Atemwegsinfektion ist keine Berufskrankheit

Bundesland
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Kategorie
Entscheidungen
Erzieherin an einer Sonderschule ist keinem besonders erhöhtem beruflich bedingtem Risiko einer Chlamydien-Infektion ausgesetzt
Eine Sonderschulerzieherin ist hinsichtlich der Chlamydia pneumoniae keiner Infektionsgefahr ausgesetzt, die in besonderem Maße über der Infektionsgefahr in der Gesamtbevölkerung liegt. Eine Berufskrankheit ist daher nicht anzuerkennen. Dies entschied in einem heute veröffentlichten Urteil der 3. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.

Sonderschulerzieherin beantragt Anerkennung einer Berufskrankheit
Eine Erzieherin in einer Sonderschule litt an Fieberschüben, Abgeschlagenheit und gehäuften Infekten der Atemwege. Diese Beschwerden führte die 49-jährige Frau aus dem Landkreis Waldeck-Frankenberg darauf zurück, dass im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit eine Chlamydien-Infektion eingetreten sei.

Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung als Berufskrankheit ab. Eine konkrete Infektionsquelle habe nicht nachgewiesen werden können. Chlamydien würden über eine Tröpfcheninfektion übertragen werden, die sich die Erzieherin auch ohne berufliche Exposition im täglichen Leben hätte zuziehen können. Die erwachsene Bevölkerung sei zu 50 - 60 % mit Chlamydien-Erregern durchseucht.

Infektionsrisiko in Sonderschule nicht maßgeblich erhöht
Die Richter beider Instanzen bestätigten die Auffassung der Berufsgenossenschaft. Die Erzieherin sei zwar in einer Sonderschule und damit im Gesundheitsdienst tätig. Sie sei jedoch aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit keiner besonders erhöhten Infektionsgefahr ausgesetzt. Die Chlamydia pneumoniae sei eine sehr häufige, weltweit verbreitete Ursache respiratorischer Infektionen des Menschen. Der Durchseuchungsgrad steige mit dem Lebensalter. Daher sei davon auszugehen, dass die von der erkrankten Frau betreuten Schulkinder im Vergleich zur Gesamtbevölkerung nicht verstärkt infiziert seien. Aufgrund des engen körperlichen Kontaktes zu den Kindern sei zwar die Übertragungsgefahr erhöht. Wegen des hohen Verbreitungsgrades des Krankheitserregers begründe dies aber lediglich eine geringfügig erhöhte Infektionsgefahr. Dies reiche für die Anerkennung einer Berufskrankheit nicht aus. Eine konkrete Ansteckung durch ein betreutes Kind sei zudem nicht nachgewiesen.

Hinweise zur Rechtslage

§ 9 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII)
(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; (.)

§ 1 Berufskrankheiten-Verordnung (BKV)
Berufskrankheiten sind die in der Anlage 1 bezeichneten Krankheiten (.).

Anlage 1 zur BKV
Nr. 3101: Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt ist.

Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 25.08.2015, Az: L 3 U 54/11
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