L 14 R 659/20

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 2 R 1283/18
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 14 R 659/20
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 36/22 BH
Datum
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 26.03.2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Auszahlung einer höheren Altersrente bereits zum 01.01.2018 und darüber hinaus die Bewilligung eines höheren Zuschusses zu den von ihm zu tragenden freiwilligen Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung.

 

Der am 24.03.1951 geborene Kläger beantragte am 16.06.2016 die Regelaltersrente und am 11.11.2016 auch die Zahlung eines Zuschusses zu den von ihm zu tragenden freiwilligen Beiträgen zur Krankenversicherung nach § 106 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).

 

Die Beklagte bewilligte dem Kläger anschließend erstmalig mit Bescheid vom 21.11.2016 ab dem 01.09.2016 die begehrte Altersrente in Höhe von 385,82 €. Hierbei berücksichtigte sie einen aktuellen Rentenwert von 30,45 €. Zudem gewährte sie dem Kläger auch einen Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag  in Höhe von  26,25  €, was dem hälftigen Wert  von  14,6  %  der Rentenauszahlungshöhe von 359,57 € entsprach. Im beigefügten Versicherungsverlauf waren im Übrigen auch rentenversicherungsrechtliche Zeiten in Ungarn – vom Kläger zurückgelegt zwischen den Jahren 2003 und 2011 – gespeichert.

 

Der Kläger ist bei der Betriebskrankenkasse N ab Rentenbeginn freiwillig versichert.

 

Mit dem hier angegriffenen Bescheid vom 19.05.2018 hob die Beklagte den bisherigen Bescheid hinsichtlich der Rentenhöhe mit Wirkung zum 01.07.2018 auf. Die Höhe der monatlichen Rente setzte die Beklagte auf 405,93 € fest. Der monatliche Rentenanspruch betrage nunmehr 378,31 €, der Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag 27,62 €. Aus der beigefügten Anlage wird ersichtlich, dass die Beklagte bei der Berechnung den aktuellen Rentenwert von monatlich 32,03 € zugrunde legte.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 28.05.2018 Widerspruch, begründete diesen jedoch im Folgenden nicht.

 

Den Widerspruch wies die Beklagte daraufhin mit Widerspruchsbescheid vom 04.10.2018 als unbegründet zurück.

 

Der Kläger hat am 27.10.2018 Klage zum Sozialgericht Köln erhoben und die Ansicht vertreten, die gravierendste Folge seiner geringen Rente sei die Benachteiligung bezüglich der Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung, die rein auf Basis seiner niedrigen Rentenhöhe gewährt würden. Aufgrund der niedrigen Rente entstehe für ihn eine zusätzliche Beitragsbelastung in der Kranken- und Pflegeversicherung. Gegenüber Normalrentnern stelle dies eine Benachteiligung dar.

 

Der Kläger hat die Mitteilungen der Krankenversicherung über die zu zahlenden Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung ab 01.01.2017 und ab 01.01.2018 zur Gerichtsakte überreicht; daraus ergibt sich ein zu zahlender Beitrag in Höhe von 176,20 € für das Jahr 2017 und in Höhe von 179,32 € für das Jahr 2018.

 

Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

 

1.

a) die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.05.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2018 zu verurteilen, ihm eine höhere Altersrente unter Berücksichtigung eines grundrechtlichen Anspruchs auf die zusätzliche Anhebung der Niedrigrenten auszuzahlen,

 

b) hilfsweise, die Zuschüsse zum freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag in Höhe von 50 %, berechnet aus seinem Anspruch auf Altersrente, zu tragen sowie

 

2.

a) festzustellen, dass die Beklagte beim Erlass des Bescheides vom 19.05.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2018 gegen Vorgaben des Grundgesetzes verstoßen hat;

 

b) andernfalls den Rechtsstreit zum Zwecke einer Vorlage beim Bundesverfassungsgericht oder Europäischen Gerichtshof auszusetzen oder die Revision zum Bundessozialgericht zuzulassen.

