L 9 R 421/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 1890/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 R 421/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11. Dezember 2019 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.



Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte berechtigt ist, im Zeitraum vom 01.04.2002 bis 31.05.2015 gewährte Zuschüsse zur Krankenversicherung zurückzufordern.

Die Beklagte bewilligte der 1959 geborenen Klägerin aus der Versicherung ihres am 01.02.2000 verstorbenen Ehemannes H auf deren Antrag vom 09.02.2000 mit Bescheid vom 06.06.2000 ab 01.03.2000 eine große Witwenrente (Zahlbetrag 1.564,90 DM inkl. eines Zuschusses zu einem Pflegeversicherungsbeitrag i.H.v. 13,19 DM). In dem Antrag vom 09.02.2000 hatte die Klägerin auch Zuschüsse zu den Aufwendungen zur Krankenversicherung und zur Pflegeversicherung für den Fall beantragt, dass keine Versicherungspflicht in der Krankenversicherung/Pflegeversicherung bestätigt werde bzw. Zuschüsse zu den Aufwendungen zur Krankenversicherung/Pflegeversicherung, weil sie freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einem privaten Versicherungsunternehmen versichert sei. Das entsprechende Formblatt über die Beantragung eines Zuschusses zur Kranken- und Pflegeversicherung (wegen einer freiwilligen Mitgliedschaft in einer gesetzlichen Krankenkasse), ging bei der Beklagten am 15.02.2000 ein (Band IV, Teil II, Seite 4 der V-Akten). In dem von der Klägerin am 09.02.2000 unterzeichneten Formblatt hatte sich die Klägerin unter „Erklärung der Antragstellerin/des Antragstellers u.a. verpflichtet, die Beendigung der freiwilligen Krankenversicherung, ein Ruhen der Versicherung (z.B. bei Anspruch auf Krankenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz, Bundesentschädigungsgesetz, Häftlingshilfegesetz usw.) sowie jede Veränderung der Beitrags- bzw. Prämienhöhe für die Krankenversicherung unverzüglich der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, …, anzuzeigen“.

Nach dem im Klageverfahren vorgelegten Rentenbescheid vom 15.01.2001 ist die Rente für die Zeit ab 01.06.2000 neu berechnet worden, weil sich das Krankenversicherungsverhältnis geändert habe. Ab dem 01.03.2001 betrage die monatliche Rente 1.551,71 DM, der Zuschuss zum Krankenversicherungsbeitrag 96,21 DM, der Zuschuss zum Pflegeversicherungsbeitrag 13,19 DM. Der monatliche Zahlbetrag belaufe sich auf 1.661,11 DM (849,31 €). Die Nachzahlung für die Zeit ab 01.06.2000 betrage 865,31 DM.

Ab April 2002 trat Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung ein.

Unter dem 02.03.2015 (Band V, Bl. 529 V-Akten) ist unter „Fehler- und Hinweistexte“ festgehalten worden, dass im maschinellen KVdR-Meldeverfahren Daten übermittelt worden seien, die zu einer Veränderung der Daten zur Krankenversicherung bzw. Pflegeversicherung geführt haben. Die Veränderung der Daten werde wirksam ab 01.04.2002.

Mit Rentenbescheid vom 16.04.2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die bisherige große Witwenrente ab dem 01.01.2011 neu berechnet werde. Für die Zeit ab dem 01.07.2015 würden laufend monatlich 634,47 € gezahlt. Für die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.05.2015 ergebe sich eine Überzahlung von 4.134,76 €. Die Rente werde neu berechnet, weil sich das Krankenversicherungsverhältnis und das Pflegeversicherungsverhältnis geändert habe. Nach Mitteilung der Krankenkasse sei eine Änderung bereits zum 01.04.2002 eingetreten. Bei der rückwirkenden Einbehaltung der Beiträge sei die Verjährung von Amts wegen zu beachten. Damit seien die Ansprüche auf Beiträge für die Zeit bis zum 31.12.2010 verjährt. Weil die Klägerin auch in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sei, habe sie einen Versicherungsbeitrag aus der Rente zu zahlen. Der monatliche Zahlbetrag der Rente ergebe sich unter Abzug dieser Beitragsanteile. Für die Berechnung der „Überzahlung“ verwies die Beklagte auf die Anlage 1. Die genannte Änderung führe dazu, dass die bisher von der Klägerin nicht geleisteten Beiträge bzw. Anteile an den Beiträgen für die Kranken-/Pflegeversicherung auch rückwirkend von der Rente einzubehalten seien. Diese Beitragspflicht entsteht kraft Gesetzes und unabhängig davon, ob die Klägerin wusste, dass aus der Rente Beiträge einzubehalten seien. In der diesem Bescheid beigefügten Anlage 10 heißt es: Der Bescheid über die Bewilligung des Zuschusses zur Krankenversicherung werde mit Wirkung für die Zukunft ab dem 01.06.2015 nach § 48 Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) aufgehoben. Das Ende der freiwilligen/privaten Krankenversicherung führe dazu, dass die Voraussetzungen für den nach § 106 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) gezahlten Zuschuss zur Krankenversicherung nicht mehr gegeben seien. Diese wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen sei nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X in jedem Fall mit Wirkung für die Zukunft zu berücksichtigen. Die Rente sei daher für die Zeit ab dem 01.06.2015 ohne den Zuschuss zur Krankenversicherung zu zahlen. Es sei beabsichtigt, den Bescheid auch mit Wirkung für die Vergangenheit ab dem 01.04.2002 nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X aufzuheben und die Überzahlung aufgrund des zu Unrecht gezahlten Zuschusses zur Krankenversicherung für die Zeit vom 01.04.2002 bis zum 31.05.2015 i.H.v. 9.144,56 € und des zu Unrecht gezahlten Zuschusses zur Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.04.2002 bis 31. März 2004 i.H.v. 168,78 € nach § 50 Abs. 1 SGB X zurückzufordern. Die Voraussetzungen für die beabsichtigte Entscheidung sei nach Lage der Akten, insbesondere aufgrund der der Klägerin von der Beklagten gegebenen Informationen zu den Voraussetzungen der Zahlung des Zuschusses zur Krankenversicherung erfüllt. Der Klägerin wurde Gelegenheit gegeben, sich hierzu äußern.

