Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts NiedersachsenBremen vom 20. März 2024 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
G r ü n d e :
I
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Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung einer Nachforderung wegen Verordnung von Cannabisblüten ohne vorherige Genehmigung der Krankenkasse im Quartal 1/2020.
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Der als Facharzt für Allgemeinmedizin im Bezirk der zu 1. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) zugelassene Kläger verordnete einer Patientin im Quartal 1/2020 unverarbeitete Cannabisblüten, nachdem diese bereits 2019 von einem anderen Vertragsarzt eine entsprechende Verordnung erhalten hatte. Weder 2019 noch zur Zeit der streitgegenständlichen Verordnungen lag eine Genehmigung der zu 2. beigeladenen Krankenkasse der Versicherten vor.
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Auf Antrag der zu 2. beigeladenen Krankenkasse bei der beklagten Prüfungsstelle am 25.5.2022 eingegangen setzte die Beklagte nach Anhörung des Klägers mit Bescheid vom 14.3.2023 eine Nachforderung in Höhe der tatsächlich ärztlich verordneten Leistungen von 6920,61 Euro fest.
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Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid des SG vom 24.10.2023; Urteil des LSG vom 20.3.2024). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, die Anfechtungsklage des Klägers sei nach § 106c Abs 3 Satz 6 SGB V ohne Vorverfahren zulässig. Der Ausschluss des Anspruchs auf Versorgung mit Cannabisblüten ergebe sich unmittelbar aus dem Gesetz, wenn eine Genehmigung bei der ersten Verordnung nicht vorliege. Die Entscheidung der Beklagten über die Nachforderung sei rechtzeitig innerhalb der von § 106 Abs 3 Satz 3 SGB V bestimmten Zweijahresfrist erfolgt, da diese aufgrund des Prüfantrags der zu 2. beigeladenen Krankenkasse vom Mai 2022 und des nachfolgenden Anhörungsschreibens der Beklagten an den Kläger gehemmt gewesen sei. Soweit die Rahmenvorgaben nach § 106b Abs 2 SGB V eine Hemmung der Ausschlussfrist durch die Mitteilung der Prüfungsstelle an die Ärztin bzw den Arzt über die Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung oder die Antragstellung einer Krankenkasse im Falle von Einzelfallprüfungen ausschlössen, widerspreche dies der Regelung in § 106 Abs 3 Satz 3 SGB V. Danach sei § 45 Abs 2 SGB I entsprechend anwendbar, sodass die Vorschriften des BGB über die Hemmung der Verjährung sinngemäß gelten würden. Zu Recht habe die Beklagte auch die Nachforderung nicht auf die Differenz zwischen der wirtschaftlichen und der tatsächlich ärztlich verordneten Leistung begrenzt. Denn § 106b Abs 2a SGB V finde keine Anwendung bei unzulässigen Verordnungen.
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Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision und rügt eine Verletzung des § 3b Abs 1 Satz 2 der Rahmenvorgaben nach § 106b Abs 2 SGB V sowie des § 106b Abs 2a SGB V iVm § 3a der Rahmenvorgaben.
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Die Festsetzung der Nachforderung sei erst nach Ablauf der in § 3b Abs 1 Satz 1 der Rahmenvorgaben bestimmten Frist erfolgt. Anders als das LSG meine, sei diese Frist nicht gehemmt gewesen und daher am 31.12.2022 abgelaufen. § 3b Abs 1 Satz 2 der Rahmenvorgaben regele, dass weder die Mitteilung der Prüfungsstelle an den Arzt noch der Antrag der Krankenkasse diese Frist hemmten. Sinn und Zweck der Rahmenvorgaben sei es, Näheres zu klären und damit auch eine Beschränkung bzw Konkretisierung der allgemeinen Regelungen (hier des § 106 Abs 3 SGB V) vorzunehmen. Darüber hinaus seien Nachforderungen gemäß § 106 Abs 2a SGB V auf die Differenz der Kosten zwischen der wirtschaftlichen und der tatsächlich verordneten Leistung zu begrenzen.
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Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 20.3.2024 und den Gerichtsbescheid des SG Hannover vom 24.10.2023 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14.3.2023 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
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Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
II
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Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg.
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A. Zutreffend ist das LSG davon ausgegangen, dass die Anfechtungsklage zulässig ist, ohne dass es eines Vorverfahrens vor dem Beschwerdeausschuss bedurfte.
