L 6 U 87/17

Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 23 U 44/14
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 87/17
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Zur Heranziehung der Entscheidungsgründe zur Auslegung eines Urteilstenors.
2. Zur Gefährdung eines Kreuzbandes durch einen unkontrollierten Ausweichsprung mit Landung auf einem Bein.

Das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 23. Februar 2017 wird auf die Berufung des Klägers aufgehoben, soweit es die Beklagte zur Anerkennung einer Partialruptur des linken vorderen Kreuzbandes als Schaden des Unfalls vom 15. November 2013 verurteilt hat.

Die Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Ereignis vom 15. November 2013 als Arbeitsunfall mit einem Riss des vorderen Kreuzbandes des linken Knies festgestellt wird.

Die Beklagte trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für das Berufungsverfahren.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger einen Arbeitsunfall erlitten hat und dessen Schaden ein Kreuzbandriss ist.

Der Kläger war als Bürgerarbeiter bei der B.er Q.- und P. mbH gegen Entgeltzahlung beschäftigt. Nach der Unfallanzeige der Arbeitgeberin vom 18. November 2013 erlitt der Kläger am 15. November 2013 zur Mittagszeit einen Unfall, als er die Hufe eines Esels reinigte. Dabei kam ein anderer Esel auf ihn zu, der ihn treten wollte. Als er zur Seite sprang um auszuweichen, schwoll das linke Knie an. Der Kläger habe seine Arbeit an diesem Tag fortgesetzt, sie dann aber nicht erneut aufgenommen.

Bei der Erstuntersuchung am Morgen des Folgetages stellte der Durchgangsarzt Dr. K. die Diagnose eines blutigen Gelenkergusses (Hämarthros) des linken Knies. Dieses fand sich schmerzhaft geschwollen mit einer leichten, vorbestehenden Streckhemmung. Der Arzt punktierte 50 ml Blut ohne Fettaugen ab. Das Knie zeigte sich im Röntgenbild erheblich degeneriert. Der Arzt hielt in seinem Bericht eine frühere Meniskusoperation fest.

Am 29. November 2013 nahmen die Ärzte des Klinikums B. beim Kläger eine Arthroskopie vor und fanden einen Riss „des vorderen Kreuzbandes bzw. der narbigen Reste desselben“ mit einigen frischen Einblutungen. Hintere Kapselanteile zeigten sich ohne eindeutigen Riss vernarbt. Einige Fasern im Bereich des narbig veränderten gerissenen Kreuzbandes wurden entfernt und eine Probe entnommen. An der Kniescheibe und auf beiden Gelenkseiten fanden sich degenerative Knorpelschäden bis 4. Grades mit streckenweise freiliegendem Knochen. An der Außenseite entfernten die Ärzte einen freien knorpeligen Körper. Die Menisken zeigten sich innen nach vermutlicher Teilresektion narbig und außen degenerativ verändert bei verbliebener Stabilität.

Die Ärzte gingen ausweislich des Entlassungsberichts vom 2. Dezember 2013 von einer „Narben- oder Reruptur“ des vorderen Kreuzbandes aus.

Nach dem Befund des Instituts für Pathologie vom 2. Dezember 2013 lagen dort kleine Reste gerissenen Bandmaterials mit starken regressiven Veränderungen und Vernarbung vor. In einem übersandten Fragebogen zu Knieschädigungen gab der Kläger u. a. an, Fuß oder Unterschenkel seien zum Unfallzeitpunkt nicht festgestellt gewesen oder gewaltsam verdreht worden. Gestürzt sei er bei dem Vorgang – insbesondere auf das Knie – nicht. Zu einer früheren Erkrankung des Knies in den 90er Jahren wisse er nichts Näheres mehr.

Mit Bescheid vom 20. Januar 2014 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 15. November 2013 als Arbeitsunfall ab. Bei dem Sprung zur Seite sei es nicht zu einer unphysiologischen Belastung des Kniegelenkes im Sinne einer Verdrehung zwischen Ober- und Unterschenkel bei fixiertem Fuß oder dem Einknicken im Kniegelenk gekommen. Der Sprung als solcher gefährde das vordere Kreuzband nicht. Frische Verletzungen weiterer Kniebinnenstrukturen seien ausgeschlossen. Knochenprellmarken im Knie fehlten. Hingegen weise der gesamte Kniebinnenbereich anlagebedingte Veränderungen auf. Der Erguss im Gelenk sei durch die narbigen Anhaftungen am Kreuzband eher zu erklären, als durch einen frischen Riss des Bandes selbst. So habe die histologische Untersuchung der entnommenen Reste schon in Rückbildung befindliche Veränderungen und Vernarbungen gezeigt. Dies sei mit einem erst zwei Wochen früher abgelaufenen Ereignis nicht vereinbar. Der Bescheid wurde dem Kläger mit der Post bekanntgegeben.

