Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 3823/04
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 1437/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Februar 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1948 geborene Klägerin besuchte in der Zeit vom 13. April 1964 bis 19. März 1966 die Berufsfachschule für Kinderpflegerinnen und schloss diese erfolgreich ab. Am 31. März 1997 wurde ihr die Berechtigung verliehen, die Berufsbezeichnung "Kinderpflegerin" zu führen. In der Folge erlernte sie den Beruf der Einzelhandelskauffrau und übte diesen, zuletzt als angestellte Geschäftsführerin eines Modehauses bis 31. Januar 1994 aus. Vom 3. Februar bis 20. Oktober 1994 und vom 18. November 1994 bis 31. Januar 1995 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld. In der Zeit vom 1. Januar 1998 bis 30. Juni 2000 war sie dann als Hausverwalterin bei ihrem damaligen Ehemann angestellt. Am 1. Juni 2004 nahm sie als kaufmännische Angestellte eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Umfang von 60 Stunden pro Monat bei der Firma des Lebensgefährten der Klägerin, H. M. Messeservice, auf.
Am 7. Februar 2003 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Ermittlung des medizinischen Sachverhalts ließ die Beklagte die Klägerin zunächst von dem Facharzt für Orthopädie Dr. L. untersuchen und begutachten. Dieser legte in seinem Gutachten vom 17. März 2003 dar, die Klägerin könne selbst leichte Arbeiten bei Beachtung qualitativer Einschränkungen nur noch drei bis unter sechsstündig verrichten. Diese Feststellung gelte seit 7. Februar 2003. Die Beklagte veranlasste ferner eine internistische Begutachtung durch den Facharzt für Innere Medizin Dr. N ... Dieser hielt die Klägerin in seinem Gutachten vom 24. März 2003 noch für fähig, leichte körperliche Arbeiten vollschichtig auszuüben. Nach Vorlage einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. P. vom 28. März 2003, der abweichend zu den Feststellungen von Dr. L. noch ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen angenommen hat, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 9. Mai 2003 den Rentenantrag ab; die Klägerin sei in der Lage, auch in ihrem bisherigen Beruf als Hausverwalterin sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin unter Vorlage ärztlicher Atteste von Dr. L. und ihres Hausarztes und Internisten Dr. B. am 23. Mai 2003 Widerspruch. Nach Beiziehung weiterer Befundunterlagen, beauftragte die Beklagte zunächst den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. und anschließend, nachdem die Klägerin zunächst nicht bereit gewesen war, sich einer Begutachtung zu unterziehen, den Neurologen und Psychiater Dr. S. mit der Erstattung eines Gutachtens. Dr. S. führte in seinem Gutachten vom 20. Mai 2004 aus, die Klägerin leide an einer depressiven Störung sowie an einem HWS- und LWS-Syndrom. Als Hausverwalterin könne sie noch drei bis unter sechsstündig, bezogen auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch arbeitstäglich sechs Stunden und länger arbeiten. Mit Widerspruchsbescheid vom 1. September 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück; die Klägerin sei weder teilweise noch voll erwerbsgemindert.
