Patientenwahlrecht hat Vorrang vor „Exklusivvertrag“

Bundesland
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Kategorie
Entscheidungen
In Millionenhöhe ausgesprochene Retaxationen eines Apothekers, der Zytostatika-Zubereitungen an Versicherte der AOK Hessen abgab, sind rechtswidrig.

Seit Dezember 2013 verfolgt die AOK Hessen im Bereich der Zytostatika-Versorgung einen neuen Weg. Sie hat für 23 Gebiete in Hessen Verträge europaweit ausgeschrieben und an die preisgünstigsten Apotheken für die Versorgung ihrer Versicherten mit Zytostatikazubereitungen Zuschläge erteilt. Das Gericht entschied nun, dass diese Verträge keine „Exklusivwirkung“ für die Ausschreibungsgewinner entfalten können. Vielmehr bleibt das Apothekenwahlrecht der Versicherten weiterhin bestehen.

Ein Apotheker hatte geklagt, weil er für die Versorgung von Versicherten der AOK Hessen seit Dezember 2013 keine Vergütung mehr erhalten hatte. Seine Apotheke befindet sich im gleichen Haus, wie eine onkologische Gemeinschaftspraxis, deren Patienten der Kläger seit Jahren mit Zytostatikazubereitungen versorgt. Die beiden Onkologen, die das Gericht im Termin zur mündlichen Verhandlung als Zeugen vernahm, hatten trotz entsprechender Information der AOK Hessen über die „Exklusivvereinbarung“ mit einer anderen Apotheke weiterhin Verordnungen an ihre Patienten ausgehändigt und diese über ihr Apothekenwahlrecht informiert. Dies hat das Gericht nicht beanstandet.

Im Ergebnis führte das Verhalten der Vertragsärzte dazu, dass die weit überwiegende Anzahl der Patienten der Praxis sich nicht von der Ausschreibungsgewinnerin, sondern von der Apotheke des Klägers versorgen ließ. Die Ausschreibungsgewinnerin hatte schließlich aus wirtschaftlichen Gründen den Vertrag mit der AOK Hessen wieder gekündigt.

Sozialgericht Marburg, Urteil vom 10.09.2014, Az.: S 6 KR 84/14
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