L 2 AS 3931/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2.
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 17 AS 1786/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 3931/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Bei der endgültigen Festsetzung der Leistungen nach § 41a Abs. 6 SGB II sind auch Fehler bei der Leistungsfestsetzung zu korrigieren, die bei einer nicht vorläufigen Leistungsbewilligung nur im Rahmen des § 45 SGB X und den entsprechenden Einschränkungen bei der rückwirkenden Rücknahme zu korrigieren werden.

Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 22. November 2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.


 

Tatbestand

I.

Zwischen den Beteiligten sind abschließende Bewilligungen von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und in diesem Zusammenhang geltend gemachte Erstattungen des Beklagten bezüglich der Monate Juli 2018 bis Dezember 2018 und Januar 2019 bis Juni 2019 streitig.

Die 1985 geborene Klägerin Ziff.  1 und der 1984 geborene B (im Folgenden M.B.) sind Eltern des am 20.Juli 2012 geborenen Klägers Ziff. 2, der 2014 geborenen M (M.E.) und dem 2016 geborenen M1 (M.N.). Sie lebten in den hier streitgegenständlichen Zeiträumen zusammen in S in der K Straße .

Mit Bescheid vom 22. August 2017 bewilligte der Beklagte den Klägern sowie M.E. und M.N. auf ihren Antrag hin vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum von September 2017 bis Dezember 2017. Der Beklagte teilte hierbei mit, dass aufgrund mehrmaliger Meldeversäumnisse die Leistungen für M.B. eingestellt worden seien. Die bisher in diesem Zusammenhang ergangenen Bescheide vom 26. Juni 2017 würden insoweit aufgehoben.

Mit Bescheid vom 22. September 2017 bewilligte der Beklagte den Klägern sowie M.E. und M.N. für Juli 2017 bis Dezember 2017 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und teilte dabei – wörtlich – folgendes mit:
„Es sind folgende Änderungen eingetreten:
- B ab 01.09.2017 aus Bedarfsgemeinschaft genommen,
- ein Mitglied in der Bedarfsgemeinschaft aufgenommen.“
Der bisher ergangene Bescheid vom 1. Januar 2017 werde insoweit aufgehoben.

Ausweislich der Verwaltungsakte beantragte M.B. Ende 2017 erneut Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Am 17. November 2017 stellte die Klägerin Ziff. 1 einen Weiterbewilligungsantrag beim Beklagten und gab hierbei an, dass in ihrem Haushalt neben ihr vier weitere Personen lebten, wovon eine weitere Person zu ihrer Bedarfsgemeinschaft gehöre. Sie gab in dem Zusammenhang u.a. an, dass M.B. Einkommen aus einer Erwerbstätigkeit beziehe.

Mit Bescheid vom 4. Dezember 2017 bewilligte der Beklagte für den Zeitraum Januar 2018 bis Juni 2018 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.

Mit Bescheid vom 15. Januar 2018 bewilligte der Beklagte der Klägerin Ziff. 1 und den mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen endgültig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum Juli 2017 bis Dezember 2017. Dabei gewährte der Beklagte der Klägerin Ziff. 1 einen Mehrbedarf für Alleinerziehende in Höhe von 147,24 € rückwirkend ab dem 1. September 2017.

Am 12. Juni 2018 beantragte die Klägerin Ziff. 1 die Weitergewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Sie gab hierbei wiederum an, dass neben ihr vier weitere Personen in ihrem Haushalt leben würden. Ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, M.B., erziele Arbeitseinkommen aus einer Erwerbstätigkeit.

Mit Bescheid vom 22. Juni 2018 bewilligte der Beklagte daraufhin vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum Juli 2018 bis Dezember 2018 unter Hinweis auf schwankendes Einkommen des M.B. Der Klägerin Ziff. 1 war erneut ein Mehrbedarf für Alleinerziehung, nunmehr in Höhe von 149,76 €, gewährt worden.

Am 3. Dezember 2018 stellte die Klägerin Ziff. 1 erneut einen Weiterbewilligungsantrag beim Beklagten und gab auch hier u.a. an, dass neben ihr vier weitere Personen im Haushalt lebten und M.B. Einkommen beziehe.

Mit Bescheid vom 13. Dezember 2018 bewilligte der Beklagte den Klägern (nur) vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum Januar 2019 bis Juni 2019, da monatlich unterschiedlich hohes Einkommen bezogen werde. Der Beklagte berücksichtigte in dem Zusammenhang ferner wiederum einen Mehrbedarf für Alleinerziehende, aktuell in Höhe von 152,64 €.

Parallel dazu forderte der Beklagte bei der Klägerin Ziff. 1 noch die Vorlage von Verdienstbescheinigungen für Juli 2018 bis Dezember 2018 an. Ferner forderte der Beklagte mit Schreiben vom 20. Februar 2019 die Klägerin Ziff. 1 zur Vorlage der Vaterschaftsanerkennungsurkunden und Geburtsurkunden für den Kläger Ziff. 2, M.E. und M.N. auf.

Die Klägerin Ziff. 1 legte im Folgenden die Geburtsurkunden der Kinder vor, aus denen hervorging, dass M.B. Vater der Kinder war. Sie gab zudem an, dass die Vaterschaft jeweils anerkannt worden sei. Mit Änderungsbescheid vom 3. Mai 2019 bewilligte der Beklagte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Juni 2019 weiterhin vorläufig, berücksichtigte hierbei aber nunmehr M.B. als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft. Die Haushaltsgemeinschaft mit einer weiteren Person (gemeint M.B.) werde beendet. Der Mehrbedarf für Alleinerziehende werde ebenfalls zum 31. Mai 2019 beendet.

II.

Mit Bescheid vom 20. August 2019 setzte der Beklagte die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum Juli 2018 bis Dezember 2018 abschließend/endgültig fest. Hierbei berücksichtigte er nunmehr keinen Mehrbedarf für Alleinerziehende mehr und rechnete die Einnahmen von M.B. an, nachdem entsprechende Nachweise vorgelegt worden waren.

Ebenfalls mit weiterem Bescheid vom 20. August 2019 setzte der Beklagte die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes auch für den Zeitraum Januar 2019 bis Juni 2019 abschließend/endgültig fest. Zur Begründung führte er aus, ein Anspruch auf Mehrbedarf für Alleinerziehung bestehe nicht. Zudem seien auch weiterhin die Einnahmen von M.B. zu berücksichtigen.

Mit weiterem Bescheid vom 20. August 2019 machte der Beklagte gegenüber der Klägerin Ziff. 1 sodann einen Erstattungsanspruch hinsichtlich der zu viel gewährten Leistungen im Zeitraum Juli 2018 bis Dezember 2018 in Höhe von 2.568,86 € geltend.

Mit weiterem Bescheid ebenfalls vom 20. August 2019 machte der Beklagte ferner einen Erstattungsanspruch hinsichtlich der zu viel gewährten Leistungen im Zeitraum Januar 2019 bis Juni 2019 in Höhe von 2.171,52 € gegenüber der Klägerin Ziff. 1 und in Höhe von 17,24 € bezogen auf den Monat Mai 2019 gegenüber dem Kläger Ziff. 2 geltend.

