L 8 BA 110/18

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
8
1. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
S 49 R 2758/12
Datum
2. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
L 8 BA 110/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.03.2017 geändert und die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 419,51 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten in einem Betriebsprüfungsverfahren nach § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) über eine Nachforderung von Beiträgen und Umlagen zur Sozialversicherung in Bezug auf die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Organist bei der Klägerin in den Jahren 2010 und 2011.

 

Der Kläger, eine Körperschaft öffentlichen Rechts, trug im obigen Zeitraum den Namen „Q.“. Gem. § 1 Abs. 2 seiner damaligen Satzung vom 25.02.2008 bzw. 15.04.2008 (im Folgenden: Verbandssatzung) bildete er sich aus den dort aufgeführten evangelischen Kirchengemeinden im Kirchenkreis I.. In seinem Eigentum standen elf in § 2 Abs. 1 der Verbandssatzung namentlich genannte Friedhöfe. § 2 Abs. 2 dieser Satzung bestimmte als Ziel der klägerischen Arbeit u.a., die Möglichkeit eine angemessene und würdevolle Bestattung anzubieten und die Friedhöfe als Orte der Trauer und Begegnung zu gestalten. Bei kirchlichen Bestattungen legte der Kläger deren Zeitpunkt nach § 29 seiner damaligen Friedhofssatzung vom 13.02.2008 im Einvernehmen mit den Angehörigen und der zuständigen Pfarrerin oder dem zuständigen Pfarrer und bei nichtkirchlichen Bestattungen im Einvernehmen mit den Angehörigen fest. Bei den Trauerfeiern in den auf den Friedhöfen befindlichen Kapellen wurde auf Wunsch der Trauernden Orgelmusik angeboten. Für die Benutzung der Friedhöfe und Bestattungseinrichtungen erhob der Kläger gem. § 7 Abs. 1 Verbandssatzung sowie § 1 Abs. 1 der klägerischen Friedhofsgebührensatzung vom 13.02.2008 bzw. vom 12.10.2011 Kosten. So sah § 6 der Friedhofsgebührensatzung u.a. für die Nutzung der Friedhofskapellen einschließlich Grunddekoration sowie für ein Orgelspiel jeweils dort bezifferte Gebühren vor.

 

Der Beigeladene zu 1) (im Folgenden: S), der im streitigen Zeitraum bereits Altersrentner war, übernahm derartige Orgelspiele. Hierzu hatte er mit dem Kläger zum 01.01.2005 folgenden Vertrag über freie Mitarbeit (VfM) geschlossen:

 

„Präambel

 

Der Friedhofsverband betreibt verschiedene Friedhöfe in I.-L.. Anlässlich von Bestattungen haben die Trauernden die Möglichkeit, auch Orgelspiel zu wünschen.

 

Herr S ist bereit, ab 01.01.2005 anlässlich von Trauerfeiern für den Friedhofsverband nach Maßgabe des nachfolgenden Vertrages als freier Mitarbeiter Orgel zu spielen.

 

§ 1

Der Friedhofsverband informiert Herrn S rechtzeitig über anstehende Trauerfeiertermine. Herr S kann frei darüber entscheiden, ob er sich erbietet, für anstehende Trauerfeiertermine in den Kapellen der Friedhöfe den kirchenmusikalischen Dienst als Organist zu übernehmen. Er ist nicht verpflichtet, derartige Angebote anzunehmen.

 

§ 2

Hat Herr S für eine anstehende Trauerfeier den kirchenmusikalischen Dienst übernommen, hat er sicherzustellen, dass dieser auch erbracht wird. Er kann sich hierzu eines Vertreters, der über eine Qualifikation als Organist verfügt, bedienen. Über die Beauftragung eines Vertreters/einer Vertreterin ist der Friedhofsverband jedoch vor dem Dienst zu informieren.

 

§ 3

Herr S ist in der Absprache der zu spielenden Lieder mit den Angehörigen bzw. dem Pfarrer/der Pfarrerin oder dem Prediger/der Predigerin der jeweiligen Trauerfeier frei.

 

§ 4

Jede übernommene und geleistete Trauerfeier wird Herrn S mit einem Betrag von derzeit 26,72 € (…) vergütet. Eine Anpassung dieser Vergütung erfolgt jeweils zeitgleich mit den Anpassungen der Vergütungen nach dem BAT-KF. Die Abrechnung der Vergütung erfolgt monatlich nachträglich und ist jeweils zum 15. des Folgemonats fällig. Herr S hat die Vergütung zur Einkommenssteuer anzumelden. Eine Versicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung erfolgt nicht. Der Friedhofsverband entrichtet keine Lohn- und Kirchensteuer.

 

§ 5

Die Parteien sind sich darüber einig, dass es sich bei dem durch diesen Vertrag begründeten Rechtsverhältnis nicht um einen Arbeitsvertrag handelt. Es finden deshalb nach übereinstimmendem Willen der Parteien weder die für die Angestellten im Bereich der ev. Kirche im Rheinland beschlossenen arbeitsrechtlichen Bestimmungen, noch die Ordnung über die Anwendung des Bundesangestelltentarifvertrages in ihrer jeweils geltenden Fassung, die Bestimmungen des Abschnittes I der Ordnung für Dienst der nebenamtlich beschäftigten Kirchenmusiker noch die Vorschriften betreffend zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung der kirchlichen Zusatzversorgungskasse Rheinland-Westfalen Anwendung.

 

§ 6

Der Vertrag ist beiderseits jederzeit kündbar.

 

§ 7

Änderungen oder Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.“

 

 

Auf der Grundlage jeweiliger Abrechnung durch S auf ihren Formularen zahlte die Klägerin an diesen für seine Dienste Beträge von insgesamt 3.009,75 Euro im Jahr 2010 und 2.682,90 Euro im Jahr 2011.

 

Nach Durchführung einer Schlussbesprechung zur Anfang 2012 durchgeführten Betriebsprüfung setzte die Beklagte mit Bescheid vom 15.03.2012 für den Zeitraum vom 01.01.2010 bis 31.12.2011 für fünf Organisten einschließlich des S eine Nachforderung in Höhe von insgesamt 4.933,83 Euro fest. Hiervon entfielen 419,53 Euro auf S.

 