Mit der am 9. September 2004 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ergänzend vorgetragen, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hätten zuletzt im Dezember 1996 vorgelegen. Das SG hat den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H., den Orthopäden Dr. L., den Internisten Dr. B. und den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. D. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. H. hat ausgesagt, er halte es für unrealistisch, dass die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch einer Tätigkeit nachgehen könne. Maßgebende Leiden seien solche des orthopädischen und nervenärztlichen Fachgebiets (Aussage vom 11. November 2004). Dr. L. hat in seiner Aussage vom 15. November 2004 ausgeführt, nach den von ihm erhobenen Befunden könne die Klägerin einer Tätigkeit als Hausverwalterin noch vollschichtig nachgehen. Eine Tätigkeit als Einzelhandelskauffrau bzw. körperlich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien nur noch halbschichtig zuzumuten. Dr. B. hat leichte Tätigkeiten ebenfalls nur noch in einem zeitlichen Umfang von drei bis vier Stunden für zumutbar gehalten (Aussage vom 30. November 2004). Dr. D., von dem die Klägerin von 1988 bis Juni 2003 behandelt worden war, hat in seinem Schreiben vom 23. November 2005 keine Aussage zum beruflichen Leistungsvermögen getroffen. Das SG hat ferner die Nervenärztin Dr. Sch. und den Facharzt für Orthopädie, Rheumatologie und Physikalische Medizin Dr. T. mit der Erstattung medizinischer Sachverständigengutachten beauftragt. Dr. Sch. hat in ihrem Gutachten vom 19. April 2005 ausgeführt, aus psychiatrischer Sicht sei die Klägerin zwar arbeitsunfähig; nach einer erfolgreichen stationären Depressions- und Entwöhnungsbehandlung sei allerdings mit dem Wiedererreichen einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit zu rechnen. Demgegenüber hat Dr. T. in seinem Gutachten vom 6. September 2005 die Auffassung vertreten, die Klägerin könne selbst leichte Arbeiten nur noch drei bis unter sechsstündig verrichten. Diese Einschränkung bestehe seit der Antragstellung im Februar 2003. In seiner Stellungnahme vom 24. Januar 2006 hat Dr. T. hierzu ergänzend ausgeführt, es könne nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die von ihm festgestellte quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens - auch für die Tätigkeit einer Einzelhandelskauffrau - bereits 1996 vorgelegen habe. Auf Anfrage des SG teilte die unter der Wohnanschrift der Klägerin firmierende Firma Messe Service H. M. mit, die Klägerin sei seit 1. Juli 2004 (richtig: 1. Juni 2004) beschäftigt; seit 1. Mai 2005 sei das Arbeitsverhältnis jedoch krankheitsbedingt unterbrochen. Die B. Ersatzkasse hat auf Anfrage des SG die ihr mitgeteilten Beschäftigungs-, Arbeitsunfähigkeitszeiten und die Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs mitgeteilt (Schreiben vom 23. November 2005). Mit Urteil vom 23. Februar 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei zwar seit Februar 2003 erwerbsgemindert; sie erfülle aber die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer entsprechenden Rente nicht.
Gegen dieses ihr mit Übergabe-Einschreiben am 10. März 2006 übersandte Urteil hat die Klägerin am 22. März 2006 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie habe ihre kranke Mutter bereits seit Beginn des Jahres 2002 rund um die Uhr gepflegt und deshalb die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung erfüllt. Dass erst ab Juli 2003 Pflichtbeiträge wegen Pflegetätigkeit berücksichtigt wurden, beruhe darauf, dass sie durch die Beklagte und andere Versicherungsträger nicht ausreichend über die Bedeutung der entstanden Beitragslücke informiert worden sei. Sie haben damit jedenfalls nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Im übrigen sei sie bereits im Jahre 1996 in rentenberechtigendem Ausmaß erwerbsgemindert gewesen. Zur weiteren Begründung legt die Klägerin Atteste von Dr. D. vom 12. Juni 2006 und vom 24. August 2006, von Dr. H. vom 24. August 2006, von Dr. B. vom 28. August 2006, vom 2. November 2006 und vom 6. Dezember 2007, Berichte der Rechbergklinik B. vom 25. September 2000, vom 2. Oktober 2000, vom 24. Juli 2001, vom 22. September 2003 und vom 9. Dezember 2003, schriftliche Stellungnahmen von M. G. vom 19. Oktober 2006, von H. L. vom 29. Oktober 2006, von St. B. vom 27. Oktober 2006 und von H. M. vom 24. Oktober 2006 sowie ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen Baden-Württemberg (MDK) vom 30. Oktober 2003 vor. Wegen des Inhalts dieser Unterlagen wird auf Bl. 26, 34, 35, 38, 50 bis 65, 68 bis 78 und 92 der Berufungsakte des Senats verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Februar 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 9. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. September 2004 zu verurteilen, ihr ab 1. Februar 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihren Bescheid im Ergebnis für rechtmäßig und das Urteil des SG für zutreffend. Die Klägerin habe im (erneuten) Rentenantrag vom 2. Februar 2004 selbst eine Pflegetätigkeit für die Zeit von Mai bis November 2003 angegeben. Die bislang nicht vorgemerkten Monate Mai und Juni 2003 könnten allerdings nicht zur Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen führen, da sie zeitlich nach dem im Februar 2003 eingetretenen Leistungsfall liegen.