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1. Nach § 106c Abs 3 Satz 1 SGB V können betroffene Ärzte und ärztlich geleitete Einrichtungen, die Krankenkassen, die betroffenen Landesverbände der Krankenkassen sowie die KÄVen gegen Entscheidungen der Prüfungsstelle den Beschwerdeausschuss anrufen. Abweichend davon findet nach § 106c Abs 3 Satz 6 SGB V (in der ab dem 11.5.2019 geltenden Fassung des Terminservice- und Versorgungsgesetzes <TSVG> vom 6.5.2019, BGBl I 646) in Fällen der Festsetzung einer Ausgleichspflicht für den Mehraufwand bei Leistungen, die durch das Gesetz oder durch die Richtlinien nach § 92 SGB V ausgeschlossen sind, ein Vorverfahren nicht statt. Nach der Rechtsprechung des Senats ist diese Ausnahmevorschrift auf Fälle beschränkt, in denen sich die Unzulässigkeit der Verordnung unmittelbar und eindeutig aus dem Gesetz selbst oder aus den Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) ergibt. Zudem muss sich der Ausschluss aus spezifischen Regelungen des Krankenversicherungsrechts ergeben (vgl BSG Urteil vom 11.5.2011 B 6 KA 13/10 R BSGE 108, 175 = SozR 42500 § 106 Nr 32, RdNr 19; BSG Urteil vom 12.12.2012 B 6 KA 50/11 R BSGE 112, 251 = SozR 42500 § 106 Nr 38, RdNr 10; BSG Urteil vom 2.7.2014 B 6 KA 25/13 R SozR 42500 § 106 Nr 45 RdNr 16; BSG Urteil vom 5.6.2024 B 6 KA 5/23 R juris RdNr 12, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen; vgl zuletzt BSG Urteil vom 26.3.2025 B 6 KA 6/24 R juris RdNr 12, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Ein solcher Fall liegt hier vor. Die streitigen Verordnungen betreffen die Versorgung mit Cannabisblüten, deren Verordnung Versicherte im Quartal 1/2020 nicht ohne vorherige Genehmigung ihrer Krankenkasse beanspruchen konnten (zur Maßgeblichkeit des im jeweiligen Prüfungszeitraum geltenden Rechts, hier also des Rechtszustands zum Zeitpunkt der Verordnung vgl BSG Urteil vom 22.10.2014 B 6 KA 3/14 R BSGE 117, 149 = SozR 42500 § 106 Nr 48, RdNr 36 ff mwN).
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2. Nach § 31 Abs 6 Satz 1 SGB V (eingefügt durch Art 4 Nr 2 des Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 6.3.2017, BGBl I 403, mWv 10.3.2017) haben Versicherte Anspruch auf die Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten in standardisierter Qualität und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol und Nabilon, wenn sie an einer schwerwiegenden Erkrankung leiden, eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht oder im Einzelfall nach einer begründeten Einschätzung des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann (Satz 1 Nr 1) und eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht (Satz 1 Nr 2). Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist (Satz 2). Damit ist die Versorgung mit Cannabis nur in eng begrenzten Ausnahmefällen möglich. Die Leistungsgewährung erfolgte zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der regressierten Verordnungen zudem in jedem Fall nur auf Grundlage einer vorherigen Genehmigung der Krankenkasse. Erst mit Wirkung vom 27.7.2023 wurde § 31 SGB V um einen Abs 7 ergänzt, wonach der GBA bis zum 1.10.2023 in den Richtlinien nach § 92 Abs 1 Nr 6 das Nähere regelt zu einzelnen Facharztgruppen und den erforderlichen ärztlichen Qualifikationen, bei denen der Genehmigungsvorbehalt nach § 31 Abs 6 Satz 2 entfällt (eingefügt durch Art 2 Nr 1 Buchst d des Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetzes <ALBVVG> vom 19.7.2023, BGBl I Nr 197, mWv 27.7.2023; vgl hierzu § 45 Abs 3 der Arzneimittel-Richtlinie iVm Anlage XI idF vom 18.7.2024, BAnz AT 16.10.2024 B3, mWv 17.10.2024; zur Begründung dieser Änderung mit einer Beschleunigung der Patientenversorgung vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf eines ALBVVG, BTDrucks 20/7397 S 57).
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Der in § 31 Abs 6 Satz 2 SGB V vorgesehene Genehmigungsvorbehalt gewährleistet abweichend vom sonst üblichen Weg der Versorgung mit Arzneimitteln eine präventive Kontrolle der Krankenkasse, ob die in Satz 1 benannten Voraussetzungen für einen Anspruch des Versicherten auf Versorgung mit Cannabis erfüllt sind (BSG Urteil vom 10.11.2022 B 1 KR 28/21 R BSGE 135, 89 = SozR 42500 § 31 Nr 31, RdNr 48). Er bewirkt zugleich einen Leistungsausschluss kraft Gesetzes für die Verordnung von Cannabis, wenn die vorherige Genehmigung der zuständigen Krankenkasse fehlt. Die Genehmigung stellt die maßgebliche Voraussetzung für den Sachleistungsanspruch auf Versorgung mit Cannabis dar. Ohne sie kann der Versicherte die Leistung nicht beanspruchen und darf der Vertragsarzt die Leistung nicht mittels einer vertragsärztlichen Verordnung zulasten der GKV veranlassen (BSG Urteil vom 10.11.2022 B 1 KR 28/21 R BSGE 135, 89 = SozR 42500 § 31 Nr 31, RdNr 55 unter Hinweis auf SG Stuttgart Gerichtsbescheid vom 2.6.2021 S 4 KA 3885/20 juris RdNr 19 mwN; vgl auch Scholz in Becker/Kingreen, SGB V, 9. Aufl 2024, § 106c RdNr 7).