Zur Begründung gab sie an, dass sich die als Organisten tätigen Honorarkräfte im Prüfzeitraum zur Übernahme des Dienstes verpflichtet hätten, dann in den der Natur der Sache gegebenen Rahmen (Zeit und Ort des Gottesdienstes) eingefügt gewesen seien sowie einem unmittelbaren Direktionsrecht des Gottesdienstleiters, im Allgemeinen des Pfarrers, unterlegen hätten. Ob und in welchem Umfang dieser von dem ihm zustehenden Recht tatsächlich Gebrauch mache, sei unerheblich. Ihm sei möglich, ins Einzelne gehende Weisungen zu erteilen, die zum Teil (vor allem aus liturgischen Gründen) sogar in den Kernbereich der jedem Organisten zukommenden künstlerischen Freiheit eingreifen könnten. Dem Gottesdienstleiter komme selbst dann das Recht zu, bestimmte Vorgaben für Vor-, Zwischen- und Nachspiel zu machen, wenn deren Auswahl und Gestaltung üblicherweise dem Organisten überlassen bleibe, dies ganz abgesehen davon, dass er die zu singenden Psalmen und Kirchenlieder praktisch immer vorgebe. Dass die Verantwortlichkeit für den gesamten Ablauf des Gottesdienstes, also auch des kirchenmusikalischen Teils, beim jeweiligen Pfarrer liege, zeige eindeutig, dass sich der Organist dessen Weisungen in jedem Fall unterzuordnen habe. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob sich letzterer bei Meinungsverschiedenheiten überhaupt und mit welchen Erfolgsaussichten an ein Gremium innerhalb oder außerhalb der Kirchengemeinde beschwerdeführend wenden oder nur die künftige Übernahme weiterer Orgeldienste ablehnen könne. Im Umstand, dass der Pfarrer – aus welchen Gründen auch immer – eine weitere Zusammenarbeit mit dem Organisten ablehnen könne, trete kein Unternehmerrisiko zutage. Unternehmerrisiko sei die Chance, durch Einsatz von Kapital Gewinne zu erzielen bzw. das Risiko, dass sich der Einsatz nicht rentiere. Dies sei bei Nichtausführung von Arbeiten nicht der Fall. Ein Unternehmerrisiko sei auch nicht darin zu sehen, dass sich die Organisten z.B. selbst die Noten beschafften. Diese ließen sich, ganz abgesehen davon, dass Organisten im Allgemeinen gesucht seien und einem großen Arbeitsmarkt gegenüberstünden, mit verhältnismäßig geringen Verlusten gegebenenfalls veräußern. Die Orgel stehe – im Gegensatz etwa zum Pkw des Taxifahrers – nicht im Eigentum des Organisten. Der Umstand, dass die Organisten ihre Ausbildung und etwaige Fortbildungen selbst finanzierten und im Falle krankheits- oder urlaubsbedingter Verhinderung keine Vergütung erhielten, führe zu keiner anderen Beurteilung. Für eine abhängige Beschäftigung spreche weiter die nicht erfolgsabhängige Vergütung. Aus Gründen der Praktikabilität und der Verwaltungsvereinfachung habe sie, die Beklagte, im Rahmen der Beitragsberechnung für die eingesetzten Organisten den Freibetrag i.H.v. 2.100 Euro jährlich bzw. 175 Euro monatlich berücksichtigt.

 

Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 17.04.2012 Widerspruch. Die Beklagte verkenne, dass er, der Kläger, keine Kirchengemeinde, sondern ein Friedhofsverband sei und auch keine eigenen Pfarrer beschäftige. Der (hier streitige) Einsatz von Honorarorganisten anlässlich von Bestattungen stehe in deutlichem Widerspruch zur Gestaltung der Tätigkeit eines Organisten innerhalb einer Kirchengemeinde, der der Kirchenmusikordnung unterliege, zu Mitwirkungen verpflichtet sei, eine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit einzuhalten habe und sich an Dienstanweisungen halten müsse. Die Honorarorganisten hingegen seien nicht zur Übernahme eines konkreten Dienstes verpflichtet. Vielmehr stehe es ihnen frei, die von ihm, dem Kläger, angebotenen Tätigkeitsmöglichkeiten anzunehmen oder – ohne die Notwendigkeit einer wie auch immer gearteten Begründung – abzulehnen. Selbst wenn sie ein Angebot annähmen, verpflichteten sie sich hier noch nicht zur höchstpersönlichen Erbringung der Leistungen, sondern könnten selbst und eigenverantwortlich für eine geeignete Vertretung sorgen. Unabhängig davon, ob der Organist bei einer konkreten Bestattung überhaupt dem unmittelbaren Direktionsrecht des Gottesdienstleiters, im Allgemeinen des Pfarrers, unterliege, sei ein solches Direktionsrecht ihm, dem Kläger, jedenfalls nicht zuzurechnen. Weder unterhalte er zu den Pfarrern, die bei den jeweiligen Bestattungen tätig seien, noch zu sonstigen Gottesdienstleitern (z.B. freien Rednern), vertragliche oder sonstige rechtliche Beziehungen. Auch diesen gebe er lediglich Gelegenheit, ihr Amt anlässlich von Bestattungen auf den klägerischen Friedhöfen auszuüben. Irgendwelche Weisungsbefugnisse stünden ihm, dem Kläger, gegenüber den Pfarrern nicht zu. Im Verhältnis zu ihm seien die Organisten deshalb als Selbstständige anzusehen.

 

Aufgrund von Unterlagen der Künstlersozialkasse half die Beklagte dem Widerspruch mit Bescheid vom 14.09.2012 im Hinblick auf die Versicherungspflicht eines der berücksichtigten Organisten teilweise ab und reduzierte die sich aus der Betriebsprüfung ergebende Nachforderung auf insgesamt 3.229,95 Euro. Änderungen in Bezug auf S ergaben sich nicht. Anschließend wies sie den Widerspruch im Übrigen mit Widerspruchsbescheid vom 04.12.2012 zurück.

 

Der Kläger hat am 21.12.2012 Klage beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben und sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft. Es werde noch einmal betont, dass es sich bei den hiesigen Organisten um solche handele, die ihre Leistungen nicht in einer Kirchengemeinde und für diese erbracht hätten. Vielmehr seien sie aus Anlass von Bestattungen auf Kosten der Angehörigen tätig. Er, der Kläger, nehme auf die musikalische Gestaltung der Bestattungsgottesdienste keinerlei Einfluss. Diese werde von den Angehörigen des Verstorbenen mit dem von ihnen ausgewählten Pfarrer oder dem Bestattungsunternehmen, geregelt. Anders als ein gemeindlicher Kirchenmusiker sei der Organist, der aus Anlass von Bestattungen auf den klägerischen Friedhöfen tätig werde, also nicht unmittelbar in den Verkündigungsauftrag der Kirchengemeinde eingebunden. Er sei nicht nur bezüglich der Annahme oder Ablehnung von Aufträgen, sondern auch bezüglich der inhaltlichen Gestaltung der Bestattungsgottesdienste ungleich freier als ein Gemeindekirchenmusiker.

 

Der Kläger hat beantragt,

 

den Bescheid der Beklagten vom 15.03.2012 in der Gestalt des Bescheids vom 14.09.2012 und des Widerspruchsbescheids vom 04.12.2012 aufzuheben.

 

Die Beklagte, die ihre Bescheide für zutreffend erachtet hat, hat beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

In einem Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 09.12.2016 hat das SG den Amtsleiter des Klägers und die beigeladenen Organisten, u.a. S, angehört. Anschließend hat es die streitgegenständlichen Bescheide mit Gerichtsbescheid vom 07.03.2017 aufgehoben. Die Organisten stünden beim Kläger nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Sie seien nicht in seine Organisation und den Betriebsablauf eingegliedert. Ihre Mitwirkung allein an Trauerfeiern geschehe auch nicht auf Veranlassung des Klägers, sondern lediglich auf dessen Vermittlung, wenn Hinterbliebene es wünschten. Die Ausgestaltung und eigentliche Durchführung dieser Feier gehörten nicht zu den klägerischen Aufgaben. Die Organisten seien nicht verpflichtet, sich ständig für eine Anfrage zum Orgelspiel bereitzuhalten. Eine persönliche Abhängigkeit bestehe nicht. Es gebe auch kein Weisungsrecht. Ein solches habe weder zu Zeit noch zu Ort oder Dauer der Tätigkeit vorgelegen. Die Auswahl der Musikstücke obliege allein den Hinterbliebenen. Weitere Absprachen zu diesen und zur damit einhergehenden gesonderten Vergütung seien ebenfalls mit den Hinterbliebenen getroffen worden. Auch über die eigentliche Tätigkeit hinaus habe keine Weisungsgebundenheit der Organisten bestanden. Allein das Versprechen, eine Leistung zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erbringen, mache einen Leistenden noch nicht weisungsgebunden. Hinzu komme, dass es jedem Organisten freigestanden habe, ein Angebot noch kurzfristig abzusagen. Der Amtsleiter des Klägers habe im Termin angegeben, dass einzelne Organisten noch vor der Beerdigung ihre Teilnahme wieder absagten. Dass sich jeder Organist bei der Übernahme des Dienstes in den gegebenen Rahmen (Zeit und Ort der Trauerfeier) einzufügen habe, liege in der Natur der Sache. Ein ggf. bestehendes unmittelbares Direktionsrecht des Gottesdienstleiters habe ausschließlich liturgische Gründe. Die den Organisten zukommende künstlerische Freiheit werde nicht durch den Gottesdienstleiter und erst recht nicht durch den Kläger beschränkt, sondern lediglich durch die musikalischen Vorgaben der Hinterbliebenen. Zu berücksichtigen sei auch, dass der Gottesdienstleiter nicht für den Kläger handele und der Kläger auch nicht in den Ablauf des Gottesdienstes eingebunden sei. Etwaige Direktiven durch letzteren wirkten nicht für den Kläger bzw. könnten jedenfalls nicht für einen Rückschluss auf das Verhältnis zwischen den beigeladenen Organisten und dem Kläger herangezogen werden. Die Organisten hätten auch glaubhaft mitgeteilt, dass das Vor- und Nachspiel in ihrem Ermessen gestanden habe. Vorgaben hierfür seien nicht durch den Gottesdienstleiter und erst recht nicht durch den Kläger erfolgt, sondern wenn überhaupt durch die Hinterbliebenen. Diese bezahlten auch die Organisten und fungierten als Auftraggeber. Auch die geringe Höhe der Bezahlung spreche nicht gegen eine selbstständige Tätigkeit.