 

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht Köln die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26.03.2020 abgewiesen und hierzu wie folgt ausgeführt:

 

„Das Gericht hat ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden können, da die Sache keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher gehört worden, § 105 Abs. 1 S. 2 SGG .

 

Das Klagebegehren war entsprechend dem sich aus der Klagebegründung ergebenden Rechtsschutzziel des Klägers nach dem Rechtsgedanken des § 123 SGG in der aus dem Tatbestand ersichtlichen Weise sachgerecht auszulegen.

 

Die zulässige, als kombinierte Anfechtungs-, Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 Alt. 1, Abs. 5 SGG statthafte Klage ist nicht begründet, die Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 SGG ist bereits nicht zulässig. Der Antrag auf Zulassung der Sprungrevision zum Bundessozialgericht hat ebenfalls keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom  19.05.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2018 ist nicht zu beanstanden und verletzt den Kläger daher auch nicht nach § 54 Abs. 2 SGG in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer höheren Rente oder eines höheren Zuschusses zum Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag unter Berücksichtigung der von ihm geltend gemachten rechtlichen Erwägungen, ebenso wenig wie die Feststellung eines Verstoßes gegen die Verfassung.

 

Der Hauptantrag zu 1) hat keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid beruht auf § 65 SGB VI. Danach werden zum 1. Juli eines jeden Jahres die Renten angepasst, in dem der bisherige aktuelle Rentenwert durch den neuen aktuellen Rentenwert ersetzt wird. Dieser ist nach der in § 68 Abs. 5 SGB VI normierten Formel zu berechnen.

 

Vorliegend hat die Beklagte mit Bescheid vom 19.05.2018 die jährliche Rentenanpassung vorgenommen und dabei den Rentenwert von 30,45 auf 32,03 angehoben.

 

Soweit der Kläger der Ansicht ist, dass ihm eine höhere als mit dem angefochtenen Bescheid ausgezahlte Rente zusteht, da er aufgrund der Erhöhung der tariflichen Löhne sowie der Gehälter für gering verdienende Personen einen verfassungsrechtlich gesicherten Anspruch auf Gleichbehandlung im Rahmen des Niedrigrentenbereichs habe, so kann er mit seinem Begehren innerhalb des vorliegenden Klageverfahrens nicht durchdringen.

 

Zwar handelt es sich bei der angegriffenen Rentenanpassungsmitteilung um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 S. 1 SGB X, mit denen der Monatswert der Rente jeweils neu bestimmt und gegenüber der bisherigen Regelung geändert wird (vgl. hierzu Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 30.01.2018, Az.: L 9 R 843/16 Rn. 21, zitiert nach juris). Solche Entscheidungen enthalten gegenüber den Rentenbewilligungsbescheiden selbstständig anfechtbare Verfügungen, nämlich die wertmäßigen Fortschreibungen eines bereits zuerkannten Werts des Rechts auf Rente durch Feststellung des Veränderungsfaktors (siehe Bundessozialgericht, Urteil vom 23.03.1999, Az.: B 4 RA 41/98 Rn. 24, juris). Hierbei wird ausschließlich über den Grad der Anpassung entschieden (siehe BSG, Urteil vom 24.07.2003, Az.: B 4 RA 62/02 R Rn. 27, juris). Dies hat zur Folge, dass sich im Fall des Klägers die anfechtbare Regelung - und in dieser Konsequenz die Prüfungskompetenz des Gerichts - auf die Frage (beschränkt), ob die Beklagte die Rente in korrekter Anwendung des Veränderungsfaktors neu ermittelt hat. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die Anpassung auf eine fehlerhafte Weise vorgenommen und den neuen Auszahlungsbetrag der Altersrente unter Verstoß gegen die in § 68 Abs. 5 SGB VI normierte Formel oder unter Zugrundelegung inkorrekter Werte ermittelt hat, kann das Gericht nicht erkennen. Solches ist auch nicht vom Kläger vorgebracht worden. Ebenfalls ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die genannten Vorschriften gegen die Verfassung verstoßen könnten. Diesbezügliche Ausführungen des Klägers richten sich lediglich gegen die Höhe des von der Beklagten übernommenen Beitragsanteils an sich, nicht gegen deren jeweilige Anpassung zum 01.07.2018 eines jeden Jahres.

