Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AS 571/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 1756/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 06. April 2009 wird zurückgewiesen; im Übrigen wird die Berufung als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab 22.09.2008 und die Gewährung von Einstiegsgeld.
Der 1959 geborene Kläger bezog für die Zeit vom 31.08.2006 bis 28.02.2007 und vom 09.05.2007 bis 30.04.2008 Leistungen nach dem SGB II, die die Beklagte, nachdem ihr ein Anlagekonto des Klägers über 43.161,63 EUR bekannt geworden war, zurückforderte. Die vom Kläger dagegen erhobene Klage wies das Sozialgericht ReutlI.n (SG) ab (S 12 AS 1662/08). Seine hiergegen eI.legte Berufung nahm der Kläger im Erörterungstermin zurück (L 3 AS 3071/08). Auf den Antrag des Klägers, das Berufungsverfahren L 3 AS 3071/08 fortzuführen, stellte der erkennende Senat mit Urteil vom 12.11.2008 fest, dass der Rechtsstreit L 3 AS 3071/08 durch die Berufungsrücknahme des Klägers erledigt ist (L 3 AS 4541/08). Seine dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde nahm der Kläger zurück (B 14 AS 124/08 B). Die Wiederaufnahmeklage des Klägers hat der erkennende Senat mit Urteil vom heutigen Tage abgewiesen (L 3 AS 1441/09).
Am 22.09.2008 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. In der Anlage VM zur Feststellung der Vermögensverhältnisse gab er ein Guthaben auf dem Girokonto bei der Sparkasse Bremen in Höhe von 4.268 EUR an. Einen Betrag in Höhe von 35.000 EUR habe er für eine Bürgschafts- und Kreditabsicherung an seine Mutter I. H. geleistet. Ergänzend führte er insoweit aus, dass er im August 2008 das Vermögen auf seine Mutter übertragen habe, um damit eine Bürgschaft zugunsten eines Modernisierungskredites sowie der noch bestehenden Immobilienschuld des elterlichen Eigenheims abzusichern. Vorgelegt wurde eine von I. H. unterzeichnete "Eigenbedarfserklärung" vom 20.09.2008 und eine vom Kläger und seiner Mutter unterzeichnete Bürgschaftserklärung über 17.000 EUR, die das Datum 11.07.2006 trägt.
Mit Bescheid vom 12.12.2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil der Kläger nicht hilfebedürftig sei. Das zu berücksichtigende Vermögen übersteige mit einem Betrag in Höhe von insgesamt 34.544,22 EUR den anzuerkennenden Grundfreibetrag von 8.100 EUR. Trotz der Übertragungen an die Mutter sei das Vermögen weiterhin dem Kläger zuzuordnen. Auch sein Wunsch, dieses Vermögen zur Existenzgründung einzusetzen, stehe der Verwertbarkeit nicht entgegen. Dies stelle auch keine Grundlage für einen Härtefall dar.
Mit Schreiben vom selben Tag teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Verfahrensvorschriften zur Gewährung von Einstiegsgeld bei geplanter Selbständigkeit noch ein Mal geprüft worden seien. Die Ausstellung einer Tragfähigkeitsbescheinigung sei nicht vorgesehen bzw. nicht erforderlich. Wichtigster Punkt für die Gewährung von Einstiegsgeld sei jedoch der berechtigte Bezug von Arbeitslosengeld II. Ergänzend werde darauf hI.wiesen, dass Einstiegsgeld eine sog. "Kannleistung" darstelle.
Hiergegen erhob der Kläger am 23.12.2008 jeweils Widerspruch. § 29 SGB II regele eindeutig das Verfahren zur Ausstellung einer Tragfähigkeitsbescheinigung bei einer Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit heraus. Leistungen nach dem SGB II seien ihm zu bewilligen, da er über kein Vermögen in Höhe von 35.000 EUR verfüge.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2009 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Der Kläger sei nicht hilfebedürftig. Das auf seine Mutter übertragene Vermögen sei weiterhin ihm zuzuordnen. Voraussetzung für die Gewährung eines Einstiegsgeldes sei der berechtigte Bezug von Arbeitslosengeld II. Hilfebedürftigkeit liege nicht vor, daher sei Einstiegsgeld nicht zu bewilligen.
Hiergegen hat der Kläger am 24.02.2009 Klage zum SG erhoben. Er hat im Wesentlichen vorgetragen, er werde von der Beklagten nicht beraten. Diese missachte bewusst und vorsätzlich die "Hartz-II- Gesetze".