 

Gegen den ihr am 09.03.2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Beklagte am 15.03.2017 Berufung eingelegt. Die für den Kläger als freie Mitarbeiter tätigen Organisten stünden bei diesem in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Sie hätten sich in dem mit ihm geschlossenen VfM zum Orgelspiel anlässlich von Trauerfeiern, zu dessen Sicherstellung im Falle der Dienstübernahme, zur Information des Klägers bei Beauftragung eines Vertreters und zur Absprache mit den Angehörigen und dem Pfarrer verpflichtet. Weder die freie Zeiteinteilung noch die eigenständige Kommunikation mit den Angehörigen oder die Möglichkeit, Auftragsangebote abzulehnen, stelle ein Ausschlusskriterium für den Tatbestand einer versicherungspflichtigen Beschäftigung dar. Vielmehr sprächen auch die „Hand-in-Hand“-Tätigkeit mit anderen Beschäftigten des Auftraggebers und die engen zeitlichen Vorgaben für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Dies werde auch durch die Regelungen der Friedhofssatzung gestützt. Nach deren § 29 S. 1 lege der Kläger im Einvernehmen mit den Angehörigen und den zuständigen Pfarrern den Zeitpunkt der Beerdigung fest. Auch übernehme er nach § 32 Abs. 5 Friedhofssatzung die Grunddekoration der Friedhofskapelle. Damit obliege dem Kläger die Organisation der Trauerfeiern. Soweit die Angehörigen eine musikalische Begleitung wünschten, trage der Kläger dafür Sorge, dass zum Zeitpunkt der Beerdigung ein Orgelspieler zur Verfügung stehe. Die Organisten wirkten an der Trauerfeier funktionsanteilig mit und seien in den Ablauf nach den klägerischen Vorgaben (Ort und Zeitpunkt der Beerdigung und Inhalt der Musikstücke) eingebunden. An typischen Merkmalen unternehmerischen Handelns fehle es hingegen. Ein Unternehmerrisiko sei vor dem Hintergrund fehlender eigener Betriebsmittel der Organisten (Orgel) und der vom Kläger (ohne individuelle Preisgestaltung) festgelegten Vergütung nicht vorhanden.

 

Mit Beschluss vom 25.07.2018 hat der Senat die Beitragsforderung betreffend S abgetrennt und unter dem hiesigen Aktenzeichen fortgesetzt.

 

Die im Termin zur mündlichen Verhandlung entschuldigt nicht vertretene Beklagte beantragt schriftsätzlich,

 

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.03.2017 zu ändern und die Klage abzuweisen.

 

Der Kläger beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Er hält an der Auffassung fest, dass die Organisten und entsprechend auch S bei ihm nicht beschäftigt gewesen seien. Bei verständiger Betrachtung von Organisation und Ablauf einer Trauerfeier mit Orgelspiel, bei der er, der Kläger, ausschließlich den äußeren Ablauf organisiere, sei eine persönliche Abhängigkeit des Organisten von ihm nicht gegeben. Die musikalische Begleitung einer Trauerfeier werde nirgendwo zwingend vorgeschrieben. Es stehe den Angehörigen frei, zu entscheiden, ob sie eine solche wünschten oder nicht. Wenn dies der Fall sei, erschöpfe sich seine Tätigkeit darin, den Kontakt zwischen einem Organisten aus seinem Pool und den Angehörigen zu vermitteln. Er könne weder einen Organisten verbindlich anweisen, an einer bestimmten Trauerfeier teilzunehmen noch sei er bezüglich der Auswahl der Musikstücke und einer etwa damit einhergehenden gesonderten Vergütung weisungsberechtigt. In der Mehrzahl der Fälle wünschten sich die Angehörigen entweder ein Lied aus dem Evangelischen Gesangsbuch oder ein gängiges anderes Lied zu einem derartigen Anlass. Da diese Stücke im Repertoire der Organisten stünden, teile der Pfarrer solche Musikwünsche erst etwa 15 Minuten vor Beginn der Beerdigung mit. Im Falle von Sonderwünschen nehme in der Regel der Bestatter mit dem Organisten Kontakt auf. In diese Absprachen und auch die honorarmäßige Behandlung der Sonderwünsche sei er, der Kläger, in keiner Weise eingebunden.

 

Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus dem zwischen ihm und dem jeweiligen Organisten abgeschlossenen freien Mitarbeitervertrag. Die dort geregelten Pflichten dienten ausschließlich der organisatorischen Abwicklung des Vertragsverhältnisses und regelten keine darüberhinausgehende persönliche Weisungsgebundenheit. Festpreise für bestimmte Tätigkeiten schlössen eine Selbstständigkeit des Leistungserbringers nicht aus. Um im richtigen Verhältnis abrechnen zu können, müsse er, der Kläger, auch wissen, welcher Organist auf einer bestimmen Trauerfeier gespielt habe. Die Arbeit Hand in Hand mit anderen bei ihm beschäftigten Personen erfolge letztlich nur in zeitlicher Koinzidenz. So habe die Kapelle, bedingt durch einen dem Geschehen typischerweise innewohnenden Sachzwang, zum Zeitpunkt der Trauerfeier aufgeschlossen und hergerichtet zu sein.

 

Die Organisten unterlägen auch keinen festen Arbeitszeiten oder sonstigen zeitlichen Vorgaben, erst recht nicht in einer Weise, die die theoretisch vorhandene Zeitsouveränität aufhebe. Sie könnten sich selbst im Falle der Zusage spontan vertreten lassen.

 

Dass Organisten keine eigenen Orgeln bei sich führten, sondern in den Kapellen eingebaute Instrumente spielten, liege ausschließlich an der fehlenden Handlichkeit und Transportfähigkeit von Orgeln. Deren Nutzung ergebe sich somit aus der Natur der Sache und sei kein belastbares Indiz gegen eine selbstständige Tätigkeit. Das ins Gewicht fallende wesentliche Betriebsmittel der Organisten sei weniger die Orgel als die Fähigkeit, dieses komplizierte Instrument zu spielen.