 

Des Weiteren entbehrt die klägerseitig vertretene Ansicht, dass sich aus der Erhebung der Geringverdienste in der freien Wirtschaft sowie im öffentlichen Dienst auch ein Anspruch auf die Anpassung niedriger Renten ergeben müsse, einer rechtlichen Grundlage. Dieses Recht folgt auch nicht aus verfassungsrechtlichen Erwägungen heraus. Ein anderes als das oben dargestellte Verständnis der Rentenanpassungsvorschriften ergibt sich nicht im Wege einer verfassungskonformen Auslegung. Die Vorschriften verstoßen insbesondere nicht gegen das allgemeine Gleichheitsgrundrecht, Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Eine Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte kann das Gericht nicht erkennen. Während sich die Löhne aus abhängiger Beschäftigung aus privatrechtlichen Vereinbarungen oder verbindlichen Tarifverträgen ergeben, berechnet sich die Rente nach den gesetzlichen Vorschriften des SGB VI unter Zugrundelegung der aus dem Versicherungsverlauf ermittelten Beitragszeiten. Für das während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherte Einkommen (sowie für beitragsfreie und - geminderte Zeiten) sind die persönlichen Entgeltpunkte eines Versicherten zu errechnen und mit dem Rentenartfaktor sowie dem aktuellen Rentenwert zu multiplizieren. Der niedrige Rentenanspruch des Klägers ist dem Umstand geschuldet, dass sich aus den seinem Versicherungsleben zu entnehmenden berücksichtigungsfähigen Zeiten lediglich 11,8086 Entgeltpunkte ermitteln lassen. Eine Verbesserung des Auszahlungsanspruchs kann der Kläger dennoch nur über die Abänderung seiner persönlichen Entgeltpunkte erreichen. Die Rentenanpassung erfolgt von vorneherein feststehenden, gesetzlich geregelten Faktoren. Aus diesem Grund verbietet es sich, die Anpassung niedriger Renten in die Abhängigkeit der Höhe der Anpassung niedriger Arbeitslöhne zu stellen. Der Wunsch des Klägers nach Erhalt einer verbesserten Rechtsposition ist verständlich, ein Gleichlauf sachlich nicht verbundener Inhalte ist hierdurch jedoch nicht angezeigt. Auch kann in dem Vorgehen der Beklagten keine persönliche Diskriminierung des Klägers gesehen werden.

 

Festzuhalten ist, dass der Kläger das Ziel zur Auszahlung einer höheren Altersrente unter Berücksichtigung weiterer Versicherungszeiten mit dem vorliegenden Klageverfahren mangels entsprechender Verfügung im Rahmen des angefochtenen Bescheides nicht verwirklichen könnte. Weder hat die Beklagte darin Feststellungen bezüglich des jeweiligen Geldwertes des Anspruchs auf Rente getroffen, noch hat sie den Rentenbeginn oder die Rentenhöhe neu geregelt.

 