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Klageakten des SG (S 9 R 3823/04) und die Berufungsakten des Senats (L 13 R 1437/06) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die gemäß § 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch nicht begründet, das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG; vgl. Bundessozialgericht [BSG] Soz. R 3 - 2600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag der Klägerin vom 7. Februar 2003 ablehnende Bescheid vom 9. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. September 2004. Dieser erweist sich im Ergebnis als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Durch das am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827 ff.) hat der Gesetzgeber das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundlegend neu geordnet. Kernstück der Neuregelung ist die Abschaffung der bisherigen Berufsunfähigkeitsrente für nach dem 1. Januar 1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei einem Restleistungsvermögen von drei bis sechs Stunden. Berufsunfähige Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, können jedoch gemäß § 240 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beanspruchen.
Nach § 43 Abs. 1 SGB VI in der hier anwendbaren, seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung (vgl. § 302b Abs. 1 SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzen fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI haben darüber hinaus Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Sätze 2 und 4 SGB VI).
Auch zur vollen Überzeugung des Senats liegt bei der Klägerin seit 7. Februar 2003 eine quantitative Minderung des beruflichen Leistungsvermögens vor; seit diesem Zeitpunkt kann sie selbst leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes jedenfalls nicht mehr in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Die Klägerin ist lediglich in der Lage, leichte Arbeiten noch 3 bis unter 6 Stunden täglich auszuüben. Die tatsächliche Ausübung der kaufmännischen Tätigkeit in einem Umfang von monatlich 60 Stunden ändert an dieser Beweiswürdigung nichts. In Übereinstimmung mit dem SG schließt dies auch der Senat aus den überzeugenden Ausführungen des vom SG beauftragen Sachverständigen Dr. T. in dessen Gutachten vom 6. September 2005. Aus der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen vom 24. Januar 2006 ergibt sich zudem, dass ein vor dem 7. Februar 2003 liegender Leistungsfall der Erwerbsminderung bzw. Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit nicht festgestellt werden kann. Der Senat schließt sich diesbezüglich den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Urteils des SG vom 23. Februar 2006, insbesondere der dort vorgenommenen Würdigung der zuvor umfassend erhobenen Beweise an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Bezogen auf den damit feststehenden, am 7. Februar 2003 eingetretenen Leistungsfall der Erwerbsminderung hat die Klägerin zwar die allgemeine Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1 Nr. 2, 51 Abs. 1 SGB VI) erfüllt, nicht jedoch die gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI erforderliche Drei-Fünftel Belegung mit Pflichtbeiträgen. Erforderlich wäre insoweit, dass die Klägerin in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 36 Monate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat. Dies ist bei der Klägerin nicht der Fall; sie hat im maßgeblichen Zeitraum vom 7. Februar 1998 bis 6. Februar 2003 lediglich 29 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Ausnahmevorschriften greifen im Fall der Klägerin ebenso wenig ein wie eine Verlängerung des Fünf-Jahres-Zeitraums. Auch insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des Urteils vom 23. Februar 2006 Bezug und sieht deshalb von einer eigenen Begründung ab.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, für eine Tätigkeit als nicht erwerbstätige Pflegeperson seien weitere Pflichtbeiträge zu berücksichtigen. Es bestand vor dem 7. Februar 2003 keine Versicherungspflicht. Gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI sind Personen in der Zeit versicherungspflichtig, in der sie einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 des Elften Buches (Sozialgesetzbuch) nicht erwerbsmäßig wenigstens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegen, wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung hat. Letzteres war bei der verstorbenen Mutter der Klägerin erst ab 1. Juli 2003 der Fall, so dass für davor liegende Zeiträume Versicherungspflicht nicht eingetreten ist. Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, ob die Klägerin, wie von ihr behauptet, ihre Mutter bereits seit Anfang 2002 in einem den Anforderungen des § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI entsprechenden Umfang gepflegt hat. Allein maßgeblich ist, ab welchem Zeitpunkt die Pflegekasse Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung erbracht hat ( vgl. BSG, Urteil vom 29. Oktober 2008, B 11 AL 13/07 R, veröffentlicht in Juris). Dies ist erst ab dem 1. Juli 2003 der Fall gewesen.
