S 4 SO 17/22 ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Nürnberg (FSB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 4 SO 17/22 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 18 SO 150/22 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

  I. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.
 II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.


G r ü n d e:


I.
Im vorliegenden Verfahren, geht es um die Frage, ob der Antragsteller (nachfolgend: "ASt") gegenüber dem Antragsgegner (nachfolgend "Agg") Anspruch auf aufstockende Leistungen nach dem 4. Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) über den 31.12.2021 hinaus hat. Darüber hinaus macht der ASt die Erstattung von Kosten anlässlich seines Umzuges geltend (u.a. für Hotel, Tanken, Umzugsunternehmen). Ebenso begehrt er die Erstattung von 6.000,00 €, welcher er aufgrund einer "Übereinkommenserklärung" an seinen ehemaligen Vermieter bzw. dessen Ehefrau gezahlt hat.

1.)
Der am XX.XX.XXXX geborene ASt befand sich seit Mai 2017 beim Agg im Bezug von aufstockenden Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII. Bis Anfang Dezember 2021 bewohnte der ASt eine Wohnung unter der Adresse  R.-Straße in R. an der P.. Zuletzt wurden dem ASt mit Bescheid vom 16.04.2021 Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII unter Anrechnung der gewährten gesetzlichen Regelaltersrente für den Zeitraum von Mai 2021 bis April 2022 gewährt. Im Rahmen der Bedarfsberechnung berücksichtigte der Agg unter anderem die sog. kalten Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe von monatlich 450,00 € sowie einen Mehrbedarf für Warmwasseraufbereitung, nachdem diese dezentral betrieben wurde. Auf die Bedarfsberechnung im Ausgangsbescheid wird Bezug genommen.
Gegen den Bescheid vom 16.04.2021 legte der ASt mit Schreiben vom 17.05.2021 Widerspruch ein, welcher mit Widerspruchsbescheid vom 21.07.2021 zurückgewiesen wurde. Die hiergegen erhobene Klage, in der es wie in den Klagen für vorangegangene Leistungszeiträume um dieselben sich fortlaufend wiederholenden Begehren ging (Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung, weitere Kosten für Warmwasseraufbereitung in unbezifferter Höhe, Einlagerungskosten sowie höherer Heizkosten in nicht bezifferter Höhe) wurde mit rechtskräftigem Gerichtsbescheid vom 11.11.2021 abgewiesen (S 4 SO 164/21).

2.)
Die Wohnung des ASt in R. ist Anfang Dezember 2021 zwangsgeräumt worden. Unter dem 14.12.2021 teilte der ASt dem Agg mit, dass er nicht mehr in seiner Wohnung in R. wohne und stellte Antrag auf Übernahme einer Mietkaution, Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten. Mit weiterem Schreiben vom 14.12.2021 erläuterte der ASt, dass er seit dem 03.12.2021 in einem Hotel bzw. einer Pension wohne. Der ASt weigert sich, seit der Räumung der Wohnung in R. beharrlich, sowohl dem Agg als auch dem Gericht die derzeitige ladungsfähige Anschrift mitzuteilen und verweist auf seine im Rubrum aufgeführte Postfachadresse
Der Agg hob mit Bescheid vom 23.12.2021 den Bewilligungsbescheid vom 16.04.2021 für die Zeit ab dem 01.01.2022 auf. Zur Begründung führte er aus, dass der Ausgangsbescheid nach § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) aufgehoben werde. Denn nach Mitteilung des ASt wohne dieser (seinerzeit) in einem Hotel bzw. in einer Pension. Die Kosten der Unterkunft und der Mehrbedarf für Warmwasseraufbereitung könnten daher nicht mehr im Rahmen der Bedarfsberechnung berücksichtigt werden. Das noch zur Verfügung stehende Einkommen in Form der monatlichen gesetzlichen Regelaltersrente übersteige nunmehr den nachgewiesenen Bedarf, so dass ab Januar 2022 keine aufstockenden Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII mehr gewährt würden. Überdies habe der ASt nicht nachgewiesen, dass er sich überhaupt noch im Zuständigkeitsbereich des Agg aufhalte. Die Leistungen würden daher ab dem 01.01.2022 abgelehnt. Sofortvollzug ordnete der Agg im Bescheid vom 23.12.2021 oder später nicht an. Gegen den Bescheid vom 23.12.2021 legte der ASt unter dem 08.01.2022 Widerspruch ein.

