(Folge-)Kosten, die auf einer zu Unrecht nicht erfolgten Leistungsgewährung von Kosten der Unterkunft beruhen, können ihrerseits Kosten der Unterkunft darstellen.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.10.2021 insoweit abgeändert, als der Bescheid vom 03.01.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2017 abgeändert und der Beklagte verurteilt wird, dem Kläger für die Zeit vom 01.09.2016 bis 28.02.2017 monatlich jeweils weitere 2,60 Euro für die Kosten der Unterkunft zu zahlen sowie als der Bescheid des Beklagten vom 12.04.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2017 aufgehoben wird sowie als der Bescheid vom 23.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2017 abgeändert wird und der Beklagte verurteilt wird, dem Kläger für die Zeit vom 01.03.2017 bis 31.03.2017 weitere 2,60 Euro, für die Zeit vom 01.04.2017 bis 30.04.2017 weitere 1.818,07 Euro, für die Zeit vom 01.05.2017 bis 31.05.2017 weitere 137,95 Euro, für die Zeit vom 01.06.2017 bis 30.06.2017 weitere 227,95 Euro sowie für die Zeit vom 01.07.2017 bis 31.08.2017 monatlich jeweils weitere 133,95 Euro an Kosten der Unterkunft zu gewähren.
Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt 1/10 der außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden
Rechtszügen
Tatbestand
Der Kläger begehrt für den Zeitraum September 2016 bis August 2017 weitere Kosten der Unterkunft vom Beklagten.
Der 1954 geborene Kläger stand vor dem streitgegenständlichen Zeitraum seit geraumer Zeit im Leistungsbezug des Beklagten nach dem SGB II. Am 17.12.1998 erteilte der 1978 geborene Sohn des Klägers diesem eine Generalvollmacht, wonach der Kläger u.a. berechtigt sei, Vermögenserwerbungen und –veräußerungen sowie Belastungen vorzunehmen, Verbindlichkeiten jeder Art auch in vollstreckbarer Form einzugehen sowie es ihm gestattet sei, im Namen des Auftraggebers mit sich in eigenem Namen oder als Vertreter Dritter Rechtsgeschäfte abzuschließen. Am 23.06.2005 wurde der Sohn des Klägers als alleiniger Eigentümer eines Miteigentumsanteils von 158 Tausendsteln an dem 269 qm großen, mit einem 5,5-geschossigen Wohn- und Geschäftshaus bebauten Grundstück G1-str. in S1 (Flurstück xxxx) verbunden mit dem Sondereigentum an der 74 qm großen Wohnung im Untergeschoss in das Grundbuch von S1 eingetragen. Zuvor hatte der Kläger nach seinen Angaben im Jahr 1997 im Wege einer Zwangsversteigerung Eigentum an dieser Wohnung erworben. Der Eigentumsübergang erfolgte im Jahr 2005 vom Kläger auf dessen Sohn. Der Kläger vertrat seinen Sohn nach dessen Angaben hierbei mit der oben genannten Generalvollmacht. Zunächst lebten der Kläger und sein Sohn, sowie später auch die Ehefrau des Sohnes und ihr gemeinsames Kind gemeinsam in der Wohnung. Späterhin verblieb der Kläger alleine in der Wohnung.
Der Kläger legte während seines Leistungsbezuges bei dem Beklagten zum Nachweis seiner Aufwendungen für die Mietkosten bezüglich der im Eigentum seines Sohnes stehenden Wohnung im Laufe der Zeit mehrere Mietverträge wie folgt vor: Mietvertrag vom 01.08.2005 geschlossen zwischen ihm und Frau N1, wohnhaft in O1, in D1. Der Mietgegenstand bezog sich auf ein Zimmer von 16 qm im Erdgeschoss in der G1-str. in S1. Der Mietzins betrug 300,00 Euro warm. Ein weiterer Mietvertrag vom 01.07.2010 wiederum geschlossen zwischen denselben Parteien bezüglich nunmehr zwei Zimmern mit 32 qm in der G1-str. in S1 sah einen Mietzins in Höhe von 350,00 Euro kalt vor. Eine Regelung zu Nebenkosten enthielt der Vertrag nicht. Der Kläger legte in dem Zusammenhang mit den eingereichten Mietverträgen nicht die Eigentümerstellung seines Sohnes an der Wohnung offen.
Der Kläger legte in der Folge Quittungen/Bestätigungen über Mietzahlungen an „D2“ wie folgt vor: Quittung vom 07.01.2014 über einen Gesamtbetrag in Höhe von 377,19 Euro bestehend aus 350,00 Euro Miete und 27,19 Euro „NK“. Quittung vom 03.07.2014 über einen Gesamtbetrag in Höhe von 377,19 Euro bestehend aus 350,00 Euro Miete und 27,19 Euro „NK“. Bestätigung über eine „regelmäßige Miete“ von 350,00 Euro sowie Nebenkosten von 27,00 Euro „Bezahlung von J1“ vom 27.07.2014. Quittung vom 23.01.2015 wie folgt:
„Verwendungszweck: Miete + NK G1-straße in S1
Betrag Euro 350 + 27,19 x 6 Mon. = 2263,14
Betrag in Worten
von J1
für August; September, Oktober; November, Dezember 2014
Januar 2015“
Anfang 2015 erhielt der Beklagte über das Grundstücks-Informationssystem (GrundIS) sodann Kenntnis von der Eigentümerstellung des Herrn „T1, J2“. Der Beklagte führte in der Folge zur Sachverhaltsaufklärung, ob es sich bei der genannten Person um den Kläger selbst handele, ein Telefonat mit diesem, in dessen Rahmen der Kläger angab, nicht die Person zu sein, die im Grundbuch eingetragen sei. Der Kläger gab bezüglich der Mietzahlungen ferner an, Frau N2 lebe in D1. Die Mietzahlungen würden dieser in bar über reisende Mittelsmänner übergeben.
Der Beklagte veranlasste sodann einen Hausbesuch (10.02.2015) beim Kläger. Der Kläger gab u.a. an, alleine in der Wohnung zu wohnen. Nachdem der Beklagte ferner Kenntnis davon erlangt hatte, dass es sich bei der im Grundbuch eingetragenen Person um den Sohn des Klägers handelte, dieser selbst im SGB-II-Leistungsbezug stand und die Eigentümerstellung gegenüber dem Leistungsträger verschwiegen hatte, forderte der Beklagte den Kläger zur Mitwirkung auf und bat um diverse Auskünfte.
Mit Bescheid vom 06.02.2015 bewilligte der Beklagte SGB-II-Leistungen ohne Kosten der Unterkunft für den Zeitraum Februar bis Juli 2015. Aufgrund Weiterbewilligungsantrages bewilligte der Beklagte wiederum SGB-II-Leistungen ohne Kosten der Unterkunft für den Zeitraum August 2015 bis Januar 2016. Aufgrund neuerlichen Weiterbewilligungsantrages bewilligte der Beklagte wiederum Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum Februar bis Juli 2016 und berücksichtigte dabei den Regelbedarf sowie als Kosten der Unterkunft Abschläge für Gas, Wasser und Schmutzwasser. Änderungsbescheide ergingen am 30.03.2016 sowie am 08.04.2016. Sodann erging aufgrund Weiterbewilligungsantrages eine den Monat August 2016 betreffende Leistungsbewilligung.
In einem aktenkundigen Schreiben des Klägers vom 25.08.2015 gegenüber dem Beklagten hat der Kläger unter anderem angegeben, er bestreite bis heute, dass T2 sein Sohn sei, welcher ein außereheliches Kind sei. Dieser würde ihn auch nicht als Vater anerkennen. Er gab ferner an, „D2“ sei „Geldgeber/Finanzier“.
Der Kläger reichte sodann einen weiteren Mietvertrag zur Akte des Beklagten. Dieser Mietvertrag datiert auf den 01.01.2016. Er ist geschlossen zwischen „T3 (in Auftrag N3)“ und dem Kläger und bezieht sich auf „2 Möbelierte Zimmer Küchen Box Bad/WC 32 qm“ in der G1-str. in S1 im EG. Die monatliche Grundmiete beträgt 450,00 Euro, die Betriebskosten betragen 36,68 Euro. Zahlungsempfänger ist T3. Als Beginn des Mietverhältnisses ist der 01.01.2015 angegeben. Ferner reichte der Kläger späterhin am 17.07.2017 einen weiteren Mietvertrag zur Akte des Beklagten, welcher wiederum auf den 01.01.2016 datiert. Er ist geschlossen zwischen „T3“ und dem Kläger und bezieht sich auf „Erdgeschoß 100qm“ sowie „3 Zimmer + Küche + Bad WC“. Die monatliche Grundmiete beträgt 450,00 Euro, die Betriebskosten betragen 36,68 Euro.
Mit Bescheid vom 24.08.2016 bewilligte der Beklagte sodann vorläufig Leistungen für die Zeit vom 01.09.2016 bis 28.02.2017 in Höhe von 477,00 Euro monatlich, bestehend aus dem Regelbedarf sowie Unterkunftsbedarf wie folgt: Abschläge für Gas 52,00 Euro, Wasser 14,00 Euro und Schmutzwasser 7,00 Euro, wogegen der Kläger Widerspruch erhob. Mit Änderungsbescheid vom 03.01.2017 wurden die Leistungen für den Zeitraum vom 01.09.2016 bis 28.02.2017 zum einen endgültig bewilligt und ferner ab Januar 2017 ein höherer Regelbedarf in Höhe von 409,00 Euro berücksichtigt.
Aufgrund Weiterbewilligungsantrags bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 23.02.2017 für den Zeitraum 01.03.2017 bis 31.08.2017 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von monatlich 482,00 Euro bestehend aus dem Regelbedarf sowie Abschläge für Gas in Höhe von 52,00 Euro, Wasser in Höhe von 14,00 Euro und Schmutzwasser in Höhe von 7,00 Euro, wogegen der Kläger Widerspruch erhob.