Letztlich liegen, ohne dass der Senat zu entscheiden braucht, ob fehlende Pflichtbeiträge im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs überhaupt fingiert werden können, die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs nicht vor. Dieses in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung entwickelte Rechtsinstitut ist auf die Herstellung des Zustandes gerichtet, der eingetreten wäre, wenn ein Versicherungsträger die ihm aufgrund eines Gesetzes oder eines konkreten Sozialrechtsverhältnisses dem Versicherten gegenüber erwachsenen Haupt- oder Nebenpflichten, insbesondere zur Auskunft und Beratung, ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (vgl. BSGE 91, 1; BSG SozR 3-2600 § 115 Nr. 1; SozR 3-1200 § 14 Nr. 12). Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist das Vorliegen einer Pflichtverletzung, also ein rechtswidriges Verhalten des Versicherungsträgers, durch das ein sozialrechtlicher Schaden entstanden ist (vgl. zum Ganzen Seewald in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, SGB I, vor §§ 38 bis 47 Rdnr. 30 ff. m.w.N.). Eine solche, der Beklagten anzulastende und einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch der Klägerin auslösende Pflichtverletzung ist nicht nachgewiesen. Die Klägerin hat nicht behauptet, sich vor dem 7. Februar 2003 mit einem entsprechenden Beratungsersuchen an die Beklagte oder einen anderen Versicherungsträger gewandt zu haben. Nur in diesem Fall könnte aber eine falsche oder unterbliebene Beratung bzw. Auskunft einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründen, denn eine Pflicht zur sog. Spontanberatung aller in Betrachte kommenden Versicherten ohne konkreten Anlass besteht jedenfalls im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI nicht. Zudem hat Dr. T. vom MDK Baden-Württemberg im Gutachten vom 30. Oktober 2003 - eine Pflegebedürftigkeit gerade erst ab Juli 2003 festgestellt, so dass fehlerhaftes Verwaltungshandeln bereits im Ansatz nicht zu erkennen ist. Hieran ändert auch die Aussage des Dr. B. vom 28. August 2006 und dessen Attest vom 2. November 2006 nichts, da weder ein genauer Zeitpunkt des Eintritts, noch der Umfang der Pflegebedürftigkeit beschrieben ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die 1948 geborene Klägerin besuchte in der Zeit vom 13. April 1964 bis 19. März 1966 die Berufsfachschule für Kinderpflegerinnen und schloss diese erfolgreich ab. Am 31. März 1997 wurde ihr die Berechtigung verliehen, die Berufsbezeichnung "Kinderpflegerin" zu führen. In der Folge erlernte sie den Beruf der Einzelhandelskauffrau und übte diesen, zuletzt als angestellte Geschäftsführerin eines Modehauses bis 31. Januar 1994 aus. Vom 3. Februar bis 20. Oktober 1994 und vom 18. November 1994 bis 31. Januar 1995 bezog die Klägerin Arbeitslosengeld. In der Zeit vom 1. Januar 1998 bis 30. Juni 2000 war sie dann als Hausverwalterin bei ihrem damaligen Ehemann angestellt. Am 1. Juni 2004 nahm sie als kaufmännische Angestellte eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Umfang von 60 Stunden pro Monat bei der Firma des Lebensgefährten der Klägerin, H. M. Messeservice, auf.
