Opferentschädigung erst ab Antragstellung

Bundesland
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Kategorie
Entscheidungen
Kein rückwirkender Leistungsanspruch bei Rechtsunkenntnis
Opfer einer Gewalttat erhalten Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz. Wird der Antrag nicht innerhalb eines Jahres nach der Schädigung gestellt, so werden Versorgungsleistungen allerdings erst ab dem Antragsmonat gezahlt. Nach dieser Jahresfrist besteht ein rückwirkender Anspruch nur, wenn der Geschädigte unverschuldet an der Antragstellung verhindert war. Hiervon sei nicht auszugehen, wenn der Antrag aus
Unkenntnis erst Jahre nach der Tat gestellt wird. Dies entschied in einer heute veröffentlichten Entscheidung der 4. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.

Opfer begehrt Entschädigung auch für die 9 Jahre vor Antragstellung
Eine Frau aus Frankfurt am Main wurde im Jahre 1992 Opfer eines Überfalls und erlitt dabei mehrere Schusswunden am Bein. Im Jahre 2001 nahm sie infolge einer Fernsehsendung Kontakt zu einem Opferhilfeverein auf, der sie auf mögliche Entschädigungsansprüche hinwies. Auf ihren Antrag stellte das Landesversorgungsamt eine Minderung der Erwerbstätigkeit von 50 Prozent fest und gewährte Versorgungsleistungen ab dem
Antragsmonat. Die 47-jährige Mutter von zwei Kindern begehrte jedoch auch Leistungen für die vergangenen Jahre. Sie habe nach der Tat den gesamten Vorfall verdrängt und versucht ein normales Leben zu führen. Die Gewalttat habe bei ihr zu einer posttraumatischen Belastungsstörung geführt. Daher habe sie den Antrag nicht früher stellen können.

Späte Antragstellung aus Unkenntnis ist nicht unverschuldet
Die Richter beider Instanzen gaben dem Versorgungsamt Recht. Die Frau sei nicht ohne Verschulden an einer früheren Antragstellung gehindert gewesen. Insbesondere habe die psychische Erkrankung sie nicht entsprechend eingeschränkt. Ihre späte Antragstellung sei vielmehr darauf zurückzuführen, dass sie erst im Jahr 2001 von einer etwaigen Opferentschädigung erfahren habe. Rechtsunkenntnis begründe jedoch keine
rückwirkenden Leistungsansprüche.

Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 22.09.2010, Az.: L 4 VE 11/10
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