L 10 AS 449/21

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 21 AS 3209/17
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AS 449/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Für einen 1-Personen-Haushalt in der Stadt Leipzig liegt nach Nachbesserung durch den Senat im Hinblick auf das Konfidenzintervall und nach Fortschreibung durch den Senat für den Zeitraum Januar 2017 bis März 2018 ein schlüssiges Konzept vor (KdU-Richtlinie 2014). Die Fortschreibung erfolgt bezogen auf den Anwendungszeitraum Januar 2017 bis Dezember 2017 nicht anhand des Verbraucherpreisindex, sondern anhand geeigneterer, zum Zeitpunkt der Fortschreibung bereits vorliegender Daten. Die weitere Fortschreibung für den Anwendungszeitraum Januar bis März 2018 erfolgt mangels anderweitiger geeigneter Datengrundlage anhand des Verbraucherpreisindexes.

 

Für einen 1-Personenhaushalt in der Stadt Leipzig liegt nach Nachbesserung durch den Senat im Hinblick auf das Konfidenzintervall und die Aktualität der Datengrundlage für den Zeitraum ab April 2018 ein schlüssiges Konzept vor (KdU-Richtlinie 2018).

 

Anschluss an das Urteil des 4. Senates vom 19. Dezember 2023, L 4 AS 107/20, juris.

 

Bemerkung

Schlüssiges Konzept Stadt Leipzig

      1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 17. Februar 2021 geändert und der Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 4. April 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2017 sowie der Änderungsbescheide vom 25. November 2017 und vom 8. April 2021 verurteilt, der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Mai 2017 bis 30. April 2018 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 93,82 € zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
      2. Der Beklagte hat der Klägerin 2/5 ihrer notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
      3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Tatbestand

 

Die Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 17. Februar 2021, mit dem ihrer Klage gerichtet auf die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II), hier beschränkt auf die Kosten der Unterkunft (KdU), für die Zeit vom 1. Mai 2017 bis zum 30. April 2018 nur teilweise stattgegeben worden ist.

 

Der Beklagte ist eine gemeinsame Einrichtung i. S. d. § 44b SGB II) unter Beteiligung der Stadt Leipzig als kommunaler Träger. Die Stadt Leipzig erarbeitet in regelmäßigen Abständen Verwaltungsrichtlinien für die Ermittlung der Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II und den §§ 35, 42a Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Der Beklagte wendet diese Richtlinien im Rahmen der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II an.

 

Die Stadt Leipzig hat am 18. Dezember 2014 die Verwaltungsrichtlinie Kosten der Unterkunft (Kapitel 1) – Angemessenheitsgrenzen; „Schlüssiges Konzept“, Az. DS-00687/14 (KdU-Richtlinie 2014) erlassen. Diese Verwaltungsrichtlinie wurde durch Beschluss des Stadtrates vom 20. März 2018 mit Wirkung zum 1. April 2018 durch die Verwaltungsrichtlinie Kosten der Unterkunft (Kapitel 1) – Herleitung angemessener Richtwerte für die Kosten der Unterkunft Nichtprüfungsgrenze für die Heizkosten; „Schlüssiges Konzept“, Az. DS-05471/18 (KdU-Richtlinie 2018) ersetzt. Die KdU-Richtlinie 2018 wurde durch die am 21. Januar 2020 beschlossene Verwaltungsrichtlinie gleichen Namens, Az. VII-lfo-00251-DS-01 (KdU-Richtlinie 2020) aktualisiert.

 

Die Stadt Leipzig erarbeitet zudem in regelmäßigen Abständen Betriebskostenbroschüren und Mietspiegel für das Gemeindegebiet. So hat sie unter anderem die Broschüren „Betriebskosten in Leipzig 2012 – Berichtsjahr 2014“, „Betriebskosten in Leipzig 2014 – Berichtsjahr 2016“ sowie „Betriebskosten in Leipzig 2016 – Berichtsjahr 2019“ und die Mietspiegel 2014, 2016 und 2018 veröffentlicht. Die Mietspiegel 2016 und 2018 wurden durch Beschlüsse des Stadtrates vom 15. November 2017 und 27. Juni 2019 jeweils als qualifizierte Mietspiegel anerkannt.

 

Die KdU-Richtlinie 2014 ermittelte für einen 1-Personen-Haushalt als kostenangemessene Aufwendungen eine Grundmiete von höchstens 207,01 € (4,6002 €/m² x 45 m²) und angemessene kalte Betriebskosten von 62,56 € (1,3902 €/m² x 45 m²), insgesamt 269,51 €. Für die Zeit ab dem 1. April 2018 erhöhte sich dieser Wert auf der Grundlage der KdU-Richtlinie 2018 auf eine Grundmiete von maximal 215,50 €/Monat und angemessene kalte Betriebskosten von maximal 64,10 €/Monat (1,4244 €/m² x 45 m²), insgesamt 279,60 €.

 

Die 1972 geborene, alleinstehende Klägerin bewohnt seit dem 1. Januar 2016 eine 47,43 m² große Wohnung, für die sie im streitigen Zeitraum eine Grundmiete von 240,91 € monatlich, eine Betriebskostenvorauszahlung von 66,40 € monatlich sowie eine Heizkostenvorauszahlung von 42,69 € monatlich, insgesamt 350,00 € zu zahlen hatte. Nachdem sie in der Zeit von Juni bis September 2016 in einem Arbeitsverhältnis bedarfsdeckendes Einkommen erzielt hatte, bewilligte ihr der Beklagte für die Zeit vom 1. November 2016 bis zum 30. April 2017 Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Bedarfs für KdU in Höhe von 350,00 € monatlich.

 

Mit Schreiben vom 18. Oktober 2016 wies der Beklagte die Klägerin unter Verweis auf die KdU-Richtlinie darauf hin, dass ihre Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft die Angemessenheitsgrenze überschritten und noch längstens bis zum 30. April 2017 übernommen werden könnten. Die Klägerin wurde aufgefordert, ihre Unterkunftskosten abzusenken. Die als angemessen angesehenen Unterkunftskosten wurden explizit benannt.

 

Auf den Weiterbewilligungsantrag der Klägerin gewährte der Beklagte mit Bescheid vom 4. April 2017 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Mai 2017 bis 30. April 2018 in Höhe von 721,26 € unter Berücksichtigung eines Regelbedarfs von 409,00 €, einer Grundmiete von 207,01 € sowie Nebenkostenvorauszahlungen von 62,56 € und Heizkostenvorauszahlungen von 42,69 €.

 

Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 18. April 2017 Widerspruch und wies darauf hin, dass ihr Vermieter nicht bereit sei, die Miete abzusenken. Im Übrigen sei ein Umzug unwirtschaftlich und eine Untervermietung nicht möglich. Auch stelle die Richtlinie der Stadt Leipzig kein schlüssiges Konzept dar.

 

Der Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 29. September 2017 als unbegründet zurück. Die KdU-Richtlinie 2014 sei rechtmäßig und entspreche den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Der Klägerin sei es zumutbar, ihre laufenden Kosten für Unterkunft und Heizung, z.B. durch einen Umzug zu senken. Sie wolle jedoch nicht umziehen. Es könne daher nur eine angemessene Bruttokaltmiete von 269,57 € berücksichtigt werden. Zuzüglich der tatsächlichen Heizkosten in Höhe von 42,69 € seien Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe von 312,26 € anzuerkennen.

 

Die Klägerin erhob am 13. Oktober 2017 durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage zum Sozialgericht mit dem Ziel der Gewährung höhere Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. Mai 2017 bis zum 30. April 2018 in Höhe von monatlich 37,74 €.

 

Mit Änderungsbescheid vom 25. November 2017 erhöhte der Beklagte die monatliche Leistung für die Zeit vom 1. Januar 2018 bis zum 30. April 2018 auf 728,26 € unter Berücksichtigung eines Regelbedarfs von 416,00 €/Monat und gleichbleibendem KdU-Bedarf. Ab dem 6. November 2017 übte die Klägerin eine Beschäftigung als Helferin Reinigung in einer Apotheke aus. Sie erzielte ein Einkommen von maximal 100,00 € monatlich (Brutto = Netto), so dass im streitigen Zeitraum kein anrechenbares Einkommen vorlag.

 

Zur Begründung ihrer Klage wies die Klägerin darauf hin, dass der Beklagte ihre tatsächlichen Unterkunftskosten zu Unrecht in Höhe dieses Differenzbetrages kürze und von ihr einen Wohnungswechsel fordere. Diese Kosten habe sie aus dem Regelsatz zu bestreiten, womit ihr Existenzminimum unterschritten werde. Nach Auffassung der Klägerin genüge das Konzept der Stadt Leipzig zur Bestimmung des angemessenen Mietpreises nicht den Anforderungen, die das Bundessozialgericht aufstelle. Es sei unzulässig, den Wohnungsmarkt in drei gleichgroße Segmente zu teilen und die Angemessenheitsgrenze aus dem oberen Wert des unteren Drittels abzuleiten. Diese Vorgehensweise werde dem Wohnungsmarkt für kleine Wohnungen nicht gerecht. Bei der Bestimmung der Mietobergrenzen sei sicherzustellen, dass tatsächlich Wohnraum einfachen Standards und angemessener Größe für alle Bedarfsgemeinschaften verfügbar sei. Unter Verweis auf die Daten des Mikrozensus 2011 und die Daten des Sozialreports 2014 sei davon auszugehen, dass es 120.275 marktaktive Wohnungen bis zu 60 m² gebe und Ein- und Zweipersonenhaushalte mit 81 % bis 82 % den größten Anteil an allen Leipziger Haushalten und Bedarfsgemeinschaften hätten. 2014 hätte es insgesamt 316.787 Haushalte, davon 166.666 mit einer Person und 94.371 mit zwei Personen gegeben. Gehe man nun davon aus, dass Einpersonenhaushalte vorwiegend Wohnungen mit bis zu 60 m² nachfragen würden, sei also nicht einmal der Bedarf der 166.666 Einpersonenhaushalte mit dem vorhandenen Wohnungsbestand bis zu 60 m² zu decken. Insoweit sei nicht genügend Wohnraum vorhanden, der von Ein- und Zweipersonenhaushalten im Leistungsbezug nach dem SGB II oder von Haushalten mit anderem niedrigen Einkommen angemietet werden könnte. Nach dem Mikrozensus 2011 existierten in Leipzig 120.275 Wohnungen mit bis zu 60 m². Allein die Nachfrage der Bedarfsgemeinschaften, deren Größe zugleich der tatsächlichen Haushaltsgröße entspreche (1:1 Haushalte), mit einer oder zwei Personen von insgesamt 29.312 Haushalten würde bereits 24,37 % dieses Wohnungsbestandes von 120.275 Wohnungen ausmachen. Hinzu kämen noch Empfänger von Sozialhilfeleistungen nachdem SGB XIl, Empfänger von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sowie Haushalte, denen Wohngeld gewährt werde. Zusammen mit diesen Personengruppen werde schon mehr als 1/3 des gesamten zur Verfügung stehenden Mietwohnraums mit bis zu 60 m² nachgefragt. Nach den Informationsvorlagen zur Berichterstattung zur jährlichen Analyse der KdU von Leistungsberechtigten nach dem SGB Il und Untersuchung der Angebotsmieten zur Überprüfung des Richtwertes für die Angemessenheit 2015 und 2016 sei der Anteil der Ein- und Zweipersonenhaushalte mit über der Angemessenheitsgrenze liegenden Aufwendungen auf 33,8 % gestiegen. Der Bedarf an angemessenem Wohnraum für Ein- und Zweipersonenhaushalte sei somit nicht zu decken. Des Weiteren wies die Klägerin darauf hin, dass sie aufgrund der bei ihr vorliegenden gesundheitlichen Probleme keine Wohnungen anmieten könne, welche nur über mehrere Treppen erreichbar seien. Die ohnehin sehr reduzierten Möglichkeiten, überhaupt eine Wohnung für eine Person in Leipzig zu finden, würden sich dadurch auf nahezu "null" reduzieren.

 

In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 26. November 2020 legte die Klägerin eine Bescheinigung des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Y...., Nervenzentrum A...., vom 25. November 2020 vor, nach dem bei ihr eine emotional instabile Persönlichkeitsstörung vom Borderlinetyp vorliege. Die Klägerin sei seit November 2014 bei ihm in Behandlung. Aufgrund der Erkrankung sei ein Umzug derzeit aus medizinischer Sicht nicht ratsam. Es wäre eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu erwarten. Der Umzug sei durch die Patientin nicht allein zu bewältigen und ein Umzug in eine kleinere Wohnung sei aus medizinischer Sicht wenig ratsam. Zudem hatte die Klägerin im Rahmen des Widerspruchsverfahrens gegen den nachfolgenden Bewilligungsbescheid für den Leistungszeitraum Mai 2018 bis April 2019 beim Beklagten am 26. April 2018 ein Attest ihres behandelnden Orthopäden, Dr. med. X...., A...., vom 6. Juni 2013 eingereicht, wonach folgende Diagnosen vorlagen: Senkspreizfuß, Großzehengrundgelenksarthrose. Aus orthopädischer Sicht sei das Steigen von Treppen zu vermeiden, daher sei der Umzug in eine Erdgeschosswohnung zu befürworten.

 

Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 17. Februar 2021 teilweise stattgegeben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 4. April 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2017 und des Änderungsbescheids vom 25. November 2017 verurteilt, der Klägerin für die Zeit vom 1. Mai 2017 bis zum 30. April 2018 weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 101,12 € zu gewähren. Im Übrigen hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die vom Beklagten ab 18. Dezember 2014 vorgenommene Begrenzung der übernahmefähigen KdU für einen Einpersonenhaushalt auf eine Bruttokaltmiete von 269,57 €/Monat (abgeleitet aus einem Quadratmeterpreis von 5,9904 € [4,6002 € Nettokaltmiete + 1,3902 € kalte Betriebskosten] x 45 m²) zuzüglich 42,69 € Heizkosten monatlich sei rechtmäßig, da ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der Nettokaltmiete vorliege. Die abstrakt angemessene Wohnungsgröße für einen Einpersonenhaushalt betrage 45 m², was sich aus der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz zur Regelung von Wohnflächenhöchstgrenzen zu § 18 SächsAGSGB vom 7. Juni 2010 (VwV Wohnflächenhöchstgrenzen, SächsABl. Nr. 28, S. 963, in Kraft seit dem 16. Juli 2010) ergebe. Der ermittelte Vergleichsraum mit dem gesamten Stadtgebiet der Stadt Leipzig sei nicht zu beanstanden. Im Einzelnen hat das Sozialgericht weiter wie folgt ausgeführt:

 

"(…) Bei der Ermittlung des angemessenen Mietpreises ist ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard zugrunde zu legen. Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG, Urteil vom 11.12.2012 - B4 AS 44/12 R). Wohnungen mit besonders niedrigem Ausstattungsgrad (Wohnungen ohne Sammelheizung und/oder ohne Bad), sind nicht in den Wohnungsbestand mit einzubeziehen, der für die Bildung einer Vergleichsmiete abzubilden ist, unabhängig davon, mit welcher Häufigkeit solche Wohnungen noch verfügbar sind. Zur Bildung eines grundsicherungsrelevanten Mietwertes sind diese Werte nicht mit heranzuziehen, denn auf Wohnungen mit diesem untersten Ausstattungsgrad können Hilfebedürftige bei der Wohnungssuche grundsätzlich nicht verwiesen werden (BSG, Urteil vom 13.04.2011 – B 14 AS 85/09 R, Urteil vom 10.09.2013 - B4 AS 77/12 R, Rn. 21).

Eine pauschale bundeseinheitliche Grenze (Quadratmeterpreis) scheidet hierbei aus, da einerseits auf die konkreten Verhältnisse abzustellen ist, die Kosten für Wohnraum in den einzelnen Vergleichsräumen andererseits sehr unterschiedlich sein können. Um trotzdem ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln auch innerhalb eines Vergleichsraums zu gewährleisten, muss die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze auf Grundlage eines überprüfbaren "schlüssigen Konzepts" erfolgen. Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden. Dabei muss der Grundsicherungsträger nicht zwingend auf einen einfachen oder qualifizierten Mietspiegel i.S. der §§ 558c und 558d BGB abstellen. Entscheidend ist vielmehr, dass den Feststellungen des Grundsicherungsträgers ein Konzept zu Grunde liegt, dieses im Interesse der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig und damit die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten auf ein "angemessenes Maß" hinreichend nachvollziehbar ist (BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77112 R - Rn. 24).

Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall.

Schlüssig ist das Konzept, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt (BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B4 AS 77/12 R - Rn. 28):

        • die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung),
        • es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, zB welche Art von Wohnungen Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete <Vergleichbarkeit>, Differenzierung nach Wohnungsgröße,
        • Angaben über den Beobachtungszeitraum,
        • Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, zB Mietspiegel),
        • Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,
        • Validität der Datenerhebung,
        • Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und
        • Angaben über die gezogenen Schlüsse (zB Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

Bislang hat der Gesetz- und Verordnungsgeber davon abgesehen, der Verwaltung normative Vorgaben darüber zu machen, wie sie die Angemessenheitsgrenze ermittelt. Die Verwaltung ist daher bis auf weiteres nicht auf eine bestimmte Vorgehensweise festgelegt. Sie selbst kann auf Grund ihrer Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten am besten einschätzen, welche Vorgehensweise sich für eine Erhebung der grundsicherungsrechtlich erheblichen Daten am besten eignen könnte. So kann es je nach Lage der Dinge etwa ausreichend sein, die erforderlichen Daten bei den örtlichen Wohnungsbaugenossenschaften zu erheben, wenn die für Hilfeempfänger in Betracht kommenden Wohnungen zum größten Teil im Eigentum dieser Genossenschaften steht. Hingegen sind derartige Auskünfte allein nicht ausreichend, wenn die Genossenschaften über keinen ins Gewicht fallenden Anteil am Wohnungsbestand des Vergleichsraumes verfügen und eine Mietpreisabfrage keine valide Datengrundlage für die Angemessenheitsgrenze ergeben kann. Ein schlüssiges Konzept kann sowohl auf Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand (einfacher, mittlerer, gehobener Standard) als auch auf Wohnungen nur einfachen Standards abstellen. Legt der Grundsicherungsträger seiner Datenerhebung nur die Wohnungen so genannten einfachen Standards zu Grunde, muss er nachvollziehbar offen legen, nach welchen Gesichtspunkten er dabei die Auswahl getroffen hat. In diesem Fall ist als Angemessenheitsgrenze der Spannenoberwert, d.h. der obere Wert der ermittelten Mietpreisspanne zu Grunde zu legen.

Für die Datenerhebung kommen nicht nur die Daten von tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen in Betracht, sondern auch von bereits vermieteten. Im Gegensatz zur Erstellung von Mietspiegeln oder Mietdatenbanken, deren wesentliches Anliegen das dauerhafte Funktionieren des Marktes frei finanzierter Mietwohnungen ist (Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, Stand Juli 2002, S. 3), ist im Rahmen der KdU grundsätzlich sämtlicher Wohnraum zu berücksichtigen, der auch tatsächlich zu diesem Zweck vermietet wird; so etwa auch Wohnraum, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist. Nicht zu berücksichtigen ist hingegen Wohnraum, dessen Miete keinen zuverlässigen Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten bringen kann; so etwa Wohnraum in Wohnheimen oder Herbergen und Gefälligkeitsmietverhältnisse (z.B. Vereinbarung von besonders niedrigen Mieten zwischen Verwandten). Auszunehmen ist auch Wohnraum, der in der Regel nicht länger als ein halbes Jahr und damit nur vorübergehend vermietet werden soll (z.B. Ferienwohnungen, Wohnungen für Montagearbeiter).

Die erhobenen Daten müssen vergleichbar sein, das heißt, ihnen muss derselbe Mietbegriff zu Grunde liegen. Typischerweise ist dies entweder die Netto- oder die Bruttokaltmiete. Wird die Nettokaltmiete als Grundlage gewählt, sind die kalten Nebenkosten (Betriebskosten) von der Bruttokaltmiete abzuziehen. Ist die Bruttokaltmiete Vergleichsbasis, müssen auch Daten zu den vom Mieter gesondert zu zahlenden Betriebskosten erhoben werden. Wird Wohnraum etwa (teil-)möbliert vermietet und lässt sich das für die Nutzung der Möbel zu entrichtende Entgelt bestimmen, ist dieser Betrag, ansonsten ein nach dem räumlichen Vergleichsmaßstab hierfür üblicherweise zu zahlender Betrag herauszurechnen (BSG, Urteil vom 22.09.2009 - B4 AS 18/09 R).

Die Verwaltungsrichtlinie KdU (Kapitel 1) – Angemessenheitsgrenze; "Schlüssiges Konzept" vom 18.12.2014 genügt diesen Anforderungen.

Die angemessenen Eckwerte für die Grundmiete je m² wurden aus den Daten, die dem Leipziger Mietspiegel 2014 zu Grunde lagen, berechnet. Die Daten für den Mietspiegel 2014 wurden für den Stichmonat Dezember 2013 erhoben. Grundlage für die Befragung waren die Adressen von 8.561 Mieterinnen und Mietern von Wohnungen, die über ein Zufallsverfahren aus dem Einwohnermelderegister ermittelt wurden. Mietspiegelrelevant blieben - nach Abzug der Mieter, die eine Beantwortung abgelehnt hatten - die Mietwohnungen, deren Mieten in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag 01.12.2013 geändert oder neu vereinbart worden sind (vgl. Vorbemerkung zum Mietspiegel 2014 S. 4, Datengrundlage).

Die Datenerhebung für den Mietspiegel 2014 hat über den gesamten Vergleichsraum stattgefunden. Räumliche Teilbereiche wurden hierbei nicht ausgeschlossen.

Bei dem Leipziger Mietspiegel 2014 handelt es sich um einen einfachen Mietspiegel, der zusätzlich einen großen Teil der in § 558d BGB normierten Voraussetzungen für einen qualifizierten Mietspiegel erfüllt. Auch einfache Mietspiegel können Grundlage der Bestimmung der Referenzmiete nach & 22 Abs. 1 Satz 1 SGB Il sein (BSG, Urteil vom 18.06.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - Rn. 16, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R – Rn. 30). Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben der §§ 449 und 558 ff. BGB wurden Mietwohnungen ausgeschlossen, die mit Mitteln aus öffentlichen Haushalten gefördert wurden und deshalb einer Begrenzung der Miethöhe unterliegen, Wohnraum in Heimen und heimähnlichen Unterkünften unterschiedlicher Art (z.B. Pflegeheime, Studenten- und Jugendheime, Internate), Wohnraum im Betreuten Wohnen, es sei denn, dass Betreuungs- oder Zusatzleistungen durch gesonderte Verträge erfasst sind, gewerblich oder teilgewerblich genutzte Räume, Werks-, Dienst- und Hausmeisterwohnungen, Wohnraum, der zum vorübergehenden Gebrauch vermietet ist, möbliert vermieteter Wohnraum, Wohnraum, deren Küche, Toilette und Badezimmer - soweit vorhanden - von anderen (Haupt-) Mietparteien mitbenutzt werden, Wohnungen, für die eine Gefälligkeitsmiete vereinbart wurde, Wohnungen ohne Innentoilette, ohne Bad, ohne Küche oder ohne Sammelheizung und Wohnungen, die kleiner als 20 m² oder größer als 180 m² sind. Dadurch wurde sichergestellt, dass Wohnungen mit einem unzumutbar niedrigen Standard und Wohnungen, die den Marktpreis für dauerhaftes Wohnen zu üblichen Bedingungen nicht wiederspiegeln, nicht in die Erhebung eingeflossen sind.

Nach weiterem Ausschluss von extremen Ausreißern verblieben noch 2.437 Wohnungen, die zur Herleitung der Angemessenheitswerte herangezogen wurden.

Die Stadt Leipzig durfte dabei davon ausgehen, dass sich der Wohnungsstandard im Mietpreis je m² niederschlägt. Für den Mietpreis sind nicht nur einzelne wertbildende Faktoren wie Ausstattung der Wohnung, Lage und Bausubstanz maßgeblich, sondern immer auch eine wertende und subjektive Gesamtschau aller Kriterien, die sich in dem auf dem Markt erzielbaren Mietpreis niederschlägt.

Weiterhin ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Wohnungen einfachen Standards dadurch bestimmt hat, dass die erhobenen Daten in Abhängigkeit von ihrer Grundmiete je m² in drei gleich große Segmente unterteilt wurden die höchste Grundmiete je m² des untersten der drei Segmente als Richtwert herangezogen wurde (Kappungsgrenze 33,33 Perzentil). Durch dieses mathematisch nachvollziehbare Verfahren ist sichergestellt, dass aus der Grundgesamtheit aller anhand der mietspiegelrelevanten Daten selektierten Datensätze mindestens 1/3 der Wohnungen diesen Wert nicht überschreitet. Diese Vorgehensweise ist unter der Prämisse, dass eine klare Definition des Untersuchungsgegenstandes "nach unten" und "nach der Größe" aus der Grundgesamtheit aller mietspiegelrelevanter Wohnungen, also auch der mittleren, gehobenen und luxuriösen Standards, stattfand, zulässig (BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R – Rn.37, dass sogar eine Kappungsgrenze bei 20% des unteren preislichen Segments zugelassen hat). Dieses ist beim Leipziger Mietspiegel 2014 der Fall, da in die Erhebung und Auswertung der Daten Angaben zu Wohnungen des einfachen, mittleren und gehobenen Standards eingeflossen sind. Einer weiteren Verifizierung in Bezug auf den Gesamtmietbestand der Stadt Leipzig bedarf es vorliegend nicht, da das BSG bereits das wissenschaftlich gesicherte Verfahren zur Aufstellung eines qualifizierten Mietspiegels ausreichen lässt, wenn ihm Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis entnommen werden können. Denn dann ist davon auszugehen, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu diesem abstrakt angemessenen Quadratmeterpreis im örtlichen Vergleichsraum gibt (BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 77/12 R). Der Verwaltungsrichtlinie KdU sind Aussagen zur Häufigkeit in diesem Sinne zu entnehmen: Aus der Tabelle 11 der Verwaltungsrichtlinie KdU (Seite 21) ist die Anzahl der Wohnungen mit angemessenem Quadratmeterpreis ablesbar. Auch angesichts des Umstands, dass in Leipzig die Zahl aller SGB Il-Leistungsempfänger 70.575 (vorläufiger Wert Stand 30.09.2014 laut Statistischem Quartalsbericht Leipzig 11/2014) und damit ca. 12,9 % der Gesamteinwohnerzahl (vorläufiger Wert Stand 30.09.2014 laut Statistischem Quartalsbericht Leipzig 11/2014: 546.939) beträgt, ist die Bildung eines 33,3- Perzentils nicht zu beanstanden.

Nach Auffassung des Gerichts ist durch die oben beschriebene Vorgehensweise der Gegenstand der Beobachtung, die Art und Weise der Datenerhebung und der Beobachtungszeitraum hinreichend definiert.

Die herangezogenen Daten sind nach Auffassung des Gerichts repräsentativ. Es wurden zufällig Wohnungen ausgewählt und deren Mieter befragt. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich die Auswahl an anderen Kriterien orientiert oder die Auswahlmethode zu einer Verzerrung des Datensatzes geführt hat.

Auch der Umfang der dem Leipziger Mietspiegel 2014 zu Grunde liegenden Daten ist ausreichend. Es handelt sich um einen sog. Regressionsmietspiegel, nicht um einen Tabellenmietspiegel. Der Regressionsmethode liegt die Überlegung zugrunde, dass sich die Miete einer Wohnung aus der Bewertung ihrer Wohnmerkmale durch die Marktpartner ergibt und dass dieser Zusammenhang mit einer mathematischen Gleichung beschrieben werden kann. Jedes Merkmal (z.B. die Größe der Wohnung, das Baualter, die Ausstattungsqualität) leistet einen Beitrag zum Mietpreis der Wohnung. Das Zusammenwirken aller Merkmale ergibt die abzubildende Miete. Der Tabellenmethode liegt die Überlegung zugrunde, dass sich die Struktur des Wohnungsmarktes in typischen Kategorien von Wohnungen beschreiben lässt. Die Kategorien werden durch Kombinationen von Wohnwertmerkmalen (z.B. Altbau, mit Bad, Größe unter 40 m², einfache Wohnlage) bestimmt und in einem Mietspiegelfeld abgebildet. Die Strukturierung der Tabellen kann bei einem qualifizierten Tabellenmietspiegel nicht willkürlich erfolgen. Es müssen hierzu vielmehr mit geeigneten wissenschaftlichen Methoden diejenigen Wohnwertmerkmale identifiziert werden, die den statistisch bedeutsamsten Einfluss auf die Miethöhe haben (Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, herausgegeben vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Rn. 38). Der Raumforschung, 2. Auflage 2014). Daher kommen Regressionsmietspiegel mit einer kleineren Stichprobe aus, denn der Regressionsmietspiegel nutzt die Informationen der gesamten Stichprobe und nicht nur von Teilmengen, wie sie hinter den jeweiligen Tabellenfeldern des Tabellenmietspiegels stehen (BSG, Urteil vom 10.09.2013 B 4 AS 77/12 R, Rn. 34 f.). Für größere Kommunen wird eine Ergebnisstichprobe von mindestens 1% des relevanten Wohnungsbestandes empfohlen (Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, herausgegeben vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung, 2. Auflage 2014, Seite 26). Dies ist hier gegeben. Ausgewertet 2.437 Wohnungen, dies entspricht 1% des gesamten Mietwohnungsbestands (242.486, ohne Leerstand).

Es begegnet keinen Bedenken, dass zur Bestimmung angemessener Eckwerte für die Grundmiete pro m² Wohnflächenspannen gebildet wurden (BSG, Urteil vom 10.09.2013 B4 AS 77/12 R - Rn 32). Da in den Mietspiegeldatensätzen keine ausreichende Anzahl an Wohnungen enthalten war, die exakt den abstrakt angemessenen Wohnflächen gemäß der VwV Wohnflächenhöchstgrenzen entsprechen, wurden Wohnungen ausgewählt, die die abstrakt angemessene maximale Wohnfläche um jeweils 5 m² über- oder unterschreiten. In dem so ermittelten Datensatz fanden sich für alle untersuchten Haushaltsgrößen eine ausreichend repräsentative Anzahl von Wohnungen (Tabelle 3, Seite 13 der Verwaltungsrichtlinie KdU) zur Berechnung der Eckwerte. Für die Bestimmung der angemessenen Bruttokaltmiete bedurfte es keiner Größenkorridore, da sich die angemessene Bruttokaltmiete aus dem Produkt von Wohnfläche und Quadratmeterpreis ergibt. So steht es den Leistungsempfängern frei, eine kleinere Wohnung zu einem höheren Quadratmeterpreis anzumieten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Verwaltungsvorschrift KdU auf der Grundlage der Daten für den A....er Mietspiegel 2014 erarbeitet wurde. Die Tatsache, dass es sich hierbei um einen einfachen Mietspiegel handelt, bedeutet nicht, dass die Daten weniger aussagekräftig sind. Sowohl einfache, als auch qualifizierte Mietspiegel sind in der Rechtsprechung der Zivilgerichtsbarkeit anerkannt und können beispielsweise herangezogen werden zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete (Bundesgerichtshof - BGH - Urteil vom 16.06.2010 - VIII ZR 99/09 Rn. 11 f.).

Die hinter dem Leipziger Mietspiegel 2014 liegenden Daten sind auch hinreichend aktuell. Zwar muss ein schlüssiges Konzept, um den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit ausfüllen zu können, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts zeit- und realitätsgerecht erfassen. Der Aktualität des einem schlüssigen Konzept nach § 22 Abs. 1 SGB Il zugrunde gelegten Datenmaterials können im Bereich des Wohnens VIII ZR 99/09 Rn. 11 f.) Grenzen gesetzt sein, die in vertretbarem Umfang hingenommen werden müssen. Ausdrücklich anerkannt ist in der Rechtsprechung der Rückgriff allein auf die hinter einem Mietspiegel liegenden Daten. Hierbei handelt es sich um solche Bestandsmieten, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart worden sind. Es muss hingenommen werden, dass nicht immer alle Daten auf dem aktuellen Stand sind, solange den örtlichen Verhältnissen entsprechende regelmäßige Nach- und Neuerhebungen erfolgten. Insoweit sind die Regelungen der 88 22a bis 22c SGB II zu beachten. § 22c Abs. 2 SGB Il bestimmt, dass die Kreise und kreisfreien Städte, die durch Satzung bestimmten Werte für die Unterkunft mindestens alle zwei Jahre überprüfen und gegebenenfalls neu festsetzen müssen. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze muss innerhalb eines Zwei-Jahres-Zeitraums nach Datenerhebung mit anschließender Datenauswertung und zeitnahem "Inkraftsetzen" eines Konzepts für angemessene Unterkunftskosten durch den Grundsicherungsträger eine Überprüfung und Fortschreibung schlüssiger Konzepte regelmäßig nicht erfolgen. Der SGB II-Träger kann in dieser Zeitspanne weiterhin das erhobene Datenmaterial zugrunde legen (BSG, Urteil vom 12.12.2017 - BA AS 33/16 R Rn. 13 ff.). Der Zeitraum bis Dezember 2016 liegt noch innerhalb des Zwei-Jahres-Zeitraums ab "Inkrafttreten" der Verwaltungsvorschrift KdU der Stadt Leipzig im Dezember 2014, die daher bis zum 17.12.2016 unverändert zur Bestimmung der angemessenen KdU herangezogen werden kann.

Durch die Auswertung der dem Mietspiegel zugrundeliegenden Daten sind in der VwV KdU nachvollziehbar und überprüfbar aussagekräftige Angemessenheitsgrenzen definiert worden, die den Anforderungen an ein schlüssiges Konzept i.S.d. Rechtsprechung des BSG genügen.