Mit Gerichtsbescheid vom 06.04.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe weiterhin keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Von einer Hilfebedürftigkeit des Klägers könne nicht ausgegangen werden. Noch am 10.06.2008 habe er über Vermögen von deutlich über 40.000 EUR verfügt. Das auf seine Mutter "übertragene" Vermögen sei nach wie vor ihm zuzurechnen. Selbst wenn man zu seinen Gunsten von einer wirksamen Vermögensübertragung ausgehe, habe er gemäß § 528 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einen Rückforderungsanspruch, der die Hilfebedürftigkeit ausschließe. Dieser Rückgewähranspruch entstehe mit dem Eintritt der Notlage des Schenkers und damit spätestens zu dem Zeitpunkt, in dem der Kläger einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt und damit Bedürftigkeit geltend gemacht habe. Die aktuelle Verwertbarkeit sei nur dann zu verneinen, wenn der Verwertung des Vermögens rechtliche oder tatsächliche Hindernisse entgegen stünden. Unzulässig sei, auf unrealisierbare oder zumindest zeitlich nicht rechtzeitig durchsetzbare Ansprüche abzustellen. Von einem zeitlich nicht rechtzeitig durchsetzbaren Anspruch könne allerdings erst ausgegangen werden, wenn der Anspruch vom Anspruchsinhaber vergeblich geltend gemacht worden und erkennbar sei, dass eine zeitnahe Durchsetzung des Anspruchs nicht möglich sei. Anhaltspunkte hierfür seien nicht ersichtlich. Es fehle bereits an einer Aufforderung des Klägers an seine Mutter, das Geschenkte zurückzugeben. Auch die "Bürgschaften", die der Kläger gegenüber seiner Mutter abgegeben habe, stünden einer Verwertbarkeit nicht entgegen. Durch eine Bürgschaft trete für sich genommen kein Vermögensverbrauch ein. Da somit kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II bestehe, könne der Kläger auch keinen Anspruch auf Einstiegsgeld gemäß § 29 SGB II haben.
Hiergegen hat der Kläger am 16.04.2009 Berufung eI.legt mit der Begründung, das Urteil (richtig Gerichtsbescheid) des SG sei ungültig. Der Tatbestand hinsichtlich des im Jahr 2006 gestellten Antrags sei falsch dargestellt. Die Tatbestandserläuterung und die klageabweisende Begründung der Klage berufe sich auf einen nichtigen Verwaltungsakt. Die Rechtsbeugung und die Gesetzesverstöße der Behörde im Verfahren fänden keine Beachtung, Würdigung und Ahndung. Anlässlich der mündlichen Verhandlung am 24.0ß6.2009 hat der Kläger erklärt, dass die Vermögensübertragung an die Mutter rückgängig gemacht worden sei.
Der Kläger beantragt,
1. die Rücknahme des Fehlurteils des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12.11.2008 - L 3 AS 4541/08 -, 2. die Rücknahme aller im Gerichtsbescheid des SG vom 06. April 2009 aufgeführten Ablehnungsbescheide, die Aufhebung des Gerichtsbescheids vom 06.04.2009, 3. die Rücknahme der Forderungen der Bundesagentur für Arbeit unter dem Az: G - 186 R 6566, 4. die Bewilligung der ausstehenden Alg II-Leistungen seit dem 01. Mai 2008, 5. die Ausstellung einer Tragfähigkeitsbescheinigung für die vorliegenden, bankentauglichen Existenzgründungskonzepte, 6. die Bezahlung der Honorarforderung des Klägers gegenüber dem Jobcenter Landkreis TübI.n aus dem Auftrag zur Erstellung zweier Existenzgründungskonzepte für den Zeitraum Mai 2007 bis Mai 2009, 7. Schadensersatz für die entstandenen Verhandlungskosten und den Verlust des Vermögens des Klägers sowie den Verdienstausfall aufgrund der bewussten und vorsätzlichen Verhinderung der Existenzgründung des Klägers für den Zeitraum Mai 2007 bis Mai 2009.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Dir form- und fristgerecht eI.legte Berufung (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist insoweit zulässig, als der Kläger die Aufhebung des Gerichtsbescheids des SG vom 06.04.2009 und der Ablehnungsbescheide der Beklagten vom 12.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.02.2009 begehrt (Antrag Nr. 2).