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Ohne Bedeutung ist dabei, dass die Anforderungen an die Verordnung von Cannabis in § 31 Abs 6 Satz 1 SGB V (schwerwiegende Erkrankung, keine Standardtherapie, "nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegenden Symptome") dem mittlerweile in § 2 Abs 1a SGB V kodifizierten Anspruch aus grundrechtskonformer Auslegung des Leistungsrechts nachempfunden wurden (vgl BTDrucks 18/8965 S 24 zu Art 4). Zwar hat der Senat die Anwendung der Ausnahmeregelung des § 106c Abs 3 Satz 6 SGB V für Regresse wegen einer zulassungsüberschreitenden Verordnung von Arzneimitteln (sog Off-Label-Use) ausgeschlossen, da es hier regelmäßig einer einzelfallbezogenen Prüfung bedarf und es sich in der Regel nicht um einen "vergleichsweise leicht überprüfbaren Sachverhalt" handelt (vgl BSG Urteil vom 11.5.2011 B 6 KA 13/10 R BSGE 108, 175 = SozR 42500 § 106 Nr 32, RdNr 29 ff noch zur Vorgängervorschrift § 106 Abs 5 Satz 8 SGB V). Dies gilt grundsätzlich auch für einen Anspruch auf Behandlung außerhalb des allgemein anerkannten Standards nach § 2 Abs 1a SGB V. In der streitigen Konstellation folgt der Verordnungsausschluss jedoch nicht aus den spezifischen Anforderungen an eine Verordnung von Cannabis in § 31 Abs 6 Satz 1 SGB V, sondern allein aus dem fehlenden Vorliegen einer (zwingend erforderlichen) vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse nach Satz 2 (vgl dagegen § 2 Abs 1a Satz 2 SGB V zur nur fakultativen Möglichkeit der Einholung einer Kostenübernahmeerklärung), sodass eine einzelfallbezogene Prüfung nicht erforderlich wird. Es handelt sich damit um eine Fallgestaltung, die eher technischen Charakter hat und ganz überwiegend in der Umsetzung eindeutiger normativer Vorgaben besteht (zu diesem Aspekt BSG Urteil vom 11.5.2011 B 6 KA 13/10 R BSGE 108, 175 = SozR 42500 § 106 Nr 32, RdNr 24; BSG Urteil vom 2.7.2014 B 6 KA 25/13 R SozR 42500 § 106 Nr 45 RdNr 17; vgl dagegen BSG Urteil vom 26.3.2025 B 6 KA 6/24 R juris RdNr 25, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen, zum sonstigen Schaden).
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Auch der Umstand, dass im Rahmen der Verordnung von Cannabis eine Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs 3a Satz 6 SGB V eintreten kann (BSG Urteil vom 10.11.2022 B 1 KR 9/22 R SozR 42500 § 13 Nr 5 RdNr 31 ff; vgl auch § 31 Abs 6 Satz 11 SGB V, eingefügt durch Art 2 Nr 1 Buchst c des ALBVVG vom 19.7.2023, BGBl I Nr 197, mWv 27.7.2023), führt nicht dazu, dass es einer einzelfallbezogenen Prüfung bedarf. Nach der geänderten Rechtsprechung des 1. Senats des BSG begründet eine fingierte Genehmigung nach dem Leistungsrecht der GKV (§ 13 Abs 3a Satz 6 SGB V) keinen eigenständigen Naturalleistungsanspruch. Sie vermittelt dem Versicherten vielmehr eine Rechtsposition sui generis, die es ihm erlaubt, sich die Leistung bei Gutgläubigkeit selbst zu beschaffen und es der Krankenkasse nach erfolgter Selbstbeschaffung verbietet, eine beantragte Kostenerstattung mit der Begründung abzulehnen, nach dem Recht der GKV bestehe kein Rechtsanspruch auf die Leistung (vgl grundlegend BSG Urteil vom 26.5.2020 B 1 KR 9/18 R BSGE 130, 200 = SozR 42500 § 13 Nr 53, RdNr 10 ff; zur Versorgung mit Cannabis BSG Urteil vom 10.11.2022 B 1 KR 9/22 R SozR 42500 § 13 Nr 5 RdNr 32 und BSG Urteil vom 20.3.2024 B 1 KR 24/22 R GesR 2024, 635 = juris RdNr 27). Ein Versicherter kann sich Cannabis aufgrund einer Genehmigungsfiktion daher nur auf eigene Kosten mittels Privatrezept selbst besorgen; eine Beschaffung innerhalb des Sachleistungssystems durch vertragsärztliche Verordnung ermöglicht die Genehmigungsfiktion dagegen nicht, sodass diese für die Frage einer zulässigen Verordnung ohne Belang ist.