Der vom Kläger aufgrund eines von ihm mit der E1 geschlossenen Versorgungsvertrages zu entrichtende Gasabschlag betrug für die Zeit bis 18.03.2017 52,00 Euro und seit April 2017 179,00 Euro. Der neue Abschlag war erstmalig zum 18.04.2017 zu entrichten. Die vom Kläger aufgrund eines von ihm mit der E1 geschlossenen Versorgungsvertrages zu entrichtenden Abschläge für Wasser und Schmutzwasser betrugen für die Zeit bis 18.03.2017 14,00 Euro (Wasser) und 7,00 Euro (Schmutzwasser) und seitdem 13,00 Euro (Wasser) und 6,00 Euro (Schmutzwasser). Auch insoweit war der neue Abschlag erstmalig zum 18.04.2017 zu entrichten. Mit Jahresrechnung vom 27.03.2017 wurde bezüglich des Gasverbrauchs im vorhergehenden Abrechnungszeitraum eine Nachzahlung in Höhe von 1.595,43 Euro mit Fälligkeit zum 10.04.2017 festgesetzt. Mit Jahresrechnung vom 24.03.2017 bezüglich Strom, Wasser, Schmutzwasser erhielt der Kläger ein Guthaben in Höhe von 86,30 Euro.
Mit Schreiben vom 12.04.2017 wurde der Kläger dazu angehört, dass er für die Zeit vom 01.04.2017 bis 30.04.2017 Leistungen zu Unrecht bezogen habe, weil die Heizkosten lediglich anteilig zu berechnen seien. Mit Änderungsbescheid vom 12.04.2017 wurden dem Kläger für die Zeit vom 01.04.2017 bis 31.08.2017 Leistungen in Höhe von nur noch 449,14 Euro bewilligt. Der Leistungsberechnung lagen der Regelbedarf sowie Abschläge für Gas in Höhe von 36,25 Euro, Wasser in Höhe von 2,63 Euro sowie Schmutzwasser in Höhe von 1,26 Euro zugrunde.
Am 04.05.2017 fand vor dem Sozialgericht (SG) Stuttgart in den Verfahren S 18 AS 468/17 sowie S 18 AS 513/17 ein Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage statt. Der Kläger trug u.a. vor, die Wohnung in der G1-straße im Wege einer Zwangsversteigerung erworben zu haben. Er habe die Wohnung dann 2005 seinem Sohn übertragen. Er habe 40.000 Euro von Verwandten erhalten. Maßgeblich beteiligt an dieser Vereinbarung sei N3 gewesen, welche das Oberhaupt der Familie sei und weitere Mitglieder repräsentiere. Er habe die Miete, die eigentlich seinem Sohn zugestanden habe, an Frau N3 zur Abbezahlung des Darlehens in Höhe von 40.000 Euro gezahlt. Auf Drängen des Beklagten zahle er die Miete nun an seinen Sohn in bar.
Mit Schreiben vom 08.05.2017 forderte der Beklagte Belege über die Mietzahlungen der letzten sechs Monate an. Mit Schreiben vom 10.05.2017 teilte der Kläger dem Beklagten mit, er habe keine Miete mehr gezahlt, seitdem der Beklagte es verweigert habe, ihm Geld für Miete zu zahlen. Ihm sei deshalb gekündigt worden und er werde „Dank D2“ „bis jetzt Schuldner geduldet bis eine Sozialgericht Entscheidung“.
Am 18.05.2017 fand ein weiterer Hausbesuch beim Kläger statt. Bezüglich des hohen Gasverbrauchs gab der Kläger an, zweimal täglich zu duschen, weil ein Nachbar zu ihm gesagt habe, er stinke.
Mit Schreiben vom 01.06.2017 teilte die E1 dem Kläger mit, es seien aus dem Gasversorgungsvertrag aktuell Beträge in Höhe von 1.970,35 Euro offen. Mit Schreiben vom 30.06.2017 bezifferte die E1 die Rückstände auf insgesamt 2.239,35 Euro. Aufgrund Zahlungsrückständen wurde die Gasversorgung zum 27.07.2017 unterbrochen.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 25.07.2017 wurden die Widersprüche vom 06.02.2017 sowie 27.03.2017 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde u.a. dargelegt, es könne nach Überprüfung aller eingereichter Unterlagen, der vom Kläger getätigten Aussagen und eingereichten Nachweise der Nachweis, dass der Kläger tatsächlich zur Zahlung von Miete verpflichtet sei, von diesem nicht geführt werden. Die Nachzahlung der Gas-Jahresabrechnung vom 27.03.2017 sei zu Recht abgelehnt worden, der Gasverbrauch habe sich schlagartig erhöht, im gleichen Jahresmittel sei der Strom- und Wasserverbrauch indessen zurückgegangen.
In einem Telefonat vom 27.07.2017 zwischen dem Beklagten und dem Kläger teilte dieser mit, er habe „in den Anfangsjahren Gas bei anderen Bewohnern gestohlen“, deswegen sei sein Verbrauch im vergangenen Zeitraum so hoch gewesen. Er habe auch deswegen einen geringeren Verbrauch gehabt, weil er nicht in der Wohnung gewohnt habe.
Der Kläger hat am 28.08.2017 Klage zum SG Stuttgart gegen die Widerspruchsbescheide vom 25.07.2017 erhoben (Aktenzeichen S 21 AS 4885/17).
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten.
Am 16.11.2018 hat das SG Stuttgart u.a. im Verfahren S 21 AS 4885/17 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten durchgeführt. Der Kläger hat u.a. vorgetragen, im Haus würden insgesamt 10 Parteien leben. Jede Wohnung und jede Partei habe ihre eigene Heizungsanlage und Gasversorgung. Sein Gasverbrauch sei enorm angestiegen, weil er zum damaligen Zeitpunkt die Beziehung zu seiner Freundin beendet habe bzw. diese verstorben sei. Zum Zeitpunkt der Beziehung habe er sich nicht so häufig in seiner Wohnung aufgehalten, danach wieder mehr und er habe daher auch mehr Gas verbraucht. Er habe Schulden bei der E1. Man habe ihm das Gas abgestellt und er beziehe seit Sommer letzten Jahres kein Gas mehr. Er heize derzeit mit Strom. Deswegen seien die Stromkosten gestiegen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG Stuttgart am 20.10.2021 u.a. zum Verfahren S 21 AS 4885/17 hat der Kläger u.a. vorgetragen: „Ich habe die Wohnung in der G1-straße am 16.05.1997 bei einer Zwangsversteigerung erworben. Zum damaligen Zeitpunkt war die Wohnung mit 76 m² beworben. Wir haben dann im weiteren Verlauf die Wohnung aufgeräumt und renoviert. Dabei haben wir festgestellt, dass einige Wände zugemauert waren, d. h., hinter den zugemauerten Wänden haben sich weitere Räume ergeben, sodass die Wohnung insgesamt wahrscheinlich eine Gesamt-Größe von etwa 100 m² hat.“ Ferner hat der Kläger angegeben: „Ich konnte die Miete an meinen Sohn nicht zahlen, weil ich kein Geld vom Jobcenter bekommen habe. Hätte ich Geld gehabt, hätte ich es gegen Quittung meines Sohnes nach Bulgarien direkt geschickt.“ Zu den Heizkosten hat der Kläger erklärt: „Zu der hohen Nachforderung kam es auch aus folgenden Gründen: Ich habe in den Jahren davor keine Ablesung durch die E1 gehabt. Die E1 hat von mir verlangt, dass ich die Heizkosten schriftlich mitteile. Ich habe hierbei immer einen kleineren Zählerstand angegeben, weil ich die Heizkosten sonst nicht hätte begleichen können. Als es dann zu der Nachzahlung kam, hat die E1 abgelesen und den tatsächlichen Zählerstand festgestellt. Es kam deshalb zu der extremen Nachforderung.“ Weiter hat der Kläger erklärt: „Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal korrigieren. Wahrscheinlich hat es sich bei meinem vorher Gesagten eher um eine Vermutung gehandelt. Ich denke, es war eher so, dass ich in den Vorjahren überhaupt keinen Zählerstand gemeldet habe und die E1 den Zählerstand daher geschätzt hat. Als es dann zu einem Austausch des Gaszählers kam, ist der Zählerstand abgelesen worden und hierbei der tatsächliche Verbrauch festgestellt worden, hieraus resultierte dann die extreme Nachforderung.“.
Der Kläger hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung beantragt, den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 24.08.2016 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 03.01.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.07.2017 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01.09.2016 bis 28.02.2017 monatlich weitere Leistungen für Unterkunft in Höhe von 450,00 Euro nebst Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 36,68 Euro zu gewähren, sowie ferner, den Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 23.02.2017 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 12.04.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.07.2017 zu verurteilen, ihm für März 2017 weitere Leistungen für Unterkunft in Höhe von 450,00 Euro nebst Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 36,68 Euro und für die Zeit vom 01.04. bis 31.08.2017 monatlich weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 644,55 Euro (450,00 Euro Mietzins, 36,68 Euro Betriebskostenvorauszahlung, 179,00 Euro Gas, 13,00 Euro Wasser, 6,00 Euro Schmutzwasser abzüglich bereits geleisteter Abschläge in Höhe von 40,14 Euro) sowie weiteren einmaligen 1.595,43 Euro für April 2017 zu gewähren.
Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 20.10.2021). Zur Begründung hat es dargelegt, der Kläger sei keiner wirksamen Zahlungsverpflichtung ausgesetzt gewesen. Die für die streitigen Zeiträume vorgelegten „Mietverträge“ seien als Scheingeschäfte (§ 117 BGB) zu qualifizieren. Ferner habe sich die Kammer nicht davon überzeugen können, dass es sich bei den Abschlägen für Wasser, Abwasser und Gas sowie bei der am 10.04.2017 fälligen Gaskostennachzahlung in vollem Umfang um notwendige und übernahmefähige Aufwendungen gehandelt habe, die tatsächlich und untrennbar mit der Nutzung des vom Kläger bewohnten Apartments verbunden gewesen seien.
