L 7 BA 1166/23

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
7.
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 12 BA 998/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 BA 1166/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 9. März 2023 wird abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 5. März 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2020 wird aufgehoben, soweit mit diesem von dem Kläger Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, sozialen Pflege- und gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bezüglich der Beschäftigung der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 in der Zeit bis 31. Dezember 2013 und bezüglich der Beschäftigung der Beigeladenen Ziff. 3 bis 6 und 8 bis 10 und 12 nebst Säumniszuschlägen nachgefordert worden sind. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt 80 v. H. und der Kläger 20 v.H. der Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen. Die Beigeladenen Ziff. 1 bis 12 tragen ihre Kosten selbst, die Kosten der Beigeladenen Ziff. 13 trägt der Kläger.



Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen i.H.v. 33.956,56 Euro einschließlich Säumniszuschlägen bezüglich der Beschäftigung von Saisonarbeitskräften bei dem Kläger streitig.

Der Kläger ist Inhaber eines Obstbaubetriebes. In diesem beschäftigte er Saisonarbeitskräfte aus Polen und Rumänien, u.a. die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 in den Zeiten vom 31. Mai 2010 bis 24. Juni 2010, vom 19. Oktober 2010 bis 29. November 2010 und vom 1. September 2011 bis 31. Oktober 2011, die Beigeladene Ziff. 1 weiter vom 5. September 2012 bis 3. November 2012, vom 9. September 2013 bis 28. November 2013, vom 5. Mai 2014 bis 10. Juni 2014 und vom 1. Juli 2014 bis 30. September 2014, den Beigeladenen Ziff. 2 vom 3. Mai 2012 bis 30. Juni 2012, vom 1. Mai 2013 bis 28. Juni 2013 und vom 11. Mai 2014 bis 8. Juli 2014, die Beigeladene Ziff. 3 vom 27. Mai 2013 bis 10. Juli 2013, den Beigeladenen Ziff. 4 vom 27. Mai 2013 bis 10. Juli 2013, den Beigeladenen Ziff. 5 vom 17. Mai 2010 bis zum 27. Juni 2010, die Beigeladene Ziff. 6 vom 17. Mai 2016 bis 18. Juni 2016, die Beigeladene Ziff. 7 vom 8. Mai 2014 bis 21. Juni 2014, die Beigeladenen Ziff. 8 und 9 vom 30. Mai 2013 bis 24. Juli 2013, die Beigeladene Ziff. 10 vom 9. Mai 2016 bis 16. Juli 2016, den Beigeladenen Ziff. 11 vom 2. Mai 2017 bis 28. Mai 2017 und den Beigeladenen Ziff. 12 vom 8. Mai 2017 bis 19. Juni 2017.

Die Beigeladenen Ziff. 1 bis 12 füllten dabei jeweils die bundeseinheitlichen Fragebögen zur Feststellung der Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit polnischer bzw. rumänischer Saisonarbeitnehmer aus, wobei von der Beigeladenen Ziff. 1 für das Jahr 2013 und von dem Beigeladenen Ziff. 2 für die Jahre 2013 und 2014 keine Fragebögen vorliegen. Die Beigeladenen Ziff. 1 bis 8, 10 und 12 verneinten jeweils in ihren Heimatländern in einem Beschäftigungsverhältnis zu stehen, eine selbstständige Tätigkeit auszuüben, Rente zu beziehen, eine Schule zu besuchen bzw. ein Studium zu absolvieren, arbeitslos zu sein, und die Beigeladenen 1 bis 6, 8, 10 und 12 des Weiteren, in den letzten zwölf Monaten vor der jeweils maßgeblichen Beschäftigung bei dem Kläger bereits eine anderweitige Beschäftigung ausgeübt zu haben, wobei die Beigeladene Ziff. 1 zur Frage der Vorbeschäftigung in den Jahren 2010 und 2012 keine Angaben machte. Bei der Beigeladenen Ziff. 8 war zur Frage nach Arbeitslosigkeit ein Stempel und Aktenzeichen des polnischen Arbeitsamts eingetragen. Die Beigeladene Ziff. 7 kreuzte bei der Frage nach einer Vorbeschäftigung „ja“ an, machte diesbezüglich jedoch keine weiteren Angaben. Die Beigeladenen Ziff. 1 bis 8 und 10 bis 12 gaben in den Fragebögen jeweils an, Hausfrau bzw. Hausmann zu sein, teilweise bestätigt durch die jeweilige Heimatgemeinde. Die Beigeladene Ziff. 9 verneinte Hausfrau zu sein und machte keine Angaben zu einer etwaigen Arbeitslosigkeit im Heimatland oder zu einer Beschäftigung in den letzten zwölf Kalendermonaten vor der hier fraglichen Beschäftigung. Der Beigeladene Ziff. 11 verneinte, in seinem Heimatland in einem Beschäftigungsverhältnis zu stehen, machte jedoch keine Angaben zu den Fragen nach Selbstständigkeit, Arbeitslosigkeit, Schulbesuch bzw. Studium, Rentenbezug und Vorbeschäftigungen. Die Beigeladene Ziff. 6 gab auf die Frage, wovon sie in ihrem Heimatland ihren Lebensunterhalt bestreite, an, dass dies von Sozialhilfe erfolge („Din ajutor social sie alocati“, von der Beklagten übersetzt mit translate.google.com, seitens des Senats mit dem maschinellen Übersetzungsservice des Ministeriums der Justiz und für Migration Baden-Württemberg, dort konkret: „zweckgebundene Sozialhilfe“), wobei die Frage nur für den Fall zu beantworten war, dass sämtliche vorstehenden Fragen mit nein beantwortet worden seien. Die Fragebögen schließen, vor dem Unterschriftsfeld, jeweils mit folgender Erklärung: „Ich versichere, dass ich sämtliche Angaben in diesem Vordruck nach besten Wissen gemacht habe. Mir ist bekannt, dass wissentlich falsche Angaben zu einer strafrechtlichen Verfolgung führen können.“ Der Fragebogen des Beigeladenen Ziff. 5 war dabei nicht unterschrieben, daneben war diesem jedoch unter anderem ein Arbeitsvertrag beigefügt, in welchem der Beigeladene Ziff. 5 die – im Weiteren von ihm unterschriebene – Erklärung angekreuzt hatte, dass er in Polen in keinem Beschäftigungsverhältnis stehe, keine selbständige Tätigkeit und keine Tätigkeit in der Landwirtschaft ausübe sowie nicht im Besitz des Formblattes E 101 sei. Hinsichtlich der zu den Beigeladenen Ziff. 1 bis 12 daneben vorliegenden Arbeitsverträgen, Arbeitszeitaufstellungen, Bestätigungen von Heimatgemeinden bzw. Sozialleistungsträgern aus den Heimatländern wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Für die Beigeladenen Ziff. 1 bis 12 wurden in den vorgenannten Beschäftigungszeiträumen lediglich teilweise Umlagen, jedoch keine Sozialversicherungsbeiträge entrichtet.

Die Beklagte führte bei dem Obstbaubetrieb des Klägers vom 28. Juni 2018 bis zum 20. Februar 2019 eine Betriebsprüfung bezüglich des Zeitraums vom 1. Mai 2010 bis 31. Dezember 2017 durch.

Mit Schreiben vom 27. November 2018 hörte die Beklagte den Kläger zu einer vorgesehenen Nachforderung von 38.945,34 Euro einschließlich Säumniszuschlägen von 15.240,00 Euro an, da die stichprobenweise Prüfung ergeben habe, dass die Regelungen zur Versicherungsfreiheit bei kurzfristigen Beschäftigungen nicht immer zutreffend angewandt worden seien, Umlagen nach dem Aufwendungsaufsgleichsgesetz (AAG) nicht immer entrichtet worden seien und die Verpflichtung zur Abgabe von Meldungen nicht immer eingehalten worden sei. Versicherungsfrei sei, wer eine kurzfristige Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) ausübe. Eine kurzfristige Beschäftigung liege vor, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage – bzw. seit dem 1. Januar 2015 drei Monate oder 70 Arbeitstage – nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflege oder im Voraus vertraglich begrenzt sei. Eine kurzfristige Beschäftigung liege nicht mehr vor, wenn die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt werde und das Arbeitsentgelt aus dieser Beschäftigung 450 Euro monatlich (bis 31. Dezember 2012 400 Euro monatlich) überschreite. Berufsmäßig werde eine Beschäftigung dann ausgeübt, wenn sie für die in Betracht kommende Person nicht von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung sei. Übten Personen, die als beschäftigungslos bei der Arbeitsagentur für eine mehr als kurzfristige Beschäftigung als Ausbildung- oder Arbeitssuchende gemeldet seien, eine Beschäftigung aus, seien sie zum Personenkreis der Erwerbstätigen zu zählen. Sie übten eine Beschäftigung berufsmäßig und daher nicht kurzfristig aus. Die Bestimmung von Berufsmäßigkeit gehe mit der Frage einher, ob der Arbeitnehmer zum Personenkreis der Erwerbstätigen zu zählen sei. Hausfrauen bzw. Hausmänner, die nicht zum Personenkreis der potentiellen Arbeitnehmer bzw. Arbeitssuchenden gehörten, seien Personen, die im Rahmen einer in der privaten Sphäre liegenden Arbeitsteilung einen Haushalt für sich und andere Haushaltsmitglieder führten, die anstehenden Haushaltsarbeiten verrichteten und im Gegenzug von Haushaltsmitgliedern unterhalten würden. Durch diese Gestaltung der Lebensführung habe sich dieser Personenkreis dauerhaft dem Kreis der Erwerbstätigen entzogen. Für Hausfrauen/Hausmänner sei eine kurzfristige Beschäftigung in der Folge deshalb von untergeordneter Bedeutung, weil die zur Lebensführung notwendigen Einkünfte von einem anderen erwirtschaftet würden. Es widerspreche somit grundsätzlich der allgemeinen Lebenserfahrung, wenn ein Ehepaar beim Arbeitgeber beschäftigt werde und beide Saisonarbeitskräfte den Status der Hausfrau bzw. des Hausmannes angäben. Gleiches gelte für nicht verheiratete Männer und Frauen sowie für verheiratete Männer im erwerbsfähigen Alter. Hierzu führte die Beklagte weiter aus, die persönliche Lebens- und Erwerbsituation von Saisonarbeitskräften lasse sich nicht allein durch das bloße Ankreuzen von Feldern und Abstempeln mit (vermeintlich echten) Bestätigungsstempeln belegen, wenn die Angaben grundsätzlich realitätsfremd oder im Gesamtkontext unplausibel seien. Der Kläger müsse die im Fragebogen enthaltenen Angaben vielmehr im Einzelfall prüfen und beurteilen, ob diese geeignet seien, die Voraussetzungen einer kurzfristigen Beschäftigung zu begründen. Hierzu führte die Beklagte neben den Angaben zur Hausmann-/Hausfraueneigenschaft Unvollständigkeiten bzw. Widersprüche in den vorgelegten Fragebögen auf. Die Beklagte kündigte weiter an, bezüglich der Beigeladenen Ziff. 1 bis 12 sowie der weiteren Arbeitnehmer S1., D1., J1., C1. und D2. Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung festzustellen. Im Rahmen der Prüfung sei festgestellt worden, dass in den Jahren 2010 bis 2015 keine Umlagen U1 und 2 bzw. im Jahr 2016 nicht aus dem gesamten Entgelt gezahlt worden seien. Es sei daher beabsichtigt, die zu wenig gezahlten Umlagen unter Erhebung von Säumniszuschlägen nachzufordern. Ansprüche auf Sozialversicherungsbeiträge verjährten grundsätzlich in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden seien. Nach § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV verjährten Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden seien. Bei dem vorliegenden Sachverhalt handele es sich um vorsätzlich vorenthaltene Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen. Der Kläger habe seine Verpflichtung gekannt, Meldungen nach der Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung (DEÜV) zu erstatten und eine entsprechende sozialversicherungsrechtliche Beurteilung für die bei ihm beschäftigten Saisonarbeitskräfte vorzunehmen. Ferner sei ihm bekannt gewesen, dass zumindest die Umlagen U1/U2 sowie die Insolvenzgeldumlage zu entrichten seien. Bis zum Jahr 2009 sei er diesen Verpflichtungen auch nachgekommen. Ab dem Jahr 2010 habe er weder die erforderlichen Meldungen abgegeben, noch die erforderlichen Umlagen gezahlt. Erst ab dem Jahr 2014 seien zunächst vereinzelte Meldungen abgegeben und Umlagen entrichtet worden. Ab dem Jahr 2017 sei der Kläger diesen Verpflichtungen wieder in vollem Umfang nachgekommen. Die Beklagte müsse daher für die Jahre 2010 bis 2013 von mindestens bedingt vorsätzlicher Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen ausgehen.