Mit dem am Montag, dem 24. Februar 2014 eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, bei dem Schädigungsvorgang sei es durchaus zu einer unphysiologischen Belastung des Kniegelenkes gekommen. Durch den Ruf eines Kollegen – der schon in der Unfallanzeige als Augenzeuge benannt ist – sei er auf die Gefahr durch den zweiten Esel aufmerksam geworden, habe sich mit dem rechten Fuß zum Sprung zur Seite abgedrückt, sei aber mit dem linken Fuß zuerst aufgekommen. Dabei habe er einen stechenden Schmerz im Knie erlitten und auch keinen sicheren Stand gewonnen. Vor dem Ereignis sei er von Seiten des Knies nicht eingeschränkt gewesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 9. April 2014 wies der Widerspruchsausschuss den Widerspruch zurück und blieb unter vertiefter Darlegung bei der Begründung der Beklagten aus dem Ausgangsbescheid; auf Bl. 81 - 83 der Verwaltungsakte wird verwiesen.

Mit der am 9. Mai 2014 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, infolge des Aufkommens auf einem Bein nach dem Sprung und dem noch nicht hergestellten Gleichgewicht müsse es zu einer Verdrehung gekommen sein. Bei dem Vorgang sei eine Belastung mit einem Mehrfachen des Körpergewichts zu berücksichtigen. Seine Konzentration habe dem Ausweichen vor der Gefahr gegolten. In der langen Zeitspanne seit der Behandlung von Vorschäden sei er nicht eingeschränkt gewesen.

Die Beklagte hat die erheblichen Vorschäden des Klägers hervorgehoben.

Das Gericht hat ein Gutachten des Sachverständigen Dr. G., Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des C. v.-B.-Klinikums S. in M. vom 16. September 2015 eingeholt, wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf Bl. 65 – 88 d. A. Bezug genommen wird.

Der Sachverständige hat – entsprechend einer Ermächtigung durch das Sozialgericht – die Entlassungsberichte über stationäre Aufenthalte des Klägers im Krankenhaus für Orthopädie W. B. D. vom 3. August 1998, Bl. 61 d. A., und vom 16. September 1998, Bl. 63 d. A., beigezogen. Dazu gehören Arthroskopieprotokolle vom 15. Juli 1998, Bl. 62 d. A., und vom 27. August 1998, Bl. 64 d. A.. Daraus ergibt sich, dass die Ärzte bei der ersten Arthroskopie einen alten körpernahen Kreuzbandriss des linken Kniegelenkes diagnostizierten. Anlässlich der zur Kreuzbandplastik vorgesehenen zweiten Arthroskopie fand sich ein „stabil reinseriertes“ bzw. „intaktes“ Kreuzband. Angesichts dieses „wider Erwarten“ vorgefundenen Befundes wurde „das bereits entnommene … Transplantat … replaziert.“ Schon bei den damaligen Befunden zeigten sich im Umraum innerhalb des Knies schwere degenerative Veränderungen.

Der Sachverständige hat weiterhin die Arthroskopiebilder vom 29. November 2013 beigezogen, die aber nach seiner Auswertung keinen Rückschluss auf das Alter des Risses zulassen.

Der Sachverständige hat ausgeführt, es sei bei dem Unfallereignis mindestens zu einem Teilriss des vorderen Kreuzbandes bei vorbestehender Gonarthrose gekommen. Insofern sei der Riss des vorderen Kreuzbandes wesentlich auf das Geschehen vom 15. November 2013 zurückzuführen. Der Sprung des Klägers zur Seite sei geeignet, eine solche Verletzung hervorzurufen. Jedenfalls gebe es isolierte vordere Kreuzbandrisse, die durch eine Innendrehung des Unterschenkels, meistens in Folge einer Rumpfdrehung nach außen bei fest stehendem Fuß erfolgten. Ein solcher Bewegungsvorgang sei hier dadurch denkbar und erklärlich, dass der Kläger den Schwung aus dem Sprung nicht sicher habe abfedern können, während der Fuß schon auf dem Boden fest gestanden habe.

Die Verletzung sei durch die Punktion von Blut aus dem Knie nachgewiesen. Dieses könne nur im Zusammenhang mit einem Kreuzbandriss stehen, weil eine andere Verletzung im Gelenk selbst arthroskopisch nicht habe nachgewiesen werden können. Ein blutiger Gelenkerguss im Knie sei schon in 70 % der Fälle ursächlich durch einen vorderen Kreuzbandriss bedingt. Blutungen träten bei Gelenkkapselzerreißungen vorrangig am Synovialschlauch des Kreuzbandes auf.

Schließlich weise ein von ihm angefordertes pathologisches Zusatzgutachten von Prof. Dr. H. vom 31. August 2015 jedenfalls eine frische Risszone nach. Das Zusatzgutachten hat der Sachverständige nach vorheriger Mitteilung an das Sozialgericht eingeholt. Der Pathologe hat ausgeführt, es liege ihm ausschließlich Material aus der Risszone vor. Ob es sich um die komplette Risszone handele, stehe nicht fest. Insofern könne er auch nicht entscheiden, ob es sich um einen insgesamt mehrzeitigen Vorgang handele. Ein Rissalter bis zu 12 Tagen sei für die Probe durchaus möglich. Eine zusammenhängende Zuordnung zu dem konkreten Unfallvorgang sei aber nur unter Einbeziehung von Daten außerhalb der Befundauswertung selbst möglich. Der Sachverständige zieht daraus die Schlussfolgerung, das ausgewertete Präparat sei zumindest der Ort eines frischen Kreuzbandteilrisses.