Gegen das ihm am 29.10.2021 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.11.2021 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung ist dargelegt worden, die Klage werde gemäß § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG erweitert, was den Antrag auf die Nachzahlung der Kosten für das Gas mit einmalig 2.239,35 Euro statt wie in erster Instanz 1.595,43 Euro anbelange. Die Klagerweiterung sei zulässig, da der Klagegrund gleich bleibe. Ferner habe der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum zur Zahlung einer Miete nur das Geld weiterleiten können, das er von dem Beklagten erhalten habe. Daher könnten fehlende Überweisungen oder Quittungen kein Beleg dafür sein, dass die Miete nicht ernsthaft gefordert worden sei. Da der Kläger von dem Beklagten kein Geld für die Unterkunft erhalten habe, habe er auch keines weiterleiten können. Dass der Kläger keine schriftlichen Mahnungen des Sohnes vorlegen könne, sei unter Familienangehörigen durchaus nichts Ungewöhnliches. Insbesondere glaubhaft sei die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung der Nebenkosten gemäß Wirtschaftsplan. Es erscheine gänzlich unwahrscheinlich, dass die Nebenkosten vom Sohn übernommen worden seien. Die Angaben des Sohns im Verfahren S 22 AS 5522/17 seien teilweise als Schutzbehauptung zu werten. Soweit seitens der Beklagten die Zahlung der tatsächlichen Heizkosten verweigert und dabei lediglich eingewandt worden sei, die tatsächlichen Heizkosten seien zu hoch und widersprächen den angemessenen Beträgen, würde dieser Einwand nur dann tragen, wenn an den Kläger vor der Verweigerung der Kostenübernahme eine Kostensenkungsaufforderung in Bezug auf die Heizkosten geschickt worden wäre, was nicht geschehen sei. Die letzte aktenkundige Rechnung der E1 vom 05.07.2017 an den Kläger betrage 2.239,35 Euro.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 20.10.2021 sowie den Bescheid des Beklagten vom 12.04.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2017 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 03.01.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2017 sowie vom 23.02.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2017 zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 01.09.2016 bis 31.08.2017 die tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Er hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und trägt ergänzend vor, die Nichtzahlung der Miete habe bis heute keinerlei Konsequenzen für den Kläger gehabt, so dass ein ernsthaftes Mietzinsverlangen nicht erkennbar sei. Der Vortrag, dass im familiären Umfeld keine Mahnung o.ä. üblich seien, könne nicht greifen. Eine Mahnung zur Zahlung des geschuldeten Mietzinses oder die gerichtliche Geltendmachung führe ja nicht automatisch zur Obdachlosigkeit, sondern wären zur Feststellung und Sicherung der Schuld sinnvoll. Der angebliche Vermieter der Wohnung habe keinerlei Schritte eingeleitet, so dass klar sei, dass der Kläger die Miete nicht zahlen habe müssen und auch nicht gezahlt habe – ohne dass dies Konsequenzen für ihn gehabt hätte. Zudem habe der Kläger mehrere der abgetrennten Wohneinheiten teilweise parallel genutzt, ohne dass klar gewesen wäre, welche Nebenkosten welcher Wohneinheit zuzuordnen seien.
Der Senat hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 26.02.2025 den Sohn des Klägers, T3, als Zeugen geladen. Dieser ist erschienen, hat sich auf sein Zeugnisverweigerungsrecht als Sohn des Klägers berufen und erklärt, er wolle keine Angaben zur Sache machen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen statthafte Berufung des Klägers ist teilweise begründet, was aus der teilweisen Begründetheit der bei dem SG Stuttgart zulässig erhobenen kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (S 21 AS 4885/17) nach §§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, 56 SGG folgt.
I. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Urteil des SG Stuttgart vom 20.10.2021 im Verfahren S 21 AS 4885/17 sowie der Bescheid des Beklagten vom 03.01.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2017, mit dem Leistungen für die Zeit vom 01.09.2016 bis 28.02.2017 bewilligt wurden. Aufgrund des Bescheides vom 03.01.2017, mit dem eine endgültige Bewilligung vorgenommen wurde, hat sich der Bescheid vom 24.08.2016, mit dem zunächst vorläufig Leistungen bewilligt worden waren, auf sonstige Weise erledigt (§ 39 Abs. 2 SGB X) (vgl. Dietrich Hengelhaupt in: Hauck/Noftz SGB II, 9. Ergänzungslieferung 2024, § 41a SGB 2, Rn. 124). Der Bescheid vom 03.01.2017 wurde gemäß § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens. Ferner ist streitgegenständlich der Bescheid vom 23.02.2017 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 12.04.2017, mit dem Leistungen für die Zeit vom 01.03.2017 bis 31.08.2017 bewilligt worden sind. Der Änderungsbescheid vom 12.04.2017, mit dem im Vergleich zur Vorbescheidung vom 23.02.2017 geringere Bedarfe für Gas und Wasser sowie Schmutzwasser berücksichtigt wurden, wurde gemäß § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens. Streitbefangen sind somit die Bewilligungszeiträume vom 01.09.2016 bis 28.02.2017 sowie vom 01.03.2017 bis 31.08.2017.
Soweit der Kläger im Berufungsverfahren bezüglich des Leistungsmonats April 2017 höhere Kosten der Unterkunft begehrt als im vorhergehenden erstinstanzlichen Verfahren stellt dies vorliegend keine Klageänderung im Sinne des § 99 SGG dar, denn als seine solche ist es nach § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG nicht anzusehen, wenn der Klageantrag – wie vorliegend – in der Hauptsache erweitert wird. Insoweit kommt es hier auf das Vorliegen der bei einer Klageänderung erforderlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 99 Abs. 1 SGG nicht an.
II. Der Kläger hat den Streitgegenstand zulässigerweise auf die Kosten der Unterkunft beschränkt, weil es sich insoweit bei der Verfügung über Unterkunfts- und Heizungskosten um eine abtrennbare Verfügung (= Verwaltungsakt i. S. des § 31 SGB X) des Gesamtbescheides handelt und damit das Gericht bei entsprechendem Antrag auch lediglich über diese Position des Anspruchs auf Arbeitslosengeld II befinden muss. Zwar sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) bei einem Streit um höhere Leistungen grundsätzlich alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu prüfen. Jedoch kann ein Bescheid im Einzelfall gleichwohl mehrere abtrennbare Verfügungen (Verwaltungsakte i. S. des § 31 SGB X) enthalten. Um eine derartige eigenständige, abgrenzbare Verfügung handelt es sich bei dem Betrag für Unterkunft und Heizungskosten (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 8/06 R –, juris Rn. 18, 19).
Die Grundsicherung für Arbeitsuchende umfasst nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 SGB II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig sind (Nr. 2), hilfebedürftig sind (Nr. 3) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4) (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichendaus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.d.F.v. 13.05.2011 erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II. Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II umfassen die Leistungen den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt soweit diese angemessen sind.
Der Senat hat zunächst keine Zweifel daran, dass der volljährige Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum erwerbsfähig und hilfebedürftig war, die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte, mithin die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 SGB II gegeben sind.
Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass ihm der Beklagte höhere Kosten der Unterkunft in dem tenorierten Umfang gewährt. Der Kläger hat für die Leistungsmonate September 2016 bis März 2017 einen weiteren Anspruch auf Kosten der Unterkunft in Höhe von jeweils 2,60 Euro, für den Leistungsmonat April 2017 einen weiteren Anspruch auf Kosten der Unterkunft in Höhe von 1.818,07 Euro, für den Leistungsmonat Mai 2017 in Höhe von 137,95 Euro, für den Leistungsmonat Juni 2017 in Höhe von 227,95 Euro und für die Leistungsmonate Juli 2017 bis August 2017 jeweils in Höhe von 133,95 Euro. Dies folgt aus § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II.
1. Übernahmefähig gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind u.a. die tatsächlichen Mietkosten, Nutzungsentschädigungen oder sonstige die Unterkunft sichernde Zahlungen. Erforderlich aber auch ausreichend ist insoweit, dass der Leistungsberechtigte einer wirksamen und nicht dauerhaft gestundeten, ernsthaften Mietzinsforderung ausgesetzt ist, da bei Nichtzahlung der Miete Wohnungslosigkeit droht, was § 22 Abs. 1 SGB II verhindern will. Der Mietvertrag muss nicht zwingend zwischen Vermieter und dem Leistungsberechtigten abgeschlossen worden sein, solange feststeht, dass der Leistungsberechtigte im Innenverhältnis rechtlich wirksam zur Kostentragung verpflichtet ist. Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft, die auf einer zivilrechtlich unwirksamen Grundlage beruhen, können und dürfen nicht dauerhaft aus öffentlichen Mitteln bestritten werden. Falls dem Leistungsberechtigten zu Unrecht Leistungen versagt werden, dadurch Mietschulden und dann in der Folge weitere Kosten entstehen, gehören diese auch zu den Unterkunftsbedarfen. Ob ein wirksames Mietverhältnis zwischen Familienangehörigen vorliegt oder ob es sich um ein Scheingeschäft (§ 117 BGB), handelt, beurteilt sich nach den tatrichterlichen Feststellungen der Umstände des jeweiligen Einzelfalls. Wie sonst unter Dritten auch, muss aber der Leistungsberechtigte einer wirksamen, nicht dauerhaft gestundeten Mietforderung ausgesetzt sein und diesbezüglich kommt es auf die Glaubwürdigkeit der vorgetragenen Tatsachen und auf die feststellbaren Indizien an, aus denen sich die richterliche Überzeugung speist (vgl. zum Vorstehenden Luik/Harich/Luik, 6. Aufl. 2024, SGB II § 22 Rn. 55-60, beck-online).
Es darf sich bei der behaupteten Abrede mithin nicht um ein so genanntes Scheingeschäft handeln. Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäfts hervorrufen, die mit dem Geschäft verbundenen Rechtsfolgen aber nicht eintreten lassen wollen. Ein Fremdvergleich im Sinne der finanzgerichtlichen Rechtsprechung, dass Verträge zwischen nahen Angehörigen tatsächliche Aufwendungen im Rahmen eines Mietverhältnisses nur dann begründen, wenn sie nach Inhalt und tatsächlicher Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen, ist nicht gefordert. Einzig der in der Formel des Bundesfinanzhofs (BFH) enthaltene Gesichtspunkt des tatsächlichen Vollzugs des Vertragsinhalts, also insbesondere die Feststellung, ob die Absicht bestand oder besteht, den vereinbarten Mietzins zu zahlen, spielt auch im Falle der Grundsicherung eine Rolle (BSG, Urteil vom 03.03.2009 – B 4 AS 37/08 R –, juris Rn. 26, 27). Zu prüfen ist folglich, ob der Mietvertrag so, wie er „auf dem Papier stand“, im streitigen Zeitraum praktiziert worden ist oder ob es Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Mietvertrag möglicherweise aufgehoben oder zumindest erheblich modifiziert worden ist (vgl. LSG Hamburg, Urteil vom 06.08.2020 – L 4 AS 49/19 –, juris Rn. 31). Die Frage, ob es sich um ein Scheingeschäft handelt, beurteilt sich insoweit nach den tatrichterlichen Feststellungen der Umstände des jeweiligen Einzelfalls (vgl. BSG, Urteil vom 03.03.2009 – B 4 AS 37/08 R –, juris). Diesbezüglich kommt es auf die Glaubwürdigkeit der vorgetragenen Tatsachen und auf die feststellbaren Indizien an (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.11.2012 – L 2 AS 5209/11 –, juris). Maßgeblich ist mithin, ob der Senat aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens zur Überzeugung gelangt, dass vorliegend tatsächlich die für einen Mietvertrag charakteristischen Hauptpflichten, welche sich aus § 535 BGB ergeben, gelebt wurden. Diese Überzeugung vermochte der Senat nicht zu gewinnen.