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B. Die Anfechtungsklage ist jedoch unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 14.3.2023 ist rechtmäßig und nicht zu beanstanden.
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1. Rechtsgrundlage des festgesetzten Regresses ist § 31 Satz 1 der im Bezirk der zu 1. beigeladenen KÄV geltenden "Vereinbarung zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit in der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 106 Abs 1 SGB V ab dem Jahr 2017" (idF der 1. Änderungsvereinbarung vom 8.4.2019 und mit Gültigkeit ab 1.1.2017; im Folgenden: Prüfvereinbarung) iVm § 106b Abs 1 Satz 1 SGB V (idF des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes GKV-VSG - vom 16.7.2015, BGBl I 1211, mWv 23.7.2015).
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Nach § 106 Abs 1 Satz 1 SGB V (idF des GKV-VSG) überwachen die Krankenkassen und die KÄVen die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung durch Beratungen und Prüfungen. Nach § 106b Abs 1 Satz 1 SGB V wird die Wirtschaftlichkeit der Versorgung mit ärztlich verordneten Leistungen ab dem 1.1.2017 anhand von Vereinbarungen geprüft, die von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich mit den KÄVen zu treffen sind. Aufgrund dieser Vereinbarungen können Nachforderungen wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise festgelegt werden (§ 106b Abs 1 Satz 2 SGB V). Eine solche Vereinbarung ist im Bezirk der zu 1. beigeladenen KÄV getroffen worden. Die von den Krankenkassen(verbänden) und der Beigeladenen zu 1. geschlossene Prüfvereinbarung sieht in § 31 Satz 1 vor, dass die Prüfungsstelle auf Antrag einer Krankenkasse oder eines Vertragspartners in begründeten Fällen prüft, ob der Vertragsarzt unwirtschaftliche ärztliche oder ärztlich verordnete Leistungen veranlasst hat. Macht eine Krankenkasse bei der Prüfungsstelle Nachforderungsansprüche gegen eine Praxis wegen der Veranlassung von unwirtschaftlichen ärztlichen oder ärztlich verordneten Leistungen geltend, ist der Antrag zu begründen und soll innerhalb von zwei Jahren nach Ablauf des Leistungs- bzw Verordnungsquartals bei der Prüfungsstelle gestellt werden (§ 31 Satz 2 Prüfvereinbarung).
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Ergänzend heranzuziehen sind die im Prüfungszeitraum geltenden (vgl BSG Urteil vom 22.10.2014 B 6 KA 3/14 R BSGE 117, 149 = SozR 42500 § 106 Nr 48, RdNr 37) "Rahmenvorgaben nach § 106b Abs 2 SGB V für die Wirtschaftlichkeitsprüfung ärztlich verordneter Leistungen vereinbart zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung" vom 1.5.2020 (im Folgenden: Rahmenvorgaben aF). Diese Fassung der Rahmenvorgaben gilt nach § 8 auch für Prüfverfahren, die Prüfzeiträume betreffen, die ärztlich verordnete Leistungen ab dem 11.5.2019 umfassen und damit grundsätzlich auch für das hier streitige Quartal 1/2020.
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2. Wie das LSG zutreffend ausgeführt hat, stand der Nachforderung nicht entgegen, dass der Antrag der zu 2. beigeladenen Krankenkasse erst am 25.5.2022 und damit nach Ablauf der in § 31 Satz 2 Prüfvereinbarung normierten Zweijahresfrist bei der Beklagten eingegangen ist. Insoweit handelt es sich lediglich um eine Sollvorschrift (dazu, dass in den Prüfvereinbarungen zu § 106 SGB V geregelte Antragsfristen keine Ausschlussfristen darstellen: BSG Urteil vom 3.2.2010 B 6 KA 37/08 R SozR 42500 § 106 Nr 26 RdNr 20 f; BSG Urteil vom 18.8.2010 B 6 KA 14/09 R SozR 42500 § 106 Nr 29 RdNr 21; vgl auch BSG Urteil vom 23.3.2016 B 6 KA 14/15 R SozR 45555 § 17 Nr 1 RdNr 17 ff). Auch die Rahmenvorgaben geben für das Quartal 1/2020 lediglich vor, dass in den Prüfvereinbarungen nach § 106b Abs 1 SGB V durch entsprechende Maßnahmen, insbesondere durch die Festlegung von Fristen, sicherzustellen ist, dass die Prüfungen jeweils innerhalb der gesetzlichen Frist abgeschlossen werden sowie dass die Krankenkassen in den Einzelfallprüfungen ihren Antrag mit den vollständigen prüfungsbegründenden Unterlagen spätestens sechs Monate vor Ablauf der Frist nach § 106 Abs 3 SGB V idF des TSVG der Prüfungsstelle zur Verfügung zu stellen haben (vgl § 3b Abs 2 Satz 1 und 2 der Rahmenvorgaben aF sowie fast wortgleich § 3b Abs 2 Satz 1 und 2 der Rahmenvorgaben vom 1.5.2020 idF der Änderungsvereinbarung vom 26.5.2021 sowie der Einigungen aus der Verhandlung des Bundesschiedsamtes vom 10.5.2022 und der Regelungen aus dem Schiedsspruch des Bundesschiedsamtes vom 10.5.2022 mWv 10.6.2022 <Rahmenvorgaben nF> für Prüfzeiträume zwischen dem 11.5.2019 und dem 19.7.2021). Dies ist hier mit der Antragstellung im Mai 2022 geschehen (vgl jetzt aber § 106 Abs 3 Satz 4 SGB V idF des Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetzes <GVWG> vom 11.7.2021, BGBl I 2754, mWv 20.7.2021 und dazu § 3b Abs 2 Satz 3 Rahmenvorgaben nF; vgl auch unten RdNr 29 f).