Der Kläger nahm hierzu mit Schreiben vom 6. Januar 2019 dahingehend Stellung, dass die Feststellungen zur kurzfristigen Beschäftigung zum Teil lückenhaft, zum Teil nicht korrekt seien und die Erhebung von Säumniszuschlägen nicht geboten sei. Weiter seien die Sozialversicherungsbeiträge verjährt, soweit sie Zeiträume vor dem 1. Januar 2013 beträfen. Die Selbstbezeichnung als Hausmann/Hausfrau bedeute, dass der Betreffende sich selber als eine Person charakterisiere, welche nicht fremdnütziger Arbeit gegen Entgelt nachgehe, sondern sich ausschließlich oder überwiegend um eigene Dinge kümmere. Im Rahmen einer Betriebsprüfung dürfe nicht einfach unterstellt werden, dass die Angaben des Arbeitnehmers unzutreffend seien. Die Beklagte sei darüber hinaus beweisverpflichtet für die Rückausnahme der Berufsmäßigkeit bei zeitgeringfügiger Beschäftigung. Es sei zutreffend, dass der Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit von dem Beigeladenen Ziff. 5 zwar ausgefüllt, aber nicht unterschrieben worden sei. Dabei handele es sich um ein offensichtliches Versehen. Die Unterschrift sei nicht Voraussetzung dafür, die von dem Arbeitnehmer gemachten Angaben zu berücksichtigen. Der Wertung, dass die Beigeladene Ziff. 6 die Tätigkeit berufsmäßig ausgeübt habe, weil sie angegeben habe, von Sozialhilfe zu leben, werde widersprochen. Sozialhilfeempfänger stünden dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Bei der Beschäftigung der Beigeladenen Ziff. 7 sei die Vorbeschäftigung übersehen worden. Es würden keine Einwendungen gegen die Verbeitragung erhoben. Bei der Beigeladenen Ziff. 9 habe nach den Feststellungen der Beklagten eine Mehrfachbeschäftigung vorgelegen. Dies sei dem Kläger nicht bewusst gewesen. Die Verbeitragung sei daher dem Grunde nach nicht zu beanstanden. Die Beschäftigung sei jedoch im Jahr 2013 erfolgt, sodass die Sozialversicherungsbeiträge zwischenzeitlich verjährt seien. Bei der Beigeladenen Ziff. 8 sei die sozialversicherungsrechtliche Bewertung durch den Kläger fehlerhaft gewesen. In der Tat dürfe die Beschäftigung eines Arbeitslosen und Arbeitssuchenden als hauptberuflich zu qualifizieren sein. Es würden keine Einwendungen gegen die Verbeitragung erhoben. Die Beschäftigung sei allerdings im Jahr 2013 erfolgt. Die Beiträge seien aus diesem Grund verjährt. Aus der Nichtmeldung der Umlagen U1/U2 könne nicht geschlossen werden, dass Sozialversicherungsabgaben vorsätzlich nicht abgeführt worden seien, dass der Arbeitgeber gewusst hätte oder gewusst haben müsse, dass es sich bei den jeweiligen Beschäftigungsverhältnissen nicht um zeitgeringfügige Arbeitsverhältnisse oder um berufsmäßige Beschäftigung handele. Umso weniger könne bedingter Vorsatz in Bezug auf die Nichtabführung von Sozialversicherungsabgaben alleine mit der Erwägung unterstellt werden, die Umlagen U1/U2 für kurzfristige Saisonarbeiter seien nicht gemeldet worden. Vorliegend sei der Kläger der festen Überzeugung gewesen, dass die Beschäftigungen der Erntehelfer zu den vereinbarten Konditionen – max. vier Tage in der Woche, max. sechs Wochen im Jahr – tatsächlich sozialversicherungsfrei vereinbart und ausgeübt worden seien. Er habe auf die Angaben der Arbeitnehmer in den Fragebögen vertraut. Dies sei in der Vergangenheit immer unbeanstandet geblieben. Selbst wenn Sozialversicherungspflichtigkeit bestünde, seien Säumniszuschläge nicht zu erheben. Die unterstellte Kenntnis von der Zahlungspflicht könne nicht vorliegen, wenn in der Vergangenheit die kurzfristige Beschäftigung von Saisonarbeitskräften mehrfach Prüfgegenstand gewesen sei, jedoch nie zu Beitragserhebungen geführt habe. Ergänzend legte der Kläger Stundennachweise für die Arbeitnehmer S1., D1., J1., C1. und D2. vor.

Mit Bescheid vom 5. März 2019 setzte die Beklagte bezüglich der Beschäftigung der Beigeladenen Ziff. 1 bis 12 entsprechend der Anhörung eine Nachforderung in Höhe von insgesamt 33.946,56 Euro einschließlich 12.955,00 Euro Säumniszuschlägen fest. Der Kläger habe im Prüfzeitraum diverse Arbeitnehmer (Saisonarbeitskräfte) im Rahmen kurzfristiger Beschäftigungsverhältnisse beschäftigt. Für diesen Personenkreis seien bisher zum Teil lediglich Umlagebeträge gegenüber der Beigeladenen Ziff. 13 nachgewiesen worden. Die vorgelegten Fragebögen zur Feststellung der Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit rumänischer/polnischer Saisonarbeitnehmer enthielten zum Teil unplausible Angaben. In diesen Fällen könne der Kläger sich nicht auf eine zutreffende sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Beschäftigungsverhältnisse berufen. Für die von den Beanstandungen betroffenen Arbeitnehmer seien keine Gründe ersichtlich bzw. zu akzeptieren, warum sich diese (dauerhaft) dem Kreis der Erwerbstätigen entzogen haben sollten. Es handele sich hierbei um die Beigeladenen Ziff. 3 und Ziff. 4 (27. Mai 2013 bis 10. Juli 2013), Ziff. 10 (9. Mai 2016 bis 16. Juli 2016), Ziff. 11 (2. Mai 2017 bis 28. Mai 2017), Ziff. 12 (8. Mai 2017 bis 19. Juni 2017) und die Beigeladenen Ziff. 1 und Ziff. 2 (31. Mai 2010 bis 24. Juni 2010, 1. September 2011 bis 31. Oktober 2011, weiter die Beigeladene Ziff. 1 vom September 2012 bis 3. November 2012 und der Beigeladene Ziff. 2 vom 3. Mai 2012 bis 30. Juni 2012 und vom 11. Mai 2014 bis 8. Juli 2014). Die genannten Arbeitnehmer hätten ihre Beschäftigungen im Rahmen versicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse ausgeübt und grundsätzlich in vollem Umfang der Beitragspflicht in der Sozialversicherung unterlegen.