Mit Fax vom 15.05.2015 legte die Klägerin „Widerspruch gegen den Bescheid über die „Bewilligung des Zuschusses zur Krankenversicherung““ ein. Diesen Widerspruch nahm sie mit Schreiben vom 13.07.2015 zurück und führte aus, dass Sie die im Rentenbescheid vom 16.04.2015 genannte überzahlte Forderung von 4.134,76 € einmalig und gesamt in den nächsten Tagen überweisen werde. Mit Bescheid vom 19.08.2015 forderte die Beklagte die Zahlung der mit Bescheid vom 16.04.2015 festgestellten Beiträge zur Krankenversicherung der Rentner (KVdR) und der gesetzlichen Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.05.2015 in Höhe von insgesamt 4.134,76 € gemäß § 255 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Bei einer vorgenommenen Überprüfung sei festgestellt worden, dass die Rente bisher als „nicht krankenpflichtversichert“ gekennzeichnet gewesen sei, obwohl die Klägerin bei einer gesetzlichen Krankenkasse pflichtversichert war und sei. Die Beitragsschuld für die Zeit vom 01.01.2011 bis 31.05.2015 sei von der Klägerin bereits gezahlt worden.

Unter dem 21.08.2015 erließ die Beklagte auf einem Formularvordruck „Wegfall des Zuschusses zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung“ einen Bescheid und verfügte, dass „der Bescheid vom 06.06.2000“ über die Bewilligung des Zuschusses zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung und Pflegeversicherung ab 01.04.2002 aufgehoben (§ 48 SGB X) werde. Die für die Zeit 01.04.2002 bis 31.05.2015 bereits erbrachten Leistungen seien infolge der Aufhebung des Bescheides in Höhe von 4.656,67 € zu erstatten (§ 50 SGB X). Ein Anspruch auf Zuschuss zur Krankenversicherung bestehe bis zum 31.03.2002, die Zahlung sei eingestellt worden zum 31.05.2015. Ein Anspruch auf Zuschuss zur Pflegeversicherung bestehe bis zum 31.03.2002, die Zahlung sei eingestellt worden zum 31.03.2004. Der auf Blatt 1 genannte Bescheid „wird/wurde“ mit Wirkung für die Zukunft ab 01.06.2015 aufgehoben. Hierüber habe die Klägerin bereits einen gesonderten Bescheid vom 16.04.2015 erhalten. Der auf Blatt 1 genannte Bescheid werde auch mit Wirkung für die Vergangenheit ab 01.04.2002 aufgehoben. Die Aufhebung des Bescheides ab diesem Zeitpunkt sei statthaft, weil ein Tatbestand des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 oder Nr. 4 SGB X gegeben sei und die Fristen des § 48 SGB X noch nicht abgelaufen seien. Die Einlassungen in der Anhörung seien nicht geeignet, Vertrauensschutz in den Bestand des Bescheides einzuräumen, weil die Klägerin aufgrund der gegebenen Informationen (z.B. innerhalb des Antragsvordrucks auf die Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung, des Merkblattes über die Krankenversicherung der Rentner und Pflegeversicherung, des Bescheides über die Bewilligung der Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung oder die jährlichen Rentenanpassungsmitteilungen) wusste oder nur deshalb nicht wusste, weil sie die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass durch den Wegfall der freiwilligen/privaten Krankenversicherung der Anspruch auf die Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung nicht mehr besteht. Mit dem Wegfall der freiwilligen/privaten Krankenversicherung habe die Klägerin keine Aufwendungen mehr für diese Krankenversicherung gehabt, zu denen sie diese Zuschüsse erhalten habe. Ferner hat die Beklagte in der dem Bescheid beigefügten Anlage 10 unter dem Punkt „Bescheidaufhebung und deren Begründung“ unter anderem ausgeführt, dass sie (die Beklagte) im Rahmen des ihr obliegenden Ermessens die Gründe, die „gegen“ und „für“ die Aufhebung für die Vergangenheit sprechen, gegeneinander abgewogen habe. Gegen die Aufhebung für die Vergangenheit spreche, dass sich die Beklagte das Mitverschulden der IKK classic zurechnen lassen müsse, da die Aufgabenbereiche der Krankenkasse und der Deutschen Rentenversicherung Bund insoweit materiell-rechtlich miteinander verknüpft seien. Für die Aufhebung für die Vergangenheit spreche, dass die Entstehung der Überzahlung nicht im Verantwortungsbereich der Beklagten liege, da die Klägerin trotz Kenntnis vom Eintritt der Pflichtmitgliedschaft und der Beendigung der Beitragszahlung zur freiwilligen Versicherung ihrer Mitteilungspflicht gegenüber der Beklagten nicht nachgekommen sei. Insoweit habe ausweislich des Bescheides vom 06.06.2000 die Pflicht zur Mitteilung jeder Änderung des Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnisses für die Klägerin bestanden. Im Rahmen der Abwägung würden mehr Gründe für als gegen die Aufhebung auch für die Vergangenheit sprechen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass dem Interesse der Versichertengemeinschaft an der zweckgerechten Verwendung der eigenen Mittel ein großes Gewicht zukomme. Jedoch habe man die bekannten Umstände im Rahmen des Ermessens insoweit berücksichtigt, als dass man den Bescheid nur teilweise aufgehoben habe. Daraus ergebe sich, dass nur ein Betrag in Höhe von 4.656,67 € überzahlt und zu erstatten sei.

Hiergegen erhob die - inzwischen anwaltlich vertretene - Klägerin mit Schreiben vom 21.09.2015 Widerspruch.

Mit Bescheid vom 11.01.2016 forderte die Beklagte von der Klägerin für die Zeit vom 01.04.2002 bis 31.05.2015 noch 4.572,28 € zurück. Der Bescheid vom 06.06.2000 über die Bewilligung des Zuschusses zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung werde ab 01.04.2002 aufgehoben. Die für die Zeit vom 01.04.2002 bis 31.03.2004 gezahlten Zuschüsse zur Pflegeversicherung hat sie wegen § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X i.V.m. § 45 Abs. 3 Satz 3 und 4 SGB X nicht mehr geltend gemacht. Im Übrigen wiederholte die Beklagte ihre bereits im Bescheid vom 21.08.2015 wiedergegebene Begründung.

Den ohne weitere Begründung erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte – soweit ihm nicht mit Bescheid vom 11.01.2016 bereits abgeholfen worden sei – mit Widerspruchsbescheid vom 25.07.2016 als unbegründet zurück. Der Bescheid sei nicht zu beanstanden. Der Widerspruchsausschluss schließe sich der Ermessensausübung des angefochtenen Bescheides an.