Mit E-Mail vom 4. September 2019 erhob die Klägerin Ziff. 1 Widerspruch gegen die abschließende Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Monate Juli bis Dezember 2018 mit Bescheid vom 20. August 2019. Mit weiterer E-Mail ebenfalls vom 4. September 2019 erhob die Klägerin auch Widerspruch gegen die beiden Erstattungsbescheide vom 20. August 2019.
Ausweislich eines Aktenvermerks vom 4. September 2019 sprach die Klägerin Ziff. 1 außerdem am 4. September 2019 auch persönlich beim Beklagten vor und teilte in diesem Zusammenhang mit, dass sie noch nie alleinerziehend gewesen sei.
Aufgrund eines Hinweises des Beklagten, dass die Einlegung des Widerspruchs per E-Mail nicht den Erfordernissen genüge, erhob die Klägerin Ziff. 1 am 30. September 2019 nunmehr schriftlich gegen alle Bescheide vom 20. August 2019 Widerspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2020 wies der Beklagte hinsichtlich des Zeitraumes Juli 2018 bis Dezember 2018 die Widersprüche vom 4. September 2019 zurück und führte aus, die Kläger hätten jederzeit die endgültige Festsetzung der Leistungen oder die Korrektur der Leistungen beantragen können, dies hinsichtlich der Nichtberücksichtigung von M.B. und/oder der Gewährung von Mehrbedarf Alleinerziehung. Nach Vorlage der Einkommensnachweise sei eine Neuberechnung jedenfalls erforderlich gewesen. Die vorgelegten Einkommensnachweise hätten nicht dem vorläufig angerechneten Einkommen entsprochen, sodass hier eine endgültige Festsetzung des Leistungsanspruches zu erfolgen gehabt hätte. Es sei auch berücksichtigt worden, dass ein Mehrbedarf für Alleinerziehung nicht zu zahlen sei. M.B. sei Vater der Kinder und wohne mit im Haushalt, sodass kein Anspruch auf Mehrbedarf wegen Alleinerziehung bestanden habe. Die Klägerin Ziff. 1 habe dies durch die Widerspruchserhebung bestätigt, soweit sie mitgeteilt habe, nie alleinerziehend gewesen zu sein. Soweit die vorläufige Bewilligung hier rechtswidrig gewesen sei, sei dies jedoch nach Erlass der endgültigen Festsetzung nicht mehr zu prüfen, da sie sich nunmehr erledigt habe. Des Weiteren bestehe bei einer vorläufigen Bewilligung kein Vertrauensschutz.
Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2020 wies der Beklagte auch die Widersprüche vom 4. September 2019 hinsichtlich des Zeitraumes Januar 2019 bis Juli 2019 zurück und führte hier zur Begründung noch aus, dass M.B. über Einkommen aus Erwerbstätigkeit verfügt habe. Dieses habe Auswirkungen auf die Höhe der Leistungen, unabhängig davon, ob er in der Haushaltsgemeinschaft oder in der Bedarfsgemeinschaft berücksichtigt werde. Die Höhe der monatlich zustehenden Leistungen hätten nicht abschließend festgestellt werden können. Es sei auch der Grund der Vorläufigkeit angegeben und die Klägerin Ziff. 1 darauf hingewiesen worden, dass bei abschließender Leistungsfestsetzung Erstattungen entstehen könnten. Zudem sei der Klägerin Ziff. 1 erkennbar ein Mehrbedarf für Alleinerziehung ausgezahlt worden. Die Klägerin Ziff. 1 hätte jederzeit eine endgültige Festsetzung oder eine Korrektur der Leistungen beantragen können. Dies habe sie nicht getan. Nach Vorlage der Einkommensnachweise sei eine Neuberechnung jedenfalls erforderlich geworden. Es sei für die Zeit von Januar bis Juni 2019 ein Durchschnittseinkommen in Höhe von 1.430,00 € brutto und 1.089,66 € netto von M.B. erzielt worden. Die zu viel erhaltenen Leistungen seien zu erstatten. Bei einer vorläufigen Bewilligung bestehe kein Vertrauensschutz.

III.

Am 17. Juli 2020 hat die Klägerin beim Sozialgericht (SG) Mannheim Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 18. Juni 2020 betreffend den Zeitraum Juli 2018 bis Dezember 2018 erhoben (S 17 AS 1786/20). Zur Begründung hat der Bevollmächtigte geltend gemacht, Sinn und Zweck der vorläufigen Bewilligung und der nachfolgenden endgültigen Bewilligung sei es, eine Gewährung von Leistungen zu ermöglichen, obwohl der Bedarf, z.B. wegen schwankendem Einkommen, noch nicht endgültig festgestellt werden könne. Sinn und Zweck sei es dagegen nicht, Fehler bei der Leistungsfestsetzung zu korrigieren, die bei einer nicht vorläufigen Leistungsbewilligung nur im Rahmen einer Rücknahmeentscheidung und den entsprechenden Einschränkungen zu korrigieren gewesen wären. Die Klägerin Ziff. 1 habe nie angegeben, alleinerziehend zu sein. Damit treffe sie kein Verschulden an der Überzahlung, eine rückwirkende Aufhebung wäre nicht möglich. Unter Beachtung des Schutzzwecks der vorläufigen Leistungsbewilligung könne vorliegend nichts anderes gelten. Hinzu komme, dass es keine Grundlage für eine vorläufige Leistungsbewilligung gegeben habe. Offensichtlich sei nur das Kindergeld als Einkommen berücksichtigt worden, das nicht schwankend gewesen sei. Auch das Einkommen des M.B., dem die Beklagte im Rahmen der endgültigen Festsetzung Leistungen bewilligt habe, sei nicht schwankend gewesen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe bereits entschieden, dass für den Fall, dass objektiv rechtsfehlerhaft eine Bewilligung ohne Vorläufigkeitsvorbehalt vorgenommen worden sei, obwohl wegen schwankendem Einkommen eigentlich eine vorläufige Bewilligung hätte erfolgen müssen, eine Rücknahme des Bescheides nur unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X erfolgen könne (mit Hinweis auf Urteil des BSG vom 24. Juni 2020 – B 4 AS 10/20 R -). Es handele sich bei der Korrektur über die endgültige Leistungsbewilligung um eine unzulässige Umgehung. Nicht nachvollziehbar sei im Übrigen auch die Berechnung des Rückforderungsbetrages hinsichtlich des Kopfteilprinzips.

Mit einer weiteren ebenfalls am 17. Juli 2020 beim SG hinsichtlich des Zeitraumes Januar 2019 bis Juli 2019 (Widerspruchsbescheid ebenfalls vom 18. Juni 2020) erhobenen Klage (S 17 AS 1787/19) haben die Kläger ebenfalls darauf verwiesen, dass es nicht Sinn und Zweck der vorläufigen Bewilligung sei, Fehler bei der Leistungsfestsetzung zu korrigieren, die bei einer nicht vorläufigen Leistungsbewilligung nur im Rahmen einer Rücknahme und deren entsprechenden Einschränkungen zu korrigieren gewesen wäre. Es gebe keine Grundlage für eine vorläufige Leistungsbewilligung, insbesondere sei das Einkommen von M.B. nicht schwankend gewesen.

Der Beklagte war den Klagen jeweils entgegengetreten und hat darauf verwiesen, dass der vorläufige Charakter einer Bewilligung das Entstehen von Vertrauensschutz verhindere. Die von der Klägerseite erhobenen Einwände hätten gegen die vorläufige Bewilligung vorgebracht werden können und müssen. Die abschließende Entscheidung vom 20. August 2019 erledige in vollem Umfang die vorläufige Entscheidung. Das heiße, die Frage einer Rechtswidrigkeit der vorläufigen Bewilligung stelle sich vorliegend nicht mehr.

