L 3 AS 1441/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 1441/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage auf Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens L 3 AS 4541/08 wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme des durch das rechtskräftige Urteil des Senats vom 12.11.2008 abgeschlossenen Berufungsverfahrens L 3 AS 4541/08.

In diesem Rechtsstreit begehrte der Kläger die Fortführung des Berufungsverfahrens L 3 AS 3071/08 und die Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Reutlingen vom 10.06.2008 (SG - S 12 AS 1662/08 -) und der Rücknahme- und Erstattungsbescheide der Beklagten vom 01.04.2008 und 16.04.2008 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.04.2008. Zugrunde lag diesem Verfahren die Rücknahme der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende an den Kläger, die ihm mit Bescheiden vom 06.10.2006, 11.06.2007 und 31.10.2007 für die Zeit vom 31.08.2006 bis 28.02.2007 und vom 09.05.2007 bis 31.05.2008 bewilligt worden war, sowie die Erstattung der gewährten Leistungen in Höhe von insgesamt 8.797,90 EUR. Die Rücknahme war erfolgt, weil der Kläger - wie der Beklagten im Wege des Datenabgleichs bekannt geworden war - über ein Anlagekonto in Höhe von 43.161,63 EUR verfügte und damit nicht bedürftig war. Die gegen den Gerichtsbescheid am 30.06.2008 eingelegte Berufung nahm der Kläger im Erörterungstermin vom 17.09.2008 zurück (L 3 AS 3071/08). Auf die vom Kläger mit Schriftsatz vom 19.09.2008 begehrte Fortführung des Verfahrens stellte der erkennende Senat mit Urteil vom 12.11.2008 fest, dass der Rechtsstreit L 3 AS 3071/08 durch die Berufungsrücknahme des Klägers vom 17.09.2008 erledigt ist (L 3 AS 4541/08). Die ausweislich des Schriftsatzes des Bundessozialgerichts (BSG) vom 12.12.2008 gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegte Beschwerde nahm der Kläger ausweislich des Schriftsatzes des BSG vom 23.12.2009 zurück (BSG - B 14 AS 124/08 B -).

Am 17.03.2009 hat der Kläger beim BSG, das den Antrag an den erkennenden Senat weiterleitete, die Wiederaufnahme des Verfahrens L 3 AS 4541/08 beantragt. Zur Begründung hat er vorgetragen, die Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde sei ohne seine ausdrückliche schriftliche Einwilligung erfolgt. Die von ihm erklärte Berufungsrücknahme am 17.09.2008 sei erschlichen worden. Sie diene als allgemeiner Beweis für die Unzulässigkeit seiner Forderungen in allen damit verbundenen Prozessbereichen des Sozial-, Straf- und Zivilrechts. Dies habe nun zur Kriminalisierung seiner Person geführt und die Vermögensdispositionen für eine schnelle Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit unwiederbringlich zerstört. Für ihn dränge sich der Eindruck auf, dass hier gezielt manipuliert und Einfluss auf die Rechtsprechung genommen werde. Dies könne nur von Seiten der Politik gewollt und angeordnet werden. Damit würden vorgeordnete Bundesgesetze ausgehebelt und Bürgerrechte außer Kraft gesetzt. Die von ihm gestellten Fragen im Zusammenhang mit der "Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit heraus" seien bis heute nicht beantwortet. Restitutionsgründe seien ein strafbares falsches Zeugnis, eine Urteilserschleichung und eine strafbare Amtspflichtverletzung eines Richters aus Gründen einer bisher unbekannten Urkunde (Erörterungstermin: 17.09.2008, Az.: L 3 AS 3071/08). Als Anlage beigefügt hat er die im Verfahren L 3 AS 4541/08 abgegebene Berufungsschrift vom 08.10.2008 und Erklärung vom 12.11.2008, eine Klageschrift vom 17.11.2008 und ein Anschreiben zur Klageschrift vom 18.02.2009.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12. November 2008 aufzuheben, das Berufungsverfahren L 3 AS 3071/08 fortzuführen und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. Juni 2008 sowie die Bescheide vom 01. April 2008 und 16. April 2008 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. April 2008 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens L 3 AS 3071/08 gemäß § 179 Abs. 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. der Zivilprozessordnung (ZPO) lägen nicht vor. Der Kläger habe im Erörterungstermin vom 17.09.2008 nach Erörterung der Sach- und Rechtslage die Berufung zurückgenommen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Gerichtsakten des SG und die Gerichtsakten des Landessozialgerichts Baden-Württemberg Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Kläger erhobene Wiederaufnahmeklage ist zulässig. Sie richtet sich nach der zwischen dem 12.12.2008 und 23.02.2009 erfolgten Rücknahme der Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein rechtskräftiges Endurteil des erkennenden Senats und wurde zumindest innerhalb der Fünfjahresfrist, die von dem Tag der Rechtskraft des Urteils an gerechnet wird, eingelegt (§ 179 Sozialgerichtsgesetz -SGG- i.V.m. § 586 Abs. 2 Satz 2 Zivilprozessordnung -ZPO-).