Auch mit seinem Hilfsantrag zu 1) vermag der Kläger nicht durchzudringen. Der Anspruch auf Gewährung eines anteiligen Zuschusses zur Kranken- und Pflegeversicherung folgt  aus § 106 Abs. 1 S. 1 SGB VI. Danach erhalten Rentenbezieher, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einem Krankenversicherungsunternehmen, das der deutschen Aufsicht unterliegt, versichert sind, zu ihrer Rente einen Zuschuss zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung. Die Beklagte ist bei der Bewilligung des Zuschusses davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen im Fall des Klägers vorliegen und dieser insbesondere nicht unter die normierten Gruppen zur Annahme einer Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 bis 13 SGB V fällt. Bei dieser handelt es sich jedoch um eine eigenständige Verfügung, die auch isoliert angefochten werden kann. Da der angegriffene Bescheid vom 19.05.2018 eine Abänderung der Bewilligung des Zuschusses dem Grunde nach nicht enthält, ist der Kammer die rechtliche Prüfung verwehrt, ob die Feststellung zur Versicherungsfreiheit fehlerfrei zustande gekommen ist. Diesbezüglich bestehen jedoch keine Zweifel, insbesondere wendet sich der Kläger mit seinem Vorbringen nicht gegen das Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnis an sich, er macht lediglich die nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber solchen Rentnern, die einer Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung  unterliegen, geltend. Dem  ist  zunächst  entgegen  zu  setzen,  dass  sich  die  Anfechtbarkeit  eines Änderungsbescheides lediglich auf den abändernden Umfang beschränkt. In der benannten Höhe des übernommenen Anteils ist die Bewilligung des Zuschusses zwar enthalten, diese stellt jedoch lediglich eine wiederholende Verfügung dar, mit der die Beklagte keine Veränderung der Rechtslage herbeiführen wollte (vgl. hierzu Klein in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Auflage Stand 23.03.2020, § 96 Rn. 38, juris). Wie bereits im Rahmen der Ausführungen zur Rentenhöhe dargestellt, kann der Kläger mit Erhebung einer Klage gegen den Bescheid vorn 19.05.2018 lediglich die Abänderung der Anpassungsberechnung (Veränderungsfaktoren) erreichen, nicht jedoch das aus seinen schriftlichen Ausführungen im Rahmen des Verfahrens ersichtliche (hilfsweise) Klageziel zur gerichtlichen Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme eines höheren Anteils am geschuldeten freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrages ab dem 01.07.2018 verwirklichen. Die Erhöhung des Zuschusses folgt der bereits oben dargestellten Anpassung der Rente, da sich dieser anhand des Rentenauszahlungsbetrages errechnet. Fehler sind der Beklagten im Rahmen des Bescheides vom 19.05.2018 hierbei aus Sicht der Kammer nicht unterlaufen, solche macht auch der Kläger nicht geltend.

 

Die Annahme einer ohne sachlichen Grund bestehende Ungleichbehandlung des Klägers im Sinne des Art. 3 GG bei unterstelltem Klagegegenstand auch hinsichtlich der Höhe des Zuschusses erschiene jedoch nicht gerechtfertigt. Die Beteiligung des Rentenversicherungsträgers an den Aufwendungen zur Krankenversicherung ist gerade Ausfluss des verfassungsrechtlich gebotenen Eigentumsschutzes wie auch der Gleichbehandlung (vgl. Böttiger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Auflage Stand 01.07.2013, § 106 Rn. 23 f., juris). Eine Benachteiligung des Klägers ist bereits vor dem Hintergrund nicht naheliegend, dass der Versicherungsbeitrag der letztgenannten Personen den monatlichen Rentenauszahlungsbetrag mindert, § 255 Abs. 1 S. 1 SGB V, da die Rentenversicherung diese vollständig einbehalten und an die jeweilige Krankenkasse auszahlen muss, während der Anspruch auf anteiligen Zuschuss zur Kranken- und Pflegeversicherung, deren Höhe sich nach § 106 Abs. 2 S. 1 SGB V i.V.m. § 241 SGB V richtet, im Falle des Klägers neben die Altersrente tritt. Die Tatsache, dass die Rentenversicherung nicht den vollen bzw. nach dem Begehren des Klägers den hälftigen freiwilligen Beitrag, sondern beanstandungsfrei in Höhe des halben Betrages, der sich aus der Anwendung des allgemeinen Beitragssatzes der gesetzlichen Krankenversicherung zuzüglich des kassenindividuellen Zusatzbeitrages auf den Zahlbetrag der Rente ergibt (1/2 von 14,6 % der beitragspflichtigen Einnahmen), übernimmt, entspricht der gesetzlichen Vorgabe.  Zweifel  an  ihrer  Verfassungsmäßigkeit drängen sich nicht auf, da die unterschiedliche Behandlung der eingangs dargestellten Vorgänge in der Verschiedenheit der Versicherungssysteme gründet. Ein Verstoß gegen den verfassungsrechtlich eingeräumten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erscheint ebenfalls nicht naheliegend. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Kranken- ­und Pflegekasse des Klägers die Beiträge zur freiwilligen Versicherung bereits anhand der Mindestbemessungsgrenze errechnet. Sofern er der Ansicht ist, dass die Höhe des geforderten monatlichen Beitrages inkorrekt ermittelt wurde, hat er sich mit diesem Ansinnen an die Kranken- und Pflegekasse zu wenden.