Aus Sicht des Senats konnte der Kläger nicht den Vollbeweis einer wirksamen nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung führen. Eine Tatsache ist erst dann als bewiesen anzusehen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles – nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung – geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen. Erforderlich ist danach ein der Gewissheit nahekommender Grad der Wahrscheinlichkeit.
Der Senat hat sich unter Berücksichtigung des Nachfolgenden nicht davon überzeugen können, dass sich der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum einer wirksamen nicht dauerhaft gestundeten Mietzinsforderung ausgesetzt sah.
Bereits die vom Sohn des Klägers getätigten Ausführungen im Rahmen seiner Klagebegründung – Eingang beim SG Stuttgart am 28.09.2017 – im Verfahren S 22 AS 5522/17 (in dessen Rahmen sich der Sohn gegen eine Erstattungsforderung des Beklagten wendete) begründen aus Sicht des Senats erhebliche Zweifel am Vorliegen einer ernsthaften Mietzinsverpflichtung. Ausgangspunkt der Eigentumsübertragung im Jahr 2005 vom Kläger auf seinen Sohn war demnach ein finanzieller Engpass des Klägers. Es seien seinerzeit im Familienkreis mehrere Varianten (u.a. Wohnungsverkauf, Kreditaufnahme) diskutiert worden. Letztendlich habe man sich für die Variante der Wohnungsübertragung auf den Sohn entschieden. Ferner führte der Sohn aus: „J1 hat Generalvollmacht von T2 und darf von seine Name handeln seine Briefen bekommen u.a. – dadurch hat T2 keine Kenntnis von der Lauf in diese Sache […]. Außer dem T2 kennt sich um solche Sachen gar nicht und weicht solche Sachen wie Teufel Weihwasser! In damalige Zeitpunkt in seine damalige Alte war er ziemlich vernebelt … J1 hat teil auf alle Versammlungen per diese Generalvollmacht genommen und bei alle Gerichtsverhandlungen mit G2-straße statt ihm gewesen. T2 hat bis heute keine Bock seine eigene Papieren zu erledigen und wen wo es möglich ist läst jemand andere es machen.“
Diesen Darlegungen des Sohns des Klägers entnimmt der Senat zum einen, dass Ausgangspunkt der Eigentumsübertragung eine Form der familiären Hilfestellung war, um dem in eine finanzielle Schieflage geratenen Kläger zu helfen. Ferner entnimmt der Senat diesen Ausführungen, dass der Sohn des Klägers noch Ende des Jahres 2017 seinem Vater die Führung der mit der Eigentumswohnung verbundenen Verwaltungsaufgaben überlassen hat. Dem entspricht sodann auch die weitere Ausführung des Sohns des Klägers in der oben genannten Klagebegründung: „In Bezug J1 als Mieter - war nicht T2 Vermieter Sondern D2 als Vertreterin des Familie in Bulgarien.“. Zudem ließ sich auch der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 20.10.2021 vor dem SG Stuttgart dahingehend ein, er habe an seinen Sohn keine Miete bezahlt, weil er kein Geld vom Beklagten bekommen habe. Hätte er Geld gehabt, hätte er es gegen eine Quittung direkt nach Bulgarien geschickt. Offenkundig wird als eigentliche Zahlungsberechtigte/-empfängerin die in Bulgarien lebende Frau N2 betrachtet, obschon im Mietvertrag vom 01.01.2016 geregelt wurde, die Miete sei auf das Konto des Sohns des Klägers zu überweisen. Dass der Kläger – ausweislich der obigen Ausführungen – dieser Regelung im Mietvertrag keine Bedeutung beimaß und ausführte, hätte er Geld gehabt, hätte er dieses direkt nach Bulgarien geschickt, zeigt aus Sicht des Senats, dass das Mietverhältnis, das der Kläger glaubhaft machen will, nicht vollzogen und gelebt wurde.
Der Senat geht vielmehr davon aus, dass das gesamte Konstrukt, welches der Kläger als ernsthafte Mietzinsverpflichtung glaubhaft machen will, lediglich aus dem Grunde gewählt wurde, um bestehende innerfamiliäre finanzielle Verpflichtungen bedienen zu können. Denn auch wenn der Senat das mit der Wohnungsübertragung verbundene finanzielle und familiäre Geflecht aufgrund der wenig konsistenten und nachvollziehbaren Aussagen des Klägers nicht in Gänze zu durchblicken vermag, so konnte der Senat dennoch nachvollziehen, dass eine innerfamiliäre finanzielle Zuwendung entweder an den Kläger selbst oder an den Sohn des Klägers, gegebenenfalls auch an beide, erfolgte, welche zu tilgen war. Der Senat hält es nach dem Akteninhalt für sehr gut möglich, dass in der Folge weder der Kläger noch der Sohn des Klägers in der Lage waren, diesen „Familienkredit“ aus eigenen Einkünften zu bedienen und sodann die Mietverträge zunächst zwischen „D2“ und dem Kläger und später zwischen dem Sohn des Klägers und dem Kläger in erster Linie dem Zweck dienten, Finanzmittel zu akquirieren, um den „Familienkredit“ bedienen zu können. In diese Richtung deuten auch die folgenden Ausführungen des Sohns des Klägers: „T2 obwohl eine Gute Job hat – war trotzdem immer noch nicht in zustand Familienkredit zu tilgen […].J1 ist auch Arbeitslos. Jobcenter verweigert Kostandeckung sowie für Miete/Wohngeld als auch Gas und Stromverbrauch des Gasheizung diese Wohnung. Somit keine von Beide sind fähig was von Familie gegebene Geld zu tilgen und wurden von die Familie unter Drück gesetzt auch wen muss per Verkauf gegebene Geldbetrag zu Tilgen!“ In dieses Bild fügen sich insoweit auch die folgenden Ausführungen in einem Schriftsatz vom 06.06.2018 ein, den u.a. sowohl der Kläger als auch dessen Sohn unterschrieben und im Rahmen des Erörterungstermins vom 07.06.2018 zur Akte im Klageverfahren vor dem SG Stuttgart (Az.: S 22 AS 5522/17) gereicht haben: „Mietvertrag hat T2 an J1 gemacht erst in Zeitpunkt wo er über keine Leistungen von Jobcenter mehr erhalten hat und zwar nach ihm per Jobcenter bekannt gemacht wurde das diese Wohnung auf seinen Namen übertragen wurde. Dieser erster Mietvertrag wurde auch nicht von T2 Name sondern in Vollmacht von D2 gemacht.“ Insoweit wurde auch bereits in einem Schreiben vom 29.01.2016 an den Beklagten des Rechtsanwalts des Sohns des Klägers dargelegt, der Sohn habe keine Mieteinnahmen. Dieser Vortrag wurde späterhin wiederholt. Auch der Kläger selbst hat mit der Berufungsschrift dargelegt, er habe die Miete weitergeleitet, um den Kreditbetrag zu tilgen. Damit steht auch im Einklang, dass auf dem Mietvertrag vom 01.01.2016 als Vermieter „T3 (in Auftrag N3)“ aufgeführt wird und jene auch in den vorhergehenden Mietverträgen als Vermieterin, mithin Empfangsberechtigte, was die vereinbarten Mietzahlungen anbelangt, ausgewiesen wurde. Daran ändert auch der am 17.08.2017 zur Akte des Beklagten gelangte weitere Mietvertrag vom wiederum 01.01.2016 nichts, der den Zusatz „(in Auftrag N3)“ nicht mehr enthält. Unabhängig davon, dass der Mietvertrag manipuliert erscheint, als er einen Zusatz in anderer Farbe – wohl mit Kugelschreiber – zum Datum des Vertragsschlusses enthält, konnte sich der Senat nicht davon überzeugen, dass dieser Vertrag ein zwischen den Parteien gelebtes Mietverhältnis widerspiegelt.
Bereits die vorhergehenden Mietverträge zwischen dem Kläger und Frau N2 spiegeln nach Ansicht des Senats kein gelebtes Mietverhältnis wider, sondern sind vielmehr als Scheingeschäfte zu qualifizieren, welche lediglich dem Zweck dienten, dem Beklagten gegenüber einen Nachweis erbringen zu können, aufgrund dessen dieser Kosten der Unterkunft gewähren sollte, um diese Zahlungen sodann zweckwidrig anderweitig zu verwenden. So sah der Mietvertrag vom 01.08.2005 zwar noch vor, dass die Miete 300,00 Euro warm betrage, im Mietvertrag vom 01.07.2010, welcher schon keine dem Mietvertrag vom 01.08.2005 entsprechende Unterschrift von Frau N3 mehr aufweist, wird sodann nur noch eine Kaltmiete in Höhe von 350,00 Euro geregelt. Das Fehlen einer Abrede über kalte Betriebskosten ist unüblich und spricht gegen eine ernsthafte Mietzinsverpflichtung. Auch in Anbetracht der Quittungen von Frau N2, welche nach Ansicht des Senats aufgrund der Anforderung des Beklagten erstellt worden sind, kann sich der Senat nicht von einem gelebten Mietverhältnis zwischen dem Kläger und Frau N2 überzeugen. Diese nicht gelebten Mietverhältnisse fanden zur Überzeugung des Senats ihre Fortsetzung im nicht gelebten Mietverhältnis zwischen dem Sohn und dem Kläger.
Gegen eine ernsthafte Mietzinsverpflichtung spricht zudem, dass, worauf bereits das SG in der angegriffenen Entscheidung hingewiesen hat, sich aus der Nichtzahlung des Mietzinses seitens des Klägers keinerlei Konsequenzen ergaben. Die Darlegung des Klägers, ihm sei von seinem Sohn gekündigt worden, hält der Senat vor dem Hintergrund, dass seitens der Prozessbevollmächtigten des Sohns des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung im Verfahren S 22 AS 5522/17 dargelegt worden ist, sie habe diesen hinsichtlich möglicher rechtlicher Schritte gegen den Kläger, seinen Vater, beraten, was dieser mit der Begründung abgelehnt habe, man gehe gegen Familienmitglieder nicht vor, für nicht glaubhaft.