Gemäß § 179 Abs. 1 SGG kann ein rechtskräftig beendetes Verfahren entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der ZPO wieder aufgenommen werden. Dies kann durch Nichtigkeitsklage (§ 579 ZPO) oder durch Restitutionsklage (§ 580 ZPO) erfolgen.

Für die Entscheidung über diese Klage ist der erkennende Senat gemäß § 179 Abs. 1 SGG i.V.m. § 584 Abs. 1 Zweiter Halbsatz ZPO zuständig, weil er das angefochtene Urteil erlassen und dabei auch sachlich über den Anspruch auf Fortsetzung des Berufungsverfahrens L 3 AS 3071/08 entschieden hat (vgl. Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, 9. Auflage 2008, § 179 RdNr. 8).

Nichtigkeitsgründe, die in § 579 Abs. 1 Nr. 1 - 4 ZPO aufgeführt sind, hat der Kläger nicht gerügt und sind auch für den Senat nicht erkennbar.

Die Voraussetzungen der vom Kläger geltend gemachten Restitutionsklage nach § 580 ZPO sind ebenfalls nicht erfüllt. Zu den Voraussetzungen gehört, dass zumindest einer der in § 580 Nrn. 1-7 ZPO abschließend aufgeführten Wiederaufnahmegründe vorliegt und § 582 ZPO nicht die Berücksichtigung dieses Grundes ausschließt.

Der Kläger hat als Restitutionsgründe ein strafbares falsches Zeugnis, eine Urteilserschleichung und eine strafbare Amtspflichtverletzung eines Richters aus Gründen einer bisher unbekannten Urkunde genannt.

In Betracht kommen damit § 580 Nr. 3 und Nr. 5 ZPO. Danach findet die Restitutionsklage statt, wenn bei einem Zeugnis, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat (Nr. 3) oder wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat (Nr. 5). Nach § 581 Abs. 1 ZPO findet die Restitutionsklage in den Fällen der Nummern 1 bis 5 des § 580 ZPO nur statt, wenn wegen der Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen ist oder wenn die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen kann.

Worin ein strafbares falsches Zeugnis und eine strafbare Amtspflichtverletzung bzw. eine unbekannte Urkunde zu sehen sein soll, ist für den Senat nicht erkennbar. Er vermag ein pflichtwidriges Verhalten eines seiner Mitglieder, das an dem Urteil vom 12.11.2008 bzw. am Erörterungstermin vom 17.09.2008 mitgewirkt hat, nicht zu erkennen. Insbesondere dürfte auch keine pflichtwidrige Falschberatung des Klägers anlässlich des am 17.09.2008 stattgefundenen Erörterungstermins erfolgt sein. Letztendlich kann dies (in diesem Stadium des Verfahrens) dahin gestellt bleiben, denn davon abgesehen fehlt die weitere Voraussetzung des § 581 Abs. 1 ZPO. Es ist weder eine rechtskräftige Verurteilung eines der Mitglieder des Senats ergangen noch konnte die Einleitung oder Durchführung eines Strafverfahrens aus anderen Gründen als wegen Mangels an Beweis nicht erfolgen.

Wegen der vom Kläger letztendlich gerügten inhaltlichen Unrichtigkeit des Urteils vom 12.11.2008 und insbesondere der Berufungsrücknahme vom 17.09.2008 kommt die Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens nicht in Betracht. Dies stellt keinen Wiederaufnahmegrund dar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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