Der oberste Wert des unteren Drittels der angemessenen Wohnungen wurde mit 4,6002 €/m² abgelesen und ergibt somit einen Referenzwert für die Nettokaltmiete von 207,01 €/Monat (= 45 m² x 4,6002 €/m²).

Auch die Bestimmung der Eckwerte für die kalten Betriebskosen im Rahmen der VwV KdU ist nicht zu beanstanden. Da für das Stadtgebiet Leipzig keine Erkenntnisse über die Betriebskosten im unteren Wohnsegment vorliegen und im Zuge der Mietspiegelbefragung dazu ebenfalls keine Daten erhoben wurden, wurde auf die aktuelle Broschüre Betriebskosten in Leipzig 2012 (Berichtsjahr 2014) zurückgegriffen, die im Turnus von zwei Jahren durch das Sozialamt der Stadt Leipzig erstellt wird. Hieraus wurde in nachvollziehbarer Art und Weise ein Durchschnittswert für den gesamten Vergleichsraum i.H.v. 1,3902 €/m² ermittelt. Dieser berechnet sich aus dem Durchschnitt der Betriebskosten ohne die Kosten für Heizung und Wassererwärmung (1,2638 €/m²) zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10%.

Die Heranziehung von Durchschnittswerten aus allen Mietverhältnissen ergibt zwar einen Wert, der - weil er den gesamten Mietmarkt erfasst – in der Tendenz höher liegt, als dies bei Auswertung nur des Teilsegments der Fall wäre, auf das Leistungsberechtigte nach dem SGB Il zu verweisen sind. Sofern eine entsprechend differenzierte Datenlage aber nicht vorliegt und also eine Auswertung des Teilsegments mit vernünftigem Aufwand ausscheidet, ist eine solche Vergröberung erforderlich, um mit ausreichender Sicherheit zu gewährleisten, dass in jedem Marktsegment — in der Tendenz höher liegt, als dies auch in dem in Bezug zu nehmenden unteren Segment — eine genügende Anzahl an Mietverhältnissen zu diesem Preis vorhanden ist (VwV KdU Seite 15, 3.2).

Es ist somit von einem Bedarf für angemessene kalte Betriebskosten i.H.v. 62,56 €/Monat (= 1,3902 €/m² x 45 m²) auszugehen.

(…)

Das Gericht geht davon aus, dass auch ausreichend Wohnraum zu angemessenen Preisen verfügbar ist.

Schon aus dem Datensatz, der dem Mietspiegel zugrunde liegt, geht hervor, dass Wohnungen mit angemessenem Quadratmeterpreis vorhanden sind (s.o., Urteil des BSG vom 10.09.2013- B4 AS 77/12 R - Rn. 38). Betrachtet man hier den am meisten angespannten Markt für Einpersonenhaushalte, ergeben sich schon aus den dem Mietspiegel zu Grunde liegenden Daten deutliche Hinweise auf ein ausreichendes Angebot kostenangemessener Wohnungen. In der Stichprobe der Mietspiegeldaten finden sich 210 Wohnungen, die für einen Einpersonenhaushalt kostenangemessen sind (Tabelle 12, Seite 22 der VwV KdU). Hierbei sind nicht nur die Wohnungen mit einer Quadratmeterzahl bis 45 einbezogen worden, sondern auch größere Wohnungen mit einer geringeren Miete, so dass das Produkt dieser beiden Werte noch unterhalb der Angemessenheitsgrenze der Richtlinie liegt. Da die Stichprobe 1% des gesamten Mietwohnungsbestandes entspricht, lässt sich aus den Daten schlussfolgern, dass es auf dem Leipziger Wohnungsmarkt 21.000 angemessene Wohnungen für Einpersonenhaushalte gab, bei denen es in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag 01.12.2013 eine Änderung (Mietänderung oder Neuvermietung) gegeben hat. Geht man weiterhin davon aus, dass in Leipzig im Jahr 2012 ca. 39.302 Personen in einem Einpersonenhaushalt lebten, die Sozialleistungen oder ein niedriges Einkommen bezogen, dass diese zu einem großen Teil länger als vier Jahre in ihren Wohnungen lebten und daher nicht in den Mietspiegeldaten erfasst wurden und nicht alle gleichzeitig umziehen, ist von einem ausreichenden Angebot an angemessenem Wohnraum auszugehen.

Diese aus dem Vorhandensein eines Mietspiegels abgeleiteten Überlegungen (siehe BSG a.a.O.) wurden bei der Erstellung des schlüssigen Konzepts zusätzlich überprüft: Es wurden die für das Stadtgebiet Leipzig über die drei größten Immobilienportale (Immobilienscout24, Immonet, Immowelt) angebotenen Mietwohnungen ausgewertet. Die Auswertung der Angebotsmieten erfolgte zu drei unterschiedlichen Zeiträumen innerhalb eines Zeitraums von 10 Wochen (20. — 30. Kalenderwoche 2014). In jeder der untersuchten Kalenderwoche lagen verteilt über das gesamte Stadtgebiet Leipzig jeweils über 6.000 Wohnungsangebote mit einer Wohnfläche von mindestens 20 m² vor.

Dass hierbei nicht dieselben Wohnflächenspannen verwendet wurden, wie bei der Bestimmung des Eckwertes für die Grundmiete, ist nicht zu beanstanden. Hierzu führt der Vorsitzende der 23. Kammer in seinem Beschluss vom 27.05.2016 (S 23 AS 1121/16 ER) folgendes aus: "Bei der Untersuchung der Angebotsmieten wurden ebenfalls Wohnungen unterhalb des - nach denselben Kriterien wie bei den Mietspiegeldaten bestimmten - einfachen Standards nicht berücksichtigt (Seite 8 der Richtlinie). Dass bei der Differenzierung nach Wohnungsgröße nicht erneut Wohnflächenspannen gebildet wurden (für Ein-Personen-Haushalte also z.B. nur Wohnungsangebote zwischen 40 und 50 m² einbezogen wurden), ist der Systematik der durch das Gericht zu respektierenden Methodenfreiheit des Antragsgegners (BSG, Urteil vom 18. November 2014 - B4 AS 9/14 R) geschuldet. Geht es bei der Auswertung der Mietspiegeldaten nämlich darum, durch Bildung von Wohnflächenspannen einer zu starken Reduzierung der in die Betrachtung einzubeziehenden Wohnungen entgegen zu wirken (Seite 13), soll über den Abgleich mit den am Wohnungsmarkt angebotenen Mietwohnungen festgestellt werden, in welchem Umfang angemessener Wohnraum tatsächlich zu den ermittelten Richtwerten verfügbar ist (Seite 3). Bei diesem zweiten Schritt, der ja auf die tatsächliche Umsetzbarkeit von Kostensenkungsbemühungen abzielt, müssen daher die normativen Vorgaben zu Wohnflächenhöchstgrenzen exakt zur Anwendung kommen. Zwar ist durchaus kritisch zu bewerten, dass durch diese Methodik z.B. Wohnungen zwischen 20 m² und 40 m² in die Untersuchung der Mietspiegeldaten nicht einfließen, der Abgleich mit den Angebotsmieten, bei dem für Ein-Personen-Haushalte alle Wohnungen bis 45 m² erfasst wurden, aber solche Wohnungen in den Blick nimmt. In hinnehmbarer Weise werden hiermit etwa verbundene Unschärfen allerdings dadurch abgemildert, dass zur Validierung der Verfügbarkeit angemessenen Wohnraums nicht nur auf die Untersuchung der Angebotsmieten zurückgegriffen wird, sondern auch die Häufigkeit von Wohnungen mit angemessener Grundmiete nach den Mietspiegeldaten selbst erhoben wird (Seiten 20-22 der Richtlinie) und dabei ebenfalls Wohnflächen ab 20 m² berücksichtigt werden. Insoweit ist nämlich gewährleistet, dass Wohnungen mit der für einen Ein-Personen-Haushalt zumutbaren Größe von 20 bis 45 m² und dem aus den Mietspiegeldaten abgeleiteten oberen Quadratmeterpreis für angemessenen Wohnraum sowohl im Datenbestand des Mietspiegels als auch auf dem aktuellen Wohnungsmietmarkt in ausreichender Zahl vorhanden sind. Die an den normativen Vorgaben der VwV Wohnflächenhöchstgrenzen orientierte marktbezogenene Validierung der Verfügbarkeit angemessenen Wohnraums erfolgt mithin für die Auswertung von Immobilienportalen wie auch der Mietspiegeldaten nach denselben Vorgaben hinsichtlich der Wohnungsgröße. Hierdurch ist sichergestellt, dass die Verwendung einer abweichenden Wohnflächenspanne bei der Bestimmung des Angemessenheitswertes weder an dem durch die Mietspiegeldaten abgebildeten Wohnungsmarkt noch am aktuellen Angebotswohnungsmietmarkt vorbeigehende Ergebnisse produziert." Diesen Ausführungen schließt sich das Gericht nach eigener Prüfung an.

Die Ausführungen des Klägerbevollmächtigten zur Verfügbarkeit von Wohnraum konnten die Auffassung des Gerichts nicht erschüttern. Die Tatsache, dass der Anteil der Ein- und Zweipersonenhaushalte mit über der Angemessenheitsgrenze liegenden Aufwendungen für Wohnraum auf 33,8 % gestiegen ist, lässt keinen Rückschluss auf mangelnde Verfügbarkeit von angemessenem Wohnraum zu. Von diesen 33,8 % werden laut des vom Klägerbevollmächtigten zitierten Berichts bei knapp der Hälfte der Haushalte die zu hohen KdU dauerhaft (z.B. aus gesundheitlichen Gründen oder weil ein Umzug unwirtschaftlich wäre) oder für eine Übergangszeit weiter anerkannt. Weiterhin entscheidet sich ein Teil der Leistungsbezieher in 1:1 - Haushalten freiwillig für eine zu teure Wohnung und deckt die Differenz zwischen anerkannter und tatsächlicher Miete durch den anrechnungsfreien Betrag eines Erwerbseinkommens.

Die Klägerin hat zudem keine Belege für eine erfolglose Suche nach kostenangemessenem Wohnraum, der in unteren Etagen oder in Häusern mit Aufzug liegt, vorgelegt. (…)"

 

Hinsichtlich des Zeitraums ab dem 18. Dezember 2016 sei jedoch zu beachten, dass das Konzept zwar herangezogen werden könne, allerdings nach Ablauf des Zweijahreszeitraums seit seines "Inkrafttretens" anhand des vom Statistischen Bundesamts ermittelten Bundesdeutschen Verbraucherpreisindex, der im Jahr 2015 0,5%, im Jahr 2016 0,5% und im Jahr 2017 1,5% betragen habe, fortzuschreiben und die Angemessenheitsgrenze für die Bruttokaltmiete entsprechend zu erhöhen gewesen sei. Im Fall der Klägerin sei somit für die Zeit von Mai bis Dezember 2017 mithin eine Bruttokaltmiete von 276,34 €/Monat zugrunde zu legen. Die Klägerin habe Anspruch auf insgesamt weitere 6,77 €/Monat (276,34 € - 269,57 €), für acht Monate von Mai bis Dezember 2017 auf weitere 54,16 €. Im Jahr 2018 seien die Verbraucherpreise um weitere 1,8% gestiegen, so dass sich die Angemessenheitsgrenze auf 281,31 €/Monat belaufe und die Klägerin bei Zugrundelegung einer angemessenen Bruttokaltmiete von 281,31 €/Monat Anspruch auf weitere 11,74 €/Monat (281,31 € - 269,57 €), für vier Monate von Januar bis April 2018 auf weitere 46,96 €, gehabt habe. Insgesamt stünden der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Mai 2017 bis zum 30. April 2018 weitere 101,12 € an KdU zu.

 

Der Beklagte habe die Klägerin auch mit Schreiben vom 18. Oktober 2016 rechtswirksam zur Kostensenkung aufgefordert. Die Klägerin habe auch in objektiver Hinsicht die Möglichkeit gehabt, ihre Kosten zu senken, da kostenangemessene Wohnungen auf dem Markt verfügbar gewesen seien. Die voraussichtlichen Umzugskosten für den 1-Personenhaushalt der Klägerin innerhalb des Stadtgebiets von Leipzig hätten sich auch unter Zuhilfenahme eines Umzugsunternehmens, dessen Kosten der Beklagte aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin zu übernehmen gehabt hätte, bei Absenkung der Mietkosten auf das angemessene Maß innerhalb eines Jahres amortisiere. Ein Umzug wäre damit auch in wirtschaftlicher Hinsicht zumutbar. Es wäre auch subjektiv möglich gewesen. Die von der Klägerin vorgebrachten gesundheitlichen Gründe hätten einem Umzug nicht entgegengestanden. Es hätten keine gesundheitlichen Einschränkungen vorgelegen, die es erforderlich gemacht hätten, dass sie gerade in der derzeit bewohnten Wohnung verbleibe. Aufgrund ihrer Erkrankungen sei sie zwar nicht in der Lage, einen Umzug vollständig ohne professionelle Hilfe durchzuführen (Senkspreizfuß, Großzehengrundgelenksarthrose). Mit Unterstützung eines Umzugsunternehmens, das den Transport schwerer Gegenstände übernehme, könne sie jedoch eine andere Wohnung beziehen. Sie sei aufgrund ihrer Leiden nicht auf eine spezielle, behindertengerechte Ausstattung der Wohnung angewiesen. Es sei auch zumutbar, den Kontakt zu ihrem sozialen Umfeld über eine Distanz, die nicht über das Stadtgebiet Leipzig hinausgehe, aufrechtzuerhalten. Die Klägerin sei gehfähig, könne öffentliche Verkehrsmittel nutzen und selbständig einkaufen. Auch aus der Diagnose der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung vom Borderlinetyp folge keine Unzumutbarkeit eines Umzugs. Die Klägerin sei hier auf die Leistungen der Krankenversicherung zu verweisen. Sonstige individuelle Umstände, die eine Unzumutbarkeit der Kostensenkung begründen könnten, seien nicht ersichtlich.

 

In Umsetzung des Urteils des Sozialgerichts Leipzig vom 17. Februar 2021 hat der Beklagte der Klägerin mit Änderungsbescheid vom 8. April 2021 höhere Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Mai 2017 bis 31. Dezember 2017 in Höhe von monatlich 6,77 € (insgesamt monatlich 728,03 €) und für die Zeit vom 1. Januar 2018 bis zum 30. April 2018 in Höhe von 11,74 € monatlich (insgesamt 740,00 €) bewilligt

 

Gegen das ihr am 25. März 2021 zugestellte Urteil, in dem die Berufung zugelassen worden war, hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 23. April 2021 Berufung eingelegt und darauf hingewiesen, dass die Richtlinie der Stadt Leipzig zur Klärung stehe. Der Beklagte gehe davon aus, dass diese den Vorgaben des BSG zum sogenannten schlüssigen Konzept entspreche. Des Weiteren seien hier noch einzelfallbezogene Tatsachen (gesundheitliche Einschränkungen) zu beachten. Eine weitergehende Begründung erfolgte nicht.

 

Die Klägerin beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 17. Februar 2021 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 4. April 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 25. November 2017 zu verurteilen, ihr für den Zeitraum 1. Mai 2017 bis 30. April 2018 höhere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung zu gewähren.

 

Der Beklagte beantragt,

 

            die Berufung zurückzuweisen.

 

Der Beklagte ist der Ansicht, dass die angegriffenen Bescheide zurecht ergangen seien. Die Festsetzung der Angemessenheitswerte beruhe auf einem schlüssigen Konzept im Sinne der Rechtsprechung des BSG.

 

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erteilt, die Klägerin mit Schreiben vom 10. Januar 2024 und der Beklagte mit Schreiben vom 4. Januar 2024.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge, der beigezogenen Unterlagen zur Bewertung der Schlüssigkeit des Konzeptes (einschließlich der auf CD vorliegenden Rohdaten):

  • Verwaltungsrichtlinie der Stadt Leipzig - Kosten der Unterkunft (Kapitel 1) - Angemessenheitsgrenzen; „Schlüssiges Konzept" - DS-00687/14 vom 18.12.2014 (KdU-Richtlinie 2014),
  • Verwaltungsrichtlinie der Stadt Leipzig - Kosten der Unterkunft (Kapitel 1) - Herleitung angemessener Richtwerte für die Kosten der Unterkunft und der Nichtprüfungsgrenze für die Heizkosten; „Schlüssiges Konzept" - DS-05471/18 vom 20.03.2018 (KdU-Richtlinie 2018)
  • Betriebskosten in Leipzig 2012 — Berichtsjahr 2014
  • Betriebskosten in Leipzig 2014 — Berichtsjahr 2016
  • Betriebskosten in Leipzig 2016 — Berichtsjahr 2019
  • Leipziger Mietspiegel 2014, 2016 und 2018
  • Gutachten von Prof. Dr. W.... vom 17. Januar 2018 und 30. Dezember 2019, eingeholt im Verfahren des Sozialgerichts Leipzig S 16 AS 2262/16
  • Stellungnahmen des Beklagten gegenüber dem Sächsischen Landessozialgericht in dem Verfahren L 4 AS 107/20 betreffend die KdU-Richtlinie 2018
  • Berichterstattung zum Ratsbeschluss RB-IV-780/07 und Untersuchung der Leipziger Angebotsmieten 2013

verwiesen.

Entscheidungsgründe

 

Das Gericht entscheidet gemäß § 153 Abs. 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung über die Berufung.

 

Die infolge Zulassung durch das Sozialgericht (§§ 143, 144 Abs. 1 und 2 Nr. 1 SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht erhobene Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Das Sozialgericht hat der Klage in zu geringem Umfang stattgegeben.

 

Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind neben dem Urteil des Sozialgerichts vom 17. Februar 2021 der Bescheid vom 4. April 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. September 2017 und des Änderungsbescheides vom 25. November 2017 sowie das Begehren der Klägerin, für die Zeit vom 1. Mai 2017 bis 30. April 2018 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II bezogen auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung zu erhalten. Ebenfalls Gegenstand des Berufungsverfahrens ist gemäß § 96 SGG der Änderungsbescheid vom 8. April 2021, mit dem der Beklagte der Klägerin in Umsetzung der erstinstanzlich erfolgten teilweisen Verurteilung für die Zeit vom 1. Mai 2017 bis 31. Dezember 2017 auf der Grundlage von der vom Sozialgericht als kostenangemessen erachteten Bruttokaltmiete von monatlich 276,34 € höhere Leistungen von monatlich 6,77 € (276,34 € - 269,57 €) sowie für die Zeit vom 1. Januar 2018 bis zum 30. April 2018 auf der Grundlage einer kostenangemessen Bruttokaltmiete von 281,31 € höhere Leistungen von monatlich 11,74 € (281,31 € - 269,57 €) bewilligt hat. Im Berufungsverfahren noch im Streit steht somit der Differenzbetrag zu den tatsächlichen Mietaufwendungen, der sich vorliegend für die Zeit vom 1. Mai 2017 bis zum 31. Dezember 2017 auf monatlich 30,97 € (307,31 € [240,91 € + 66,40€] - 276,34 €) sowie für die Zeit vom 1. Januar 2018 bis zum 30. April 2017 auf monatlich 26,00 € (307,31 € [240,91 € + 66,40€] - 281,31 €) beläuft.

 

In der Sache ist das Verfahren beschränkt auf die Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB Il für den Zeitraum 1. Mai 2017 bis 30. April 2018, die einen zulässigen abtrennbaren Streitgegenstand darstellen, über den gesondert entschieden werden kann (vgl. nur BSG, Urteil vom 30. Juni 2021, B 4 AS 76/20 R, juris Rdnr. 11 m. w. N. aus seiner Rechtsprechung). Dieses Begehren auf Zuerkennung weiterer Leistungen für Unterkunft und Heizung wird zutreffend von der Klägerin mit ihrer Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) verfolgt.

 

Unter Berücksichtigung der nachfolgenden Urteilsgründe stehen der Klägerin über die Verurteilung durch das Sozialgericht hinausgehend für den Streitzeitraum insgesamt weitere Leistungen von 93,82 € für ihren Bedarf für Unterkunft und Heizung auf der Grundlage von § 19 Abs. 1 Satz 1 und 3, § 22 SGB II in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl. I, S. 850) zu, weil die vom Beklagten zur Bestimmung der Angemessenheit zugrunde gelegte, von der Stadt Leipzig erstellte KdU-Richtlinie 2014 in geringem Umfang unschlüssig war und einer Nachbesserung bedurfte (vgl. unten I., 1.-6.). Zudem musste sie ab 1. Januar 2017 und erneut ab 1. Januar 2018 und damit auch für den hier streitigen Zeitraum fortgeschrieben werden, was der Senat nachholt (vgl. unten I., 7. und 8.). Ebenfalls in geringem Umfang unschlüssig und einer Nachbesserung durch den Senat bedurfte die vorliegend für die Zeit vom 1. April 2018 bis zum 30. April 2018 maßgebende KdU-Richtlinie 2018 (vgl. unten I., 9.)

 

Danach ergibt sich für den Senat für die Zeit vom 1. Mai 2017 bis zum 31. Dezember 2017 eine angemessene Bruttokaltmiete von monatlich 284,25 € (6,3165 € [4,8921 € + 1,4244 €] und somit ein höherer Betrag von 7,91 € als bislang vom Sozialgericht zuerkannt (284,25 € – 276,34 € = 7,91 €), d.h. für 8 Monate insgesamt 63,28 € (7,91 € x 8 Monate). Für die Zeit ab dem 1. Januar 2018 bis zum Inkrafttreten des Konzepts 2018, zum 1. April 2018 ist nach Auffassung des Senats die angemessene Kaltmiete auf der Grundlage des Verbraucherpreisindex des Jahres 2017 von 1,5 % (= 0,0947475 € = 6,4112 €) zu erhöhen, so dass sich für die Zeit von Januar 2018 bis März 2018 die angemessene Bruttokaltmiete auf 288,51 € beläuft, somit auf einen höheren Betrag von 7,20 € als bislang vom Sozialgericht zuerkannt (288,51 € – 281,31 € = 7,20 €), d.h. für 3 Monate insgesamt 21,60 €. Schließlich sind für den Monat April 2018 die nach den Feststellungen des Senats korrigierten Werte des Konzepts der Stadt Leipzig für die Zeit ab dem 1. April 2018 heranzuziehen, die sich auf eine Bruttokaltmiete von 290,25 € (6,45 € [4,99 € + 1,46 €] x 45 qm) belaufen. Insoweit ergibt sich für die Klägerin für den Monat April 2018 ein Anspruch auf weitere Leistungen in Höhe von 8,94 € (290,25 € – 281,31 €). Damit stehen der Klägerin somit für den streitigen Zeitraum vom 1. Mai 2017 bis zum 30. April 2018 insgesamt weitere Leistungen von 93,82 € (63,28 € + 24,15 € + 8,94 €) zu. Im Übrigen bleibt die Berufung ohne Erfolg.

 

Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Beim gesetzlichen Tatbestandsmerkmal "Angemessenheit" i. S. d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB Il handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Gegen die Verwendung dieses unbestimmten Rechtsbegriffs bestehen nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, zumal zur Konkretisierung des Tatbestandsmerkmals der Angemessenheit des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB Il auch die Regelungen der §§ 22a bis 22c SGB Il zu berücksichtigen sind (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2017, B 4 AS 33/16 R, juris Rdnr. 17 f.; zudem Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 6. Oktober 2017, 1 BvL 2/15, 1 BvL 5/15, juris Rdnr. 17). Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Nichtannahmebeschluss vom 10. Oktober 2017 (1 BvR 617/14, Rdnr. 13 ff.) ausgeführt, dass bereits vor der Einführung der §§ 22a bis 22c SGB Il der Leistungsanspruch auf Übernahme der Kosten für Unterkunft und Heizung hinreichend gesetzlich normiert gewesen sei und § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügte. Dieser Auffassung schließt sich der Senat - erst recht für die nunmehr konkretisierte Fassung - an.

 

Die Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe durch die Verwaltung ist grundsätzlich gerichtlich voll überprüfbar und die Angemessenheit nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB Il ebenfalls. Eine Rechtsgrundlage oder dogmatische Herleitung für eine teilweise "nicht justiziable Einschätzungsprärogative" oder "gerichtlich nicht überprüfbare politische Entscheidung" sind im Lichte von Art. 19 Abs. 4 GG nicht ersichtlich (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 1 1/18 R, Rdnr. 17).

 

Die Regelungen der durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011 (BGBl. I S. 453) mit Wirkung zum 1. April 2011 in das SGB Il eingefügten §§ 22a bis 22c SGB Il sind im direkten Zusammenhang mit der Norm des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB Il in das Gesetz gelangt, um den Bedarf für Kosten der Unterkunft und Heizung transparent und rechtssicher zu regeln (vgl. BT-Drucks. 17/3404, S. 44). Dabei ist der Gesetzgeber von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB Il ausgegangen und hat teils übereinstimmende, teils davon abweichende Vorgaben an den Satzungsgeber normiert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Oktober 2017, 1 BvL 2/15, 1 BvL 5/15, Rdnr. 17). Er hat mit §§ 22a bis 22c SGB Il die Auslegung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB Il durch das Bundessozialgericht gesetzlich nachvollzogen, wonach die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft nach Maßgabe der Produkttheorie auf Grundlage eines schlüssigen Konzepts zu bestimmen ist. Damit bleiben Behörden und Gerichten zwar durchaus Entscheidungsspielräume insbesondere mit Blick auf die Bestimmung der Angemessenheitswerte durch ein sog. „Schlüssiges Konzept", doch ist die Auslegung der hier in Frage gestellten Norm gesetzlich begrenzt (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 1. Dezember 2021, L 32 AS 579/16, juris Rdnr. 31).

 

Die Ermittlung des „angemessenen" Umfangs der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung hat in zwei größeren Schritten zu erfolgen. Zunächst sind die abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft, bestehend aus Nettokaltmiete und kalten Betriebskosten (Bruttokaltmiete) sowie die abstrakt angemessenen Heizkosten zu ermitteln (vgl. hierzu I.). Anschließend ist die konkrete Angemessenheit der Aufwendungen im Vergleich mit den tatsächlichen Aufwendungen, insbesondere auch im Hinblick auf die Zumutbarkeit der notwendigen Einsparungen, einschließlich eines Umzugs, zu prüfen (vgl. BSG, Urteile vom 17. September 2020, B 4 AS 22/20 R, juris Rdnr. 23, und 30. Januar 2019, B 14 24/18 R, juris Rdnr. 19 m. w. N., vgl. hierzu II.).

 

I. Die Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft hat unter Anwendung der Produkttheorie (Wohnungsgröße in Quadratmeter multipliziert mit dem Quadratmeterpreis) in einem mehrstufigen Verfahren zu erfolgen, das sich wie folgt zusammenfassen lässt:

1.  Bestimmung der (abstrakt) angemessenen Wohnungsgröße für die leistungsberechtigte(n) Person(en),

2.  Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards,

3.  Ermittlung der aufzuwendenden Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept

4.  Einbeziehung der angemessenen kalten Betriebskosten

(ständige Rechtsprechung; BSG, Urteile vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/18 R, juris Rdnr. 20 m. w. N., und vom 21. Juli 2021, B 14 AS 31/20 R, juris Rdnr. 28). In diesem mehrstufigen Verfahren haben die Stadt Leipzig und der Beklagte - abgesehen von der Berücksichtigung des Konfidenzintervalles - in der KdU-Richtlinie 2014 die abstrakt angemessenen Aufwendungen schlüssig bestimmt (vgl. nachfolgend 1. bis 4.). Der Schlüssigkeit steht auch eine mangelnde Verfügbarkeit (vgl. nachfolgend 5.) und die Gefahr einer Ghettoisierung (vgl. nachfolgend 6.) nicht entgegen. Allerdings bedurfte die KdU-Richtlinie 2014 ab 1. Januar 2017 (vgl. unten 7.) und ab dem 1. Januar 2018 (vgl. unten 8.) einer Fortschreibung, um für den hier zu betrachtenden Streitzeitraum bis März 2018 den Angemessenheitswert schlüssig abzubilden. Schließlich haben die Stadt Leipzig und der Beklagte nach Nachbesserung durch den Senat auch mit der KdU-Richtlinie 2018 für den Monat April 2018 die Angemessenheitswerte schlüssig bestimmt (vgl. unten 9.).

 

1. Zutreffend haben der Beklagte und die Stadt Leipzig danach eine angemessene Wohnfläche für den Einpersonenhaushalt der Klägerin im Umfang von 45 m² bestimmt.

 

Zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße lässt das Bundessozialgericht den Rückgriff auf die Werte zu, die die Länder aufgrund des § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (Wohnraumförderungsgesetz - WoFG) festgesetzt haben (Urteil vom 7. November 2006, B 7b AS 18/06 R, juris Rdnr. 19, und Urteil vom 18. Juni 2008, B 14/7b AS 44/06 R, juris Rdnr. 12). Ein Verweis auf etwaige abweichende Regelungen anderer Bundesländer greift daher nicht. Sachsen hatte im hier streitigen Zeitraum ab dem 1. Juli 2016 keine Ausführungsbestimmungen zu § 10 WoFG erlassen. Für diese Fallgestaltungen hat das Bundessozialgericht entschieden, dass mit Rücksicht auf Rechtssicherheit und Praktikabilität die Heranziehung anderweitiger aktueller Verwaltungsregelungen zur Festlegung der angemessenen Wohnungsgröße vertretbar ist (vgl. zu Sachsen: BSG, Urteile vom 18. November 2014, B 4 AS 9/14 R, juris Rdnr. 16, und vom 22. September 2009, B 4 AS 70/08 R, Rdnr. 15). Gerade dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit kommt eine überragende Bedeutung zu, denn bereits mit dem Rückgriff auf die Werte nach § 10 WoFG wird nach Auffassung des Bundessozialgerichts bewusst in Kauf genommen, dass sich die Werte möglicherweise nicht immer daran orientieren, welche Größe eine Wohnung mit bescheidenem Zuschnitt haben muss (BSG, Urteile vom 18. November 2014, B 4 AS 9/14 R, Rdnr. 15 bis 17, vom 16. Mai 2012, B 4 AS 109/11 R, juris Rdnr. 19, und vom 22. September 2009, B 4 70/08 R, Rdnr. 15).

 

Ausgehend hiervon ist entweder die am 16. Juli 2010 in Kraft getretene und jedenfalls bis 31. Dezember 2015 geltende (hierzu: SächsLSG, Urteil vom 16. November 2017, L 3 AS 511/15, juris Rdnr. 47) Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz zur Regelung von Wohnflächenhöchstgrenzen vom 7. Juni 2010 - VwV-Wohnflächenhöchstgrenzen (SächsABl. Nr. 28, S. 963) zu § 18 des Sächsischen Gesetzes zur Ausführung des Sozialgesetzbuchs vom 6. Juni 2002 (SächsGVBl. 9/2002, S. 168, zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. Januar 2012, SächsGVBl. 4/2012, S. 130) weiter zugrunde zu legen oder aber auf die Richtlinie des Sächsischen Staatsministeriums des Innern zur Förderung der Schaffung von mietpreis- und belegungsgebundenem Wohnraum (RL gebundener Wohnraum – RL gMW) vom 22. November 2016 (SächsABl. Nr. 49, S. 1471), die am Tag ihrer Veröffentlichung in Kraft getreten war und am 29. Januar 2021 durch die Förderrichtlinie gebundener Mietwohnraum vom 29. April 2021 (SächsABl. S. 502) ersetzt worden ist, abzustellen (so auch SächsLSG, Urteil vom 7. Oktober 2021, L 7 AS 547/17, juris Rdnr. 101). Für eine Rechtsgrundlage abschließend entschieden werden muss sich nicht. Denn die Förderrichtlinien bestimmen keine von der VwV Wohnflächenhöchstgrenzen abweichenden Wohnflächenhöchstgrenzen. Für Einpersonenhaushalte, wie im Fall der Klägerin, sehen sowohl der Abschnitt I VwV-Wohnflächenhöchstgrenzen als auch IV. Nr. 1a Satz 2 RL gMW vom 22. November 2016 eine Wohnfläche von 45 m² als angemessen vor. Es wird nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts normativ und unabhängig von den konkreten örtlichen Gegebenheiten festgelegt, welche Wohnungsgrößen für Hilfebedürftige abstrakt als angemessen anzusehen sind (Urteil vom 22. August 2012, B 14 AS 13/12 R, juris Rdnr. 16). Es erfolgt im Rahmen der Bestimmung der abstrakt angemessenen Wohnungsgröße durch das Bundessozialgericht im Grundsatz keine Prüfung der materiellen Rechtmäßigkeit der Festlegung der abstrakt angemessenen Wohnungsgrößen bzw. der Verfügbarkeit derartigen Wohnraums. Die Prüfung der konkreten Verfügbarkeit wird vielmehr erst vorgenommen, wenn feststeht, dass die tatsächlich aufzubringenden Wohnkosten die abstrakt ermittelte Referenzmiete übersteigen (so auch SächsLSG, Urteil vom 19. Dezember 2013, L 7 AS 637/12, juris Rdnr. 100).

 

2. Hinsichtlich der Bestimmung des einfachen Wohnungsstandards ist nicht zu beanstanden, dass die Stadt Leipzig – nach Ausscheiden des untersten Standards (Substandards) und nach Extremwertkappung (u.a. auch zur Abgrenzung des Luxuswohnraums) - den Leipziger Wohnungsmarkt in drei, am Mietpreis je Quadratmeter gemessene Sektoren des unteren, mittleren und gehobenen Standards aufgeteilt und die Kappungsgrenze an der oberen Grenze des untersten Drittels gesetzt hat.

 

Um einen angemessenen Standard aufzuweisen, muss eine Wohnung nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen und keinen gehobenen Wohnstandard aufweisen, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (vgl. BSG, Urteile vom 17. September 2020, B 4 AS 11/20 R, juris Rdnr. 17, und vom 12. Dezember 2017, B 4 AS 33/16 R, Rdnr. 15 m. w. N.). Die Festlegung des unteren Marktsegments ist zuvorderst in die Hände der Verwaltung gelegt. Denn diese kann am ehesten anhand der regionalen Gegebenheiten entscheiden, welche Wohnungsmerkmale einen einfachen Wohnstandard ausmachen.