Am 22.08.2016 hat die Klägerin über ihren Bevollmächtigten Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben und geltend gemacht, dass die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung nicht vorliegen würden. Es falle bereits schwer, der Klägerin Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zu unterstellen, weil sie von der Rentenzahlung der Beklagten überzeugt gewesen sei. Hilfsweise müsse sich die Beklagte im Rahmen der Ermessensausübung entgegenhalten lassen, dass die absolut maßgebliche Ursache für die erst später eingetretene Fehlerhaftigkeit des ursprünglich zutreffenden Bescheides vom 06.06.2000 auf ihrer Seite anzusiedeln sei. Zwar habe die Beklagte noch zutreffend erkannt, dass sie sich die Unterlassungen der IKK classic anrechnen lassen müsse. Insoweit sei es aber widersprüchlich, wenn die Beklagte weiterführend davon ausgehe, dass die Entstehung der Überzahlung nicht in ihrem Verantwortungsbereich gelegen habe. Eine zuzurechnende Verantwortung sei eigene Verantwortung ohne Abstriche. Eine ordnungsgemäß durchgeführte Ermessensausübung müsse zum Ergebnis gelangen, die Inanspruchnahme der Klägerin weiter deutlich herabzusetzen.

Einen vom SG im Rahmen eines Termins zur Erörterung des Sach- und Streitstandes vorgeschlagenen Vergleich (Reduzierung der Rückforderung auf 2.500 €), in dem auch angesprochen wurde, dass im Bescheid vom 06.06.2000 lediglich ein Zuschuss zur Pflegeversicherung, nicht jedoch auch ein Zuschuss zur Krankenversicherung bewilligt worden war, hat die Beklagte innerhalb der gewährten Frist widerrufen. Sie hat insoweit ausgeführt, dass auch wenn das falsche Bescheiddatum genannt worden sei, aus dem streitigen Aufhebungsbescheid vom 21.08.2015 klar erkennbar zum Ausdruck komme, dass der Bescheid vom 15.01.2001 für die Zeit ab dem 01.04.2002 keine Bindungswirkung mehr entfalten solle. Für eine wirksame Bescheidaufhebung sei die Benennung des aufzuhebenden Bescheides mit seinem Erlassdatum nicht notwendig. Aus den Aufhebungsbescheid müsse lediglich nach dem objektiven Verständnis eines durchschnittlichen Empfängers nur hervorgehen, dass und in welchem Umfang ein begünstigender Verwaltungsakt nicht mehr aufrechterhalten bleiben solle. Insoweit verdeutliche der Aufhebungsbescheid vom 21.08.2015 den Willen der Beklagten, an der Bewilligung des Beitragszuschusses zur Krankenversicherung für die Zeit ab dem 01.04.2002 nicht mehr festzuhalten, diese also aufheben zu wollen. Die Klägerin habe dies auch genau so verstanden, da sie sich im weiteren Verfahren inhaltlich zur Sache geäußert und nicht die Aufhebung des falschen Bescheides bemängelt habe.

Mit Urteil vom 11.12.2019 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 21.08.2015 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 11.01.2016 sowie des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2016 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X vorliegend nicht erfüllt seien, weil es an einer (wirksamen) Aufhebung des Bescheides vom 15.01.2001 fehle. Eine solche gehe weder aus dem Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 21.08.2015 noch aus dem Teilabhilfebescheid vom 11.01.2016 im ausreichenden Maße hervor. Soweit die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 11.12.2017 vortrage, einer wirksamen Aufhebung des Bescheides vom 15.01.2001 stehe es nicht entgegen, dass dieser Bescheid im Aufhebungsbescheid vom 21.08.2015 nicht benannt worden sei, sondern der Bescheid vom 06.06.2000, so überzeuge diese Ansicht – auch in Ansehung der in diesem Schriftsatz beklagtenseitig bemühten Rechtsprechung – nicht. Insoweit sei zu konstatieren, dass im Aufhebungsbescheid vom 21.08.2015 (wie auch im Teilabhilfebescheid vom 11.01.2016) als aufgehobener Bescheid immer (jeweils) nur der Bescheid vom 06.06.2000 genannt worden sei (der seinerseits jedoch nur die Zuschüsse zur Pflegeversicherung betroffen habe). Eine Benennung des Bescheides vom 15.01.2001 (der die – hier streitigen – Zuschüsse zur Krankenversicherung betroffen habe) lasse sich weder den Verfügungssätzen noch aus den Begründungselementen der Bescheide (sowohl in den Bescheiden selbst als auch bezüglich der den Bescheiden beigefügten Anlagen) entnehmen. Insoweit habe sich die Beklagte durchgängig einer Darstellung in Singularform („der Bescheid vom 06.06.2000“ oder „von der Aufhebung des den Zuschuss bewilligenden Bescheides vom 06.06.2000“) bedient. Nach Lesart des Gerichts lasse sich keine Stelle in den angegriffenen Entscheidungen finden, die zu erkennen gebe, dass nicht nur ein Verwaltungsakt, sondern insgesamt zwei verschiedene Verwaltungsakte aufgehoben werden sollten. Die fehlende Verfügung des Bescheides vom 15.01.2001 betreffe nach Ansicht des Bundessozialgerichts (BSG) nicht die Frage der formellen Bestimmtheit des Verwaltungsaktes im Sinne von § 33 Abs. 1 SGB X – worauf sich ausnahmslos die beklagtenseitig zitierten Urteile bezögen – sondern der materiellen Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes. In seinem Urteil vom 29.11.2012 (B 14 AS 196/11 R) habe das BSG auch deutlich gemacht, dass Bescheide, in denen eine neue Leistungsbewilligung vorgenommen werde, auch gesondert im Aufhebungsbescheid zu benennen seien. Es müsse folglich für den objektiven Empfänger erkennbar werden, dass mehrere Bescheide aufzuheben seien. Erst in einem zweiten Schritt – wenn dieser Umstand bereits geklärt sei – könne sich die Frage anschließen, ob die Verwaltungsakte, die aufgehoben werden sollen, auch hinreichend konkret bezeichnet worden seien. Vorliegend sei es im Hinblick auf die streitbefangenen Zuschüsse zur Krankenversicherung zu einer neuen (erstmaligen) Leistungsbewilligung im Bescheid vom 15.01.2001 gekommen. Dieser sei in keinem der angefochtenen Bescheide – weder ausdrücklich, noch durch Auslegung bestimmbar – benannt worden. Eine Aufhebung sei nach den vorstehenden Ausführungen des BSG damit nicht verfügt; eine Rückforderung – gestützt auf § 50 Abs. 1 SGB X – damit mangels Aufhebung (als zwingende Tatbestandsvoraussetzung) ausgeschlossen.