Soweit der Kläger sich dahingehend einließ, die Einlassungen seines Sohns im Verfahren S 22 AS 5522/17 seien teilweise als Schutzbehauptung zu werten, teilt der Senat diese Einschätzung vor dem Hintergrund des gesamten Akteninhaltes nicht. Eine weitere Sachaufklärung war dem Senat insoweit auch nicht möglich, nachdem sich der Sohn des Klägers im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 26.02.2025 auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berufen hat.
Aus alledem gewinnt der Senat die Überzeugung, dass der Kläger den im Mietvertrag vom 01.01.2016 angegebenen Mietzins samt Betriebskosten nicht an seinen Sohn für die Überlassung des Wohnraums zu entrichten hatte, sondern dass dieses vertragliche Konstrukt gewählt wurde, um bestehende innerfamiliäre finanzielle Verpflichtungen bedienen zu können. Der Senat geht daher von einem Scheingeschäft aus. Folglich hat der Kläger keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Berücksichtigung der im Mietvertrag vorgesehenen Grundmiete und Betriebskosten als Bedarf der Kosten für Unterkunft.
2. Der Kläger hat jedoch einen Anspruch darauf, dass ihm der Beklagte gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in dem tenorierten Umfang weitere Kosten der Unterkunft bezüglich der Gas-, Wasser- sowie Abwasser- und Stromversorgung bezüglich Heizstrom gewährt.
Der Kläger hat für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.04.2017 bis 31.08.2017 zunächst einen Anspruch auf die Berücksichtigung weiterer laufender Kosten der Unterkunft gemäß der sich aus den Jahresabrechnungen vom 24.03.2017 sowie 27.03.2017 ergebenen Abschlagszahlungen für Gas sowie Wasser und Schmutzwasser bezüglich der vom Kläger mit der E1 geschlossenen Versorgungsverträge. Hierbei handelt es sich um Kosten der Unterkunft und Heizung.
a) Der Kläger hat im streitgegenständlichen Zeitraum einen weiteren Anspruch auf Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft für die Gasversorgung.
aa) Der Kläger hat für den Zeitraum ab dem 01.04.2017 einen monatlichen Anspruch auf die Berücksichtigung des in der Jahresabrechnung vom 27.03.2017 vorgesehenen Gasabschlages in Höhe von 179,00 Euro, da sich der Kläger insoweit einer wirksamen auf seine Unterkunft bezogenen vertraglichen Verpflichtung ausgesetzt sieht. Ob und inwieweit der Gasverbrauch insoweit angemessen ist, hat der Senat nicht aufzuklären, denn der Beklagte hat bezüglich der Heizkosten kein Kostensenkungsverfahren gegen den Kläger eingeleitet, weshalb die tatsächlichen Kosten zu übernehmen sind (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 SGB II). Trotz der Unterbrechung der Gasversorgung zu der vom Kläger bewohnten Unterkunft aufgrund Zahlungsrückständen zum 27.07.2017 sind für den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum ab dem 01.09.2016 und mithin auch für den Leistungsmonat August 2017 Abschläge für die Gasversorgung zu berücksichtigen. Denn die Abschläge, welche im Falle des Klägers ausweislich der für den Leistungsmonat August 2017 maßgeblichen Jahresrechnung vom 27.03.2017 zur Mitte eines Monats zu begleichen waren, bezogen sich auf den Verbrauch des vorhergehenden Zeitraums. Folglich bezog sich – bei dem neu begonnen Abrechnungszeitraum ab dem 19.03.2017 – der Abschlag im August 2017 auf den Monatszeitraum 19.07.2017 bis 18.08.2017, folglich auf einen Zeitpunkt zu dem die Gasversorgung jedenfalls teilweise noch nicht unterbrochen war. Daher ist dieser Abschlag zu berücksichtigen, weswegen eine teilweise Kürzung nicht stattzufinden hat.
bb) Ferner hat der Kläger gegenüber dem Beklagten einen Anspruch auf die Bewilligung weiterer Kosten der Unterkunft gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II aufgrund der mit der Jahresrechnung vom 27.03.2017 zum 10.04.2017 fälligen Nachzahlung bezüglich des im Abrechnungszeitraum erfolgten Gasverbrauchs durch den Kläger in Höhe von 1.595,43 Euro.
Denn § 22 Abs. 1 SGB II erfasst nach der Rechtsprechung des BSG nicht nur laufende, sondern auch einmalige Kosten für Unterkunft und Heizung für die bewohnte Wohnung. Soweit einzelne Nebenkosten – wie bspw. bei einer Betriebs- und Heizkostennachforderung – in einer Summe fällig werden, sind sie als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Monat ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen. Nachforderungen, die nach regelmäßiger Übernahme der Nebenkostenvorauszahlungen bzw. -abschlägen der jeweiligen Monate entstehen, gehören dann als einmalig geschuldete Zahlungen grundsätzlich zum tatsächlichen aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat der weiterhin bewohnten Unterkunft eines Leistungsberechtigten nach dem SGB II (vgl. BSG, Urteil vom 13.07.2017 – B 4 AS 12/16 R –, juris Rn. 17). Unter Berücksichtigung dessen hat der Kläger im April 2017 einen Anspruch auf weitere Kosten der Unterkunft aufgrund des dann fälligen auf den Gasverbrauch im Vorjahreszeitraum bezogenen Nachzahlungsbetrages.
Der Senat verkennt dabei nicht, dass der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 21.10.2021 zunächst angegeben hat, manipulierte Zählerstände an den Versorger übermittelt zu haben, beziehungsweise angegeben hat, gar keine Zählerstände an den Versorger übermittelt zu haben, so dass zuvor lediglich eine Schätzung stattgefunden habe und die hohe Nachforderung auf die Ablesung des tatsächlichen Zählerstandes im Zusammenhang mit einem Zähleraustausch zurückzuführen sei. Insoweit ist sich der Senat dessen bewusst, dass sich nicht mehr feststellen lässt, auf welchen Gasverbrauch in welchem Zeitraum sich der Nachzahlungsbetrag bezieht. Hierauf kommt es aber nicht an, denn maßgeblich ist allein die Fälligkeit. Schließlich hat das BSG entschieden, dass soweit einzelne Nebenkosten in einer Summe fällig werden, diese als tatsächlicher, aktueller Bedarf im Monat ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen sind sowie, dass Nachforderungen, die nach regelmäßiger Übernahme der Nebenkostenvorauszahlungen bzw. -abschlägen der jeweiligen Monate entstehen, dann als einmalig geschuldete Zahlungen grundsätzlich zum tatsächlichen aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat der weiterhin bewohnten Unterkunft eines Leistungsberechtigten nach dem SGB II gehören (vgl. BSG, Urteil vom 13.07.2017 – B 4 AS 12/16 R –, juris Rn. 17). Diese, das laufende Mietverhältnis betreffenden Grundsätze finden nach der Rechtsprechung des BSG sogar nach einem Umzug bezogen auf Nebenkostennachforderungen für die vormalige Wohnung Anwendung, wenn die Mieter durchgehend seit dem Zeitraum, für den die Nebenkostennachforderung erhoben wird, bis zu deren Geltendmachung und Fälligkeit im Leistungsbezug nach dem SGB II standen und eine Zusicherung hinsichtlich des Umzugs während des Bezugs von Arbeitslosengeld II vorlag (vgl. BSG, Urteil vom 13.07.2017 – B 4 AS 12/16 R –, juris Rn. 18). Folglich ist erst recht in der vorliegenden Konstellation einer Nebenkostennachforderung, welche sich auf Zeiträume eines durchgehenden Bezuges von Leistungen nach dem SGB II bezieht, jene vom Beklagten als Bedarf zu berücksichtigen.
Soweit der Kläger mit der Berufung auch (Folge-)Kosten – u.a. Mahnkosten und Rückläufergebühren – begehrt, deren Fälligkeit in den streitgegenständlichen Zeitraum fallen und die ihm daraus erwuchsen, dass der Beklagte ihm zu Unrecht Kosten der Unterkunft nicht erbracht hat, und er somit nicht in der Lage war, fällige Zahlungen an seinen Gasversorger zu leisten, handelt es sich hierbei ebenfalls um Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Ziel der Vorschrift ist es, als Geldleistung die existentiell notwendigen Bedarfe der Unterkunft und Heizung sicherzustellen. Dies erfasst im Grundsatz alle Kosten, die für eine zu Wohnzwecken tatsächlich genutzte Unterkunft anfallen (vgl. Luik/Harich/Luik, 6. Aufl. 2024, SGB II § 22 Rn. 52, beck-online). Dabei verursacht eine Unterkunft ggf. nicht lediglich Mietzinszahlungen im eigentlichen Sinne. Bisweilen treten an deren Stelle Nutzungsentschädigungen oder sonstige die Unterkunft sichernde Zahlungen. Die Zielsetzung des § 22 Abs. 1 SGB II ist gegenüber diesen unterschiedlichen Formen von Unterkunftskosten neutral. Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 22 SGB II, der nicht von (Miet-)Wohnung, sondern von Unterkunft spricht (vgl. Luik/Harich/Luik, 6. Aufl. 2024, SGB II § 22 Rn. 60, beck-online). Der Begriff der Aufwendungen umfasst mithin nicht lediglich die Miete, die für eine Wohnung gezahlt wird. Eine systematische Auslegung führt zu dem Ergebnis, dass § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II alle Kosten erfasst, die ein Hilfebedürftiger tragen muss, um sich im Besitz bereits überlassenen Wohnraums zu halten (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 04.05.2020 – L 1 AS 2007/19 –, juris Rn. 31), dies entspricht auch Sinn und Zweck des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II, der dem Hilfebedürftigen einen Anspruch auf die Kosten der Unterkunft gewährt, die jener tragen muss, um sich im Besitz des Wohnraums zu halten, auch wenn sie keine mietvertragliche Grundlage haben. Diesem Zweck unterfällt auch, dem Hilfebedürftigen insoweit einen Anspruch zu gewähren, als damit die Bewohnbarkeit der Unterkunft hinsichtlich Wasser- und Gasversorgung gesichert wird.