Eine Instabilität vor dem Ereignis habe der Kläger nicht empfunden. Bei der Arthroskopie von 1998 sei das Kreuzband auch als intakt beschrieben worden. Ein zwischenzeitliches Trauma sei nicht bekannt.

Einer wohl früher vorgenommenen Operation des Innenmeniskus komme keine wesentliche Bedeutung zu, weil der Meniskus bei der Arthroskopie 2015 als stabil und 1998 nicht als degeneriert beschrieben worden sei. Es stünden lediglich narbige Veränderungen fest.

Die Beklagte hat beratungsärztliche Stellungnahmen von dem Unfallchirurgen Dr. L. vom 14. November 2015 und vom 10. Mai 2016 vorgelegt, wegen deren Inhalt im Einzelnen auf Bl. 99 - 104 und 121 - 126 d. A. Bezug genommen wird. Dr. L. hat zunächst einen Widerspruch darin gesehen, wenn der Sachverständige einerseits nur einen Beleg für einen Teilriss schildere, andererseits aber einen (Voll-) Riss als gesichert annehme. Zum Unfallhergang unterstelle der Sachverständige einen nicht gesicherten Ablauf, den der Kläger so weder gegenüber dem Durchgangsarzt noch im übersandten Fragebogen angegeben habe. Die Gefährdung und Verletzung eines altersentsprechenden Kreuzbandes durch ein Springen zur Seite behaupte auch der Sachverständige nicht. Das Kreuzband sei eindeutig vorgeschädigt gewesen. Das Vorerkrankungsverzeichnis sei unvollständig. Befunde aus benannten Vorbehandlungen seien nicht vollständig beigezogen worden. Die Befunde von der Arthroskopie 1998 seien im Sinne eines Ausrisses eindeutig. Der Widerspruch zur nachfolgenden Untersuchung hinterlasse jedenfalls eine völlig offene Beweislage. Das pathologische Gutachten helfe inhaltlich nicht weiter, wobei der wegen einer Fehldatierung des Unfalls diskutierte Zeitabstand nicht zutreffe. Der Unfallzusammenhang irgendeines Gesundheitsschadens im linken Kniegelenk des Klägers sei nicht wahrscheinlich.

Die Beklagte hat zur Auswertung durch den Beratungsarzt erstmals einen Bericht über eine Wiederholungsarthroskopie zur Blutstillung beim Kläger vom 3. Januar 2014 beigezogen. Daraus ergibt sich, dass die Notch bei bekannter alter Kreuzbandläsion frei lag. Hier fanden sich zottiges Granulationsgewebe und Punktblutungen aus den Bandansätzen und aus der Knochenhaut im Bereich der Notch.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 8. September 2016 hat der Sachverständige darauf verwiesen, der Kläger habe ihm den Unfallhergang demonstriert.

Mit Urteil vom 23. Februar 2017 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide verpflichtet, das Unfallereignis vom 15. November 2013 als Arbeitsunfall anzuerkennen. Entgegen der Auffassung der Beklagten liege ein geeigneter Unfallhergang vor. Die Vorgehensweise des Sachverständigen, sich den Sprung demonstrieren zu lassen, sei eine geeignete Möglichkeit, über die Art und Weise des Sprungs mehr zu erfahren. Es sei nicht gesichert, dass jeder Betroffene einzelne Bewegungsabläufe eines Sprungs in Worte fassen könne. Zudem sei weder von der Beklagten noch von dem behandelnden Arzt erkennbar eine Nachfrage zur näheren Aufklärung des Bewegungsablaufs an den Kläger gerichtet worden. Die Wiedergabe des Vorgangs durch den Sachverständigen widerspreche auch nicht den früheren Angaben des Klägers. Dieser habe unter dem Begriff der erfragten „Fixierung“ nicht auch den festen Stand des Fußes nach dem Sprung auf dem Boden verstehen müssen, sondern darunter auch eine weiterreichende Sperre durch eine Person oder einen Gegenstand verstehen können.

Das Ereignis habe auch zu einem Gesundheitserstschaden geführt, den der Sachverständige schlüssig aus dem unfallnah aufgetretenen Hämarthros ableite. Dieser könne auch auf andere Kniebinnenschäden nicht hinweisen, weil solche als traumatisch hervorgerufen bei der Arthroskopie nicht vorgefunden worden seien. Zudem habe der Sachverständige aus dem histologischen Befund nachvollziehbar eine frische Risszone abgeleitet. Der Sachverständige habe auch die Widersprüche der beiden Arthroskopiebefunde aus dem Jahr 1998 schlüssig aufgelöst und dem zweiten nachvollziehbar das größere Gewicht beigemessen. Das 1998 als intakt beschriebene Kreuzband, die danach fehlenden Hinweise auf andere Unfälle und das Unfallgeschehen begründeten im Sinne des überzeugenden Gutachtens den Unfallzusammenhang der Partialruptur des vorderen Kreuzbandes.