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3. Der Bescheid vom 14.3.2023 hat auch die Frist für den Erlass eines Regressbescheides wegen unzulässiger oder unwirtschaftlicher Verordnung von Arzneimitteln gewahrt.
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Nach dem hier im Prüfungszeitraum noch einschlägigen § 106 Abs 3 Satz 3 Halbsatz 1 SGB V idF des TSVG musste die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung für ärztliche Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab Erlass des Honorarbescheides und für ärztlich verordnete Leistungen innerhalb von zwei Jahren ab dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, erfolgen (vgl jetzt dagegen § 106 Abs 3 Satz 5 SGB V idF des GVWG und dazu RdNr 29). Damit hätte die zweijährige Ausschlussfrist für die im Quartal 1/2020 ärztlich verordneten Leistungen am 31.12.2022 geendet. Der Ablauf der Frist war jedoch durch den Prüfantrag der Beigeladenen zu 2. und die Anhörung des Klägers hierzu in entsprechender Anwendung des § 204 Abs 1 Nr 12 Halbsatz 1 BGB gehemmt.
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a) In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass die nach § 45 Abs 2 SGB I für die Verjährung sinngemäß geltenden Vorschriften des BGB auch für die Hemmung der Ausschlussfrist im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung entsprechend heranzuziehen sind (vgl zB BSG Urteil vom 6.9.2006 B 6 KA 40/05 R BSGE 97, 84 = SozR 42500 § 106 Nr 15, RdNr 14) und mit dem TSVG ist dies in § 106 Abs 3 Satz 3 letzter Halbsatz SGB V ausdrücklich klargestellt worden (BSG Urteil vom 11.12.2019 B 6 KA 23/18 R SozR 42500 § 106 Nr 62 RdNr 32; BSG Urteil vom 13.5.2020 B 6 KA 25/19 R SozR 42500 § 106 Nr 63 RdNr 56). Eine hemmende Wirkung hat der Senat insbesondere Prüfanträgen der Krankenkassen beigemessen, sofern auch der betroffene Arzt von dem Prüfantrag Kenntnis erlangt und dies vor allem auf eine entsprechende Anwendung des § 204 Abs 1 Nr 12 Halbsatz 1 BGB gestützt (BSG Urteil vom 5.5.2010 B 6 KA 5/09 R SozR 42500 § 106 Nr 28 RdNr 40 ff; BSG Urteil vom 18.8.2010 B 6 KA 14/09 R SozR 42500 § 106 Nr 29 RdNr 39 f). Dies gilt allerdings nach der Änderung des § 106 Abs 5 SGB V durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz vom 22.12.1999 (BGBl I 2626), mit der zum 1.1.2000 das antragsgebundene Prüfverfahren durch ein grundsätzlich von Amts wegen einzuleitendes und durchzuführendes Prüfverfahren ersetzt worden ist, nur noch, soweit ein Prüfantrag kraft Gesetzes Voraussetzung für die Durchführung eines Prüfverfahrens oder auf gesetzlicher Grundlage in der Prüfvereinbarung (neu) vereinbart worden oder von der Sache her unverzichtbar ist (BSG Urteil vom 15.8.2012 B 6 KA 45/11 R SozR 42500 § 106 Nr 36 RdNr 25; BSG Urteil vom 15.8.2012 B 6 KA 27/11 R SozR 42500 § 106 Nr 37 RdNr 26).