 

Schließlich ist der Hauptantrag zu 2) hinsichtlich des Feststellungsantrages bereits unzulässig. Dieser ist zwar nach § 55 Abs. 1 Nr. 4 SGG statthaft, da nach Würdigung des klägerischen Vorbringens im Rahmen des Verfahrens davon auszugehen ist, dass der  Kläger die Feststellung der auf einem Verstoß gegen das Grundgesetz beruhenden Nichtigkeit des Verwaltungsaktes begehrt, vorliegend mangelt es dem Antrag jedoch am für die Annahme der Zulässigkeit notwendigen berechtigten Feststellungsinteresse (vgl. hierzu Senger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Auflage 2017, § 55 Rn. 56, juris), da die begehrte Feststellung bereits Gegenstand des Hauptantrages geworden ist. Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer angefochtenen Entscheidung stellt sich auch inzident die Frage, ob die Entscheidung, soweit der Umfang der Überprüfbarkeit reicht, im Einklang mit der Verfassung steht.

 

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat es das Gericht mangels erkennbarer entsprechender Verstöße nicht für erforderlich erachtet, den Rechtsstreit zum Zwecke der Vorlage  an  das  Bundesverfassungsgericht  auszusetzen. Auch ist zweifelhaft, aus welchen Gründen eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union notwendig wäre. Dieser bedarf es lediglich bei Zweifeln über die Auslegung der Verträge· oder über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstige Stellen der Union (Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union). Dahingehend hat sich der Kläger nicht geäußert, vielmehr beschränken sich seine Beanstandungen auf innerstaatliche Vorgänge. Ebenso wenig erscheint die Zulassung einer Sprungrevision zum Bundessozialgericht angezeigt, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, noch liegt eine Abweichung von einer obergerichtlichen Rechtsprechung vor.

 

Auch ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, ist nicht ersichtlich.

 

Die Klage konnte nach alledem keinen Erfolg haben.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf§ 105 Abs. 1 S. 3 i.V.m. §§ 183, 193 SGG.“

 

Gegen das ihm am 28.03.2020 gegen Postzustellungsurkunde im Wege der Niederlegung zugestellte Urteil hat der Kläger mit Schreiben vom 27.07.2020 – Eingang beim Sozialgericht Köln am 30.07.2020 – Berufung eingelegt und hierzu vorgetragen, er sei wegen einer Corona-Isolation in Nordafrika an der Kenntnisnahme des Gerichtsbescheids gehindert gewesen.

 

Durch Beschluss des Senats vom 12.10.2020 ist dem Kläger die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG gewährt worden.

 

Der Kläger trägt vor, die Rente gehöre zu den grundrechtlich geschützten Vermögenspositionen des Versicherten, der Ansprüche lebenslang angespart habe. Für versicherte Geringverdiener sei der Zuschuss zu den freiwilligen Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung unsozial. Die Erhöhung der Rente erfolge gemessen an der Lohnentwicklung im Übrigen verspätet. Der Erhöhungszeitpunkt erfolge in unzulässiger Weise mit sechsmonatiger Verspätung, weil die Renten auf den Jahresdurchschnittsverdiensten vom 1. Januar bis zum 31. Dezember des Vorjahres beruhten, die Berücksichtigung der Rentenanpassung erfolge jedoch erst zur Jahresmitte des Folgejahres. Er beanspruche als praktische Maßnahme daher insbesondere die Nachzahlung ab dem 1. Januar des jeweiligen Jahres und einen 50-prozentigen Beitragszuschuss zur Krankenversicherung auf Basis der Rentenhöhe.