Das SG hat mit Beschluss vom 16. Dezember 2020 die beiden Klagen unter dem Aktenzeichen S 17 AS 1786/20 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Mit Gerichtsbescheid vom 22. November 2021 hat das SG die Klagen abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die form- und fristgerecht erhobenen Klagen bereits teilweise unzulässig, im Übrigen unbegründet seien.
So fehle dem Kläger Ziff. 2 teilweise die Klagebefugnis. Als Voraussetzung der Zulässigkeit sowohl der Anfechtungs- als auch der Verpflichtungsklage nenne § 54 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Behauptung einer „Beschwer“, die sogenannte Klagebefugnis. Der Kläger Ziff. 2 sei hinsichtlich der für den Zeitraum Juli bis Dezember 2018 erhobenen Klage insoweit nicht klagebefugt, als der Bescheid vom 20. August 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2020 nicht an ihn adressiert sei und auch im Übrigen keine Beschwer erkennbar sei. Der Betrag in Höhe von 2.586,86 € werde einzig von der Klägerin Ziff. 1 erstattet verlangt.
Die im Übrigen zulässigen Klagen seien allerdings nicht begründet. Die Bescheide des Beklagten vom 20. August 2019 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18. Juni 2020 seien rechtmäßig und verletzten die Kläger nicht in ihren Rechten.
Die Kläger erfüllten zunächst in den hier streitgegenständlichen Zeiträumen die allgemeinen Leistungsvoraussetzungen nach § 7 Abs. 1 Satz 1, § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Ein Ausschlusstatbestand liege nicht vor.
Der Beklagte habe die Widersprüche gegen die Bescheide vom 20. August 2019 hinsichtlich der Zeiträume Juli 2018 bis Dezember 2018 und Januar 2019 bis Juni 2019 allerdings zu Recht zurückgewiesen.
Zugunsten der zu diesem Zeitpunkt nicht anwaltlich vertretenen Klägerin Ziff. 1 sei davon auszugehen, dass sich ihr am 4. September 2019 eingelegter Widerspruch gegen den Erstattungsbescheid vom 20. Juni 2019 auch gegen den zugrunde liegenden endgültigen Bewilligungsbescheid hinsichtlich des Zweitraumes Januar bis Juni 2019 habe richten sollen. Die am 4. September 2019 eingelegten Widersprüche seien allerdings per E-Mail und damit nicht formgerecht im Sinne von § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG erhoben worden.
Der Widerspruch müsse gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG binnen eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekanntgegeben worden sei, schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift bei der Stelle eingereicht werden, die den Verwaltungsakt erlassen habe. Die Form werde grundsätzlich nicht durch eine einfache E-Mail gewahrt (mit Hinweis auf Bayerisches Landessozialgericht (LSG), Urteil vom 14. November 2017 - L 11 AS 650 -, juris; B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Aufl. 2020, SGG § 84 Rn. 3 m.w.N.). Vielmehr sei für das Schriftformerfordernis grundsätzlich erforderlich, dass der Widerspruch durch den Betroffenen bzw. seinen Vertreter oder Bevollmächtigten eigenhändig unterschrieben worden sei (mit Hinweis auf Gall in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 84 SGG <Stand: 15. Juli 2017>, Rn. 10).
Die gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG erforderliche Schriftform könne nur innerhalb der Widerspruchsfrist nachgeholt werden. Dies sei vorliegend nicht der Fall gewesen. Die Klägerin Ziff. 1 habe erst am 30. September 2019 aufgrund eines Hinweises des Beklagten schriftlich Widerspruch gegen die Bescheide vom 20. August 2019 eingelegt. Zu diesem Zeitpunkt sei die Widerspruchsfrist bereits abgelaufen gewesen.
Für den Fristbeginn maßgebend sei die Bekanntgabe an die Klägerin Ziff. 1 gewesen. Die Bescheide vom 20. August 2019 würden gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Verwaltungsverfahren – (SGB X) am dritten Tage nach Aufgabe zur Post, das bedeute am 23. August 2019 als bekanntgegeben gelten. Die einmonatige Frist zur Einlegung des Widerspruchs habe damit am 24. August 2019 zu laufen begonnen. Sie habe mit Ablauf des 23. September 2019 geendet. Die Klägerin habe aber erst am 30. September 2019 auf einen Hinweis des Beklagten hin Widerspruch eingelegt.
Selbst wenn den Klägern Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 84 Abs. 2 Satz 3 SGG i.V.m. § 67 SGG zu gewähren wäre, da der Beklagte eine Frist zur Einlegung eines formgerechten Widerspruchs bis zum 18. Oktober 2019 gesetzt habe, hätte die Klage keinen Erfolg.
Der Beklagte habe die abschließenden Leistungen für den Zeitraum Juli 2018 bis Dezember 2018 und den Zeitraum Januar 2019 bis Juli 2019 im Sinne des § 41a SGB II zutreffend endgültig festgesetzt. Insoweit habe die Klägerin Ziff. 1 nicht im Sinne des § 21 Abs. 3 SGB II alleine für die Pflege und Erziehung des Klägers Ziff. 2 und der übrigen beiden Kinder gesorgt. Des Weiteren habe M.B. Einkommen bezogen, das der Beklagte richtigerweise angerechnet habe. Dementsprechend sei der Beklagte berechtigt gewesen, die ebenfalls durch Bescheide vom 20. August 2019 festgesetzten Erstattungsbeträge geltend zu machen.
Einwände gegen die vorläufige Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Solche könnten grundsätzlich nicht mehr im Rahmen der Anfechtung der abschließenden Festsetzung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geltend gemacht werden. Die Kläger hätten gegen die vorläufigen Bewilligungen vorgehen müssen, wenn sie der Meinung gewesen seien, dass Leistungen zu Unrecht vorläufig bewilligt worden seien.
Im Rahmen der durch die Bescheide vom 20. August 2019 durchgeführten endgültigen Leistungsbewilligungen seien die aufgrund der vorläufigen und der abschließenden Entscheidung zuerkannten Leistungen miteinander zu vergleichen. Bestehe, wie vorliegend, eine Differenz, hätten die Kläger diesen Betrag zu erstatten – dies unabhängig davon, ob die Überzahlung verschuldet sei.
Die Kläger könnten sich vorliegend auch nicht mit Erfolg auf Vertrauensschutz berufen. Mit der Erläuterung des Anlasses für die vorläufige Entscheidung im Sinne des § 41a SGB II solle den Leistungsempfängern vor Augen geführt werden, dass die einstweilige Leistungsgewährung mit einer Erstattungspflicht behaftet sei und nicht geeignet sei, Vertrauensschutz aufzubauen. Die abschließende Festsetzung von Leistungen sei bei entsprechenden Anhaltspunkten abweichend von § 45 SGB X zwingend. Sie erfolge ohne die Prüfung von Vertrauensschutz und entlaste damit die Verwaltung von der ansonsten im Zusammenhang mit der Aufhebung von Verwaltungsakten erforderlichen Ermessensausübung (mit Hinweis auf Grote-Seifert in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 41a <Stand: 1. April 2021>, Rn. 23).
Auch das von der Klägerin zitierte Urteil des BSG vom 24. Juni 2020 (B 4 AS 10/20 R) könne auf den vorliegenden Fall nicht übertragen werden. In der dortigen Entscheidung würden sich die Kläger gerade gegen die teilweise Rücknahme der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wenden, nachdem der dortige Beklagte die Leistungen von Anfang an endgültig bewilligt gehabt habe. Es habe sich demnach nicht um eine Konstellation gehandelt, die hier streitgegenständlich sei.


IV.