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Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Die Krankenkassen(verbände) und die Beigeladene zu 1. haben auf der Grundlage des § 106b Abs 1 Satz 1 SGB V (idF des GKV-VSG) in der von ihnen geschlossenen Prüfvereinbarung vereinbart, dass die Prüfungsstelle auf Antrag einer Krankenkasse oder eines Vertragspartners in begründeten Fällen prüft, ob der Vertragsarzt unwirtschaftliche ärztliche oder ärztlich verordnete Leistungen veranlasst hat, sodass ein gesamtvertraglich vorgeschriebener Prüfantrag vorliegt. Darüber hinaus hat der Senat wie ausgeführt betont, dass für Einzelfallprüfungen im Hinblick auf die Verordnung bestimmter Medikamente schon aus praktischen Gründen auf einen Prüfantrag der Krankenkasse nicht verzichtet werden kann, da nur die einzelne Krankenkasse aufgrund der bei ihr vorliegenden Verordnungen und Diagnosen die Möglichkeit hat, zu beurteilen, ob eine unzulässige Verordnung vorgenommen wurde oder nicht (BSG Urteile vom 15.8.2012, aaO RdNr 23 bzw RdNr 24). Dies trifft auch auf die Verordnung von Cannabis ohne vorherige Genehmigung zu.
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Der Kläger hatte aufgrund des Anhörungsschreiben der Beklagten vom 7.6.2022 spätestens am 22.8.2022 dem Zeitpunkt seines Antwortschreibens Kenntnis von dem Prüfantrag der Beigeladenen zu 2., sodass jedenfalls ab diesem Zeitpunkt der Lauf der Ausschlussfrist entsprechend § 204 Abs 1 Nr 12 Halbsatz 1 BGB gehemmt war. Da nach ständiger Rechtsprechung des Senats § 204 Abs 2 Satz 2 BGB in dem vom Amtsermittlungsgrundsatz beherrschten sozialrechtlichen Verwaltungsverfahren keine entsprechende Anwendung findet (zuletzt BSG Urteil vom 20.3.2013 B 6 KA 18/12 R SozR 45545 § 23 Nr 2 RdNr 21 mwN), ist es nicht von Relevanz, dass die Beklagte nach Erhalt der Stellungnahme des Klägers zu ihrem Anhörungsschreiben mehr als sechs Monate nicht reagiert hat.
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b) Ein anderes Ergebnis folgt hier auch nicht aus den im Prüfungszeitraum geltenden Rahmenvorgaben. Soweit § 3b Abs 1 Satz 2 der Rahmenvorgaben aF regelt, dass weder die Mitteilung der Prüfungsstelle an die Ärztin bzw den Arzt über die Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung noch die Antragstellung einer Krankenkasse im Falle von Einzelfallprüfungen die Frist nach § 3b Abs 1 Satz 1 der Rahmenvorgaben aF hemmt, verstößt dies wie das LSG zu Recht entschieden hat gegen die gesetzliche Regelung des § 106 Abs 3 Satz 3 letzter Halbsatz SGB V, die ausdrücklich die entsprechende Geltung des § 45 Abs 2 SGB I anordnet, sodass für die Hemmung, die Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung der Zweijahresfrist des § 106 Abs 3 Satz 3 Halbsatz 1 SGB V die Vorschriften des BGB sinngemäß anzuwenden sind (vgl BSG Urteil vom 11.12.2019 B 6 KA 23/18 R SozR 42500 § 106 Nr 62 RdNr 32; BSG Urteil vom 13.5.2020 B 6 KA 25/19 R SozR 42500 § 106 Nr 63 RdNr 56). Auch wenn § 106b Abs 2 Satz 1 SGB V die Kompetenz der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) sowie des GKV-Spitzenverbandes nicht darauf beschränkt, "das Nähere" zu regeln (vgl etwa § 106b Abs 2a Satz 3 SGB V zur Differenzkostenberechnung), müssen sich die Rahmenvorgaben für die regionalen Vertragspartner entsprechend den allgemeinen Grundsätzen der Normengeltung und - hierarchie selbst an den vom Gesetz vorgegebenen Rahmen halten. Eine Kompetenz zur Modifizierung der im SGB V geregelten Voraussetzungen für die Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung wird den Vertragspartnern der Rahmenvorgaben nicht eingeräumt (ähnlich zu § 106b Abs 2a Satz 3 SGB V: BSG Urteil vom 5.6.2024 B 6 KA 5/23 R juris RdNr 36, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Hier hat der Gesetzgeber aber im Zuge der Verkürzung der Ausschlussfrist von vier auf zwei Jahre für die Festsetzung einer Nachforderung im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung durch das TSVG in § 106 Abs 3 Satz 3 SGB V bewusst in Kenntnis der Rechtsprechung des BSG zur Hemmung der (vormals vierjährigen) Ausschlussfrist die entsprechende Geltung des § 45 Abs 2 SGB I und damit der Vorschriften des BGB für die Hemmung, Ablaufhemmung, den Neubeginn und die Wirkung dieser Frist für alle Prüfverfahren angeordnet (vgl Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf eines TSVG, BTDrucks 19/8351 S 194).