Insoweit hat das BSG auch bereits entschieden, dass es nicht zwingend ist, dass Leistungen für Unterkunft nur dann zu erbringen sind, wenn sie durch mietvertraglich vereinbarte Aufwendungen begründet werden. Es sind vielmehr auch einmalige Beihilfen zu gewähren, soweit diese Aufwendungen konkret und abstrakt dem Grunde und der Höhe nach angemessen sind und nicht durch andere Leistungen oder andere Mittel gedeckt werden können (BSG, Urteil vom 16.12.2008 – B 4 AS 49/07 R –, juris Rn. 26). Insoweit ist bereits entschieden worden, dass wenn beispielsweise die Kosten einer Räumungsklage darauf zurückzuführen sind, dass der SGB-II-Leistungsträger zunächst nicht die angemessenen Mietkosten übernommen hat und es aufgrund der hierdurch entstandenen Mietschulden zur Kündigung kam, es sich bei den durch die Räumungsklage verursachten Kosten um Kosten der Unterkunft handeln kann, welche dazu dienen, die derzeit bewohnte angemessene Wohnung beizubehalten (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 30.01.2014 – L 7 AS 676/13 –, juris Rn. 28; vgl. ferner LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.06.2021 – L 8 SO 50/18 –, juris Rn. 24 sowie ferner LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27.06.2017 – L 9 AS 1742/14 –, juris Rn. 56 unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 17.06.2010 – B 14 AS 58/09 R –, juris; zustimmend insoweit auch Piepenstock/Senger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 22 [Stand: 17.10.2024], Rn. 70).
Auch nach Auffassung des Senats handelt es sich bei (Folge-)Kosten, die entstehen, weil dem Leistungsberechtigten zu Unrecht Leistungen der Kosten der Unterkunft versagt wurden, grundsätzlich um Unterkunftsbedarfe (vgl. auch Luik/Harich/Luik, 6. Aufl. 2024, SGB II § 22 Rn. 58, beck-online). Folglich hat der Beklagte bezogen auf den vorliegend streitgegenständlichen Zeitraum auch die (Folge-)Kosten zu tragen, die dem Kläger daraus erwuchsen, dass er – mangels Bewilligung – nicht in der Lage war, die zum 10.04.2017 fällige Nachzahlung bezüglich des im Abrechnungszeitraum erfolgten Gasverbrauchs in Höhe von 1.595,43 Euro sowie den erhöhten Gasabschlag in Höhe von 179,00 Euro an seinen Versorger zu bezahlen, soweit die Fälligkeit dieser Folgekosten in den streitgegenständlichen Zeitraum fällt.
Ausweislich der vorliegenden Belege handelt es sich um folgende Folgekosten: Rückläufergebühren in Höhe von 8,92 Euro für Lastschriftrückläufe mit Fälligkeit im April 2017, Mahnkosten in Höhe von 4,00 Euro im Mai 2017 sowie in Höhe von 4,00 Euro im Juni 2017. Weitere Kosten auf Basis der Rechnung vom 30.06.2017 sind in Höhe von 90,00 Euro zu berücksichtigen, denn auch wenn das Schreiben nicht selbst ausweist, wie sich der dort geforderte Betrag in Höhe von 2.239,35 Euro zusammensetzt, ergibt sich dies zur Überzeugung des Senats hinreichend aus dem Gesamtzusammenhang. So hatte der Versorger des Klägers bereits mit Schreiben vom 01.06.2017 angekündigt, dass weitere 90,00 Euro aufgrund eines Besuchs eines Inkasso-Beauftragten fällig würden, zahle der Kläger nicht fristgerecht. Addiert man diese 90,00 Euro zu dem Betrag, welcher sich aus dem Schreiben vom 01.06.2017 ergibt, samt des fälligen Gasabschlages für den Monat Juni 2017 in Höhe 179,00 Euro, ergibt sich der Betrag aus dem Schreiben vom 30.06.2017, nämlich 2.239,35 Euro. Durch das weitere Schreiben der E1 vom 10.07.2017 werden keine weiteren fälligen Forderungen begründet. Weitere Belege über Folgekosten im streitgegenständlichen Zeitraum liegen dem Senat nicht vor.
b) Die zu den Kosten der Unterkunft zählenden Wasserkosten (Wasser und Schmutzwasser) sind von dem Beklagten in Höhe der Abschläge zu tragen (vgl. BSG, Urteil vom 29.11.2012 – B 14 AS 36/12 R –, juris Rn. 17). Dass die maßgeblichen Wassergebühren vom Kläger selbst zu entrichten waren und nicht als Betriebskoten auf ihn umgelegt wurden, ist unerheblich, schließlich gehören auch bei Eigenheimen die Wasser- und Abwassergebühren zu den grundsätzlich berücksichtigungsfähigen Aufwendungen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II für die Unterkunft (vgl. BSG, Urteil vom 24.02.2011 – B 14 AS 61/10 R –, juris Rn. 14), hieraus folgt für den Senat, dass in der vorliegenden Fallgestaltung nicht anderes gelten kann.
Bezüglich der sich aus der Jahresrechnung der E1 vom 24.03.2017 ergebenen Abschläge für (Schmutz-)Wasser hat der Kläger ab dem 01.04.2017 einen Anspruch in Höhe von 13,00 Euro für Wasser monatlich und 6,00 Euro für Schmutzwasser monatlich, zuvor lagen die zu berücksichtigenden Abschläge ausweislich der Jahresrechnung der E1 vom 24.03.2016 bei 14,00 Euro für Wasser und 7,00 Euro für Schmutzwasser.
c) Ferner ist für die mit Strom betriebene Gastherme des Klägers der Betriebsstrom derselben als Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen. Grundsätzlich können gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II Stromkosten bezüglich Heizstrom übernommen werden. Der auf die Heizung entfallende Anteil der Haushaltsenergie ist aus dem Regelbedarf ausgenommen, wobei für den Betriebsstrom der Heizungsanlage bereits begrifflich nichts anderes gilt (vgl. BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 47/14 R –, juris Rn. 15). Soweit für den Heizstrom kein separater Zähler existiert, sodass Stromkosten nicht konkret ausgewiesen werden können, kommt eine Schätzung gem. § 202 SGG i. V. m. § 287 Abs. 2 ZPO in Betracht (vgl. Luik/Harich/Luik, 6. Aufl. 2024, SGB II § 22 Rn. 89, beck-online m. w. N.). Das BSG hat betont, dass Schätzungen eine realistische Grundlage haben sowie in sich schlüssig und wirtschaftlich nachvollziehbar sein müssen. Bei einer Schätzung entscheidet das Gericht zwar wie bei einer sonstigen Tatsachenfeststellung nach freier Überzeugung; es hat jedoch alle Umstände des Einzelfalls zu würdigen (vgl. BSG, Urteil vom 3.12.2015 – B 4 AS 47/14 R –, juris Rn. 21).
Zunächst liegen nach Ansicht des Senats die Voraussetzungen für eine Schätzung der auf den Betriebsstrom der Gastherme bezogenen Stromkosten vor. § 202 SGG i. V. m. § 287 Abs. 2 ZPO greift ein, wenn die vollständige Aufklärung der maßgeblichen Umstände mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten verbunden ist. Maßgeblich ist das Verhältnis zwischen dem zeitlichen und materiellen Aufwand, der für die Aufklärung erforderlich wäre, und der Bedeutung des streitigen Teils der Forderung. Von Bedeutung ist ferner der aus einer vollständigen Aufklärung zu erwartende Erkenntnisgewinn (vgl. BeckOK ZPO/Bacher, 55. Ed. 01.12.2024, ZPO § 287 Rn. 11, beck-online). Da im vorliegenden Fall keine Daten eines separaten Zählers vorliegen, der den tatsächlichen Stromverbrauch des Betriebsstroms erfasst hätte, käme allenfalls ein Sachverständigengutachten in Betracht, dieses Vorgehen stünde jedoch im Hinblick auf die Bedeutung des hier streitigen Berechnungselements für die Höhe der gesamten Leistungen für Unterkunft und Heizung in keinem Verhältnis (vgl. insoweit auch BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 47/14 R –, juris Rn. 20).
Um einen Bezugspunkt für eine realitätsnahe Schätzung des Energieanteils, der auf den Betriebsstrom für die Gastherme entfällt, zu finden, sind vom Tatrichter die Tatsachen festzustellen, die der Schätzung nachvollziehbare Ausgangs- und Anknüpfungstatsachen verschaffen (vgl. BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 47/14 R –, juris Rn. 21). Das BSG hat entschieden, dass solche Anknüpfungspunkte für die Schätzung sich aus den in der mietrechtlichen Rechtsprechung gebräuchlichen Berechnungsmethoden ergeben können. Das BSG hat dargelegt, dass bezüglich des Betriebsstromanteils in dieser entweder auf einen geschätzten Anteil (üblicherweise 4 – 10 %) der Brennstoffkosten oder auf den geschätzten Stromverbrauch der Heizungsanlage während der ebenfalls geschätzten durchschnittlichen Betriebsstunden ihrer wesentlichen elektrischen Vorrichtungen abgestellt wird. Insbesondere hat das BSG in der genannten Entscheidung auf ein Urteil des LSG Baden-Württemberg verwiesen, in dem unter Auswertung mietrechtlicher Rechtsprechung und Literatur dargelegt wurde, dass die Kosten des Betriebsstroms (höchstens) 5 % der Brennstoffkosten betragen (vgl. BSG, Urteil vom 30.12.2015 – B 4 AS 47/14 R –, juris Rn. 23 sowie LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.03.2011 – L 12 AS 2404/08 –, juris Rn. 22 sowie etwa LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 10.07.2012 – L 7 AS 988/11 ZVW –, juris Rn. 18, welches sich dem Vorgehen des LSG Baden-Württemberg in dem Urteil vom 25.03.2011 angeschlossen hat). Einen Wert von 7 % (dem Mittel von 4 % und 10 %) hat das LSG Baden-Württemberg mit Urteil vom 27.04.2023 angenommen (vgl. L 7 SO 203/23 –, juris Rn. 49).