3.)
Unter dem 17.01.2022 teilte der ASt dem Agg mit, dass es ihm gelungen sei, eine Wohnung in L. zu finden. Das Mietverhältnis beginne am 16.01.2022. Die Wohnung sei ca. 50 qm groß und werde mit Strom beheizt. Die Grundmiete betrage monatlich 520,00 €, die Nebenkosten belaufen sich auf monatlich 190,00 €. Eine Zustimmung zum Abschluss des Mietvertrages wurde von Seiten des ASt beim Agg trotz umfassender Hinweise in den jeweiligen Bewilligungsbescheiden und trotz des ausführlichen Hinweises der zuständigen Sachbearbeiterin im Telefonat am 14.12.2021 und trotz des nochmaligen Hinweises am 20.12.2021 in Fettschrift nicht eingeholt. Ein entsprechender Hinweis erfolgt nochmals im Bescheid vom 23.12.2021. Mit Schreiben vom 21.01.2022 teilte der ASt dem Agg mit, dass er erst drei Wochen nach der Räumung über die Notwendigkeit der Zustimmung zum Umzug informiert worden sei. Zudem habe er gegen den Gerichtsvollzieher Strafanzeige erstatten müssen. Diese Umstände hätten schließlich dazu geführt, dass er weder eine Zustimmung zu den Umzugs- und Übernachtungskosten und auch nicht zum neuen Mietvertrag habe einholen können. Überdies habe die Polizei ihm geraten, seine neue Wohnungsadresse nicht mitzuteilen. Zudem habe er den Umzug nunmehr alleine durchgeführt und habe sich hierfür einen Bus anmieten müssen. Aufgrund dessen seien ihm folgende Kosten entstanden, deren Erstattung er von Seiten des Agg begehre:
>  Übernachtungskosten (03.12.2021 bis zum 16.01.2022)                        1.050,00 €
>  Einlagerungskosten bei der Firma M.                                                            369,08 €
>  Beschaffungskosten für Kartons (u.a.), M.                                                       63,12 €
>  Umzugskosten gemäß Rechnung der Firma "P."                                        600,00 €
>  Rechnung des Pannendienstes "D."                                                               583,10 €
> Tankkosten                                                                                                           105,71 €
> Bußgeld                                                                                                                  55,00 €
> Transportmittelabrechnung Firma O.                                                          120,00 €
> Reparaturkosten                                                                                               206,74 €

Anhand der vorgelegten Rechnungen ist ersichtlich, dass viele Teile der Gesamtkosten in bar beglichen wurden. Darüber hinaus wies der ASt im Schreiben vom 21.01.2022 auf eine "Übereinkommenserklärung" hin. Nach dieser verpflichtete sich der ASt zur Abgeltung aller noch offenen Verbindlichkeiten gegenüber seinem ehemaligen Vermieter einen Betrag von 5.000,00 € zu zahlen. Unter Ziffer 1 findet sich unter anderem folgende Erklärung: "Mit unten geleisteter Unterschrift ist der Empfang einer Summe von 5.000,- EUR in bar verbindlich quittiert."
Unter Ziff. 2 verpflichtete sich der ASt zudem zur Zahlung eines weiteren Betrages von 1.000,00 € an die Ehefrau seines ehemaligen Vermieters. Insoweit heißt es: "Mit unten geleisteter Unterschrift gilt der Empfang einer Summe von 1.000,- EUR in bar verbindlich quittiert." Diese "Übereinkommenserklärung" wurde zwischen dem ehemaligen Vermieter, dessen Ehefrau und den Bruder des ASt in Vertretung für diesen abgeschlossen. Die Vereinbarung datiert vom 11.12.2021. Der Gesamtbetrag von 6.000,00 € wurde von Seiten des ASt im Schreiben vom 21.01.2022 ebenfalls gegenüber dem Agg geltend gemacht.
Darüber hinaus legte der ASt mit dem Schreiben vom 21.01.2021 einen Mietvertrag vom 16.01.2022 über eine Wohnung vor, von der der ASt behauptet, diese zu bewohnen. Die genauen Adressdaten sind geschwärzt. Ausweislich des Mietvertrages beträgt die Grundmiete monatlich 520,00 €, Nebenkosten fallen insgesamt 190,00 € monatlich an. Die Kaution beläuft sich auf 1.500,00 €
Unter dem 27.01.2022 legte das Hotel "XXX." schließlich beim Agg noch eine Rechnung in Höhe von 240,00 € an Übernachtungskosten im Zeitraum vom 31.12.2021 bis 08.01.2022 vor.