Gegen das ihr im Juni 2017 zugestellte Urteil hat die Beklagte noch im selben Monat Berufung eingelegt. Sie hat sich auf eine weitere beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. L. vom 26. Juli 2017 gestützt, wegen deren Inhalt im Einzelnen auf Bl. 192 - 195 d. A. verwiesen wird. Er führt im Wesentlichen aus, ein blutiger Gelenkerguss nach einer äußeren Krafteinwirkung sei in aller Regel ein Indiz für einen unfallbedingten Kniebinnenschaden. Bei einem unfallbedingten (Teil-/Ab-/Aus-)Riss des vorderen Kreuzbandes komme es in aller Regel zu einem blutigen Gelenkerguss, weil in aller Regel auch der Schleimhautüberzug des vorderen Kreuzbandes reiße. Bleibe dieser intakt, komme es auch bei einem Riss des Kreuzbandes selbst nicht zu einem blutigen Gelenkerguss. Die Blutungsursache sei aber nicht in 70 Prozent der Fälle auf Kreuzbandrisse zurückzuführen. Dr. L. zählt acht Ursachen in Form von Erkrankungen und acht als Unfallverletzungen auf. Der Operationsbericht vom 29. November 2013 und der Entlassungsbericht über den stationären Aufenthalt aus gleichem Anlass stünden nicht in Übereinstimmung. Eine Narbenruptur und eine Reruptur seien zwei unterschiedliche Dinge. Auch die verschiedenen Berichte aus dem Jahr 1998 seien nicht vereinbar. Der Unfallhergang, den der Sachverständige seiner Beurteilung zu Grunde lege, entspreche nicht der Aktenlage. Die Angaben des Klägers zu Vorbehandlungen seien unvollständig und widersprüchlich.

Die Beklagte beantragt,

 das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 23. Februar 2017 aufzuheben, soweit es die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide zur Anerkennung des Unfallereignisses vom 15. November 2013 als Arbeitsunfall verpflichtet hat, die Berufung des Klägers zurückzuweisen und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

 das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 23. Februar 2017 teilweise aufzuheben, soweit es die Beklagte zur Anerkennung einer Partialruptur des linken vorderen Kreuzbandes als Schaden des Unfalls vom 15. November 2013 verurteilt hat,

 die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und

 das Ereignis vom 15. November 2013 mit einem Riss des vorderen Kreuzbandes des linken Knies als Arbeitsunfall festzustellen.

Das Gericht hat ergänzende Fragen an den Prof. Dr. H. gerichtet. Dieser hat unter dem 5. Februar 2018 mitgeteilt, die Befunde seien im Sinne einer Risszone mit reparativen Veränderungen entsprechend einem Zeitfenster bis zu (als Unfallabstand vom Gericht vorgegebenen) 16 Tagen nach Schädigungsereignis einzuordnen. Er entnehme der Probe im Gegensatz zu einer lediglich nicht ausschließbaren Möglichkeit Hinweise auf eine frische Zusammenhangstrennung.

Das Gericht hat weiterhin in einem Erörterungstermin vom 4. April 2018 den Augenzeugen K. vernommen. Auf das Protokoll, Bl. 222 d. A., wird Bezug genommen. Im Wesentlichen hat der Zeuge angegeben, der als schwierig geltende Esel N. sei auf den Kläger und ihn zugerannt. Es habe so ausgesehen, dass er treten wolle. Der Kläger habe dem ausweichen wollen und sei dann wohl umgeknickt. Er habe aufgeschrien, dann gehumpelt und habe mit der Zeit auch nicht mehr laufen können. Der Kläger habe sich auf einer Wiese befunden, die nass war. Den Bewegungsvorgang habe er selbst aus dem Augenwinkel wahrgenommen. Die genaue Bewegung des Klägers habe er nicht in Erinnerung. Wenn er nach einem Sprung zur Seite gefragt werde, könne dies so gewesen sein. Jedenfalls wäre das seine eigene Reaktion in einem solchen Fall gewesen.

Das Gericht hat sodann die Daten der Krankenversicherung über Behandlungen und Arbeitsunfähigkeitsdiagnosen aus den Jahren 1991 bis August 2001 beigezogen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 225 - 246 d. A. Bezug genommen. Das Gericht hat weiterhin eine Auskunft der Kaufmännischen Krankenkasse vom 16. März 2023 über Knieerkrankungen anlässlich der Versicherung dort zwischen dem 1. September 2001 und 31. Dezember 2009, Bl. 342 – 346 d. A., eingeholt.

