Pharmaunternehmen ist vorläufig nicht vom Herstellerrabatt zu befreien

Bundesland
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Kategorie
Entscheidungen
Wirtschaftliche Situation unter Berücksichtigung der Konzernzugehörigkeit maßgeblich

Pharmaunternehmen müssen den gesetzlichen Krankenkassen einen Abschlag auf den Abgabepreis von Arzneimitteln von aktuell 16 % gewähren. Dieser sogenannte Herstellerrabatt wird in Ausnahmefällen verringert oder aufgehoben. Ein Ausnahmefall liege vor, wenn das Pharmaunternehmen durch die Rabattpflicht unzumutbar belastet werde. Dies sei besonders dann der Fall, wenn die Zahlungsunfähigkeit drohe. Bei der Beurteilung
der wirtschaftlichen Situation komme es bei konzernverbundenen Unternehmen allerdings auch auf die finanziellen Verflechtungen innerhalb des Konzerns an. Dies gelte besonders dann, wenn Anhaltspunkte dafür bestünden, dass bestimmte Kosten konzernintern auf das antragstellende Unternehmen verlagert worden seien. Dies entschied in einem heute veröffentlichten Beschluss der 8. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.

Vertriebsorganisation beantragt Befreiung vom Herstellerrabatt
Im konkreten Fall ging es um eine GmbH, die zu einem Pharma-Konzern gehört und ausschließlich die vom Konzern hergestellten Präparate vertreibt. Diese lediglich als Vertriebsorganisation tätige GmbH beantragte eine Freistellung vom Herstellerrabatt, da dieser ihren Umsatz erheblich mindere und sie in ihrer Existenz gefährde. Das zuständige Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle mit Sitz in Eschborn lehnte diesen
Antrag ab. Die erforderliche konzernübergreifende Prüfung der wirtschaftlichen Situation sei nicht möglich, da die GmbH die Vorlage der entsprechenden Unterlagen verweigere.

Die GmbH beantragte sodann vor dem Sozialgericht Wiesbaden den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Das Sozialgericht verpflichtete das Bundesamt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes das Unternehmen von den Preisabschlagpflichten zu befreien. Ob besondere Gründe für eine Befreiung vorliegen, sei allein aufgrund der wirtschaftlichen Situation des jeweiligen Unternehmens zu beurteilen. Nach der vorgelegten Prognose der Wirtschaftsprüfer werde die GmbH ohne die Befreiung vom Herstellerrabatt Verluste in Höhe von mehreren Millionen Euro machen.

Wirtschaftliche Verflechtungen und Situation innerhalb des Konzerns nicht ausreichend dargelegt
Die Richter des Hessischen Landessozialgerichts hingegen gaben dem Bundesamt im Beschwerdeverfahren Recht und hoben den erstinstanzlichen Beschluss auf. Die GmbH sei konzernverbunden, so dass die wirtschaftliche Situation des Unternehmens innerhalb des Konzerns maßgeblich sei. Es bestünden Anhaltspunkte dafür, dass konzernintern bestimmte Kosten ohne nachvollziehbare Gründe auf dieses Unternehmen verlagert worden seien. So seien der GmbH als reiner Vertriebsgesellschaft die Kosten
für Studien auferlegt worden. Auch habe sie anderen konzernverbundenen Unternehmen Darlehen zu auffällig niedrigen Zinsen gewährt und unentgeltlich Bürgschaften übernommen. Damit könne nicht beurteilt werden, ob der GmbH gerade durch die Arzneimittelrabatte die Zahlungsunfähigkeit drohe. Mangels Vorlage der konzernbezogenen Unterlagen habe das Bundesamt zutreffend den Befreiungsantrag abgelehnt.

Eine endgültige Entscheidung in dieser Sache ist dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Das Hauptsacheverfahren ist vor dem Sozialgericht Wiesbaden anhängig – S 2 KR 32/12)

Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 25.10.2012, Az.: L 8 KR 110/12 B ER
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