Internationales Sozialrecht - Sozialversicherungsabkommen mit dem früheren Jugoslawien gelten fort

Bundesland
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Kategorie
Entscheidungen
Gerade im süddeutschen Raum sind viele Arbeitnehmer beschäftigt, die aus den Staaten des früheren Jugoslawien stammen. Die sozialrechtliche Absicherung dieser „Wanderarbeitnehmer“ war ursprünglich durch das deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommen sichergestellt. Wie aber ist die Rechtslage heute, da der Staat Jugoslawien nicht mehr existiert? Gilt das Abkommen fort? Und falls ja: auch für die Nachfolgestaaten wie Bosnien/Herzegovina? Und wie ist der Kosovo hier einzuordnen? Dazu hat das Bayerische Landessozialgericht nunmehr eine Urteilsserie veröffentlicht, die zur Klarheit in diesen Fällen beiträgt.

Ausgangspunkt
Die aus dem vormaligen Jugoslawien stammenden Kläger hatten jeweils über längere Zeit in Deutschland gearbeitet und aus den nach deutschem Recht entrichteten Sozialversicherungsbeiträgen auch Rentenanwartschaften erworben. In die Heimat Bosnien/Herzegovina sowie Kosovo zurückgekehrt wollten sie die entsprechenden Arbeitnehmeranteile ausbezahlt bekommen. Das hatte die Rentenversicherung abgelehnt. Denn nach dem deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommen, das auch für die betroffenen Kläger fortwirke, seien diese zur freiwilligen Weiterführung der deutschen Rentenversicherung berechtigt. Dann aber sei eine Beitragsrückerstattung ausgeschlossen. Dagegen hatten sich die betroffenen Arbeitnehmer gewandt und die Abkommensfortgeltung verneint.

Die Entscheidung
Das Bayerische Landessozialgericht hat entschieden, dass eine Beitragsrückerstattung nicht infrage komme, weil das deutsch-jugoslawischen Sozialversicherungsabkommen auch im Hinblick auf die Heimat der Kläger fortgelte. Die konkret zu beurteilende Abkommensfortwirkung zähle zwar mit zu den komplexesten Materien des internationalen Sozialrechts. Der Zweck des Abkommens aber habe darin bestanden, zu vermeiden, dass Wanderarbeitnehmer nur wegen eines Wechsels des Beschäftigungsstaates durch das soziale Netz fallen. Dieser auf längere Sicht ausgerichtete Abkommenszweck habe sich auch in den Fällen der Kläger nicht erübrigt. Der staatsrechtliche Abkommenszweck erfordere, die längerfristige Arbeitnehmerabsicherung zu schützen. Diese bestehe nicht im kurzfristigen Vorteil einer Rückerstattung von Arbeitnehmerbeiträgen, sondern im Erhalt der Anwartschaften, die aus Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträgen resultierten. Das Abkommen sei somit auch aktuell noch anzuwenden, eine Beitragserstattung scheide aus.

Auswirkungen der Entscheidung

Das Bayerische Landessozialgericht hat zur Beitragsrückerstattung für in die Heimat zurückgekehrte Wanderarbeitnehmer die längerfristigen Vorteile der zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen betont. Weil die beurteilte Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, wurde die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.

Bayer. Landessozialgericht Urteile vom 27. September 2011 - L 6 R 868/08, L 6 R 124/10, L 6 R 884/08.
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