 

Referenzwohnungen, die nicht den einfachen, sondern den untersten Standard (Substandard) abbilden, gehören demgegenüber von vornherein nicht zu dem Wohnungsbestand, der überhaupt für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist. Deshalb dürfen sie in eine Auswertung von Wohnungsdaten unter dem Blickwinkel des § 22 SGB Il nicht einfließen, unabhängig davon, ob sich in diesem Mietsegment (noch) eine nennenswerte Zahl an Wohnungen findet (vgl. BSG, Urteile vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R, juris Rdnr. 21, vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 50/10 R, juris Rdnr. 29, vom 13. April 2011, B 14 AS 85/09 R, juris Rdnr. 23, und vom 20. Dezember 2011, B 4 AS 19/11 R, juris Rdnr. 14). Wohnungen mit besonders niedrigem Ausstattungsgrad sind insbesondere Wohnungen mit Ofenheizung und Wohnungen ohne Bad (mit Innen-WC), in denen sich die Bewohner nur mit fließendem Wasser am Waschbecken (sei es in WC oder Küche) waschen, aber nicht duschen können (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 2/10 R, juris Rdnr. 24), Wohnungen ohne Heizung, ohne Bad, ohne Warmwasser im Bad (vgl. BSG, Urteil vom 20. Dezember 2011, B 4 AS 19/11 R, juris Rdnr. 28), Wohnungen, deren Toilette, Küche oder Bad von anderen Mietparteien mitbenutzt werden, die nicht über Küche und Toilette verfügen und Wohnungen im Untergeschoss (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R, juris Rdnr. 21; vgl. zusammenfassend auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30. März 2023, L 32 AS 1888/17, juris Rdnr. 64).

 

Die Stadt Leipzig hat für die Erstellung des Konzeptes die Datensätze des Mietspiegels 2014 ausgewertet. Nach dessen Erläuterungen und nach dem Inhalt der KdU-Richtlinie 2014 wurden bereits bei der Erstellung des Mietspiegels Wohnungen ausgeschieden, deren Küche, Toilette oder Badezimmer von anderen Mietparteien mitbenutzt wurde, die ohne Innentoilette, ohne Bad, ohne Küche oder ohne Sammelheizung waren, deren Wohnfläche kleiner als 20 m² bzw. größer als 180 m² war sowie „Ausreißer" mit einer Wohnraummiete von weniger als 2 €/m² und mehr als 10 €/m² (vgl. zur Zulässigkeit der Eliminierung von „Ausreißern" im Wege einer Extremwertkappung: BSG, Urteil vom 20. Dezember 2011, B 4 AS 19/11 R, juris; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 9. November 2021, L 7 AS 1790/20 ZVW, juris Rdnr. 53). Von den erhobenen 2.459 Datensätzen wurden so 22 Datensätze ausgeschieden. Damit sind Wohnungen des Substandards in die Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen nicht eingeflossen. Gegenteiliges ist dem Senat nicht ersichtlich und wird von der Klägerin auch nicht behauptet.

 

Der Senat sieht keine Fehler in der Vorgehensweise der Stadt Leipzig, zur Bestimmung des einfachen Standards den Leipziger Wohnungsmarkt in drei - am Mietpreis je Quadratmeter gemessene - Sektoren des unteren, mittleren und gehobenen Standards aufzuteilen und die Kappungsgrenze für die angemessene Nettokaltmiete an der oberen Grenze des unteren Drittels zu setzen (sog. 33 1/3 Perzentil), den einfachen Wohnungsstandard mithin mit dem unteren Drittel zu beschreiben.

 

Diesem Vorgehen liegt die schlüssige und daher im Rahmen der zuerkannten Einschätzungsprärogative zu akzeptierende Annahme zugrunde, dass sich in der Nettokaltmiete alle Wohnwertmerkmale als mietpreisbestimmende Faktoren spiegeln; die einfache Wohnung wird als die billige Wohnung definiert (so auch LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10. März 2021, L 12 AS 1846/17, juris Rdnr. 43, und Urteil vom 16. August 2018, L 19 AS 2334/17, juris Rdnr. 84; Institut Wohnen und Umwelt [IWU], Forschungsbericht 478: Ermittlung der existenzsichernden Bedarfe für die Kosten der Unterkunft und Heizung in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, erstellt von Malottki u.a., hrsg. vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales [BMAS], 2017, S. 200, abrufbar auf der Internetseite des BMAS; vgl. auch BSG Urteil vom 22. August 2012, B 14 AS 13/12 R, juris Rdnr. 20, das als einen der für die Angemessenheit maßgeblichen Faktoren den "im Quadratmeterpreis ausgedrückte[n] Wohnungsstandard" nennt). Dementsprechend hat es das Bundessozialgericht auch nicht beanstandet, dass in einem Konzept auf die Grenze von "20 %" zurückgegriffen wurde, weil es einer Orientierung an den unteren 20 % der Einkommensbezieher entspreche (vgl. Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R, juris Rdnr. 37). Insofern hält es der Senat auch für folgerichtig und schlüssig, wenn sich der Beklagte darauf bezieht, dass nach dem öffentlich zugänglichen Statistischen Quartalsbericht Leipzig III/2014, Stand 20. September 2014 und dem ebenfalls frei zugänglichen Geschäftsbericht Sozialamt Leipzig 2013, Stand Juli 2014, die Zahl aller SGB II-Empfänger 70.575, der SGB XII Bezieher 4.461 und der Wohngeldempfänger 10.353 betragen habe, was im Verhältnis zur Gesamteinwohnerzahl von 546.939 einen Anteil von 15,6 % ausmachte und damit auch unter Berücksichtigung weiterer einkommensarmer Haushalte ohne Transferleistungen das einfache Segment mit 33 1/3 % sachgerecht festgelegt worden sei. Eine an den einkommensschwachen Haushalten orientierte Perzentilbildung zur Bestimmung des angemessenen einfachen Standards hat auch der 7. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts grundsätzlich für sachgerecht gehalten (Urteil vom 1. Juni 2017, L 7 AS 917/14, Rdnr. 59).

 

Ob die Stadt Leipzig letztlich - was die Klägerin anzweifelt - mit der Perzentilbildung sichergestellt hat, dass auch ausreichend Wohnraum im von ihr als angemessen bestimmten einfachen Segment vorhanden ist, ist gesondert zu prüfen. Die Festlegung des angemessenen (einfachen) Wohnungsstandards hat letztlich mit der Frage der Verfügbarkeit nichts gemein. Selbst wenn in dem - nachvollziehbar mit dem untersten Drittel bestimmten - einfachen Segment nicht genügend Wohnraum verfügbar sein sollte, bedeutete dies nicht, dass der angemessene (einfache) Wohnungsstandard fehlerhaft festgelegt worden wäre, sondern nur, dass zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete korrektiv entweder nicht allein auf die Mieten des einfachen Wohnungsstandards zurückgegriffen werden könnte oder dass größere Wohnflächen als angemessen zugelassen werden.

 

3. Die von der Stadt Leipzig im weiteren Schritt in der KdU-Richtlinie 2014 ermittelte aufzuwendende Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum ist im Grundsatz schlüssig, hält jedoch im Hinblick auf die Nichtberücksichtigung eines Konfidenzintervalles anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze der Datenauswertung nicht ein. Die daraus folgenden Schlüssigkeitsmängel, die rein mathematisch-statistischer Natur sind, ohne die Methodik oder das Datenmaterial zu verändern, behebt der Senat selbst mit der Folge, dass die angemessene Nettokaltmiete unter Berücksichtigung des Konfidenzintervalles 4,72 € /m² beträgt, nachdem der Beklagte in der mündlichen Verhandlung zwar den Mangel eingeräumt, jedoch eine Nachbesserung abgelehnt hat.

 

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts soll das zu erarbeitende, schlüssige Konzept die Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im Vergleichsraum dem Angemessenheitswert zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wird. Es ist im Wesentlichen Sache der Grundsicherungsträger, für ihren Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu entwickeln, auf dessen Grundlage die erforderlichen Daten zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten. Es kann verschiedene Methoden geben, um ein schlüssiges Konzept in diesem Sinne zu erstellen und den damit unmittelbar zusammenhängenden Vergleichsraum oder ggf. mehrere Vergleichsräume zu bilden, weil weder aus § 22 SGB Il noch aus §§ 22a bis 22c SGB Il die Anwendung eines bestimmten Verfahrens rechtlich zwingend ableitbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/18 R, Rdnr. 25 m. w. N. insbesondere unter Bezug auf Institut Wohnen und Umwelt [IWU], Forschungsbericht 478, S. 207 ff.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 1. Dezember 2021, L 32 AS 579/16, juris Rdnr. 45).

 

Trotz der damit vom Bundessozialgericht betonten Methodenvielfalt ist ein Konzept aber nur dann schlüssig, wenn es neben rechtlichen zudem bestimmte methodische Voraussetzungen erfüllt und nachvollziehbar ist (grundlegend dazu BSG, Urteile vom 22. September 2009, B 4 AS 18/09 R, juris Rdnr. 19 und 26, vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/18 R, Rdnr. 24, und vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R, juris Rdnr. 19; vgl. zudem § 22a Abs. 3, § 22b Abs. 1 und 2, § 22c Abs. 1 SGB Il). Es muss mindestens folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung),  
  • es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen, Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete <Vergleichbarkeit>, Differenzierung nach Wohnungsgröße,
  • Angaben über den Beobachtungszeitraum,
  • Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel),
  • Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,
  • Validität der Datenerhebung,
  • Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und
  • Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

 

Ob diese Vorgaben eingehalten sind, ist Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle. Zu prüfen ist insbesondere die Repräsentativität und Validität der Datenerhebung sowie die Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung, wobei es dafür nicht zwingend eines Sachverständigengutachtens bedarf, vielmehr auch die Mitwirkung des Jobcenters genügen kann. Findet eine solche Prüfung nicht statt, fehlt es an systematisch gewonnenen abstrakten Maßstäben als Rechtfertigung für die Anwendung (vgl. BSG, Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 11/20 R, juris Rdnr. 23). Anderseits handelt es sich bei einem behördlichen Konzept zur Bestimmung angemessener Unterkunftsbedarfe um ein Verwaltungsgutachten und damit um einen Urkundenbeweis. Ein solches Gutachten kann - ggf. nach weiterer Erläuterung durch die Ersteller des Konzepts - auch alleinige Entscheidungsgrundlage sein, soweit es dem Tatsachengericht überzeugend erscheint und im gerichtlichen Verfahren nicht schlüssig in Frage gestellt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R, juris Rdnr. 24, unter Verweis auf BSG, Urteil vom 7. Mai 2019, B 2 U 25/17 R, Rdnr. 14 und Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/ Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 128 Rdnr. 7 f m. w. N.)

 

a) Die Bestimmung des Vergleichsraumes ist nicht zu beanstanden.

 

Vergleichsraum ist der Raum, für den ein grundsätzlich einheitlicher abstrakter Angemessenheitswert zu ermitteln ist, innerhalb dessen einer leistungsberechtigten Person ein Umzug zur Kostensenkung grundsätzlich zumutbar ist und ein nicht erforderlicher Umzug nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB Il in der bis zum 30. Juni 2022 geltenden Fassung zu einer Deckelung der Aufwendungen auf die bisherigen führt. Er ist ein, ausgehend vom Wohnort der leistungsberechtigten Person, bestimmter ausreichend großer Raum der Wohnbebauung, der aufgrund räumlicher Nähe, Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet. Nach der auch für schlüssige Konzepte im Rahmen des § 22 SGB II entsprechend anzuwendenden gesetzgeberischen Vorgabe in § 22b Abs. 1 Satz 4 SGB Il bildet das Zuständigkeitsgebiet eines Jobcenters zunächst einen Vergleichsraum, der indes aufgrund der örtlichen Gegebenheiten in mehrere Vergleichsräume zu unterteilen sein kann, für die jeweils eigene Angemessenheitswerte bestimmt werden können. Als solche örtlichen Gegebenheiten kommen weniger unterschiedliche Landschaften, sondern eher räumliche Orientierungen, wie Tagespendelbereiche für Berufstätige oder die Nähe zu Ballungsräumen, sowie aus der Datenerhebung ersichtliche, deutliche Unterschiede im Mietpreisniveau in Betracht (vgl. zu allem BSG, Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 11/18 R, juris Rdnr. 21 und 22 m. w. N. aus der Rechtsprechung).

 

Der Beklagte und die Stadt Leipzig haben in Auswertung der Datensätze des ab 2. Dezember 2014 geltenden Mietspiegels (im Folgenden Mietspiegel 2014) Wohnraumdaten erhoben, die sich auf die gesamte Stadt Leipzig und damit auf den Zuständigkeitsbereich des Beklagten beziehen. Angesichts des strukturell dicht vernetzten Stadtgebietes in Leipzig spricht aus Sicht des Senates nichts dagegen, den Vergleichsraum auf den gesamten Zuständigkeitsbereich des Beklagten zu bestimmen (vgl. auch SächsLSG, Urteil vom 19. Dezember 2013, L 7 AS 637/12, juris Rdnr. 102, und nachgehend BSG, Urteil vom 18. November 2014, B 4 AS 9/14 R, juris zur Landeshauptstadt Dresden). Auch wenn in der Stadt Leipzig im Jahr 2014 rund 547.000 Einwohner auf einer Gesamtstadtfläche von rund 30.000 Hektar gelebt haben, besteht kein zwingender Anlass für eine Aufteilung des Zuständigkeitsbereiches des Beklagten in mehrere Vergleichsräume. Die zehn Stadtbezirke bilden ein zusammenhängendes und in sich homogenes Gemeindegebiet mit einem dichten öffentlichen Personennahverkehrsnetz (vgl. https://www.l.de/verkehrsbetriebe/), mit dem jeder Teil der Stadt in einem im Tagespendelbereich vergleichbaren Zeitraum problemlos erreicht werden kann. Das Bundessozialgericht hat zudem für die deutlich größeren Städte München und Berlin (vgl. BSG, Urteile vom 19. Februar 2009, B 4 AS 30/08 R, juris Rdnr. 21, und vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 65/09 R, juris Rdnr. 24) unbeanstandet gelassen, dass diese als einheitlicher Vergleichsraum angesehen wurden.

 

b) Es ist auch nicht zu beanstanden, dass die Stadt Leipzig zur Erstellung des Konzeptes die Datensätze des Mietspiegels 2014 ausgewertet und zur Grundlage der Ermittlung der angemessenen Nettokaltmiete gemacht hat.

 

Die möglichen Erkenntnisquellen sind mit der Regelung des § 22c Abs. 1 SGB Il beispielhaft vorgegeben. Insoweit nennt der Katalog des § 22c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB Il als Erkenntnisquellen für die Bestimmung des Angemessenheitswerts Mietspiegel, qualifizierte Mietspiegel und Mietdatenbanken. Dass der Gesetzgeber diese Erkenntnisquellen allgemein für geeignet angesehen hat, Grundlage der Festlegung von Angemessenheitswerten zu sein, ergibt sich aus der Formulierung des § 22c Abs. 1 Satz 1 SGB Il. Soweit in ihnen - wie hier - keine Daten zusammengefasst sind, die sich auf die Betriebskosten als Teilelement abstrakt angemessener Unterkunftskosten beziehen, eröffnet § 22c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB Il zudem die Möglichkeit, auf andere örtliche oder ggf. überörtliche Betriebskostenübersichten (z. B. den vom Deutschen Mieterbund für das gesamte Bundesgebiet aufgestellten Übersichten) zurückgreifen. Falls zur zeitnahen Abbildung der maßgeblichen Verhältnisse im örtlichen Vergleichsraum erforderlich, können rechnerische Korrekturen vorgenommen werden (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 40/19 R, juris Rdnr. 25, unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 2/10 R, juris Rdnr. 29).

 

Die dem Leipziger Mietspiegel 2014 zugrundeliegenden 2.437 Datensätze von Wohnungen stellen eine ausreichend große und die relevanten Verhältnisse ausreichend widerspiegelnde Stichprobe dar (vgl. zu dessen Aussagekraft BSG, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R, juris Rdnr. 35). Der Senat folgt der Grundsatzentscheidung des Bundessozialgerichts, dass die hinter einem Mietspiegel liegenden Daten grundsätzlich geeignet sind, auch die grundsicherungsrechtliche Angemessenheitsgrenze zu bestimmen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 65/09 R, juris Rdnr. 29). Damit ist zwar die Konsequenz verknüpft, dass bei der Auswertung von Mietspiegeldaten keine Angebotsmieten in die Datenerhebung einfließen müssen, was sich insbesondere bei dynamischer Entwicklung dämpfend auf die auf die Mietpreisgrenzen auswirkt. Diese Wirkung wird aber dadurch gemindert, dass im Rahmen der Datenauswertung lediglich solche Mieten berücksichtigungsfähig sind, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart wurden (§ 558 Abs. 2 BGB), im Fall des Leipziger Mietspiegels 2014 die Zeit vom 1. Dezember 2009 bis 30. November 2013. Damit wird erreicht, dass nur hinreichend aktuell zu zahlende Mieten der Datenerhebung zugrunde gelegt werden (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juni 2015, B 4 AS 44/14 und 45/14 R, juris jeweils Rdnr. 22). Gewährleistet wird durch den Rückgriff auf die Daten des Mietspiegels zudem, dass Wohnraum, dessen Miete keinen zuverlässigen Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten bringen kann, wie es etwa für Wohnraum in Wohnheimen oder Herbergen und Gefälligkeitsmietverhältnissen (z. B. Vereinbarung von besonders niedrigen Mieten zwischen Verwandten) der Fall ist, nicht berücksichtigt wird (vgl. hierzu den Geltungsbereich des Mietspiegels, auch BSG, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R, juris Rdnr. 30).

 

Zum anderen ist mit dem alleinigen Rückgriff auf Mietspiegeldaten verbunden, dass Wohnungen nicht erfasst werden, welche mit Mitteln aus öffentlichen Haushalten gefördert werden und deshalb einer Begrenzung der Miethöhe unterliegen. Dies obwohl im Rahmen der Kosten der Unterkunft grundsätzlich sämtlicher Wohnraum zu berücksichtigen ist, der auch tatsächlich zu diesem Zweck vermietet wird (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 18/09, juris Rdnr. 22). Insofern kann offenbleiben, ob in der Stadt Leipzig im hier maßgeblichen Segment der Wohnungen für Einpersonenhaushalte geförderter Wohnraum in relevantem Umfang vorhanden ist und ob dessen Außerachtlassung Auswirkungen auf den angemessenen Nettokaltmietpreis hätte.

 

c) Die repräsentative Wirkung der vom Beklagten im streitigen Fall herangezogenen Daten-sätze ist - entgegen der Einschätzung der Klägerin - auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass der Beklagte bei der Ermittlung der angemessenen Nettokaltmiete für eine 45 m² große Referenzwohnung lediglich noch 333 Wohnungen in einem Flächenkorridor zwischen 40 m² und 50 m² ausgewertet hat.

 

Repräsentativität der Daten setzt in Anlehnung an mietrechtliche Grundsätze voraus, dass ein realistisches Abbild des Wohnungsmarkts geliefert werden muss, für den das Konzept gelten soll. Um dies zu gewährleisten, müssen in der Regel eigenständige Primärerhebungen auf der Basis von Zufallsstichproben durchgeführt werden, sodass jede Wohnung die gleiche Chance hat, in der Stichprobe vertreten zu sein. Es muss zudem sichergestellt werden, dass alle Wohnungen mit ihren mietpreisbestimmenden Merkmalen in dieser Stichprobe annähernd im gleichen Verhältnis wie in der Grundgesamtheit enthalten sind. Dies gewährleistet der Rückgriff auf die Mietspiegeldaten (vgl. BSG vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R, juris Rdnr. 34 ff unter Hinweis auf BT-Drucks. 14/4553 S. 57 zu § 558d BGB).

 

Hinsichtlich der Stichprobengröße sind die Anforderungen an den Stichprobenumfang abhängig insbesondere von der Größe und Struktur des Wohnungsmarkts (homogener oder eher heterogener Wohnungsbestand mit der Folge einer erheblichen Mietendifferenzierung) und der konkreten Ausgestaltung des Konzepts. Wie hoch die "Ergebnisstichprobe", also die letztlich verwertbare Datenbasis, danach sein muss, kann nicht generell festgelegt werden. Die Aussagekraft einer Stichprobe hängt in erster Linie davon ab, wie verlässlich sie die Grundgesamtheit abbildet und nicht von ihrem Umfang (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R, juris Rdnr. 25, unter Verweis auf Börstinghaus/Clar, Mietspiegel, 2. Aufl. 2013, Rdnr. 564 und von Malottki, info also 2012, 99, 103). Insofern ist es schon nicht zwingend notwendig, dass mindestens 1 % des Wohnungsbestandes im hier interessierenden Flächenkorridor ausgewertet worden sein muss. Entscheidender ist vielmehr, wie verlässlich die 333 Datensätze sind.

 

Das Gutachten, dass die 16. Kammer des Sozialgerichts Leipzig im Verfahren S 16 AS 2262/15 von Prof. Dr. W...., Lehrstuhl für Statistik und ihre Anwendungen in Wirtschafts- und Sozialwissenschaften am Institut für Statistik der V....-Universität U...., zu den Daten des Mietspiegels 2014 und ihren Auswertungen im Konzept 2014 eingeholt hat, gibt hierüber Aufschluss. Aus den gutachterlichen Äußerungen (vgl. insbesondere Seite 3 des Gutachtens vom 17. Januar 2018, versehentlich mit 17. Januar 2017 überschrieben), die der Senat nach eigener Prüfung vollumfänglich nachvollzieht, ergibt sich, dass die hier gewählte Stichprobe grundsätzlich geeignet und ausreichend ist, um auf die Gesamtheit des Wohnungsbestandes zu schließen. Der Sachverständige hat überzeugend dargelegt, dass im Prinzip jeder Umfang einer Stichprobe ausreichend sein kann, sofern das im Vorfeld geforderte Maß an Genauigkeit eingehalten wird. Genauigkeit bemisst sich dabei in der Angabe des statistischen Fehlers. Diese Angabe erlaube es, die Genauigkeit der Ergebnisse zu beurteilen, sodass bemessen werden kann, inwieweit die aus den Daten berechneten Größen zufällig um den wahren Wert in der Population herum schwanken. Die Grundannahme dabei ist, dass jede Datenerhebung zufällig ist. Bezogen auf den konkreten Fall bedeutet dies, dass zufällig Wohnungen ausgewählt worden sind, aus denen dann relevante Größen berechnet wurden. Die berechneten Größen schwanken um den wahren Wert, den man bei einer Vollerhebung ermitteln würde. Die zufällige Schwankung von Größen kann statistisch quantifiziert werden, wobei gilt, je größer die Stichprobe ist, desto kleiner ist die zufällige Streuung der berechneten Größe. Je kleiner die Stichprobe wird, desto größer ist demgegenüber die Ungenauigkeit. Diese wird durch ein sogenanntes Konfidenzintervall quantifiziert, wobei üblicherweise mit einem 95prozentigem Vertrauensniveau gearbeitet wird. Dies bedeutet, mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent liegt der unbekannte, aber interessierende Wert in der Population innerhalb des aus der Stichprobe berechneten Konfidenzintervalls (vgl. Seite des 3 des Gutachtens vom 17. Januar 2018, so auch BayLSG, Urteil vom 11. Juli 2012, L 16 AS 127/10, juris Rdnr. 200).

 

Ausgehend hiervon sind die Daten einer Zufallsstichprobe - letztlich unabhängig von ihrer absoluten Größe - repräsentativ, wenn ihre Streuung, also das Konfidenzintervall bestimmt und bei der Auswertung auch berücksichtigt wurde.

 

Der Sachverständige hat allerdings darauf hingewiesen, dass bei der Erstellung des „schlüssigen Konzeptes" aus dem Jahr 2014 die Schwankungsbreiten nicht angegeben und folglich auch nicht berücksichtigt wurden, obwohl dies (statistisch-mathematisch gesehen) notwendig gewesen wäre. Der Gutachter hat deshalb überzeugend dargelegt, dass anstelle des vom Beklagten ermittelten Eckwertes der Nettokaltmiete (4,6002 €) der Wert der oberen Konfidenzintervallgrenze (4,72 €, Tabelle 3 der gutachterlichen Stellungnahme) anzusetzen sei, um statistische Variation zu inkludieren (vgl. Seite 9 des Gutachtens vom 17. Januar 2018), was zu einer Verschiebung des Eckwertes zugunsten der Klägerin führt. Insoweit greift nach Einschätzung des Senates auch nicht der Einwand des Beklagten, es handle sich um einen geringfügigen Makel, der das Konzept als solches nicht unschlüssig mache. Den gutachterlichen Ausführungen ist vielmehr zu entnehmen, dass es aus statistisch-mathematischer Sicht zwingend geboten ist, die Schwankungsbreiten zu berücksichtigen, um einen validen statistischen Wert zu erhalten (vgl. hierzu Seiten 3 und 8 des Gutachtens vom 17. Januar 2018), so dass auch geringe Abweichungen nach Einschätzung des Senates nicht hinnehmbar sind. Der Sachverständige hatte zwar seine Kritik insoweit eingeschränkt, als das Außerachtlassen des Konfidenzintervalles nicht überraschend sei, weil dessen Berechnung kompliziert und nur mit spezieller Software durchgeführt werden könne (vgl. Seite 8 des Gutachtens vom 17. Januar 2018). Dies beinhaltet aber nicht die Aussage, dass die Einhaltung des Konfidenzintervalles vernachlässigbar sei.

 

Der Senat sieht sich durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. nur Urteil vom 2. September 2021, B 8 SO 13/19 R, Rdnr. 18; Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 24/28, juris Rdnr. 29) nicht an einer eigenen Nachbesserung gehindert, nachdem der Beklagte in der mündlichen Verhandlung im Verfahren L 10 AS 795/20 am 15. Dezember 2023 erklärt hat, wegen der Notwendigkeit eines Stadtratsbeschlusses keine eigene Nachbesserung vorzunehmen und dies dem Senat zu überlassen. Zwar obliegt die Erstellung eines schlüssigen Konzepts, das - insbesondere was die Auswahl der zugrundeliegenden Daten betrifft - aus unterschiedlichen methodischen Ansätzen heraus erarbeitet werden kann, nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dem kommunalen Träger, nicht dem Gericht. Gerichte sind zwar zur Herstellung der Spruchreife der Sache verpflichtet, aber nicht befugt, ihrerseits ein schlüssiges Konzept - ggf. mit Hilfe von Sachverständigen - zu erstellen. Hier geht es aber nicht um die „Erstellung“ eines Konzeptes durch den Senat, sondern um die Behebung eines mathematisch-statistischen Fehlers durch schlichte Berechnungskorrektur. Weder werden andere Datengrundlagen genutzt noch wird die Methodik der Ermittlung der Angemessenheit verändert oder auch nur berührt. Dass das Konfidenzintervall - für die hier strittige KdU-Richtlinie 2014 - sachverständig bestimmt wurde, ändert hieran nichts, zumal der Beklagte diese Berechnung auch nicht beanstandet oder eine abweichende eigene Berechnung vorgenommen hat. Für die nachfolgende KdU-Richtlinie 2018 hat der Beklagte dem Sächsischen Landessozialgericht die von ihm selbst berechneten Werte unter Berücksichtigung des Konfidenz-intervalles mitgeteilt, so dass die „eigene Schöpfung“ Senates in einer schlichten Anwendung des Konfidenzintervalles besteht. Allein die Weigerung des Beklagten, diese Werte durch einen Stadtratsbeschluss selbst umzusetzen, berechtigt und verpflichtet den Senat nicht, das Konzept für unschlüssig zu betrachten, es dabei zu belassen und die Werte der Wohngeldtabelle anzuwenden. So hat das Bundessozialgericht (vgl. nur Urteil vom 20. August 2009, B 14 AS 41/08 R, juris Rdnr. 22; Urteil vom 2. Juli 2009, B 14 AS 33/08 R) ebenso ausgeführt, dass ein Berufungsgericht nach der Logik der Verteilung der Verantwortung für die Erstellung des schlüssigen Konzepts zunächst die Ermittlungen des Beklagten aufgreifen muss und ggf. unzulängliche Feststellungen der Verwaltung mit deren Unterstützung nachbessern und das Konzept um ggf. erkennbar werdende konzeptionelle Schwächen bereinigen darf. Hat - wie hier - der Konzeptersteller selbst oder an dessen Stelle ein Sachverständiger einen mathematisch-statistischen Fehler erkannt und die entsprechende Korrektur des Wertes durch dessen Mitteilung gegenüber dem Senat vorgenommen, steht einer Umsetzung durch gerichtliche Nachbesserung nichts im Wege.

 

d) Hinsichtlich der Flächenkorridore hat der Sachverständige demgegenüber sehr ausführlich und logisch nachvollziehbar dargelegt, dass das Vorgehen des Beklagten, für die Auswertung „Flächenkorridore" zu bilden, um einen hinreichend großen Datensatz für die Bestimmung des angemessenen Nettomietzinses für eine 45 m² große Wohnung zu erlangen (vgl. insb. BSG, Urteil vom 18. November 2014, B 4 AS 9/14 R, juris Rdnr. 26 für Dresden; Krauß in: Hauck/Noftz SGB Il, Stand: 01/2021, § 22 Rdnr. 135), entgegen der Einschätzung der Klägerin statistisch-mathematisch zwar nicht ganz optimal, im Ergebnis aber plausibel („gut genug“, „vollends brauchbar“) und damit mathematisch-statistisch vertretbar war. Die von der Klägerin und teilweise vom Sozialgericht Leipzig in anderen Verfahren in den Raum gestellte Bildung eines Flächenkorridors zwischen 20 m² und 45 m², mithin eines einseitigen Flächenkorridors, hat der Sachverständige nachvollziehbar wegen der Gefahr von Fehlern und Verzerrungen als statistisch fehlerhaft verworfen.

 

Der Sachverständige hat insoweit ausgeführt (vgl. zu allem Seiten 5 und 6 des Gutachtens vom 17. Januar 2018), dass in Anwendung des sog. Kernregressionsverfahrens eine abweichende Gewichtung der erfassten Wohnungen optimaler sei. Wohnungen mit 45 m² erhielten danach das Gewicht 1. Wohnungen mit einer Größe nahe bei 45 m² erhielten lediglich ein Gewicht kleiner als 1, wobei das Gewicht kleiner werden müsse, je weiter die Wohnfläche von der Zielgröße 45 m² abweiche. Demgegenüber habe der Beklagte alle Wohnungen im Korridor statistisch gleich gewichtet. Nach entsprechender Auswertung wurde jedoch gutachterlich zugleich festgestellt, dass beide Gewichtungsvarianten im Wesentlichen gleich gut und damit auch gleich genau sind. Der Senat folgt diesen schlüssigen Ausführungen des schriftlichen Gutachtens und hat keine Zweifel an der Richtigkeit der Aussagen.

 

In dem ergänzenden Gutachten vom 30. Dezember 2019 beschreibt und belegt der Sachverständige auf Seiten 5 und 15 ebenso ausführlich, weshalb einseitige Korridore (hier 20 m² bis 45 m²) zur Bestimmung des Eckwertes angesichts der Tatsache, dass die Miete von der Wohnfläche in nicht-linearer Weise abhängt, ungeeignet sind und zu Verzerrungen führen. Der Senat sieht von einer Wiederholung der Ausführungen ab und verweist auf diese. Die Klägerin trägt hier dem Umstand, dass ein Eckwert für eine 45 m² große Wohnung, also ein Höchstwert gebildet werden soll, nicht hinreichend Rechnung, wenn sie darauf verweist, bei den Angeboten würde auf eine andere Wohnflächenspanne abgestellt. Es liegt auf der Hand, dass der Höchstwert nicht dergestalt gebildet werden kann, dass die größte Wohnfläche (45 m²) mit dem (für Wohnungen mit kleinerer Fläche annehmbaren) höheren Quadratmeterpreis multipliziert wird, worauf aber die Bildung der Wohnflächenspanne von 20 m² bis 45 m² auch bei der Bestimmung des Eckwertes - wie der Sachverständige in den Abbildungen exemplarisch aufzeigt - tendenziell abzielt. Der für die Wohnfläche von 45 m² (und nur um diese geht es hier als Maximalwert) wahrscheinlich zutreffendste Wert wird angesichts fehlender Linearität über die Wohnflächenspannen +/- 5 m² ermittelt. Dieses Vorgehen trägt dem Umstand Rechnung, dass sich ein höherer Quadratmeterpreis letztlich bei Wohnungen mit kleinerer Fläche im Regelfall egalisiert. Dies belegt auch ein Blick in die dem Senat vorliegenden Rohdaten. Denn von den im Korridor 20 m² bis < 40 m² liegenden und in die Eckwertbestimmung (nach Einschätzung der Klägerin zu Unrecht) nicht einbezogenen 124 Wohnungen lagen 91 Wohnungen, also der deutlich überwiegende Teil, unterhalb der von dem Beklagten ermittelten Nettokaltmiete von 207,01 €, obwohl die Quadratmeterpreise vielfach über dem ermittelten Eckwert von 4,6002 € lagen und die 124 Wohnungen alle Wohnungsstandards umfassten. Dies belegt zweifelsfrei, dass der Eckwert jedenfalls nicht zu niedrig und die hierfür genutzten Wohnflächenspannen nicht fehlerhaft bestimmt worden sind. Dies bedeutet aber nicht, dass Leistungsbezieher nicht auf kleinere Wohnungen verwiesen und Angebote nicht aus der Wohnflächenspanne 20 m² bis 45 m² ermittelt werden dürften.