Gegen das der Beklagten am 03.01.2020 zugestellte Urteil hat diese am 31.01.2020 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt.

Unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrages, insbesondere unter Verweis auf eine Vielzahl von Rechtsprechung hat die Beklagte an ihrer Rechtsauffassung, der Bescheid vom 15.01.2001 sei wirksam aufgehoben, festgehalten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 11. Dezember 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Termin der mündlichen Verhandlung wurde die Klägerin angehört.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.



Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben.

Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig. Sie ist aber unbegründet, denn der Bescheid der Beklagten vom 21.08.2015 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 11.01.2016 und des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2016 ist rechtmäßig.

Rechtsgrundlage für die von der Beklagten verfügte Aufhebung der bewilligten Zuschüsse zur Krankenversicherung und deren Erstattung ist § 48 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 50 Abs. 1 Satz SGB X. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.

Der Senat stellt zunächst fest, dass der Bescheid vom 21.08.2015 in Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 11.01.2016 und
des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2016, welcher überzahlte Leistungen aufgehoben und zurückfordert hat, formell rechtmäßig ist, insbesondere ist die erforderliche Anhörung nach § 24 SGB X in dem (hier nicht angefochtenen) Bescheid vom 16.04.2015, mit dem die Rentenneuberechnung für die Zukunft ohne Zuschuss zu den Beiträgen für eine Krankenversicherung erfolgte, ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Voraussetzungen des § 50 Abs. 3 SGB X sind zudem gewahrt.

Die mit dem Bescheid vom 21.08.2015 verfügte Aufhebung der Bewilligung des Zuschusses zur freiwilligen Krankenversicherung war auch hinreichend bestimmt (
§ 33 Abs. 1 SGB X). Dies setzt insbesondere voraus, dass der Verfügungssatz des Verwaltungsaktes nach seinem Regelungsgehalt in sich widerspruchsfrei ist (BSG, Urteil vom 25.10.2017 - B 14 AS 9/17 R -, Rn. 17; Pattar in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 33 SGB X [Stand: 01.12.2017], Rn. 21). Der Betroffene muss bei Zugrundelegung der Erkenntnismöglichkeiten eines verständigen Empfängers und unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls in die Lage versetzt werden, die in ihm getroffene Rechtsfolge vollständig, klar und unzweideutig zu erkennen und sein Verhalten daran auszurichten (BSG, Urteil vom 03.07.2020 - B 8 SO 2/19 R -, Rn. 15; Engelmann in: Schütze, SGB X, 9. Auflage 2020, § 33 Rn. 11ff.). Unschädlich ist es insoweit, wenn der Regelungsgehalt des Verfügungssatzes erst durch Auslegung ermittelt werden muss, etwa indem das Anhörungsschreiben, die Begründung der angefochtenen Bescheide, beigefügte Anlagen, früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder andere allgemein zugängliche Unterlagen herangezogen werden (vgl. BSG, Urteile vom 29.11.2012 - B 14 AS 196/11 R -, Rn. 16; vom 10.09.2013 - B 4 AS 89/12 R -, Rn. 15; vom 25.10.2017 - B 14 AS 9/17 R -, Rn. 17 und zuletzt Urteil vom 03.07.2020 - B 8 SO 2/19 R -, Rn. 15, alle juris; Engelmann, a.a.O., § 33 Rn. 16). Diese Auslegungsmöglichkeiten finden allerdings ihre Grenze dort, wo es dem Adressaten überlassen bleibt, Gegenstand, Inhalt, Zeitpunkt und Umfang der Aufhebung zu bestimmen, weil der in begünstigende Rechtspositionen eingreifende Leistungsträger verpflichtet ist, diese Entscheidung selbst zu treffen und dem Adressaten bekannt zu geben (vgl. BSG, Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 196/11 R -, juris Rn. 16 m.w.N.). Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts (BSG, Urteil vom 03.07.2020 - B 8 SO 2/19 R -, juris Rn. 15; Engelmann, a.a.O., § 33 Rn. 6 m.w.N.). Für Verwaltungsakte, mit denen eine Leistungsbewilligung aufgehoben wird, gilt insoweit, dass der Bescheid zumindest den Adressaten, den Zeitraum der Aufhebung und den konkreten Umfang der Aufhebung erkennen lassen muss (Pattar, a.a.O., Rn. 46). Unter Berücksichtigung dessen ist der hier streitige Bescheid hinreichend bestimmt. Denn die Beklagte hat in dem Bescheid widerspruchsfrei ausgeführt, dass sie die Bewilligung des Zuschusses zur freiwilligen Krankenversicherung ab dem 01.04.2002 aufheben und von der Klägerin die für die Zeit vom 01.04.2002 bis 31.05.2015 bereits erbrachten Leistungen zurückverlangen will. Diesen Betrag hat sie (zunächst) auf 4.656,67 € festgesetzt, wobei sich aus der Aufstellung der Berechnung der erfolgten Überzahlung auf Seite 2 des Bescheides entnehmen lässt, dass die Beklagte von einer errechneten Gesamtüberzahlung von 9.313,34 € im Wege der Ermessensausübung nur 4.656,67 € tatsächlich zurückerstattet haben will. Der Teilabhilfebescheid vom 11.01.2016, der gemäß § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens geworden war, hat diesen Bescheid unter Wiederholung der Ausführungen im Übrigen lediglich dahingehend abgeändert, als die Beklagte die Rückforderung der Zuschüsse zur Pflegeversicherung zurückgenommen und den zu Unrecht gezahlten Betrag (9.144,56 €) sowie den zu erstattenden Betrag (4.572,28 €) dem angepasst hat. Die Nennung eines unzutreffenden Datums des von der Beklagten aufgehobenen Verwaltungsakts – wie hier – ist keine Frage der hinreichenden Bestimmtheit, sondern der materiellen Rechtmäßigkeit (BSG, Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 196/11 R -, juris Rn. 18). Denn die Erstattung zu Unrecht erbrachter Leistungen kann gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X nur verlangt werden, wenn und soweit ein Verwaltungsakt, also die entsprechende Leistungsbewilligung aufgehoben worden ist.