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Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass § 3b Abs 1 Satz 2 der Rahmenvorgaben aF die Geltung des § 45 Abs 2 SGB I nicht ausschließt, sondern nur den Anwendungsbereich der in Bezug genommenen Vorschriften des BGB einschränkt. Eine Hemmung der Ausschlussfrist entsprechend § 204 Abs 1 Nr 12 BGB aufgrund von Prüfanträgen der Krankenkassen, sofern auch der betroffene Arzt von dem Prüfantrag Kenntnis erlangt, ist nicht nur der Hauptanwendungsfall des § 45 Abs 2 SGB I. Der Gesetzgeber hat darüber hinaus selbst anlässlich der nachfolgenden Änderung des § 106 Abs 3 SGB V durch das GVWG vom 1.7.2021 hervorgehoben, dass durch die Einfügung des Verweises auf § 45 Abs 2 SGB I "in Umsetzung der ständigen Rechtsprechung (vgl BSG Urteil vom 15.8.2012 B 6 KA 45/11 R) die Geltung der Verjährungsvorschriften und damit insbesondere der Hemmungstatbestände des § 204 Abs 1 Nr 12 BGB gesetzlich entsprechend vorgegeben" worden sei (Bericht des Ausschusses für Gesundheit zum Entwurf eines GVWG, BTDrucks 19/30560 S 39 zu Nr 29a zu Buchst a; vgl dort auch dazu, dass sich das Problem der Hemmung bei von Amts wegen durchzuführenden Wirtschaftlichkeitsprüfungen nur in Ausnahmefällen stellt). Erst durch das GVWG vom 11.7.2021 (mWv 20.7.2021) hat der Gesetzgeber die Ausschlussfristen separat für Wirtschaftlichkeitsprüfungen von Amts wegen und für solche, für die ein Antrag erforderlich ist, geregelt und dabei die entsprechende Geltung der Verjährungstatbestände des BGB für letztere ausgeschlossen (vgl nunmehr § 106 Abs 3 Satz 5 Halbsatz 2 SGB V idF des GVWG).
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Zugleich hat er allerdings die geltenden Ausschlussfristen neu geregelt: Nach § 106 Abs 3 Satz 4 SGB V (idF des GVWG) ist für Wirtschaftlichkeitsprüfungen, die aufgrund eines Antrags erfolgen, der Antrag nunmehr zwingend innerhalb von 18 Monaten nach Erlass des Honorarbescheides bzw für ärztlich verordnete Leistungen spätestens 18 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen verordnet worden sind, bei der Prüfungsstelle einzureichen. Die Festsetzung einer Nachforderung oder einer Kürzung muss dann innerhalb weiterer zwölf Monate nach Ablauf dieser ersten Frist erfolgen, sodass sich die Frist insgesamt auf 30 Monate verlängert hat. Eine Bearbeitungszeit für die Prüfungsstelle von zwölf Monaten hat der Gesetzgeber insofern als notwendig angesehen, um den betroffenen Vertragsärzten eine angemessene Frist für die Anhörung zu gewähren und der Prüfungsstelle auch die Prüfung komplexer Sachverhalte zu ermöglichen (vgl BTDrucks 19/30560 S 39 zu Nr 29a zu Buchst b). Vor Verlängerung der Ausschlussfrist auf insgesamt 30 Monate hat der Gesetzgeber jedoch Hemmungstatbestände wie § 204 Abs 1 Nr 12 BGB für erforderlich gehalten. Mit der Regelung in § 3b Abs 1 Satz 2 der Rahmenvorgaben aF, welche die hemmende Wirkung einer Mitteilung der Prüfungsstelle über die Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung oder der Antragstellung einer Krankenkasse im Falle von Einzelfallprüfungen ausschließt, wird die gesetzliche Anordnung in § 106 Abs 3 Satz 3 SGB V aF daher in unzulässiger Weise außer Kraft gesetzt.
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4. Zu Recht hat die Beklagte bei der Berechnung der Regressforderung für die hier in Rede stehenden unzulässigen Arzneimittelverordnungen § 106b Abs 2a Satz 1 SGB V nicht angewandt. Die dort für die Wirtschaftlichkeitsprüfung geregelte Differenzkostenberechnung bezieht sich allein auf Nachforderungen wegen unwirtschaftlicher Verordnungen im engeren Sinne. Auf unzulässige Verordnungen findet die Regelung dagegen keine Anwendung (vgl grundlegend BSG Urteile vom 5.6.2024 B 6 KA 10/23 R juris RdNr 21 ff, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2500 § 106b Nr 1 vorgesehen, sowie B 6 KA 5/23 R juris RdNr 15 ff, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen).