In der vom Senat ausgewerteten mietrechtlichen Literatur wird dargelegt, es sei auf Erfahrungswerte zurückzugreifen, die zwischen 3 % und 6 % der Brennstoffkosten lägen, wobei eine Obergrenze bei 5 % zu ziehen sei, (vgl. Selk in: Erman BGB, Kommentar, 17. Auflage 2023, § 556 BGB, Rn. 33) bzw. werden auch die vom BSG angeführten Werte zwischen 4 % und 10 % genannt (vgl. Schmidt-Futterer/Lammel, 16. Aufl. 2024, HeizkostenV § 7 Rn. 30, beck-online). In der sozialrechtlichen Kommentarliteratur wird dargelegt, es seien regelmäßig Stromkosten in Höhe von 5 % der Brennstoffkosten anzuerkennen (vgl. Ernst-Wilhelm Luthe in: Hauck/Noftz SGB II, 9. Ergänzungslieferung 2024, § 22 SGB 2, Rn. 230, sich ebenfalls auf einen Wert von i. d. R. 5 % beziehend Piepenstock/Senger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 22 [Stand: 17.10.2024], Rn. 161).
Der Senat hält nach Auswertung der oben genannten Literatur und Rechtsprechung einen Wert von 5 % ebenfalls für eine realistische Schätzgrundlage, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass das BSG in seinem Urteil vom 03.12.2015 (vgl. B 4 AS 47/14 R –, juris Rn. 23) das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 25.03.2011 (L 12 AS 2404/08) im Zusammenhang der Benennung einer Schätzung, welche sich aus den in der mietrechtlichen Rechtsprechung gebräuchlichen Berechnungsmethoden als Anknüpfungspunkte orientiere, benannt hat (vgl. BSG, Urteil vom 03.12.2015 – B 4 AS 47/14 R –, juris Rn. 23).
Hiervon ausgehend errechnet der Senat im Wege der Schätzung orientiert am Abschlag für Gas folgenden Betriebsstromanteil: Betriebsstromanteil für die Leistungsmonate September 2016 bis März 2017 2,60 Euro monatlich (52 Euro x 0,05). Betriebsstromanteil für die Leistungsmonate April 2017 bis August 2017 8,95 Euro (179 Euro x 0,05). Auch für den Monat August 2017 hat trotz Unterbrechung der Gasversorgung zum 27.07.2017 insoweit eine ungekürzte Berücksichtigung stattzufinden, weil sich die Abschläge – wie oben dargelegt – jeweils auf den Vormonat beziehen, in dem die Gasversorgung eben noch nicht vollständig unterbrochen war.
Ebenfalls hat der Beklagte dem Kläger bezüglich des sich auf den Gasverbrauch im vorhergehenden Abrechnungszeitraums im April 2017 fälligen Nachzahlungsbetrages in Höhe von 1.595,43 Euro einen Betriebsstromanteil in Höhe von 79,77 Euro (1.595,43 x 0,05) zu gewähren um den insoweit tatsächlich notwendig gewesen Betriebsstrom für den Betrieb der Gasanlage im Fälligkeitsmonat zu berücksichtigen. Denn wie bereits oben dargelegt hat das BSG entschieden, dass soweit einzelne Nebenkosten in einer Summe fällig werden, diese als tatsächlicher aktueller Bedarf im Monat ihrer Fälligkeit zu berücksichtigen sind sowie, dass Nachforderungen, die nach regelmäßiger Übernahme der Nebenkostenvorauszahlungen bzw. -abschlägen der jeweiligen Monate entstehen, dann als einmalig geschuldete Zahlungen grundsätzlich zum tatsächlichen aktuellen Bedarf im Fälligkeitsmonat der weiterhin bewohnten Unterkunft eines Leistungsberechtigten nach dem SGB II gehören. Für einen Betriebsstromanteil gilt insoweit nichts anderes.
Es ergibt sich folgende Gegenüberstellung von tatsächlichem Bedarf und der mit den angegriffenen Bescheiden durch den Beklagten berücksichtigten Bedarfen:
Tatsächlicher Bedarf Gas / Leistungsmonat |
Mit Bescheid vom 03.01.2017 (06/16 – 02/17) bzw. 23.02.2017 (03/17 – 08/17) berücksichtigt |
Mit Bescheid vom 12.04.2017 (04/17 – 08/17) berücksichtigt |
09/16 – 03/17: 52,00 Euro |
52,00 Euro |
Keine Regelung |
04/17: 1.783,35 Euro |
52,00 Euro |
36,25 Euro |
05/17: 183,00 Euro |
52,00 Euro |
36,25 Euro |
06/17: 273,00 Euro |
52,00 Euro |
36,25 Euro |
07/17: 179,00 Euro |
52,00 Euro |
36,25 Euro |
08/17: 179,00 Euro |
52,00 Euro |
36,25 Euro |
Bedarf (Schmutz-)Wasser / Leistungsmonat |
Mit Bescheid vom 03.01.2017 (06/16 – 02/17) bzw. 23.02.2017 (03/17 – 08/17) berücksichtigt |
Mit Bescheid vom 12.04.2017 (04/17 – 08/17) berücksichtigt |
09/16 – 03/17: 21 Euro |
21,00 Euro |
Keine Regelung |
04/17: 19,00 Euro |
21,00 Euro |
3,89 Euro |
05/17: 19,00 Euro |
21,00 Euro |
3,89 Euro |
06/17: 19,00 Euro |
21,00 Euro |
3,89 Euro |
07/17: 19,00 Euro |
21,00 Euro |
3,89 Euro |
08/17: 19,00 Euro |
21,00 Euro |
3,89 Euro |
Bedarf Heizstrom / Leistungsmonat |
Mit Bescheid vom 03.01.2017 (06/16 – 02/17) bzw. 23.02.2017 (03/17 – 08/17) berücksichtigt |
Mit Bescheid vom 12.04.2017 (04/17 – 08/17) berücksichtigt |
09/16 – 03/17: 2,60 Euro |
/ |
Keine Regelung |
04/17: 88,72 Euro |
/ |
/ |
05/17 – 08/17: 8,95 Euro |
/ |
/ |
Hieraus ergibt sich folgendes:
Tatsächlicher Bedarf Gas / (Schmutz-)Wasser / Heizstrom / Leistungsmonat |
Mit Bescheid vom 03.01.2017 (06/16 – 02/17) bzw. 23.02.2017 (03/17 – 08/17) berücksichtigt |
Mit Bescheid vom 12.04.2017 (04/17 – 08/17) berücksichtigt |
09/16 – 03/17: 75,6 Euro |
73,00 Euro |
Keine Regelung |
04/17: 1.891,07 Euro |
73,00 Euro |
40,14 Euro |
05/17: 210,95 Euro |
73,00 Euro |
40,14 Euro |
06/17: 300,95 Euro |
73,00 Euro |
40,14 Euro |
07/17: 206,95 Euro |
73,00 Euro |
40,14 Euro |
08/17: 206,95 Euro |
73,00 Euro |
40,14 Euro |
Da bereits mit dem Bewilligungsbescheid vom 23.02.2017 der Bedarf zu keinem Zeitpunkt vollständig gedeckt war, erweist sich der Bescheid vom 12.04.2017, der im Gegensatz zum Bescheid vom 23.02.2017 nochmals geringere Kosten der Unterkunft für Gas und (Schmutz-)Wasser berücksichtigte, als rechtswidrig und war folglich aufzuheben.
Ausgehend von den oben tabellarisch dargestellten und mit den Bescheiden vom 23.02.2017 und 03.01.2017 gewährten Kosten der Unterkunft ergeben sich für den Zeitraum vom 01.09.2016 bis 31.08.2017 folgende weitere Ansprüche des Klägers auf Kosten der Unterkunft gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in den jeweiligen Leistungsmonaten wie folgt:
Tatsächlicher Bedarf Gas / (Schmutz-)Wasser / Heizstrom / Leistungsmonat |
Mit Bescheid vom 03.01.2017 (06/16 – 02/17) bzw. 23.02.2017 (03/17 – 08/17) berücksichtigt |
Fehlbetrag |
09/16 – 03/17: 75,6 Euro |
73,00 Euro |
2,60 Euro |
04/17: 1.811,30 Euro |
73,00 Euro |
1.818,07 Euro |
05/17: 210,95 Euro |
73,00 Euro |
137,95 Euro |
06/17: 300,95 Euro |
73,00 Euro |
227,95 Euro |
07/17: 206,95 Euro |
73,00 Euro |
133,95 Euro |
08/17: 206,95 Euro |
73,00 Euro |
133,95 Euro |
Mithin hat der Kläger für die Leistungsmonate von September 2016 bis März 2017 einen weiteren Anspruch auf Kosten der Unterkunft in Höhe von jeweils 2,60 Euro, für den Leistungsmonat April 2017 einen weiteren Anspruch auf Kosten der Unterkunft in Höhe von 1.818,07 Euro, für den Leistungsmonat Mai 2017 in Höhe von 137,95 Euro, für den Leistungsmonat Juni 2017 in Höhe von 227,95 Euro und für die Leistungsmonate Juli 2017 bis August 2017 jeweils in Höhe von 133,95 Euro.
Entgegen der Ansicht des SG im hier angegriffenen Urteil ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass sich die vom Kläger begehrte Kostenübernahme bezüglich Gas und (Schmutz-)Wasser lediglich auf eine Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II bezieht. Zunächst ist auch der Senat der Ansicht, dass Kosten der Unterkunft grundsätzlich nur für eine einzige Unterkunft des Leistungsberechtigten anzuerkennen sind und zwar für jene, die tatsächlich genutzt wird (vgl. Luik/Harich/Luik, 6. Aufl. 2024, SGB II § 22 Rn. 42, beck-online sowie auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.03.2014 – L 12 AS 290/14 –, juris Rn. 28 juris). Aber auch wenn im vorliegenden Fall die Unterkunft, für welche der Kläger Kosten der Unterkunft begehrt, nach vorgenommenen Umbaumaßnahmen abtrennbare Wohneinheiten mit jeweils Küchenzeile, Bad und WC aufweist, führt diese Abtrennbarkeit als solche nicht dazu, dass der Kläger allein aufgrund dieses Umstandes mehrere Unterkünfte bewohnen würde bzw. mit den von ihm geltend gemachten Aufwendungen für Gas, (Schmutz-)Wasser und Heizstrom insoweit Kosten der Unterkunft geltend machen würde, welche sich auf mehrere Unterkünfte beziehen. Im vorliegenden Fall ist dabei zu berücksichtigen, dass der zwischen dem Kläger und seinem Sohn geschlossene Mietvertrag nach oben Dargelegtem ein Scheingeschäft (§ 117 Abs. 1 BGB) darstellt. Hieraus folgt die Nichtigkeit des Mietvertrages. Diese Nichtigkeit kann dabei nicht nur von den Parteien untereinander geltend gemacht werden, sondern wirkt absolut gegenüber jedermann. Sie erstreckt sich dabei auch auf Dritte, die nicht Vertragspartner sind (vgl. Staudinger/Singer (2021) BGB § 117, Rn. 23). Die sich aus dem Mietvertrag ergebende Begrenzung der Wohnraumüberlassung entsprach zur Überzeugung des Senats nicht dem tatsächlich Gelebten, wonach der Sohn des Klägers diesem tatsächlich die gesamte Wohnung zur Nutzung überlassen hatte, schließlich hat der Kläger im Erörterungstermin vor dem SG Stuttgart vom 16.11.2018 angegeben, die Wohnung „komplett“ zu bewohnen. Auch im Zuge des Hausbesuchs vom 10.02.2015 gab der Kläger u.a. an, alleine in der Wohnung zu wohnen.
