel)
Kassierer/innen im Handel bearbeiten den Kassenvorgang. Meist arbeiten sie mit Scannerkassen, so dass sie die Verkaufspreise nicht mehr manuell eingeben müssen. Beim Kassieren des Verkaufspreises prüfen sie die Echtheit der Geldscheine, achten auf die richtige Ausgabe des Wechselgeldes oder wickeln Zahlungen bargeldlos mit Kredit- oder Geldkarten ab. Zudem bearbeiten sie Reklamationen und tauschen Waren um. Bei Bedarf helfen sie den Kunden beim Verpacken der gekauften Waren. Am Ende ihres Arbeitstages erstellen sie die Abrechnung, indem sie den Kassenbestand mit den Einnahmen verrechnen. Beschäftigung finden sie in unterschiedlichen Unternehmen des Groß- und Einzelhandels, z.B. in Supermärkten, Warenhäusern, Baumärkten oder Fachgeschäften.

Es handelt sich um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten Räumen. Die Tätigkeit wird je nach Arbeitsplatzgestaltung im Sitzen oder im Stehen ausgeübt. Gelegentlich ist Zeitdruck nicht auszuschließen.

Telefonistin
Diese Tätigkeit umfasst die Bedienung von Telefon-/Fernsprechzentralen. Dazu gehört die Erteilung von Auskünften, die Weiterleitung und Registrierung von Gesprächen, die Entgegennahme und Weitergabe von Telefonnotizen, Telefaxen, E-Mails u. ä ... Die Anforderungen an Telefonisten/Telefonistinnen sind aufgrund der Tatsache, dass diese in allen Bereichen von Wirtschaft und Verwaltung tätig sind, recht unterschiedlich. Während sich in großen Wirtschaftsunternehmen und Verwaltungen die Tätigkeit in der Regel auf das Bedienen einer zum Teil recht umfangreichen Telefonanlage beschränkt, findet man in kleineren und mittleren Betrieben und Organisationen häufig eine Funktionskoppelung mit Bürotätigkeiten sowie Empfangs- und Pförtnertätigkeiten. Oft sind allgemeine PC-Kenntnisse (Word, Excel, Outlook) erwünscht, im Einzelfall auch kaufmännische Grundkenntnisse.

Es handelt sich um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen, temperierten Räumen. Die Tätigkeit kann in wechselnder Körperhaltung, überwiegend im Sitzen, zeitweise im Stehen und Gehen ausgeübt werden. Eine wechselnde Arbeitshaltung ist durch den Einsatz ergonomisch gestalteter Arbeitsplatzausstattungen möglich. Die Tätigkeit erfordert gute Sprech- und Hörfähigkeit. Gelegentlich ist Zeitdruck nicht auszuschließen.

zu 3.) Die Fachverkäuferin im Lebensmittelhandwerk Schwerpunkt Bäckerei ein anerkannter Ausbildungsberuf nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) mit einer Ausbildungsdauer von 3 Jahren. Die Verkäuferin ist ein anerkannter Ausbildungsberuf nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) mit einer Ausbildungsdauer von 2 Jahren. Für die Tätigkeit als Kassiererin ist üblicherweise eine Ausbildung im Einzel- oder Großhandel erforderlich. Für die Tätigkeit als Telefonistin ist im allgemeinen eine Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit von maximal drei Monaten Dauer erforderlich. Die erbetene Auskunft über die tarifliche Einstufung kann ich nicht erteilen, da die Dienststellen der Bundesagentur für Arbeit keine Tarifsammlung führen.

zu 4.) Unter Zugrundelegung des mir derzeit nach Aktenlage bekannten beruflichen und gesundheitlichen Leistungsvermögens der Berufungsklägerin ist davon auszugehen, dass die Berufungsklägerin die genannten Tätigkeiten innerhalb einer dreimonatigen Einarbeitungs- bzw. Einweisungszeit vollwertig verrichten kann.

zu 5.) Die in Betracht kommenden Tätigkeiten stehen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt des Bundesgebietes in nennenswertem Umfang zur Verfügung.

zu 6.) Die in Betracht kommenden Tätigkeiten stehen auch Betriebsfremden zur Verfügung.
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