Sodann ist ein Befundbericht vom 15. Januar 2019 über die Behandlung durch den Facharzt für Orthopädie Dr. W. im Zeitraum von Juni bis September 1998 eingegangen. Danach hatte der Kläger anamnestisch am 4. Juli 1994 einen Arbeitsunfall unter Beteiligung des linken Knies mit nachfolgender Operation im Hinblick auf den Meniskus und einen Knorpelschaden erlitten. Bei der Eingangsuntersuchung fand Dr. W. am 23. Juni 1998 feste Kreuz- und Seitenbänder des linken Knies. Die Innenmeniskuszeichen und das Zeichen für einen Knorpelschaden der Kniescheibe waren positiv.

Das Gericht hat vom W. B. D. Berichte im Zusammenhang mit einer stationären Behandlung vom 11. September bis 1. Oktober 1994 angefordert. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 275 - 282 d. A. Bezug genommen. Danach hatte der Kläger am 1. Juli 1994 einen Arbeitsunfall durch Treten auf einen Stein und Ausrutschen erlitten. Nach vergeblicher konservativer Behandlung wurde der Kläger stationär aufgenommen. Nach seinen damaligen Angaben war keine Voroperation erfolgt. Bei der Aufnahme wurden die Kreuzbänder als fest erhoben. Bei der am 12. September 1994 durchgeführten Arthroskopie wurde eine Meniskektomie mit subtotaler Resektion des komplett degenerativ zerstörten und gerissenen Außenmeniskus durchgeführt. Im lateralen Kniebereich fanden sich an Oberschenkel, Schienbein und Kniescheibe degenerative Veränderungen im Sinne einer lateralen Hemigonarthrose III°. Am vorderen Kreuzband zeigte sich ein alter Schaden mit der Folge einer Elongation, nicht hingegen eines (Teil-)Risses. Die pathologische Nachbegutachtung entnommenen Gewebes zeigte eine vernarbte Synovialmembran als – am ehesten – Hinweis auf eine vernarbte Synovialitis.

Wegen eines weiteren Befundberichts des Orthopäden Dr. P. vom 13. Januar 2021 wird auf Bl. 296 - 299 d. A. verwiesen.

Dem Gericht hat bei der Verhandlung und Entscheidung neben den Gerichtsakten ein Ausdruck der elektronischen Akte der Beklagten – Az. 2013043423 – vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Die Anschlussberufung des Klägers hat Erfolg.

Die Anschlussberufung liegt in der Verfolgung des Klageziels der Feststellung eines – unbeschränkten – Risses des linken Kreuzbandes. Denn im Gegensatz dazu hat das Sozialgericht im letzten Satz der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils einen Teilriss – Partialruptur – des Kreuzbandes als Unfallschaden beschrieben. Die damit verbundene Einschränkung hätte an der Rechtskraft des Urteils teil. Denn mit dem „Unfallereignis vom 15. November 2013“ als alleinigem Gegenstand des Urteilsausspruchs hat das Sozialgericht die nähere Ausführung des Gegenstandes „Unfallereignis“ der Urteilsbegründung vorbehalten. Es hat sich danach nicht darauf beschränkt, dem Begriff des „Ereignisses“ entsprechend einen Gesundheitsschaden nur dem Grunde nach für gegeben zu erachten, sondern diesen Gesundheitsschaden unter ausführlicher Würdigung der Sachlage näher benannt. Für eine nicht im tragenden Entscheidungszusammenhang nebenbei ausgeführte Auffassung (sog. obiter dictum) fehlt jeder Hinweis. Für die Einbeziehung des Teilrisses als Erstschaden in den Gegenstand der Verurteilung durch das Sozialgericht spricht zudem die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urt. v. 24.7.2012 – B 2 U 9/11 R – juris, Rn. 19 f.). Daran hat das Sozialgericht durch den einleitenden Satz des betreffenden Abschnitts mit dem Begriff des Unfallerstschadens auch angeknüpft.

Der Bescheid der Beklagten vom 20. Januar 2014 beschwert den Kläger im Sinne von § 157 S. 1, § 54 Abs. 2 S. 1 SGG, weil die Beklagte darin zu Unrecht einen Riss des vorderen Kreuzbandes des linken Knies als Arbeitsunfall vom 15. November 2013 abgelehnt hat.

Der Kläger hat seinen Antrag sachgerecht und ohne Widerspruch der Beklagten von einer Verpflichtungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 SGG in eine Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1, 3 SGG geändert. Denn die Feststellungsklage gewährt gegenüber der Verpflichtungsklage vorteilhaft die unmittelbar wirksame Anerkennung des geltend gemachten Arbeitsunfalls. Die Ausweitung des Inhalts auf den im Urteilsausspruch benannten Erstschaden ist deshalb möglich, weil dieser Teil des Begriffs des Arbeitsunfalls ist (Zur Klageart und zur Zuordnung eines Erstschadens zum Unfallbegriff nochmals BSG, a.a.O.).