4.)
Im Zuge der Zwangsräumung der früheren Wohnung in R. ist dem Agg eine Vereinbarung zur Kenntnis gebracht worden, welche zwischen dem ASt und dessen Bruder zur Abgeltung etwaiger Erbansprüche aus dem Nachlass der im Jahr 2012 verstorbenen gemeinsamen Mutter abgeschlossen wurde. In dieser Vereinbarung verpflichtete sich der Bruder des ASt, an diesen eine Betrag in Höhe von 29.500,00 € zu zahlen. Der Empfang der 29.500,00 € ist durch den ASt quittiert. In dieser Vereinbarung verpflichtete sich der ASt auf Erstattung von Strafanzeigen gegenüber einem Richter wegen vermeintlicher Rechtsbeugung sowie auf die Fortführung eines Zivil- und Strafverfahrens gegenüber einer Bankangestellten. Darüber hinaus verzichtete der ASt auf die Überprüfung der Geschäftsfähigkeit seiner Mutter bei Abschluss eines Überlassungsvertrages im Jahr 1997 sowie auf Schadensersatzansprüche gegenüber einem Notar. Ferner verzichtete der ASt auf Ansprüche aus einem Bausparvertrag und einer Lebensversicherung seiner Mutter. Abschließend ist ausgeführt: "Dem Betrag dieser Vereinbarung liegt zugrunde, was für dieses Anwesen in N., S. zu erzielen sein dürfte."
Darüber hinaus findet sich in der Akte eine weitere Vereinbarung, welche zwischen dem ASt und dessen Bruder abgeschlossen wurde. Aus dieser geht hervor, dass der ASt bereits im Rahmen eines gerichtlichen Vergleiches am 28.09.2016 einen Betrag in Höhe von 10.000,00 € erhalten habe. Um einer weiteren gerichtlichen Auseinandersetzung aus dem Weg zu gehen, habe sich sein Bruder bereit erklärt, nunmehr die 29.500,00 € zu bezahlen. Im Gegenzug verpflichtete sich der ASt auf weitere Forderungen in der Nachlasssache seiner Mutter zu verzichten. Darüber hinaus geht aus dem vorletzten Absatz hervor, dass der ASt in der Vergangenheit einen Betrag aus dem Nachlass seines Vaters erhalten habe. Die genaue Höhe ist in der Vereinbarung nicht aufgeführt.

5.)
Nachdem seitens des Agg die Zahlungen nicht wieder aufgenommen wurden und keine neue Leistungsbewilligung erfolgt ist, hat der ASt unter dem 16.02.2022 einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nebst Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zum angerufenen Gericht gestellt. Dem Schreiben vom 16.02.2022 ist zu entnehmen, dass er für die Zeit ab Januar 2022 weiterhin aufstockende Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII von Seiten des Agg begehrt. Darüber hinaus geht es ihm um die Übernahme der beim Agg geltend gemachten Kosten aufgrund seines Umzuges. Der ASt beantragt
a.)  Den Agg im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm für die Zeit ab Januar 2022 aufstockende Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft für seine neue Unterkunft in Höhe von monatlich 710,00 € zu gewähren.
Hilfsweise: Festzustellen, dass der Widerspruch vom 08.01.2022 gegen den Bescheid vom 23.12.2021 aufschiebende Wirkung hat

b.) Den Agg im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm folgende Kosten zu erstatten
> Übernachtungskosten (03.12.2021 bis zum 16.01.2022)                            1.050,00 €
> Übernachtungskosten gemäß Schreiben vom 27.01.2022                            240,00 €
>  Einlagerungskosten bei der Firma M.                                                              369,08 €
>  Beschaffungskosten für Kartons (u.a.), M.                                                        63,12 €
>  Umzugskosten gemäß Rechnung der Firma "P."                                         600,00 €
>  Rechnung des Pannendienstes "D."                                                                583,10 €
> Tankkosten                                                                                                             105,71 €
> Bußgeld                                                                                                                    55,00 €
> Transportmittelabrechnung Firma O.                                                            120,00 €
> Reparaturkosten                                                                                                 206,74 €
> Kosten aus der "Übereinkommenserklärung"                                         6.000,00 €

Der Agg beantragt,
            den Antrag abzulehnen.