Der vorgelegte Fragebogen des Beigeladenen Ziff. 5 sei nicht unterschrieben worden. Eine Klärung des sozialversicherungsrechtlichen Status sei somit nicht möglich. Es sei zwar richtig, dass der Beigeladene Ziff. 5 die Rückseite des Arbeitsvertrages unterschrieben habe. Er habe dabei jedoch lediglich erklärt, in Polen in keinem Beschäftigungsverhältnis zu stehen, keiner selbständigen Tätigkeit oder einer Tätigkeit in der Landwirtschaft nachzugehen und auch kein Formblatt E 101 zu besitzen. Nicht erfasst hiervon seien z.B. Zeiten bei anderen Arbeitgebern in Deutschland und der ganze Komplex der Berufsmäßigkeit die Arbeitslosigkeit. Der Fragebogen der Beigeladenen Ziff. 9 sei nicht vollständig ausgefüllt. Die Fragen nach vorhergehenden Beschäftigungen und Arbeitslosigkeit im Herkunftsland seien unbeantwortet geblieben. Die abschließende Feststellung von Versicherungsfreiheit sei somit nicht möglich gewesen. Ferner habe die Beigeladene Ziff. 9 im Januar 2013 bereits eine Beschäftigung ausgeübt, sodass auch die Zeitgrenze von zwei Monaten im Jahr 2013 überschritten worden sei. Im Fragebogen der Beigeladenen Ziff. 8 sei zur Frage nach Arbeitslosigkeit ein Stempel und Aktenzeichen des polnischen Arbeitsamts eingetragen. Somit sei von Arbeitslosigkeit und Berufsmäßigkeit vor Beschäftigungsbeginn auszugehen. Die Beigeladene Ziff. 7 habe auf dem vorgelegten Fragebogen neben dem Status Hausfrau ebenfalls angegeben, dass sie weitere Beschäftigungen in diesem Jahr ausgeübt habe. Ferner habe sie die Frage 1 nach einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis mit Saisonarbeiter beantwortet. Aufgrund von bestehenden Vorbeschäftigungszeiten sei zum einen von einer Überschreitung der Zeitgrenze für eine kurzfristige Beschäftigung auszugehen. Ferner sei aufgrund der Angabe unter Frage 1 nicht von einer untergeordneten wirtschaftlichen Bedeutung der Tätigkeit als Saisonarbeiterin auszugehen. Die Beigeladene Ziff. 6 habe auf dem Fragebogen angegeben, von Sozialhilfe zu leben. Die Beschäftigung sei daher nicht von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung und werde berufsmäßig ausgeübt. Hinsichtlich der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 seien mit Ausnahme der Beschäftigung der Beigeladenen Ziff. 1 im Jahr 2014 alle Beschäftigungszeiten als kurzfristig und versicherungsfrei abgerechnet worden. Beide Arbeitnehmer hätten in der Zeit vom 19. Oktober bis 29. November 2010 die Zeitgrenze von zwei Monaten überschritten, entsprechendes gelte für die Zeit vom 9. September 2013 bis 28. November 2013 bei der Beigeladenen Ziff. 1. Ferner hätten für die Beschäftigungszeiten im Jahr 2013 beider Eheleute und 2014 bei dem Beigeladenen Ziff. 2 keine Fragebögen vorgelegen, sodass eine Feststellung von Versicherungsfreiheit gar nicht möglich gewesen sei. Die Beklagte stellte insoweit für die vorliegend maßgeblichen Beschäftigungszeiten der Beigeladenen Ziff. 1, 2, sowie 5 bis 9 Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung fest, da das Vorliegen von Versicherungsfreiheit nicht nachgewiesen worden sei. Zur Frage der Verjährung führte die Beklagte über die Darstellungen im Anhörungsschreiben hinaus aus, mit Bescheid vom 28. August 2006 sei für den Prüfzeitraum 1. Mai 2002 bis 31. Dezember 2005 bereits Versicherungspflicht wegen der berufsmäßigen Ausübung einer vermeintlich kurzfristigen Beschäftigung festgestellt worden. In dem Bescheid seien dem Kläger auch ausführliche Informationen im Hinblick auf die Themen Berufsmäßigkeit, Aufzeichnungspflichten, Meldefristen und Umlageverfahren gegeben worden. Spätestens ab diesem Zeitpunkt habe er umfangreiche Kenntnis seiner Arbeitgeberpflichten gehabt. Die Prüfung im Jahr 2010 über den Zeitraum vom 1. Juni 2006 bis ein 30. Dezember 2009 sei am 19. April 2010 ohne Beanstandungen abgeschlossen worden. Ca. einen Monat später habe er die ersten Saisonarbeitskräfte im Jahr 2010 beschäftigt. Gründe, warum diese nicht angemeldet worden seien, seien nicht erkennbar und auch nicht vorgetragen. Der für das Jahr 2014 anstehenden turnusmäßigen Prüfung habe der Kläger sich durch die Nichtabgabe der erforderlichen Meldungen entzogen. Nach einem Steuerberaterwechsel im Jahr 2015 sei er seitens der Steuerberatergesellschaft regelmäßig angesprochen worden, ob von dort auch das Beitrags- und Meldeverfahren durchgeführt werden solle. Dies habe der Kläger nach Auskunft seines Steuerberaters im persönlichen Gespräch am 30. Oktober 2018 stets mit der Begründung verneint, dass er bzw. seine Ehefrau die erforderlichen Meldungen und Beitragsnachweise selbst erstellt habe. Selbst wenn man unterstellen wolle, dass der Kläger die Meldungen der Jahre 2010 bis 2013 vergessen habe, hätte ihm im Jahr 2014 mit Abgabe der Meldung für die Beigeladene Ziff. 1 auffallen müssen, dass er seinen Verpflichtungen in den Vorjahren nicht nachgekommen sei. Für die Arbeitnehmer S2 D1., J1., C1. und D2. werde keine Versicherungspflicht festgestellt. Es verbleibe jedoch bei der Nachforderung von Umlagen nach dem AAG und der Insolvenzgeldumlage. Hinsichtlich der Beigeladenen Ziff. 1 forderte die Beklagte auch bezüglich der Beschäftigung im Jahr 2014 Beiträge und Umlagen nach, da diese von dem Kläger – trotz Meldung einer nicht geringfügigen Beschäftigung – nicht entrichtet worden seien. Für weitere 119 als versicherungsfrei eingestufte Beschäftigungsverhältnisse – unter Benennung der Arbeitnehmer, des jeweiligen Beschäftigungszeitraums und des Arbeitsentgelts in den Anlagen des Bescheids aufgeführt – forderte die Beklagte nicht entrichtete Umlagen nach. Hierzu und hinsichtlich der Berechnung der nachgeforderten Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen sowie der Säumniszuschläge wird auf die Anlagen des Bescheids vom 5. März 2019 Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung legte der Kläger am 19. März 2019 Widerspruch ein und führte ergänzend aus, die Antwort der Beigeladenen Ziff. 7 nach einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis habe sich nach hiesiger Lesart auf das Beschäftigungsverhältnis bei dem Kläger bezogen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2020 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Am 30. März 2020 hat der Kläger bei dem Sozialgericht Freiburg (SG) Klage erhoben. Das SG hat die Beigeladenen mit Beschluss vom 18. Juni 2021 in das Verfahren einbezogen. Seitens der AOK B1 als von der Beklagten als zuständig benannter Trägerin der Kranken- und Pflegeversicherung sowie der Bundesagentur für Arbeit ist auf Anfrage des SG die Beiladung nicht beantragt worden. Das SG hat die Beigeladenen Ziff. 1 bis 12 schriftlich zu ihrer Beschäftigung bei dem Kläger und zu deren damaligen Erwerbs-, Einkommens- und Lebensverhältnissens befragt. Die Beigeladene Ziff. 9 hat mitgeteilt, sie habe die Arbeit bei dem Kläger aufgenommen, weil sie arbeitslos gewesen sei. Sie sei nach Deutschland gefahren, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Beigeladene Ziff. 5 hat mit Schreiben vom 6. Juni 2022 geschildert, dass er in den Jahren 2010 bis 2012 während seines Arbeitsaufenthalts in Deutschland, nach dem Aufenthalt und dazwischen für eine unbestimmte Zeit bei einem polnischen Arbeitgeber beschäftigt gewesen sei und mit ihm einen Arbeitsvertrag geschlossen gehabt habe. Er habe mit seiner Frau einen gemeinsamen Haushalt geführt und habe von der Vergütung seiner Arbeit gelebt. Die weiteren befragten Beigeladenen haben keine Stellung genommen. Die Beklagte hat ergänzend den Bescheid vom 28. August 2006 vorgelegt.