 

Der Senat hat die Beteiligten im Rahmen eines Erörterungstermins am 14.07.2021 zur Sach- und Rechtslage angehört.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

 

 

 

Entscheidungsgründe

 

Der Senat konnte im Termin zur mündlichen Verhandlung in Abwesenheit einer für die Beklagte vertretungsberechtigten Person verhandeln und entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ordnungsgemäß geladen und in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden sind (vgl. § 110 Abs. 1 S. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG; BSG Beschl. v. 26.01.2023 – B 4 AS 190/22 BH – juris Rn. 4).

 

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG) eingelegt, und begründet.

 

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 15.03.2012 in Gestalt des Bescheides vom 14.09.2012 (§ 86 SGG) und des Widerspruchsbescheides vom 04.12.2012 (§ 95 SGG), soweit hiermit Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung und der Umlage U2 in Bezug auf die Tätigkeit des S als Organist in den Jahren 2010 und 2011 festgesetzt worden sind.

 

Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Diese ist zulässig, jedoch unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht i.S.v. § 54 Abs. 2 S. 1 SGG.

 

Rechtsgrundlage für den Erlass der streitigen Bescheide ist § 28p Abs. 1 S. 1 und 5 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a SGB IV). Im Rahmen der Prüfung werden Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern erlassen (Satz 5).

 

1. Die angefochtene Entscheidung ist formell rechtmäßig. Insbesondere ist der Kläger ordnungsgemäß i.S.v. § 24 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) angehört worden. Ausweislich des Protokolls der Schlussbesprechung zur Betriebsprüfung vom 26.01.2012 galt diese zugleich als Anhörung. Ein etwaiger Anhörungsmangel wäre im Übrigen im Widerspruchsverfahren nach Maßgabe des § 41 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 SGB X geheilt worden, da der anwaltlich vertretene Kläger hier hinreichende Gelegenheit hatte, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (vgl. z.B. BSG Urt. v. 13.02.2019 – B 6 KA 56/17 R – juris Rn. 15 m.w.N.; Senatsurt. v. 25.10.2023 – L 8 BA 194/21 – juris Rn. 33).

 

2. Der Bescheid ist – im vorliegend bezogen auf die Tätigkeit des S streitgegenständlichen Umfang – auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.

 

a. Gem. § 172 Abs. 3 S. 1 SGB VI trifft den Arbeitgeber für Beschäftigte, die wegen des Bezugs einer Altersrente gem. § 5 Abs. 4 SGB VI in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei sind, eine pauschale Beitragspflicht, wenn eine Tätigkeit i.S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV ausgeübt wird, bei der das Entgelt die Geringfügigkeitsgrenzen nicht überschreitet (sog. "Entgeltgeringfügigkeit", vgl. auch Senatsbeschl. v. 14.03.2022 – L 8 BA 110/21 – juris Rn. 57; Segebrecht in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 3. Aufl. 2021, § 172 Rn. 59; von Koch in: BeckOK-SGB VI, Stand: 12/2021, § 172 Rn. 14). Gleiches gilt gem. § 249b Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) i.V.m. § 7 SGB V in der gesetzlichen Krankenversicherung. Der zu zahlende Anteil bemisst sich pauschal von dem Arbeitsentgelt (§ 14 SGB IV), das beitragspflichtig wäre, wenn Versicherungspflicht bestünde. Die Erhebung der Umlage U2 folgt aus § 7 des Gesetzes über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlung (AAG).

 

Die Voraussetzungen für die im Hinblick auf die Tätigkeit des S erhobenen Pauschalbeiträge und diesen folgend die Umlage U2 liegen vor. S, der – zwischen den Beteiligten auch unstreitig – im Streitzeitraum Altersrente bezog und dessen beim Kläger erzieltes Entgelt die Grenze des § 8 SGB IV nicht überschritt, war – entgegen der Auffassung des Klägers – bei diesem beschäftigt und nicht selbstständig tätig.

 

Das Vorliegen einer Beschäftigung beurteilt sich nach § 7 Abs. 1 SGB IV, wenn – wie im vorliegenden Fall – in Bindungswirkung erwachsene (§ 77 SGG) Feststellungen zum sozialversicherungsrechtlichen Status fehlen.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit maßgeblich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Die Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit setzt voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei gegeneinander abgewogen werden (vgl. z.B. BSG Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R – juris Rn. 11; Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 10/20 R – juris Rn. 21; BSG Urt. v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 14 m.w.N.; Senatsurt. v. 07.10.2024 – L 8 BA 23/20 – juris Rn. 59; Urt. v. 30.11.2022 – L 8 R 597/17 – juris Rn. 71; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. BVerfG Beschl. v. 20.05.1996 – 1 BvR 21/96 – juris Rn. 6 ff.).

 

Nicht hingegen ergibt sich die Beantwortung der Frage, ob Selbstständigkeit oder Beschäftigung vorliegt, aus einem Vergleich verschiedener Berufsgruppen miteinander. Entsprechend geht die Argumentation des Klägers, S sei „ungleich freier als ein Gemeindekirchenmusiker“, schon im Ansatz fehl. Die Abgrenzung in der Statusbeurteilung erfolgt nicht abstrakt für bestimmte Berufs- und Tätigkeitsbilder. Sogar ein- und derselbe Beruf kann je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen in der Praxis – entweder in der Form der Beschäftigung oder als selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden (vgl. z.B. BSG Urt. v. 12.06.2024 – B 12 BA 8/22 R – juris Rn. 13; Urt. v. 23.04.2024 – B 12 BA 9/22 R – juris Rn. 14; Senatsurt. v. 22.05.2024 – L 8 BA 219/19 – juris Rn. 109; Urt. v. 24.04.2024 – L 8 BA 109/19 – juris Rn. 66). Maßgebend sind stets (allein) die konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts (vgl. BSG Urt. v. 24.10.2023 – B 12 R 9/21 R – juris Rn. 12 m.w.N.).

 

Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen, den die Verwaltung und die Gerichte konkret festzustellen haben. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Schließlich ist auch die Ernsthaftigkeit der dokumentierten Vereinbarungen zu ermitteln. Erst auf der Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen (vgl. z.B. BSG Urt. v. 12.06.2024 – B 12 BA 5/23 R – juris Rn. 15; Senatsurt. v. 07.10.2024 – L 8 BA 23/20 – juris Rn. 60 m.w.N.).

 

Bei Vertragsgestaltungen, in denen – wie hier – die Übernahme einzelner Dienste individuell vereinbart wird und insbesondere kein Dauerschuldverhältnis mit Leistungen auf Abruf vorliegt, ist für die Frage der Versicherungspflicht allein auf die Verhältnisse abzustellen, die während der Ausführung der jeweiligen Einzelaufträge bestehen. S hatte keine Verpflichtung, eine konkrete Anzahl von Orgeldiensten bei Trauerfeiern zu übernehmen, sondern konnte frei entscheiden, welches Angebot des Klägers er annahm. Erst durch die jeweilige Zusage entstand die rechtliche Verpflichtung, die geschuldeten Tätigkeiten vereinbarungsgemäß zu leisten. Außerhalb der Einzeleinsätze lag schon deshalb keine die Versicherungspflicht begründende entgeltliche Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV vor, weil keine (latente) Verpflichtung des S bestand, Tätigkeiten für den Kläger auszuüben, und dieser umgekehrt auch kein Entgelt zu leisten hatte (vgl. BSG Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 17/19 R – juris Rn. 19; Senatsurt. v. 12.07.2023 – L 8 R 1089/16 – juris Rn. 71).