 

Ausgehend von der - wie ausgeführt - nicht zu beanstandenden Annahme des Beklagten, der Leipziger Wohnungsmarkt teile sich in drei gleichgroße und ausschließlich am Mietpreis zu messende Wohnungssegmente des unteren, mittleren und gehobenen Standards (sog. „33 1/3-PerzentiI"), hat der Beklagte für den daraus für Wohnungen mit einer Wohnfläche von 45 m² folgenden Eckwert (also die vom Nettomietpreis je m² teuerste Wohnung im ersten der drei Segmente) die Nettokaltmiete je m² mit 4,6002 € (mit Konfidenzintervall: 4,72 €) bestimmt. Fehler sind insoweit weder ersichtlich noch geltend gemacht.

 

f) Die für die Ermittlung der angemessenen Nettokaltmiete verwendeten Daten waren für die KdU-Richtlinie 2014 im Zeitpunkt ihres Inkraftsetzens auch hinreichend aktuell.

 

Wie bereits dargelegt entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, dass Konzepte nur dann schlüssig sind, wenn sie eine zeitnahe Abbildung der maßgeblichen Verhältnisse im örtlichen Vergleichsraum widerspiegeln. Ermöglicht die zur Verfügung stehende Datengrundlage dies nicht, können rechnerische Korrekturen vorgenommen werden (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 40/19 R, juris Rdnr. 25 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 2/10 R, juris Rdnr. 29). Zur Notwendigkeit der Aktualität des Datenmaterials hat das Bundessozialgericht bereits im Urteil vom 12. Dezember 2017, B 4 AS 33/16 R, juris Rdnr. 16 bis 18 folgendes ausgeführt:

 

„(..) Bezogen auf die Aktualität der Daten, die schlüssigen Konzepten zur Festlegung der angemessenen Unterkunftskosten zugrunde liegen, haben die beiden Senate des BSG für die Grundsicherung für Arbeitsuchende bislang keine generellen zeitlichen Grenzen gezogen, nach deren Ablauf in früheren Zeiträumen erhobene Daten nicht mehr zur Erstellung schlüssiger Konzepte herangezogen werden können. Das BSG hat zwar betont, dass ein schlüssiges Konzept, um den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit ausfüllen zu können, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts möglichst zeit- und realitätsgerecht erfassen müsse (BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 24 mwN; BSG vom 4.6.2014 - B 14 AS 53/13 R - BSGE 116, 94 = SozR 4-4200 § 22a Nr 2, RdNr 29 im Zusammenhang mit Satzungsregelungen). Es ist aber auch zum Ausdruck gebracht worden, dass der Aktualität des einem schlüssigen Konzepts nach § 22 Abs. 1 SGB Il zugrunde gelegten Datenmaterials - je nach gewählter Methodik unter Berücksichtigung der "Methodenfreiheit" der Grundsicherungsträger - auch bei der Bestimmung des menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 1 GG; vgl. dazu BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12) im Bereich des Wohnens Grenzen gesetzt sein können, die in vertretbarem Umfang hingenommen werden müssen. Ausdrücklich anerkannt wurde der Rückgriff allein auf die hinter einem auf Mietspiegel liegenden Daten. Hierbei handelt es sich um solche Bestandsmieten, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart worden sind (vgl. nur BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr. 30 mwN; BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R -juris, RdNr. 29; BSG vom 16.6.2015 - B 4 AS 44/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 85 RdNr. 22). Der Senat hat betont, es müsse hingenommen werden, dass nicht immer alle Daten auf dem aktuellsten Stand seien, solange den örtlichen Verhältnissen entsprechende regelmäßige Nach- und Neuerhebungen erfolgten (BSG vom 18.112014 - B 4 AS 9/14 R BSGE 117, 250 = SozR 4-4200 § 22 Nr 81, RdNr 30).

 

Insofern sind nunmehr - wie das BVerfG in seinem Beschluss vom 6.10.2017 (1 BvL 2/15, 1 BvL 5/15) ausgeführt hat - die vom Gesetzgeber mit Wirkung zum 1.4.2011 durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBI 1 453) eingefügten Regelungen der 22a bis 22c SGB Il zu beachten. Mit der Regelung des § 22c Abs. 1 Satz 1 SGB Il, wonach zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung die Kreise und kreisfreien Städte insbesondere Mietspiegel, qualifizierte Mietspiegel und Mietdatenbanken (Nr. 1) und geeignete eigene statistische Datenerhebungen und -auswertungen oder Erhebungen Dritter (Nr. 2) einzeln oder kombiniert berücksichtigt werden sollen, wird ausdrücklich auf die Möglichkeit Bezug genommen, Bestandstmieten mit der zeitlichen Rückwirkung von Mietspiegeldaten bei der Erstellung schlüssiger Konzepte heranzuziehen. Allerdings sollen in die Auswertung neben den Bestandsmieten auch Neuvertragsmieten einfließen (§ 22c Abs. 1 Satz 3 SGB Il). § 22c Abs. 2 SGB Il bestimmt, dass die Kreise und kreisfreien Städte die durch Satzung bestimmten Werte für die Unterkunft mindestens alle zwei Jahre überprüfen und gegebenenfalls neu festsetzen müssen. Hierzu hat das BVerfG nunmehr betont, dass der Gesetzgeber mit den §§ 22a bis 22c SGB Il die Auslegung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB Il durch das BSG gesetzlich nachvollzogen habe. Trotz verbleibender Entscheidungsspielräume werde die Auslegung des § 22 Abs. 1 SGB Il durch das Regelungssystem der §§ 22a bis 22c SGB II gesetzlich begrenzt (BVerfG vom 6.10.2017 - 1 BvL 2/15, 1 BvL 5/15 - juris RdNr. 17).

 

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze konkretisiert der Senat seine bisherige Rechtsprechung zur Überprüfung und Fortschreibung schlüssiger Konzepte dahin, dass innerhalb des Zweijahreszeitraums nach Datenerhebung mit anschließender Datenauswertung und zeitnahem "Inkraftsetzen" eines Konzepts für angemessene Unterkunftskosten durch den Grundsicherungsträger eine Überprüfung und Fortschreibung schlüssiger Konzepte regelmäßig nicht erfolgen muss; der SGB II-Träger kann in dieser Zeitspanne weiterhin das erhobene Datenmaterial zugrunde legen. Andererseits muss nach Ablauf des Zweijahreszeitraums eine Überprüfung und gegebenenfalls neue Festsetzung, zunächst durch den Grundsicherungsträger im Rahmen seiner Methodenfreiheit, erfolgen (vgl. hierzu unter 3.).“

 

Die KdU-Richtlinie 2014 wurde am 18. Dezember 2014 in Kraft gesetzt. Die Daten für den Mietspiegel wurden im ersten Quartal 2014 erhoben und anschließend unter fachlicher Begleitung des „Arbeitskreises Mietspiegel“, dem neben den Fachämtern der Stadt Leipzig auch der Deutsche Mieterbund-Mieterverein Leipzig e.V., Haus und Grund Leipzig e.V., die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft mbH, verschiedene Wohnungsbaugenossenschaften, das Amtsgericht Leipzig und die Hochschule Anhalt angehörten, ausgewertet. Der Mietspiegel wurde letztlich zum 2. Dezember 2014, die KdU-Richtlinie zum 18. Dezember 2014 in Kraft gesetzt, so dass maßgebliche zeitliche Verzögerungen angesichts angemessen zu gewährender Bearbeitungszeiten (orientierend etwa § 21 Abs. 2 der allerdings erst am 28. Oktober 2021 in Kraft getretenen Verordnung über den Inhalt und das Verfahren zur Erstellung und zur Anpassung von Mietspiegeln sowie zur Konkretisierung der Grundsätze für qualifizierte Mietspiegel [Mietspiegelverordnung – MsV]: Veröffentlichung des qualifizierten Mietspiegels binnen einer Frist von neun Monaten) nicht feststellbar sind. Die KdU-Richtlinie 2014 basierte daher auf einer hinreichend aktuellen Datengrundlage und bedurfte für die Zeit bis Ende 2016 nach obiger Rechtsprechung auch keiner Fortschreibung (zur Fortschreibung für den streitgegenständlichen Zeitraum siehe nachfolgend 7.).

 

4. Die Ermittlung der angemessenen Betriebskosten(-vorauszahlungen) von 1,3902 € je Quadratmeter erfolgte ebenso hinreichend schlüssig.

 

Neben der Nettokaltmiete sind auch die angemessenen Betriebskosten i. S. d § 556 BGB - mit Ausnahme der Heizkosten - abstrakt zu bestimmen und als Faktor in das Produkt mit einzubeziehen. Schon der Wortlaut des § 22 Abs. 1 SGB II zeigt, dass diese Kosten zu den Kosten der Unterkunft für einen Hilfebedürftigen gehören und nicht - wie die Heizkosten - getrennt erfasst werden sollen. Zur realistischen Abbildung eines abstrakt angemessenen Mietpreises ist deshalb die Einbeziehung des Faktors "kalte Betriebskosten" erforderlich. Dies entspricht den mietrechtlichen Vorgaben im Mietwohnungsbau, an denen sich der Gesetzgeber des SGB II orientiert. Eine vertragliche Vereinbarung über die Umlage der Betriebskosten auf den Mieter erfolgt bei Abschluss eines Mietvertrages nahezu ausnahmslos, denn ohne eine solche Regelung können die in § 556 BGB genannten Betriebskosten vom Vermieter nicht auf den Mieter umgelegt werden. Eine Umlagevereinbarung bei der Miete über Wohnraum muss die in § 556 Abs. 1 und 2 BGB i. V. m. der Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche, über die Aufstellung von Betriebskosten und zur Änderung anderer Verordnungen (BetrKV; vom 25. November 2003, BGBI. l, S. 2346) normierten Vorgaben beachten. Wegen der abstrakt angemessenen Kosten i. S. d. § 22 Abs. 1 SGB Il sind die dort genannten Betriebskosten maßgebend. Deshalb ist es zulässig, zur Erstellung eines Konzepts auf bereits vorliegende Daten, vorrangig aus örtlichen Betriebskostenübersichten zurückzugreifen. Insbesondere bei Ver- und Entsorgungsdienstleistungen ergeben sich regional deutliche Unterschiede, auf die Rücksicht genommen werden muss. Eine weitergehende Gewichtung ist dagegen nicht notwendig, da nicht erkennbar ist, welche zuverlässigen (weitergehenden) Aussagen sich hieraus ableiten lassen sollten. Neben den (nichtamtlichen) Übersichten in Mietspiegeln kommen grundsätzlich auch Übersichten der örtlichen Interessenverbände in Betracht, die an der Anerkennung eines Mietspiegels beteiligt sind. Bei einer Anwendung dieser Übersichten spricht nichts gegen die Zugrundelegung des Medians, sofern die zugrunde gelegten Daten über den gesamten Wohnungsbestand erhoben worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 2/10 R, juris Rdnr. 28 f., und Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 22/20 R, juris Rdnr. 41 ff.). Wichtig ist, dass die Werte (bei Erlass des schlüssigen Konzeptes) möglichst aktuell sind, um sichere Rückschlüsse auf das Preisniveau im jeweiligen Vergleichsraum zu geben. Soweit die örtlich erfassten Werte nicht aktuell sind, liegt es nahe, dass der Träger der Grundsicherung entsprechende Rückfragen bei den örtlichen Interessenverbänden durchführen lässt bzw. die Werte an die allgemeine Preisentwicklung anpasst (vgl. BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010, B 14 AS 2/10 R, juris Rdnr. 29).

 

Ausgehend hiervon ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte für die Bemessung der angemessenen Betriebskosten den Betriebskostenspiegel der Stadt Leipzig herangezogen hat. Die in der Broschüre dargestellten Ergebnisse basieren auf einer Auswertung von Betriebskostenabrechnungen vieler Leizpiger Großvermieter und Hausverwaltungen. Sie repräsentieren den marktaktiven Wohnungsbestand der Stadt Leipzig und nicht lediglich das Betriebskostenaufkommen von Leistungsbeziehern, sodass der Beklagte die ausgewiesenen Median-Werte rechtmäßig nutzen konnte. Auch ist gegen die in der KdU-Richtlinie des Beklagten vorgenommene gewichtete Mittelwertbildung der Ergebnisse des Betriebskostenspiegels 2012, Berichtsjahr 2014, wobei die kalten Betriebskosten der insgesamt sieben Gebäudetypen im prozentualen Anteil am Wohnungsbestand in das Gesamtergebnis eingeflossen sind, nichts zu erinnern. Einwände gegen die Schlüssigkeit der Ermittlung der kalten Betriebskosten hat die Klägerin nicht erhoben. Dem Senat drängen sich auch keine Fehler auf.

 

Die zur Anwendung gebrachte Betriebskostenbroschüre spiegelte im Zeitpunkt des Inkraftsetzens der KdU-Richtlinie 2014 auch das tatsächliche Kostenaufkommen im Jahr 2014 wider.

 

Der Beklagte hat die Betriebskostenbroschüre mit Redaktionsschluss Juli 2014 veröffentlicht. Ihr lagen Betriebskostenabrechnungen für den Zeitraum 1. Januar 2012 bis 31. Dezember 2012 zugrunde, die bis zum 31. Dezember 2013 abzurechnen waren. Gemäß § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB ist die Abrechnung dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Betriebskostenvorauszahlungen - auch im Rahmen von Neuanmietungen - orientieren sich damit ab Januar 2014 an diesen Betriebskosten aus 2012, so dass die ab 18. Dezember 2014 geltende Richtlinie auf den aktuellsten Daten beruht und nach § 22 c Abs. 2 SGB II Gültigkeit für die Dauer von zwei Jahren ab Inkraftsetzung, also ebenfalls bis Ende 2016, beansprucht (zur Fortschreibung für den hier streitigen Zeitraum siehe nachfolgend 7.)

 

5. Die unter Einbeziehung der hier vorgenommenen Nachbesserungen schlüssige Richtlinie des Beklagten ist nicht deshalb unschlüssig, weil für die ermittelten Unterkunftskosten je Quadratmeter des angemessenen Wohnraumes für einen Einpersonenhaushalt nicht ausreichend Wohnraum zur Verfügung stünde.

 

Zutreffend ist das Sozialgericht bereits im Rahmen der Überprüfung der abstrakten Angemessenheitshöhe der Frage der ausreichenden Verfügbarkeit nachgegangen. Dies folgt aus § 22a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB Il, wonach die Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung die Auswirkungen auf den örtlichen Wohnungsmarkt hinsichtlich der Verfügbarkeit von Wohnraum des einfachen Standards berücksichtigen soll. Zudem entspricht es dem Verhältnis zwischen abstrakter und konkreter Angemessenheit, weil bei Ermittlung der angemessenen Miethöhe in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren im Sinne einer Tatsachenvermutung davon ausgegangen werden kann, dass es in einem ausreichenden Maße Wohnungen zu der abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft gibt, was nicht gerechtfertigt ist, wenn sich unabhängig vom konkreten Einzelfall aufdrängt, dass das Angebot an angemessenem Wohnraum nicht ausreicht, den Bedarf zu decken (vgl. BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R, juris Rdnr. 37). Ein Angemessenheitswert ist nur dann zutreffend bestimmt, wenn in Betracht kommender Wohnraum zu diesem Preis auch tatsächlich in nennenswerter Zahl auf dem Markt allgemein zugänglich angeboten wird und damit generell verfügbar ist (BSG, Urteil vom 3. September 2020, B 14 AS 37/19, juris Rdnr. 28). Dabei geht es aber - entgegen vertretener Meinungen des Sozialgerichts - nicht darum, dass für jeden Transferleistungsbezieher und jeden Niedriglohnverdiener, der einen Einpersonenhaushalt führt, eine vorhandene Wohnung bis zu einer Größe von 45 m² im einfachen Segment nachgewiesen werden muss, weshalb die Argumentation, dass nicht genügend Wohnungen im einfachen Segment bis 45 m² vorhanden seien (vgl. hierzu auch noch nachfolgend), die mangelnde Verfügbarkeit nicht trägt. Es geht auch nicht darum, nachzuweisen, dass für jeden kostenunangemessen wohnenden Leistungsempfänger im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Konzeptes eine freie, kostenangemessene Wohnung zur Verfügung stünde. Vielmehr kommt es nach der zitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes darauf an, dass eine „nennenswerte Zahl“ verfügbarer Wohnungen vorhanden sein muss, dass also die reelle Chance besteht, das tatsächlich (und nicht potentiell) nach Wohnraum Suchende in dem jeweiligen Segment eine kostenangemessene Wohnung finden können. Erst wenn dies ausgeschlossen ist, ist die abstrakte Verfügbarkeit zu verneinen. Dabei sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. nur Urteil vom 22. August 2012, B 14 AS 13/12 R, juris Rdnr. 20) persönliche Lebensumstände, wie etwa die Bonität, das Alter, die Staatsangehörigkeit oder Ähnliches des Leistungsberechtigten, nach der Systematik des § 22 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB II bei der Frage zu prüfen, ob dem Leistungsberechtigten, dessen individuelle Kosten im Einzelfall die abstrakten Angemessenheitsgrenzen überschreiten, ein Umzug in eine kostenangemessene Wohnung konkret möglich und zumutbar ist. Solche Umstände lassen sich nicht abstrakt erfassen. Die Bedarfslagen, die auf personenbezogenen Umständen gründen, sind dabei nicht "statisch", sondern können sich je nach Einzelfall unterschiedlich darstellen und Veränderungen unterliegen. Dem kann bei der konkreten Angemessenheitsprüfung sachgerecht Rechnung getragen werden. Bei Bestimmung aller drei für die abstrakte Angemessenheit maßgeblichen Faktoren (abstrakt angemessener Wohnfläche, maßgeblicher Vergleichsraum und abstrakt angemessener, im Quadratmeterpreis ausgedrückter Wohnungsstandard) sind persönliche Lebensumstände des Hilfebedürftigen, auch wenn sie für bestimmte Personengruppen typisch sein mögen, dagegen nicht einzubeziehen (BSG, Urteil vom 22. August 2012, a. a. O.).

 

Ausgehend hiervon ist der Senat in Übereinstimmung mit dem Beklagten bereits unter Zugrundelegung und Auswertung der Daten des einfachen Mietspiegels von einer hinreichenden Verfügbarkeit überzeugt.

 

Das Bundessozialgericht hat wiederholt entschieden (vgl. Urteile vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R, juris Rdnr. 38, und vom 13. April 2011, B 14 AS 106/10 R, juris LS und Rdnr. 30), dass davon ausgegangen werden kann, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu dem ermittelten abstrakt angemessenen Quadratmeterpreis im örtlichen Vergleichsraum gibt, „wenn ein (qualifizierter) Mietspiegel“, der in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren aufgestellt wurde, der Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises für die Kaltmiete zugrunde liegt und entweder der Durchschnittswert dieses Mietspiegels angewandt wird oder dem Mietspiegel Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis entnommen werden können. Der KdU-Richtlinie 2014, die für den hier streitigen Zeitraum überwiegend maßgeblich ist, lagen zwar die Daten eines einfachen, nicht eines qualifizierten Mietspiegels zugrunde. Der Beklagte hat auch keine Durchschnittswerte des Mietspiegels 2014 der Stadt Leipzig angewandt. Dem Mietspiegel kann auch keine direkte Aussage zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem vom Beklagten zugrunde gelegten angemessenen Quadratmeterpreis entnommen werden. Ebenso wenig gibt der Mietspiegel explizit eine Aussage zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem vom Gericht ermittelten Nettokaltmietpreis unter Berücksichtigung des Konfidenzintervalls. Dennoch ist der Senat der Auffassung, dass sich aus den ausgewerteten Mietspiegeldaten des - hier - einfachen Mietspiegels ebenso ableiten lässt, dass eine nennenswerte Zahl an kostenangemessenen Wohnungen verfügbar ist, dass sich also die beschriebene Vermutungswirkung bzw. der Anscheinsbeweis bereits dann entfalten, wenn die verwendeten Mietspiegeldaten selbst nach einer anerkannten wissenschaftlichen Methode erstellt und ausgewertet worden sind und daraus Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis ableitbar sind.

 

Auch wenn das Bundessozialgericht - ohne dies indes näher zu erläutern und unter der Einschränkung einer nicht begründeten Klammersetzung - möglicherweise nur einem qualifizierten Mietspiegel unter bestimmten Voraussetzungen die Vermutungswirkung zuspricht, muss nach Einschätzung des Senates dasselbe gelten, wenn Daten nach einer anerkannten wissenschaftlichen Methode erhoben und ausgewertet worden sind bzw. - wie hier - ein einfacher Mietspiegel letztlich nach denselben Kriterien, die einem qualifizierten Mietspiegel zugrunde liegen, aufgestellt worden ist, lediglich der formale Akt der Anerkennung unterblieben ist. Denn den qualifizierten Mietspiegel prägt zuvorderst der Umstand, dass er in einem anerkannten wissenschaftlichen Verfahren erstellt wird und namentlich durch diese Eigenschaft erhöhte Gewähr der Richtigkeit und Aktualität der Angaben bietet. Die an die Anerkennung eines Mietspiegels im Zivilrecht geknüpften Rechtsfolgen sind für die hier streitigen sozialrechtlichen Fragen praktisch ohne Bedeutung, weil allein die Auswahl einer hinreichend aktuellen und auf anerkannt wissenschaftlichen Grundsätzen erarbeiteten Datengrundlage durch den Leistungsträger für die Ableitung von Angemessenheitswerten i. S. d. § 22 SGB Il maßgeblich ist, die zudem vom Gericht zu überprüfen ist und nicht durch die Gemeinde oder bestimmte Interessenvertreter ersetzt werden kann. Insofern sieht der Senat keinen Unterschied in der Heranziehung der Datensätze eines qualifizierten oder eines einfachen Mietspiegels, deren Auswertung er ohnehin auf die Einhaltung mathematisch-statistischer Grundsätze überprüfen muss. Im Übrigen zeigt ein Vergleich des einfachen Mietspiegels der Stadt Leipzig aus 2014 mit dem nachfolgenden qualifizierten Mietspiegel der Stadt Leipzig aus 2016 letztlich eine identische Vorgehensweise in der Datenerhebung und der Datenauswertung, insbesondere insoweit, als die Daten tatsächlich auch Grundlage der Ermittlung der angemessenen KdU geworden sind. In beiden Fällen wurden die Preise und Merkmale der Wohnungen auf der Grundlage einer im weiteren konkret dargestellten repräsentativen Stichprobenerhebung nicht preisgebundener Wohnungen durch das Sozialamt und das Amt für Statistik und Wahlen der Stadt Leipzig erarbeitet. Dabei waren - wie bereits dargelegt - Wohnungen, deren Mieten in den letzten vier Jahren vor dem 1. Dezember 2013 bzw. vor dem 1. Januar 2016 nicht geändert wurden, gemäß § 558 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Die Erstellung des Mietspiegels wurde zudem in beiden Fällen vom Arbeitskreis Mietspiegel fachlich begleitet, dem - wie zuvor bereits ausgeführt - verschiedene Vereine als Vertreter der Vermieter und Mieter, Genossenschaften sowie Ämter, Vertreter der Wissenschaft und der Justiz angehörten. In der Anzahl der erhobenen und verwerteten Datensätze gab es keine wesentlichen Unterschiede, auch nicht in den Kriterien, die zum Ausschluss bestimmter erhobener Daten führten. Letztlich unterscheiden sich die Mietspiegel nur in der Tatsache, dass der aus dem Jahr 2016 vom Stadtrat als qualifizierter Mietspiegel anerkannt wurde. Für die Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft macht dieser Akt aber keinen Unterschied. Entscheidend ist allein, dass die Daten nach anerkannten Methoden erhoben und ausgewertet wurden. Dies war in beiden Fällen - bei nachträglicher Einbeziehung des Konfidenzintervalles - der Fall. Für den hier vorliegenden einfachen Mietspiegel hat dies der Sachverständige W.... sogar aus mathematisch-statistischer Sicht bescheinigt.

 

Aus diesen verwerteten Mietspiegeldaten lassen sich auch - wie vom Bundessozialgericht gefordert - Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis ableiten.

 

Ausgehend davon, dass der angemessene Nettokaltmietzins statistisch richtig auf 4,72 €/m² festzusetzen war und sich deshalb bei 45 m² Wohnraum die Kappungsgrenze der Nettokaltmiete bei 212,40 € ergibt, lässt sich durch Auswertung der vorliegenden Rohdaten des Mietspiegels 2014 ermitteln, dass 94 der 123 Wohnungen mit einer Fläche >/=20 m² bis < 40 m², 17 der 64 Wohnungen mit einer Fläche vom >/= 40 m² bis <45 m², 15 der 24 Wohnungen mit genau 45 m² und 72 der 244 Wohnungen mit einer Fläche > 45 m² </= 50 m² in den Mietspiegeldaten diese Kappungsgrenze nicht überschritten haben. Somit erfüllte ein Anteil von 59,4 % der Mietspiegeldaten im Wohnraumsegment zwischen zumutbaren 20 m² und 45 m² die Angemessenheitskriterien.

 

Der Senat ist wie der Beklagte der Auffassung, dass maßgebliches Kriterium der abstrakten Verfügbarkeit nicht allein ein Wohnraum einfachen Standards mit einer bestimmten Wohnfläche in der Nähe der 45 m² sein kann. Maßstab der abstrakten Verfügbarkeit ist unter Berücksichtigung der Produkttheorie des Bundessozialgerichts vielmehr jeder zumutbare Wohnraum, dessen Bruttokaltmiete den Angemessenheitswert, resultierend aus einem angemessenen Nettokaltmietzins pro m² addiert mit den angemessenen Betriebskosten je m² und multipliziert mit der angemessenen Wohnfläche nicht überschreitet. Nachdem die Stadt Leipzig bei der Auswertung der Mietspiegeldaten Wohnungen des Substandards bereits ausgeschieden hat, sind demnach alle durch die Mietspiegeldaten repräsentierten Wohnungen Leistungsbeziehern grundsätzlich zumutbar. Insoweit trägt der auch nicht hinreichend belegte Einwand, es fehle an Verfügbarkeit, weil ein wohnungssuchender alleinstehender Leistungsempfänger nur eine grundsätzlich kleinere Wohnung als 45 m² erlangen könne, in dieser Allgemeinheit nicht. Ob die Wertung dann zutreffend wäre, wenn zum festgesetzten Angemessenheitswert ausschließlich Wohnraum angemietet werden könnte, der signifikant unterhalb des Maximalwerts der angemessenen Wohnfläche liegt, muss nicht erörtert werden, da die der KdU-Richtlinie 2014 zugrundeliegenden repräsentativen und validen Daten des Mietspiegels diese Annahme gerade nicht bestätigen. Es wird ersichtlich, dass in den Mietspiegeldatensätzen genügend Wohnraum auch in der Nähe der 45 m² und sogar darüber vorhanden war, der die Angemessenheitswerte einhielt. Im Übrigen vermag der Senat nicht zu erkennen, weshalb kleinere Wohnungen (20 m² bis 40 m²) für leistungsbeziehende Einpersonenhaushalte von der Wohnfläche her nicht angemessen sein sollten.

 

Der Sachverständige Prof. Dr. W.... hat in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass im Mietspiegeldatensatz 68 % der Wohnungen Neuvermietungen zwischen Dezember 2009 und November 2013 waren, während 32 % Veränderungen der Bestandsmieten in diesem Zeitraum betrafen, was eine gute Verfügbarkeit und Fluktuation nahelege und dass sich aus den Mietspiegeldaten keine Anhaltspunkte dafür ergäben, dass Wohnungen nicht verfügbar seien. Er hat in seinem ergänzenden Gutachten vom 30. Dezember 2019 (Seite 3) hierzu ausgeführt und konkretisiert, dass selbst dann, wenn man - in Abweichung vom Vorgehen der Stadt Leipzig und des Beklagten - die Verfügbarkeit nur anhand der Neuvermietungen des Mietspiegeldatensatzes beleuchten würde, sich ein ähnliches Ergebnis ergäbe. Von den von ihm auf den Flächenkorridor bis 45 m² begrenzten, ermittelten 159 neu angemieteten Wohnungen hätten 83 Wohnungen den vom Beklagten ermittelten Angemessenheitswert unterschritten. Der Beklagte hatte gegensätzlich hierzu im Konzept 211 Wohnungen (auch Änderung der Bestandsmieten) und 115 Wohnungen im Rahmen der Angemessenheit ermittelt, so dass für den Bereich der Neuvermietungen im Verhältnis keine signifikanten Abweichungen feststellbar sind, was der Sachverständige letztlich auch bestätigt hat.

 

Durch die Heranziehung der Mietspiegeldaten wird sichergestellt, dass nur der in den letzten vier Jahren tatsächlich verfügbare (weil neu angemietete oder in der Miete geänderte) Wohnraum abgebildet wird. Bei angespannten Märkten, wie dies für Leipzig von einer Vielzahl von Klägern vorgetragen wird, inkludieren die Mietspiegeldaten gerade die damit einhergehenden üblicherweise steigenden Mietpreise. Ein gesättigter Markt, in dem für kostenangemessene Wohnungen einer bestimmten angemessenen Wohnfläche keine maßgebliche Zahl an Wohnungen mehr verfügbar wäre, müsste sich logischerweise in entsprechend eklatant geringem Zahlenmaterial und hoher Miete und einem umgekehrten Verhältnis von Neuvertragsmieten und Bestandsmieten niederschlagen, was sich für die Stadt Leipzig - auch für Wohnflächen bis 45 m² bzw. um 45 m² - in den hier auszuwertenden Mietspiegeldaten nach obigen Ausführungen nicht zeigt. Für den Mietspiegel 2014 wurden im Wege des Zufallsverfahrens 8.561 Mieter ermittelt, die teils schriftlich, teils im Interview, befragt worden sind. 27 % der Wohnungen mussten unberücksichtigt bleiben, weil seit dem 1. Dezember 2009 der Mietvertrag nicht geändert oder neu abgeschlossen worden war (vgl. hierzu die Ausführungen in dem Mietspiegel 2014), was etwa eine Datensatzmenge von 2.311 Datensätze ausmacht. Datensätze in ähnlicher Größenordnung, genau 2.437 Wohnungen, sind indes in die Auswertung eingeflossen. Das annähernde Gleichgewicht von unveränderten Bestandsmieten einerseits und neu vereinbarten Bestands- oder Neuvertragsmieten andererseits in der repräsentativen Zufallsstichprobe belegt einen fluktuierenden Markt und lässt ebenfalls keine Zweifel an einer hinreichenden Verfügbarkeit aufkommen.

 

Für den Senat wäre auch zu erwarten, dass - eine mangelnde Verfügbarkeit unterstellt - der Mietpreis bei späteren Erhebungen für spätere Mietspiegel signifikant steigt und sich zu den früher ermittelten angemessenen Werten (hier in der KdU-Richtlinie 2014 vom Beklagten ermittelt: 207,01 € Grundmiete für Einpersonenhaushalte) in späteren Abfragezeiträumen keine oder signifikant weniger Wohnungen in den Datensätzen finden lassen, die in dem Mietspiegel haben verwertet werden dürfen. Bei einer Durchsicht der Rohdaten, die für den Mietspiegel 2018, also vier Jahre später, erhoben wurden (neue oder geänderte Mieten vom 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2017), finden sich immer noch 239 Daten- sätze unterhalb der Angemessenheitsgrenze des Beklagten für das Jahr 2014 von 207,01 € und 283 Datensätze unterhalb der Angemessenheitsgrenze mit Konfidenzintervall. Auch wenn für diesen Zeitraum die Datenbasis mit insgesamt 4.079 Datensätzen größer war, zeigen die Zufallsstichproben dennoch, dass es selbst zwischen 2014 und 2017 in noch beachtlicher Zahl Wohnungen zu dem Angemessenheitswert der KdU-Richtlinie 2014 auf dem Markt gab, sich mithin die Annahme, dass zu den ermittelten Angemessenheitswerten generell keine Verfügbarkeit bestanden habe, nicht bestätigt lässt.

 

Zu bedenken ist hier auch, dass letztlich alle zuvor genannten Zahlen aus einer Zufallsstichprobe von etwa 1 % des gesamten Marktes resultieren, mithin nicht die absoluten Zahlen darstellen. Ob die teilweise vom Sozialgericht für die Annahme der Verfügbarkeit gewählte Vorgehensweise, die ermittelten Werte mit 100 zu multiplizieren, statistisch-mathematischen Grundsätzen genügt, mag dahinstehen. Jedenfalls lässt schon die Stichprobe keine Zweifel aufkommen, dass eine hinreichende Verfügbarkeit bei der Erstellung der KdU-Richtlinie 2014 gegeben war.

 

Die Bestätigung der Verfügbarkeit sieht der Senat auch darin, dass nach der Berichterstattung zur jährlichen Analyse der KdU und Heizung von Leistungsberechtigten nach dem SGB II für das Jahr 2015 die durchschnittliche Nettokaltmiete der 20.265 leistungsberechtigten Einpersonenhaushalte (1:1 Haushalte) bei 206,86 €, und damit unterhalb der vom Beklagten ermittelten Angemessenheitsgrenze lag, auch wenn 29,9 % dieser Haushalte eine Miete oberhalb der Angemessenheitsgrenze des Beklagten zu zahlen hatten (Tabelle 3) und bei 20,8 % dieser Haushalte (= 4.217) diese Miete im Einzelfall auch nicht anerkannt wurde (Tabelle 6). Ein Fall, wie er etwa der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 3. September 2020, B 14 AS 34/19 R (für Hof), zugrunde lag, in dem knapp 60 % der in Ein-Personen-Haushalten lebenden Leistungsempfänger eine Bruttokaltmiete zu zahlen hatten, die über der vom Beklagten zugrunde gelegten (abstrakten) Angemessenheitsgrenze lag, wobei die Überschreitung bei knapp einem Drittel mehr als 10 % betrug, liegt hier ersichtlich nicht vor. Aus der Untersuchung der (nicht im Einzelfall anerkannten) kostenunangemessen wohnenden Einpersonenhaushalte lässt sich ersehen, dass 52 % dieser Haushalte in Wohnungen mit einer Wohnfläche über 50 m², also in Wohnungen unter deutlicher Überschreitung der Wohnflächengrenzen leben, obwohl nach den Mietspiegeldaten kleinere, von der Wohnfläche aber angemessene Wohnungen sehr wohl zur Verfügung stehen. 19,7 % dieser Haushalte leben sogar in Wohnungen mit einer Wohnfläche über 60 m², was letztlich nicht mehr plausibel mit dem Argument fehlender kleinerer Wohnungen begründet werden kann und worin die - auch vom Beklagten vorgebrachte - Argumentation, dass Wohnflächen und Angemessenheitsgrenzen bewusst und unter Hinnahme der mangelnden Kostendeckung überschritten werden, jedenfalls für einen beachtlichen Anteil kostenunangemessen wohnender Einpersonenhaushalte seine hinreichende Rechtfertigung findet.