Mit Urteil vom 9. März 2023 hat das SG den Bescheid vom 5. März 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2020 aufgehoben, denn diese seien rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten. Soweit darin Ansprüche auf Beiträge für Beschäftigungszeiten vor dem 1. Januar 2014 geltend gemacht würden, greife bereits die Einrede der Verjährung. Die übrigen streitigen Beschäftigungsverhältnisse im Zeitraum 2014 bis einschließlich 2017 seien versicherungsfrei gewesen, da die Beschäftigungen beim Kläger zeitgeringfügig erfolgt seien und die Beklagte eine Berufsmäßigkeit der jeweiligen Beschäftigung nicht habe nachweisen können. Bei Beginn der Betriebsprüfung im Jahre 2018 seien die Jahre 2010 bis 2013 nach der Regelverjährung bereits verjährt gewesen. Dass hier vorsätzlich Beiträge vorenthalten worden seien, vermöge die Kammer nicht zu erkennen. Vorsätzlich handele, wer in Kenntnis seiner Zahlungspflicht bewusst und gewollt die Beitragsentrichtung unterlasse, dabei sei hinsichtlich des Vorsatzes das Vorliegen des inneren (subjektiven) Tatbestands anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls individuell zu ermitteln. Vorsätzlich handele auch, wer seine Beitragspflicht für möglich halte, jedoch billigend in Kauf nehme, dass die Beiträge nicht entrichtet würden. Das Wissen um die bloße Möglichkeit einer Beitragserhebung stehe nicht dem vorsatzindizierenden sicheren Wissen um die rechtliche und tatsächliche Verpflichtung zur Zahlung der Beiträge gleich. Die objektive Beweislast für das Vorliegen vom Vorsatz treffe grundsätzlich den Versicherungsträger und damit die Beklagte. Soweit die Beklagte einen Vorsatz aus der Beanstandung bei der Betriebsprüfung im Jahre 2006 herleiten wolle, stehe dem bereits entgegen, dass die nachfolgende Prüfung unstreitig ohne Beanstandungen verlaufen sei. Insoweit zeige sich gerade, dass der Kläger offensichtlich bemüht gewesen sei, den Fehler nicht zu wiederholen. Auch habe sich die Beanstandung im Jahre 2006 im Wesentlichen auf einen bestimmten Saisonarbeitnehmer bezogen, welcher im Fragebogen angegeben gehabt habe, unbezahlten Urlaub zu haben. Insoweit liege hier bereits kein vergleichbarer Sachverhalt vor. Insbesondere sei gerade nicht darauf hingewiesen worden, dass die Angaben „Hausfrau/Hausmann“ anhand der Fragebögen nicht plausibel seien und eine weitere Nachforschung erforderlich machen würden. Bei relativ komplizierter und sich im Übrigen stetig ändernder Gesetzeslage sei nachvollziehbar, dass – wie hier – im Einzelfall Fehler unterliefen. Aus diesen einzelnen Fehlern könne aber nicht auf einen generellen Vorsatz hinsichtlich des Nichtabführens von Sozialversicherungsbeiträgen geschlossen werden. Auch der Umstand, dass zwischen den Jahren 2010 und 2014 offenbar keine Meldungen erfolgt seien, reiche nicht aus, um einen Vorsatz des Klägers zu begründen. Vorsatz ließe sich nur begründen, wenn der Kläger erkannt hätte, dass bei einer durch eine Meldung ausgelösten Prüfung – entgegen der vorherigen Jahre – eine Versicherungspflicht in der Krankenversicherung, Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt werde. Dass der Kläger aber die Meldung willentlich unterlassen habe, um das noch nicht absehbare Ergebnis der Prüfung zu vermeiden, halte die Kammer für fernliegend, jedenfalls habe die Beklagte dies nicht nachweisen können. Der Umstand, dass der Kläger 2014 – ohne äußeren Anlass – die Meldungen wiederaufgenommen habe, spreche ebenfalls gegen ein vorsätzliches Handeln. Soweit die Beklagte einen Vorsatz daraus ableite, dass dem Kläger spätestens bei der Meldung von der Beigeladenen Ziff. 1 im Jahre 2014 „hätte auffallen müssen“, dass in den vorherigen Jahren keine Meldung erfolgt sei, erfülle dies gerade nicht die Definition von Vorsatz, sondern entspreche der Definition von Fahrlässigkeit. Im Übrigen habe die Beigeladene Ziff. 1 im Jahre 2014 den zeitlichen Rahmen für eine Zeitgeringfügigkeit überschritten, sodass ihr Beschäftigungsverhältnis gerade eine Art „Sonderfall“ darstelle. Ihre Meldung lege eher nahe, dass der Kläger bei ihr von Versicherungspflicht ausgegangen sei, nicht allerdings bei den zeitgeringfügigen Saisonarbeitnehmern. Letztlich lasse sich ein Vorsatz auch nicht daraus herleiten, dass der Kläger nach dem Steuerberaterwechsel 2015 seinen neuen Steuerberatern mitgeteilt habe, dass er die erforderlichen Meldungen und Beitragsnachweise selbst erstelle, denn daraus lasse sich kein Rückschluss ziehen, ob der Kläger davon ausgegangen sei, alle Meldungen richtig zu machen oder ob er wissentlich und willentlich die Meldungen unterlassen habe. Bezüglich des Zeitraumes 2014 bis 2017 sei die Beitragserhebung ebenfalls rechtswidrig, da die betroffenen Beschäftigungsverhältnisse versicherungsfrei gewesen seien. Eine Berufsmäßigkeit der jeweiligen Beschäftigung habe durch die insoweit ebenfalls beweisbelastete Beklagte nicht nachgewiesen werden können. Die maßgeblichen Zeitgrenzen der zeitgeringfügigen Beschäftigung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV seien unstreitig bezüglich aller Arbeitnehmer eingehalten worden. Auch hätten die betroffenen Saisonarbeitnehmer ihre Beschäftigung bei dem Kläger nur gelegentlich und nicht regelmäßig ausgeübt. Diese Unterscheidung sei erforderlich, da bei einer regelmäßigen Beschäftigung allein § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV einschlägig sei und die betroffenen Saisonarbeitnehmer wegen des Überschreitens der Entgeltgrenzen danach versicherungspflichtig wären. Auch wenn der Beigeladenen Ziff. 2 über mehrere Jahre hinweg immer wieder Beschäftigungen bei dem Kläger ausgeübt habe, könne hier dennoch nicht von einer regelmäßigen Tätigkeit ausgegangen werden, da die einzelnen Arbeitseinsätze mangels Abrufbereitschaft für ihn nicht vorhersehbar gewesen seien und auch ein bestimmter Rhythmus nicht erkennbar sei. Schließlich stehe der Annahme einer zeitgeringfügigen Beschäftigung der Saisonarbeitskräfte auch nicht eine Berufsmäßigkeit ihrer jeweiligen Beschäftigungsausübung entgegen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) werde eine zeitlich befristete Beschäftigung dann berufsmäßig ausgeübt, wenn der Betreffende durch sie seinen Lebensunterhalt überwiegend oder doch in einem solchen Umfang erwerbe, dass seine wirtschaftliche Stellung zu einem erheblichen Teil auf der Beschäftigung beruhe und diese damit nicht nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung sei. Bei der Beurteilung der Berufsmäßigkeit seien die gesamten Lebensverhältnisse des Beschäftigten zu berücksichtigen, die nicht allein durch die Verhältnisse während der Dauer dieser Beschäftigung geprägt würden. Berufsmäßig sei eine kurzfristige Beschäftigung dann, wenn ihr eine versicherungspflichtige Beschäftigung unmittelbar vorangegangen sei oder folge. Der kurzfristig Beschäftigte sei dann nicht wie die Personen beschäftigt, die, ohne zum Kreis der Erwerbstätigen zu gehören, nur gelegentlich eine vorübergehende Beschäftigung ausübten. Berufsmäßigkeit liege auch dann nicht vor, wenn Personen nach ihrer Lebensstellung in der Regel keine versicherungspflichtige Beschäftigung auszuüben pflegten, wie z.B. Rentner sowie Hausfrauen, bzw. Hausmänner. Ausgehend von diesen Grundsätzen sei die Beschäftigung der im Zeitraum 2014 bis 2017 streitigen sieben Saisonarbeitskräfte beim Kläger mangels Berufsmäßigkeit als geringfügig einzustufen gewesen. Dabei werde nicht verkannt, dass das vom Kläger bezogenen Entgelt – im Hinblick auf die anzunehmenden anderen Lebensumstände und vor allem wegen des deutlich niedrigeren Lohnniveaus in Rumänien und Polen – wohl nicht von untergeordneter Bedeutung gewesen sei. Darauf könne es aber für die Beurteilung der Berufsmäßigkeit einer Beschäftigung von Saisonarbeitskräften nicht ankommen, denn andernfalls sei die Beschäftigung von ausländischen Arbeitnehmern, in deren Heimatländern im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland ein erhebliches Lohngefälle bestehe, immer als berufsmäßig einzustufen. Dies führe zu einer ungerechtfertigten Diskriminierung der ausländischen Arbeitnehmer. Dementsprechend hätten die Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger klargestellt, dass für die Beurteilung der Berufsmäßigkeit einer kurzfristigen Beschäftigung bei Beschäftigten aus dem Ausland keine strengeren Voraussetzungen als für inländische Arbeitnehmer gelten dürften. Dies solle erst recht gelten bei der versicherungsrechtlichen Beurteilung von EU-Saisonarbeitskräften. Demnach sei die Höhe des in anderen Staaten als dem Herkunftsland erzielten Arbeitsentgelts nicht maßgeblich. Maßgebend sei hier vielmehr, ob die sieben Saisonarbeitskräfte generell dem Kreis der Erwerbstätigen angehörten. Vorherige Tätigkeiten seien auf den Fragebögen verneint worden, ebenso die Frage nach der Arbeitslosmeldung und dem Rentenbezug. Angegeben worden sei jeweils, dass die betroffenen Arbeitnehmer im Heimatland Hausfrau bzw. Hausmann seien. Eine Auslegung des Begriffs der Hausfrau bzw. des Hausmannes müsse insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes erfolgen, dass das BSG Hausfrauen bzw. Hausmänner als Personen eingestuft habe, die generell nicht zum Kreis der Erwerbstätigen gehörten. Es müsse sich daher um Personen handeln, die vorübergehend einer Beschäftigung nachgingen und im Übrigen von anderen Personen unterhalten würden und dadurch nicht auf die Ausübung einer Beschäftigung zum Erhalt ihres Lebensunterhalts angewiesen seien. Ob die sieben Saisonarbeitnehmer alle Hausmänner und Hausfrauen in diesem Sinne seien, sei offen. Dafür sprächen ihre Angaben im Fragebogen, für die sie einen Stempel ihrer Wohnortgemeinde eingeholt hätten und deren Richtigkeit sie nach entsprechender Belehrung mit ihrer Unterschrift versichert hätten. Die Beigeladene Ziff. 7 habe zwar angegeben, dass sie bereits Beschäftigungen in Deutschland gehabt habe, allerdings finde sich zuvor die Angabe „pracownik sezonowy“, was so viel heiße wie Saisonarbeitnehmer. Die Annahme der Beklagten, dass es sich bei der Tätigkeit als Saisonarbeitskraft um die Haupterwerbsquelle handelt, sei nicht zwingend. Vielmehr könne die Beigeladene Ziff. 7 ebenfalls Hausfrau sein mit gelegentlichem Hinzuverdienst. Soweit die Beigeladene Ziff. 6 zusätzlich zur Angabe, dass sie Hausfrau sei, noch angegeben habe, dass sie „Sozialhilfe“ beziehe, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Beschäftigung nicht von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung sei. Vielmehr stünden – jedenfalls nach deutschem Recht – Sozialhilfeempfänger gerade nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Insoweit könne sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass die Beweislast bei dem Kläger liege, weil sie für sich einen Ausnahmetatbestand in Anspruch nehme. Eine Umkehr der Feststellungslast aufgrund eines Verstoßes des Klägers gegen seine Mitwirkungspflichten als Arbeitgeber sei nicht eingetreten. Der Kläger habe sich vielmehr des bundeseinheitlichen Fragebogens für Saisonarbeitskräfte aus dem (osteuropäischen) Ausland bedient, der seit dem Jahre 1998 den Arbeitgebern zur Verfügung gestellt werde. Ein weiteres „Hinterfragen“ könne vom Arbeitgeber – angesichts der Konzeption des Fragebogens – nicht erwartet werden.

Gegen diese der Beigeladenen Ziff. 13 am 21. März 2023 und der Beklagten am 30. März 2023 zugestellte Entscheidung haben die Beklagte am 19. April 2023 und der Beigeladene Ziff. 13 am 20. April 2023 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt.

Die Beklagte trägt vor, der fehlende Rhythmus der Arbeitseinsätze stehe einer Regelmäßigkeit nicht entgegen. § 8 Abs. 1 SGB IV sei eine eng auszulegende Vorschrift, durch die Beschäftigungen dem sozialen Schutz entzogen werden sollten, die nicht der Sicherung des Lebensunterhaltes dienten. Saisonarbeitskräfte mit einem Wohnsitz in Niedriglohnländern erzielten durch ihre Beschäftigungen in der Regel Entgelte, die ihrem Lebensunterhalt wesentlich dienten. Die Beigeladenen Ziff. 1 bis 12 hätten nach ihren eigenen Angaben in keinen weiteren Beschäftigungsverhältnissen gestanden. Sie hätten keinerlei Angaben dazu gemacht, aus welchen Einkünften, außer denen aus der Beschäftigung beim Kläger, sie ihren Lebensunterhalt bestritten. Es sei also anzunehmen, dass die Einkünfte aus den Beschäftigungen beim Kläger wesentlich zum Lebensunterhalt und sie selbst bei unterstellten weiteren Einkünften nicht weniger als 10 Prozent des Gesamteinkommens beigetragen hätten. Ergänzend verweist die Beklagte auf das Urteil SG Landshut vom 20. März 2023 – S 1 BA 3/21 – und führt diesbezüglich aus, wenn Saisonarbeitskräfte aus Niedriglohnländern den Zeitraum einer zeitgeringfügigen Beschäftigung in großem Umfang ausschöpften, werde die wirtschaftliche Relevanz für ihren Lebensunterhalt kaum verneint werden können. Der Beigeladenen Ziff. 1 bis 12 seien auch berufsmäßig tätig gewesen, da sie allgemein zum Kreis der Erwerbstätigen gezählt hätten. Die bloße Angabe im Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit polnischer/rumänischer Saisonarbeitnehmer, sie seien „Hausmann“ ändere daran nichts.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 9. März 2023 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene Ziff. 13 trägt vor, der streitgegenständliche Betriebsprüfbescheid der Beklagten beinhalte auch Nachforderungen für Umlagen bei kurzfristiger Beschäftigung von weiteren Saisonarbeitern, die im Übrigen nicht im Klageverfahren beigeladen gewesen seien, bezogen auf Zeiträume ab 2014. Ohne entsprechende Urteilsbegründung sei gleichwohl der angefochtene Betriebsprüfbescheid durch das Urteil in Gänze aufgehoben worden. Der Betriebsprüfbescheid hätte aber hinsichtlich der nachgeforderten Umlagen für kurzfristige Beschäftigungen, die zum Zeitpunkt ihrer Erhebung noch nicht verjährt gewesen seien, weiterhin Bestand haben müssen. Die diesbezüglichen Nachforderungen seien offensichtlich rechtmäßig gewesen.