Das Gericht hat mit gerichtlichem Schreiben vom 08.02.2022 u.a. in den Klageverfahren S 4 SO 111/21, S 4 SO 192/21 und S 4 SO 75/21 sowohl beim Agg, als auch direkt beim Einwohnermeldeamt der Stadt R. als auch bei der Staatsanwaltschaft N. versucht, die ladungsfähige Anschrift des ASt zu ermitteln. Keiner der Stellen ist der tatsächliche Aufenthaltsort des ASt bzw. dessen ladungsfähige Anschrift bekannt. Das Gericht hat den ASt in den anhängigen Hauptsachverfahren mit ausführlichem Schreiben auf die Unzulässigkeit der Klage hingewiesen. Er wurde unter Fristsetzung von zwei Wochen nochmals aufgefordert, dem Gericht seine ladungsfähige Anschrift mitzuteilen. Dies ist nicht erfolgt. Im hiesigen Verfahren wurde der ASt mit gerichtlichem Schreiben vom 17.02.2022 ebenfalls gebeten, die derzeitige ladungsfähige Anschrift mitzuteilen. Auf die Unzulässigkeit des Antrages wurde bei fehlender Mitteilung hingewiesen. Unter dem 16.04.2022 legte der ASt im Verfahren S 4 SO 193/21 eine Bestätigung seines derzeitigen Vermieters vor, wonach der ASt eine seiner Wohnungen in L. bewohnen würde. Eine genaue Adresse ist nach wie vor nicht benannt.
Auf das gerichtliche Schreiben vom 09.03.2022 mit der Anfrage, aus welchen finanziellen Mitteln insbesondere die 6.000,00 € an seinen ehemaligen Vermieter und dessen Ehefrau bezahlt wurden und auf die Anfrage nach dem Verbleib der Mittel aus dem Erbschaftsstreit mit seinem Bruder, ist keine Reaktion erfolgt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Verwaltungs- und die Gerichtsakten im hiesigen Verfahren sowie in den Verfahren S 4 SO 111/21, S 4 SO 192/21, S 4 SO 75/21 ER und S 4 SO 164/21 verwiesen.