 

Während eines (angenommenen) Einzeleinsatzes ist die Tätigkeit des S jedoch als abhängige Beschäftigung beim Kläger zu beurteilen. Ausgehend vom VfM, bei dem es sich in der Sache um einen Rahmenvertrag handelt, ist S von ihm nicht an die Angehörigen der Trauernden vermittelt worden (hierzu unter (aa.). Vielmehr hat er seine Tätigkeit als Organist bei Bestattungsfeiern gegenüber dem Kläger weisungsgebunden (hierzu unter (bb.) und in dessen Arbeitsorganisation eingegliedert (hierzu unter (cc.) ausgeübt. Wesentliche Indizien, die für eine Selbstständigkeit sprechen, liegen (hingegen) nicht vor (hierzu unter (dd.). In der Gesamtschau überwiegen die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Gesichtspunkte deutlich (hierzu unter (ee.).

 

aa. S ist vom Kläger nicht lediglich – ein Beschäftigungsverhältnis zwischen ihnen beiden ausschließend (vgl. BSG Urt. v. 14.03.2018 – B 12 KR 12/17 R – juris Rn. 33; Senatsurt. v. 22.11.2023 – L 8 BA 222/18 – juris Rn. 61) – an die Angehörigen der Verstorbenen vermittelt worden.

 

Anhaltspunkte für eine vereinbarte Vermittlung lassen weder der VfM noch die gelebte Vertragspraxis erkennen. In dem zwischen dem Kläger und S geschlossenen Vertrag findet sich der Begriff der „Vermittlung“ nicht. Auch die übrigen Vereinbarungen lassen in keiner Weise auf einen derartigen Vertragszweck schließen. Vielmehr sollte S ausweislich der Präambel des VfM anlässlich von Trauerfeiern “als freier Mitarbeiter“ „für“ den Kläger Orgel spielen. Entsprechend hat er weder – wie dies bei einer Vermittlung zu erwarten wäre – mit den Angehörigen der Trauernden (eigene) Verträge geschlossen noch mit ihnen sein Honorar verhandelt und ist auch nicht von diesen, sondern allein vom Kläger mit der in § 4 VfM vereinbarten Pauschale vergütet worden. Der Kläger wiederum hat – für die von ihm erbrachten Leistungen – bei den Angehörigen der Verstorbenen (in der Friedhofsgebührensatzung festgelegte) Kosten erhoben. Dass S nur dann auf Trauerfeiern Orgel gespielt hat, wenn sich die Angehörigen der oder des Verstorbenen dies wünschten, lässt keine Rückschlüsse auf eine etwaige „Vermittlung“ zu. Vielmehr wurde er vom Kläger bei dessen Leistungserbringung im Rahmen der Bestattungen als (sein) Erfüllungsgehilfe (s. hierzu unter cc.) eingesetzt.

 

bb. Bei der Wahrnehmung seiner Tätigkeit für den Kläger unterlag S dessen Weisungsrecht hinsichtlich Zeit, Ort sowie Art und Weise der Durchführung.

 

(1) Termine und Ort des Orgelspiels sind vom Kläger nach Maßgabe des § 29 Friedhofssatzung entweder im Einvernehmen mit den Angehörigen und der zuständigen Pfarrerin bzw. dem zuständigen Pfarrer oder bei einer nichtkirchlichen Bestattung im Einvernehmen mit den Angehörigen festgelegt worden. An Samstagen, Sonn- und Feiertagen waren gemäß § 29 Abs. 4 Friedhofssatzung Bestattungen ausgeschlossen. Mitsprachemöglichkeiten hatte S bei dieser Planung nicht. Musikalische Darbietungen waren gem. § 4 Abs. 2k Friedhofssatzung auch nur während der Bestattungen in den konkret dafür vorgesehenen Intervallen bzw. gem. § 4 Abs. 3 Friedhofssatzung in vom Kläger erlaubten Ausnahmefällen zulässig.

 

Wenngleich S insofern eine gewisse Freiheit zukam, als er Angebote zum Orgelspiel ablehnen konnte, war diese mangels eigener Gestaltungsmöglichkeiten jedoch nur gering. Hatte er einen entsprechenden Termin übernommen, musste er nach § 2 VfM zudem dessen Erbringung auch „sicherstellen“.

 

Darüber hinaus genügt es für die zeitliche Weisungsgebundenheit, wenn der Auftragnehmer von den organisatorischen Vorgaben des Betriebes abhängig ist und die Arbeit nicht zu jedem beliebigen Zeitpunkt abgebrochen werden kann, sondern die zugewiesenen Aufgaben erledigt werden müssen (vgl. z.B. BSG Urt. v. 04.06.2019 B 12 R 11/18 R  juris Rn. 31; Senatsurt. v. 20.11.2024 – L 8 BA 59/21 – juris Rn. 79; Senatsurt. v. 07.10.2024  L 8 BA 23/20  juris Rn. 75). Auch diese Voraussetzungen sind erfüllt. S hatte nicht die Möglichkeit, einen übernommenen Orgeldienst bei einer Bestattung jederzeit – z.B. in der Mitte der Zeremonie – zu beenden.

 

Dass die genannten Festlegungen – wie der Kläger geltend macht – „allein aus organisatorischen Gründen“ erfolgt sind, ändert nichts daran, dass es sich hierbei um bei der Statusbeurteilung zu berücksichtigende Indizien handelt. Auch Umstände, die typisch bzw. einer Tätigkeit ihrer Eigenart nach immanent sind oder "in der Natur der Sache" liegen, sind zu beachten (vgl. BSG Urt. v. 19.10.2021 – B 12 KR 29/19 R – juris Rn. 25; Urt. v. 27.04.2021 – B 12 R 16/19 R – juris Rn. 15; Senatsurt. v. 12.07.2023 – L 8 R 1089/16 – juris Rn. 76).

 

Im Übrigen unterlag S auch innerhalb des Ablaufs der Bestattung selbst engen zeitlichen Vorgaben, da die musikalische Gestaltung – worauf der Kläger selbst hingewiesen hat – einer traditionellen Liturgie folgte, der von S Rechnung zu tragen war. So konnte dieser seine konkreten Einsätze nicht selbst bestimmen, sondern wartete nach eigenen Angaben darauf, dass der Pfarrer ihm einen Einsatz für sein Spiel gab. Da der zeitliche Rahmen der Trauerfeiern nach Angabe des Klägers „im Stundenrhythmus“ vorgegeben war, hatte S nicht einmal die Möglichkeit, die Dauer seines Spiels durch Improvisation oder Wiederholung von Liedpassagen relevant auszudehnen.

 

(2) Auch hinsichtlich der Art und Weise des von ihm vorzunehmenden Orgelspiels war S weisungsgebunden.

 

Ein (spezifisch) inhaltliches Weisungsrecht des Auftraggebers liegt schon (zwangsläufig) dann vor, wenn über den Vertrag hinaus offenkundig noch weitere einseitige Einflussnahmen notwendig sind (vgl. Senatsbeschl. v. 14.06.2019 – L 8 BA 12/18 B ER – juris Rn. 22). Fehlt es an einer genaueren vertraglichen Fixierung bzw. inhaltlichen Bestimmung der im konkreten Fall gewünschten Leistung, da das Tätigkeitsfeld nur allgemein und beispielhaft umschrieben ist, so bedarf es weiterer Konkretisierungen und damit Weisungen (vgl. Senatsbeschl. v. 07.02.2025 – L 8 BA 182/19 – juris Rn. 56). Dies ist hier der Fall.