Die Beigeladene Ziff. 13 beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 9. März 2023 aufzuheben, soweit mit diesem der Bescheid der Beklagten vom 5. März 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2020 auch bezüglich der Nachforderung der Umlagen U1/U2 und der Insolvenzgeldumlage für Zeiträume ab 2014 aufgehoben worden ist und die Klage insoweit abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er erachtet die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Die Beschäftigung der Beizuladenden Ziff. 1 bis 12 sei gelegentlich erfolgt. Die Annahme einer regelmäßigen Tätigkeit setze voraus, dass eine Abrufbereitschaft vorliege, die vereinbart und vom beiderseitigen Parteiwillen getragen werden müsste. Das sei vorliegend zweifelsfrei nicht der Fall. Eine Beständigkeit im Sinne wiederkehrender Beschäftigung beim Kläger sei – in Anbetracht der Konkurrenz der landwirtschaftlichen Betriebe um Saisonarbeitskräfte – bestenfalls Beleg für gute Bedingungen der Beschäftigung. Das Argument der Beklagten, die besondere wirtschaftliche Bedeutung des Entgelts der geringfügigen Tätigkeit im Verhältnis zum Jahreseinkommen eines Arbeitnehmers aus osteuropäischen Niedriglohnländern führe per se zu Berufsmäßigkeit, sei zu entkräften. Zum einen fordere das BSG das kumulative Vorliegen von „Berufsmäßigkeit“ und „nicht unerheblicher wirtschaftlicher Bedeutung“. Zum anderen kollidiere eine solche Auslegung des Kriteriums „berufsmäßig“ mit dem europarechtlichen Gleichbehandlungsgebot. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) verbiete der in Art. 4 der VO (EG) Nr. 883/2004 niedergelegte Gleichbehandlungsgrundsatz nicht nur offenkundige Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch Anwendung anderer Unterscheidungskriterien tatsächlich zum gleichen Ergebnis führten. Als mittelbar diskriminierend seien daher Voraussetzungen des nationalen Rechts anzusehen, die zwar unabhängig von der Staatsangehörigkeit gälten, aber im Wesentlichen oder ganz überwiegend Wanderarbeitnehmer beträfen sowie unterschiedslos geltende Voraussetzungen, die von inländischen Arbeitnehmern leichter zu erfüllen seien, als von Wanderarbeitnehmern. Schließlich sei eine Auslegung der Vorschrift dergestalt, dass selbige im Anschluss keinen Anwendungsspielraum mehr habe, rechtsfehlerhaft. Folgte man der Argumentation der Beklagten und des SG Landshut, würde dies zur Konsequenz haben, dass osteuropäische Arbeitnehmer bei Zugrundelegung des Mindestlohns nur wenige Tage zeitgeringfügig arbeiteten und auch Inländer niemals den zeitlichen Rahmen einer Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV ausschöpfen könnten, ohne infolge der wirtschaftlichen Bedeutung des aus dieser Beschäftigung erzielten Entgeltes als „berufsmäßig“ und damit sozialversicherungspflichtig qualifiziert zu werden. Die Unterwerfung unter ein Pflichtversicherungssystem stelle einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit und Berufsausübungsfreiheit dar. Ein solcher Eingriff bedürfe der Rechtfertigung. Diese Rechtfertigung liege bei regulären Beschäftigungsverhältnissen in den Anwartschaften und Leistungsrechten, die aus der Mitgliedschaft in dem jeweiligen Sozialversicherungssystem resultierten. Weil in diesen Leistungsgesetzen jedoch Vorversicherungszeiten oder andere versicherungsrechtliche Vorbedingungen definiert seien, erwerbe der kurzfristig Beschäftigte solche Leistungsrechte typisierend betrachtet gerade nicht. Ergänzend legt der Kläger das Urteil des 8. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 25. Oktober 2023 – L 8 BA 2385/22 – vor.

Die Beigeladenen Ziff. 1 bis 12 haben keine Anträge gestellt.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze und hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakten beider Instanzen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegten Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen Ziff. 13 sind jeweils zulässig, sie sind insbesondere gemäß §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft, da der Wert des Beschwerdegegenstandes in beiden Fällen – auch hinsichtlich der von der Beigeladenen Ziff. 13 auf die Umlagennachforderung seit Januar 2014 beschränkten Berufung – den Betrag von 750,00 Euro übersteigt.

Gegenstand des Verfahrens ist – neben der erstinstanzlichen Entscheidung – der Bescheid der Beklagten vom 5. März 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2020, mit dem die Beklagte für die Beigeladenen Ziff. 1 bis 12 für deren Beschäftigung bei dem Kläger im Zeitraum 1. Mai 2010 bis 31. Dezember 2017 Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung sowie für die Beigeladenen Ziff. 1 bis 12 und weitere in diesem Zeitraum Beschäftigte Umlagen U1 und U2 nach § 7 Aufwendungsausgleichsgesetz [AAG]) und die Insolvenzgeldumlage U3 bzw. UI nach § 358 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in Höhe von insgesamt 33.946,56 Euro einschließlich 12.955,00 Euro Säumniszuschlägen nachgefordert hat.

Eine Beiladung der neben den Beigeladenen Ziff. 1 bis 12 in dem Bescheid vom 5. März 2019 und dessen Anlagen genannten weiteren Beschäftigten des Klägers, bezüglich derer ausschließlich eine Nachforderung der Umlagen U1/U2 und UI (nebst Säumniszuschlägen) erfolgt ist, war nicht erforderlich. Gemäß § 75 Abs. 1 Satz 1 SGG kann das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag andere, deren berechtigte Interessen durch die Entscheidung berührt werden, beiladen. Die Beiladung ist u.a. dann notwendig, wenn Dritte an dem Rechtsstreit derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (vgl. § 75 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die weiteren Beschäftigten neben den Beigeladenen Ziff. 1 bis 12 sind durch die Umlagennachforderung nicht in ihrer Rechtssphäre betroffen, da bei diesen das Vorliegen von nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV geringfügiger Beschäftigung nicht streitig ist und sich die insoweit nachgeforderten Umlagen U1/U2 und UI zwar nach deren Entgelt aus der Beschäftigung bei dem Kläger bemessen (vgl. § 7 Abs. 2 AAG, hier i.V.m. § 35 Abs. 1 und 2 der Satzung der AOK B1 in der jeweils gültigen Fassung; § 358 Abs. 2, § 360, § 361 SGB III i.V.m. der jeweils gültigen Insolvenzgeldumlagesatzverordnung), aus diesen Umlagen jedoch keine individuellen Ansprüche oder Rechte erwachsen (können).

Die Berufung der Beigeladenen Ziff. 13 ist umfassend und die Berufung der Beklagten (nur) in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Im verbleibenden Umfang hat das SG den vorgenannten Bescheid der Beklagten auf die – zulässige – Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) des Klägers zu Recht aufgehoben.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist zunächst formell rechtmäßig. Die Beklagte hat als zuständige Behörde gehandelt. Rechtsgrundlage des Bescheids ist § 28p Abs. 1 SGB IV. Hiernach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag entstehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlung und der Meldungen (§ 28a SGB IV) mindestens alle vier Jahre. Im Rahmen der Prüfung erlassen die Träger der Rentenversicherung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken‑, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (§ 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV); insoweit gelten § 28h Abs. 2 SGB IV sowie § 93 in Verbindung mit § 89 Abs. 5 SGB X nicht. Mit § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV ist klargestellt, dass die Zuständigkeit der Träger der Rentenversicherung unabhängig von den eigentlich nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV für solche Feststellungen zuständigen Einzugsstellen besteht. § 10 Aufwendungsausgleichsgesetz stellt die Umlagen zum Ausgleichsverfahren insoweit den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung gleich (BSG, Urteil vom 10. Dezember 2019 – B 12 R 9/18 R – juris Rdnr. 12). Der Bescheid der Beklagten ist auch im Übrigen formell rechtmäßig. Insbesondere hat die Beklagte den Kläger vor Erlass des belastenden Bescheids ordnungsgemäß angehört (§ 24 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch [SGB X]).

1. Die Berufung der Beigeladenen Ziff. 13 und die Berufung der Beklagten sind begründet, soweit das SG den Bescheid der Beklagten vom hinsichtlich der Nachforderung der Umlagen U1/U2 und der Insolvenzgeldumlage bezüglich der Beigeladenen Ziff. 1 bis 12 und weiterer Beschäftigter vom 5. März 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2020 aufgehoben hat, denn der Bescheid ist insoweit auch materiell rechtmäßig ergangen.

Am Umlageverfahren U1 nehmen nach § 1 Abs. 1 AAG Arbeitgeber teil, die in der Regel ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten nicht mehr als 30 Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen beschäftigen, und am Umlageverfahren U2 nach § 1 Abs. 2 AAG und am Umlageverfahren UI gemäß § 358 Abs. 1 SGB III alle Arbeitgeber. Gemäß § 7 Abs. 1 AAG werden die Mittel zur Durchführung der U1- und U2-Verfahren von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern jeweils durch gesonderte Umlagen aufgebracht, die die erforderlichen Verwaltungskosten angemessen berücksichtigen. Die Umlagen U1 und U2 sind dabei nach § 7 Abs. 2 Satz 1 AAG jeweils in einem Prozentsatz des Entgelts (Umlagesatz) festzusetzen, nach dem die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer, Arbeitnehmerinnen und Auszubildenden bemessen werden oder bei Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu bemessen wären. Bei der Berechnung der Umlage für Aufwendungen nach § 1 Abs. 1 AAG sind gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 AAG u.a. Entgelte von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen, deren Beschäftigungsverhältnis bei einem Arbeitgeber nicht länger als vier Wochen besteht nicht zu berücksichtigen. Auch die Umlage UI ist nach einem Prozentsatz des Arbeitsentgelts zu erheben (vgl. § 358 Abs. 2 Satz 1 SGB III), wobei das Arbeitsentgelt maßgebend ist, nach dem die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Auszubildenden bemessen werden oder im Fall einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu bemessen wären (vgl. § 358 Abs. 2 Satz 2 SGB III).

