„Cash-statt-Handy-Geschäft“ verringert nicht Hartz-IV-Anspruch

Bundesland
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Kategorie
Entscheidungen
Sofortauszahlung anstelle eines subventionierten Handy-Kaufs ist nicht als Einkommen zu berücksichtigten

Erhält ein Hartz-IV-Empfänger aufgrund eines „Cash-statt-Handy-Geschäfts“ anstelle der subventionierten Handy-Kaufoption eine Sofortauszahlung, so ist diese bei der Prüfung der Hilfsbedürftigkeit nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Sofortauszahlung geringer ist, als die Gebühren, die der Hartz-IV-Empfänger ohne Telefonie an das Mobilfunkunternehmen zahlt. Denn insoweit komme es nicht zu einem Vermögenszuwachs, der zur Deckung des Lebensunterhaltes verwendet werden könnte. Dies entschied in einem heute veröffentlichten Urteil der 6. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.

Hartz-IV-Empfänger erhält für Mobilfunkverträge 1.200 €, welche das Jobcenter als Einkommen anrechnet
Eine Frau, die Grundsicherung für Arbeitsuchende bezieht, schloss mit einem Mobilfunkunternehmen vier Mobilfunkverträge mit einer zweijährigen Laufzeit. Die monatlichen Grundgebühren betrugen im ersten Jahr 14,95 € und im zweiten Jahr 10,25 €. Anstelle der subventionierten Handys erhielt die in Kassel lebende Frau von der Firma Handytraum24.de eine Barauszahlung in Höhe von 1.200 €. Das Jobcenter berücksichtigte diese Zahlung als Einkommen und reduzierte sechs Monaten lang den Grundsicherungsbetrag um jeweils 200 €.

Die Frau führte hingegen an, dass sie die 1.200 € monatlich zurückzahle und ihr das Geld deshalb nicht zum Lebensunterhalt zur Verfügung gestanden habe. Es sei im Übrigen für Fahrstunden ihres Ehemannes verwendet worden, da dieser mit Führerschein bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt habe. Zudem habe sie mit dem bereits zuvor vorhandenen Handy mit Prepaid-Karten telefoniert und die vier Mobilfunkverträge nicht genutzt. Das Jobcenter hingegen bewertete die Sofortauszahlung als Provision, welche sie als Einkommen anrechnete.

Urteil: Kein Vermögenszuwachs aufgrund der hohen Zahlungsverpflichtung
Die Richter beider Instanzen gaben der Frau Recht.

Das von ihr getätigte Geschäft sei eine Kombination aus einem Abzahlungsgeschäft betreffend die Option auf den verbilligten Kauf von Handys bei Abschluss von Mobilfunkverträgen (Vertrag mit dem Mobilfunkunternehmen) in Verbindung mit einer Ersetzung dieser Handy-Kaufoption gegen die Sofortauszahlung von Geld (Vertrag mit Handytraum24.de). Spalte man diese beiden verbundenen Rechtsgeschäfte gedanklich zeitlich auf, habe die Frau letztendlich zunächst vier verbilligte Handys bei dem Mobilfunkunternehmen auf Raten erworben und diese Geräte sodann bei dem Vermittler in Geld umgesetzt.

Werde ein Vermögensgegenstand „zu Geld gemacht“, könne dies jedoch nur dann als Einkommen angesehen werden, wenn ein Mehrerlös erzielt werde. Ein wirtschaftlicher Vermögenszuwachs sei vorliegend jedoch nicht eingetreten. Die Frau habe - ohne je einen der vier Mobilfunkverträge zum Telefonieren genutzt zu haben – zusätzlich zu den Grundgebühren (1.209,60 € in zwei Jahren) noch Verwaltungspauschalen sowie Gebühren für Tarifwechsel und für die Rechnungszahlung durch Überweisung gezahlt. Bei einem Gesamtbetrag von 1.630,96 € entspreche dies einem jährlichen Zinssatz von fast 18 %. Die ausgezahlten 1.200 € seien daher kein anrechenbares Einkommen.

Hinweise zur Rechtslage:

§ 11 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II)
(1) Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert (…). Als Einkommen zu berücksichtigen sind auch Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Sozialleistungen, soweit sie dem Lebensunterhalt dienen.
(3) Einmalige Einnahmen sind in dem Monat, in dem sie zufließen, zu berücksichtigen. 2Sofern für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme erbracht worden sind, werden sie im Folgemonat berücksichtigt. 3Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen.

Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 15.04.2015, Az.: L 6 AS 828/12
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