 

Der Kläger hat im Übrigen auf ein von ihm geführtes Verfahren zur Höhe der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung verwiesen; Aktenzeichen beim Sozialgericht Köln: S 36 KR 603/17. Der Senat hat die Akte, die unterdessen im Berufungsverfahren im 5. Senat zum Aktenzeichen L 5 KR 581/21 geführt wird, beigezogen.

 

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 26.03.2020 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 19.05.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2018 zu verurteilen, ihm die höhere Altersrente gemäß der Rentenanpassungsmitteilung vom 19.05.2018 bereits ab dem 01.01.2018 auszuzahlen und ihm hieraus höhere Zuschüsse zum freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag zu leisten.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie ist der Auffassung, das Vorbringen des Klägers sei bereits im Widerspruchs- und Klageverfahren bekannt gewesen. Neues Vorbringen sei dem nicht zu entnehmen.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte, der Verwaltungsakten der Beklagten und auch der beigezogenen Akte zum Verfahren L 5 KR 581/21 (S 36 KR 603/17) Bezug genommen.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere durch die gewährte Wiedereinsetzung fristgerecht erhoben.

 

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Rentenanpassungsbescheid vom 19.05.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.10.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.

 

Verfahrensgegenstand ist nach der protokollierten und vom Kläger genehmigten Antragstellung im Verhandlungstermin am 29.04.2022 – unter  begehrter Aufhebung des angefochtenen Rentenanpassungsbescheides vom 09.05.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.10.2018 – alleine eine frühere Auszahlung der erhöhten Rente bereits ab dem 01.01.2018 und eine Bewilligung höherer Zuschüsse zum freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag. Statthafte Verfahrensart ist insoweit die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG.

 

Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf Auszahlung seiner höheren Altersrente gemäß der Rentenanpassungsmitteilung vom 19.05.2018 bereits ab dem 01.01.2018 (hierzu unter 1.); auch hat der Kläger keinen Anspruch auf höhere Zuschüsse zum freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag. Die von der Beklagten festgesetzte Erhöhung der Zuschüsse in Anlehnung an die erhöhte Rente ab 01.07.2018 ist nicht zu beanstanden (hierzu unter 2.).

 

1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Auszahlung seiner höheren Altersrente gemäß der Rentenanpassungsmitteilung vom 19.05.2018 bereits ab dem 01.01.2018.

 

Der Senat lässt offen, ob dieser Verfahrensgegenstand überhaupt zulässiger Gegenstand im Berufungsverfahren sein kann, denn der Kläger hat einen entsprechenden Antrag im Klageverfahren noch nicht gestellt. Jedenfalls aber hat der Kläger auf die begehrte frühere Auszahlung ab 01.01.2018 keinen Anspruch.

 

Die Auszahlung der (ggf. höheren) Renten nach der Rentenanpassung erfolgt jeweils ab dem 1. Juli des Folgejahres auf der Grundlage der Lohnentwicklung. Dies ergibt sich einfachgesetzlich aus der Rechtsgrundlage des § 65 SGB VI, die materiell-rechtlich die Rentenanpassung zum jeweils 1. Juli eines Jahres regelt, in Verbindung mit § 69 SGB VI, der der Bundesregierung in Abs. 1 die Verordnungsermächtigung gibt, mit Zustimmung des Bundesrates den zum 1. Juli eines Jahres maßgebenden aktuellen Rentenwert und den Ausgleichsbedarf bis zum 30. Juni des jeweiligen Jahres zu bestimmen.

 

Die (Neu)Festsetzung der Rentenerhöhung des Klägers unter Berücksichtigung des höheren Rentenwertes zum 01.07.2018 mit dem hier angegriffenen Bescheid vom 19.05.2018 entspricht diesen gesetzlichen Vorgaben.