Vorliegend nahm der Kläger als Arbeitgeber, der in der Regel nicht mehr als 30 Arbeitnehmer beschäftigt, an den Umlageverfahren teil und waren die Beigeladenen Ziff. 1 bis 12 sowie die weiteren in dem Bescheid vom 5. März 2019 genannten Beschäftigten jeweils für mehr als vier Wochen seine Arbeitnehmer und als solche gegen Entgelt beschäftigt, so dass eine uneingeschränkte Umlagepflicht des Klägers bestand. Die Beklagte hat die diesbezüglich (nach-)zu erhebenden Umlagen aus den Jahren 2010 bis 2016 auch zutreffend berechnet, sie ist insbesondere nicht von einem unzutreffenden Arbeitsentgelt oder einer fehlerhaften zeitlichen Zuordnung ausgegangen, wie auch klägerseits nicht behauptet wird.

Soweit die Beklagte diesbezüglich Säumniszuschläge festgesetzt hat, ist dies ebenfalls zutreffend erfolgt. Gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (§ 24 Abs. 2 SGB IV). § 24 SGB IV erfasst dabei – wie auch die Verjährungsregelung des § 25 SGB IV (dazu im Weiteren) – über § 10 AAG auch die außerhalb des Sozialgesetzbuchs (vgl. § 68 Erstes Buch Sozialgesetzbuch) geregelten Umlagen nach § 1 Abs. 1 und Abs. 2 AAG (s. auch Zieglmeier in beck-online.GK, Hrsg. Rolfs (geschf.)/Körner/Krasney/Mutschler, Stand 15. Februar 2025, SGB IV § 25 Rdnr. 13).

Vorliegend beruft sich bereits der Kläger zu Recht nicht darauf, dass er unverschuldet keine Kenntnis von seiner Verpflichtung zur Zahlung der Umlagen U1/U2 und UI gehabt habe. Denn bis zum Jahr 2009 hat er, wie die Beklagte zu Recht hervorgehoben hat, die Umlagen für die bei ihm geringfügig beschäftigten Saisonarbeiter entrichtet und entsprechende Zahlungen – teilweise – ab 2014 auch wieder aufgenommen hat. Es ist nichts ersichtlich oder seitens des Klägers vorgetragen, woraus sich ein Wegfall seiner Kenntnis von der Zahlungspflicht hinsichtlich der Umlagen ergeben könnte.

Die Umlagenachforderung ist auch nicht verjährt, soweit sie den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis 31. Dezember 2013 betrifft, da insoweit die dreißigjährige Verjährungsfrist nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV maßgeblich ist.

Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Anspruch auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren dagegen nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Verjährung gelten gemäß § 25 Abs. 2 Satz 1 SGB IV die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. Die Verjährung ist für die Dauer einer Prüfung beim Arbeitgeber gehemmt (§ 25 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SGB IV). Für Vorsatz, wie ihn § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV voraussetzt, sind das Bewusstsein und der Wille erforderlich, die Abführung der fälligen Beiträge zu unterlassen. Dabei reicht es für das Eingreifen der 30jährigen Verjährungsfrist aus, wenn der Schuldner die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalten hat, er also seine Beitragspflicht für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat. Fahrlässigkeit, auch in den Erscheinungsformen der bewussten oder der groben Fahrlässigkeit, genügt demgegenüber nicht (vgl. BSG, Urteil vom 30. März 2000 – B 12 KR 14/99 R –, SozR 3-2400 § 25 Nr. 7, juris Rdnr. 23). Zum Vorsatz muss das Vorliegen des inneren (subjektiven) Tatbestandes festgestellt, d. h. anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles und bezogen auf den betreffenden Beitragsschuldner durch Sachverhaltsaufklärung individuell ermittelt werden. Die Feststellungslast (Beweislast) für den subjektiven Tatbestand trifft im Zweifel den Versicherungsträger, der sich auf die für ihn günstige lange Verjährungsfrist beruft (BSG, Urteil vom 30. März 2000, a.a.O. Rdnr. 24).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der Senat davon überzeugt (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG), dass der Kläger die fraglichen Umlagen vorsätzlich nicht entrichtet hat. Denn der Kläger hat bereits Jahre vor dem streitigen Zeitraum Saisonarbeitskräfte geringfügig im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV beschäftigt und ist sich der diesbezüglichen Umlageverpflichtung bewusst gewesen, wie durch die Umlageentrichtung bis einschließlich 2009 und die – im Wesentlichen – beanstandungsfrei abgelaufenen Betriebsprüfungen bis zuletzt 2010 dokumentiert ist. So wie es sich bei der Umlageentrichtung um einen bewussten Vorgang handelt, ist vorliegend auch die Einstellung der Umlageentrichtung ab 2010 trotz unveränderter Beschäftigung von Saisonarbeitskräften aus dem europäischen Ausland als bewusster Vorgang zu qualifizieren. Der Kläger hat insoweit auch nichts vorgetragen, aus dem sich nachvollziehbar ableiten ließe, dass er ab 2010 etwa fahrlässig auf den Wegfall seiner Umlageverpflichtung vertraut hätte.

2. Soweit die Beklagte für die Beschäftigung der Beigeladenen Ziff. 1, 2, 6, 7 und 10 bis 12 ab dem 1. Januar 2014 Sozialversicherungspflichtigkeit angenommen und Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, sozialen Pflege- und gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung von dem Kläger nachgefordert sowie Säumniszuschläge festgesetzt hat, ist dies lediglich hinsichtlich der Beigeladenen Ziff. 1, 2, 7 und 11 zutreffend erfolgt und insoweit das Urteil des SG vom 9. März 2023 abzuändern.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung gemäß § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gemäß § 24 Abs. 1 und § 25 Abs. 1 SGB III, der Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V]) und der sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI]). Versicherungsfrei sind jedoch nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, § 27 Abs. 2 Halbsatz 1 SGB III, § 7 Abs. 1 Halbsatz 1 SGB V – in der sozialen Pflegeversicherung i.V.m. § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI – u.a. gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV geringfügig Beschäftigte.

Gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV in der Fassung vom 12. November 2009 liegt eine geringfügige Beschäftigung vor, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage – für die Zeit vom 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2018 nach § 115 SGB IV in der Fassung vom 11. August 2014 drei Monate oder 70 Arbeitstage – nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 400 Euro im Monat – nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV in der ab dem 1. Januar 2013 gültigen Fassung vom 5. Dezember 2012 450 Euro im Monat – übersteigt. In Abgrenzung zur entgeltgeringfügigen Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV, die seit 1. Januar 2013 keine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung mehr begründet, ist für die geringfügige Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV daneben zu fordern, dass diese nicht regelmäßig, sondern nur gelegentlich ausgeübt wird, also nicht von vorneherein auf ständige Wiederholung gerichtet ist (vgl. BSG, Urteil vom 24. November 2020 – B 12 KR 34/19 R –, BSGE 131, 99-106, SozR 4-2400 § 8 Nr. 9, juris Rdnr. 13. m. w. N.). Gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 SGB IV sind bei der Anwendung des Absatzes 1 mehrere geringfügige Beschäftigungen nach Nummer 1 oder Nummer 2 sowie geringfügige Beschäftigungen nach Nummer 1 mit Ausnahme einer geringfügigen Beschäftigung nach Nummer 1 und nicht geringfügige Beschäftigungen zusammenzurechnen. Eine geringfügige Beschäftigung liegt nicht mehr vor, sobald die Voraussetzungen des Absatzes 1 entfallen (§ 8 Abs. 2 Satz 2 SGB IV). Wird beim Zusammenrechnen nach Satz 1 festgestellt, dass die Voraussetzungen einer geringfügigen Beschäftigung nicht mehr vorliegen, tritt die Versicherungspflicht erst mit dem Tag ein, an dem die Entscheidung über die Versicherungspflicht nach § 37 des Zehnten Buches durch die Einzugsstelle nach § 28i Satz 5 oder einen anderen Träger der Rentenversicherung bekannt gegeben wird (§ 8 Abs. 2 Satz 3 SGB IV). Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber vorsätzlich oder grob fahrlässig versäumt hat, den Sachverhalt für die versicherungsrechtliche Beurteilung der Beschäftigung aufzuklären (§ 8 Abs. 2 Satz 4 SGB IV). Die Feststellungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen einer geringfügigen Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV, insbesondere auch für das Zeitkriterium liegt beim Arbeitgeber (vgl. Zieglmeier, a. a. O., SGB IV § 8 Rdnr. 56) und damit beim Kläger. Soweit § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV eine Rückausnahme von dem Vorliegen einer geringfügigen Beschäftigung für den Fall vorsieht, dass das Entgelt 400 Euro bzw. 450 Euro im Monat übersteigt und – kumulativ – die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird, liegt dagegen, wie auch das SG zu Recht ausgeführt hat, bei der Beklagten, da es sich hierbei eine die Geringfügigkeit möglicherweise ausschließende und damit den angefochtenen Beitragsbescheid stützende Tatsache handelt (BSG, Urteil vom 11. Mai 1993 – 12 RK 23/91 – SozR 3-2400 § 8 Nr. 3, SozR 3-2200 § 441 RVO Nr. 1, juris Rdnr. 25; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11. Oktober 2022 – L 11 BA 3083/20 – juris Rdnr. 31 m. w. N.). Eine Umkehr der Feststellungslast kann jedoch dann eintreten, wenn der Arbeitgeber seine Aufzeichnungs- und Mitwirkungspflichten verletzt und damit der Beklagten die Sachaufklärung unmöglich gemacht hat (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 1985 – 12 RK 30/83 –, BSGE 59, 235-242, SozR 2200 § 1399 Nr. 16).