Soweit der Kläger die Rücknahme des Urteils des erkennenden Senats vom 12.11.2008 (Antrag Nr. 1), der Erstattungsforderung der Beklagten (Antrag Nr. 3), die Bewilligung von Alg II-Leistungen seit Mai 2008 (Antrag Nr. 4), die Ausstellung einer Tragfähigkeitsbescheinigung (Antrag Nr. 5), die Bezahlung einer Honorarforderung (Antrag Nr. 6) und Schadensersatz (Antrag Nr. 7) fordert, ist die Berufung bereits nicht statthaft (§ 143 SGG), da sie sich nicht gegen eine mit der Berufung anfechtbare Entscheidung richtet. Diese Anträge waren nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens. Hierüber hat das SG deshalb auch nicht entschieden. Hinsichtlich des Antrags Nr. 1 wurde unter dem Aktenzeichen L 3 AS 1441/09 ein gesondertes Verfahren geführt. Mit Ausnahme des Bescheids vom 12.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.02.2009 waren die die Leistung ablehnenden Bescheide seit Mai 2008 bereits Gegenstand der Überprüfung (Antrag Nr. 4). Die Entscheidungen sind mittlerweile rechtskräftig (Bescheid vom 01.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.04.2008, Klage SG S 12 AS 1662/08, LSG Baden-Württemberg L 3 AS 3071/08 bzw. Bescheid vom 21.04.2008). Ebenso verhält es sich mit der Erstattungsforderung der Beklagten (Antrag Nr. 3; Bescheid vom 16.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.04.2008). Soweit der Kläger eine Honorarforderung (Antrag Nr. 6) und Schadensersatzansprüche (Antrag Nr. 7) geltend macht, ist darauf hinzuweisen, dass eine Honorarforderung als zivilrechtlicher Anspruch ebenso wie Amtshaftungsansprüche gemäß § 839 Bürgerliches Gesetzbuch in Verbindung mit Artikel 34 Grundgesetz den Zivilgerichten und nicht der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen sind. Hinsichtlich der Tragfähigkeitsbescheinigung (Antrag Nr. 5) wurde eine Klage wegen "Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Ausstellung einer Tragfähigkeitsbescheinigung" vom SG mit Gerichtsbescheid vom 09.02.2009 abgewiesen (S 12 AS 4123/08). Berufung wurde dagegen nicht eI.legt. Die Entscheidung des SG ist rechtskräftig.
Die hinsichtlich des Antrags Nr. 2 zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Insoweit hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen, weil ein Anspruch des Klägers auf Leistungen nach dem SGB II und auf die Gewährung von Einstiegsgeld nicht besteht.
Hinsichtlich der Darstellung der Rechtsgrundlagen für einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II und hierbei insbesondere die Hilfebedürftigkeit gem. § 9 SGB II nimmt der Senat auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (vgl. § 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist insoweit auszuführen, dass ein Anspruch auf Einstiegsgeld in der bis 31.12.2008 geltenden Fassung des § 29 SGB II ebenso wie in dem seit 01.01.2009 das Einstiegsgeld regelnden § 16b SGB II Hilfebedürftigkeit voraussetzt.
Die Berufung ist aus den vom SG im angefochtenen Gerichtsbescheid ausführlich und überzeugend dargelegten Gründen als unbegründet zurückzuweisen. Der Senat nimmt auf diese Ausführungen, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, ebenfalls Bezug und sieht deshalb auch diesbezüglich von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Ergänzend ist zum Vortrag des Klägers im Berufungverfahren noch auf Folgendes hinzuweisen:
Der Gerichtsbescheid des SG ist nicht deshalb ungültig, weil er nach den Ausführungen des Klägers auf einem falschen Tatbestand beruht. Abgesehen davon, dass es richtig ist, dass der Kläger erstmals am 31.08.2006 einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (vgl. Antragsformular Bl. 1 der Verwaltungsakte Band I) gestellt hat, würde ein unrichtiger Tatbestand nicht zur Ungültigkeit der Entscheidung führen. Für Berichtigungen des Urteils und des Tatbestands sehen die §§ 138 und 139 SGG besondere Verfahren vor. Nach § 138 SGG sind Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil jederzeit von Amts wegen zu berichtigen. Für den Fall, dass der Tatbestand des Urteils andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten enthält, kann die Berichtigung binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden (§ 139 SGG). Schreib-, Rechenfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten macht der Kläger nicht geltend. Er beruft sich auf andere Unrichtigkeiten im Hinblick auf die Antragstellung im Jahr 2006. Insoweit hätte er die Berichtigung des Urteils binnen 2 Wochen beantragen können. Vom erkennenden Senat kann eine solche Berichtigung nicht durchgeführt werden. Zuständig sind die Richter, die das Urteil gefällt haben (§ 139 Abs. 2 Satz 3 SGG). Eine Nichtigkeit oder Ungültigkeit des Urteils hat ein unrichtiger Tatbestand indessen nicht zur Folge.