 

In diesem Punkt hinkt auch die teilweise vom Sozialgericht erfolgte Definition der Verfügbarkeit dahingehend, dass für jeden potentiellen Nachfrager ein angemessener Wohnraum auf dem Markt zur Verfügung stehen muss. Wie bereits ausgeführt, soll die abstrakte Verfügbarkeit gewährleisten, dass für konkrete Nachfrager - also aktuell Wohnungssuchende - die reelle Chance besteht, eine Wohnung in den für sie geltenden Angemessenheitswerten auch tatsächlich zu erhalten. Nicht umzugswillige, nicht angemessen wohnende Haushalte sind letztlich keine Nachfrager. Hinzu kommt, dass auch nicht alle Nachfrager zeitgleich umziehen wollen oder werden. Ein Vorgehen, welches in der Verfügbarkeit verlangt, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt (nämlich dem des Inkrafttretens des schlüssigen Konzeptes) alle potentiellen Nachfrager bedient werden können, spiegelt keinen realitätsgerechten Markt, der durch Angebot und Nachfrage und zeitlich versetzte Fluktuation gekennzeichnet ist, wider. Die Verfügbarkeit ist erst dann zu verneinen, wenn ersichtlich ist, dass der Mietwohnungsmarkt nicht nur für einzelne Personen (konkrete Angemessenheit), sondern für nahezu jeden aktuell Nachfragenden in dem jeweiligen Segment verschlossen ist. Dass dies für Leipzig im Bereich der Einpersonenhaushalte der Fall sein könnte, vermag der Senat - schon anhand der Mietspiegeldaten, die eine Verfügbarkeit selbst in späteren Zeiträumen belegen - gerade nicht festzustellen.

 

Dagegen spricht auch, dass sich der Anteil der kostenunangemessen wohnenden Einpersonenhaushalte nach einer Steigerung von 2010 zu 2012 auf 46,2 % bis 2015 kontinuierlich auf 29,9 % bei den Einpersonenhaushalten abgesenkt hat. Dies allein mit den Anpassungen der Angemessenheitswerte zu begründen, griffe zu kurz, weil - so auch der eigene Vortrag zahlreicher Kläger und dies belegt letztlich auch die Berichterstattung zur jährlichen Analyse der KdU und Heizung von Leistungsberechtigten nach dem SGB II (Tabellen 4 und 7) - die Mietpreise ebenso kontinuierlich gestiegen sind. Wären tatsächlich im Bereich der Einpersonenhaushalte keine im Sinne der KdU-Richtlinie 2014 angemessenen Wohnungen im nachgefragten Umfang verfügbar, müsste sich dies nach Einschätzung des Senates in einer Erhöhung, jedenfalls nicht in einer Senkung der Zahl der kostenunangemessen wohnenden Haushalte niederschlagen. Dergleichen ist aber nicht festzustellen.

 

Soweit vom Sozialgericht Leipzig teilweise die Verfügbarkeit deshalb in Frage gestellt wird, weil per se nicht genügend Wohnungen bis 45 m² für Einpersonenhaushalte verfügbar seien, überzeugt den Senat bereits der gedankliche Ansatz (vgl. oben zur Definition der Verfügbarkeit), aber auch die dahingehende Berechnung nicht. Angeführt wird insoweit (mitunter mit variierenden Werten zu den Nachfragehaushalten), dass 25.364 leistungsberechtigten Einpersonenhaushalten nur 48.160 Wohnungen in der Größe 20 bis 45 m² gegenübergestanden hätten. Bei Ansetzung des Perzentils zur Ermittlung des einfachen Standards verblieben damit nur 16.053 Wohnungen, die in der Anzahl deutlich zu gering seien. Unabhängig davon, dass dieser Gegenüberstellung bereits die wohl nicht zutreffende Annahme zugrunde liegt, dass alle leistungsberechtigten Einpersonenhaushalte sich wohnflächenkonform verhalten, was ersichtlich nicht der Fall ist und angesichts der Produkttheorie auch nicht der Fall sein muss, und zudem das Bestreben ersichtlich wird, dass für alle potentiellen Nachfrager zeitgleich eine angemessene wohnflächenkonforme Wohnung zur Verfügung gestellt werden soll, was keinem Abbild eines realitätsgerechten Marktes entspricht, trägt der Vergleich auch deshalb nicht, weil aus der Tabelle 3 der Untersuchung der Leipziger Angebotsmieten 2013 und den dahingehenden Beschreibungen nicht ersichtlich wird, wonach die Wohnungen (abgesehen von der Anzahl der Raume und der Fläche) noch selektiert wurden. Es wird ein Gesamtbestand an Wohnungen von 327.017 genannt, während über alle Wohnflächen und Raumanzahlen letztlich nur 198.127 und damit 60,6 % des Gesamtbestandes als „geeignet“ für die „nachfragenden Haushalte“ beschrieben werden. Nach dem Zensus 2011 gibt es in Leipzig 242.486 Mietwohnungen, also mehr, als in der Tabelle 3 als „geeignete Wohnungen“ benannt sind. Was diese Abweichungen letztlich erklärt, lässt sich auch den Beschreibungen nicht entnehmen, so dass für den Senat nicht ableitbar ist, dass es sich bei den 48.160 Wohnungen mit 20 bis (möglicherweise einschließlich) 45 m² wirklich um den tatsächlichen Wohnungsbestand für diese Wohnfläche handelt. Unabhängig davon, wird die angemessene Wohnung nach der KdU-Richtlinie 2014 nicht auf eine Wohnfläche bis 45 m² begrenzt, sondern auf einen angemessenen Mietpreis, der auch bei größeren Wohnungen erreicht werden kann, was die Rohdaten zum Mietspiegel eindrucksvoll belegen, wenn in dem Flächenkorridor >45 m² bis </=50 m² immer noch 72 angemessene Datensätze vorhanden waren, auch wenn das Verhältnis der Datensätze mit angemessener Nettokaltmiete (72) zu den Gesamtdatensätzen dieser Flächengröße (244) naturgemäß geringer ist, als bei den kleineren Wohnungen. Die teilweise vom Sozialgericht vorgenommene Gegenüberstellung trägt damit auch hinsichtlich der Vergleichsobjekte nicht. Zudem führt das Sozialgericht selbst aus, dass die Nachfragekonkurrenz weder aktuell noch rückblickend zahlenmäßig oder anteilig konkret bestimmbar sei, weil statistische Daten zu Personen, die zeitgleich nach einer neuen Wohnung im maßgeblichen Segment gesucht haben, nicht vorlägen und wohl auch nicht ermittelbar seien.

 

Für den Senat kommt es nach alledem nicht maßgeblich darauf an, ob durch die Auswertung der internetbasierten Angebotsmieten die sich aus den Mietspiegeldaten ergebende Verfügbarkeit zusätzlich hinreichend repräsentativ und valide abgesichert ist. Insoweit teilt der Senat die von Prof. Dr. W.... genannten Bedenken sowohl an der Repräsentativität als auch der Validität der erhobenen Daten und der darauf basierenden Rückschlüsse („garbage in - garbage out“, vgl. nur Seite 13/14 des Gutachtens vom 30. Dezember 2019), die der Beklagte letztlich auch selbst beschreibt (Seite 23 der KdU-Richtlinie 2014). Dennoch lässt sich bei aller Ungewissheit jedenfalls eines ableiten: Es gab im jeweiligen Erhebungszeitraum Angebote für Mietwohnungen, die die Angemessenheitswerte der KdU-Richtlinie 2014 für Einpersonenhaushalte im Hinblick auf die Nettokaltmiete eingehalten haben. Dass also Wohnungen gänzlich nicht verfügbar gewesen seien, lässt sich auch hierdurch nicht feststellen.

 

Obwohl die Mietspiegeldaten keine Aussage über die für die Angemessenheit maßgebliche Bruttokaltmiete treffen, ist auch dieser Umstand nicht geeignet, die bestehende Vermutung ausreichend verfügbaren Wohnraums zu widerlegen. Aus der im vorliegenden Fall vorgenommenen Heranziehung von Betriebskostenwerten aus allen Mietverhältnissen folgt - weil sie den gesamten Mietmarkt erfasst - in der Tendenz ein höherer Bruttokaltmietpreis, als dies bei Auswertung nur des Teilsegments der Fall wäre, auf das Leistungsberechtigte nach dem SGB Il zu verweisen sind. Dies wirkt sich zugunsten der Leistungsberechtigten aus (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R, juris Rdnr. 31) und kann deshalb eine auf dem Nettokaltmietzins beruhende Verfügungsannahme nicht maßgeblich zum Nachteil des Leistungsempfängers beeinflussen. Zwar mag es sein, dass bei erheblich größeren Wohnungen trotz angemessener Nettokaltmiete infolge geringeren Quadratmeterpreises die geschuldete Bruttokaltmiete aufgrund dann höherer Betriebskosten unangemessen wird. Dies ist aber aufgrund der vom Beklagten vorgenommenen Berechnungsmethode der angemessenen allgemeinen Betriebskosten einschließlich eines 10prozentigen Sicherheitszuschlages jedenfalls nicht für Fälle zu erwarten, in denen die angemessene Wohnfläche nur in geringem Umfang über dem Angemessenheitswert von 45 m² liegt. Selbst wenn aber ein Anteil der 72 Wohnungen zwischen 45 m² und 50 m², die den Angemessenheitswerten des Nettokaltmietzinses entsprochen haben, bei einer Betrachtung der Bruttokaltmiete unangemessen würden, wäre dies für die Annahme der Verfügbarkeit nicht negativ ausschlaggebend relevant.

 

6. Die räumliche Verteilung der nach dem Mietspiegel und auch nach den erfassten Internetangeboten verfügbaren angemessenen Wohnungen gibt keinen Anlass, eine Ghettoisierung zu befürchten. Allein der Umstand, dass sich nach den Mietspiegeldaten in den Stadtteilen Ost und West (vergleiche Tabelle 7 des Gutachtens von Prof. Dr. W.... vom 17. Januar 2018, hinsichtlich der Wohnflächenspannen korrigiert mit unterer Tabelle Seite 11 des Gutachtens vom 30. Dezember 2019) und nach den Internetangeboten im Stadtteil West (Plattenbaugebiet Leipzig-Grünau) und nachrangig im Stadtteil Ost (Tabelle 16 der KdU-Richtlinie 2014) Angebote häufen, begründet keine Gefahr der Ghettoisierung, solange auch in anderen Bereichen des Vergleichsgebietes in noch relevantem Umfang Wohnungsangebote festzustellen sind (vgl. BSG, Urteil vom 10. September 2013, B 4 AS 77/12 R, juris Rdnr. 29, wonach bei Angeboten in 18 von 26 Stadtbezirken von München keine Ghettobildung zu befürchten sei). Bereits unter Berücksichtigung der vom Beklagten ursprünglich zugrunde gelegten Angemessenheitswerte waren Wohnungsangebote in allen Stadtteilen Leipzigs festzustellen, so dass der Senat der Überzeugung ist, dass entsprechende Wohnungsangebote stadtweit verfügbar waren, die eine Gefahr der Ghettoisierung ausgeschlossen erscheinen lassen.

 

Nach alledem hat die KdU-Richtlinie 2014 die abstrakt angemessenen Aufwendungen bei Berücksichtigung des Konfidenzintervalles schlüssig bestimmt.

 

7. Für den hier streitigen Zeitraum Mai 2017 bis März 2018 waren ihre Werte aber nicht mehr hinreichend aktuell, weil sie entgegen der vorzitierten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 12. Dezember 2017, B 4 AS 33/16 R, juris Rdnr. 16 bis 18) nicht nach zwei Jahren nach ihrer Inkraftsetzung fortgeschrieben worden sind. Die Verwaltungsrichtlinie (KdU-Richtlinie 2014) wurde durch Beschluss des Stadtrates vom 20. März 2018 mit Wirkung zum 1. April 2018 durch die Verwaltungsrichtlinie Kosten der Unterkunft (Kapitel 1) – Herleitung angemessener Richtwerte für die Kosten der Unterkunft Nichtprüfungsgrenze für die Heizkosten; „Schlüssiges Konzept“, Az. DS-05471/18 (KdU-Richtlinie 2018) ersetzt, so dass vorliegend lediglich die Kostenangemessenheit der hier ebenfalls streitigen Miete für den Monat April 2018 allein an dieser Verwaltungsrichtlinie zu beurteilen ist. Demgegenüber bedarf es für die hier streitigen Monate Mai 2017 bis März 2018 einer Korrektur.

 

Der Beklagte hat erstinstanzlich erklärt, dass er eine Fortschreibung des Konzepts auch unter Berücksichtigung der vorgenannten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht für zwingend erforderlich hatte, aber angeregt, dass das Sozialgericht – sofern es anderer Auffassung sei – eine Fortschreibung anhand des Jahresverbraucherpreisindexes selbst vornehmen könne. Das Sozialgericht hat im vorliegend angefochtenen Urteil eine Fortschreibung anhand des Verbraucherpreisindex vorgenommen, die der Senat im vorliegenden Fall wegen verfügbarer geeigneterer Daten aber - im Ergebnis für die Klägerin günstig – jedenfalls für die Zeit bis zum 31. Dezember 2017 für unzureichend hält, so dass es nicht darauf ankommt, ob das Sozialgericht die Fortschreibung inhaltlich zutreffend vorgenommen hat.

 

Dem Sozialgericht und auch dem Beklagten ist insoweit zuzustimmen, als dass das Bundessozialgericht in der vorbenannten Entscheidung (Rdnr. 21 ff.) den Rückgriff auf den Verbraucherpreisindex als das geeignete Mittel für die Fortschreibung durch das Gericht benennt, wenn der Beklagte selbst eine Fortschreibung im Rahmen der Methodenvielfalt ablehnt. Dies wird mit dem Gleichlauf zur Fortschreibung von Mietspiegeln und praktischen Schwierigkeiten für Fortschreibungen anderer Art und Weise begründet. So weist das Bundessozialgericht auf folgendes hin:

 

„Allerdings wird auch konstatiert, dass es kaum geeignete Instrumente gebe, um innerhalb kürzerer Zeiträume fundiert festzustellen, welche Veränderungen sich bei den Preisen am Wohnungsmarkt, insbesondere bei den Bestandsmieten und auf verschiedenen Wohnungsmarktsegmenten, ergeben hätten (Schmidt in WuM 2009, 23 ff, 24). Eine Fortschreibung über kleinere Stichproben könne bei geringerer Fallzahl mit statistischen Unsicherheiten verbunden sein (Endbericht des IWU zur Ermittlung der existenzsichernden Bedarfe für die KdUH in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch <SGB II> und in der Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch <SGB XII> vom 30.11.2016, S 190) und müsse - für eine fundierte Aussagekraft - nahezu einer Neuerstellung gleichkommen (Börstinghaus in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl 2017, §§ 558c, 558d BGB RdNr 85 f). Entsprechend hat der Gesetzgeber trotz in der Literatur geäußerten Bedenken gegen die Fortschreibung mittels Verbraucherpreisindex nach § 558d Abs 2 BGB bisher hieran festgehalten. Dies rechtfertigt es zur Überzeugung des Senats, bei fehlender Fortschreibung durch den Grundsicherungsträger im Rahmen seiner Methodenfreiheit auf diese gesetzlich ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit der Fortschreibung anhand des bundesdeutschen Verbraucherpreisindex zurückzugreifen. Es handelt sich insoweit um ein grundsätzlich geeignetes Instrument, um innerhalb eines kürzeren Zeitraums im Sinne eines auch bei der Fortschreibung geforderten systematischen und planmäßigen Vorgehens in praktikabler Weise Werte für eine Anpassung festzustellen.“

 

Der Senat teilt diese Aussagen grundsätzlich, sieht hierin aber - auch unter Berücksichtigung der bestehenden Methodenfreiheit - kein Verbot, eine Fortschreibung auf andere geeignete Datengrundlagen zu stützen, die die Entwicklung sachgerechter wiedergeben. Hier stehen dem Senat für die Fortschreibung die Daten zur Verfügung, die die Stadt Leipzig bereits im Jahr 2016 zur Erstellung des Mietspiegels 2016 erhoben hat, die allerdings erst im Jahr 2018 - und damit nach Einschätzung des Senates deutlich verspätet - in der KdU-Richtlinie 2018 für neue Angemessenheitswerte ausgewertet wurden. Die Daten wurden im Zeitraum Februar bis Mai 2016 erhoben und bezogen sich auf Bestandsmieten, die in der Zeit zwischen 1. Januar 2012 und 21. Dezember 2015 geändert oder neu abgeschlossen worden waren. Im Zeitpunkt des Erfordernisses der Fortschreibung zum 1. Januar 2017 lagen sie mithin vor und hätten - wenn die Stadt Leipzig ihre Fortschreibungspflicht erfüllt hätte - bereits zu diesem Zeitpunkt und nicht erst im März 2018 ausgewertet werden müssen. Da der Beklagte die Daten selbst in der KdU-Richtlinie 2018 (ohne weitere Anpassungen für die zwischenzeitlich vergangene Zeit einzustellen) aufbereitet und ausgewertet hat, sieht sich der Senat auch im Rahmen der zu beachtenden Methodenvielfalt und des Verbotes, ein eigenes schlüssiges Konzept zu erstellen, berechtigt, die Fortschreibung anhand dieser Daten vorzunehmen, insbesondere auch um Bestrebungen entgegenzuwirken, Fortschreibungen bei sehr dynamischen Märkten zu verzögern. Dabei kann der Senat die aus den Daten abzuleitenden Angemessenheitswerte aus der KdU-Richtlinie 2018 entnehmen, zumal damit auch der Methodenfreiheit der Stadt Leipzig Rechnung getragen wird, weil es sich um deren eigene Auswertung handelt. Allerdings ist auch für den in dieser Richtlinie ermittelten Angemessenheitswert der Nettokaltmiete von 4,7888 €/m² das Konfidenzintervall nach obigen Ausführungen zu berücksichtigen, so dass sich nach der eigenen Berechnung des Beklagten hinsichtlich des Konfidenzintervalles ein Angemessenheitswert der Nettokaltmiete von 4,8921 €/m² für Einpersonenhaushalte ab 1. Januar 2017 ergibt.

 

Für die Fortschreibung der kalten Betriebskosten bis 31. Dezember 2017 gilt letztlich dasselbe. Hier wurden in der KdU-Richtlinie 2018 die kalten Betriebskosten anhand der Broschüre Betriebskosten 2014, Berichtsjahr 2016 ermittelt, deren Daten zum Fortschreibungszeitpunkt des 1. Januar 2017 bereits erhoben waren. Ihr lagen Betriebskostenabrechnungen für den Zeitraum 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2014 zugrunde, die bis zum 31. Dezember 2015 abzurechnen waren. Sie sind daher nach Einschätzung des Senates für die Fortschreibung die aktuellsten geeigneten Daten, die der Senat zugrunde legen kann und die die Stadt Leipzig in der KdU-Richtlinie 2018 im Sinne der Methodenvielfalt selbst ausgewertet und mit 1,4244 €/m² ermittelt hat.

 

Die angemessenen Kosten für die Unterkunft der Klägerin, bestehend aus Nettokaltmiete und kalten Betriebskosten (Bruttokaltmiete), betragen nach alledem auf der Grundlage der ab 1. Januar 2017 fortgeschriebenen KdU-Richtlinie 2014 unter Berücksichtigung des Konfidenzintervalles für den Streitzeitraum Mai bis Dezember 2017 monatlich 284,25 € (4,9821 €/m² + 1,4244 €/m² = 6,3165 €/m² x 45 m²). Hinzu kommen die Heizkosten in tatsächlich angefallener Höhe von 42,69 €, die vom Beklagten im gesamten streitigen Zeitraum übernommen worden sind, so dass es Ausführungen zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Heizkosten nicht bedarf.

 

8. Für den Streitzeitraum Januar bis März 2018 gilt folgende Modifizierung: Die nach den vorgenannten Ausführungen bis zum 31. Dezember 2017 auf der vorgenannten Datengrundlage des KdU-Konzepts 2018 herangezogenen Werte lassen sich aufgrund des dynamischen Mietmarktes der Stadt Leipzig nicht mehr ohne eine weitergehende Korrektur zugunsten der Klägerin für die Zeit ab dem 1. Januar 2018 heranziehen. Die nachfolgende Verwaltungsrichtlinie (KdU-Richtlinie 2018) ist erst mit Wirkung zum 1. April 2018 in Kraft getreten, so dass insoweit für die hier streitgegenständlichen Monate Januar 2018 bis März 2018 eine Lücke entstanden ist, die nicht – wie die Zeit vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2017 – mit der vorhandenen Datengrundlage fortgeschrieben werden kann. Hierbei erscheint es dem Senat sachgerecht die von Seiten der Stadt Leipzig unterbliebenen Fortschreibungen zum 1. Januar 2017 und 1. Januar 2018 für die Zeit vom 1. Januar 2018 bis zum 31. März 2018 und somit bis zum Inkrafttreten des Konzepts 2018 dahingehend zu korrigieren, dass die vorgenannten für das Jahr 2017 vom Senat als kostenangemessen herangezogenen Werte (Nettokaltmiete und kalte Betriebskosten [Bruttokaltmiete]) auf der Grundlage des Verbraucherindex des Jahres 2017 in Höhe von 1,5 % (vgl. Statistisches Bundesamt [Destatis]) ermittelt und erhöht werden. Die nach den vorgenannten Ausführungen angemessene Bruttokaltmiete für die Zeit vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2017 in Höhe von 284,25 € (6,3165 € [4,8921 € + 1,4244] x 45 m²) erhöht sich um 1,5 % und somit auf 6,4112 €/m² (6,3165 € + 0,0947475). Hiernach ergibt sich eine Anpassung und Erhöhung der Bruttokaltmiete auf einen Betrag von 288,51 € (6,4112 € x 45 m²). Hinzu kommen wiederum die Heizkosten in tatsächlich angefallener Höhe von 42,69 €, die vom Beklagten im gesamten streitigen Zeitraum übernommen worden sind, so dass es auch für die Monate Januar 2018 bis März 2018 Ausführungen zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Heizkosten nicht bedarf.

 

9. Auch für die Zeit vom 1. April 2018 bis zum 30. April 2018 können unter Heranziehung nachgebesserter Werte der KdU-Richtlinie 2018 die der Klägerin zustehenden angemessenen Bedarfe für Unterkunft und Heizung schlüssig bestimmt werden. Sie belaufen sich auf eine Bruttokaltmiete von 290,25 € (6,45 € [4,99 € + 1,46 €] x 45 m²). Insoweit ergibt sich für die Klägerin für den Monat April 2018 ein Anspruch auf weitere Leistungen in Höhe von 8,94 € (290,25 € – 281,31 €).

 

Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung unter Einbeziehung vorstehender Ausführungen, die gleichermaßen für nachfolgende Konzepte gelten, vollumfänglich der Rechtsauffassung des 4. Senats des Sächsischen Landessozialgerichts an. Dieser hat mit Urteil vom 19. Dezember 2023, Aktenzeichen L 4 AS 107/20, entschieden, dass die am 20. März 2018 mit Wirkung ab dem 1. April 2018 beschlossene Verwaltungsrichtlinie Kosten der Unterkunft (Kapitel 1) – Herleitung angemessener Richtwerte für die Kosten der Unterkunft Nichtprüfungsgrenze für die Heizkosten; „Schlüssiges Konzept“, Az. DS-05471/18 (KdU-Richtlinie 2018) zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete nach Nachbesserung durch den Senat (Konfidenzintervall und Anpassung an die Mietentwicklung unter Berücksichtigung des Verbraucherpreisindexes für die Jahre 2016 und 2017) schlüssig sei, so dass für einen 1-Personen-Haushalt in der Stadt Leipzig eine angemessene Nettokaltmiete von 4,99 €/m² und angemessene Betriebskosten von 1,47 €/m² festzusetzen sind, mit der Folge, dass sich die Angemessenheit auf eine Bruttokaltmiete in Höhe von 290,25 € (4,99 €/m² Nettokaltmiete + 1,46 €/m² allgemeine Betriebskosten = 6,45 €/m² x 45 m²) beläuft.

 

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die nachfolgenden Ausführungen des 4. Senats in seinem Urteil vom 19. Dezember 2023 verwiesen:

 

"3. Das Konzept des Beklagten und der Stadt A…. zur Bestimmung der angemessenen Nettokaltmiete ist überwiegend schlüssig, insbesondere hinsichtlich der Vergleichsraumbildung, der Repräsentativität des Datenmaterials, der Bildung der Flächenkorridore und der Berechnung der Kappungsgrenze (dazu unter a).

 

Zu beanstanden ist jedoch, dass anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze der Datenauswertung nicht vollständig eingehalten werden (dazu unter b). Den daraus folgenden Mangel hat der Beklagte zwar hinsichtlich der Berücksichtigung des Konfidenzintervalls im gerichtlichen Verfahren eingeräumt, ihn allerdings weder durch eine Nachbesserung des Konzeptes beseitigt, noch den weitergehenden Bedarf des Klägers anerkannt. Vielmehr hat er zuletzt – im Ergebnis unzutreffend – behauptet, der Fehler sei nicht derart schwerwiegend, dass die Schlüssigkeit insgesamt in Frage gestellt werden könne. Der Senat beseitigt diesen Mangel durch Neubestimmung der angemessenen Nettokaltmiete unter Berücksichtigung des Konfidenzintervalls mit der Folge, dass die angemessene Nettokaltmiete für eine 45 m² große Referenzwohnung i.S.d. KdU-Richtlinie 2018 4,8921 EUR/m² beträgt.

 

Die hier streitige Verwaltungsrichtlinie des Beklagten hat darüber hinaus nicht hinreichend aktuelles Datenmaterial verwendet (dazu unter c). Insbesondere die erkennbare Preisentwicklung zwischen Erhebungszeitpunkt und Anwendungszeitraum der Richtlinie hätte eine Aktualisierung erforderlich gemacht. Auch insoweit fehlt es an einer ordnungsgemäßen Nachbesserung des Konzeptes durch den Beklagten und die Stadt A........ Der Senat kann den Mangel des Konzeptes allerdings wiederum selbst beseitigen und die Mietentwicklung unter Berücksichtigung des Verbraucherpreisindexes für die Jahre 2016 und 2017 fortschreiben, sodass eine angemessene Nettokaltmiete von 4,99 EUR/m² festzusetzen ist. Eines Rückgriffes auf gesetzliche Vorschriften des Wohngeldrechts bedarf es nicht.

 

Nach der Rechtsprechung des BSG soll das vom Jobcenter zu erarbeitende, schlüssige Konzept die Gewähr dafür bieten, dass dem Angemessenheitswert die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im Vergleichsraum zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wird. Es ist im Wesentlichen Sache der Grundsicherungsträger, für ihren Zuständigkeitsbereich ein schlüssiges Konzept zu entwickeln, auf dessen Grundlage die erforderlichen Daten zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze zu erheben und auszuwerten. Es kann verschiedene Methoden geben, um ein schlüssiges Konzept in diesem Sinne zu erstellen und den damit unmittelbar zusammenhängenden Vergleichsraum oder ggf. mehrere Vergleichsräume zu bilden, weil weder aus § 22 SGB II noch aus §§ 22a bis 22c SGB II die Anwendung eines bestimmten Verfahrens rechtlich zwingend ableitbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 30.01.2019 – B 14 AS 24/18 R – Rn. 25 m.w.N. insbesondere unter Bezug auf den Forschungsbericht 478; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 01.12.2021 – L 32 AS 579/16 – juris Rn. 45).

 

Trotz der damit vom BSG betonten Methodenvielfalt ist ein Konzept aber nur dann schlüssig, wenn es neben rechtlichen zudem bestimmte methodische Voraussetzungen erfüllt und nachvollziehbar ist. Es muss mindestens folgende Voraussetzungen erfüllen:

- die Datenerhebung darf ausschließlich in dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung),

- es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete <Vergleichbarkeit>, Differenzierung nach Wohnungsgröße,

- Angaben über den Beobachtungszeitraum,

- Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel),

- Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten,

- Validität der Datenerhebung,

- Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung und

- Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

(st. Rspr. unter anderem BSG, Urteile vom 22.09.2009 – B 4 AS 18/09 R – juris Rn. 19, 26, vom 30.01.2019 – B 14 AS 24/18 R – Rn. 24 und vom 03.09.2020 – B 14 AS 34/19 R – juris Rn. 19; vgl. zudem § 22a Abs. 3, § 22b Abs. 1, 2, § 22c Abs. 1 SGB II).

 

Ob diese Vorgaben eingehalten sind, ist Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle. Zu prüfen ist insbesondere die Repräsentativität und Validität der Datenerhebung sowie die Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung, wobei es dafür nicht zwingend eines Sachverständigengutachtens bedarf, vielmehr auch die Mitwirkung des Jobcenters genügen kann. Findet eine solche Prüfung nicht statt, fehlt es an systematisch gewonnenen abstrakten Maßstäben, die die Anwendung des Konzeptes rechtfertigen (vgl. BSG, Urteil vom 17.09.2020 – B 4 AS 11/20 R – juris Rn. 23). Anderseits handelt es sich bei einem behördlichen Konzept zur Bestimmung angemessener Unterkunftsbedarfe um ein Verwaltungsgutachten und damit um einen Urkundenbeweis. Ein solches Gutachten kann – ggf. nach weiterer Erläuterung durch die Ersteller des Konzepts – auch alleinige Entscheidungsgrundlage sein, soweit es dem Tatsachengericht überzeugend erscheint und im gerichtlichen Verfahren nicht schlüssig in Frage gestellt wurde (vgl. BSG, Urteil vom 03.09.2020 – B 14 AS 34/19 R – juris Rn. 24 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 07.05.2019 – B 2 U 25/17 R – Rn. 14 und Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 128 Rn. 7 f m.w.N.)

 

a) Die Bestimmung des Vergleichsraumes ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte und die Stadt A....... haben in Auswertung der Datensätze des am 15.11.2017 vom Stadtrat beschlossenen Mietspiegels 2016 Wohnraumdaten erhoben, die sich auf die gesamte Stadt A....... und damit auf den Zuständigkeitsbereich des Beklagten beziehen.

 

Der Vergleichsraum ist der Raum, für den ein grundsätzlich einheitlicher abstrakter Angemessenheitswert zu ermitteln ist, innerhalb dessen einer leistungsberechtigten Person ein Umzug zur Kostensenkung grundsätzlich zumutbar ist und ein nicht erforderlicher Umzug nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II in der bis zum 30.06.2022 geltenden Fassung zu einer Deckelung der Aufwendungen auf die bisherigen führt. Er ist ein, ausgehend vom Wohnort der leistungsberechtigten Person, bestimmter ausreichend großer Raum der Wohnbebauung, der aufgrund räumlicher Nähe, Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet. Nach der auch für schlüssige Konzepte im Rahmen des § 22 SGB II entsprechend anzuwendenden gesetzgeberischen Vorgabe in § 22b Abs. 1 Satz 4 SGB II bildet das Zuständigkeitsgebiet eines Jobcenters zunächst einen Vergleichsraum, der indes aufgrund der örtlichen Gegebenheiten in mehrere Vergleichsräume zu unterteilen sein kann, für die jeweils eigene Angemessenheitswerte bestimmt werden können. Als solche örtlichen Gegebenheiten kommen weniger unterschiedliche Landschaften, sondern eher räumliche Orientierungen, wie Tagespendelbereiche für Berufstätige oder die Nähe zu Ballungsräumen, sowie aus der Datenerhebung ersichtliche, deutliche Unterschiede im Mietpreisniveau in Betracht (vgl. zu allem BSG, Urteil vom 30.01.2019 – B 14 AS 11/18 R – juris Rn. 21 und 22 m.w.N. aus der Rspr.).