II.
Die Anträge sind abzulehnen, da sie unzulässig sind.

1.)
Der ASt hat bis zum Erlass dieser Entscheidung keine zustellungsgeeignete (Wohn-) Anschrift angegeben hat. Nach § 90 SGG ist eine Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem zuständigen Gericht zu erheben. Das Ersuchen um Rechtsschutz soll gemäß § 92 Satz 1 und 2 SGG unter anderem die Beteiligten bezeichnen und von dem Kläger oder einer zu seiner Vertretung befugten Person mit Orts- und Tagesangabe unterzeichnet sein. Ein zulässiges Rechtsschutzbegehren setzt des Weiteren voraus, dass im Verfahren auch die Anschrift des Rechtsuchenden genannt wird (BSG, Beschluss vom 18. November 2003, B 1 KR 1/02 S, in juris). Diese allgemeinen Grundsätze für Hauptsacheklagen müssen erst recht für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gelten, vgl. auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Auflage, 2020, SGG, § 86b Rn. 8b.
Der Angabe des Wohnsitzes bzw. Aufenthalts- oder Beschäftigungsortes des Rechtsuchenden bedarf es bereits deshalb, um die örtliche Zuständigkeit des Gerichts feststellen zu können und damit ein Tätigwerden des zuständigen gesetzlichen Richters zu gewährleisten, ferner, um die rechtswirksame Zustellung gerichtlicher Anordnungen und Entscheidungen bewirken zu können (§ 63 Abs. 2 SGG i. V. m. §§ 166 ff. Zivilprozessordnung - ZPO -, vgl. BSG, aaO, Rn. 5). Des Weiteren verlangen kostenrechtliche Gründe (§§ 192, 193 SGG) sowie die Notwendigkeit eines unmittelbaren Zugangs zum Rechtsschutzsuchenden wegen der Sachermittlung die genaue Kenntnis der Wohnanschrift. Denn der Rechtsschutzsuchenden begibt sich mit der Einleitung eines sozialgerichtlichen Verfahrens in eine Rolle, die trotz des Amtsermittlungsprinzips regelmäßig ein Mindestmaß an aktiver Mitwirkung erfordert (vgl. § 103 Satz 1 Halbsatz 2, § 106 Abs. 1, § 111 Abs. 1 SGG); dies ist ohne sichere, auch für den Prozessgegner transparente Kommunikationsmöglichkeiten nicht gewährleistet, vgl. zum Vorstehenden BayLSG, Urteil vom 24.04.2012, Az. L 8 SO 182/11, juris, Rn. 27 m.w.N
Nachdem die derzeitige Wohnadresse des ASt bzw. dessen Aufenthaltsort nach dessen Zwangsräumung Anfang Dezember 2021 nicht bekannt ist (sowohl dem Gericht, als auch der Staatsanwaltschaft, dem Beklagten und dem Einwohnermeldeamt) und sich der ASt beharrlich weigert, seine Adresse mitzuteilen, sind die Anträge unzulässig, worauf das Gericht den ASt mit Schreiben vom 17.02.2022 hingewiesen hat. Das gerichtliche Schreiben vom 17.02.2022 ist dem ASt auch zugegangen, vgl. Bl. 37 SG-Akte.
Ausnahmen von der Pflicht, die Anschrift zu nennen, können nach den Umständen des Einzelfalls nur anerkannt werden, wenn dem Betroffenen dies aus schwerwiegenden beachtenswerten Gründen unzumutbar ist. Solche Umstände hat der ASt hier weder substantiiert vorgetragen, noch sind sie sonst ersichtlich bzw. objektiv nachvollziehbar.
Schließlich reicht auch die Angabe des Postfaches nicht aus. Dies ist keine Anschrift im Sinne des § 92 Abs. 1 SGG (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 13. Auflage, 2020, § 92 Rn. 4 m.w.N, BVerwG, Urteil vom 13. April 1999, 1 C 24/97). Denn nur eine Anschrift ist geeignet, den ASt zu individualisieren. Der Wohnort des ASt bestimmt grundsätzlich die örtliche Zuständigkeit des Gerichts und der Behörde. Mit dem Sinn dieser Bestimmungen wäre es nicht vereinbar, die bundesweit frei wählbare Anschrift eines Postfaches als Wohnungsangabe ausreichen zu lassen. Für die Zustellung ist das Postfach nicht im gleichen Maße geeignet wie eine Wohnungsanschrift Es lässt nur die Zustellung mittels eingeschriebenen Briefes gegen Rückschien, nicht aber eine Zustellung mit Postzustellungsurkunde zu. fällt. Gerichte und auch Behörden müssen über einen zuverlässigen Nachweis darüber verfügen, ob und wann ihre Mitteilungen, Ladungen, Fristbestimmungen den Empfänger erreicht haben
Nachdem eine ladungsfähige Anschrift nicht bekannt ist und der AST deren Mitteilung beharrlich verweigert, fehlt es an der Zulässigkeit der im Tatbestand zugrunde gelegten Anträge.