Die Kläger haben gegen den ihrem Bevollmächtigten am 26. November 2021 mit Empfangsbekenntnis zugestellten Gerichtsbescheid am 22. Dezember 2021 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erhoben. Zur Begründung macht der Klägerbevollmächtigte wie bereits im SG-Verfahren geltend, Sinn und Zweck der vorläufigen Bewilligung und der nachfolgenden endgültigen Bewilligung sei es, eine Gewährung von Leistungen zu ermöglichen, obwohl der Bedarf, z.B. wegen schwankendem Einkommen, noch nicht endgültig festgestellt werden könne. Sinn und Zweck sei es dagegen nicht, Fehler bei der Leistungsfestsetzung zu korrigieren, die bei einer nicht vorläufigen Leistungsbewilligung nur im Rahmen des § 45 SGB X und den entsprechenden Einschränkungen bei der rückwirkenden Rücknahme zu korrigieren wären.
Im vorliegenden Fall werde die Rückforderung u.a. damit begründet, dass die Klägerin Ziff. 1 zu Unrecht einen Mehrbedarf für Alleinerziehende erhalten habe. Dies basiere aber nicht auf einem Verschulden der Kläger, sondern auf einem Fehler des Beklagten. Dass es im Rahmen der endgültigen Bewilligung nicht auf ein Verschulden der Kläger ankomme, sei zwar grundsätzlich zutreffend, zu berücksichtigen sei aber, dass die Möglichkeit der faktisch „vereinfachten“ Korrektur einer lediglich vorläufigen Bewilligung nur in dem Rahmen bestehe, auf den sich die Vorläufigkeit beziehe. Wenn aber die Möglichkeit der endgültigen Bewilligung wie hier dazu genutzt werde, einen Fehler der bewilligenden Behörde zu korrigieren, stelle dies eine Umgehung des § 45 SGB X dar. Die Rückforderung werde damit begründet, dass die Klägerin zu Unrecht einen Mehrbedarf für Alleinerziehende erhalten habe. Grund für die vorgenommene Bewilligung sei aber allein ein angenommenes schwankendes Einkommen gewesen. In der Begründung des Widerspruchsbescheides werde angegeben, die Klägerin Ziff. 1 habe nie angegeben, alleinerziehend zu sein. Damit sei ein (möglicher) Bezug von Kindergeld nie diejenige Tatsache gewesen, auf die sich die Vorläufigkeit bezogen habe. Eine rückwirkende Aufhebung nach § 45 SGB X wäre mangels Verschulden nicht möglich, eine Korrektur im Rahmen der endgültigen Leistungsbewilligung wäre damit eine Umgehung des § 45 SGB X.
Entgegen der Auffassung des SG komme es auch darauf an, dass es auch keine Grundlage für eine vorläufige Leistungsbewilligung gegeben habe. Denn nur in diesem Falle lägen überhaupt die Voraussetzungen für eine endgültige Bewilligung vor. Das BSG habe bereits entschieden, dass für den Fall, dass objektiv rechtsfehlerhaft eine Bewilligung ohne Vorläufigkeitsvorbehalt vorgenommen worden sei, obwohl wegen schwankendem Einkommen eigentlich eine vorläufige Bewilligung hätte erfolgen müssen, eine Rücknahme des Bescheides nur unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X erfolgen könne (Hinweis auf BSG, Urteil vom 24. Juni 2020 - B 4 AS 10/20 R -). Entsprechend müsse im vorliegenden Fall gelten, dass der vorläufige Bewilligungsbescheid von Anfang an rechtsfehlerhaft gewesen sei, weil endgültig hätte bewilligt werden müssen.
Ergänzend trägt der Klägerbevollmächtigte im Hinblick auf den gerichtlichen Hinweis vom 24. Juni 2022, wonach im Ergebnis die Entscheidung des SG zutreffend sein dürfte, noch vor, nach klägerischer Auffassung sei es von der Ermächtigungsgrundlage des § 41a Abs. 3 SGB II nicht umfasst, unter Umgehung des Vertrauensschutzes des § 45 SGB X zu Lasten des Betroffenen einen Fehler der bewilligenden Behörde im Rahmen der endgültigen Bewilligung zu korrigieren.
Hilfsweise hat in diesem Zusammenhang der Klägerbevollmächtigte noch für die Kläger einen Antrag auf Erlass der Rückforderung nach § 44 SGB II (unter Hinweis auf ein Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 4. Juni 2020 - L 7 AS 59/18 - juris Rn. 30) gestellt.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 22. November 2021 sowie die Bescheide des Beklagten vom 20. August 2019 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18. Juni 2020 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Ergänzend führt er noch an, dass der Klägerbevollmächtigte verkenne, dass die Ausgangsentscheidungen nicht zu Unrecht vorläufig ergangen seien. Die abschließende Festsetzung und die daraus resultierenden Erstattungsbeträge für die hier streitigen Zeiträume seien zu Recht erfolgt.
Mit der ausdrücklichen Ausgestaltung der vorläufigen Entscheidung nach § 41a Abs. 1 SGB II als „Muss-Regelung“ habe der Gesetzgeber in diesem Zusammenhang im Übrigen der Rechtsprechung des BSG Rechnung getragen, wonach eine endgültige Bewilligung und der Abschlag von der Leistungshöhe aufgrund einer Einkommensschätzung ohne entsprechende rechtliche Befugnis rechtswidrig sei (mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 29. April 2015 - B 14 AS 31/14 R -).
Würden die Voraussetzungen nach § 41a Abs. 1 SGB II vorliegen, ohne dass die Leistungsberechtigten dies zu vertreten hätten, habe der Grundsicherungsträger eine vorläufige Entscheidung zu treffen. Anders als § 328 SGB III und § 42 SGB I räume § 41a SGB II dem Grundsicherungsträger kein Ermessen hinsichtlich des „Ob“ ein. Der Erlass eines endgültigen Bescheides sei kein taugliches Instrument und deshalb rechtswidrig, wenn objektiv im Zeitpunkt der Entscheidung des Grundsicherungsträgers nur die Möglichkeit einer Prognose z.B. hinsichtlich der Einkommenssituation bestehe (mit Hinweis auf Hessisches LSG, Beschluss vom 23. April 2018 - L 6 AS 109/18 B ER -).