Hinsichtlich der Beschäftigung der Beigeladenen Ziff. 1 vom 5. Mai 2014 bis 30. September 2014 ist auch unter Einbeziehung einer zwischenzeitlichen dreiwöchigen Unterbrechung im Juni 2014 die zeitliche Begrenzung von zwei Monaten bzw. 50 Arbeitstagen überschritten, so dass insoweit eine uneingeschränkte Versicherungs- und Beitragspflicht in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bestanden hat. Dies wird auch von dem Kläger nicht in Abrede gestellt, der das Beschäftigungsverhältnis nach den Feststellungen der Beklagten zutreffend gemeldet, die Beitragspflicht mithin erkannt, jedoch keine Beiträge entrichtet hat. Auch die Beigeladene Ziff. 7 ist bei dem Kläger – entgegen der Annahme des SG – nicht zeitgeringfügig beschäftigt gewesen. Diese war zwar bei dem Kläger vom 8. Mai 2014 bis 21. Juni 2014 und damit für sich betrachtet im Rahmen der Begrenzung auf zwei Monate bzw. 50 Arbeitstage beschäftigt, hat diese Zeitgrenze nach den Feststellungen der Beklagten aufgrund bestehender Vorbeschäftigungszeiten aber überschritten. Sie hatte auch im Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit eine Vorbeschäftigung angegeben, ohne allerdings hierzu nähere Angaben zu machen. Dies hätte der Kläger erkennen können und als Anlass jedenfalls zu einer Nachfrage bzw. Anforderung eines vollständig ausgefüllten Fragebogens nehmen müssen, so dass er sich auch hinsichtlich der Erhebung von Säumniszuschlägen nicht auf eine unverschuldete Unkenntnis berufen kann. Folgerichtig hat der Kläger im Rahmen der Anhörung hierzu eingeräumt, die Vorbeschäftigung übersehen und keine Einwände gegen die Beitragsnacherhebung zu haben. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob bei den Beigeladenen Ziff. 1 und 7 daneben aus weiteren Gründen eine zeitgeringfügige Beschäftigung zu verneinen ist.

Hinsichtlich des Beigeladenen Ziff. 2 hat der Kläger für das Jahr 2014 keinen Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit eingeholt oder jedenfalls vorgelegt, ebenso auch keine anderen Unterlagen, aus denen sich die in dem Fragebogen zu erfassenden Informationen ergeben würden. Eine Prüfung der Berufsmäßigkeit der Beschäftigung des Beigeladenen Ziff. 2 durch die Beklagte ist daher nicht möglich gewesen, was sich der Kläger zurechnen lassen muss und in diesem Fall, in dem auch die schriftliche Befragung des Beigeladenen Ziff. 2 durch das SG ergebnislos verlaufen ist und keine weiteren Erkenntnisse erbracht hat, eine Umkehr der Feststellungslast rechtfertigt. In Anbetracht der stets möglichen Änderung der Verhältnisse kann sich der Kläger insoweit nicht erfolgreich darauf berufen, dass ihm der Beigeladene Ziff. 2 aus früheren Beschäftigungen bekannt gewesen sei. Die Beklagte hat, mangels entgegenstehender Erkenntnisse, bei der Beschäftigung des Beigeladenen Ziff. 2 für den Kläger im Jahr 2014 zutreffend von der Berufsmäßigkeit der Beschäftigung und damit der Sozialversicherungspflichtigkeit ausgehen dürfen. Dies gilt entsprechend für die Beschäftigung des Beigeladenen Ziff. 11 im Jahr 2017, der im Fragebogen lediglich die Hausmannseigenschaft angegeben und eine Beschäftigung im Herkunftsland verneint, jedoch im Übrigen keine Angaben gemacht hat.

Hinsichtlich der fraglichen Beschäftigung der Beigeladenen Ziff. 6, 10 und 12, welche in den Grenzen der Zeitgeringfügigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV und im Betriebsprüfungszeitraum jeweils nur einmalig, somit nicht regelmäßig für den Kläger tätig geworden sind, hat zwar das monatliche Entgelt mehr als 450 Euro betragen, jedoch ist keine Berufsmäßigkeit belegt, was zu Lasten der insoweit beweisbelasteten Beklagten geht. Hierzu – zu den Voraussetzungen der Annahme von Berufsmäßigkeit im Allgemeinen und konkret bezüglich der vorgenannten Beschäftigungsverhältnisse – wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des SG in dem Urteil vom 9. März 2023 Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG), das den angefochtenen Bescheid der Beklagten insoweit zu Recht aufgehoben hat. Der Kläger ist mangels diesbezüglicher tragfähiger Anhaltspunkte auch nicht gehalten gewesen, über die Einholung des bundeseinheitlichen – von der Beklagten herausgegebenen – Fragebogens zur Feststellung der Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit hinaus weitere Hinterfragungen hinsichtlich der von der Beklagten inkriminierten Angabe „Hausmann/Hausfrau“ vorzunehmen.

Hierzu haben bereits der 11., 8., 5. und 2. Senat des LSG Baden-Württemberg klargestellt, dass der Arbeitgeber mit der Verwendung des in der streitgegenständlichen Zeit bereitgestellten bundeseinheitlichen zweisprachigen Fragebogens für Saisonkräfte aus dem (osteuropäischen) Ausland, in dem die Saisonarbeitnehmer als Status „Hausfrau“ oder „Hausmann“ angeben und in dem sie die Frage Nr. 7 nach dem Bestreiten des Lebensunterhalts in ihrem jeweiligen Heimatland nicht beantworten mussten, seiner Aufzeichnungspflicht ausreichend nachkommt und nicht gegen seine Mitwirkungspflicht verstößt, zumindest soweit die Angaben der Saisonarbeitnehmer insgesamt plausibel sind und der Arbeitgeber keinen durch konkrete Einzelfalltatsachen begründeten Verdacht hatte (oder hätte haben müssen), dass die Auskünfte wahrscheinlich falsch sind. Denn der Fragebogen verlangt Angaben dazu, wovon der Lebensunterhalt bestritten wird (Frage Nr. 7), ausdrücklich nur, wenn die Fragen Nr. 1 bis 6 verneint wurden. Auch ist der Arbeitgeber selbst bei Angaben der Saisonarbeitnehmer (zu Frage Nr. 7), wovon sie ihren Lebensunterhalt bestreiten, nicht dazu verpflichtet, diese Angaben zu überprüfen und sich hierüber Nachweise vorlegen zu lassen, soweit sie plausibel sind und er keinen durch Einzelfalltatsachen begründeten Verdacht hatte, dass die Auskünfte wahrscheinlich falsch sind. Denn die Notwendigkeit solcher Nachweise wird ausdrücklich nicht im Fragebogen verlangt und muss sich dem Arbeitgeber bei Plausibilität der Angaben und mangels entgegenstehender Einzelfalltatsachen auch nicht aufdrängen. Der Fragebogen konkretisiert insoweit den Umfang der erforderlichen Mitwirkung des Arbeitgebers (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 23. Oktober 2024 – L 2 BA 1752/23 – juris Rdnr. 71).

Wie der 8. Senat des LSG Baden-Württemberg in dem klägerseits vorgelegten Urteil vom 25. Oktober 2023 ausgeführt hat, ist auch bereits nicht ersichtlich, wie der jeweilige Arbeitgeber in Fällen wie dem vorliegenden weitere Angaben von den fraglichen Saisonarbeitskräften hätte erlangen können. Der Arbeitgeber hat weder eine rechtliche Handhabe, eine Steuerauskunft von den Saisonarbeitskräften zu verlangen, noch kann er als Privatunternehmer einen Datenabgleich mit Behörden in deren Heimatland in die Wege leiten. Einer Meldeanfrage an das Einwohnermeldeamt oder das Finanzamt im Heimatland dürften datenschutzrechtliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. hierzu SG Lüneburg, Urteil vom 26. April 2023 – S 34 BA 26/21 – juris Rdnr. 34 sowie SG Lüneburg, Beschluss vom 19. Mai 2022 – S 1 BA 15/22 ER – juris Rdnr. 27). Auch hat Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis keinen Anspruch auf Offenlegung des Einkommens der Ehefrauen seiner Arbeitnehmer (vgl. Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil vom 26. April 2023 – 10 AZR 137/22 – juris sowie Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. Februar 2021 – III ZR 175/19 – juris). Zu beachten ist auch, dass nicht jede Falschbeantwortung einer Frage in einem vom Arbeitgeber vorgelegten Fragebogen arbeitsrechtliche Folgen hat (vgl. hierzu BAG, Urteil vom 4. Dezember 1997 – 2 AZR 750/96 – juris). Ein Fragerecht des Arbeitgebers und die damit korrespondierende Auskunftspflicht des Bewerbers ist nur dann gegeben, wenn der Arbeitgeber im Zusammenhang mit dem zu begründenden Arbeitsverhältnis ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung seiner Frage im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis hat (Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 21. Februar 2019 – 3 Sa 65/17 – juris). Ein berechtigtes Interesse ist nur dann gegeben, wenn das Interesse des Arbeitgebers so gewichtig ist, dass dahinter das Interesse des Arbeitnehmers, seine persönlichen Lebensumstände zum Schutz seines Persönlichkeitsrechts und zur Sicherung der Unverletzlichkeit seiner Individualsphäre geheim zu halten, zurückzutreten hat (BAG, Urteile vom 5. Oktober 1995 – 2 AZR 923/94ZTR 1996, 322; vom 7. Juni 1984 – 2 AZR 270/83NZA 1985, 57). Das sich aus der Vertrags- und Abschlussfreiheit ableitende Fragerecht des Arbeitgebers ist also zivilrechtlich durch den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers begrenzt (BAG, Urteil vom 20.03.2014 – 2 AZR 1071/12ZTR 2014, 664 sowie Breier/Dassau/Kiefer u.a., TV-L, 1.4.6 Fragerecht des Arbeitgebers und Auskunftspflicht des Bewerbers, Rdnr. 312 ff.). Zudem ist die Beklagte selbst grundsätzlich verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, da ihr als Körperschaft des öffentlichen Rechts andere Ermittlungsmöglichkeiten offenstehen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. Oktober 2023 – L 8 BA 2385/22 – veröffentlicht in sozialgerichtsbarkeit.de).

Die erforderliche Mitwirkung ist von dem Kläger daher hinsichtlich der Beschäftigung der Beigeladenen Ziff. 6 und 10 und 12 erbracht worden. Da die jeweiligen Fragebögen vollständig und in sich widerspruchsfrei ausgefüllt sind, sind die dortigen Angaben ohne konkrete entgegenstehende Anhaltspunkte – und nicht lediglich allgemeine Vermutungen – als plausibel anzusehen. Diese Voraussetzungen sind insbesondere auch im Falle der Beigeladenen Ziff. 6 erfüllt, welche – überobligatorisch – zur Frage ihres Lebensunterhalts angegeben hatte, dass sie Sozialhilfe beziehe, denn der Bezug von Sozialhilfe impliziert gerade nicht, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, die Zugehörigkeit zum Kreis der Erwerbstätigen und damit das Vorliegen von Berufsmäßigkeit der Beschäftigung.