 

Die Umsetzung der einfachgesetzlichen Vorgaben einer entsprechenden Erhöhung zum 01.07.2018 ist auch (verfassungs-)rechtlich nicht zu beanstanden, da hierfür ein sachlicher Grund aufgrund der benötigten Zeit bei der Erhebung der statistischen Daten gegeben ist. Die Vorgabe des § 69 Abs. 1 SGB VI, wonach der aktuelle Rentenwert durch Verordnung bis zum 30. Juni des jeweiligen Jahres zu bestimmen ist und anschließend die Renten gemäß § 65 SGB VI zum 1. Juli eines jeden Jahres angepasst werden, ergibt sich zwingend aus verfahrenstechnischen Gründen. Ein etwaiger Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte Recht des Eigentums nach Art. 14 Grundgesetz (GG) ist daher gerechtfertigt.

 

Mit Wirkung zum 01.01.2012 wurde durch Art. 4 des Vierten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22.12.2011 (BGBl. I S. 3057) u.a. in Abs. 1 Satz 1 des § 69 SGB VI (Verordnungsermächtigung) die Worte "bis zum 30.6. des jeweiligen Jahres" eingefügt und Satz 2 gestrichen. Der gestrichene Satz 2 lautete bis dahin „Die Bestimmung (Anm.: des maßgebenden aktuellen Rentenwert) soll bis zum 31. März des jeweiligen Jahres erfolgen.“

 

Mit der gesetzlichen Änderung hat der Gesetzgeber für die Fortschreibung des aktuellen Rentenwerts und des Ausgleichsbetrags den Erlasszeitpunkt vom 31.03. des jeweiligen Jahres auf den 30.06. eines Jahres verlegt und damit dem Umstand Rechnung getragen, dass das Statistische Bundesamt und die Deutsche Rentenversicherung Bund die hierfür notwendigen Daten immer erst frühestens im März des jeweiligen Jahres vorlegen und der Gesetzgeber daher der ursprünglichen Anforderung, die entsprechende Verordnung bereits zum 31.03. des jeweiligen Jahres vorzulegen, nicht genügen konnte (BT-Drs. 17/6764 S. 21). Die Vorbereitungen indes erfolgen dann bereits ab März, um dem berechtigten Interesse der Rentner, frühzeitig ihre Rentenanpassungsmitteilung zu erhalten, genügen zu können (vgl. zu diesem Bestreben auch die DRV in GRA der DRV zu § 69 SGB VI, Stand: 23.1.2018, Anm. 2). Angesichts der erheblichen Aufgabe der statistischen Aufbereitung der Daten ist daher die Verlegung der Bestimmung des neuen aktuellen Rentenwerts nach § 69 Abs. 1 SGB VI – und damit die schon immer in § 65 SGB VI geregelte Rentenanpassung zum jeweils 1. Juli des Folgejahres – nicht zu beanstanden und aus verwaltungstechnischen Gründen auch nicht anders umzusetzen.

 

Das Bundesverfassungsgericht hat im Übrigen zur materiell-rechtlichen Grundvorschrift – § 65 SGB VI – mehrfach auch sog. „Nullrunden“ der Rentenanpassung und dabei insbesondere auch den Zeitpunkt der Rentenerhöhung jeweils zum 1. Juli des Folgejahres nicht beanstandet (so für die Nullrunde im Jahre 2004: BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 26.07.2007, 1 BvR 824/03, 1 BvR 1247/07; und für die Nullrunde im Jahr 2005:  BVerfG, Nichtannahmebeschluss v. 03.06.2014, 1 BvR 79/09, 1 BvR 1235/09, 1 BvR 1298/09, 1 BvR 1701/09, 1 BvR 3148/10).

 

2)  Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf einen höheren Zuschuss zum freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag. Die von der Beklagten festgesetzte Erhöhung der Zuschüsse in Anlehnung an die erhöhte Rente ab 01.07.2018 ist nicht zu beanstanden.