Die Vorläufigkeit des Bescheides erstrecke sich auf die Regelungen des kompletten Bescheides und nicht nur auf das schwankende Erwerbseinkommen. So sehe die gesetzliche Regelung, selbst wenn ausnahmsweise der Anspruch nur eines Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft wegen schwankenden Einkommens unsicher sei, vor, dass über die Ansprüche der gesamten Bedarfsgemeinschaft nur vorläufig zu entscheiden sei (mit Hinweis auf Grothe-Seifert in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 41a <Stand: 5. April 2022>, Rn. 36).
Nach Abs. 6 seien die vorläufig erbrachten Leistungen auf die abschließend festgestellten Leistungen anzurechnen. Die Abrechnung erfolge im Wege der Saldierung der im Bewilligungszeitraum vorläufig erbrachten monatlichen mit den abschließend für diesen Zeitraum zu gewährenden monatlichen Leistungen.
Im vorliegenden Fall habe der Grund für die Vorläufigkeit den Bescheiden entnommen werden können. Mit der Erläuterung des Anlasses für die vorläufige Entscheidung solle dem Leistungsempfänger zugleich vor Augen geführt werden, dass die einstweilige Leistungsgewährung mit einer Erstattungspflicht behaftet und nicht geeignet sei, Vertrauensschutz aufzubauen. Des Weiteren verweist der Beklagte unter Zitierung von Grothe-Seifert a.a.O. Rn. 43 darauf, dass der Entscheidungsträger die vorläufige rechtswidrige Entscheidung, die den Leistungsberechtigten benachteilige, gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X während des Bewilligungszeitraums zu Gunsten des Leistungsberechtigten auch mit Wirkung für die Vergangenheit im Wege der Aufhebung anpassen könne, wenn das zur Sicherung des Existenzminimums geboten erscheine. Aus systematischen Gründen sollte im umgekehrten Fall zu Ungunsten des Leistungsberechtigten die Abrechnung für die Vergangenheit ausschließlich im Rahmen der abschließenden Entscheidung gemäß § 41a Abs. 6 SGB II erfolgen. Denn das Gesetz halte mit § 41a Abs. 6 SGB II ausdrücklich eine spezielle Regelung vor, um Überzahlungen „abzuschöpfen“, ohne auf den Grund der Überzahlung abzustellen, also unabhängig vom Grund der anfänglichen Rechtswidrigkeit.
Die Argumentation, es sei nicht Sinn und Zweck des § 41a SGB II Fehler bei der Leistungsfestsetzung zu korrigieren, sei folglich falsch. Wie bereits dargelegt, würden die Gründe bei der Saldierung gerade keine Rolle spielen, dies folge aus § 41a Abs. 6 SGB II. Maßgeblich sei daher nur, ob bezüglich der abschließenden Berechnung Fehler erfolgt seien und es so zu einer fehlerhaften Saldierung gekommen sei. Dies sei für den Beklagten vorliegend weder erkennbar noch von den Klägern bis dato dargelegt worden.
Die Regelung des § 41a SGB II enthalte keine Regelung hinsichtlich eines Verschuldens. Ein Vertrauen bezüglich der Leistungserbringung bestehe daher gerade nicht. Was sich auch aus der Norm selbst ergebe. § 41a Abs. 2 Satz 5 SGB II schließe eine nach § 45 Abs. 2 SGB X an sich vorgesehene Prüfung von Vertrauensschutz ausdrücklich aus, weil eine vorläufige Entscheidung aufgrund ihrer Kennzeichnung als „vorläufig“ gar nicht geeignet sei, beim Leistungsempfänger einen Vertrauensschutz zu begründen.
Im Übrigen könnten sich nach Auffassung des Beklagten auch die Kläger nicht auf Vertrauensschutz nach § 45 SGB X berufen, da vielmehr die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X vorliegen dürften.

Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 13. Januar 2023 (Kläger) und 16. Januar 2023 (Beklagter) einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Der Senat konnte aufgrund der Zustimmung der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1, Abs. 3 SGG statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form-und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig.

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klagen abgewiesen. Denn die hier streitigen Bescheide vom 20. August 2019 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18. Juni 2020 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten.

Zunächst hat das SG zutreffend festgestellt, dass der Kläger Ziff. 2 betreffend die Bescheide vom 20. August 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juni 2020, soweit es den Zeitraum Juli 2018 bis Dezember 2018 betrifft, nicht klagebefugt, nicht beschwert ist, da dieser Bescheid zum einen nicht an ihn adressiert ist und zum anderen der auch geltend gemachte Erstattungsbetrag einzig und allein von der Klägerin Ziff. 1 verlangt wird. Insoweit ist damit die Klage schon unzulässig.

Im Übrigen sind die zulässigen Klagen jedoch nicht begründet.

Die Kläger Ziff. 1 und Ziff. 2 erfüllen in den hier streitgegenständlichen Zeiträumen Juli 2018 bis Dezember 2018 und Januar 2019 bis Dezember 2019 die allgemeinen Leistungsvoraussetzungen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 bzw. § 7 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Nr. 4 SGB II (in der bis zum 31. Dezember 2022 geltenden Fassung), die Klägerin Ziff. 1 ist unter anderem erwerbsfähig, hilfebedürftig und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, der Kläger Ziff. 2 lebt als minderjähriges Kind in der Bedarfsgemeinschaft mit der Klägerin Ziff. 1, es liegt auch kein Ausschlusstatbestand nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II vor. Auch die Voraussetzungen nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind erfüllt.

Zutreffend hat das SG ferner festgestellt, dass die von der Klägerin am 4. September 2019 per E-Mail eingelegten Widersprüche nicht den Formerfordernissen im Sinne von § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG genügen.
Der Widerspruch muss gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG binnen eines Monats, nachdem der Verwaltungsakt dem Beschwerten bekannt gegeben worden ist, schriftlich, in elektronischer Form oder zur Niederschrift bei der Stelle eingereicht werden, die den Verwaltungsakt erlassen hat. Die Form wird grundsätzlich nicht durch eine einfache E-Mail gewahrt (siehe bayerisches LSG, Urteil vom 14. November 2017 – L 11 AS 650/17 – juris; B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Aufl. 2020, SGG § 84 Rn. 3 mwN). Vielmehr ist für das Schriftformerfordernis grundsätzlich erforderlich, dass der Widerspruch durch den Betroffenen bzw. sein Vertreter oder Bevollmächtigten eigenhändig unterschrieben worden ist (Gall in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 84 SGG <Stand 15. Juli 2017>, Rn. 10).
Die gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 SGG erforderliche Schriftform kann nur innerhalb der Widerspruchsfrist nachgeholt werden (siehe B. Schmidt aaO Rn. 3). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Die Klägerin Ziff. 1 legte aufgrund eines Hinweises des Beklagten erst am 30. September 2019 schriftlich Widerspruch gegen die Bescheide vom 20. August 2019 ein. Zu diesem Zeitpunkt war die Widerspruchsfrist bereits abgelaufen.
Für den Fristbeginn maßgebend ist die Bekanntgabe an die Klägerin Ziff. 1.die Bescheide vom 20. August 2019 galten gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post, das heißt am 23. August 2019 als bekannt gegeben. Die einmonatige Frist zur Einlegung endete damit mit Ablauf des 23. Septembers 2019 (Montag). Die Klägerin hat allerdings erst am 30. September 2019 schriftlich Widerspruch eingelegt.

Soweit das SG hier die Frage der Wiedereinsetzung thematisiert, letztlich aber, unter Hinweis darauf, dass die Klage ohnehin keine Aussicht auf Erfolg habe, dahingestellt lässt, kommt es darauf nicht an.

Nach BSG-Rechtsprechung kann vielmehr auch ein verfristeter Widerspruch in der Sache durch die Behörde beschieden werden. Nach Auffassung des BSG, das sich der obersten verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung angeschlossen hat, liege es nämlich im freien Ermessen der Behörde, trotz Verfristung eine Sachentscheidung zu treffen, weil die Sachherrschaft bei der Behörde verbleibe. Das Fristversäumnis werde durch die sachliche Entscheidung geheilt. Letztere (die Fristversäumung) hat in einem sich ggf. anschließenden Klageverfahren keine Auswirkungen mehr auf die Prüfung der Zulässigkeit des Widerspruchs. Eine Ausnahme wird jedoch bei verfristetem Widerspruch eines Verwaltungsaktes mit Drittwirkung angenommen. Dann darf nicht in der Sache entschieden werden (Gall in: Schlegel/Voelzke jurisPK-SGG, 2. Aufl. 2022, § 84 <Stand: 15. Juni 2022>, Rn. 44/45).
Die Beklagte hat mit ihren Widerspruchsbescheiden vom 18. Juni 2020 für die streitigen Zeiträume in der Sache entschieden und damit die gerichtliche Überprüfung wiedereröffnet, sodass eine eventuelle Bindungswirkung nicht mehr entgegensteht (vgl. BSG Urteil vom 14. April 2011 – B 8 SO 12/09 R – juris Rn. 17 mit Hinweis auf BSG Urteil vom 12. Oktober 1979 – 12 RK 19/78 – juris Rn. 18 bis 21, BSGE 49, 85 ff = SozR 2200 § 1422 Nr. 1)

In der damit eröffneten Sachprüfung ist allerdings in Übereinstimmung mit dem SG festzustellen, dass die hier streitigen Bescheide des Beklagten, mit denen für die streitigen Zeiträume die Leistungen endgültig festgesetzt und entsprechende Erstattungsforderungen festgestellt wurden, rechtlich nicht zu beanstanden sind.