 

Angesichts des strukturell dicht vernetzten Stadtgebietes in A....... spricht aus Sicht des Senates nichts dagegen, den Vergleichsraum auf den gesamten Zuständigkeitsbereich des Beklagten zu bestimmen (vgl. auch SächsLSG, Urteil vom 19.12.2013 – L 7 AS 637/12 – juris Rn. 102 und nachgehend BSG, Urteil vom 18.11.2014 – B 4 AS 9/14 R – juris zur Landeshauptstadt Dresden). Auch wenn in der Stadt A....... im Jahr 2018 rund 588.000 Einwohner auf einer Gesamtstadtfläche von rund 30 Hektar gelebt haben, besteht kein zwingender Anlass für eine Aufteilung des Zuständigkeitsbereiches des Beklagten in mehrere Vergleichsräume. Die zehn Stadtbezirke bilden ein zusammenhängendes und in sich homogenes Gemeindegebiet. Die Stadt A....... weist mit den A.......er Verkehrsbetrieben (vgl. https://www.l.de/verkehrsbetriebe/) ein dichtes öffentliches Personennahverkehrsnetz auf. Mit diesem kann bei einer größten Nord-Süd-Ausdehnung von 23,4 km sowie einer größten Ost-West-Ausdehnung von 21,3 km jeder Teil der Stadt in einem mit dem Tagespendelbereich vergleichbaren Zeitraum problemlos erreicht werden (vgl. zu den geografischen und den Bevölkerungsangaben https://de.statista.com/statistik/daten/studie/322520/umfrage/entwicklung-der-gesamtbevoelkerung-in-leipzig/ und Statistisches Jahrbuch 2018, S. 3 und 7; https://static.leipzig.de/fileadmin/mediendatenbank/leipzig-de/Stadt/02.1_Dez1_Allgemeine_Verwaltung/12_Statistik_und_Wahlen/Statistik/Statistisches_Jahrbuch_A-Stadt_2018.pdf; jeweils abgerufen am 19.12.2023). Dies gilt umso mehr als es das BSG für die deutlich größeren Städte München und Berlin (vgl. BSG, Urteile vom 19.02.2009 – B 4 AS 30/08 R – juris Rn. 21 und vom 19.10.2010 – B 14 AS 65/09 R – juris Rn. 24) unbeanstandet gelassen hat, dass diese als einheitlicher Vergleichsraum angesehen wurden. Auch in A....... wirkt die Bewertung des gesamten Stadtgebietes als einheitlicher Vergleichsraum zudem einer Ghettoisierung einzelner Stadtbereich, insbesondere der Plattenbaugebiete in den Stadtteilen Grünau, Paunsdorf und Lößnig entgegen.

 

Es ist auch grundsätzlich nicht zu beanstanden, dass die Stadt A....... zur Erstellung des Konzeptes die Datensätze des Mietspiegels 2016 der Stadt A....... ausgewertet und zur Grundlage der Ermittlung der angemessenen Nettokaltmiete gemacht hat.

 

Die möglichen Erkenntnisquellen sind mit der Regelung des § 22c Abs. 1 SGB II beispielhaft vorgegeben. Insoweit nennt der Katalog des § 22c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II als Erkenntnisquellen für die Bestimmung des Angemessenheitswerts Mietspiegel, qualifizierte Mietspiegel und Mietdatenbanken. Dass der Gesetzgeber diese Erkenntnisquellen allgemein für geeignet angesehen hat, Grundlage der Festlegung von Angemessenheitswerten zu sein, ergibt sich aus der Formulierung des § 22c Abs. 1 Satz 1 SGB II. Soweit in ihnen keine Daten zusammengefasst sind, die sich auf die Betriebskosten als Teilelement abstrakt angemessener Unterkunftskosten beziehen, eröffnet § 22c Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II zudem die Möglichkeit, auf andere örtliche oder ggf. überörtliche Betriebskostenübersichten (z.B. den vom DMB für das gesamte Bundesgebiet aufgestellten Übersichten) zurückgreifen. Falls es zur zeitnahen Abbildung der maßgeblichen Verhältnisse im örtlichen Vergleichsraum erforderlich ist, können rechnerische Korrekturen vorgenommen werden (vgl. BSG, Urteil vom 03.09.2020 – B 14 AS 40/19 R – juris Rn. 25 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 2/10 R – juris Rn. 29).

 

Die dem A.......er Mietspiegel 2016 zugrundeliegenden 2.729 Datensätze von Wohnungen stellen eine ausreichend große und die relevanten Verhältnisse ausreichend widerspiegelnde Stichprobe dar (vgl. zu dessen Aussagekraft BSG, Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R – Rn. 35 juris). Der Senat folgt der Grundsatzentscheidung des BSG, dass die hinter einem Mietspiegel liegenden Daten grundsätzlich geeignet sind, auch die grundsicherungsrechtliche Angemessenheitsgrenze zu bestimmen (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 65/09 R – juris Rn. 29). Damit ist zwar die Konsequenz verknüpft, dass bei der Auswertung von Mietspiegeldaten keine Angebotsmieten in die Datenerhebung einfließen müssen. Das Fehlen von aktuellen Angebotsmieten wirkt sich insbesondere bei dynamischer Entwicklung dämpfend auf die Mietpreisgrenzen aus. Diese Wirkung wird aber dadurch gemindert, dass im Rahmen der Datenauswertung lediglich solche Mieten berücksichtigungsfähig sind, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart wurden (§ 558 Abs. 2 BGB, im Fall des A.......er Mietspiegels 2016 die Zeit vom 01.01.2012 bis 31.12.2015). Damit wird erreicht, dass immer noch hinreichend aktuell zu zahlende Mieten der Datenerhebung zugrunde gelegt werden (vgl. BSG, Urteil vom 16.06.2015 – B 4 AS 44/14 und 45/14 R – juris jeweils Rn. 22). Gewährleistet wird durch den Rückgriff auf die Daten des Mietspiegels zudem, dass Wohnraum, dessen Miete keinen zuverlässigen Aufschluss über die örtlichen Gegebenheiten bringen kann, wie es etwa für Wohnraum in Wohnheimen oder Herbergen und Gefälligkeitsmietverhältnissen (z.B. Vereinbarung von besonders niedrigen Mieten zwischen Verwandten) der Fall ist, nicht berücksichtigt wird (vgl. hierzu dem Geltungsbereich des Mietspiegels, auch BSG, Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R – juris Rn. 30).

 

Zum anderem ist mit dem alleinigen Rückgriff auf Mietspiegeldaten verbunden, dass Wohnungen nicht erfasst werden, welche mit Mitteln aus öffentlichen Haushalten gefördert werden und deshalb einer Begrenzung der Miethöhe unterliegen, obwohl im Rahmen der Kosten der Unterkunft grundsätzlich sämtlicher Wohnraum zu berücksichtigen ist, der auch tatsächlich zu diesem Zweck vermietet wird (vgl. dazu BSG, Urteil vom 22.09.2009 – B 4 AS 18/09 – juris Rn. 22). Insofern kann offenbleiben, ob in der Stadt A....... im hier maßgeblichen Segment der Wohnungen für Einpersonenhaushalte geförderter Wohnraum in relevantem Umfang vorhanden ist und ob dessen Außerachtlassung Auswirkungen auf den angemessenen Nettokaltmietpreis hätte.

 

Die repräsentative Wirkung der vom Beklagten im streitigen Fall herangezogenen Daten-sätze ist entgegen der Auffassung des Sozialgerichts auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass der Beklagte bei der Ermittlung der angemessenen Nettokaltmiete für eine 45 m² große Referenzwohnung lediglich noch 419 Wohnungen in einem Flächenkorridor zwischen 40 m² und 50 m² ausgewertet hat.

 

Repräsentativität der Daten setzt in Anlehnung an mietrechtliche Grundsätze voraus, dass ein realistisches Abbild des Wohnungsmarkts geliefert werden muss, für den das Konzept gelten soll. Um dies zu gewährleisten, müssen in der Regel eigenständige Primärerhebungen auf der Basis von Zufallsstichproben durchgeführt werden, sodass jede Wohnung die gleiche Chance hat, in der Stichprobe vertreten zu sein. Es muss zudem sichergestellt werden, dass alle Wohnungen mit ihren mietpreisbestimmenden Merkmalen in dieser Stichprobe annähernd im gleichen Verhältnis wie in der Grundgesamtheit enthalten sind. Dies gewährleistet der Rückgriff auf die Mietspiegeldaten (vgl. BSG vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R – juris Rn. 34 ff unter Hinweis auf BT-Drucks. 14/4553 S. 57 zu § 558d BGB).

 

Hinsichtlich der Stichprobengröße sind die Anforderungen an den Stichprobenumfang abhängig insbesondere von der Größe und Struktur des Wohnungsmarkts (homogener oder eher heterogener Wohnungsbestand mit der Folge einer erheblichen Mietendifferenzierung) und der konkreten Ausgestaltung des Konzepts. Wie hoch die "Ergebnisstichprobe", also die letztlich verwertbare Datenbasis, danach sein muss, kann nicht generell festgelegt werden. Die Aussagekraft einer Stichprobe hängt in erster Linie davon ab, wie verlässlich sie die Grundgesamtheit abbildet und nicht von ihrem Umfang (vgl. BSG, Urteil vom 03.09.2020 – B 14 AS 34/19 R – juris Rn. 25 unter Verweis auf Börstinghaus/Clar, Mietspiegel, 2. Aufl. 2013, Rn. 564 und von Malottki, info also 2012, 99, 103). Insofern ist es schon nicht zwingend notwendig, dass mindestens 1 Prozent des Wohnungsbestandes im hier interessierenden Flächenkorridor ausgewertet worden sein muss.

 

Das Gutachten, das die 16. Kammer des Sozialgerichts A.... im Verfahren S 16 AS 2262/15 von Prof. Dr. D......., Lehrstuhl für Statistik und ihre Anwendungen in Wirtschafts- und Sozialwissenschaften am Institut für Statistik der Y....-Universität D....... eingeholt hat, gibt hierzu Aufschluss. Zwar bezogen sich die statistischen Aussagen auf die Auswertung der Mietspiegeldaten des Mietspiegels 2014 durch die Stadt A........ Aus den gutachterlichen Äußerungen (vgl. insbesondere Seite 3 des Gutachtens vom 17.01.2018), die der Senat nach eigener Prüfung vollumfänglich nachvollzieht, ergibt sich aber, dass die hier wie dort gewählte Stichprobe grundsätzlich geeignet und ausreichend ist, um auf die Gesamtheit des Wohnungsbestandes zu schließen, weil die Stadt A....... dieselbe statistische Methode zur Anwendung gebracht hat. Der Sachverständige hat überzeugend dargelegt, dass im Prinzip jeder Umfang einer Stichprobe ausreichend sein kann, sofern das im Vorfeld geforderte Maß an Genauigkeit eingehalten wird. Genauigkeit bemisst sich vielmehr in der Angabe des statistischen Fehlers. Diese Angabe erlaubt es, die Genauigkeit der Ergebnisse zu beurteilen, sodass bemessen werden kann, inwieweit die aus den Daten berechneten Größen zufällig um den wahren Wert in der Population herum schwanken. Die Grundannahme dabei ist, dass jede Datenerhebung zufällig ist. Bezogen auf den konkreten Fall bedeutet dies, dass zufällig Wohnungen ausgewählt worden sind, aus denen dann relevante Größen berechnet wurden. Die berechneten Größen schwanken um den wahren Wert, den man bei einer Vollerhebung ermitteln würde. Die zufällige Schwankung von Größen kann statistisch quantifiziert werden, wobei gilt, je größer die Stichprobe ist, desto kleiner ist die zufällige Streuung der berechneten Größe. Je kleiner die Stichprobe wird, desto größer ist demgegenüber die Ungenauigkeit. Diese wird durch ein sogenanntes Konfidenzintervall quantifiziert, wobei üblicherweise mit einem 95prozentigen Vertrauensniveau gearbeitet wird. Dies bedeutet, mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent liegt der unbekannte, aber interessierende Wert in der Population innerhalb des aus der Stichprobe berechneten Konfidenzintervalls (vgl. Seite des 3 des Gutachtens vom 17.01.2018, so auch Bayerisches LSG, Urteil vom 11.07.2012 – L 16 AS 127/10 – juris Rn. 200).

 

Es ist auch rechtlich zulässig und im konkreten Fall nicht zu beanstanden, für die Auswertung „Flächenkorridore“ zu bilden, um einen hinreichend großen Datensatz für die Bestimmung des angemessenen Nettomietzinses für eine 45 m² große Wohnung zu erlangen (vgl. insb. BSG, Urteil vom 18.11.2014 – B 4 AS 9/14 R – juris Rn. 26 <Dresden>; Krauß in: Hauck/Noftz SGB II, Stand: 01/2021, § 22 Rn. 135).

 

Der Sachverständige Prof. Dr. D....... hat, bezogen auf das Konzept des Beklagten und der Stadt A....... aus dem Jahr 2014 festgestellt, dass der darin gewählte Flächenkorridor von +/-5 m² um 45m² zwar nicht optimal im statistischen Sinne sei, gleichwohl aber plausibel, mithin mathematisch-statistisch vertretbar. Die vom Sozialgericht im anderen Verfahren in den Raum gestellte Bildung eines Flächenkorridors zwischen 20 m² und 45 m², mithin eines einseitigen Flächenkorridors hat der Sachverständige nachvollziehbar wegen der Gefahr von Fehlern und Verzerrungen als statistisch fehlerhaft verworfen.

 

Im hier streitigen Konzept hat der Beklagte die methodischen Ansätze aus dem vorangegangenen Konzept fortgeführt und lediglich die Datengrundlage durch Anwendung des Mietspiegels 2016 und des Betriebskostenspiegels für A....... 2014, Berichtsjahr 2016 erneuert, sodass unter Beachtung der Methodenvielfalt kein Anhalt dafür besteht, das Konzept insoweit für mathematisch-statistisch fehlerhaft zu erklären. Der Sachverständige hat zwar ausgeführt, dass in Anwendung des sog. Kernregressionsverfahrens eine abweichende Gewichtung der erfassten Wohnungen optimaler sei. Wohnungen mit 45 m² erhielten danach das Gewicht 1. Wohnungen mit einer Größe nahe bei 45 m² erhielten lediglich ein Gewicht kleiner als 1, wobei das Gewicht kleiner werden müsse, je weiter die Wohnfläche von der Zielgröße 45 m² abweiche. Demgegenüber habe der Beklagte alle Wohnungen im Korridor statistisch gleich gewichtet. Nach entsprechender Auswertung wurde jedoch gutachterlich zugleich festgestellt, dass beide Gewichtungsvarianten im Wesentlichen gleich gut und damit auch gleich genau sind (vgl. zu allem Seiten 5 und 6 des Gutachtens vom 17.01.2018). Der Senat folgt diesen schlüssigen Ausführungen des schriftlichen Gutachtens und hat keine Zweifel an der Richtigkeit der Aussagen auch für das hier streitige Konzept.

 

Ausgehend von der – wie ausgeführt – nicht zu beanstandenden Annahme des Beklagten, der A.......er Wohnungsmarkt teile sich in drei gleichgroße und ausschließlich am Mietpreis zu messende Wohnungssegmente des unteren, mittleren und gehobenen Standards auf (sog. „33 1/3-Perzentil“), hat der Beklagte für den daraus für Wohnungen mit einer Wohnfläche von 45 m² folgenden Eckwert (also die vom Nettomietpreis je m² teuerste Wohnung im ersten der drei Segmente) die Nettokaltmiete je m² mit 4,78 EUR errechnet. Berechnungsfehler sind insoweit weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.

 

b) Der Sachverständige Prof. Dr. D....... hat im beigezogenen Gutachten zutreffend darauf hingewiesen, dass der Beklagte bereits im Rahmen des „schlüssigen Konzeptes“ aus dem Jahr 2014 die zuvor erörterten Schwankungsbreiten nicht angegeben hat, obwohl dies notwendig war. Der Gutachter hat deshalb überzeugend dargelegt, dass anstelle des vom Beklagten ermittelten Eckwertes der Nettokaltmiete am sog. 33 1/3 Perzentil notwendig der Wert des oberen Konfidenzintervalls anzusetzen ist, um statistische Variation zu inkludieren (vgl. Seite 9 des Gutachtens vom 17.01.2018), was zu einer Verschiebung des Eckwertes zugunsten des Klägers führt. Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang unter Hinweis auf diese Ausführungen vertritt, es bedürfe für die Schlüssigkeit der KdU-Richtlinie 2018 der Berücksichtigung des Konfidenzintervalls nicht, folgt der Senat dieser Auffassung nicht. Den gutachterlichen Ausführungen ist vielmehr zu entnehmen, dass es aus statistisch-methodischer Sicht – insbesondere in Anbetracht der eingeschränkten Größe des Datensatzes – zwingend geboten ist, die Schwankungsbreiten zu berücksichtigen, um einen validen statistischen Wert zu erhalten (vgl. hierzu Seiten 3 und 8 des Gutachtens vom 17.01.2018). Der Sachverständige hatte lediglich seine Kritik insoweit einschränkt, dass das Außerachtlassen des Konfidenzintervalls nicht überraschend sei, weil die Berechnung von Konfidenzintervallen von Perzentilschätzern kompliziert sei und nur mit spezialisierter Software durchgeführt werden könne (vgl. Seite 8 des Gutachtens vom 17.01.2018). Dies beinhaltet aber keinesfalls die Aussage, dass für die Schlüssigkeit des Konzeptes auch auf das Konfidenzintervall verzichtet werden könne.

 

Da auch das hier streitige Konzept des Jahres 2018 keine Schwankungsbreiten berücksichtigt hat, mithin dem Beklagten wie auch im Jahr 2014 insoweit ein mathematisch-statistischer Fehler in seiner Konzeptionierung unterlaufen ist, hat der Beklagte selbst eine erneute Berechnung vorgenommen. Grundlage für die Ermittlung des Konfidenzintervalls durch die Stadt A....... ist dabei das Vorgehen von Jukka Nyblom (vgl. Nyblom, J....... 1992. “Note on Interpolated Order Statistics.” Statistics and Probability Letters 14: 129–31. 10.1016/0167-7152(92)90076-H.), implementiert im R-Paket quantileCI (https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/016771529290076H). Einwände gegen die Berechnung wurden nicht erhoben. Der Senat sieht keinen Anlass, den mathematisch-statistischen Ansatz des Beklagten in Zweifel zu ziehen und erneut sachverständig prüfen zu lassen (vgl. BSG, Urteil vom 17.09.2020 – B 4 AS 11/20 R – juris Rn. 23), zumal sich die Abweichungen in ihrem Ausmaß im Wesentlichen mit den Werten des Sachverständigen im Verfahren S 16 AS 2262/16 decken, der eine andere Berechnungsmethode verwendet hatte.

 

Demnach ergibt sich, dass das anzusetzende obere Konfidenzintervall bei 4,8921 EUR/m² liegt, sodass bereits deshalb eine Abweichung je Quadratmeter angemessenen Wohnraum von 0,11 EUR/m² zugunsten des Klägers festzustellen ist.

 

c) Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass die Ermittlung der angemessenen Nettokaltmiete auch deshalb mängelbehaftet ist, weil der Beklagte und die Stadt A....... für die Bemessung der angemessenen Unterkunftskosten im Zeitraum ab 01.04.2018 Datenmaterial zum Stichtag des 01.01.2016 verwendet haben. Dies deshalb, weil insbesondere im Jahr 2017 ein Nettokaltmietanstieg der Angebotsmieten von 7,6 Prozent zu verzeichnen war, der selbst unter Beachtung des methodischen Ansatzes, Mietspiegeldaten auszuwerten, relevante Auswirkungen auf dem Angemessenheitswert hat und damit von der Beklagtenseite nicht unberücksichtigt bleiben durfte.

 

Wie bereits dargelegt entspricht es der ständigen Rechtsprechung des BSG, dass Konzepte nur dann schlüssig sind, wenn sie eine zeitnahe Abbildung der maßgeblichen Verhältnisse im örtlichen Vergleichsraum widerspiegeln. Ermöglicht die zur Verfügung stehende Datengrundlage dies nicht, können rechnerische Korrekturen vorgenommen werden (vgl. BSG, Urteil vom 03.09.2020 – B 14 AS 40/19 R – juris Rn. 25 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 2/10 R – juris Rn. 29). Zur Notwendigkeit der Aktualität des Datenmaterials hat das BSG bereits im Urteil vom 12.12.2017 – B 4 AS 33/16 R – juris Rn. 16 bis 18 folgendes ausgeführt:

 

„(..) Bezogen auf die Aktualität der Daten, die schlüssigen Konzepten zur Festlegung der angemessenen Unterkunftskosten zugrunde liegen, haben die beiden Senate des BSG für die Grundsicherung für Arbeitsuchende bislang keine generellen zeitlichen Grenzen gezogen, nach deren Ablauf in früheren Zeiträumen erhobene Daten nicht mehr zur Erstellung schlüssiger Konzepte herangezogen werden können. Das BSG hat zwar betont, dass ein schlüssiges Konzept, um den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit ausfüllen zu können, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarkts möglichst zeit- und realitätsgerecht erfassen müsse (BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 24 mwN; BSG vom 4.6.2014 - B 14 AS 53/13 R - BSGE 116, 94 = SozR 4-4200 § 22a Nr 2, RdNr 29 im Zusammenhang mit Satzungsregelungen). Es ist aber auch zum Ausdruck gebracht worden, dass der Aktualität des einem schlüssigen Konzepts nach § 22 Abs. 1 SGB II zugrunde gelegten Datenmaterials - je nach gewählter Methodik unter Berücksichtigung der "Methodenfreiheit" der Grundsicherungsträger - auch bei der Bestimmung des menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 1 GG; vgl. dazu BVerfG vom 9.2.2010 - 1 BvL 1/09 ua - BVerfGE 125, 175 = SozR 4-4200 § 20 Nr 12) im Bereich des Wohnens Grenzen gesetzt sein können, die in vertretbarem Umfang hingenommen werden müssen. Ausdrücklich anerkannt wurde der Rückgriff allein auf die hinter einem auf Mietspiegel liegenden Daten. Hierbei handelt es sich um solche Bestandsmieten, die in den letzten vier Jahren vor dem Stichtag der Datenerhebung geändert oder neu vereinbart worden sind (vgl. nur BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr. 30 mwN; BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 65/09 R - juris, RdNr. 29; BSG vom 16.6.2015 - B 4 AS 44/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 85 RdNr. 22). Der Senat hat betont, es müsse hingenommen werden, dass nicht immer alle Daten auf dem aktuellsten Stand seien, solange den örtlichen Verhältnissen entsprechende regelmäßige Nach- und Neuerhebungen erfolgten (BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - BSGE 117, 250 = SozR 4-4200 § 22 Nr 81, RdNr 30).

 

Insofern sind nunmehr - wie das BVerfG in seinem Beschluss vom 6.10.2017 (1 BvL 2/15, 1 BvL 5/15) ausgeführt hat - die vom Gesetzgeber mit Wirkung zum 1.4.2011 durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453) eingefügten Regelungen der §§ 22a bis 22c SGB II zu beachten. Mit der Regelung des § 22c Abs. 1 Satz 1 SGB II, wonach zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung die Kreise und kreisfreien Städte insbesondere Mietspiegel, qualifizierte Mietspiegel und Mietdatenbanken (Nr. 1) und geeignete eigene statistische Datenerhebungen und -auswertungen oder Erhebungen Dritter (Nr. 2) einzeln oder kombiniert berücksichtigt werden sollen, wird ausdrücklich auf die Möglichkeit Bezug genommen, Bestandsmieten mit der zeitlichen Rückwirkung von Mietspiegeldaten bei der Erstellung schlüssiger Konzepte heranzuziehen. Allerdings sollen in die Auswertung neben den Bestandsmieten auch Neuvertragsmieten einfließen (§ 22c Abs. 1 Satz 3 SGB II). § 22c Abs. 2 SGB II bestimmt, dass die Kreise und kreisfreien Städte die durch Satzung bestimmten Werte für die Unterkunft mindestens alle zwei Jahre überprüfen und gegebenenfalls neu festsetzen müssen. Hierzu hat das BVerfG nunmehr betont, dass der Gesetzgeber mit den §§ 22a bis 22c SGB II die Auslegung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II durch das BSG gesetzlich nachvollzogen habe. Trotz verbleibender Entscheidungsspielräume werde die Auslegung des § 22 Abs. 1 SGB II durch das Regelungssystem der §§ 22a bis 22c SGB II gesetzlich begrenzt (BVerfG vom 6.10.2017 - 1 BvL 2/15, 1 BvL 5/15 - juris RdNr. 17).

 

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze konkretisiert der Senat seine bisherige Rechtsprechung zur Überprüfung und Fortschreibung schlüssiger Konzepte dahin, dass innerhalb des Zweijahreszeitraums nach Datenerhebung mit anschließender Datenauswertung und zeitnahem "Inkraftsetzen" eines Konzepts für angemessene Unterkunftskosten durch den Grundsicherungsträger eine Überprüfung und Fortschreibung schlüssiger Konzepte regelmäßig nicht erfolgen muss; der SGB II-Träger kann in dieser Zeitspanne weiterhin das erhobene Datenmaterial zugrunde legen. Andererseits muss nach Ablauf des Zweijahreszeitraums eine Überprüfung und gegebenenfalls neue Festsetzung, zunächst durch den Grundsicherungsträger im Rahmen seiner Methodenfreiheit, erfolgen (vgl. hierzu unter 3.). Bezogen auf den Bewilligungszeitraum bis Ende 2011 liegt ein solcher Regelfall ohne Verpflichtung zur Überprüfung und Neufestsetzung der ermittelten Referenzmiete vor. Ausgangspunkt der Berechnung des Zweijahreszeitraums ist das "Inkraftsetzen" des Konzepts des Beklagten vom 26.12.2009 zum 1.1.2010. Es besteht - als weiteres Erfordernis - auch ein enger zeitlicher Zusammenhang mit dem Ende der Datenerhebung und -auswertung, weil neben den Bestandsmieten aus den Mietspiegeldaten auch Angebotsmieten ab dem Jahr 2008 bis zu den ersten drei Quartalen des Jahres 2009 einbezogen worden sind. (..)“

 

Somit ist es zwar hinzunehmen, dass in die Datenauswertung Bestandsmieten eingeflossen sind, die letztmalig zwischen dem 01.01.2012 und dem 31.12.2015 geändert worden sind. Allerdings fehlt es vorliegend an einer zeitnahen Inkraftsetzung der KdU-Richtlinie 2018 nach Datenerhebung und -auswertung. Hierbei hat der Senat in den Blick genommen, dass die Datenerhebung für den Mietspiegel 2016 in der Zeit von Februar bis Mai 2016 erfolgt ist. Redaktionsschluss für den Mietspiegel war der 22.12.2016. Der Mietspiegel wurde gleichwohl erst im November 2017, mithin fast ein Jahr nach Redaktionsschluss und 1,5 Jahre nach Datenerhebung in Kraft gesetzt. Die Bewilligungsabschnitte, für die das Datenmaterial Geltung beansprucht, begannen sogar erst rund zwei Jahre nach der Datenerhebung. Bezogen auf den Stichtag der Datenerhebung besteht damit ein zeitlicher Versatz von zwei Jahren und drei Monaten. Dementsprechend haben einerseits auch Mieten den Angemessenheitswert beeinflusst, die sechs Jahre und drei Monate vor dem streitigen Bewilligungszeitraum neu begründet oder letztmalig geändert worden sind. Gänzlich unberücksichtigt geblieben sind zudem Mieten, die zwischen dem 02.01.2016 und März 2018 geändert bzw. neu begründet worden sind. Dies führt dazu, dass derartiges Datenmaterial nicht mehr die Anforderungen an eine zeitnahe Abbildung der maßgeblichen Verhältnisse im örtlichen Vergleichsraum erfüllt.

 

Auch sieht § 21 Abs. 2 der am 28.10.2021 in Kraft getretenen Verordnung über den Inhalt und das Verfahren zur Erstellung und zur Anpassung von Mietspiegeln sowie zur Konkretisierung der Grundsätze für qualifizierte Mietspiegel (Mietspiegelverordnung - MsV) vor, dass die Veröffentlichung des qualifizierten Mietspiegels binnen einer Frist von neun Monaten nach dem Stichtag, auf den sich die Erhebung bezieht, erfolgen soll. Da die Datenerhebung und Datenauswertung für einen Mietspiegel in größeren Gemeinden regelmäßig mehr Zeit beansprucht als in kleineren Gemeinden, wurde vom Verordnungsgeber eine Frist von neun Monaten bestimmt. Auch wenn es sich der Sache nach um eine Ordnungsvorschrift handelt, also später veröffentliche Mietspiegel weder unwirksam sind, noch ihren Status als qualifizierte Mietspiegel verlieren (BR-Drucks. 766/20, S. 46) und der Vorschrift auch keine Rückwirkung zukommt, hat der Verordnungsgeber gleichwohl zum Ausdruck gebracht, dass qualifizierte Mietspiegel möglichst aktuelle Werte ausweisen müssen (vgl. dazu BeckOK MietR/Theesfeld-Betten, 33. Ed. 01.08.2023, MsV, § 21 Rn. 6 und 7), anderenfalls die Vermutungswirkung gefährdet sein kann (vgl. insoweit die aktuellen Fassung von § 558d Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB, wonach vermutet wird, dass der Mietspiegel nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt wurde, wenn er den Anforderungen entspricht, die eine nach § 558c Abs. 5 BGB erlassene Rechtsverordnung [hier die MsV] an qualifizierte Mietspiegel richtet oder die nach Landesrecht zuständige Behörde und Interessenvertreter der Vermieter und der Mieter den Mietspiegel als qualifizierten Mietspiegel anerkannt haben).

 

Demnach musste der Beklagte spätestens zum 31.12.2016 eine Überprüfung der Aktualität und gegebenenfalls eine Aktualisierung der anhand der Datensätze ermittelten Angemessenheitswerte ernsthaft in Betracht ziehen. Dies deshalb, weil zwischen der Datenerhebung und der Inkraftsetzung der KdU-Richtlinie 2018 ein nicht unberücksichtigt zu lassender Anstieg sowohl der Angebots- als auch der Bestandsmieten festzustellen ist, der zu einer Überprüfung und nachträglichen Anpassung der Ergebnisse gezwungen hätte. Eine solche Aktualisierung könnte nur unterbleiben, wenn sich keine konkreten Anhaltspunkte für die Feststellung eines zwischenzeitlichen extremen Anstiegs der Wohnungsmieten ergeben oder wenn die Beobachtung des Wohnungsmarktes ergibt, dass keine dynamische Preisentwicklung vorliegt (vgl. SächsLSG, Urteil vom 07.12.2021 – L 7 AS 547/17 – juris Rn. 133; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.05.2014 – L 6 AS 146/13 – juris Rn. 76).

 

Das in das Verfahren einbezogene Gutachten „Wohnungsmärkte in Sachsen“ der e. AG vom 13.09.2019 im Auftrag des Sächsischen Staatsministerium des Innern weist im Zeitraum von 2012 bis 2018 im Median aber einen Anstieg der Angebotsmieten (nettokalt) von 36 Prozent auf. Auch wenn die Mieten im Bundesvergleich in absoluten Zahlen vergleichsweise günstig waren (vgl. Seite 55 des Gutachtens), verzeichneten die Gutachter allein für das Jahr 2017 einen Anstieg der Angebotsmieten in A......., die im Jahr 2018 im Median bei 6,79 EUR/m² lagen (vgl. Seite 56 des Gutachtens), von 7,6 Prozent. Damit sei der Mietanstieg im Jahr 2017 in A....... einer der höchsten in ganz Deutschland gewesen. In keiner vergleichbaren Stadt sei der Anstieg höher gewesen. Nur in Berlin und München waren demnach die Mieten prozentual höher gestiegen (vgl. zu allem Seite 54 des Gutachtens).

 

Aus dem Sozialreport der Stadt A....... für das Jahr 2022 geht hervor, dass bei der Steigerung der Kaltmieten Unterschiede zwischen den verschiedenen Baualtersklassen zu verzeichnen waren. Die ermittelten Angebotsmieten (kalt) seien im Schnitt seit dem Jahr 2016 bis zum Jahr 2021 um insgesamt 25,2 Prozent (also im Durchschnitt 4,2 Prozent pro Jahr) gestiegen. Unterschiede bestünden zwischen den verschiedenen Baualtersklassen. Der niedrigste Anstieg sei im vorgenannten Zeitraum mit 12,9 Prozent bei Wohnungen der Baualtersklasse ab 2015 zu verzeichnen gewesen. Die prozentualen Steigerungen der Mietpreisangebote in den letzten fünf Jahren hätten in den Baualtersklassen vor 1919 bei 26,2 Prozent, bei Wohnungen, die zwischen 1919 und 1945 errichtet worden sind, bei 19,9 Prozent sowie bei Wohnungen der Jahre 1946 bis 1960 bei 19,8 Prozent gelegen. Am deutlichsten seien die Angebotsmieten für den Zeitraum 2016 bis 2021 in den Beständen der Baualtersklasse 1961 bis 1990 mit einem Plus von 26,9 Prozent (= durchschnittlich 4,48 Prozent pro Jahr) gestiegen. Im Betrachtungszeitraum der letzten fünf Jahre seien in den beiden Baualtersklassen ab dem Jahr 2005 demgegenüber zwischenzeitliche Rückgänge bei den Angebotsmieten zu verzeichnen gewesen. So sei die Angebotsmiete der Baualtersklasse 2005 bis 2014 zwischen 2016 und 2017 von 10,00 EUR/m² auf 8,89 EUR/m² gesunken. In der jüngsten Baualtersklasse (ab dem Baujahr 2015) hätten die angebotenen Mieten in den vergangenen Jahren zwischen 10,06 EUR/m² und 11,36 EUR/m² geschwankt. Nach Rückgängen in den Jahren 2015 zu 2016 und 2018 sowie 2019 seien die Angebotsmieten seitdem wieder bis 2021 in dieser Baualtersklasse kontinuierlich angestiegen. In der Baualtersklasse 2005 bis 2014 sei der steile Preisanstieg bis zum Jahr 2015 hervorgestochen (vgl. Seite 30 des Sozialreports 2022).

 

Günstiger Wohnraum im Plattenbau (Baujahre 1961 bis 1990) hat nach den Sozialreporten der Stadt A....... für die Jahre 2017, 2018 und 2019 im Median einen Nettokaltmietanstieg von 5,12 EUR/m² im Jahr 2016 (Seite 32 des Sozialreports 2017) auf 5,50 EUR/m² im Jahr 2017 (Seite 29 des Sozialreports 2018) und auf 5,76 EUR/m² im Jahr 2018 (Seite 27 des Sozialreports 2019) erfahren. In diesem Wohnungssegment bestand demnach bei einem Vergleich der Angebotsmieten in den Jahren 2016 und 2017 eine mittlere Teuerungsrate von 7,42 Prozent. Für das durchschnittliche Segment der Wohnungen der Bauzeit 1919 bis 1945 und 1946 bis 1960 weisen die Sozialreporte im Median Nettokaltmieten i.H.v. 5,81 EUR/m² sowie 5,99 EUR/m² im Jahr 2016, 6,15 EUR/m² bzw. 6,31 EUR/m² im Jahr 2017 sowie im Jahr 2018 i.H.v. 6,41 EUR/m² bzw. 6,50 EUR/m² aus. Dies entspricht für die beiden Wohnungssegmente einer Teuerungsquote von 5,85 Prozent und 5,34 Prozent beim Vergleich der Angebotsmieten in den Jahren 2016 und 2017.