2.)
Darüber hinaus wäre auch der Antrag - bei hypothetisch unterstellter Zulässigkeit - unbegründet, soweit der ASt aufstockende Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII für die Zeit ab Mai 2022 begehrt.
Nach § 123 Sozialgerichtsgesetz - SGG - entscheidet das Gericht über die vom Kläger - hier ASt- erhobenen Ansprüche ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Dabei geht das Gericht von dem aus, was der Antragsteller mit dem Antrag erreichen möchte. Im Zweifel wird dieser den Antrag stellen wollen, der ihm ab besten zum Ziel verhilft. Bei der Auslegung sind das gesamte Vorbringen und alle ihm bekannten Umstände zu berücksichtigen. Das Gericht muss also klären, welche Anträge gestellt werden sollen. Das Gericht ist an die Fassung der Anträge nicht gebunden, wohl aber an das vom Antragsteller Gewollte. Im Zweifel wird der Antragstellers den Antrag stellen wollen, der ihm am besten zum Ziel verhilft (Meistbegünstigungsprinzip). Diese Regelung gilt auch für eine Entscheidung durch Beschluss (vgl. Keller in Meyer-Ladewig, SGG, 12. Auflage, 2017, § 123 Rn. 3 ff., § 142 Rn. 3a).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist zu prüfen, welcher Antrag der ASt am besten zum Ziel verhilft. Nachdem der Ausgangsbescheid vom 16.04.2021 aufgrund der Entscheidung im Verfahren S 4 SO 164/21 bestandskräftig geworden ist, war ein erneuter Widerspruch gegen den Bescheid vom 23.12.2021 - wie vom ASt am 08.01.2022 eingelegt - statthaft. Da der Agg den Sofortvollzug nicht angeordnet hat (§ 86a Abs. 2 Nr. 5 SGG) und daher der Widerspruch aufschiebende Wirkung hat (§ 86a Abs. 1 Satz SGG), wäre eigentlich der Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung statthaft (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG analog), soweit die mit Bescheid vom 23.12.2021 entzogenen Leistungen bis April 2022 betroffen sind. Nachdem jedoch im Ausgangsbescheid vom 16.04.2021 geringere Leistungen bewilligt wurden, als der ASt nunmehr aufgrund der höheren Kosten der Unterkunft begehrt, ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vorrangig statthaft, § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG, da diese dem ASt ausgehend von seinem Begehren am besten zum Ziel verhilft. Mit dem Antrag auf deklaratorische Feststellung der aufschiebenden Wirkung hätte der ASt nur die Leistungen, die ihm ursprünglich bewilligt wurden, und damit weniger als begehrt.
Der ASt hat einen Anordnungsanspruch für die Zeit ab Februar 2022 (Monat des Eingangs des hiesigen Verfahrens) nicht glaubhaft gemacht. Danach sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Bezüglich des zu fordernden Überzeugungsgrades verweist § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG insbesondere auf § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO), wonach (Hauptsache-) Anspruch und Anordnungsgrund glaubhaft, also überwiegend wahrscheinlich zu machen sind. Vor dem Hintergrund des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 103 SGG) stellt sich die in § 920 Abs. 2 ZPO genannte Glaubhaftmachung als Überzeugungsgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit im Sinne eines objektiven Beweismaßes, also ohne subjektive bzw. persönliche Beweisführungslast dar. Ausgehend hiervon setzt der Erlass einer einstweiligen Anordnung damit voraus, dass der Hauptsacheanspruch dem Antragsteller mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zusteht (Anordnungsanspruch) und dass der Antragsteller im Zeitraum bis zu einer Hauptsacheentscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine über Randbereiche hinausgehende Rechtsverletzung im Sinne eines wesentlichen Nachteiles droht (Anordnungsgrund, vgl. zum Vorstehenden zusammenfassend Krodel in Krodel/Feldbaum, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 4. Auflage, 2017, Rn. 337 ff. m.w.N.). Liegen mithin Anordnungsanspruch und -grund in diesem Sinne vor, dann hat der Eilantrag Erfolg. Eine Güter- und Folgenabwägung erübrigt sind in diesem Fall
Werden diese gesetzlich vorgeschriebenen überwiegenden Wahrscheinlichkeiten nicht erreicht, hat ein Güter- und Folgenabwägung zu erfolgen: Droht bei Ablehnung des Eilantrags unter Berücksichtigung des Rechtsschutzziels eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, weil schwere, über den wesentlichen Nachteil hinausgehende Beeinträchtigungen möglich sind, dann hat eine verfassungskonforme Auslegung des § 86b Abs. 2 SGG geboten. Die Verhältnismäßigkeit ist im jeweils zur Entscheidung stehenden Einzelfall dann durch einen offene Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der festgestellten Wahrscheinlichkeitsgrade zu gewährleisten. Auch hier sind die Vorgaben des § 86b Abs. 2 SGG zu beachten. Die Erfolgsaussichten sind nach Feststellung der Möglichkeit eines prospektiven Hauptsacherfolgs und der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen nach offener Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Falls, insbesondere der bei der Stattgabe und Ablehnung des Eilantrags jeweils drohenden Folgen zu entscheiden. Von dem eingangs dargestellten objektiven Beweismaß darf in diesen Fällen aus verfassungsrechtlichen Gründen, nämlich zur Vermeidung einer Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu Gunsten des jeweiligen Antragstellers abgewichen werden. Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer Beeinträchtigung und die Wahrscheinlichkeit des Hauptsacheerfolgs werden seitens des prüfenden Gerichts ohne Bindung an das Beweismaß der überwiegenden Wahrscheinlichkeit in Relation gesetzt zur Schwere der drohenden Beeinträchtigung. Zusammenfassend sind bei einer vorzunehmenden Güter- und Folgenabwägung die in die Entscheidung einzubeziehenden Abwägungselemente des Hauptsacheerfolgs und der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigung im Rahmen einer offenen Abwägung zu gewichten (vgl. hierzu unter anderem BVerfG vom 25.07.1996, Az. 1 BvR 638/96, vom 22.11.2002, Az. 1 BvR 1586/02 und insbesondere vom 06.08.2014, Az. 1 BvR 1453/12). Um den Eilantrag stattgeben zu können, kann damit bei entsprechender Schwere der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigung bereits die bloße Möglichkeit des Bestehens eines Hauptsacheanspruchs ausreichen, vgl. zum Vorstehenden Krodel in Krodel/Feldbaum, aaO, Rn. 337 ff. m.w.N.). Um den Eilantrag unter Orientierung an der Hauptsache ablehnen zu können, ist bei entsprechender Schwere der ohne Eilrechtsschutz möglichen Beeinträchtigungen ggf. schon im Eilverfahren eine abschließende Prüfung der Hauptsache durchzuführen (vgl. BVerfG, 12.05.2005, Az. 1 BvR 569/05, juris, Rn. 25.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist - über die fehlende Zulässigkeit des Antrages hinaus (s.o.) - ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht: Zwar erfüllt der ASt dem Grunde nach die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen des § 41 SGB XII. Er hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und kann seinen Bedarf nicht in vollem Umfang aus eigenem Einkommen in Form der ihm gewährten Rente decken, §§ 41 Abs. 1, 43, 82 ff., SGB XII. Ebenfalls hat er die Altersgrenze erreicht, § 41 Abs. 2 SGB XII. Allerdings hat er im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht glaubhaft gemacht, dass er über kein Vermögen verfügt, welches zudem nicht nach § 90 Abs. 2 SGB XII privilegiert ist. So geht aus der Vereinbarung mit seinem Bruder hervor, dass der ASt neben den 29.500,00 € bereits vorher im Rahmen eines gerichtlichen Vergleiches 10.000,00 € erhalten hat. Der Empfang wurde quittiert. Das Gericht hat den ASt mit gerichtlichem Schreiben vom 09.03.2022 um Mitteilung gebeten, ob diese Mittel noch vorhanden sind. Eine Reaktion auf dieses Schreiben ist - trotz Erinnerung - nicht erfolgt. Der ASt hat mithin nicht glaubhaft gemacht, dass dieses Vermögen verbraucht wurde. In diesem Zusammenhang gilt es ebenfalls zu berücksichtigen, dass der ASt in der Lage war, nicht nur Kosten im Zusammenhang mit seinem Umzug in bar zu begleichen, sondern sogar einen Betrag von insgesamt 6.000,00 € an seinen ehemaligen Vermieter bzw. dessen Ehefrau aufzubringen vermochte. Es ist nicht substantiiert dargelegt - und überdies nicht glaubwürdig - dass keine Gelder mehr vorhanden sind. Der ASt wird sich daher gegenüber dem Agg erklären müssen, was mit den Gelder geschehen ist und wie er in der Lage war größere Beträge, insbesondere die 6.000,00 € aufzubringen. Ohne jegliche Mitwirkung kann er nicht damit rechnen, weitere steuerfinanzierte Leistungen zu erhalten. Schließlich erscheint ein Anspruch nach derzeitigem Sach- und Streitstand auch nicht als möglich. Der ASt bleibt jegliche Antwort zum Verbleib der Gelder schuldig. Es ist nicht Sinn und Zweck eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens dem ASt steuerfinanzierte Leistungen zuzusprechen, deren Erhalt er selbst durch schlichte Mitwirkung erreichen kann.
Nach alledem wäre der Antrag - soweit der ASt Leistungen ab Mai 2022 begehrt - bei unterstellter hypothetischer Zulässigkeit auch unbegründet. Für die Zeit bis April 2022 wäre der im Tatbestand hilfsweise zugrunde gelegte Antrag auf deklaratorische Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruches vom 08.01.2022 zwar statthaft (zumindest insoweit, als dass die ursprünglichen Leistungen bis April 2022 begehrt werden) und würde aufgrund der kraft Gesetzes bestehenden aufschiebenden Wirkung, § 86a Abs. 1 Satz 1 SGG, teilweise zum Ziel dergestalt verhelfen, als dass der Agg die Leistungen aufgrund der aufschiebenden Wirkung wieder erbringen müsste. Nachdem jedoch der Antrag generell unzulässig (s.o.) ist, war dies im Tenor nicht auszusprechen.