 

Das Begehren höherer Zuschüsse zu den freiwilligen Beiträgen des Klägers zur Kranken- und Pflegeversicherung ist – wie das Sozialgericht Köln zutreffend im Gerichtsbescheid vom 26.03.2020 ausgeführt hat – ein zulässiges Begehren im Zuge des hier angegriffenen Bescheides vom 19.05.2018. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 19.05.2018 die jährliche Rentenanpassung vorgenommen und auch entsprechend der mit der Rentenanpassung einhergehenden Erhöhung der Rente höhere Zuschüsse zu den vom Kläger zu tragenden freiwilligen Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung bewilligt. Solche Entscheidungen enthalten gegenüber den Rentenbewilligungsbescheiden allerdings selbstständig anfechtbare Verfügungen lediglich in Form der wertmäßigen Fortschreibungen eines bereits zuerkannten Werts des Rechts auf Rente durch Feststellung des Veränderungsfaktors und damit einhergehend auch nur eine selbständige Regelung über die Anpassung der Zuschüsse. Auf diese Regelungsgegenstände beschränkt sich dann auch die gerichtliche Überprüfung.

 

Die Beklagte hat mit dem angegriffenen Bescheid die einfachgesetzlichen Regelungen zur Erhöhung angewendet und unter Berücksichtigung von § 106  Abs. 1 und 2 SGB VI zutreffend die Rentenerhöhung auf der Grundlage des höheren Rentenwerts auch beim Zuschuss umgesetzt.

 

Auch wenn die Regelung des § 106 SGB VI in dem hier geführten Rentenanpassungsverfahren selbst nicht Gegenstand des Verfahrens ist und sich der Verfahrensgegenstand auf  die Anfechtbarkeit des abändernden Umfangs beschränkt, weist der Senat ergänzend darauf hin, dass die Vorgaben des § 106 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit Abs. 2 S. 1 SGB VI auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind und auch für Geringverdiener keinen unzulässigen Eingriff in das geschützte Eigentumsrecht nach Art. 14 GG oder in den Grundsatz der Gleichbehandlung nach Art. 3 GG darstellen. Der Zuschuss richtet sich nach § 106 Abs. 2 S. 1 SGB VI ausschließlich nach dem Zahlbetrag der Rente. Der Gesetzgeber knüpft daher den Zuschuss an dieselben Grundsätze an, wie sie schon für die Bewilligung der Rente gelten. Damit greift § 106 Abs. 2 S. 1  SGB VI das in § 63 Abs. 1 SGB VI niedergelegte und das Rentenrecht beherrschende Äquivalenzprinzip auf. Sinn der Regelung ist die Festschreibung des rentenrechtlichen Prinzips der Lebensleistung. Das prägende Prinzip der Teilhabeäquivalenz besagt, dass die Rangordnung der Rentenleistung grundsätzlich der Rangordnung der versicherten Einkommen folgt. Erreicht wird das durch die Beitragsbezogenheit, da sich die Höhe der Rente grundsätzlich am versicherten Einkommen orientiert. Wer lange hohe Beiträge zahlt, erhält regelmäßig eine höhere Rente. Ausdruck findet diese eigene Beitragsleistung in den persönlichen Entgeltpunkten. Deshalb stellt eine niedrigere Rente für Geringverdiener ebenso wenig einen verfassungswidrigen Eingriff in das Eigentumsrecht nach Art. 14 GG dar, wie die entsprechend niedrigen Zuschüsse nach § 106 Abs. 1 und 2 SGB VI. Gleiches gilt auch für den Grundsatz der Gleichbehandlung. Soweit der Kläger einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung nach Art. 3 GG geltend macht und hierzu vorträgt, er sei gegenüber Normalverdienern insoweit benachteiligt, greift der Grundsatz, dass Ungleiches nicht gleichbehandelt werden darf. In Anlehnung an höhere Beiträge erhalten Versicherte dementsprechend höhere Rente und folglich auch einen höheren Zuschuss.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

 

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen der §§ 160 Abs. 1 S. 1, 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.

 

Rechtskraft
Aus
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