Soweit die Beklagte auf das Urteil des SG Landshut vom 9. März 2023 – S 1 BA 3/21 –  verweist, welches im Übrigen vom Bayrischen LSG mit Urteil vom 24. Juli 2024 (L 16 BA 27/23) aufgehoben worden ist, folgt dem der erkennende Senat aus denselben Gründen wie bereits der 8. Senat in seinem Urteil vom 25. Oktober 2023 (a.a.O.) nicht, dem sich auch der 2. Senat angeschlossen hat:

„Soweit das SG Landshut im Urteil vom 09.03.2023 (a.a.O.) die Annahme einer Berufsmäßigkeit auch bei unterstelltem Personenstatus als Hausmann als möglich ansieht, da es eben in der Allgemeinheit nicht richtig sei, dass Hausfrauen und Hausmänner generell nicht berufsmäßig tätig werden könnten, und im weiteren die Berufsmäßigkeit mit dem großen Lohngefälle zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Heimatland begründet, überzeugt dies den Senat nicht. Diese Auslegung würde zu einer Diskriminierung der ausländischen Arbeitnehmer aufgrund des unterschiedlichen Lohnniveaus führen. Eine solche Diskriminierung verstößt gegen Art. 45 AEUV, wonach innerhalb der Union die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet ist und diese die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen umfasst. Nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.04.2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union darf ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, aufgrund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung, nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer (vgl. hierzu zuletzt Europäischer Gerichtshof [EuGH], Urteil vom 15.06.2023 – C-132/22 – juris). Die Berufsmäßigkeit darf somit nicht allein unter Verweis auf das unterschiedliche Lohngefälle in Deutschland und im Heimatland osteuropäischer Saisonarbeitskräfte als gegeben angenommen werden. Zudem ist bei anderen Arbeitnehmergruppen das im Rahmen einer Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV erzielte Entgelt oftmals von wirtschaftlicher Bedeutung, so dass auch bei diesen eine Berufsmäßigkeit nach der Argumentation des SG Landshut angenommen werden müsste. Auch muss die Berufsmäßigkeit im Vollbeweis feststehen und kann daher nur durch Ermittlungen im Einzelfall und nicht mit pauschalisierenden Erwägungen begründet werden.

Auch lässt das SG Landshut die Tatsache außer Acht, dass grundsätzlich die Beklagte die Feststellungslast trägt und den Sachverhalt im Rahmen der ihr obliegenden Amtsermittlungspflicht nicht ausreichend ermittelt hat. Die vom SG Landshut vertretene Auffassung führt zu einer Umkehr der Feststellungslast, ohne dass dies durch eine konkret benennbare, rechtlich zumutbare weitere Aufklärungsmöglichkeit des Arbeitgebers begründbar wäre. Dies widerspricht jedoch den allgemeinen Grundsätzen der Beitragserhebung (vgl. BSG, Urteil vom 24.11.2020 - B 12 KR 34/19 R - juris Rn. 22). Danach ist die mit der Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen verbundene Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 Abs. 1 GG zu beachten. Wegen dieses Grundrechtseingriffs ist das Sozialversicherungs- und Beitragsrecht in besonderer Weise von dem Grundsatz des Gesetzesvorbehalts (§ 31 SGB I), der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände sowie der Bestimmtheit entsprechender Normen geprägt. Im Interesse sowohl der Versicherten als auch der Versicherungsträger ist die Frage der Versicherungspflicht schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil es darauf nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten der Sozialversicherungsträger und die Leistungsansprüche des Betroffenen ankommt (vgl. BSG, Urteil vom 12.05.2020 - B 12 R 11/19 R - juris Rn. 19 m.w.N.). Zudem bedürfen Eingriffsakte der Verwaltung einer normativen Grundlage, die so formuliert ist, dass die Folgen der Regelung für den Normadressaten erkennbar und berechenbar sind (BSG, Urteil vom 04.12.2007 - B 2 U 36/06 R - juris Rn. 14; allgemein zum Bestimmtheitsgebot von Normen mit Eingriffscharakter z.B. Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Urteil vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07 - juris). Es ist daher Sache des Gesetzgebers, die Voraussetzungen für die Annahme der Berufsmäßigkeit ausreichend bestimmt zu regeln, damit die Normanwendung nicht zu einer nicht vorhersehbaren Verlagerung von Ermittlungsdefiziten der Verwaltung auf die Normadressaten führt.“

3. Soweit die Beklagte die Beigeladenen Ziff. 1 bis 5, 8 und 9 für Beschäftigungszeiten bis zum 31. Dezember 2013 als nicht geringfügig im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV eingestuft und Beiträge zur gesetzlichen Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung nachgefordert sowie Säumniszuschläge festgesetzt hat, hat das SG den Bescheid vom 5. März 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2020 zu Recht aufgehoben, da diese Beitragsforderungen – wie vom Kläger bereits im Rahmen des Anhörungsverfahrens geltend gemacht – jedenfalls verjährt sind, so dass dahinstehen kann, ob in diesen Fällen ein sozialversicherungspflichtiges oder ein versicherungsfreies Beschäftigungsverhältnis bestanden hat. Denn es ist zwar nicht auszuschließen, jedoch zur Überzeugung des Senats nicht nachgewiesen, dass der Kläger die fraglichen Beiträge zumindest bedingt vorsätzlich vorenthalten hat. Insbesondere kann dies – entgegen der Annahme der Beklagten – nicht aus der Einstellung der Meldungen nach der DEÜV und der Umlageentrichtung ab 2010 gefolgert, werden, da auch bei nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV geringfügigen und versicherungsfreien Beschäftigungen DEÜV-Meldungen zu erstatten (vgl. § 3 Nr. 3 DEÜV) und Umlagen zu entrichten sind. Das Verfehlen diese Verpflichtungen lässt gerade in einem Fall wie dem vorliegenden, in welchem der Kläger über Jahre lediglich versicherungsfreie Beschäftigungen von Saisonarbeitskräfte zu melden und diesbezüglich Umlagen zu erbringen hatte, keinen Rückschluss darauf zu, dass gegebenenfalls nun auch Sozialversicherungspflicht bestehen könnte. Hiergegen spricht auch die Meldung gerade des als sozialversicherungspflichtig erkannten Beschäftigungsverhältnisses der Beigeladenen Ziff. 1 im Jahr 2014.

Eine andere Bewertung lässt sich auch nicht dem Bescheid vom
28. August 2006 ableiten, auf welchen die Beklagte rekurriert. Denn in diesem wies die Beklagte darauf hin, dass, wenn Personen, die Leistungen nach dem SGB III bezögen oder bei der Agentur für Arbeit für eine mehr als kurzfristige Beschäftigung als Arbeitsuchende gemeldet seien, eine Beschäftigung aufnähmen, diese als berufsmäßig anzusehen und daher ohne Rücksicht auf ihre Dauer versicherungspflichtig sei, wenn keine geringfügig entlohnte Beschäftigung vorliege. Dies gelte auch für Beschäftigungen, die während des Erziehungsurlaubs/der Elternzeit, eines unbezahlten Urlaubs oder als Leistungsbezieher nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch ausgeübt würden. Arbeitnehmer, deren Beschäftigungsverhältnis durch Wehr- oder Zivildienst unterbrochen werde und die während der gesetzlichen Dienstpflicht eine auf zwei Monate bzw. 50 Arbeitstage befristete Beschäftigung ausübten und mehr als 400,00 EUR im Monat verdienen, übten diese Beschäftigung berufsmäßig aus. Die entsprechenden Regelungen zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung von Beschäftigungsverhältnissen nach deutschem Recht seien für ausländische – insbesondere polnische – Mitarbeiter (Saisonarbeitskräfte) einschlägig, wenn die Beschäftigung bis 30. Juni 2005 aufgenommen worden sei und eine Beschäftigung oder eine selbständige Tätigkeit in Polen nicht durch eine „E 101“ habe bescheinigt werden können.

Derartige Fallgestaltungen – insbesondere hinsichtlich Meldungen bei deutschen Behörden und Leistungsbezug von deutschen Sozialleistungsträgern und die entsprechende Anwendung der Regelungen zur sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung für Beschäftigungsverhältnisse für bis 30. Juni 2005 aufgenommene Beschäftigungen ausländischer Saisonarbeitskräfte – waren vorliegend jedoch nicht gegeben. Auch wenn man hinsichtlich der Beigeladenen Ziff. 8, die Arbeitslosigkeit verneint, daneben aber neben einem Stempel des polnischen Arbeitsamts auch ein Aktenzeichen angegeben hatte, zugrunde legt, dass der Kläger hätte erkennen müssen, dass das im Bescheid vom
28. August 2006 angeführte Merkmal der Meldung bei der (deutschen) Agentur für Arbeit entsprechend auch bei einer Meldung bei einem polnischen Arbeitsamt gelten dürfte, führt dies zu nicht zur Annahme einer vorsätzlich unterlassenen Beitragszahlung. Denn gerade in Anbetracht dessen, dass die Beigeladene Ziff. 8 Arbeitslosigkeit verneint und sich anderes – da auch eine fehlende Meldung bestätigt werden kann – noch nicht aus dem Stempel des polnischen Arbeitsamts ableiten lässt, sondern erst aus der Nennung des Aktenzeichens, ist die (fehlerhafte) Bewertung der Beschäftigung als nicht berufsmäßig und damit geringfügig, bereits mit einem schlichten Übersehen erklärt, wie es auch der Kläger angeführt hat und in der Vielzahl der vorhandenen Fragebögen auch nicht ohne Weiteres als bloße Schutzbehauptung eingestuft werden kann. Soweit die Beigeladenen Ziff. 5 und 9 vor dem SG Angaben gemacht haben, welche die von der Beklagten angenommene Erheblichkeit der jeweiligen Beschäftigung bei dem Kläger für die Bestreitung des Lebensunterhalts und damit die Berufsmäßigkeit der Beschäftigung bestätigen, handelt es sich um erst nach Ablauf der Verjährungsfrist gewonnene Erkenntnisse, welche nachträglich keinen Vorsatz mehr bedingen können.

Hinsichtlich der Höhe der nach den vorstehenden Ausführungen zu Recht erfolgten Beitrags- und Umlagenachforderung nebst Säumniszuschläge wird auf die in den Anlagen des Bescheids vom 5. März 2019 Bezug genommen (§ 136 Abs. 3 SGG), welche insoweit auch klägerseits nicht beanstandet worden sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Kosten der Beigeladenen Ziff. 1 bis 12 sind nicht nach § 162 Abs. 3 VwGO zu erstatten, da diese keinen Antrag gestellt und sich damit nicht in das Kostenrisiko (§ 154 Abs. 3 VwGO) begeben haben; die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen Ziff. 13 sind demgegenüber zu erstatten, da sie sich mit ihrer Berufungseinlegung in das Kostenrisiko begeben und in der Sache umfassend obsiegt hat.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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