Es trifft zwar zu, dass sowohl der Bescheid vom 21.08.2015 als auch der Bescheid vom 11.01.2016 nicht den Zuschuss zur freiwilligen Krankenversicherung bewilligenden Verwaltungsakt (15.01.2001), sondern den ursprünglichen Rentenbewilligungsbescheid, der indes lediglich einen Zuschuss zur Pflegeversicherung regelte, zum Gegenstand der Aufhebung machten. Zutreffend ist sicherlich auch, dass eine Erstattungsforderung auf der Grundlage von § 50 Abs. 1 SGB X nur rechtmäßig sein kann, wenn der Bewilligungsbescheid, auf Grund dessen die zur Erstattung geltend gemachte Leistung gezahlt wurde, aufgehoben wurde und damit der Behaltensgrund für die Leistung entfallen ist.
Der Behaltensgrund wäre aber nur dann entfallen, wenn (auch) nach Auslegungsgrundsätzen sich der konkrete Wille der Beklagten nicht zweifelsfrei ergebe.

Zur Auslegung von Verwaltungsakten hat das BSG (Urteil vom 25.10.2017 – B 14 AS 9/17 R –, juris Rn. 21 – 24) Folgendes ausgeführt:
„Verwaltungsakte sind auszulegen in Anwendung der für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze (§§ 133, 157 BGB; zum Verwaltungsakt als behördlicher, verwaltungsrechtlicher Willenserklärung Engelmann in von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 31 RdNr 23, 56; Siewert/Waschull in Diering/Timme/Waschull, SGB X, 4. Aufl. 2016, § 31 RdNr 29). Für die Auslegung kommt es über den bloßen Wortlaut hinaus auf den objektiven Sinngehalt des Verwaltungsakts an, also darauf, wie der Empfänger dessen Inhalt (Verfügungssatz und Begründung) bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalls objektiv verstehen konnte und musste. Die Auslegung geht aus vom Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der alle Begleitumstände und Zusammenhänge (Vorgeschichte, Anträge, Begleitschreiben, Situation des Adressaten, genannte Rechtsnormen, auch Interesse der Behörde) berücksichtigt, welche die Behörde erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (stRspr, vgl bereits BSG vom 29.6.1984 - 12 RK 38/82 - SozR 2200 § 490 Nr 1 S 2; BSG vom 3.4.2014 - B 2 U 25/12 R - BSGE 115, 256 = SozR 4-2700 § 136 Nr 6, RdNr 15 mwN; zuletzt etwa BSG vom 23.2.2017 - B 4 AS 57/15 R - vorgesehen für SozR 4, juris, RdNr 12; vgl auch Engelmann, aaO, § 31 RdNr 25, 56; Littmann in Hauck/Noftz, SGB X, K § 31 RdNr 35, Stand 12/11; Siewert/Waschull, aaO, § 31 RdNr 30; vgl aus der Rspr des BVerwG und des BFH BVerwG vom 5.11.2009 - 4 C 3/09 - BVerwGE 135, 209, juris RdNr 21; BVerwG vom 24.7.2014 - 3 C 23/13 - juris RdNr 18; BFH vom 26.11.2009 - III R 87/07 - BFHE 227, 466, juris RdNr 13; BFH vom 10.5.2012 - IV R 34/09 - BFHE 239, 485, juris RdNr 36 f; BFH vom 12.9.2013 - III R 16/11 - juris RdNr 21). Auch zur Auslegung von Aufhebungsverwaltungsakten kann auf den gesamten Inhalt des Bescheids einschließlich der von der Behörde gegebenen Begründung, auf früher zwischen den Beteiligten ergangene Verwaltungsakte oder auf allgemein zugängliche Unterlagen zurückgegriffen werden. Diese Auslegungsmöglichkeiten finden bei Aufhebungsverwaltungsakten ihre Grenze dort, wo es dem Adressaten überlassen bleibt, Gegenstand, Inhalt, Zeitpunkt und Umfang der Aufhebung zu bestimmen, weil der in begünstigende Rechtspositionen eingreifende Leistungsträger verpflichtet ist, diese Entscheidung selbst zu treffen und dem Adressaten bekanntzugeben (so - nicht zur Auslegung von Verwaltungsakten, sondern zum Maßstab für die Bestimmtheitsprüfung - BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 196/11 R - SozR 4-1300 § 33 Nr 2 RdNr 16; vgl auch BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 6/12 R - BSGE 112, 221 = SozR 4-1300 § 45 Nr 12, RdNr 26; BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 89/12 R - BSGE 114, 188 = SozR 4-4200 § 11 Nr 62, RdNr 15). … Zwar hat der Beklagte im Verfügungssatz des Aufhebungsverwaltungsakts nicht alle Bewilligungsentscheidungen konkret bezeichnet, die diesen Zeitraum regelten, sondern nur die den jeweiligen Bewilligungszeitraum erstmals insgesamt regelnden Bewilligungsbescheide sowie den letzten Änderungsbewilligungsbescheid vom 2.10.2007. Aus dem Gesamtzusammenhang der Verfügungssätze des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids, dem Inhalt der Begründung des Bescheids und den bekannten Umständen ergibt sich jedoch für den Kläger als objektiven Empfänger unzweideutig, dass auch die anderen, nicht ausdrücklich bezeichneten Änderungsbewilligungsbescheide vom Aufhebungsverwaltungsakt ebenso wie vom Erstattungsverwaltungsakt erfasst sein sollten, die in den jeweiligen Bewilligungszeiträumen des Aufhebungszeitraums die dem Kläger bewilligten Leistungen regelten.“