Am 7. Februar 2003 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Ermittlung des medizinischen Sachverhalts ließ die Beklagte die Klägerin zunächst von dem Facharzt für Orthopädie Dr. L. untersuchen und begutachten. Dieser legte in seinem Gutachten vom 17. März 2003 dar, die Klägerin könne selbst leichte Arbeiten bei Beachtung qualitativer Einschränkungen nur noch drei bis unter sechsstündig verrichten. Diese Feststellung gelte seit 7. Februar 2003. Die Beklagte veranlasste ferner eine internistische Begutachtung durch den Facharzt für Innere Medizin Dr. N ... Dieser hielt die Klägerin in seinem Gutachten vom 24. März 2003 noch für fähig, leichte körperliche Arbeiten vollschichtig auszuüben. Nach Vorlage einer beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. P. vom 28. März 2003, der abweichend zu den Feststellungen von Dr. L. noch ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen angenommen hat, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 9. Mai 2003 den Rentenantrag ab; die Klägerin sei in der Lage, auch in ihrem bisherigen Beruf als Hausverwalterin sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin unter Vorlage ärztlicher Atteste von Dr. L. und ihres Hausarztes und Internisten Dr. B. am 23. Mai 2003 Widerspruch. Nach Beiziehung weiterer Befundunterlagen, beauftragte die Beklagte zunächst den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. F. und anschließend, nachdem die Klägerin zunächst nicht bereit gewesen war, sich einer Begutachtung zu unterziehen, den Neurologen und Psychiater Dr. S. mit der Erstattung eines Gutachtens. Dr. S. führte in seinem Gutachten vom 20. Mai 2004 aus, die Klägerin leide an einer depressiven Störung sowie an einem HWS- und LWS-Syndrom. Als Hausverwalterin könne sie noch drei bis unter sechsstündig, bezogen auf leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes noch arbeitstäglich sechs Stunden und länger arbeiten. Mit Widerspruchsbescheid vom 1. September 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück; die Klägerin sei weder teilweise noch voll erwerbsgemindert.
Mit der am 9. September 2004 zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ergänzend vorgetragen, die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung hätten zuletzt im Dezember 1996 vorgelegen. Das SG hat den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. H., den Orthopäden Dr. L., den Internisten Dr. B. und den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. D. schriftlich als sachverständige Zeugen gehört. Dr. H. hat ausgesagt, er halte es für unrealistisch, dass die Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch einer Tätigkeit nachgehen könne. Maßgebende Leiden seien solche des orthopädischen und nervenärztlichen Fachgebiets (Aussage vom 11. November 2004). Dr. L. hat in seiner Aussage vom 15. November 2004 ausgeführt, nach den von ihm erhobenen Befunden könne die Klägerin einer Tätigkeit als Hausverwalterin noch vollschichtig nachgehen. Eine Tätigkeit als Einzelhandelskauffrau bzw. körperlich leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien nur noch halbschichtig zuzumuten. Dr. B. hat leichte Tätigkeiten ebenfalls nur noch in einem zeitlichen Umfang von drei bis vier Stunden für zumutbar gehalten (Aussage vom 30. November 2004). Dr. D., von dem die Klägerin von 1988 bis Juni 2003 behandelt worden war, hat in seinem Schreiben vom 23. November 2005 keine Aussage zum beruflichen Leistungsvermögen getroffen. Das SG hat ferner die Nervenärztin Dr. Sch. und den Facharzt für Orthopädie, Rheumatologie und Physikalische Medizin Dr. T. mit der Erstattung medizinischer Sachverständigengutachten beauftragt. Dr. Sch. hat in ihrem Gutachten vom 19. April 2005 ausgeführt, aus