 

Das Gutachten der empirica AG vom 13.09.2019 weist zwar darauf hin, dass die Bestandsmieten im Vergleich mit den Angebotsmieten signifikant geringer gestiegen seien. In der Stadt A....... hätten sich die Angebotsmieten mit 36 Prozent im Zeitraum von 2012 bis 2018 deutlich dynamischer entwickelt als die Bestandsmieten, welche im gleichen Zeitraum nur um 11 Prozent gestiegen seien. Der Abstand zwischen Angebots- und Bestandsmieten sei von einem Abstand von 7 Prozent im Jahr 2012 um 24 Prozent auf zuletzt 31 Prozent gestiegen. Gleichwohl folgt bereits aus der KdU-Richtlinie 2020 der Stadt A......., dass zwischen dem 01.01.2016 und dem 01.01.2018 eine Steigerung bei den mietspiegelrelevanten Bestandsmieten von 6,34 Prozent, mithin durchschnittlich mehr als drei Prozent je Jahr zu verzeichnen ist. Im Rahmen derer wurden die Datensätze des A.......er Mietspiegels 2018 wissenschaftlich ausgewertet. Bei der Erstellung des Mietspiegels wurden 4.079 Datensätze einbezogen, bei denen sich die Miete im Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.12.2017 geändert hat oder Wohnraum neu angemietet wurde. Die Datenerhebung erfolgte im Zeitraum von Februar bis Mai 2018 zum Stichtag des 01.01.2018. Nach den dortigen Ermittlungen des Beklagten auf Grundlage derselben Berechnungsmethodik wie bei der hier streitigen KdU-Richtlinie ergab sich ein Eckwert der angemessenen Nettokaltmiete von 5,0923 EUR/m². Dies entspricht gegenüber dem Eckwert der hier streitigen Verwaltungsrichtlinie von 4,7888 EUR/m² einer Steigerung um 6,34 Prozent.

 

Nicht zuletzt belegen die vorgenannten Ergebnisse, dass der Wohnungsmarkt in A....... im streitigen Zeitraum erheblich dynamisch ausgestaltet war und damit laufender Überwachung bedurfte.

 

Eine Überprüfung der Aktualität und Ermittlung der – erst im Jahr 2019 bzw. 2020 bekannt gemachten – Preissteigerungen im Bereich der Angebots- und Bestandsmieten war dem Beklagten im Jahr 2017 bzw. Anfang 2018 zumutbar. Maßgeblich für die Angemessenheit sind die örtlichen Verhältnisse. Diese kennt der kommunale Träger am besten. Da es ihm im Rahmen der Methodenfreiheit überlassen ist, die örtlichen Verhältnisse nach seinem Konzept abzubilden, ist es auch seine Aufgabe, die konkreten Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes zu beobachten. Dem Beklagten und der Stadt A....... stehen dazu insbesondere die gemeindeeigene LWB mit aktuell rund 36.700 Wohnungen zur Verfügung, über die der Stadt ein Überblick über die Entwicklungen des lokalen Wohnungsmarktes zukommt. Nicht zuletzt können über den DMB und die Interessenvertretungen der Vermieter valide Informationen zu relevanten Preissteigerungen erlangt werden.

 

Die Auffassung des Senats, dass die Ergebnisse der Auswertung der Mietspiegeldaten für das schlüssige Konzept zu aktualisieren waren, steht im Übrigen auch nicht im Widerspruch zu den Regelungen des § 558d BGB, insbesondere Absatz 3, wonach im Fall des Einhaltens der Vorschriften des Absatzes 2, vermutet wird, dass die im qualifizierten Mietspiegel bezeichneten Entgelte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben. Denn auch diese gesetzliche Vermutung, dass dem Mietspiegel zum Zeitpunkt der Inkraftsetzung eine besondere Gewähr für die Richtigkeit und Aktualität der in ihm enthaltenen Daten in Bezug auf die – hier ohnehin hier nicht relevante – ortsübliche Vergleichsmiete i.S.d. § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB zukommt (vgl. BT-Drucks. 14/4553, S. 57; Bundesgerichtshof [BGH], Urteil vom 21.11.2012 – VIII ZR 46/12 – juris Rn. 29), kann widerlegt werden.

 

Dass der Stadtrat der Stadt A....... den Mietspiegel erst am 15.11.2017 als qualifiziert i.S.d. § 558d BGB beschlossen hat, rechtfertigt die späte Inkraftsetzung der streitigen KdU-Richtlinie 2018 nicht. Den qualifizierten Mietspiegel prägt zuvorderst der Umstand, dass er in einem anerkannten wissenschaftlichen Verfahren erstellt wird, wobei das Gesetz in der bis zum 30.06.2022 gültigen Fassung auf eine Entscheidung zugunsten einer bestimmten Erstellungsmethode (Tabellen- oder Regressionsmethode) verzichtet hatte. Namentlich durch diese Eigenschaft begründet der Mietspiegel erhöhte Gewähr der Richtigkeit und Aktualität der Angaben zur ortsüblichen Vergleichsmiete im vorgenannten Sinne.

 

Durch die Anerkennung sowohl seitens der Gemeinde als auch der Interessenvertreter von Mieter- und Vermieterseite sollte dem ursprünglichen Gesetzesentwurf nach breite Akzeptanz ausgedrückt werden, wodurch die daran geknüpften Rechtsfolgen, nämlich die Mitteilungspflicht bei der Mieterhöhungsbegründung und die prozessuale Vermutungswirkung im gerichtlichen Mieterhöhungsstreit betreffend die ortsübliche Vergleichsmiete i.S.d. § 558 Abs. 2 Satz 1 BGB gerechtfertigt seien (vgl. BT-Drucks. 14/4553, S. 57). Im Gesetzgebungsverfahren wurde die Vorschrift, um der vermeintlichen Gefahr entgegenzutreten, dass Interessenvertreter selbst wissenschaftlich exakte Mietspiegel verhindern (BT-Drucks. 14/4553, S. 61 und 72) abgeändert, sodass nur noch die Zustimmung der Gemeinde oder der Interessenvertreter notwendig war, wodurch die Anerkennung bereits wesentlich an ihrer ursprünglich zuerkannten Bedeutung verloren hatte. Die an die Anerkennung geknüpften Rechtsfolgen sind für die hier streitigen sozialrechtlichen Fragen aber ohnehin ohne praktische Bedeutung, weil allein die Auswahl einer hinreichend aktuellen und auf anerkannt wissenschaftlichen Grundsätzen erarbeiteten Datengrundlage durch den Leistungsträger für die Ableitung von Angemessenheitswerten i.S.d. § 22 SGB II maßgeblich ist, die zudem vom Gericht überprüft wird und nicht durch die Gemeinde oder bestimmte Interessenvertreter ersetzt werden kann.

 

Die verzögerte Beschlussfassung mag in Bezug auf die Wirkungen des Mietspiegels für den örtlichen Wohnungsmarkt politisch vernünftig und gerechtfertigt sein, allerdings hätte für den Beklagten unter dem Gesichtspunkt der Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung i.S.d. § 22 SGB II nichts entgegengestanden, die Datensätze auch ohne den Anerkennungsbeschluss des Stadtrates nach entsprechender – notfalls eigener – Auswertung heranzuziehen.

 

Dass spätestens ab dem Jahr 2017 relevante Änderungen der Mieten nicht unberücksichtigt bleiben können, zeigt zudem die Überlegung, wonach der Beklagte spätestens zum 01.01.2017 ein aktualisiertes schlüssiges Konzept hätte in Kraft setzen müssen, nachdem die vorherige Richtlinie zum 18.12.2014 in Kraft getreten war. Spätestens ab dem 01.01.2017 war die KdU-Richtlinie 2014 nach der Rechtsprechung des BSG zwingend fortzuschreiben (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2017 – B 4 AS 33/16 R – juris insb. Rn. 23). Ob dies ausgehend von § 558d Abs. 2 BGB anhand des bundesdeutschen Jahresverbraucherpreisindizes auch dann erfolgen muss, wenn dem Beklagten zum Zeitpunkt der Fortschreibung belastbare Erkenntnisse infolge vorliegender Auswertungsergebnisse eines späteren Mietspiegels dafür vorliegen, dass die lokalen Mieten eine abweichend höhere Entwicklung genommen haben, muss der Senat nicht entscheiden. Denn zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der KdU-Richtlinie 2018 fanden gerade erst die Erhebungen zur Erstellung des Mietspiegels 2018 statt. Auswertbare Daten zu den örtlichen Gegebenheiten in A....... lagen also tatsächlich noch nicht vor.

 

Da der Beklagte eine Nachbesserung seines Konzeptes bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht vorgenommen hat, ist das Gericht gehalten, die festgestellten Mängel selbst zu beseitigen. Ein Rückgriff auf die Tabellenwerte nach dem WoGG, wie es das Sozialgericht entschieden hat, ist dabei nur dann zulässig, wenn lokale Erkenntnismöglichkeiten nicht weiterführen (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.2008 – B 14/7b AS 44/06 R – juris LS 4) und auch keine anderen Regelungen existieren, die die örtlichen Gegebenheiten angemessen widerspiegeln können.

 

Zur Aktualisierung des mathematisch-statistisch korrekt ermittelten Angemessenheitswertes nimmt der Senat eine rechnerische Korrektur i.H.v. 2 Prozent vor.

 

Zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Inkraftsetzung der KdU-Richtlinie 2018 und des Erlasses des Bewilligungsbescheides lagen keine, dem Senat bekannten anderen substantiellen Erkenntnisse zur Entwicklung sowohl der Angebots- als auch der Bestandsmieten in A....... vor. Insbesondere konnten noch keine Erkenntnisse aus den Mietspiegeldaten des Jahres 2018 gewonnen werden, da diese gerade erhoben wurden. Der Senat wendet deshalb in Anlehnung an die vorzitierte Rechtsprechung des BSG zur Fortschreibung von Konzepten, die nach Ablauf von zwei Jahren seit Inkraftsetzung nicht aktualisiert wurden, und mit Blick auf die Vorschrift des § 558d Abs. 2 Satz 2 BGB zur Anpassung von qualifizierten Mietspiegeln auch zur Heilung der mangelbehafteten KdU-Richtlinie 2018 den vom statistischen Bundesamt ermittelten Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland an. Denn es liegt eine insoweit vergleichbare Interessenlage der Beteiligten vor, sodass ein pauschaler Rückgriff auf die Werte der Wohngeldtabelle mit einem Sicherheitszuschlag, die grundsätzlich keinen geeigneten Maßstab für die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft darstellen (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.2008 – B 14/7b AS 44/06 R – juris LS 4), nicht angezeigt erscheint.

 

Die Verbraucherpreise sind im Jahr 2016 um 0,5 Prozent und im Jahr 2017 um 1,5 Prozent gestiegen (vgl. Statistisches Bundesamt (Destatis), https://www.genesis.destatis.de, abgerufen am 19.12.2023). Dass der daraus folgende Wert von 2,0 Prozent hinter der später vom Beklagten ermittelten Steigerung der Angemessenheitswerte zum Stichtag des 01.01.2018 zurückbleibt, ist aus Sicht des Senates zur Wahrung der Rechtssicherheit hinzunehmen (vgl. insoweit zur Kritik an der Fortschreibung der Mietspiegeldaten durch den Verbraucherindex auch BSG, Urteil vom 12.12.2017 – B 4 AS 33/16 R – juris Rn. 22), weil andere Daten nicht verfügbar waren.

 

Mit der Zugrundelegung der vorgenannten Teuerungsrate stellt der Senat nicht in Abrede, dass die Datenauswertung nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen i.S.d. § 558d Abs. 1 BGB und die Veröffentlichung des Mietspiegels, wie bei der Aufstellung des Mietspiegels 2014 geschehen, zwischen neun und zwölf Monate nach dem Stichtag in Anspruch nehmen kann. Da eine fristgerechte Inkraftsetzung der KdU-Richtlinie am 01.01.2017 jedoch nicht erfolgte, war die Aktualisierung über den gesamten Zeitraum seit dem 01.01.2016 und nicht lediglich für das Jahr 2017 erforderlich.

 

Folglich beträgt die angemessene Nettokaltmiete 4,99 EUR/m² (= 4,8921 EUR/m² * 1,02).

 

4. Auch die Ermittlung der angemessenen Betriebskosten(-vorauszahlungen) je m² erfolgte nicht sachgerecht, weil das genutzte Datenmaterial ebenfalls veraltet war und nicht an die allgemeine Preisentwicklung im Vergleichsgebiet angepasst wurde. Der Mangel lässt sich durch eine Fortschreibung anhand der Preisentwicklung beseitigen. Somit sind, ohne die dem Beklagten zustehende Einschätzungs- und Methodenvielfalt zu verletzen, nicht 1,42 EUR/m², sondern 1,46 EUR/m² allgemeine Betriebskosten angemessen.

 

Neben der Nettokaltmiete sind auch die angemessenen Betriebskosten i.S. des § 556 BGB – mit Ausnahme der Heizkosten – abstrakt zu bestimmen und als Faktor in das Produkt mit einzubeziehen. Schon der Wortlaut des § 22 Abs. 1 SGB II zeigt, dass diese Kosten zu den Kosten der Unterkunft für einen Hilfebedürftigen gehören und nicht – wie die Heizkosten – getrennt erfasst werden sollen. Zur realistischen Abbildung eines abstrakt angemessenen Mietpreises ist deshalb die Einbeziehung des Faktors "kalte Betriebskosten" erforderlich. Dies entspricht den mietrechtlichen Vorgaben im Mietwohnungsbau, an denen sich der Gesetzgeber des SGB II orientiert. Eine vertragliche Vereinbarung über die Umlage der Betriebskosten auf den Mieter erfolgt bei Abschluss eines Mietvertrages nahezu ausnahmslos, denn ohne eine solche Regelung können die in § 556 BGB genannten Betriebskosten vom Vermieter nicht auf den Mieter umgelegt werden. Eine Umlagevereinbarung bei der Miete über Wohnraum muss die in § 556 Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. der Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche, über die Aufstellung von Betriebskosten und zur Änderung anderer Verordnungen (BetrKV; vom 25.11.2003, BGBl. I S. 2346) normierten Vorgaben beachten. Wegen der abstrakt angemessenen Kosten i.S. des § 22 Abs. 1 SGB II sind die dort genannten Betriebskosten maßgebend. Deshalb ist es zulässig, zur Erstellung eines Konzepts auf bereits vorliegende Daten, vorrangig aus örtlichen Betriebskostenübersichten zurückzugreifen. Insbesondere bei Ver- und Entsorgungsdienstleistungen ergeben sich regional deutliche Unterschiede, auf die Rücksicht genommen werden muss. Eine weitergehende Gewichtung ist dagegen nicht notwendig, da nicht erkennbar ist, welche zuverlässigen (weitergehenden) Aussagen sich hieraus ableiten lassen sollten. Neben den (nichtamtlichen) Übersichten in Mietspiegeln kommen grundsätzlich auch Übersichten der örtlichen Interessenverbände in Betracht, die an der Anerkennung eines Mietspiegels beteiligt sind. Bei einer Anwendung dieser Übersichten spricht nichts gegen die Zugrundelegung des Medians, sofern die zugrunde gelegten Daten über den gesamten Wohnungsbestand erhoben worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 2/10 R – juris Rn. 28f. und Urteil vom 17.09.2020 – B 4 AS 22/20 R – juris Rn. 41 ff.). Wichtig ist, dass die Werte (bei Erlass des schlüssigen Konzeptes) möglichst aktuell sind, um sichere Rückschlüsse auf das Preisniveau im jeweiligen Vergleichsraum zu geben. Soweit die örtlich erfassten Werte nicht aktuell sind, liegt es nahe, dass der Träger der Grundsicherung entsprechende Rückfragen bei den örtlichen Interessenverbänden durchführen lässt bzw. die Werte an die allgemeine Preisentwicklung anpasst (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 2/10 R – juris Rn. 29).

 

Ausgehend davon ist es im Grundsatz nicht zu beanstanden, dass der Beklagte für die Bemessung der angemessenen Betriebskosten den Betriebskostenspiegel der Stadt A....... herangezogen hat. Die in der Broschüre dargestellten Ergebnisse basieren auf einer Auswertung von Betriebskostenabrechnungen vieler A.......er Großvermieter und Hausverwaltungen. Sie repräsentieren den marktaktiven Wohnungsbestand der Stadt A....... und nicht lediglich das Betriebskostenaufkommen von Leistungsbeziehern, sodass der Beklagte die ausgewiesenen Median-Werte rechtmäßig nutzen konnte. Auch ist gegen die in der KdU-Richtlinie des Beklagten vorgenommene gewichtete Mittelwertbildung der Ergebnisse des Betriebskostenspiegels 2014, Berichtsjahr 2016, wobei die kalten Betriebskosten der insgesamt sieben Gebäudetypen im prozentualen Anteil am Wohnungsbestand in das Gesamtergebnis eingeflossen sind, nichts zu erinnern.

 

Mit der Auswertung des Betriebskostenspiegels haben der Beklagte und die Stadt A....... auch nicht gegen das Gebot der Identität der Betrachtungsgegenstände verstoßen. Zwar erfasst die vom Beklagten herangezogene Betriebskostenbroschüre weder Ein- und Zweifamilienhäuser noch unsanierte Objekte, mit Ausnahme im Sektor des Wohnungsbaus 1961 bis 1990. Der Beklagte hat jedoch klargestellt, dass auch bei der Ermittlung des Eckwertes durch Auswertung der Datensätze des Mietspiegels keine Unterkünfte in Ein- oder Zweifamilienhäusern und keine Wohnungen in unsanierten Objekten – mit Ausnahme im Sektor des Wohnungsbaus 1961 bis 1990 – einbezogen waren. Der Senat hat keine Zweifel an der Richtigkeit der Ausführungen des Beklagten.

 

Es ist auch nicht fehlerhaft gewesen, die aus der Betriebskostenbroschüre separat ausgewiesenen Betriebskosten für Kabel und Antennenanlagen nicht heranziehen. Zwar sind Kabelfernseh- und Antennengebühren, wenn sie im Rahmen des Mietvertrages als Betriebskosten erhoben werden (siehe § 2 Satz 1 Nr. 15 BetrKV) Kosten der Unterkunft und Heizung, die der Beklagte als Aufwendungen i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zu berücksichtigten hat (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 48/08 R – juris Rn. 16). Demnach sind derartige Kosten im Grundsatz auch als Betriebskosten zu berücksichtigen. Soweit der Beklagte zuletzt vorgetragen hat, dass die Erhebung von Kabelfernseh- und Antennengebühren als Betriebskosten vom Verordnungsgeber abgeschafft worden sei, betrifft dies lediglich Anlagen i.S.d. § 2 Satz 1 Nr. 15 a) und b) BetrKV, die ab dem 01.12.2021 errichtet worden sind (§ 2 Satz 2 BetrKV), nicht aber Bestandsanlagen in Gebäuden, die davor errichtet wurden.

 

Bei der Bestimmung der abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten im Vergleichsraum kommt es aber maßgeblich darauf an, ob sie "die Wirklichkeit", also die Gegebenheiten auf dem Mietwohnungsmarkt des Vergleichsraums tatsächlich abbilden (vgl. BSG, Urteile vom 22.08.2012 – B 14 AS 13/12 R – juris Rn. 27 und vom 17.12.2009 – B 4 AS 27/09 R – Rn. 21). Werden in einer Vielzahl von Fällen derartige Kosten im Rahmen des Mietverhältnisses für Mieter nicht unabwendbar als Betriebskosten erhoben, handelt der Leistungsträger nicht fehlerhaft, wenn er diese Kosten unberücksichtigt lässt. Maßgeblich ist, dass der Leistungsempfänger Wohnungen der Referenzgröße von 45 m² mit der ermittelten Nettokaltmiete und den angemessenen Betriebskosten auch anmieten kann. Dies ist vorliegend der Fall. Bereits der Betriebskostenspiegel selbst weist darauf hin, dass Kosten für die Bereitstellung von Kabel- und Satellitenfernsehen nur noch in Altbauten der Baujahre vor 1946 und in Neubauten ab 1991 überhaupt Bestandteil der ausgewerteten Betriebskostenabrechnungen waren.

 

Der Beklagte hat zudem die Aussage des Betriebskostenspiegels, dass derartige Kosten nur bei einem geringen Teil aller Gebäude direkt mit den Betriebskosten abgerechnet worden seien, dahin konkretisiert, dass in den insgesamt 1.055 ausgewerteten Datensätzen für die Betriebskostenbroschüre gerade einmal 67 Datensätze entsprechende Kosten ausgewiesen hätten, wobei Ursache für das geringe Auftreten solcher Betriebskosten sei, dass Mieter ganz überwiegend direkte Verträge mit den Kabelfernsehanbietern schließen würden und zudem in A....... die Möglichkeit besteht, das weit verbreitete und kostenfreie DVBT-2 zu nutzen. Dies überzeugt den Senat. Beinhalten demnach nur 6,3 Prozent der ausgewerteten Datensätze von Gebäuden solche Kosten, muss davon ausgegangen werden, dass auch nur ein im Wesentlichen vergleichbar geringerer Anteil des Gesamtbestandes des A.......er Wohnungsmarkt, Antennen- und Kabelfernsehgebühren überhaupt als Betriebskosten in der Abrechnung ausweist. Dies rechtfertigt es, derartige Kosten bei der Ermittlung der abstrakt angemessenen Betriebskosten je m² unberücksichtigt zu lassen.

 

Die zur Anwendung gebrachte Betriebskostenbroschüre spiegelt jedoch nicht das tatsächliche Kostenaufkommen im Jahr 2018 wider. Auch unter Beachtung des vom Beklagten berücksichtigten Zuschlages von 10 Prozent ist die streitige KdU-Richtlinie in diesem Punkt mängelbehaftet.

 

Der Beklagte hat diese mit Wirkung ab dem 01.04.2018 in Kraft gesetzt. Der verwendeten Betriebskostenbroschüre lagen Betriebskostenabrechnungen für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.12.2014 zugrunde, die bis zum 31.12.2015 abzurechnen waren. Gemäß § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB ist die Abrechnung dem Mieter spätestens bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen. Betriebskostenvorauszahlungen – auch im Rahmen von Neuanmietungen – im Zeitraum ab 01.01.2018 orientierten sich demgegenüber an den Betriebskosten des Jahres 2016, die im laufenden Jahr 2017 und bis spätestens zum 31.12.2017 abzurechnen waren. Preissteigerungen ab 01.01.2016 sind demnach unberücksichtigt geblieben.

 

Die Verwendung derart veralteten Datenmaterials erfüllt zur Überzeugung des Senats die Vorgaben des BSG an die Aktualität der Betriebskostenerhebung nicht, sodass die Werte anzupassen sind. Denn die Richtlinie des Beklagten beansprucht Gültigkeit für die Dauer von zwei Jahren ab Erlass (vgl. § 22c Abs. 2 SGB II), sodass insbesondere in Bezug auf die allgemeinen Betriebskosten vollständige Schlüssigkeit des Konzeptes nur dann anzunehmen ist, wenn die Daten bei Erlass der KdU-Richtlinie dem aktuellen Stand der Erkenntnisse entsprechen, was noch dadurch bekräftigt wird, dass die angemessenen Heizkosten als weiterer Teil der Mietnebenkosten nach § 22c Abs. 2 SGB II jährlich zu überprüfen sind.

 

Für die Ermittlung sind deshalb möglichst realitätsnahe Erkenntnisquellen zugrunde zu legen. Soweit der Beklagte auf das Gutachten des Institutes der deutschen Wirtschaft vom 01.12.2020 abstellt (vgl. Hilmer, Elias / Sagner, Pekka / Voigtländer,, 2020, Wohnnebenkosten in Deutschland; Eine Analyse der zeitlichen Entwicklung und der regionalen Unterschiede, Gutachten im Auftrag der d.i.i. – Deutsche Invest Immobilien, Köln; abrufbar unter https://www.iwkoeln.de/studien/pekka-sagner-michael-voigtlaender-eine-analyse-der-zeitlichen-entwicklung-und-der-regionalen-unterschiede-2020.html), spiegeln die dortigen Angaben nicht die hier relevante Preisentwicklung wider. Vielmehr verweist das Gutachten allein darauf, dass die – deutschlandweit entstandenen – kalten Betriebskosten im Jahr 2000 im Median noch bei 79 Cent je Quadratmeter Wohnfläche gelegen hätten. Im Jahr 2018 habe der Median der kalten Nebenkosten demgegenüber bereits bei 98 Cent gelegen, was einem Anstieg von 24 Prozent und einer jährlichen Teuerungsrate von 2,8 Prozent entspreche. Daraus lassen sich keine hinreichend stichhaltigen Aussagen für den hier relevanten Zeitraum und den hier betroffenen Vergleichsraum ableiten.

 

Die Stadt A....... hat im Jahr 2019 die Broschüre „Betriebskosten in A....... 2016, Berichtsjahr 2019“ herausgeben. Dabei wurden Betriebskostenabrechnungen von 917 Gebäuden im Stadtgebiet A....... für das Jahr 2016 ausgewertet. Der Beklagte hat die Inhalte der Betriebskostenbroschüre im Rahmen der nachfolgenden KdU-Richtlinie 2020 zur Anwendung gebracht und nach derselben Berechnungsmethode wie in der hier streitigen KdU-Richtlinie einen gewichteten Mittelwert von nunmehr 1,3286 EUR/m² ermittelt. Soweit der Beklagte zuletzt eingeräumt hat, dass es bei der Aufstellung der KdU-Richtlinie 2020 zu einer Unrichtigkeit bei der Übertragung der Werte aus der Betriebskostenbroschüre gekommen ist, wirkt sich diese nicht auf das Gesamtergebnis aus. Der Senat folgt insoweit den dazu ergangenen, klarstellenden Erläuterungen des Beklagten.

 

Der ermittelte gewichtete Mittelwert stellt gegenüber dem Wert aus den Betriebskostenabrechnungsdaten von 2014 eine Kostensteigerung von 0,0337 EUR/m² bzw. 2,6 Prozent dar. Rechenfehler kann der Senat auch in der KdU-Richtlinie 2020 insoweit nicht erkennen. Kein wesentlich anderes Ergebnis folgt im Übrigen aus der in der Betriebskostenbroschüre dargestellten Aufstellung – lediglich ausgewählter – Betriebskosten (hier: Wasser/Abwasser, Grundsteuer, Müllbeseitigung, Sach- und Haftpflichtversicherung, Beleuchtung, Gartenpflege, Gebäudereinigung und Aufzug) im Vergleich der Jahre 2014 und 2016 über alle Gebäudetypen. Während für die vorgenannten Kosten im Jahr 2014 durchschnittliche Aufwendungen i.H.v. 1,13 EUR/m² entstanden waren, ergaben sich für das Jahr 2016 1,17 EUR/m², was einer Teuerung von 3,54 Prozent entspricht.

Soweit sich aus den Betriebskostenspiegeln 2015/2016 und 2016/2017 des DMB für den Freistaat Sachsen (vgl. https://www.mieterbund-sachsen.de/infos/betriebskostenspiegel.html) gegenüber dem Jahr 2014 für den Bereich der hier relevanten Betriebskosten eine Preissteigerung von 1,24 EUR/m² auf 1,43 EUR/m² und somit eine Verteuerung um 15,32 Prozent ergibt, ist dies zur Überzeugung des Senats weder repräsentativ für die Stadt A......., noch wird erkennbar, ob die Mietspiegelübersichten nach einer Methode ermittelt wurden, die der vom Beklagten gewählten Berechnungsmethode vergleichbar ist. Die Betriebskostenübersichten stehen – ungeachtet der letzten Äußerungen des Beklagten zur Repräsentativität der Daten des DMB – zudem der nach Gebäudetypen gewichteten und damit deutlich sachnäheren Betrachtung der Stadt A....... nach.

 

Der Senat greift mangels einer Nachbesserung des Beklagten insoweit trotz des Umstandes, dass die Erstellung der Betriebskostenbroschüre 2016 erst im Jahr 2019 abgeschlossen worden ist, auf die daraus folgende Preissteigerung von 2,6 Prozent zurück. Dem Beklagten und der Stadt A....... oblag es in Anbetracht des massiven Zeitablaufs, bei den Großvermietern, insbesondere bei der gemeindeeigenen LWB und – wie vom BSG gefordert – beim örtlichen Mieterbund sowie dem sächsischen Mieterbund und anderen Dachorganisationen entsprechende Ermittlungen zur Preisentwicklung am Maßstab der Betriebskosten in den Jahren 2015 und 2016 noch anzustellen, bevor er die Aktualisierung der Richtlinie erlässt. Insoweit trifft den Beklagten bei der Überwachung der Kostenentwicklung der Betriebskosten dieselbe Beobachtungspflicht wie hinsichtlich der Nettokaltmieten. Der Senat ist davon überzeugt, dass entsprechende Auskünfte zu den relevanten Preissteigerungen von den vorgenannten Interessenvertretungen und von der LWB auf Anfrage erteilt worden wären, nachdem wirksame Betriebskostenabrechnungen für das Jahr 2015 bis zum 31.12.2016 und für 2016 bis zum 31.12.2017 gegenüber den Mietern bekanntgegeben sein mussten.

 

Demnach geht der Senat auch für die hier streitigen Bewilligungszeiträume von angemessenen, allgemeinen Betriebskosten im Umfang von 1,3286 EUR/m² (=1,2949 EUR/m² * 1,026) aus, wie sie sich erstmals aus der KdU-Richtlinie des Beklagten und der Stadt A....... für das Jahr 2020 ergeben.

 

Soweit der Beklagte unter Hinweis auf die Arbeitshilfe des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zur Bestimmung der angemessenen Aufwendungen der Unterkunft im Rahmen kommunaler Satzungen einen Zuschlag von 10 Prozent zur Kompensation eines nicht genau zu beziffernden Mehrbedarfs an Kaltwasser, der Personen entsteht, die (möglicherweise) keiner außerhäuslichen Beschäftigung nachgehen, sowie zum Ausgleich der künftigen allgemeinen Kostensteigerungen z.B. durch die Anpassung des Mindestlohnes im Bereich der haushaltsnahen Tätigkeiten (Grünpflege, Hausreinigung, Winterdienst) berücksichtigt hat, ist an diesem unter Beachtung der den kommunalen Trägern zustehenden Methodenauswahl auch unter der vom Senat vorgenommenen Fortschreibung festzuhalten, sodass die angemessenen Vorauszahlungen auf die Betriebskosten bereits ab dem 01.04.2018 insgesamt 1,4615 EUR/m² (= 1,3286 EUR/m² + 0,1329 EUR/m² Sicherheitszuschlag) betragen. Denn er war für die oben genannten allgemeinen Preissteigerungen nicht vorgesehen, sondern als Sicherheitszuschlag für Umstände, die mit der allgemeinen Preissteigerung nicht erfasst sind.

 

Zwar weist die der streitigen KdU-Richtlinie 2018 zugrundeliegende Betriebskostenbroschüre 2014, Berichtsjahr 2016 unter der Rubrik „Tendenzen für die Jahre 2015 und 2016“ (vgl. Seite 5) aus, dass infolge der flächendeckenden Einführung des Mindestlohnes zum 01.01.2015 und durch die weitere Anpassung des seit 2007 für den Gebäudereinigungssektor geltenden Mindestlohnes Kostensteigerungen für Dienstleistungen wie Gartenpflege, Gebäudereinigung, Hauswart und Winterdienst zu erwarten sind, die die vorgenommene Fortschreibung des Senats bereits ausgleicht. Diese Steigerungen zwischen Datenerhebung und Inkraftsetzung der Richtlinie wollte der Beklagte aber nicht erfassen. Die KdU-Richtlinie 2018 weist ausdrücklich darauf hin, dass sie zukünftige Kostensteigerungen nach deren Erlass ausgleichen will. Dies folgt so auch mit Blick auf die vorangegangene KdU-Richtlinie 2014 vom 18.12.2014. Auch diese hatte mit identischer Begründung denselben pauschalen 10 Prozent-Zuschlag für zukünftige Kostensteigerungen gewährt. Unter Tendenzen für das Jahr 2013 weist die der Richtlinie zugrundeliegende Broschüre „Betriebskosten in A....... 2012, Berichtsjahr 2014“ lediglich darauf hin, dass sich Preissteigerungen bei den Heizkosten und bei den Positionen Hausstrom und Aufzug ergäben. Für alle anderen Kostenpositionen seien zum Zeitpunkt der Herausgabe keine wesentlichen Veränderungen vorhersehbar (vgl. Seite 6). Insoweit wird eine Zielrichtung, bestimmte Kostensteigerung zwischen Datenerfassung und Inkraftsetzung erfassen zu wollen, nicht ersichtlich.

 

Demnach war für den Kläger von einer angemessenen Bruttokaltmiete i.H.v. 290,25 EUR ((4,99 EUR/m² Nettokaltmiete + 1,46 EUR/m² allgemeine Betriebskosten) = 6,45 EUR/m² * 45 m²) auszugehen.