Ausgehend hiervon sieht der Senat den Bescheid vom 21.08.2015 (in Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 11.01.2016) allenfalls bezogen auf die Nennung des Bescheiddatums als auslegungsbedürftig an. Denn es ergibt sich nur insoweit ein Widerspruch im Aufhebungsbescheid zur tatsächlichen Sachlage, als sich unter dem genannten Datum (06.06.2000) (nur) ein Rentenbewilligungsbescheid findet, der seinerseits keine Bewilligung von Zuschüssen zur freiwilligen Krankenversicherung der Klägerin enthält und die förmliche Aufhebung dieses Bescheides damit den Behaltensgrund für die Leistungen zunächst jedenfalls nicht entfallen lässt. Aus dem Verfügungssatz und aus der Begründung des Bescheides vom 21.08.2015 ergibt sich indes vorliegend ohne Zweifel, dass die Beklagte die an die Klägerin für den Zeitraum vom 01.04.2002 bis zum 31.05.2015 erbrachten Zuschüsse zur Krankenversicherung ganz aufheben wollte. Dabei verbleiben im Gegensatz zu den in der Rechtsprechung genannten Fällen von im Aufhebungsbescheid nicht genannten Änderungsbescheiden gerade keine Zweifel, ob eine Aufhebung lückenlos erfolgen soll oder lediglich Teilzeiträume betroffen sind (siehe hierzu etwa LSG Hamburg, Urteil vom 23.06.2016 - L 4 AS 575/15 -, juris Rn. 19). In diesen Fallgestaltungen, die auch der vom SG zitierten Entscheidung des BSG (B 14 AS 196/11 R) zugrunde lag, ist nachvollziehbar, dass dem Umstand, dass lediglich bestimmte Bescheide im Aufhebungstenor der Verfügung genannt werden, andere jedoch nicht, Zweifel aufwerfen, ob auch diese der Aufhebung unterfallen und ob über diese Änderungsbescheide eine Entscheidung getroffen worden ist. Nachvollziehbar ist, dass bei verbleibenden Zweifeln in diesen Fällen der Tenor der jeweiligen Verwaltungsentscheidung maßgeblich sein muss. Der Gegenstand und der Umfang der Aufhebung in zeitlicher Hinsicht wie auch die Höhe der verfügten Rückforderung unterliegt in dem vorliegenden Fall aber keinem Zweifel. Allein ein im Aufhebungs-Verwaltungsakt genanntes unzutreffendes Bescheiddatum ist damit noch nicht gleichbedeutend mit einem Behaltendürfen der Leistung, weil der bewilligende Verwaltungsakt nicht aufgehoben ist, zumindest wenn die Auslegung des Verwaltungsakts auch unter Berücksichtigung der weiteren Umstände ergibt, dass ein anderer Bescheid – hier der Bescheid vom 15.01.2001 – aufgehoben werden sollte. Dies war nicht nur nach dem Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, sondern auch für die Klägerin unschwer zu erkennen und sie hatte den Aufhebungsbescheid genauso verstanden. Auf die unzutreffende Nennung der Bewilligung hatte sie sich nie berufen, die Beitragsnachforderung hat sie ohne weiteres gezahlt.

Die (weiteren) Aufhebungsvoraussetzungen liegen zudem vor. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X soll ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit in den zum Zeitpunkt seines Erlasses vorgelegenen tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen eine wesentliche Änderung eingetreten ist, mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X).

Mit dem Bescheid vom 15.01.2001 wurde die Witwenrente der Klägerin neu berechnet und ihr wurden auf ihren Antrag ab dem 01.06.2000 Zuschüsse zur Krankenversicherung bewilligt. Bei diesem Bescheid handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, da mit ihm ein auf Dauer angelegtes Rechtsverhältnis zwischen ihr und der Beklagten begründet worden ist. Dieser Bescheid war zum Zeitpunkt seines Erlasses auch rechtmäßig, so dass sich die Rücknahme des Verwaltungsakts nach den Voraussetzungen des § 48 SGB X und nicht nach § 45 SGB X richtet. Erst ab April 2002, und damit nach Erlass dieses Bescheides, trat nach der maschinellen KVdR-Mitteilung der IKK classic durch das Eintreten der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ein. Diese Änderung war auch wesentlich. Nach § 106 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB VI ist die Gewährung eines Zuschusses zur freiwilligen Krankenversicherung an das Vorliegen einer freiwilligen Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung oder bei einer privaten Krankenversicherung gebunden und ausgeschlossen, wenn der Rentner gleichzeitig in einer inländischen oder ausländischen gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert ist. Ab dem 01.04.2002 bestand für die Klägerin Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), was von ihr auch nicht bestritten wird. Dies ist zurückzuführen auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15.03.2000 (1 BvL 16/96 u.a., SozR 3-2500 § 5 Nr. 42), mit dem die Unvereinbarkeit des § 5 Abs. 1 Nr. 11 Halbsatz 1 SGB V idF des Gesundheitsstrukturgesetzes mit Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz festgestellt worden ist. Zugleich hatte das BVerfG erkannt, dass sich ab dem 01.04.2002 der Zugang zur KVdR nach § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V i.d.F. des Gesetzes zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesundheits-Reformgesetz) vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I Seite 2, 4, 77) bestimmt. Da die Klägerin von der Option zur Weiterversicherung als freiwillig Versicherte offensichtlich keinen Gebrauch gemacht hatte, war sie seit dem 01.04.2002 in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung versicherungs- und beitragspflichtig (§§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V; § 252 Satz 1 SGB V). Mit der Begründung einer Pflichtversicherung in der gesetzlichen Krankenkasse zum 01.04.2002 (und dem damit einhergehenden Wegfall der Verpflichtung des Klägers zur Entrichtung von Beiträgen für eine freiwillige Krankenversicherung) sind materiellrechtlich die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Weitergewährung des Zuschusses zu den Aufwendungen für die (freiwillige) Krankenversicherung nach § 106 Abs. 1 Satz 1 SGB VI weggefallen (LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 30.11.2011 - L 4 R 66/11 -, Rn. 23, juris). Die wegen der Versicherungspflicht mit Bescheid vom 16.04.2015 (Band V, Bl. 545 V-Akten) nachgeforderten Beiträge hat sie unter Zurücknahme ihres Widerspruches zudem gezahlt. Mit Beginn eines Pflichtversicherungsverhältnisses in der gesetzlichen Krankenversicherung waren die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Zuschüsse nach § 106 SGB VI nicht mehr erfüllt. Darin liegt eine wesentliche Änderung in den der Bewilligung des Zuschusses zugrundeliegenden rechtlichen Verhältnisse im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
Auch die weiteren Voraussetzungen der Aufhebungsvorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X (Verletzung einer Mitteilungspflicht) und des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X (zumindest grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit) sind erfüllt.