Der Kläger war bei dem Unfall als Beschäftigter im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VII – G. v. 7.8.1996, BGBl. I S. 1254) gesetzlich versichert. Für die Versicherung ist die Beklagte gem. § 129 Abs. 1 Nr. 1a Buchst. a SGB VII (insoweit i. d. F. d. G. v. 9.12.04, BGBl. I S. 3299) zuständig, weil es sich bei der Arbeitgeberin um ein kommunales Unternehmen in selbständiger Rechtsform gehandelt hat.

Das Ereignis vom 15. November 2013 ist ein Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Abs. 1 S. 2 SGB VII. Denn bei dem Sprung des Klägers zur Seite handelt es sich zumindest deshalb um eine äußere Einwirkung auf seinen Körper, weil das Aufkommen auf dem Erdboden als äußerer Gegenkraft unkontrolliert verlief.

Schaden dieses Unfallereignisses ist ein Vollriss des vorderen Kreuzbandes des linken Beines. Das Auftreffen mit dem linken Bein auf dem Boden nach einem instinktiven Absprung ist Ursache dieses Risses im naturwissenschaftlichen Sinn, weil er im Sinne dieser Prüfung ohne das Ereignis nicht eingetreten wäre. Maßstab für die Beurteilung ist – wie auch hinsichtlich aller weiteren Zusammenhangsbeurteilungen – eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, bei der mehr für einen Zusammenhang als dagegen spricht und ernste Zweifel ausscheiden (BSG, Urt. v. 18.1.2011 – B 2 U 5/10 R – juris, Rn. 20).

Ein Vollriss und nicht nur ein Teilriss hat unmittelbar nach dem Unfall vorgelegen. Dies ergibt sich aus dem Operationsbericht der Arthroskopie vom 29. November 2013, aus der sich unter Einblick in das Kniegelenk ein nicht weiter in Bestandteile unterschiedener Riss sowohl des teilweise offenbar geweblich ungeschädigten Kreuzbandes wie auch dessen teilweise narbiger Reste ergibt; noch über die gesamte Länge des Kreuzbandes zusammenhängende Bestandteile sind nicht mitgeteilt. Auch aus der Beschreibung der Arthroskopiebilder durch den Sachverständigen Dr. G. folgt nichts Anderes. Soweit er gleichwohl zur Beurteilung „mindestens“ einer Partialruptur gelangt, bezieht er sich augenscheinlich auf die unmittelbar zuvor abgegebene Schilderung des Gutachtens von Prof. Dr. H., der eine Aussage über eine Mehrzeitigkeit des Risses nicht treffen wollte. Daraus folgt jedoch allein, dass die entnommene Probe für eine Aussage zu einem Riss des gesamten Kreuzbandes bei dem Unfall kein ausreichendes Material enthält. Gleichwohl ist bei einem Unfall als wesentliche Ursache selbst für den letzten Abriss nicht nur ein Teilriss festzustellen. Daraus ergäbe sich schon ein zu geringer Behandlungsanspruch, weil z. B. die operative Befestigung des abgerissenen Kreuzbandes keine Grundlage in der Bezeichnung des Unfallschadens als Teilriss hätte. In jeder anderen Hinsicht folgt der Senat den Gutachten von Dr. G. und Prof. Dr. H. als überzeugend.

Es gibt keinen Beweis dafür, dass das Kreuzband bereits vor dem Vorfall vom 15. November 2013 auch nur teilweise gerissen war. Fest steht, dass das Kreuzband 1998 nicht gerissen war. Denn von der Richtigkeit des zweiten Arthroskopiebefundes aus diesem Jahr kann der Senat sich überzeugen, weil ihm nach den Umständen gegenüber dem Vorbefund das wesentlich höhere Gewicht zukommt. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Ärzte sich in besonderem Maße von der Rissfreiheit überzeugt haben, wenn sie eine bereits an anderer Körperstelle entnommene Ersatzsehne nicht an der vorgesehenen Stelle einsetzen, sondern sie wieder an die Entnahmestelle zurückverpflanzen, wie es sich aus dem Bericht vom 27. August 1998 ergibt. Denn darin liegt sogar das Eingeständnis gegenüber der operierten Person, dass es zur Entnahme des Ersatztransplantats durch eine vorherige Fehlbeurteilung gekommen ist. Soweit das Kreuzband im Bericht neben intakt auch als reinseriert bezeichnet wird, folgt daraus keine Aussage zu Lasten des Klägers. Zunächst handelt es sich auch bei einem stabil reinserierten Kreuzband um ein befestigtes Band, für dessen Riss es einer Erklärung bedarf, die hier nur das Unfallereignis bietet. Zudem erweckt die Bezeichnung als reinseriert auch Zweifel, wenn Dr. L. sie in seiner Stellungnahme vom 10. Mai 2016 „wohl als Erklärung“ für den überraschenden Befundunterschied zu der Vorarthroskopie deutet. Damit kommt hinreichend zum Ausdruck, dass für eine Reinsertion belastbare Tatsachen nicht ersichtlich sind. Es ist auch nicht vorstellbar, dass ein komplett gerissenes Kreuzband innerhalb von sechs Wochen durch körperinterne Heilungsvorgänge so stabil verwächst, dass ein Ersatz durch schon entnommenes Transplantatgewebe nicht mehr vorteilhaft erscheint.