Unabhängig mithin von der räumlichen Abtrennbarkeit der Wohnung ist nach Auffassung des Senats maßgeblich, ob der Kläger die Wohnung alleine bewohnt hat und insoweit die vom Kläger begehrten Kosten für Gas,(Schmutz-)Wasser und Heizstrom alleinig auf seinen Bedarf zurückgehen oder ob auch Dritte, etwa bei Untervermietung einer abtrennbaren Wohneinheit, den Verbrauch bedingt haben. Mithin geht es darum, den Bedarf des Klägers als SGB-II-Leistungsberechtigten von dem Bedarf anderer Personen, die dieselbe Wohnung nutzen, abzugrenzen (vgl. zum Kopfteilprinzip: Luik/Harich/Luik, 6. Aufl. 2024, SGB II § 22 Rn. 92, beck-online). Dafür, dass weitere Personen die Wohnung, für die der Kläger Kosten der Unterkunft begehrt, genutzt haben, trägt der Beklagte die Beweislast – da es sich um einen anspruchshindernden Umstand handelt –,ansonsten würden man dem Kläger im Übrigen den in der Regel gar nicht zu führenden Beweis des Nichtbestehens von Tatsachen auferlegen – negativa non sunt probanda (vgl. in dem Zusammenhang auch BSG, Urteil vom 26.07.2007 – B 13 R 4/06 R –, juris Rn. 22 sowie BFH, Urteil vom 14.03.1989 – VII R 75/85 –, juris Rn. 16).
Der Senat vermag insoweit zwar die Einschätzung des SG nachzuvollziehen, wonach der Kläger eine schlüssige und nachvollziehbare Erklärung für den Anstieg des Gasverbrauchs schuldig geblieben sei, indessen kommt es darauf nicht an, denn ernsthafte Anhaltspunkte dafür, dass auch Bedarfe anderer Personen für den Gas-, Heizstrom- und (Schmutz-)Wasserverbrauch verantwortlich gewesen wären, hat der Senat nach den für ihn verfügbaren Erkenntnissen indessen nicht. Solche Anhaltspunkte ergeben sich für den Senat insbesondere auch nicht aus den Feststellungen des Außendienstes des Beklagten im Rahmen des Hausbesuchs in der Unterkunft des Klägers am 18.05.2017. Folglich hat der Kläger einen Anspruch darauf, dass der Beklagte die im streitgegenständlichen Zeitraum nachgewiesenen bzw. teilweise geschätzten angefallenen Kosten für Gas,(Schmutz-)Wasser und Heizstrom als Bedarf bei den Kosten der Unterkunft berücksichtigt.
Für den Monat April 2017 ist in dem Zusammenhang die sich aus der Jahresabrechnung vom 24.03.2017 ergebende Gutschrift in Höhe von 86,30 Euro nicht bei den Kosten der Unterkunft bedarfsmindernd zu berücksichtigen. Zwar regelt § 22 Abs. 3 SGB II i.d.F.v. 31.07.2016, dass Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift mindern; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.
Vorliegend bezieht sich das Guthaben aus der Jahresabrechnung vom 24.03.2017 auf die Abrechnung von Strom und (Schmutz-)Wasser. Es handelt sich insoweit nur bei dem sich auf das (Schmutz-)Wasser beziehenden Guthaben um ein Guthaben, welches sich nicht auf Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen würde. Eine Stromkostenerstattung ist demgegenüber nicht als Einkommen nach § 11 Abs. 1 SGB II zu berücksichtigen, weil die an den Hilfebedürftigen zurückfließenden Vorauszahlungen während der Zeit der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II geleistet worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2011 – B 14 AS 186/10 R –, juris Rn. 15 und 18 sowie Luik/Harich/Luik, 6. Aufl. 2024, SGB II § 22 Rn. 220, beck-online). Vorliegend gilt auch bezüglich des Betriebsstromanteils für die Gastherme nicht anderes, weil es sich um eine insoweit in der Vergangenheit nicht anerkannte Aufwendung für Unterkunft und Heizung handelt, schließlich hat der Beklagte in den vorhergehenden Bewilligungszeiträumen vom 01.02.2015 bis 31.07.2015, vom 01.08.2015 bis 31.01.2016, vom 01.02.2016 bis 31.07.2016 (Bescheide vom 04.02.2016, 03.03.2016, 08.04.2016) sowie vom 01.08.2016 bis 31.08.2016 keinen Betriebsstromanteil als Kosten der Unterkunft berücksichtigt.
Bezüglich der weiteren Gutschrift aus Servicepunkten in Höhe von 20,00 Euro kann der Senat nicht ausschließen, dass es sich um ein Guthaben aus Vorauszahlungen für Haushaltsenergie handelt, weil die Natur der Gutschrift aus Servicepunkten aus der Jahresabrechnung nicht hervorgeht. In einem solchen Fall, in dem nicht festgestellt werden kann, in welcher Höhe Rückzahlungen und Guthaben den Kosten der Unterkunft zuzurechnen sind und eine Abgrenzung zur Haushaltsenergie nicht möglich ist, findet § 22 Abs. 3 SGB II keine Anwendung (vgl. auch Luik/Harich/Luik, 6. Aufl. 2024, SGB II § 22 Rn. 224, beck-online m.w.N.).
Laut der Jahresabrechnung vom 24.03.2017 entfällt ein Betrag in Höhe von 468,41 Euro auf Strom, in Höhe von 153,23 Euro auf Wasser und in Höhe von 68,06 Euro auf Schmutzwasser, insgesamt ergibt sich ein Betrag in Höhe von 689,70 Euro. Die geleisteten Abschläge betrugen 756,00 Euro. Die Abschläge aufgrund der vorhergehenden Jahresabrechnung vom 24.03.2016 betrugen insgesamt 63,00 Euro und verteilten sich wie folgt: Strom (42,00 Euro), Wasser (14,00 Euro) und Schmutzwasser (7,00 Euro). Aus der Differenz geleisteter Abschläge und Abrechnungsbeträgen gemäß Verbrauch ergibt sich ohnehin nur ein Guthaben in Höhe von 66,30 Euro. Dieses Guthaben ist gemäß den Vorauszahlungen sowie der Jahresabrechnung nach Verbrauch wie folgt aufgeteilt:
Vorauszahlung |
Jahresverbrauch |
Guthaben |
Strom: 504 Euro |
468,41 Euro |
35,59 Euro |
(Schmutz-)Wasser: 252 Euro |
221,29 Euro |
30,71 Euro |
35,59 Euro zuzüglich 30,71 Euro ergibt den Gesamtbetrag in Höhe von 66,30 Euro. Hieraus ergibt sich, dass es sich bei dem auf das (Schmutz-)Wasser beziehenden Guthaben in Höhe von 30,71 Euro um ein Guthaben handelt, welches sich nicht auf Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen würde. Guthaben sind grundsätzlich im Folgemonat des Zuflusses anzurechnen, jedoch müssen sie als Einkommen zu qualifizieren sein, auch wenn § 22 Abs. 3 SGB II insoweit u.a. eine Sonderregelung zum Anrechnungszeitraum trifft (vgl. Luik/Harich/Luik, 6. Aufl. 2024, SGB II § 22 Rn. 218, beck-online sowie ferner BSG, Urteil vom 16.05.2012 – B 4 AS 159/11 R –, juris Rn. 15). Ausweislich der vorliegenden Unterlagen kann der Senat jedoch nicht feststellen, wann bzw. ob überhaupt dem Kläger Guthaben als Einkommen zugeflossen ist oder ob es mit einer anderen Forderung verrechnet wurde, weshalb eine Anrechnung nicht vorzunehmen ist.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Kostenentscheidung ergeht nach Ermessen ohne Rücksicht auf die Anträge der Beteiligten. Das SGG bindet die Kostenentscheidung nicht an den Ausgang des Verfahrens, das Gericht muss aber neben möglichen anderen Gesichtspunkten auch das Ergebnis des Rechtsstreits und den Sach- und Streitstand bei seiner Ermessensentscheidung berücksichtigen. Es ist in der Regel billig, dass derjenige Beteiligte die Kosten trägt, der unterliegt. Bei teilweisem Erfolg wird in der Regel eine Quotelung angemessen sein. Das Gericht muss dabei alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigen. Es darf also nicht nur auf das Ergebnis des Rechtstreits abstellen, es kann insbesondere berücksichtigen, ob durch missverständliche Ausführungen zu Irritationen beigetragen wurde (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt SGG/B. Schmidt, 14. Aufl. 2023, SGG § 193 Rn. 12-12b, beck-online).
Der Senat berücksichtigte bei der von ihm getroffenen Kostenentscheidung einerseits das teilweise Obsiegen sowie daneben teilweise Unterliegen des Klägers. Gemessen an dem Umstand, dass der Kläger durch seine nicht nur missverständlichen Ausführungen, sondern seine zur Überzeugung des Senats bewusst fehlerhaften Angaben erheblichen Anlass zu Irritationen gegeben hat, erscheint dem Senat eine rechnerische Bemessung im Wege einer reinen Quotelung vorliegend nicht angemessen. Gleichwohl war das teilweise Obsiegen des Klägers zu berücksichtigen. Dieses tritt aus Sicht des Senats unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles jedoch deutlich zurück, so dass es dem Senat sachgerecht erschien, dass der Beklagte lediglich 1/10 der außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Instanzen zu tragen hat.
IV. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der in § 160 Abs. 2 SGG genannten Gründe hierfür vorliegt.