 

Bei einer kirchlichen Bestattung handelt es sich um eine gottesdienstliche Handlung, die eine Pfarrerin bzw. einen Pfarrer zum Leiter hat. Bei nichtkirchlichen Bestattungen wird die Funktion des Leiters von einer freien Rednerin bzw. einem freien Redner übernommen. Im Falle der Übernahme eines Einsatzes unterlag S (entsprechend) dem unmittelbaren Direktionsrecht des Gottesdienstleiters bzw. des Leiters der nichtkirchlichen Bestattungszeremonie (vgl. auch LSG Baden-Württemberg Urt. v. 30.06.2004 – L 11 KR 510/04 – juris Rn. 29). Die genauen Lieder, deren Anzahl und Reihenfolge sowie die Einsätze waren im Falle der mündlichen Übernahme eines Dienstes regelmäßig noch nicht konkretisiert. Wie vom Kläger angegeben, wurden die gewünschten Lieder S überwiegend vom Bestatter bzw. kurz vor der Trauerfeier vom Pfarrer mitgeteilt. Selbst wenn die konkreten Musikwünsche im Einzelfall bereits bei Auftragsannahme abgesprochen wurden, hätte S späteren Änderungswünschen immer noch nachkommen müssen. Ob und in welchem Umfang der Gottesdienstleiter bzw. freie Redner von dem ihm zustehenden Recht tatsächlich Gebrauch macht, ist unerheblich. Entscheidend ist, dass diese ins Einzelne gehende Weisungen hätten erteilen können (vgl. LSG Baden-Württemberg Urt. v. 30.06.2004 – L 11 KR 510/04 – juris Rn. 29).

 

Der Umstand, dass die Leiterin bzw. der Leiter der jeweiligen Trauerfeiern beim Kläger selbst nicht angestellt waren, ist rechtlich ohne entscheidende Bedeutung, da Weisungsbefugnisse vom Auftraggeber auf einen Dritten delegiert werden können (vgl. BSG Urt. v. 14.03.2018 – B 12 KR 12/17 R – juris Rn. 33). Eine solche Delegation liegt hier offenkundig vor. Es versteht sich bei Trauerfeiern von selbst, dass der Organist sich in die bekannte bzw. vom Leiter der Zeremonie vorgegebene Ordnung einzufügen und dessen ausdrückliche oder stillschweigende Weisungen zu befolgen hat. Dies ist von S nach entsprechender Annahme eines Auftrags des Klägers auch so gehandhabt worden.

 

Schließlich musste S auch allgemeinen Weisungen des Klägers folgen, da dieser sich gem. § 4 Abs. 1 S. 2 Friedhofssatzung das Recht vorbehalten hatte, Anordnungen auf dem Friedhof zu erlassen, um ein Verhalten entsprechend der Würde des Ortes zu gewährleisten.

 

Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Tätigkeit des S sogar bei einem weitgehenden Fehlen fachlicher Weisungen fremdbestimmt sein kann. Auch in typischen Arbeitsverhältnissen werden Arbeitnehmern immer mehr Freiheiten zur zeitlichen, örtlichen und teilweise auch inhaltlichen Gestaltung ihrer Arbeit eingeräumt. Werden insoweit lediglich Rahmenvorgaben vereinbart, spricht dies erst dann für Selbstständigkeit, wenn die Tätigkeit durch typische unternehmerische Freiheiten geprägt ist, die dem Betroffenen eigenes unternehmerisches Handeln mit entsprechenden Chancen und Risiken erlauben. Eine selbstständige Tätigkeit ist erst anzunehmen, wenn bei ihrer Verrichtung eine Weisungsfreiheit vorhanden ist, die sie insgesamt als eine unternehmerische kennzeichnet (vgl. BSG Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R – juris Rn. 18; BSG Urt. v. 19.10.2021 – B 12 R 10/20 R – juris Rn. 29; BSG Urt. v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 29; Senatsurt. v. 22.05.2024 – L 8 BA 219/19 – juris Rn. 89). Hieran fehlt es vorliegend.

 

Die streitige Tätigkeit des S ist darüber hinaus auch ungeachtet des Umfangs seiner Weisungsgebundenheit als Beschäftigung zu beurteilen. Zu berücksichtigen gilt dabei, dass die in § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV genannten Anhaltspunkte der Weisungsgebundenheit und der Eingliederung weder in einem Rangverhältnis zueinander stehen noch stets kumulativ vorliegen müssen (st. Rspr., vgl. z.B. BSG Urt. v. 12.12.2023 – B 12 R 10/21 R – juris Rn. 17; Urt. v. 13.12.2022 – B 12 KR 16/20 R – juris Rn. 21; Urt. v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 29). Die jüngere Rechtsprechung des BSG hat sich in diesem Rahmen von einer auf das Direktionsrecht gerichteten Betrachtungsweise gelöst und nimmt vor allem den Eingliederungsaspekt in den Blick (vgl. zuletzt: BSG Urt. v. 12.06.2024 – B 12 BA 8/22 R – juris Rn. 18 ff.). Dies entspricht den Entwicklungen in der Arbeitswelt, die das „klassische“ Weisungsrecht im Sinne von tatsächlichen und laufenden Anordnungen zunehmend in den Hintergrund treten lassen (vgl. Bergner in: Meßling/Voelzke, Die Zukunft des Rechts- und Sozialstaates – Festschrift für Schlegel, 2024, S. 367, 372; Segebrecht in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl. 2021, § 7 Abs. 1 Rn. 84 f.). Im Rahmen der Eingliederung sind grundsätzlich auch Rahmenvereinbarungen, regulatorische Rahmenbedingungen oder "in der Natur der Sache" liegende Umstände zu berücksichtigen (vgl. z.B. BSG Urt. v. 23.04.2024 – B 12 BA 9/22 R – juris Rn. 25 m.w.N.; Senatsurt. v. 12.07.2023 – L 8 R 1089/16 – juris Rn. 76, 88; Urt. v. 14.06.2023 – L 8 BA 208/18 – juris Rn. 51 ff.). Dabei kommt es weniger darauf an, woraus Abhängigkeiten und Bindungen resultieren, sondern vielmehr auf die Beurteilung, ob und inwieweit im Einzelfall noch Raum für unternehmerische Freiheit zur Gestaltung der Tätigkeit mit entsprechenden Chancen und Risiken verbleibt (vgl. BSG Urt. v. 23.04.2024 – B 12 BA 9/22 R – juris Rn. 25 m.w.N.).

 

Entsprechend genügt es (auch) für die Annahme von Beschäftigung, wenn die Tätigkeit – wie hier (dazu unter cc.) – eingegliedert in den Betrieb des Auftraggebers erfolgt.

 

cc. S war mit seiner Tätigkeit als Organist bei Bestattungsfeiern in die Arbeitsstruktur des Klägers eingegliedert.

 

Eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers setzt regelmäßig voraus, dass die Tätigkeit innerhalb von Organisationsabläufen erbracht wird, die der Weisungsgeber vorhält, dass also dessen Einrichtungen/Betriebsmittel genutzt werden und arbeitsteilig mit vorhandenem Personal in vorgegebenen Abläufen bzw. Strukturen zusammengearbeitet wird (vgl. z.B. BSG Urt. v. 12.12.2023 – B 12 R 10/21 R – juris Rn. 20; Urt. v. 12.12.2023 – B 12 R 12/21 R – juris Rn. 22; Urt. v. 27.04.2021 – B 12 R 8/20 R – juris Rn. 24; Urt. v. 04.06.2019 – B 12 R 11/18 R – juris Rn. 32). Eine dienende Teilhabe am Arbeitsprozess in diesem Sinne liegt in der Regel aber auch dann schon vor, wenn das Arbeitsziel und der betriebliche Rahmen vom Auftraggeber gestellt oder auf seine Rechnung organisiert werden. Sie kann selbst dann noch gegeben sein, wenn lediglich der Geschäfts- oder Betriebszweck vorgegeben und es dem Beschäftigten überlassen wird, welche Mittel er zur Erreichung der Ziele einsetzt (st. Rspr. des Senates: vgl. Senatsurt. v. 19.08.2015 – L 8 R 726/11 – juris Rn. 158; Urt. v. 25.10.2017 – L 8 R 515/15 – juris Rn. 53; Urt. v. 14.11.2018 – L 8 R 702/16 – juris Rn. 115; Urt. v. 10.04.2019 – L 8 R 1086/17 – juris Rn. 117; Urt. v. 12.07.2023 – L 8 R 1089/16 – juris Rn. 81; Urt. v. 14.06.2023 – L 8 BA 208/18 – juris Rn. 59; Beschl. v. 14.06.2019 – L 8 BA 12/18 B ER – juris Rn. 25 ff. m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen vor.