psychiatrischer Sicht sei die Klägerin zwar arbeitsunfähig; nach einer erfolgreichen stationären Depressions- und Entwöhnungsbehandlung sei allerdings mit dem Wiedererreichen einer vollschichtigen Leistungsfähigkeit zu rechnen. Demgegenüber hat Dr. T. in seinem Gutachten vom 6. September 2005 die Auffassung vertreten, die Klägerin könne selbst leichte Arbeiten nur noch drei bis unter sechsstündig verrichten. Diese Einschränkung bestehe seit der Antragstellung im Februar 2003. In seiner Stellungnahme vom 24. Januar 2006 hat Dr. T. hierzu ergänzend ausgeführt, es könne nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass die von ihm festgestellte quantitative Einschränkung des Leistungsvermögens - auch für die Tätigkeit einer Einzelhandelskauffrau - bereits 1996 vorgelegen habe. Auf Anfrage des SG teilte die unter der Wohnanschrift der Klägerin firmierende Firma Messe Service H. M. mit, die Klägerin sei seit 1. Juli 2004 (richtig: 1. Juni 2004) beschäftigt; seit 1. Mai 2005 sei das Arbeitsverhältnis jedoch krankheitsbedingt unterbrochen. Die B. Ersatzkasse hat auf Anfrage des SG die ihr mitgeteilten Beschäftigungs-, Arbeitsunfähigkeitszeiten und die Zeiten des Arbeitslosengeldbezugs mitgeteilt (Schreiben vom 23. November 2005). Mit Urteil vom 23. Februar 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei zwar seit Februar 2003 erwerbsgemindert; sie erfülle aber die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer entsprechenden Rente nicht.
Gegen dieses ihr mit Übergabe-Einschreiben am 10. März 2006 übersandte Urteil hat die Klägerin am 22. März 2006 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Sie habe ihre kranke Mutter bereits seit Beginn des Jahres 2002 rund um die Uhr gepflegt und deshalb die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung erfüllt. Dass erst ab Juli 2003 Pflichtbeiträge wegen Pflegetätigkeit berücksichtigt wurden, beruhe darauf, dass sie durch die Beklagte und andere Versicherungsträger nicht ausreichend über die Bedeutung der entstanden Beitragslücke informiert worden sei. Sie haben damit jedenfalls nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Im übrigen sei sie bereits im Jahre 1996 in rentenberechtigendem Ausmaß erwerbsgemindert gewesen. Zur weiteren Begründung legt die Klägerin Atteste von Dr. D. vom 12. Juni 2006 und vom 24. August 2006, von Dr. H. vom 24. August 2006, von Dr. B. vom 28. August 2006, vom 2. November 2006 und vom 6. Dezember 2007, Berichte der Rechbergklinik B. vom 25. September 2000, vom 2. Oktober 2000, vom 24. Juli 2001, vom 22. September 2003 und vom 9. Dezember 2003, schriftliche Stellungnahmen von M. G. vom 19. Oktober 2006, von H. L. vom 29. Oktober 2006, von St. B. vom 27. Oktober 2006 und von H. M. vom 24. Oktober 2006 sowie ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen Baden-Württemberg (MDK) vom 30. Oktober 2003 vor. Wegen des Inhalts dieser Unterlagen wird auf Bl. 26, 34, 35, 38, 50 bis 65, 68 bis 78 und 92 der Berufungsakte des Senats verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Februar 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 9. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. September 2004 zu verurteilen, ihr ab 1. Februar 2003 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält ihren Bescheid im Ergebnis für rechtmäßig und das Urteil des SG für zutreffend. Die Klägerin habe im (erneuten) Rentenantrag vom 2. Februar 2004 selbst eine Pflegetätigkeit für die Zeit von Mai bis November 2003 angegeben. Die bislang nicht vorgemerkten Monate Mai und Juni 2003 könnten allerdings nicht zur Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen führen, da sie zeitlich nach dem im Februar 2003 eingetretenen Leistungsfall liegen.