Maßgebliche Rechtsgrundlage für die hier streitige Entscheidung ist § 41a SGB II in der 2019/2020 maßgeblichen Fassung.

Gemäß § 41a Abs. 1 Satz 1 SGB II ist über die Erbringung von Geld- und Sachleistungen vorläufig zu entscheiden, wenn
1.
zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs auf Geld- und Sachleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist und die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen oder
2.
ein Anspruch auf Geld- und Sachleistungen dem Grunde nach besteht und zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist.
Besteht eine Bedarfsgemeinschaft aus mehreren Personen, ist unter den Voraussetzungen des Satzes 1 über den Leistungsanspruch aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft vorläufig zu entscheiden (Satz 2). Eine vorläufige Entscheidung ergeht nicht, wenn Leistungsberechtigte die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, zu vertreten haben (Satz 3).

Der Grund der Vorläufigkeit ist anzugeben (§ 41a Abs. 2 Satz 1 SGB II). Die vorläufige Leistung ist so zu bemessen, dass der monatliche Bedarf der Leistungsberechtigten zur Sicherung des Lebensunterhalts gedeckt ist; dabei kann der Absetzbetrag nach § 11b Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben (Satz 2). Hierbei sind die im Zeitpunkt der Entscheidung bekannten und prognostizierten Verhältnisse zugrunde zu legen (Satz 3). Soweit die vorläufige Entscheidung nach Absatz 1 rechtswidrig ist, ist sie für die Zukunft zurückzunehmen (Satz 4). § 45 Absatz 2 des Zehnten Buches findet keine Anwendung (Satz 5).

Gemäß § 41a Abs. 3 Satz 1 SGB II entscheiden die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende abschließend über den monatlichen Leistungsanspruch, sofern die vorläufig bewilligte Leistung nicht der abschließend festzustellenden entspricht oder die leistungsberechtigte Person eine abschließende Entscheidung beantragt. Die leistungsberechtigte Person und die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen sind nach Ablauf des Bewilligungszeitraums verpflichtet, die von den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende zum Erlass einer abschließenden Entscheidung geforderten leistungserheblichen Tatsachen nachzuweisen; die §§ 60, 61, 65 und 65a des Ersten Buches gelten entsprechend (Satz 2). Kommen die leistungsberechtigte Person oder die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen ihrer Nachweis- oder Auskunftspflicht bis zur abschließenden Entscheidung nicht, nicht vollständig oder trotz angemessener Fristsetzung und schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen nicht fristgemäß nach, setzen die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende den Leistungsanspruch für diejenigen Kalendermonate nur in der Höhe abschließend fest, in welcher seine Voraussetzungen ganz oder teilweise nachgewiesen wurden (Satz 3). Für die übrigen Kalendermonate wird festgestellt, dass ein Leistungsanspruch nicht bestand (Satz 4).

Bei der abschließenden Feststellung des Leistungsanspruches nach Absatz 3 ist gemäß § 41a Abs. 4 Satz 1 SGB II als Einkommen ein monatliches Durchschnittseinkommen zugrunde zu legen. Satz 1 gilt nicht
1.
in den Fällen des Absatzes 3 Satz 4,
2.
soweit der Leistungsanspruch in mindestens einem Monat des Bewilligungszeitraums durch das zum Zeitpunkt der abschließenden Feststellung nachgewiesene zu berücksichtigende Einkommen entfällt oder
3.
wenn die leistungsberechtigte Person vor der abschließenden Feststellung des Leistungsanspruches eine Entscheidung auf der Grundlage des tatsächlichen monatlichen Einkommens beantragt (Satz 2).
Als monatliches Durchschnittseinkommen ist für jeden Kalendermonat im Bewilligungszeitraum der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt (Satz 3).

Nach § 41a Abs. 5 Satz 1 SGB II ergeht innerhalb eines Jahres nach Ablauf des Bewilligungszeitraums keine abschließende Entscheidung nach Absatz 3, gelten die vorläufig bewilligten Leistungen als abschließend festgesetzt. Dies gilt gemäß § 41a Abs. 5 Satz 2 SGB II nicht, wenn
1.
die leistungsberechtigte Person innerhalb der Frist nach Satz 1 eine abschließende Entscheidung beantragt oder
2.
der Leistungsanspruch aus einem anderen als dem nach Absatz 2 Satz 1 anzugebenden Grund nicht oder nur in geringerer Höhe als die vorläufigen Leistungen besteht und der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende über den Leistungsanspruch innerhalb eines Jahres seit Kenntnis von diesen Tatsachen, spätestens aber nach Ablauf von zehn Jahren nach der Bekanntgabe der vorläufigen Entscheidung, abschließend entscheidet.

Die aufgrund der vorläufigen Entscheidung erbrachten Leistungen sind gemäß § 41a Abs. 6 Satz 1 SGB II auf die abschließend festgestellten Leistungen anzurechnen. Soweit im Bewilligungszeitraum in einzelnen Kalendermonaten vorläufig zu hohe Leistungen erbracht wurden, sind die sich daraus ergebenden Überzahlungen auf die abschließend bewilligten Leistungen anzurechnen, die für andere Kalendermonate dieses Bewilligungszeitraums nachzuzahlen wären (Satz 2). Überzahlungen, die nach der Anrechnung fortbestehen, sind zu erstatten (Satz 3). Das gilt auch im Fall des Absatzes 3 Satz 3 und 4 (Satz 4).

Der Beklagte hat zunächst mit den Bescheiden vom 22. Juni 2018 (betreffend den Zeitraum Juli 2018 bis Dezember 2018) und vom 13. Dezember 2018 (betreffend den Zeitraum Januar 2019 bis Juni 2019) jeweils ausdrücklich die Leistungen für die Kläger nur vorläufig bewilligt unter Hinweis auf schwankendes Einkommen des M.B. und unter Hinweis darauf, dass die Leistungen zu einem späteren Zeitpunkt noch endgültig festgesetzt werden müssen und in dem Zusammenhang auch Erstattungsforderungen entstehen können. In diesem Zusammenhang kann dahingestellt bleiben, ob gegebenenfalls hier tatsächlich schon endgültig hätte bewilligt werden können bzw. müssen, weil – wie von Klägerseite geltend gemacht – das Einkommen des M.B. tatsächlich nicht geschwankt hatte. In diesem Fall wäre dann zwar unter Umständen die vorläufige Bewilligung in den Bescheiden vom 22. Juni 2018 und 13. Dezember 2018 rechtswidrig gewesen. Mit der endgültigen Festsetzung der Höhe der Leistungen für die streitigen Zeiträume mit den hier streitbefangenen Bescheiden vom 20. August 2019 haben sich jedoch die vorläufigen Bescheide erledigt und sind allein die Bescheide zur endgültigen Festsetzung zur Höhe der Leistungen sowie die im Zusammenhang damit geltend gemachten Erstattungsforderungen auf ihre Richtigkeit noch zu prüfen.