 

Die von S im streitigen Zeitraum übernommenen Orgelspiele dienten dem Betriebszweck des Klägers, der gem. § 2 Abs. 2 der Verbandssatzung das Ziel verfolgte, würdevolle Bestattungen anzubieten und die Friedhöfe als Orte der Trauer und Begegnung zu gestalten. Für die in diesem Rahmen traditionellen Abläufe zog der Kläger – auf den Wunsch der Trauernden – die Organisten hinzu. Diese unterhielten mit den Angehörigen der Trauernden bzw. deren Kirchengemeinden keine rechtlichen Beziehungen. Vielmehr wurden sie bei der vom Kläger selbst gegenüber den Angehörigen zur erbringenden Leistung einer würdevollen Bestattung für ihn als Erfüllungsgehilfen tätig (vgl. BSG Urt. v. 14.03.2018 – B 12 KR 12/17 R – juris Rn. 33) und waren als Teil des klägerischen Personaltableaus anzusehen (vgl. Senatsurt. v. 14.12.2022 – L 8 BA 159/19 – juris Rn. 86; Urt. v. 30.08.2017 – L 8 R 962/15 – juris Rn. 70). Auch wenn S – ohnehin nur in äußerst seltenen Einzelfällen – wohl für die Angehörigen „Sonderwünsche“ übernommen haben sollte, ändert dies an der Beurteilung nichts. Insoweit läge allenfalls ein weiterer, vom hiesigen Streitgegenstand getrennt zu beurteilender Auftrag vor.

 

Stellt sich die statusrechtlich streitige Tätigkeit (wie hier die des S) nur als Wahrnehmung einer Teilaufgabe des gesamten "Ganzen" dar, d.h. ist er in einer solchen Konstellation – je nach dem Umfang seines Teilbereichs – (allein) "ein Rädchen bzw. Rad" innerhalb des von seinem Auftraggeber organisierten und einem Dritten (hier den Angehörigen des Verstorbenen) angebotenen gesamten Ganzen (hier der Bestattung und Bestattungsfeier), geht dies regelmäßig zwangsläufig mit einer Einbindung in die (engmaschige) Organisationsstruktur des Auftraggebers einher, die keinen Raum für eine wesentlich eigenständige Arbeitsorganisation lässt (vgl. z.B. Senatsurt. v. 14.06.2023 – L 8 BA 208/18 – juris Rn. 62 m.w.N.; vgl. auch Urt. v. 30.11.2022 – L 8 R 597/17 – juris Rn. 106 m.w.N.). So liegt es auch hier. Bei dem von S erbrachten Orgelspiel handelte es sich nur um ein Teilstück im Rahmen der Bestattungen und Trauerfeiern, deren gesamten organisatorischen Rahmen vom Kläger und dem Leiter dieser Feier bzw. dem Bestatter ausgerichtet worden ist. Der Kläger stellte die (von ihm auch unterhaltenen) Friedhöfe sowie die mit Orgeln ausgestatten Kapellen bereit. Die Kapellen wurden vor den Trauerfeiern von seinem Personal aufgeschlossen und geschmückt (vgl. auch § 32 Abs. 5 Friedhofssatzung). Die Bestattungen schlossen zudem regelmäßig das Begräbnis in einer ebenfalls vom Kläger bereitgestellten Grabstätte ein. Diesen Gesamtkomplex stellte er – einschließlich einer Gebühr für das Orgelspiel – in einer Einheit gegenüber den Angehörigen in Rechnung.

 

Als zusätzliches Merkmal der Eingliederung ist schließlich der Umstand zu werten, dass S seine Leistung in der Friedhofskapelle des Klägers auf der dortigen Orgel erbracht und damit vom Kläger organisierte und unterhaltene Betriebsmittel genutzt hat. Eine solche kostenfreie Überlassung von Betriebsmitteln durch den Auftraggeber stellt ein Kriterium der Eingliederung dar (vgl. z.B. BSG Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R – juris Rn. 21; Urt. v 19.10.2021 – B 12 R 1/21 R – juris Rn. 23; Senatsurt. v. 07.10.2024 – L 8 BA 23/20 – juris Rn. 100 m.w.N.; Urt. v. 22.05.2024 – L 8 BA 219/19 – juris Rn. 92; Beschl. v. 07.02.2025 – L 8 BA 182/19 – juris Rn. 67; Beschl. v. 22.01.2024 – L 8 R 335/17 – juris Rn. 27). Dass die Orgeln in den Kapellen verbaut waren, deren Nutzung also in der Natur der Sache gelegen hat, führt zu keiner anderen Beurteilung, da im Rahmen der Statusbeurteilung – wie bereits dargelegt – auch solche Umstände zu berücksichtigen sind, die sich aus Sachzwängen bzw. der Natur der Sache ergeben. Für die Eingliederung spricht ebenso, dass die Abrechnungen von S auf den vom Kläger ausgegebenen Formularen zu erstellen waren und erstellt worden sind.

 

dd. Gesichtspunkte von Gewicht, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, liegen nicht vor.

 

S hat weder über eine eigene Betriebsstätte verfügt noch ein unternehmerisches Risiko getragen. Maßgebendes Kriterium hierfür ist nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen (vgl. z.B. BSG Urt. v. 31.03.2017 – B 12 KR 16/14 R – juris Rn. 33 m.w.N.), denen sich der Senat in seiner ständigen Rechtsprechung angeschlossen hat (vgl. z.B. Senatsurt. v. 22.05.2024 – L 8 BA 219/19 – juris Rn. 97; Urt. v. 26.01.2022 – L 8 BA 51/20 – juris Rn. 38; Urt. v. 29.01.2020 – L 8 BA 153/19 – juris Rn. 64 m.w.N.), ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt werden, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel also ungewiss ist. Allerdings ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder größere Verdienstchancen gegenüberstehen (st. Rspr., vgl. z.B. BSG Urt. v. 31.03.2017 – B 12 KR 16/14 R – juris Rn. 33; Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 36). Diese Voraussetzungen fehlen.

 

Eigenes Kapital musste S nicht einsetzen. Vielmehr trug allein der Kläger die Kosten sowohl für die Kapelle, in der die Trauerfeier stattfand als auch für den Erhalt der von S notwendig genutzten Orgel. Weder bot die Ausgestaltung des Auftragsverhältnisses mit dem Kläger S größere Verdienstchancen noch setzte er seine Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes ein. S erhielt vom Kläger eine feste Vergütung. Diese unterlag einer – ebenfalls vom Kläger vorgegebenen – Anpassungsklausel. Das Risiko eines etwaigen Zahlungsausfalls lag allein beim Kläger, der die Nutzer nach seiner Gebührensatzung hierauf in Anspruch nahm. S selbst betrachtete die streitige Tätigkeit auch offenkundig nicht unter unternehmerischen Gesichtspunkten. So hat er dazu im Termin zur Erörterung des Sachverhalts 2021 erklärt, dass das Orgelspiel bei den Bestattungen für ihn ein Dienst und kein Mittel zum Geldverdienen gewesen sei.