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Eine solche unzulässige Verordnung liegt, wie oben zu § 106c Abs 3 Satz 6 SGB V bereits ausgeführt (vgl oben RdNr 14 ff), auch dann vor, wenn es wie hier an der erforderlichen vorherigen Genehmigung der Krankenkasse fehlt. Gerade in dem vorliegenden Fall wird deutlich, dass Anforderungen, die eine Vorabprüfung ermöglichen sollen, leerliefen, wenn es letztendlich nur darauf ankäme, ob abgesehen von der vorherigen Genehmigung ein Anspruch auf Versorgung mit dem streitigen Arzneimittel bestanden hätte. Wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 5.6.2024 ausgeführt hat, werden Leistungen, die unter Missachtung gesetzlicher Vorgaben erbracht werden, im allgemeinen nicht vergütet. Dies gilt nicht allein für die ärztliche Verordnung, sondern generell im Vertragsarztrecht und auch darüber hinaus für die gesamte Leistungserbringung (vgl BSG Urteile vom 5.6.2024 B 6 KA 10/23 R aaO RdNr 34 sowie B 6 KA 5/23 R aaO RdNr 28 und die dort zitierten Entscheidungen des Senats). Der durch eine unrechtmäßige ärztliche Verordnung eingetretene Schaden wird jedenfalls nicht dadurch in Frage gestellt, dass der Krankenkasse des Versicherten bei einer rechtmäßigen Verordnung dieselben oder gar höhere Kosten entstanden wären (BSG Urteil vom 13.8.2014 B 6 KA 38/13 R SozR 42500 § 106 Nr 47 RdNr 3637; BSG Urteil vom 25.1.2017 B 6 KA 7/16 R SozR 42500 § 106 Nr 57 RdNr 22). Dies berücksichtigt, dass es auf die Beachtung der für die vertragsarztrechtliche Versorgung geltenden Bestimmungen nicht ankäme, wenn die Kosten, die hypothetisch bei rechtmäßigem Verhalten angefallen wären, schadensmindernd berücksichtigt würden (BSG Urteile vom 5.6.2024 B 6 KA 10/23 R aaO RdNr 35 sowie B 6 KA 5/23 R aaO RdNr 29 mit zahlreichen Nachweisen). Im Vertragsarztrecht ist daher kein Raum, einen Verstoß gegen Verbote und Gebote, die nicht bloße Ordnungsvorschriften betreffen, durch Berücksichtigung eines hypothetischen alternativen Geschehensablaufs hier die Annahme der rechtmäßigen Verordnung durch den Arzt nach Einholung einer Genehmigung als unbeachtlich anzusehen, da damit das vertragsärztliche Ordnungssystem relativiert würde (vgl BSG Urteil vom 20.3.2013 B 6 KA 17/12 R SozR 45540 § 48 Nr 2 RdNr 37 mwN).
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Letztendlich entlastet die präventive Kontrolle der Verordnung durch die Krankenkasse nach § 31 Abs 6 Satz 2 SGB V auch den Vertragsarzt vom Regressrisiko. Von der KÄBV war in dem Revisionsverfahren B 6 KA 10/23 R die Anwendbarkeit der Differenzkostenregelung des § 106b Abs 2a SGB V gerade im Hinblick auf die Vermeidung eines Regressrisikos für den Vertragsarzt bei der Verordnung von Arzneimitteln im Off-Label-Use als notwendig angesehen worden. Demgegenüber hat der Senat darauf verwiesen, dass auch nach jetzigem Recht einem Vertragsarzt bei einer (grundsätzlich) außerhalb der Leistungspflicht der GKV liegenden Verordnung insbesondere bei einem medizinisch umstrittenen Arzneimitteleinsatz bzw auch in Fällen des Off-Label-Use eine Vorab-Prüfung durch die Krankenkasse, ob sie die Verordnungskosten übernehmen will, möglich ist, um so ggf einen den Regress ausschließenden Vertrauenstatbestand zu begründen (vgl BSG Urteil vom 5.6.2024 B 6 KA 10/23 R juris RdNr 40 mwN, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4 vorgesehen). § 31 Abs 6 Satz 2 SGB V institutionalisiert ein solches Verfahren und dient damit nicht nur der Präventivkontrolle durch die Krankenkassen, sondern schützt auch den verordnenden Vertragsarzt vor Nachforderungen (zu Genehmigungsvorbehalten als vorgezogene Prüfung der Wirtschaftlichkeit vgl auch BSG Beschluss vom 27.1.2021 B 6 A 1/19 R SozR 42500 § 87 Nr 39 RdNr 33 unter Hinweis auf BSG Urteil vom 20.3.1996 6 RKa 62/94 BSGE 78, 70 = SozR 32500 § 92 Nr 6 zu einer vorab erforderlichen Bewilligung einer Behandlung mit Methadon durch die KÄV).
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C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Danach hat der Kläger die Kosten des von ihm ohne Erfolg geführten Rechtsmittels mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die im Revisionsverfahren keinen Antrag gestellt haben (vgl BSG Beschluss vom 19.7.2006 B 6 KA 33/05 B juris RdNr 12), zu tragen.