Entgegen der von Klägerseite vertretenen Rechtsauffassung sind nun bei der endgültigen Festsetzung der Leistungen nach § 41a Abs. 6 SGB II auch Fehler bei der Leistungsfestsetzung zu korrigieren, die bei einer nicht vorläufigen Leistungsbewilligung nur im Rahmen des § 45 SGB X und den entsprechenden Einschränkungen bei der rückwirkenden Rücknahme zu korrigieren wären. Dies ergibt sich zum einen bereits aus der Vorschrift selbst. In § 41a Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 SGB II wird explizit auf eine endgültige Entscheidung für den Fall abgestellt, dass der Leistungsanspruch aus einem anderen als dem nach § 41a Absatz 2 Satz 1 SGB II anzugebenden Grund nicht oder nur in geringerer Höhe als die vorläufigen Leistungen besteht. Über diese Regelung können die Jobcenter Leistungen, die bereits fiktiv nach § 41 a Abs. 5 Satz 1 SGB II als abschließend festgesetzt gelten, nachträglich in abweichender Höhe abschließend bestimmen. Sie stellt eine spezielle Regelung zur Rücknahme eines anfänglich rechtswidrigen Verwaltungsaktes nach § 45 SGB X dar (Kemper in: Eicher/Luik/Harich, 5. Aufl. 2021, SGB II § 41a Rn. 69). Die Spezialität gegenüber der allgemeinen Bestimmung des § 45 Abs. 1 SGB X folgt daraus, dass maßgeblich für die Rechtswidrigkeit der vorläufigen Bewilligung nur solche Gründe sind, die nicht Grund der Vorläufigkeit waren (Kemper in: Eicher/Luik/Harich, 5. Aufl. 2021, SGB II § 41a Rn. 70).
Der Geltungs- und Anwendungsbereich des § 41a Abs. 6 Satz 3 ist unabhängig davon eröffnet, ob das Jobcenter die vorläufige Geldleistung berechtigt oder rechtswidrig bewilligt und erbracht hat. Auch im letztgenannten Fall hat eine Rückabwicklung gem. § 41a Abs. 6 Satz 3 SGB II zu erfolgen, falls der Tatbestand dieser Vorschrift erfüllt ist. Das Gesetz unterscheidet nämlich nicht zwischen rechtmäßig und rechtswidrig bewilligten vorläufigen Geld- oder Sachleistungen, sondern - gemäß der Rechtsnatur dieses Typs einstweiliger Verwaltungsakt - nur zwischen vorläufig erbrachten und abschließend festgestellten Geld- oder Sachleistungen. Auch rechtswidrig bewilligte Vorschüsse (gemessen an der tatsächlichen Rechtslage) müssen daher auf eine zustehende Leistung angerechnet und - soweit sie diese übersteigen - von dem Empfänger erstattet werden (Dietrich Hengelhaupt in: Hauck/Noftz SGB II, § 41a Vorläufige Entscheidung, Rn. 499 mit Hinweis auf zu § 42 SGB I: BSG 28. Juni 1990 - 4 RA 57/89 = BSGE 67, 104; BSG 29. April 1997 - 4 RA 46/96 = SozR 3-1200 § 42 Nr. 9). Eine Vertrauensschutzprüfung (i. S. d. Abwägung von Allgemein- und Individualinteressen) ist - anders als gem. § 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 45 Abs. 1 und 2 bzw. § 48 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB X i. V. m. § 330 Abs. 2 bzw. Abs. 3 Satz 1 SGB III sowie gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 50 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB X - nicht vorgesehen. Das begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Zwar entspricht es dem Rechtsstaatsprinzip (vgl. Art. 20 Abs. 1 GG) und § 242 BGB (Treu und Glauben), gegenüber der Rückabwicklung eines begünstigenden Verwaltungsaktes Vertrauensschutz geltend machen zu können. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Begünstigte überhaupt eine Rechtsposition erlangt hat, auf die er sich eingerichtet und auf deren Fortbestand er vertraut hat und vertrauen durfte (vgl. BVerfG Beschluss vom 16. Dezember 1981 – 1 BvR 898/79, 1 BvR 1132/79, 1 BvR 1150/79, 1 BvR 1333/79, 1 BvR 1181/79, 1 BvR 83/80, 1 BvR 416/80, 1 BvR 1117/79, 1 BvR 603/80 = BVerfGE 59, 128). Eine derartige auf Dauer gesicherte Rechtslage wird durch einen - nach dem Empfängerhorizont hinreichend begründet verlautbarten - vorläufigen Verwaltungsakt i. S. v. § 41a SGB II aber gerade nicht geschaffen, so dass der Leistungsbegehrende kein Vertrauen in das endgültige Behalten dürfen der Leistung entwickeln durfte, sondern wusste oder jedenfalls wissen konnte, dass Leistungen, auf die er nach abschließender Klärung keinen Anspruch haben würde, erstattet werden mussten (vgl. zu § 41a: Kemper a. a. O., Kallert a. a. O. Rn. 113; O. Loose a. a. O. Rn. 129; BSG Urteil vom 11. Juli 2019 - B 14 AS 44/18 R – Rn. 33 = SozR 4-4200 § 41a Nr. 2; vgl. zu § 328 SGB III: Schaumberg in jurisPK-SGB III, § 328 Rn. 130 f. mwN., Stand 21. Januar 2019; Düe in Brand, SGB III, 9. Auflage 2021, § 328 Rn. 27; vgl. zu § 42 SGB I: BSG 31. Mai 1989 - 4 RA 19/88 = SozR 1200 § 42 Nr. 4; vgl. zu § 22 Abs. 4 KOVVwVG: BSG Urteil vom 16. Juni 1999 - B 9 V 4/99 R – juris Rn. 21 = BSGE 84, 108). Der Einwand, die Voraussetzungen einer vorläufigen Bewilligung hätten nicht vorgelegen, ist ihm bei eingetretener Unanfechtbarkeit (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 39 Abs. 1 Sätze 1 und 2, Abs. 2 SGB X; § 77 SGG) versagt (Dietrich Hengelhaupt in: Hauck/Noftz SGB II, § 41a Vorläufige Entscheidung, Rn. 504 mit Hinweis auf: vgl. zu § 328 SGB III: Greiser in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 328 Rn. 48, Stand II/2017; BSG Urteil vom 6. April 2011 - B 4 AS 119/10 R - juris Rn. 20 = BSGE 108, 86; BSG Urteil vom 10. Mai 2011 - B 4 AS 139/10 - juris Rn. 15 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 38).
§ 41a Abs. 6 Satz 3 SGB II lässt sich damit als folgerichtiges Pendant zu der in § 41a Abs. 1 und 7 SGB II normierten Ausnahme vom Verbot des vorzeitigen Verfahrensabschlusses auffassen. Dem durch diesen eröffneten Zugang des Leistungsbegehrenden zu rascher und unbürokratischer Gewährung existenzsichernder Leistungen auf der einen werden erleichterte Rückabwicklungsmöglichkeiten des Jobcenters auf der anderen Seite gegenübergestellt (Dietrich Hengelhaupt in: Hauck/Noftz SGB II, § 41a Vorläufige Entscheidung, Rn. 506). Nur soweit eine Anrechnung nicht möglich ist, kann die Verwaltung bei niedrigerer abschließender Leistung oder bei Verneinung einer Leistungspflicht eine Erstattung der vorläufig erbrachten Leistungen nach § 41a Abs. 6 Satz 3 SGB II verlangen, ohne dass hierbei Ermessen auszuüben wäre (BSG 16. November 1995 - 4 RLw 4/94 -, SozR 3-1300 § 31 Nr. 10 = BeckRS 1995, 30758167) oder sich der Leistungsempfänger auf Vertrauensschutz berufen könnte (Kemper in: Eicher/Luik/Harich, 5. Aufl. 2021, SGB II § 41a Rn. 75 mit Hinweis auf BSG Urteil vom 15. August 2002 - B 7 AL 24/01 R - juris Rn. 17/18, SozR 3-4100 § 147 Nr. 1; BSG Urteil vom 31. Mai 1989 - 4 RA 19/88 - juris Rn. 25, SozR 1200 § 42 Nr. 4).
Auch auf die vorläufige Entscheidung nach § 41a SGB II finden grundsätzlich die Vorschriften des SGB X zur Bestandskraft Anwendung. Danach kann der Entscheidungsträger die vorläufige rechtswidrige Entscheidung, die den Leistungsberechtigten benachteiligt, gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X während des Bewilligungszeitraumes zugunsten des Leistungsberechtigten auch mit Wirkung für die Vergangenheit im Wege der Aufhebung anpassen, wenn das zur Sicherung des Existenzminimums geboten erscheint. Aus systematischen Gründen sollte im umgekehrten Fall zu Ungunsten des Leistungsberechtigten die Abrechnung für die Vergangenheit ausschließlich im Rahmen der abschließenden Entscheidung gemäß § 41a Abs. 6 SGB II erfolgen. Denn das Gesetz hält mit § 41a Abs. 6 SGB II ausdrücklich eine spezielle Regelung vor, um Überzahlungen „abzuschöpfen“, ohne auf den Grund der Überzahlung abzustellen, also unabhängig von dem Grund der anfänglichen Rechtswidrigkeit. (Grote-Seifert in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 41a <Stand: 5. April 2022>, Rn. 43).
Die daraus für den Bewilligungszeitraum resultierenden monatlichen Salden sind nach § 41 Abs. 6 Satz 2 SGB II zu verrechnen, indem etwaige Überzahlungen in einzelnen Monaten auf sich für andere Monate gegebenenfalls errechnende Nachzahlungsansprüche angerechnet werden. Verbleibt trotz der Anrechnung nach erfolgter Aufrechnung der monatlichen Salden im Bewilligungszeitraum ein Nachzahlungsanspruch, wird dieser mit der abschließenden Entscheidung sofort fällig. Umgekehrt ist eine nach der Verrechnung fortbestehende Überzahlung infolge der abschließenden Bescheidung nach § 41a Abs. 6 Satz 3 SGB II von dem Leistungsberechtigten zu erstatten. Insoweit handelt es sich bei § 41a Abs. 6 SGB II um eine eigenständige öffentlich-rechtliche Erstattungs- bzw. Rückzahlungsnorm; eines Aufhebungsbescheides und der Durchführung eines Erstattungsverfahrens nach den Vorschriften des SGB X bedarf es nicht. Der Anspruch auf Erstattung bzw. Nachzahlung folgt unmittelbar aus § 41a Abs. 6 Satz 3 SGB II auf der Grundlage der davon unabhängigen abschließenden Entscheidung nach § 41a Abs. 3 SGB II, die insoweit Tatbestandsvoraussetzung ist (Grote-Seifert in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 41a <Stand: 5. April 2022>, Rn. 75).
In diesem Sinne hat auch das LSG NRW in seinem Urteil vom 4. Juni 2020 (- L 7 AS 59/18 - juris Rn. 25 bis 28) ausgeführt:

"Die mit den Bescheiden vom 17.08.2016 und 26.11.2016 erfolgte vorläufige Bewilligung ist vorliegend ausschließlich nach Maßgabe der § 41a Abs. 3 und Abs. 6 SGB II den tatsächlichen Verhältnissen anzupassen. Die Vertrauensschutz einräumende Bestimmung der §§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II45 SGB X ist nicht anwendbar (BSG Urteil vom 11.07.2019 - B 14 AS 44/18 R; zu § 42 SGB I BSG Urteile vom 01.07.2020 - B 11 AL 19/09 R und vom 26.06.2007 - B 2 U 5/06 R; Urteil des Senats vom 24.09.2015 - L 7 AS 1880/12).
Nach dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung des 
§ 41a SGB II ist es bei einer vorläufigen Bewilligung der Behörde nicht verwehrt, die endgültige Leistung aus einem Grund niedriger festzusetzen oder abzulehnen, der mit der Vorläufigkeit nichts zu tun hat. Die vorläufige Leistungsbewilligung nach § 41a Abs. 1 SGB II soll ausschließlich im Interesse des Betroffenen eine schnelle Sicherung der Lebensgrundlage ermöglichen und entfaltet damit keinerlei Bindungswirkung über die vorläufige Bewilligung hinaus. Vorläufige Bewilligungen zielen (in erster Linie im Interesse des Betroffenen) ausschließlich auf eine Zwischenlösung und sind demgemäß auf die Ersetzung durch eine endgültige Entscheidung nach Wegfall der Vorläufigkeitsvoraussetzungen angelegt. Vorläufig bewilligte Leistungen sind als aliud gegenüber endgültigen Leistungen anzusehen (BSG Urteile vom 29.04.2015 - B 14 AS 31/14 R und vom 15.08.2002 - B 7 AL 24/01 RLSG Sachsen Urteil vom 18.02.2010 - L 3 AL 28/09; Kemper in Eicher/Luik, SGB II, § 41a Rn. 4). Die Regelung des § 41a Abs. 2 Satz 1 SGB II, wonach Umfang und Grund der Vorläufigkeit anzugeben sind, ändert hieran nichts (LSG Niedersachsen-Bremen Urteil vom 19.03.2014 - L 13 AS 325/11). Eine Bindungswirkung ist allenfalls möglich, wenn einzelne für die Endentscheidung maßgebliche Feststellungen bereits im Rahmen der vorläufigen Entscheidung abschließend getroffen worden sind. Nur dies führt dann dazu, dass der Betroffene durch die vorläufige Entscheidung bereits eine begrenzt gesicherte Rechtsposition erhält. (Urteil des Senats vom 24.09.2015 - L 7 AS 1880/12).
Die Bescheide vom 17.08.2016 und vom 26.11.2016 enthalten keinen eigenständigen abgrenzbaren Verfügungssatz dahingehend, dass ein Leistungsanspruch dem Grunde nach anerkannt wird. Eine isolierte Anerkennung einzelner Anspruchsvoraussetzungen für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts oder eine isolierte Entscheidung über das Nichtbestehen von Leistungsausschlussgründen ist im SGB II nicht vorgesehen und auch den hier maßgeblichen vorläufigen Bewilligungsbescheiden nicht zu entnehmen. Der endgültige Festsetzungsbescheid (hier vom 09.01.2017) könnte zudem auch deshalb nicht am Maßstab des 
§ 45 SGB X gemessen werden, weil seine Aufhebung (die allein Ziel einer auf eine Verletzung von § 45 SGB X gestützten Anfechtungsklage sein könnte) das Rechtsschutzziel des Klägers nicht erreichen würde, der eine endgültige Bewilligung von (höheren) Leistungen erstrebt.
Die Voraussetzungen nach 
§ 41a Abs. 3 und 6 SGB II liegen vor. Die Ablehnung der Leistungen (Festsetzung der Leistungen des Klägers "auf Null") ist rechtmäßig. Der Kläger hat im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, denn er war gemäß § 7 Abs. 5 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen, weil er ein dem Grunde nach BAföG-berechtigendes Studium absolviert hat und die Ausnahmen des § 7 Abs. 6 SGB II nicht vorliegen.“

Aus den oben genannten Gründen sowie der zitierten Rechtsprechung hat im Ergebnis der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise in den hier streitbefangenen Bescheiden vom 20. August 2019 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 18. Juni 2020 für die streitigen Zeiträume Juli 2018 bis Dezember 2018 und Januar 2019 bis Juni 2019 die Leistungen abschließend gemäß § 41a SGB II festgesetzt und die Erstattung der danach festzustellenden Überzahlungen geltend gemacht.
Auch die Höhe der geltend gemachten Erstattungsforderung ist zutreffend berechnet worden, Fehler sind keine festzustellen.

Aus diesen Gründen ist die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des SG zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.



 

Rechtskraft
Aus
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