 

Die Aufträge sind von S darüber hinaus – arbeitnehmertypisch (vgl. z.B. BSG Urt. v. 23.04.2024 – B 12 BA 9/22 R – juris Rn. 27; Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 33 m.w.N.; Senatsurt. v. 19.06.2024 – L 8 BA 179/18 – juris Rn. 67; Urt. v. 22.05.2024 – L 8 BA 219/19 – juris Rn. 101) – stets höchstpersönlich ausgeführt worden. Der Umstand, dass er Aufträge ggf. gem. § 2 VfM auf Dritte übertragen konnte, fällt vorliegend nicht entscheidend ins Gewicht, da er dies nicht genutzt hat. Ist tatsächlich keine Delegation erfolgt, sondern besteht nur die Möglichkeit hierzu, kann die Delegationsbefugnis allenfalls dann ein Indiz für Selbstständigkeit darstellen, wenn von ihr realistischerweise überhaupt Gebrauch gemacht werden könnte (vgl. BSG Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 34 m.w.N.; Senatsurt. v. 12.07.2023 – L 8 R 1089/16 – juris Rn. 93; Urt. v. 14.06.2023 – L 8 BA 208/18 – juris Rn. 70; Urt. v. 14.12.2022 – L 8 BA 159/19 – juris Rn. 114; Urt. v. 30.11.2022 – L 8 R 597/17 – juris Rn. 112; Urt. v. 22.06.2020 – L 8 BA 78/18 – juris Rn. 61) und die Delegation der geschuldeten Leistung auf Dritte im Einzelfall als prägend für die Tätigkeit anzusehen ist (vgl. Senatsurt. v. 12.07.2023 – L 8 R 541/17 – juris Rn. 58; Urt. v. 14.06.2023 – L 8 BA 208/18 – juris Rn. 70; Urt. v. 30.11.2022 – L 8 R 597/17 – juris Rn. 112 m.w.N.). An beidem fehlt es.

 

Soweit eine Entgeltfortzahlung bei Krankheit und Urlaub nicht gewährt worden ist, hat dieser Umstand statusrechtlich keine eigenständige Bedeutung. Vertragsklauseln bzw. vertragliche Vereinbarungen, die darauf gerichtet sind, an den Arbeitnehmer- bzw. Beschäftigtenstatus anknüpfende arbeits-, steuer- und sozialrechtliche Regelungen abzubedingen bzw. zu vermeiden, lassen, auch wenn sie in der Praxis tatsächlich umgesetzt werden, ausschließlich Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien, Beschäftigung auszuschließen, zu. Darüber hinaus haben sie bei der im Rahmen des § 7 Abs. 1 SGB IV vorzunehmenden Gesamtabwägung keine eigenständige Bedeutung. Vielmehr setzen sie bereits das Fehlen des Status als Arbeitnehmer bzw. Beschäftigter voraus und sind daher eher Folge einer rechtsirrigen Statuseinschätzung als Indiz für eine solche. Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken rechtfertigt nicht die Annahme von Selbstständigkeit im Rechtssinne (vgl. z.B. BSG Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 27; Urt. v. 31.03.2017 – B 12 R 7/15 R – juris Rn. 47; Senatsurt. v. 30.11.2022 – L 8 R 597/17 – juris Rn. 113; Urt. v. 29.01.2020 – L 8 BA 153/19 –  juris Rn. 68; Urt. v. 14.08.2019 – L 8 R 456/17 – juris Rn. 84).

 

dd. Angesichts des Umstandes, dass sich die in § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV gesetzlich ausdrücklich hervorgehobenen ("insbesondere") Kriterien für eine abhängige Beschäftigung – Weisungsgebundenheit und Eingliederung – feststellen lassen und S im Streitzeitraum weder über eine eigene Betriebsstätte verfügt noch im Auftragsverhältnis zum Kläger ein unternehmerisches Risiko getragen hat, sprechen alle wesentlichen Abgrenzungskriterien für eine abhängige Beschäftigung.

 

Dass S Aufträge ablehnen konnte, ist allein kein maßgebliches Indiz für eine Selbstständigkeit (vgl. BSG Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 28; Senatsurt. v. 19.06.2024 – L 8 BA 179/18 – juris Rn. 70; Beschl. v. 14.03.2022 – L 8 BA 110/21 – juris Rn. 52; Urt. v. 22.06.2020 – L 8 BA 78/18 – juris Rn. 63). Vielmehr stellt sich die Situation vor Annahme eines Auftrags letztlich nicht anders dar als für einen Arbeitsuchenden, dem es ebenfalls freisteht, eine ihm angebotene (ggf. befristete Teilzeit-) Arbeitsgelegenheit anzunehmen oder nicht. Zugleich haben jedenfalls Teilzeitbeschäftigte die Möglichkeit, in nennenswertem Umfang nebeneinander für mehrere Arbeitgeber tätig zu sein. Auch solche Beschäftigte müssen angebotene Beschäftigungen ablehnen, wenn sich Arbeitszeiten überschneiden oder gesetzliche Arbeitszeitgrenzen erreicht sind (vgl. BSG Urt. v. 18.11.2015 – B 12 KR 16/13 R – juris Rn. 28; LSG NRW Urt. v. 19.06.2024 – L 8 BA 179/18 – juris Rn. 70).

 

Eine Selbstständigkeit des S lässt sich entsprechend auch nicht dadurch begründen, dass dies von ihm und dem Kläger so gewünscht war. Überwiegen nach dem Gesamtbild die Indizien für eine abhängige Beschäftigung, kommt dem von diesem Ergebnis abweichenden Willen der Vertragsparteien keine ausschlaggebende Bedeutung zu (vgl. z.B. BSG Urt. v. 12.06.2024 – B 12 BA 8/22 R – juris Rn. 24; Senatsurt. v. 07.10.2024 – L 8 BA 23/20 – juris Rn. 122; Urt. v. 24.04.2024 – L 8 BA 109/19 – juris Rn. 93). Die wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit kann nicht mit bindender Wirkung für die Sozialversicherung durch die Vertragsparteien vorgegeben werden, indem sie z.B. vereinbaren, eine selbstständige Tätigkeit zu wollen. Denn der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es aus, dass über die rechtliche Einordnung einer Person – als selbstständig oder beschäftigt – allein die Vertragsschließenden entscheiden. Über zwingende Normen kann nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden (vgl. z.B. BSG Urt. v. 12.06.2024 – B 12 BA 5/23 R – juris Rn. 15; Urt. v. 23.04.2024 – B 12 BA 9/22 R – juris Rn. 15; Urt. v. 12.12.2023 – B 12 R 10/21 R – juris Rn. 18; Senatsurt. v. 12.07.2023 – L 8 R 1089/16 – juris Rn. 98; Urt. v. 12.07.2023 – L 8 R 541/17 – juris Rn. 38; Urt. v. 14.06.2023 – L 8 BA 208/18 – juris Rn. 43). Vielmehr kommt es entscheidend auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der Vertragsverhältnisse an (vgl. z.B. BSG Urt. v. 28.06.2022 – B 12 R 3/20 R – juris Rn. 12 m.w.N.; Senatsurt. v. 26.01.2022 – L 8 BA 51/20 – juris Rn. 30 m.w.N.). Aus diesen ergibt sich – wie dargelegt – gerade nicht die von den Vertragspartnern beabsichtigte Selbstständigkeit.

 

b. Fehler hinsichtlich der Berechnung der Nachforderung sind nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

 

Gründe gem. § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

 

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 47 Abs. 1 S. 1, 52 Abs.1, Abs. 3, 63 Abs. 2 S. 1 Gerichtskostengesetz (GKG).

 

 

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