Die
Klägerin hat es unterlassen, der Beklagten die Änderung ihres Krankenversicherungsverhältnisses mitzuteilen. Zu dieser Mitteilung war sie gesetzlich verpflichtet. Dies ergibt sich aus § 60 Abs. 1 Nr. 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I), wonach derjenige, der Sozialleistungen beantragt oder erhält, u. a. Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen hat.

Diese Pflicht hat die Klägerin grob fahrlässig verletzt. Grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X). Dies ist dann der Fall, wenn der Betroffene bereits einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und das nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (BSG, Urteil vom 08.02.2011 - B 11 AL 21/00 R -, juris). Bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit ist nicht von einem objektiven, sondern von einem subjektiven Fahrlässigkeitsbegriff auszugehen, wobei sich das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit sowie dem Einsichtsvermögen des Beteiligten richtet (BSG, Urteil vom 20.09.1977 - 8/12 RKg 8/76 -, juris). Zwar wurde in dem Bescheid vom 15.01.2001 lediglich auf die im früheren Rentenbescheid genannten Mitteilungspflichten verwiesen und festgestellt, dass diese nach wie vor Geltung beanspruchen. Der Bescheid vom 06.06.2000 verhielt sich allerdings nur zu einem Zuschuss zur Pflegeversicherung und führte hierzu aus, dass der Anspruch auf Beitragszuschuss zur Pflegeversicherung bei Eintritt der Versicherungspflicht in der Krankenversicherung sowie bei Beitragsfreiheit in der Pflegeversicherung entfalle. Allerdings wurde in diesem Zusammenhang auch ausgeführt, dass die gesetzliche Verpflichtung besteht, der Beklagten jede Änderung des Kranken- und Pflegeversicherungsverhältnisses unverzüglich mitzuteilen. Unabhängig davon, ob hieraus schon eine grob fahrlässige Verletzung der Mitteilungspflicht folgt, hatte sich die Klägerin im Antragsformular auf Gewährung der Zuschüsse aber durch ihre Unterschrift verpflichtet, die „Beendigung der freiwilligen Krankenversicherung, …, sowie jede Veränderung der Beitrags- und Prämienhöhe für die Krankenversicherung unverzüglich mitzuteilen“. Auch wenn einer solchen Verpflichtung keine eigenständige Bedeutung für die Beurteilung eines zumindest grob fahrlässigen Verhaltens zukommen dürfte, etwa dergestalt, dass eine Prüfung nach einer solchen Erklärung nicht mehr erforderlich wäre, kommt dem Passus aber doch die Vermittlung einer besonderen Bedeutung zu, mit der dem Versicherten die Tragweite gerade der dort genannten Umstände für den Bezug der beantragten Leistung in besonderem Maße verdeutlicht wird. Die Erläuterung ist so eindeutig, dass ein zur-Kenntnis-Nehmen der bestehenden Mitteilungspflicht bezogen auf die Beendigung der freiwilligen Mitgliedschaft in der Krankenversicherung ausreichend ist, die grobe Fahrlässigkeit zu begründen, wenn nicht in der Person des Versicherten besondere Umstände vorliegen, die hieran zweifeln lassen. Solche sind indes weder vorgetragen noch ersichtlich, weshalb der Senat hier von einem zumindest grob fahrlässigen Versäumen der auferlegten Mitteilungspflicht ausgeht. Die Einlassungen der Klägerin im Termin, immer alle Angaben gemacht und alles vorgelegt zu haben, reichen zu einer Entlastung nicht aus. Eine entsprechende Mitteilung an die Beklagte liegt nicht vor und ist auch nicht substantiiert behauptet worden. Weder gegenüber der Beklagten noch im erstinstanzlichen Verfahren hatte sich die Klägerin darauf berufen, keine Kenntnis von der Änderung zum 01.04.2002 gehabt zu haben. Die Einlassungen im Klageverfahren (Schriftsatz vom 28.11.2017) legen hingegen nahe, dass sich die Klägerin darauf verlassen hat, „dass die Rentenversicherung darüber Kenntnis hat“. Ein Meldeverfahren zwischen dem Träger der Krankenversicherung und der Deutschen Rentenversicherung entbindet die Klägerin aber nicht von ihren Mitteilungspflichten (vgl. LSG Baden-Württemberg Urteil vom 23.10.2007 - L 11 R 1868/06 -, juris). Berücksichtigt man, dass sich die Klägerin im Antragsformular zudem dazu verpflichtet hatte, auch jede Veränderung der Beitrags- und Prämienhöhe für die Krankenversicherung mitzuteilen und dass eine solche Mitteilung auch nach Wegfall der von der Klägerin für die freiwillige Krankenversicherung bei der IKK classic zu zahlenden Beiträge nicht erfolgt ist, sind die Einlassungen der Klägerin im Termin, sie wisse von keiner Änderung im Krankenversicherungsverhältnis, letztlich nicht entscheidend.

Nichts Anderes gilt auch für die Frage eines zumindest grob fahrlässigen Nichterkennens, dass der aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetz weggefallen ist, dass also ein Anspruch auf die Zuschüsse zur Krankenversicherung nicht mehr bestand. Die Beklagte hat hierzu unwidersprochen vorgetragen, dass nach Mitteilung der Krankenkasse mit dem Beginn der Pflichtmitgliedschaft in der KVdR am 01.04.2002 auch die Zahlung von freiwilligen Beiträgen durch die Klägerin (zuletzt in Höhe von 158,19 €) beendet worden ist. Gleichwohl hat die Klägerin den Zuschuss zur Krankenversicherung mit der monatlichen Rentenzahlung erhalten. Ferner weist die Beklagte ebenso unwidersprochen darauf hin, dass die Klägerin in der Folge mehrfach Bescheide erhalten hat, denen eindeutig zu entnehmen war, dass dieser Zuschuss zu einer – vermeintlich bestehenden – freiwilligen Krankenversicherung gezahlt wird. So wurde etwa in dem in der Akte vorliegenden Bescheid vom 18.01.2011, der zur Anrechnung von Einkommen auf die Witwenrente für die Zeit ab 01.07.2007 ergangen ist, ausdrücklich im Rahmen der Berechnung der jeweiligen Monatsrente der „Zuschuss zur freiwilligen Krankenversicherung bei der Krankenkasse IKK classic“ in der jeweiligen Höhe ausgewiesen (vgl. Bd. IV der V-Akten, Bl 362). Entsprechend wird in den jährlichen Rentenanpassungsmitteilungen verfahren. Der Senat ist insoweit der Auffassung,
dass einem Versicherten grundsätzlich und auch der Klägerin konkret allein aufgrund selbst nicht mehr abzuführender Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung klar sein musste, dass ein Anspruch auf einen Zuschuss hierzu nicht mehr bestehen kann. Persönliche Umstände, die etwas anderes begründen würden, sind hierzu weder vorgetragen noch ersichtlich, weswegen davon ausgegangen werden muss, dass die Klägerin jedenfalls bewusst die Augen davor verschlossen haben muss, dass sie Leistungen zu Unrecht erhält. Dass ein solches Verhalten grob fahrlässig ist, liegt auf der Hand.