Wegen der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die Klageakten des SG (S 9 R 3823/04) und die Berufungsakten des Senats (L 13 R 1437/06) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die gemäß § 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Die Berufung ist jedoch nicht begründet, das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Gegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG; vgl. Bundessozialgericht [BSG] Soz. R 3 - 2600 § 44 Nr. 7) ist der den Rentenantrag der Klägerin vom 7. Februar 2003 ablehnende Bescheid vom 9. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1. September 2004. Dieser erweist sich im Ergebnis als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung.
Durch das am 1. Januar 2001 in Kraft getretene Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827 ff.) hat der Gesetzgeber das Recht der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit grundlegend neu geordnet. Kernstück der Neuregelung ist die Abschaffung der bisherigen Berufsunfähigkeitsrente für nach dem 1. Januar 1961 geborene Versicherte und die Einführung einer zweistufigen Erwerbsminderungsrente mit einer vollen Erwerbsminderungsrente bei einem Restleistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt von unter drei Stunden und einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei einem Restleistungsvermögen von drei bis sechs Stunden. Berufsunfähige Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren sind, können jedoch gemäß § 240 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beanspruchen.
Nach § 43 Abs. 1 SGB VI in der hier anwendbaren, seit 1. Januar 2001 geltenden Fassung (vgl. § 302b Abs. 1 SGB VI) haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind (Satz 1 Nr. 1), in den letzen fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Satz 1 Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Satz 1 Nr. 3). Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Satz 2). Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben - bei im übrigen identischen Tatbestandsvoraussetzungen - Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Gemäß § 43 Abs. 3 SGB VI ist nicht erwerbsgemindert, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI haben darüber hinaus Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie die sonstigen Voraussetzungen erfüllen. Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 2 Sätze 2 und 4 SGB VI).
Auch zur vollen Überzeugung des Senats liegt bei der Klägerin seit 7. Februar 2003 eine quantitative Minderung des beruflichen Leistungsvermögens vor; seit diesem Zeitpunkt kann sie selbst leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes jedenfalls nicht mehr in einem zeitlichen Umfang von mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Die Klägerin ist lediglich in der Lage, leichte Arbeiten noch 3 bis unter 6 Stunden täglich auszuüben. Die tatsächliche Ausübung der kaufmännischen Tätigkeit in einem Umfang von monatlich 60 Stunden ändert an dieser Beweiswürdigung nichts. In Übereinstimmung mit dem SG schließt dies auch der Senat aus den überzeugenden Ausführungen des vom SG beauftragen Sachverständigen Dr. T. in dessen Gutachten vom 6. September 2005. Aus der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen vom 24. Januar 2006 ergibt sich zudem, dass ein vor dem 7. Februar 2003 liegender Leistungsfall der Erwerbsminderung bzw. Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit nicht festgestellt werden kann. Der Senat schließt sich diesbezüglich den Entscheidungsgründen des mit der Berufung angefochtenen Urteils des SG vom 23. Februar 2006, insbesondere der dort vorgenommenen Würdigung der zuvor umfassend erhobenen Beweise an, macht sich diese aufgrund eigener Überzeugungsbildung vollinhaltlich zu eigen und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Bezogen auf den damit feststehenden, am 7. Februar 2003 eingetretenen Leistungsfall der Erwerbsminderung hat die Klägerin zwar die allgemeine Wartezeit (vgl. §§ 50 Abs. 1 Nr. 2, 51 Abs. 1 SGB VI) erfüllt, nicht jedoch die gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bzw. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI erforderliche Drei-Fünftel Belegung mit Pflichtbeiträgen. Erforderlich wäre insoweit, dass die Klägerin in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 36 Monate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit hat. Dies ist bei der Klägerin nicht der Fall; sie hat im maßgeblichen Zeitraum vom 7. Februar 1998 bis 6. Februar 2003 lediglich 29 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Ausnahmevorschriften greifen im Fall der Klägerin ebenso wenig ein wie eine Verlängerung des Fünf-Jahres-Zeitraums. Auch insoweit nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen des Urteils vom 23. Februar 2006 Bezug und sieht deshalb von einer eigenen Begründung ab.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, für eine Tätigkeit als nicht erwerbstätige Pflegeperson seien weitere Pflichtbeiträge zu berücksichtigen. Es bestand vor dem 7. Februar 2003 keine Versicherungspflicht. Gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI sind Personen in der Zeit versicherungspflichtig, in der sie einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 des Elften Buches (Sozialgesetzbuch) nicht erwerbsmäßig wenigstens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegen, wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung hat. Letzteres war bei der verstorbenen Mutter der Klägerin erst ab 1. Juli 2003 der Fall, so dass für davor liegende Zeiträume Versicherungspflicht nicht eingetreten ist. Bei dieser Sachlage kann offen bleiben, ob die Klägerin, wie von ihr behauptet, ihre Mutter bereits seit Anfang 2002 in einem den Anforderungen des § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI entsprechenden Umfang gepflegt hat. Allein maßgeblich ist, ab welchem Zeitpunkt die Pflegekasse Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung erbracht hat ( vgl. BSG, Urteil vom 29. Oktober 2008, B 11 AL 13/07 R, veröffentlicht in Juris). Dies ist erst ab dem 1. Juli 2003 der Fall gewesen.
Letztlich liegen, ohne dass der Senat zu entscheiden braucht, ob fehlende Pflichtbeiträge im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs überhaupt fingiert werden können, die Voraussetzungen eines solchen Anspruchs nicht vor. Dieses in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung entwickelte Rechtsinstitut ist auf die Herstellung des Zustandes gerichtet, der eingetreten wäre, wenn ein Versicherungsträger die ihm aufgrund eines Gesetzes oder eines konkreten Sozialrechtsverhältnisses dem Versicherten gegenüber erwachsenen Haupt- oder Nebenpflichten, insbesondere zur Auskunft und Beratung, ordnungsgemäß wahrgenommen hätte (vgl. BSGE 91, 1; BSG SozR 3-2600 § 115 Nr. 1; SozR 3-1200 § 14 Nr. 12). Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist das Vorliegen einer Pflichtverletzung, also ein rechtswidriges Verhalten des Versicherungsträgers, durch das ein sozialrechtlicher Schaden entstanden ist (vgl. zum Ganzen Seewald in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, SGB I, vor §§ 38 bis 47 Rdnr. 30 ff. m.w.N.). Eine solche, der Beklagten anzulastende und einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch der Klägerin auslösende Pflichtverletzung ist nicht nachgewiesen. Die Klägerin hat nicht behauptet, sich vor dem 7. Februar 2003 mit einem entsprechenden Beratungsersuchen an die Beklagte oder einen anderen Versicherungsträger gewandt zu haben. Nur in diesem Fall könnte aber eine falsche oder unterbliebene Beratung bzw. Auskunft einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch begründen, denn eine Pflicht zur sog. Spontanberatung aller in Betrachte kommenden Versicherten ohne konkreten Anlass besteht jedenfalls im Hinblick auf die Voraussetzungen des § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI nicht. Zudem hat Dr. T. vom MDK Baden-Württemberg im Gutachten vom 30. Oktober 2003 - eine Pflegebedürftigkeit gerade erst ab Juli 2003 festgestellt, so dass fehlerhaftes Verwaltungshandeln bereits im Ansatz nicht zu erkennen ist. Hieran ändert auch die Aussage des Dr. B. vom 28. August 2006 und dessen Attest vom 2. November 2006 nichts, da weder ein genauer Zeitpunkt des Eintritts, noch der Umfang der Pflegebedürftigkeit beschrieben ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
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