3.)
Darüber hinaus wäre auch der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG unbegründet, soweit der ASt die Erstattung diverser Kosten für seinen Umzug und die Erstattung der 6.000,00 € aufgrund der "Übereinkommenserklärung" mit seinem ehemaligen Vermieter bzw. dessen Ehefrau begehrt. Insoweit ist zunächst ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Der Anordnungsgrund erfordert eine Dringlichkeit, die im Grundsatz nur Wirkungen für die Zukunft entfalten kann. Die rückwirkende Feststellung einer besonderen Dringlichkeit für einen zurückliegenden Zeitraum kann in der Regel nicht zur Bejahung eines Anordnungsgrundes führen. Die besondere Dringlichkeit ist grundsätzlich durch den Zeitablauf überholt, das Abwarten einer Entscheidung im Verfahren der Hauptsache über den zurückliegenden Zeitraum ist dem Rechtsschutzsuchenden in aller Regel zumutbar. Ausnahmsweise kann ein Anordnungsgrund für zurückliegende Zeiträume bejaht werden, wenn andernfalls effektiver Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren nicht erlangt werden kann, weil bis zur Entscheidung im Verfahren der Hauptsache Fakten zum Nachteil der Rechtssuchenden geschaffen worden sind, die sich durch eine stattgebende Entscheidung im Verfahren der Hauptsache nicht mehr rückgängig machen lassen, vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 12. Oktober 2007, Az. L 25 B 1559/07 AS ER , Rn. 22, juris.
Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung (bzw. vor Anhängigkeit des Eilverfahrens, auf dessen Dauer der ASt in der Regel keinen Einfluss hat) ist daher nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht wird, und ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft noch fortwirkt oder ein Anspruch eindeutig besteht (vgl. C. Beschluss vom 15. Dezember 2016, Az. L 11 AS 712/16 B ER -, Rn. 12, juris m.w.N). Der ASt hat hierzu weder etwas vorgetragen, noch sind Anhaltspunkte hierfür erkennbar.
Überdies ist auch ein Anordnungsanspruch mehr als zweifelhaft. So war der ASt offensichtlich in der Lage, die von ihm nunmehr geltend gemachten Beträge aus eigenen Geldern zu finanzieren. So war er offensichtlich in der Lage, einen Betrag von 6.000,00 € trotz behaupteter Bedürftigkeit nach dem SGB XII an seinen ehemaligen Vermieter aufzubringen. Aufgrund der ausweislich mit dem Vertrag seines Bruders vereinbarten Erbschaftsabgeltung und dieser Zahlung ist eine Bedürftigkeit nicht nachgewiesen. Auch insoweit wäre der Antrag - bei unterstellter hypothetischer Zulässigkeit - als unbegründet abzulehnen.

4.)
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

5.)
Für die Gewährung von Prozesskostenhilfe fehlt es aus den ausgeführten Gründen an der nach den §§ 73a SGG, 114 Zivilprozessordnung - ZPO - dafür jedenfalls erforderlichen Erfolgsaussicht des Rechtsschutzbegehrens.

 

Rechtskraft
Aus
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