Die Beklagte war auch berechtigt, den streitgegenständlichen Bescheid mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X aufzuheben. Liegt – wie hier – einer der Tatbestände des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 SGB X vor, soll der Verwaltungsakt mit Wirkung ab Eintritt der wesentlichen Änderung aufgehoben werden. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, der der Senat folgt, bedeutet „soll“ in diesem Zusammenhang, dass der Leistungsträger in der Regel verpflichtet ist, den Verwaltungsakt rückwirkend aufzuheben, er jedoch in atypischen Fällen hiervon absehen darf. Die Frage, ob ein atypischer Fall vorliegt, ist nicht Teil der Ermessensausübung; die Feststellung des Vorliegens bzw. Nichtvorliegens eines atypischen Falls als Voraussetzung der jeweiligen Rechtsfolge ist mithin gerichtlich voll überprüfbar. Der atypische Fall berechtigt die Behörde, von der rückwirkenden Aufhebung des rechtswidrig gewordenen Verwaltungsaktes im Wege des Ermessens abzusehen. Ein atypischer Fall liegt vor, wenn der Einzelfall auf Grund seiner besonderen Umstände von dem Regelfall der Tatbestände nach Abs. 1 Satz 2, die die Aufhebung des Verwaltungsaktes für die Vergangenheit gerade rechtfertigen, signifikant abweicht. Hierbei ist insbesondere zu prüfen, ob der Leistungsempfänger durch die Rückzahlungspflicht nach § 50 Abs. 1 SGB X in besondere Bedrängnis gerät. Ebenso kann mitwirkendes Fehlverhalten des Leistungsträgers die Atypik eines Einzelfalls ergeben. Ein atypischer Fall ist jedoch nicht allein auf Grund der mit der rückwirkenden Aufhebung verbundenen Rückzahlungspflicht gegeben; die mit der Erstattung verbundene Härte mutet das Gesetz jedem Betroffenen zu (vgl. BeckOGK/Steinwedel, 01.12.2020, SGB X § 48 Rn. 38).

Der Senat kann offenlassen, ob überhaupt ein atypischer Fall vorliegt (ablehnend in der vorliegenden Fallgestaltung etwa LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.01.2013 - L 5 R 5250/11 -, Rn. 52, juris). Unter Berücksichtigung eines solchen hat die Beklagte indes das ihr eingeräumte Ermessen in nicht zu beanstandender Weise ausgeübt und ein ihr zuzurechnendes (Mit-)Verschulden der IKK classic, die erst am 02.03.2015
den Beginn der Versicherungspflicht der Klägerin am 01.04.2002 gemeldet hatte, angemessen berücksichtigt, indem sie von der Rückzahlung der Hälfte des überzahlten Betrages Abstand genommen hat. Soweit die Klägerin meint, die Beklagte müsse sich dieses Fehlverhalten in einem weit größeren Maß zurechnen lassen, verkennt sie die ihr obliegenden Mitteilungspflichten, die nicht dadurch obsolet werden, dass ein Meldeverfahren eingerichtet oder möglich ist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.01.2013 - L 5 R 5250/11 -, Rn. 51, juris).

Die zeitlichen Vorgaben des § 48 SGB X stehen der Aufhebung ebenfalls nicht entgegen. Nach § 48 Abs. 4 i.V.m. § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nur bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen bzw. aufgehoben werden. Als Ausnahme zu dieser grundsätzlichen Regelung (dass eine Aufhebung mit Wirkung für die Vergangenheit nach zehn Jahren ausgeschlossen sein soll) bestimmt § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X aber, dass ein Verwaltungsakt auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden kann, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde (zum Tatbestandsmerkmal der „Zahlung“ in § 45 Abs. 3 Satz 4 SGB X vgl. BSG, Urteil vom 02.11.2015 – B 13 R 27/14 R-, juris Rn. 26 ff.). Dies ist vorliegend hinsichtlich der (noch) streitgegenständlichen Zahlung der Zuschüsse zur Krankenversicherung der Fall.

Auch die einjährige Aufhebungsfrist (§§ 48 Abs. 4 Satz 145 Abs. 4 Satz 2 SGB X) ist mit dem Aufhebungsbescheid vom 21.08.2015 gewahrt (und wäre auch durch den Teilabhilfebescheid vom 11.01.2016 gewahrt, wenn man von einer vollständigen Ersetzung des Bescheides vom 21.08.2015 ausgehen wollte). Die Beklagte hat von der Überzahlung durch Mitteilung der IKK classic am 02.03.2015 erfahren. Ohnehin kann die Jahresfrist frühestens nach Anhörung des Klägers im Aufhebungsverfahren nach § 48 SGB X beginnen, da erst dann die Prüfung eines atypischen Falles und ggf. die rechtsfehlerfreie Ausübung von Aufhebungsermessen möglich ist. Eine entsprechende Anhörung ist unter dem 16.04.2015 erfolgt.

Gegen die Berechnung des Erstattungsbetrags sind Einwendungen nicht erhoben; Berechnungsfehler sind nicht ersichtlich.

Ergänzend weist der Senat lediglich noch darauf hin, dass soweit die Beklagte in der Zeit ab der Bewilligung des Zuschusses zur freiwilligen Krankenversicherung nicht näher bestimmbare Änderungen im Anspruch auf Zahlung der Witwenrente vorgenommen hat, etwa durch Rentenanpassungen oder der Neufeststellung des Zahlungsanspruchs des Rechts auf Witwenrente, weil Einkommen anzurechnen war, diese nicht gesondert aufzuheben waren, da mit diesen lediglich Anpassungen des Zahlbetrages vorgenommen wurden, ohne dass damit ein Recht auf den Bezug von Zuschüssen (neu) begründet wurde.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Klägerin mit der Anfechtung der Bescheide erfolglos geblieben ist.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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