Schon für eine diesen Arthroskopien längerfristig nachfolgende Behandlungsbedürftigkeit des linken Knies, geschweige denn für einen zwischenzeitlichen Kreuzbandriss, fehlt jeder Hinweis. Die AOK hat über den Versicherungszeitraum seit den Befunderhebungen 1998 und dem Ende der Versicherung bei ihr am 31. August 2001 keine weiteren Kniegelenkserkrankungen mitgeteilt. Nach den Auskünften der Kaufmännischen Krankenkasse über den Zeitraum der Krankenversicherung vom 1. September 2001 bis zum 31. September 2009 sind allgemein Unterlagen über Erkrankungen vorhanden; für eine Behandlung der Knie liegen solche nicht vor. Das Vorerkrankungsverzeichnis der Salus BKK über den Zeitraum vom 1. Februar 2011 bis zum Unfall weist ebenfalls keine Erkrankungen des Kniegelenks aus. Schließlich ergibt sich aus dem Befundbericht von Dr. K., dass diesem auch durch Übersendung von Befunden von Fachärzten über die Zwischenzeit von Oktober 2009 bis Januar 2011 keine Behandlung von Kniegelenkserkrankungen bekannt geworden ist. Für die Einordnung des Risses als wiederholt eingetreten – Re-Ruptur – durch Dr. K. im Entlassungsbericht vom 2. Dezember 2013 fehlt danach eine überzeugende Grundlage.

Nach dem Unfall des Klägers lagen Zeichen einer frischen Verletzung vor. Dies gilt zum Einen für den blutigen Gelenkerguss bei der Erstuntersuchung und zum Anderen für den frischen Bluterguss in der zeitnahen Arthroskopie 16 Tage später. Diese Umstände sieht auch der Beratungsarzt der Beklagten Dr. L. in seiner Stellungnahme vom 26. Juli 2017 als Indiz für unfallbedingte Kniebinnenschäden und als Regelfall für einen Kreuzbandriss. Zudem hat Prof. Dr. H. (durch die ergänzende Stellungnahme vom 5. Februar 2018 im Auftrag des Senats und unter Übernahme der Verantwortung für das Gutachten durch inhaltlichen Rückbezug darauf) der pathologischen Untersuchung der Risskante des Kreuzbandes frische Rissspuren entnommen. Die reparativen Veränderungen entsprechen danach einem Zeitfenster von 16 Tagen nach dem Schädigungsereignis.

Der Hergang des Unfalls spricht nicht entscheidend gegen den Riss des Kreuzbandes im naturwissenschaftlichen Sinne. Die früheste Angabe des Klägers im Durchgangsarztbericht, er sei „zur Seite gesprungen“ spricht nicht gegen den Vorgang, den der Sachverständige Dr. G. in von Natur aus zwangsläufiger Weise als verdrehend versteht. Vielmehr leitet der Durchgangsarzt Dr. K. auch in dem Entlassungsbericht vom 2. Dezember 2013 schon aus früheren Angaben eine Verdrehung ab. Die gleichzeitige Angabe des Klägers in der Unfallanzeige, beim Springen zur Seite sei eine „Arterie geplatzt“, zeigt eine laienhafte Wahrnehmung beim Kläger, die nähere Einzelheiten zum genauen Ablauf einzelner Bewegungsabläufe in Sekundenbruchteilen nicht erwarten lässt. Auch hieraus lässt sich zumindest nicht entnehmen, eine Verdrehung oberhalb des unkontrolliert auf den Boden gerammten Fußes sei unwahrscheinlich.

Die Eintragungen vom 19. Dezember 2013 im Fragebogen der Beklagten begegnen hingegen Zweifeln, soweit sie auf Fragen im Einzelnen eingehen. Es ist nicht deutlich, dass das Abstreiten eines Fixierens bzw. Festklemmens des Fußes oder Unterschenkels durch den Kläger auch die Sachlage betraf, wonach der Fuß fest mit dem gesamten Körpergewicht auf den Boden auftraf und dort ruhte. Ebenso muss der Kläger ein nur gewichts- und gleichgewichtsbedingtes Drehen des Oberschenkels über dem Unterschenkel nicht als gewaltsames Verdrehen im Sinne der weiteren verneinten Frage verstehen. Soweit der Sachverständige Dr. G. die Erklärung abgibt, dass der Kläger den Schwung aus dem Sprung nicht sicher habe abfedern können, während der Fuß schon auf dem Boden festgestanden habe, ist dies vor dem Hintergrund eines unwillkürlichen und ungesteuerten Sprungs zur Seite als naturwissenschaftlich kaum vermeidbarer Ablauf überzeugend. Dass sich dies insbesondere ohne Kontrolle abgespielt hat, entnimmt das Gericht auch der Aussage des Zeugen K. Auch wenn er die letzte Bewegung nur aus dem Augenwinkel wahrgenommen und Einzelheiten nicht mehr in Erinnerung hat, ist es plastisch und lebensnah, wenn er angibt, dass ein Sprung zur Seite das auch für ihn allein richtige Mittel zum Ausweichen vor dem auskeilenden Esel gewesen wäre.