 

5. Die unter Einbeziehung der hier vorgenommenen Nachbesserungen schlüssige Richtlinie des Beklagten ist nicht deshalb unschlüssig, weil für die ermittelten Unterkunftskosten je m² des angemessenen Wohnraumes für einen Einpersonenhaushalt nicht ausreichend Wohnraum zur Verfügung stünde. Die durch die Anwendung der Mietspiegeldaten des Mietspiegels 2016 begründete Vermutung dafür, dass ausreichend angemessener Wohnraum zur Verfügung steht, ist weder durch die Argumentation des Sozialgerichts noch durch andere Erkenntnisse widerlegt, schon gar nicht unter Beachtung der jetzt gerichtlich ermittelten Angemessenheitsgrenzen.

 

Zwar ist das Sozialgericht zutreffend bereits im Rahmen der Überprüfung der abstrakten Angemessenheitshöhe der Frage der ausreichenden Verfügbarkeit nachgegangen. Dies setzt § 22a Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB II um, wonach die Bestimmung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung die Auswirkungen auf den örtlichen Wohnungsmarkt hinsichtlich der Verfügbarkeit von Wohnraum des einfachen Standards berücksichtigen soll. Zudem entspricht es dem Verhältnis zwischen abstrakter und konkreter Angemessenheit, weil bei Ermittlung der angemessenen Miethöhe in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren i.S. einer Tatsachenvermutung davon ausgegangen werden kann, dass es in einem ausreichenden Maße Wohnungen zu der abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft gibt, was nicht gerechtfertigt ist, wenn sich unabhängig vom konkreten Einzelfall aufdrängt, dass das Angebot an angemessenem Wohnraum nicht ausreicht, den Bedarf zu decken (vgl. BSG, Urteil vom 03.09.2020 – B 14 AS 34/19 R – juris Rn. 37). Wenn ein (qualifizierter) Mietspiegel, der in einem wissenschaftlich gesicherten Verfahren aufgestellt wurde, der Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises für die Kaltmiete zugrunde liegt und entweder der Durchschnittswert dieses Mietspiegels angewandt wird oder dem Mietspiegel Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis entnommen werden können, kann davon ausgegangen werden, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu diesem abstrakt angemessenen Quadratmeterpreis im örtlichen Vergleichsraum gibt (vgl. BSG, Urteile vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R – juris Rn. 38 und vom 13.04.2011 – B 14 AS 106/10 R – juris LS und Rn. 30).

 

Der Beklagte hat keine Durchschnittswerte des Mietspiegels 2016 der Stadt A....... angewendet. Dem Mietspiegel kann auch keine direkte Aussage zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem vom Beklagten zugrunde gelegten angemessenen Quadratmeterpreis entnommen werden. Ebenso wenig enthält der Mietspiegel eine Aussage zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem vom Gericht ermittelten Nettokaltmietpreis unter Berücksichtigung des Konfidenzintervalls. Nach Auffassung des Senats entfaltet sich die Vermutungswirkung im Sinne der Rechtsprechung des BSG aber bereits dann, wenn die verwendeten Mietspiegeldaten selbst nach einer anerkannten wissenschaftlichen Methode erstellt und ausgewertet worden sind und daraus Aussagen zur Häufigkeit von Wohnungen mit dem angemessenen Quadratmeterpreis ableitbar sind. Denn zuvorderst dieser Umstand begründet – wie ausgeführt – die erhöhte Gewähr der Richtigkeit, welche wiederum die Tatsachenvermutung liefert, dass es in einem ausreichenden Maße Wohnungen zu der abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft gibt.

 

Zwar folgt allein aus der Bezeichnung als qualifizierter Mietspiegel dessen Eigenschaft ebenso wenig wie aus dem Umstand, dass der Mietspiegel von der Gemeinde und/oder von den Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter als solcher anerkannt und veröffentlicht worden ist. Denn diese Umstände beweisen noch nicht, dass die Anforderungen des § 558d Abs. 1 BGB auch tatsächlich vorliegen, der Mietspiegel also nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden ist. Allerdings ist von demjenigen, der das Vorliegen eines qualifizierten Mietspiegels in Abrede stellt, zu verlangen, dass er im Rahmen des Möglichen substantiierte Angriffe gegen den Mietspiegel und seine Datengrundlagen vorbringt, sofern die Erstellung des Mietspiegels in allgemein zugänglichen Quellen dokumentiert wurde, wobei zu beachten ist, dass der Gesetzgeber des Mietrechtsreformgesetzes bei Einführung des qualifizierten Mietspiegels davon ausgegangen ist, dass dessen Erstellung dokumentiert wird (BT-Dr. 14/4553, S. 57; vgl. BGH in NJW 2013, 775 m.w.N. und in NZM 2014, 24 Rn. 15 f., beck-online).

 

Soweit der Kläger pauschal behauptet, dass es sich nicht um einen qualifizierten Mietspiegel handele, kann dieser Einwand auch im sozialgerichtlichen Verfahren nicht durchdringen. Der Mietspiegel 2016 ist bis heute auf der Internetseite der Stadt A....... veröffentlicht. (vgl. https://static.leipzig.de/fileadmin/mediendatenbank/leipzig-de/Stadt/02.5_Dez5_Jugend_Soziales_Gesundheit_Schule/50_Sozialamt/Mietspiegel/A-Stadter-Mietspiegel_2016.pdf abgerufen am 19.12.2023). Die Ermittlung von Preisen und Merkmalen der Wohnungen beruht nach den Vorbemerkungen auf der damals gültigen Satzung über die Durchführung regelmäßiger Kommunalstatistiken zur Erhebung von Mietwerten in der Stadt A....... (Mietwerterhebungssatzung) vom 18.10.2017 (vgl. https://www.linksfraktion-leipzig.de/fileadmin/lcmslfleipzig/user/upload/4605.pdf). Der Mietspiegel wurde durch das Sozialamt und das Amt für Statistik und Wahlen der Stadt A....... auf der Grundlage einer im weiteren konkret dargestellten repräsentativen Stichprobenerhebung nicht preisgebundener Wohnungen erarbeitet. Dabei waren – wie bereits dargelegt – Wohnungen, deren Mieten in den letzten vier Jahren vor dem 01.01.2016 nicht geändert wurden, gemäß § 558 Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Die Erstellung des Mietspiegels wurde zudem vom Arbeitskreis Mietspiegel fachlich begleitet, dem der DMB - Mieterverein A....... e.V., der Haus & Grund A....... - Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer-Verein A....... und Umgebung e.V., die LWB, die Wohnungsgenossenschaft „X....“ eG, die Baugenossenschaft A....... eG (Vertreter der Plattform der A.......er Wohnungsgenossenschaften), das Amtsgericht Leipzig, die Hochschule Anhalt, Fachbereich Wirtschaft, SG Immobilienwirtschaft, das Amt für Statistik und Wahlen, das Stadtplanungsamt, das Amt für Geoinformation und Bodenordnung sowie das Sozialamt angehörten.

 

Ohne dass es nach der Argumentation des Senats wesentlich darauf ankommt, wurde der A.......er Mietspiegel 2016 zudem vom Stadtrat der Stadt A....... am 15.11.2017 als qualifizierter Mietspiegel anerkannt (vgl. Ziffer 19.5 der Tagesordnung; https://www.leipzig.de/news/news/tagesordnung%20der%20sitzung%20der%20ratsversammlung%20am%2015.%20november%202017 sowie https://ratsinformation.leipzig.de/allris_leipzig_public/to020?TOLFDNR=1068800 jeweils abgerufen am 19.12.2023). Der Kläger wendet weder etwas gegen die formellen Voraussetzungen der Anerkennung durch die Gemeinde ein, noch benennt er Anhaltspunkte dafür, dass bei der Datenermittlung und -auswertung gegen anerkannt wissenschaftliche Grundsätze verstoßen worden sei. Der Senat hat im Rahmen des Verfahrens unter Berücksichtigung der sachverständigen Prüfung des methodisch in derselben Weise erstellten Konzeptes des Jahres 2014 vielmehr unter Einbeziehung des Konfidenzintervalls die Überzeugung gewonnen, dass danach die Ableitung des angemessenen Quadratmeterpreises unter Wahrung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung erfolgte und die Stichprobe auch repräsentativ war.

 

Ausgehend davon, dass der angemessene Nettokaltmietzins statistisch richtig auf 4,8921 EUR/m² festzusetzen war und sich deshalb bei 45 m² Referenzwohnraum die Kappungsgrenze bei 220,14 EUR ergibt, hat der Beklagte durch Auswertung der Mietspiegeldaten ermittelt, dass 187 der 283 Wohnungen mit einer Fläche >=20 m² bis <= 45 m² und mindestens einem Wohnraum sowie weitere 116 Wohnungen mit einer Fläche > 45 m² in den Mietspiegeldaten die vorgenannte Kappungsgrenze nicht überschritten haben. Ersichtlich wird damit, dass nicht nur 134 Wohnungen zwischen 40 m² und 50 m² mit angemessenen Nettokaltmietzins vorhanden waren, sondern ein Anteil von rund 66 Prozent der auch für die Gesamtheit repräsentativen Mietspiegeldaten im Wohnraumsegment zwischen 20 m² und 45 m² die Angemessenheitskriterien erfüllt. Selbst Wohnungen mit einer Fläche von mehr als 45 m² waren in relevanter Menge von 116 zu Nettokaltmietpreisen unterhalb der Kappungsgrenze vermietet, was einem weiteren Anteil von nochmals rund 13 Prozent der im Mietspiegel enthaltenen und von der Stadt A....... ausgewerteten 870 Wohnungen zwischen > 45 m² und 60 m² entspricht.

 

Der Senat ist wie der Beklagte der Auffassung, dass maßgebliches Kriterium der abstrakten Verfügbarkeit nicht allein ein Wohnraum einfachen Standards mit einer bestimmten Wohnfläche um die 45 m² sein kann. Maßstab der abstrakten Verfügbarkeit ist unter Berücksichtigung der Produkttheorie des BSG vielmehr jeder zumutbare Wohnraum, dessen Bruttokaltmiete den Angemessenheitswert, resultierend aus einem angemessenen Nettokaltmietzins je m² addiert mit den angemessenen Betriebskosten je m² und multipliziert mit der angemessenen Wohnfläche nicht überschreitet. Nachdem der Beklagte bei der Auswertung der Mietspiegeldaten Wohnungen des Substandards bereits ausgeschieden hat, sind demnach alle durch die Mietspiegeldaten repräsentierten Wohnungen Leistungsbeziehern grundsätzlich zumutbar. Insoweit trägt der Einwand, es fehle an Verfügbarkeit, weil ein wohnungssuchender alleinstehender Leistungsempfänger nur eine grundsätzlich kleinere Wohnung als 45 m² erlangen könne, in dieser Allgemeinheit nicht.

 

Die Mietspiegeldaten bieten auch keinen Anhaltspunkt für die Annahme des Sozialgerichts, dass Wohnraum mit angemessenem Nettokaltmietzins nur mit einer Fläche deutlich unter 45 m² anmietbar war. Es wird ersichtlich, dass zum Stichtag des 01.01.2016 mit 303 Datensätzen, die eine Nettokaltmiete bis zur Kappungsgrenze aufwiesen, Wohnraum mit Flächen von 20 m² bis über 45 m² in den für die Gesamtheit repräsentativen Mietspiegeldatensätzen ermittelbar war, der die Angemessenheitswerte einhielt.

 

Die damit begründete Vermutung hinreichender Verfügbarkeit ist weder durch die vom Sozialgericht herangezogenen Sozialreporte des Beklagten widerlegt, noch wird die Vermutung dadurch erschüttert, dass der Senat Angemessenheitswerte anhand der ermittelten lokalen Teuerungsrate fortgeschrieben hat und die allgemeinen Betriebskosten anhand der Betriebskostenbroschüre ermittelt wurden.

 

Die aus den Sozialreporten ablesbaren Mietentwicklungen betreffen allesamt den Median, also das rechnerische Mittel der Angebotsmieten und sind damit nicht geeignet, Aussagen zur abstrakten Verfügbarkeit angemessenen Wohnraums für Leistungsempfänger nach dem SGB II zu treffen. In selber Weise kann die Vermutung nicht durch einen allenfalls grob möglichen, zahlenmäßigen Vergleich von mutmaßlichen Nachfragehaushalten mit der Gesamtanzahl von Wohnraum für Einpersonenhaushalte widerlegt werden. Dieser Vergleich spiegelt, worauf der Beklagte zutreffend verwiesen hat, zum einen nicht die tatsächliche Nachfrage nach verfügbarem Wohnraum wider. Zum anderen lässt dieser Vergleich die für die Angemessenheit maßgebliche Produkttheorie des BSG außer Acht.

 

Obwohl die Mietspiegeldaten keine Aussage über die für die Angemessenheit maßgebliche Bruttokaltmiete treffen, ist dieser Umstand ebenso nicht geeignet, die bestehende Vermutung ausreichend verfügbaren Wohnraums zu widerlegen. Aus der im vorliegenden Fall vorgenommenen Heranziehung von Betriebskostenwerten aus allen Mietverhältnissen folgt – weil er den gesamten Mietmarkt erfasst – in der Tendenz ein höherer Bruttokaltmietpreis, als dies bei Auswertung nur des Teilsegments der Fall wäre, auf das Leistungsberechtigte nach dem SGB II zu verweisen sind. Dies wirkt sich zugunsten der Leistungsberechtigten aus (vgl. BSG, Urteil vom 10.09.2013 – B 4 AS 77/12 R – juris Rn. 31) und kann deshalb eine auf dem Nettokaltmietzins beruhende Verfügungsvermutung nicht maßgeblich zum Nachteil des Leistungsempfängers beeinflussen. Zwar mag es sein, dass bei erheblich größeren Wohnungen trotz angemessener Nettokaltgesamtmiete infolge geringeren Quadratmeterpreises die geschuldete Bruttokaltmiete aufgrund gesteigerter allgemeiner Betriebskosten unangemessen wird. Dies trifft aber aufgrund der vom Beklagten vorgenommenen Berechnungsmethode der angemessenen allgemeinen Betriebskosten einschließlich eines 10prozentigen Zuschlages zur Überzeugung des Senates jedenfalls nicht für die Fälle zu, in denen die angemessene Wohnfläche nur in geringem Umfang über dem Angemessenheitswert von 45 m² liegt. Selbst wenn daher ein Anteil der 116 Wohnungen mit einer Fläche größer als 45 m² bei einer Betrachtung der Bruttokaltmiete unangemessen wäre, würde die bestehende Vermutungswirkung unverändert nicht widerlegt.

 

Auch erschüttert der Umstand, dass der Senat die Fortschreibung der KdU-Richtlinie 2018 auf Grundlage der allgemeinen Teuerungsraten vorgenommen hat, nicht die Vermutung hinreichender Verfügbarkeit. Zwar wird aus der später erarbeiteten KdU-Richtlinie 2020 auf Grundlage der Datensätze des Mietspiegels 2018 erkennbar, dass die allgemeine Teuerungsrate hinter der Mietentwicklung in A....... um mehr als vier Prozent zurückgeblieben ist. Doch auch dieser Umstand lässt in Anbetracht der aus den zuvor erörterten, aus den Mietspiegeldatensätzen des Jahres 2016 erkennbaren Beständen angemessenen Wohnraums zum Stand 01.01.2016 nicht den gesicherten Schluss zu, dass nunmehr ausreichend angemessener Wohnraum nicht mehr zur Verfügung stünde. Gegenteiliges wird vom Kläger auch nicht vorgetragen.

 

Der Beklagte hat auf Basis seines aus den oben genannten Gründen zu niedrigeren Kappungswertes zudem Daten der empirica-systeme Marktdatenbank zu den Angebotsmieten im Zeitraum von Juni 2017 bis August 2017 ausgewertet. Bereits aufgrund dieser Auswertung, wonach im vorgenannten Zeitraum 483 Wohnungen mit einer Nettokaltmiete bis zum Kappungswert und einer Fläche zwischen 20 m² und 45 m² zur Anmietung zur Verfügung gestanden haben und damit auch noch keine Wohnungsangebote einbezogen sind, die bei angemessener Nettokaltmiete mehr als 45 m² Wohnfläche aufwiesen, ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, die die Vermutung widerlegen, dass ausreichend angemessener Wohnraum vorhanden war und zur Vermietung zur Verfügung stand. Für die vom Senat nunmehr ermittelten Angemessenheitswerte ist zudem von einem noch erhöhten Verfügbarkeitswert auszugehen, sodass auch der Umstand, dass die Angebotsmieten insbesondere im Jahr 2017 deutlich über den Bestandsmieten lagen, nicht geeignet ist, die abstrakte Verfügbarkeit von angemessenen Wohnraum grundsätzlich in Frage zu stellen. Auch in diesem Zusammenhang wird mit den vorherigen Ausführungen des Senats nicht erkennbar, dass eine Einbeziehung der angemessenen allgemeinen Betriebskosten, also die Prüfung anhand der Bruttokaltmiete ein abweichendes Verfügbarkeitsbild ergeben würde.

 

Die räumliche Verteilung der Wohnungsangebote gibt keinen Anlass, eine Ghettoisierung zu befürchten. Allein der Umstand, dass sich in einem bestimmten Stadtteil, hier insbesondere das weitläufige Plattenbaugebiet A.......-Grünau im Stadtteil West, Angebote häufen, begründet keine Gefahr der Ghettoisierung, solange auch in anderen Bereichen des Vergleichsgebietes in noch relevantem Umfang Wohnungsangebote festzustellen sind (vgl. BSG, Urteil vom 10.09. 2013 – B 4 AS 77/12 R – juris Rn. 29, wonach bei Angeboten in 18 von 26 Stadtbezirken von München keine Ghettobildung zu befürchten sei). Bereits unter Berücksichtigung der vom Beklagten ursprünglich zugrunde gelegten Angemessenheitswerte waren Wohnungsangebote zum Angemessenheitswert in fast allen Stadtteilen A.......s festzustellen. Unter Beachtung des Umstandes, dass durch die Berücksichtigung des Konfidenzintervalls und durch die Fortschreibung des Senats eine um 0,20 EUR/m² höhere Nettokaltmiete festgesetzt ist, ist der Senat überzeugt, dass entsprechende Wohnungsangebote überwiegend stadtweit verfügbar waren, sodass keine Gefahr der Ghettoisierung besteht (vgl. auch SächsLSG, Urteil vom 19.12.2013 – L 7 AS 637/12 – juris Rn. 192 <Dresden>).

 

Folglich beschränkte sich der Bedarf des Klägers für Unterkunft und Heizung auf eine angemessene Bruttokaltmiete i.H.v. 290,25 EUR ((4,99 EUR/m² Nettokaltmiete + 1,46 EUR/m² allgemeine Betriebskosten) = 6,45 EUR/m² * 45 m²) zzgl. 46,64 EUR für Heizung- und Warmwasserkosten."

 

Der Senat schließt sich nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage der Rechtsauffassung des 4. Senats vollumfänglich an, die sich weitestgehend mit den eigenen Erwägungen zur KdU-Richtlinie 2014 deckt. Gründe hiervon abzuweichen sind nicht ersichtlich.

 

II. Die Klägerin traf vorliegend auch die Obliegenheit zur Senkung der Kosten.

 

Will das Jobcenter nicht die tatsächlichen Aufwendungen als Bedarfe anerkennen, weil es sie für unangemessen hoch erachtet, muss es grundsätzlich das Kostensenkungsverfahren durchführen und der leistungsberechtigten Person den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang der Aufwendungen mitteilen (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II in der bis zum 30.06.2022 geltenden Fassung). Die rechtlichen Maßstäbe hat das Bundessozialgericht (vgl. nur Urteil vom 21. Juli 2021, B 14 AS 31/20 R, Rdnr. 43 bis 51) zuletzt wie folgt zusammengefasst:

 

„Sind die tatsächlich anfallenden Aufwendungen auch unter Berücksichtigung der persönlichen Umstände im Einzelfall unangemessen hoch, ist in einem abschließenden Schritt zu prüfen, ob daraus eine Obliegenheit zur Senkung der Kosten folgt (vgl BSG vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr 69, RdNr 28). Dafür müssen Kostensenkungsmaßnahmen objektiv und subjektiv möglich sowie subjektiv zumutbar sein.

 

Die subjektive Möglichkeit der Kostensenkung setzt voraus, dass Leistungsberechtigte von der Obliegenheit zur Kostensenkung Kenntnis haben, die ihnen in der Regel durch eine Kostensenkungsaufforderung vermittelt wird (vgl BSG vom 15.6.2016 - B 4 AS 36/15 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 90 RdNr 25; Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 22 RdNr 137).

 

Dies ergibt sich aus § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II, wonach, soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, sie als Bedarf so lange anzuerkennen sind, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Aus § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II folgte schon nach der bis zum 31.12.2010 geltenden Rechtslage, dass die Absenkung auf die nach Ansicht des Jobcenters angemessenen Aufwendungen ein Kostensenkungsverfahren voraussetzt, das Leistungsberechtigte in die Lage versetzt, ihren Kostensenkungsobliegenheiten - regelmäßig innerhalb von sechs Monaten - nachzukommen (BSG vom 12.6.2013 - B 14 AS 60/12 R - BSGE 114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr 69, RdNr 35 mwN; vgl auch § 22 Abs 1 Satz 4 SGB II idF des RBEG vom 24.3.2011, BGBl I 453).

 

Will das Jobcenter nicht die tatsächlichen Aufwendungen als Bedarfe anerkennen, weil es sie für unangemessen hoch hält, muss es grundsätzlich das Kostensenkungsverfahren durchführen und den Leistungsberechtigten im Rahmen der einleitenden Kostensenkungsaufforderung den der Besonderheit des Einzelfalls angemessenen Umfang der Aufwendungen mitteilen (vgl schon BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, RdNr 29; vgl letztens BSG vom 15.6.2016 - B 4 AS 36/15 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 90; vgl auch BVerfG vom 10.10.2017 - 1 BvR 617/14 unter Hinweis auf die stRspr des BSG zum Inhalt einer Kostensenkungsaufforderung). Bei der Kostensenkungsaufforderung handelt es sich (lediglich) um ein Informationsschreiben mit Aufklärungs- und Warnfunktion. Es stellt ein Angebot an den Leistungsberechtigten dar, in einen Dialog über die Angemessenheit der Unterkunftskosten einzutreten, ohne dabei aber den Leistungsträger zu verpflichten, im Einzelnen aufzuzeigen, auf welche Weise die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung gesenkt werden könnten (vgl nur BSG vom 15.6.2016 - B 4 AS 36/15 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 90 RdNr 15 mwN).

 

Inhaltlich richtet sich die Konkretisierungspflicht in der Kostensenkungsaufforderung auf die Information des Leistungsberechtigten über die nach Ansicht des Jobcenters angemessenen Aufwendungen für Unterkunft (vgl schon BSG vom 1.6.2010 - B 4 AS 78/09 R - BSGE 106, 155 = SozR 4-4200 § 22 Nr 36, RdNr 15). Ob daneben stets über die Höhe der angemessenen Aufwendungen für Heizung zu informieren ist (so wohl Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 181 f, Stand Januar 2021; Šušnjar in Hohm, GK-SGB II, § 22 RdNr 184, Stand Dezember 2019; die Information als zweckmäßig bezeichnend Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 22 RdNr 139), kann offenbleiben, weil der Beklagte die Kläger auch über die seiner Ansicht nach zu hohen Heizkosten und die von ihm für angemessen erachteten Werte informiert hat.

 

Dass die wegen der Unterkunftsaufwendungen in der Kostensenkungsaufforderung wiedergegebenen Angemessenheitswerte als Ergebnis des eingeleiteten Dialogs und ggf eines anschließenden gerichtlichen Verfahrens in veränderter Höhe in die Anspruchsberechnung einfließen, ist grundsätzlich unschädlich (BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 44). Deshalb kommt es im Ausgangspunkt nicht auf die von den Klägern gerügte objektiv fehlerhafte Wiedergabe tatsächlich angemessener Aufwendungen an. Das BSG hat mehrfach entschieden, dass der Streit darüber, ob die vom Grundsicherungsträger vorgenommene Einschätzung über die Angemessenheit der Unterkunftskosten zutreffend ist, grundsätzlich bei der Frage auszutragen ist, welche Aufwendungen iS des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II angemessen sind (BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 41/08 R - RdNr 34; BSG vom 10.9.2013 - B 4 AS 77/12 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 70 RdNr 44 und - B 4 AS 4/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 72 RdNr 16-17).

 

Ob darüber hinaus, was die Kläger wegen der Aufnahme des Umgangs mit dem Kind geltend machen, Änderungen der Sachlage in einer abgeänderten Kostensenkungsaufforderung mit neuen Angemessenheitswerten Rechnung getragen werden muss, ist nicht losgelöst von den Vorgaben an eine "erste" Kostensenkungsaufforderung zu beurteilen. Daher gehört es zur Dialogförmigkeit des Kostensenkungsverfahrens, dass das Jobcenter auf aus seiner Sicht bedeutsame Änderungen der Sachlage reagiert und daraufhin angepasste Werte mitteilt (ebenfalls auf die Veränderungen aus Sicht des Jobcenters abstellend Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, K § 22 RdNr 187, Stand Januar 2021). Von einer in dieser Hinsicht für den Beklagten bedeutsamen Änderung der Sachlage kann hier nicht ausgegangen werden. Der Beklagte hat noch beim LSG die Ansicht vertreten, die im Einzelfall angemessenen Aufwendungen für Unterkunft seien wegen des Umgangs mit dem Kind nicht zu erhöhen.

 

…Ausgenommen von der Unbeachtlichkeit der objektiv fehlerhaften Angabe vom Jobcenter für konkret angemessen gehaltener Aufwendungen nach den oben genannten Maßstäben sind Fälle, in denen Leistungsberechtigte durch die Falschangabe ihre Suche nach angemessenem Wohnraum in wesentlichem Umfang beschränken (vgl schon BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 40). … Es hat dabei außer Acht gelassen, dass es wegen möglicher Beschränkungen bei der Suche nach einer konkret angemessenen Unterkunft auf das Ausmaß der objektiven Fehlerhaftigkeit der Angaben in der Kostensenkungsaufforderung ankommen kann. Insoweit sind auch Veränderungen während des Kostensenkungsverfahrens zu beachten. Denn Maßstab in § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II und einer Obliegenheit zur Kostensenkung sind nicht in der Vergangenheit liegende, sondern aktuell zu berücksichtigende Bedarfe im maßgeblichen Leistungszeitraum (vgl zur Bedarfsermittlung zuletzt BSG vom 8.5.2019 - B 14 AS 20/18 R - BSGE 128, 121 = SozR 4-4200 § 22 Nr 102).“

 

 

Die hieraus folgenden Anforderungen sind im vorliegenden Fall erfüllt.

 

Der Klägerin war eine Kostensenkung objektiv - etwa durch Wohnungswechsel in eine nach obigen Ausführungen verfügbare angemessene Wohnung - möglich.

 

Sie war ihr auch subjektiv möglich. Mit der Kostensenkungsaufforderung vom 18. Oktober 2016 wurde die Klägerin über die aus Sicht des Beklagten damals angemessenen Werte durch Benennung deren Höhe hinreichend informiert. In der Folge wurden der Klägerin ab der Weiterbewilligung für die Zeit vom 1. Mai 2017 an durchgehend abgesenkte KdU in der Höhe von 207,01 € Grundmiete und 62,56 € kalte Betriebskosten, insgesamt 269,57 € sowie die Heizkosten in tatsächlicher Höhe von 42,69 €, insgesamt 312,26 €, bewilligt. Der Beklagte war auch nicht gehalten, im Hinblick auf den Erlass der KdU-Richtlinie 2018 und der Fortschreibungen der Angemessenheitswerte eine erneute Kostensenkungsaufforderung vorzunehmen. Der Klägerin war die Kostenunangemessenheit bekannt. Unerheblich ist hierbei, dass sie, wie sie dem Beklagten mit Schreiben vom 17. November 2016 sowie im Widerspruchsverfahren mitgeteilt hatte, die Kosten der von ihr bewohnten Wohnung nicht absenken konnte, da der Vermieter dazu nicht bereit gewesen sei. Umstände wonach der Klägerin eine Kostensenkung durch einen Umzug subjektiv nicht zumutbar gewesen sei, liegen nicht vor. Insbesondere ergeben sich diese nicht aus den von ihr vorgebrachten Gründen. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des Sozialgerichts in der angefochtenen Entscheidung vollumfänglich an. Einwendungen gegen die Ausführungen des Sozialgerichts hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht vorgebracht. Wie das Sozialgericht zu Recht ausgeführt hat, ergeben sich aus den orthopädischen Beschwerden der Klägerin entsprechend dem Attest ihres behandelnden Orthopäden vom 6. Juni 2013 keine Beeinträchtigungen, die sie an einem Umzug hindern würden, zumal die Klägerin selbst zwischenzeitlich bereits im Januar 2016 eine neue Wohnung bezogen hatte. Abweichendes ergibt sich auch nicht aus der von ihr vorgelegten Bestätigung ihres Neurologen. Zum einen beruht diese auf einer am 25. November 2020 erfolgten Untersuchung und liegt damit zeitlich weit außerhalb des streitgegenständlichen Zeitraums. Bereits aus diesem Grunde ist die Bestätigung nicht geeignet, eine fehlende Eignung zum Umzug zu belegen. Zum anderen ergibt sich aus deren Inhalt auch keine Unzumutbarkeit. Soweit der behandelnde Arzt einen Umzug in eine kleinere Wohnung für wenig ratsam hält, ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin bereits mit ihrer Wohnung von 47,43 m² eine Wohnung bewohnt, die sich annähend in dem nach der Wohnflächenverordnung angemessenen Rahmen von 45 m² bewegt, so dass sie nicht zwingend gehalten ist, eine erheblich kleinere Wohnung anzumieten, sondern lediglich eine, die sich im Rahmen der Kostenangemessenheit bewegt. Zum anderen steht auch der Hinweis des behandelnden Arztes, wonach die Klägerin einen Umzug nicht allein bewältigen könne, einem solchen nicht entgegen. Denn der Beklagte wäre grundsätzlich verpflichtet gewesen, etwaige im Zusammenhang mit einen Umzug entstehende notwendige Aufwendungen, also auch solche für Umzugshelfer, zu übernehmen.

 

Nach alledem beschränkt sich der monatliche Anspruch der Klägerin auf Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 31. Mai 2017 bis zum 31. Dezember 2017 auf eine angemessene Bruttokaltmiete i. H. v. 284,25 € (4,8921 €/m² + 1,4244 €/m² x 45 m²) und Heizkosten in Höhe von 42,69 € mithin insgesamt auf 326,94 €. Für die Zeit vom 1. Januar 2017 bis zum 31. März 2017 ergibt sich ein monatlicher Betrag von 288,51 € (6,4112 €/m² [4,8921 €/m² + 1,4244 €/m²] x 1,5 % [+ 0,0947475 €] = 6,4112 €/m² x 45 m²) und Heizkosten von 42,69 €, mithin insgesamt 331,20 €. Für die Zeit vom 1. April 2018 bis zum 30. April 2018 beläuft sich die kostenangemessene Bruttokaltmiete auf 290,25 € (4,99 € + 1,46 € = 6,45 €/m² x 45 m²), so dass sich zuzüglich der Heizkosten in Höhe von 42,69 € ein Betrag von 332,94 € ergibt.

 

Da der Beklagte selbst der Klägerin mit Änderungsbescheid vom 8. April 2021 in Umsetzung des Urteils des Sozialgerichts Leipzig vom 17. Februar 2021 nur 319,03 € (1. Mai 2017 bis 31. Dezember 2017) bzw. 324,00 € (1. Januar 2018 bis 30. April 2018) monatlich bewilligt hat ist er zur Bewilligung des Differenzbetrages zu verurteilen. Für die Zeit vom 1. Mai 2017 bis zum 31. Dezember 2017 verbleibt damit noch ein offener Betrag von 7,91 € (326,94 € - 319,03 €) monatlich, d.h. für 8 Monate insgesamt 63,28 € (7,91 € x 8 Monate), für die Zeit ab dem 1. Januar 2018 bis zum 31. März 2018 ein offener Betrag von 8,05 € monatlich (332,05 € - 324,00 €), d.h. für 3 Monate 21,60 € (7,20 € x 3 Monate), und für die Zeit vom 1. April 2018 bis zum 30. April 2018 ein offener Betrag von 8,94 € monatlich (332,94 € - 324,00 €). Insgesamt stehen der Klägerin somit für den streitigen Zeitraum vom 1. Mai 2017 bis zum 30. April 2018 höhere Leistungen von 93,82 € (63,28 € + 24,15 € + 8,94 €) zu. Im Übrigen bleibt die Berufung ohne Erfolg.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das gegenseitige Unterliegen in beiden Rechtszügen. Mit der Klage begehrte die Klägerin die Anerkennung der tatsächlichen monatlichen Aufwendungen in Höhe von 350,00 € und damit den zum Zeitpunkt der Klageeinreichung vom Beklagten nicht gewährten Differenzbetrag von monatlich 37,74 €, mithin insgesamt für den streitigen Zeitraum von 12 Monaten einen Betrag in Höhe von 452,88 €, wovon der Klägerin letztlich insgesamt 197,49 €, insgesamt 43,60 % zugesprochen worden sind. Unter Berücksichtigung des erstinstanzlichen Obsiegens der Klägerin stand im Berufungsverfahren noch ein monatlicher Differenzbetrag von 30,97 € (für die Zeit vom 1. Mai 2017 bis zum 31. Dezember 2017) sowie in Höhe von 26,00 € (für die Zeit vom 1. Januar 2018 bis zum 30. Mai 2018), mithin insgesamt noch 351,76 € im Streit, hinsichtlich dessen die Klägerin mit 96,37 € = 27,39 % obsiegt hat. Unter Berücksichtigung der vorgenannten erst- und zweitinstanzlichen Anteile erachtet der Senat somit eine Kostenquote von 2/5 (= 40 %) für sachgerecht. In Höhe dieses Anteils unterliegt der Beklagte und hat der Klägerin deren außergerichtliche Kosten zu erstatten.

 

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.

 

 

Rechtskraft
Aus
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