Die Einwände hinsichtlich des starken Verschleißes der Kniegelenke und insbesondere des linken Knies sprechen nicht entscheidend gegen einen Riss zu diesem Zeitpunkt. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der starke Verschleiß des linken Kniegelenkes nach einer Meniskusoperation und bei erneuter Arthroskopie schon 1998 nachgewiesen wurde. Insoweit ist nicht ersichtlich, dass ein Kreuzbandriss fünfzehn Jahre später nach dem Zustand des Knies auf der Hand gelegen hätte. Es begründet auch keine durchgreifenden Bedenken gegen den unfallbedingten Riss, dass Ärzte das Kreuzband in Operationsberichten und Pathologiebefunden als narbig verändert beschreiben. Denn ein Ausmaß dieser Veränderungen, das einen endgültigen Riss ohne den Unfall als möglich erscheinen lässt, ist nicht geschildert. Allein der Hinweis im Operationsbericht auf narbige Veränderungen des gerissenen vorderen Kreuzbandes bietet dafür keine ausreichenden Anhaltspunkte. Dies ergibt sich umso mehr, als der Sachverständige Dr. G. auch den von ihm beigezogenen Videoprints der Operation keine Hinweise auf einen vorher eingetretenen Riss entnommen hat. Hinzu kommt, dass sich die Verwendung des Begriffs einer Vernarbung in dem von Dr. K. eingeholten Pathologiebefund nach dem Zusatzgutachten von Prof. Dr. H. nicht aufrechterhalten lässt.

Das Auftreffen des Klägers am Ende des Sprungs auf den linken Fuß ist auch wesentliche Ursache für den Riss des Kreuzbandes. Denn es spricht nichts dafür, dass der Riss des Kreuzbandes auch bei jeder alltäglichen Verrichtung zu etwa der gleichen Zeit geschehen wäre (vgl. BSG, Urt. v. 9.5.2006 – B 2 U 1/05 R – Juris, Rn. 15).

Abzuwägen ist dabei insbesondere gegen eine strukturelle Schwächung des Kreuzbandes durch degenerative oder mechanische Vorschäden, die bei Eintritt des Risses gegeben war. Dies ergibt sich zumindest daraus, dass das Kreuzbandgewebe schon vor dem Eintritt des Risses narbig verändert war. Insoweit folgt das Gericht der Einordnung durch Dr. L..

Alle weiteren Binnenschäden des linken Kniegelenkes, die Dr. L. in seiner beratenden Stellungnahme vom 10. Mai 2016 ausführlich aufzählt, ordnet weder er als naturwissenschaftliche Ursache des Kreuzbandrisses des Klägers ein noch wird erkennbar, in welcher Hinsicht sie sich auf das Kreuzband auswirken könnten. Ein Schluss von einer allgemein starken Abnutzung nahezu aller Kniebestandteile außerhalb der Bänder auf die Erhöhung der Rissbereitschaft gerade des Kreuzbandes wäre hingegen nicht stimmig.

Den Veränderungen des Kreuzbandes kommt keine feststellbare Bedeutung für dessen Riss zu, die gegenüber dem Bewegungsvorgang bei dem unkontrollierten Sprung überragendes Gewicht hätte. Dr. G. misst den Veränderungen mit der Formulierung, sie spielten keine Rolle, kein solches Gewicht bei. Für eine entsprechende Schwächung des Gewebes fehlen ihm nachvollziehbar belastbare Argumente; dies gilt nicht nur – wie unmittelbar ausgeführt – für die Verursachung eines mehrzeitigen Risses, sondern für die Bedeutung als konkurrierende Ursache insgesamt. Denn wenn jedenfalls keine Gesichtspunkte dafür sprechen, dass die Veränderungen allein zum Riss führen, fehlt auch ein Nachweis, dass ein Unfall neben ihnen beim Eintritt eines Risses unwesentlich ist. Dem entspricht die Einschätzung von Dr. G. auch insoweit, als er sie ausdrücklich als Feststellung zu konkurrierenden Ursachen trifft.

Ein unwillkürlicher Sprung zur Seite zum Ausweichen vor einer Gefahr ist auch kein alltäglicher Vorgang, sondern hier besonderer Ausdruck der Gefahr des Umgangs mit Tieren, die zur versicherten Tätigkeit gehörte.

Die Kostenentscheidung nach § 193 SGG richtet sich nach dem Obsiegen und Unterliegen in der Sache.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG nicht, weil die Entscheidung auf der ergangenen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in ihrer Anwendung auf den Einzelfall beruht.

Rechtskraft
Aus
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