Ergänzende Ausführungen zum Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung, wonach die auf die Mutter erfolgte Vermögensübertragung rückgängig gemacht worden sei, sind entbehrlich. Insoweit wurde der Kläger schon mehrfach vom SG darauf hI.wiesen, dass eigenes Vermögen der Hilfebedürftigkeit entgegen steht. Im Übrigen widerlegte die Übertragung an die Mutter die bisher geltend gemachte Härte im Hinblick auf die Existenzgründung. Dass das Geld auf die Mutter übertragen werden konnte, belegt, dass es nicht für die Existenzgründung benötigt wird.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab 22.09.2008 und die Gewährung von Einstiegsgeld.
Der 1959 geborene Kläger bezog für die Zeit vom 31.08.2006 bis 28.02.2007 und vom 09.05.2007 bis 30.04.2008 Leistungen nach dem SGB II, die die Beklagte, nachdem ihr ein Anlagekonto des Klägers über 43.161,63 EUR bekannt geworden war, zurückforderte. Die vom Kläger dagegen erhobene Klage wies das Sozialgericht ReutlI.n (SG) ab (S 12 AS 1662/08). Seine hiergegen eI.legte Berufung nahm der Kläger im Erörterungstermin zurück (L 3 AS 3071/08). Auf den Antrag des Klägers, das Berufungsverfahren L 3 AS 3071/08 fortzuführen, stellte der erkennende Senat mit Urteil vom 12.11.2008 fest, dass der Rechtsstreit L 3 AS 3071/08 durch die Berufungsrücknahme des Klägers erledigt ist (L 3 AS 4541/08). Seine dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde nahm der Kläger zurück (B 14 AS 124/08 B). Die Wiederaufnahmeklage des Klägers hat der erkennende Senat mit Urteil vom heutigen Tage abgewiesen (L 3 AS 1441/09).
Am 22.09.2008 beantragte der Kläger erneut die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. In der Anlage VM zur Feststellung der Vermögensverhältnisse gab er ein Guthaben auf dem Girokonto bei der Sparkasse Bremen in Höhe von 4.268 EUR an. Einen Betrag in Höhe von 35.000 EUR habe er für eine Bürgschafts- und Kreditabsicherung an seine Mutter I. H. geleistet. Ergänzend führte er insoweit aus, dass er im August 2008 das Vermögen auf seine Mutter übertragen habe, um damit eine Bürgschaft zugunsten eines Modernisierungskredites sowie der noch bestehenden Immobilienschuld des elterlichen Eigenheims abzusichern. Vorgelegt wurde eine von I. H. unterzeichnete "Eigenbedarfserklärung" vom 20.09.2008 und eine vom Kläger und seiner Mutter unterzeichnete Bürgschaftserklärung über 17.000 EUR, die das Datum 11.07.2006 trägt.
Mit Bescheid vom 12.12.2008 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil der Kläger nicht hilfebedürftig sei. Das zu berücksichtigende Vermögen übersteige mit einem Betrag in Höhe von insgesamt 34.544,22 EUR den anzuerkennenden Grundfreibetrag von 8.100 EUR. Trotz der Übertragungen an die Mutter sei das Vermögen weiterhin dem Kläger zuzuordnen. Auch sein Wunsch, dieses Vermögen zur Existenzgründung einzusetzen, stehe der Verwertbarkeit nicht entgegen. Dies stelle auch keine Grundlage für einen Härtefall dar.
Mit Schreiben vom selben Tag teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Verfahrensvorschriften zur Gewährung von Einstiegsgeld bei geplanter Selbständigkeit noch ein Mal geprüft worden seien. Die Ausstellung einer Tragfähigkeitsbescheinigung sei nicht vorgesehen bzw. nicht erforderlich. Wichtigster Punkt für die Gewährung von Einstiegsgeld sei jedoch der berechtigte Bezug von Arbeitslosengeld II. Ergänzend werde darauf hI.wiesen, dass Einstiegsgeld eine sog. "Kannleistung" darstelle.
Hiergegen erhob der Kläger am 23.12.2008 jeweils Widerspruch. § 29 SGB II regele eindeutig das Verfahren zur Ausstellung einer Tragfähigkeitsbescheinigung bei einer Existenzgründung aus der Arbeitslosigkeit heraus. Leistungen nach dem SGB II seien ihm zu bewilligen, da er über kein Vermögen in Höhe von 35.000 EUR verfüge.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.02.2009 wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Der Kläger sei nicht hilfebedürftig. Das auf seine Mutter übertragene Vermögen sei weiterhin ihm zuzuordnen. Voraussetzung für die Gewährung eines Einstiegsgeldes sei der berechtigte Bezug von Arbeitslosengeld II. Hilfebedürftigkeit liege nicht vor, daher sei Einstiegsgeld nicht zu bewilligen.
Hiergegen hat der Kläger am 24.02.2009 Klage zum SG erhoben. Er hat im Wesentlichen vorgetragen, er werde von der Beklagten nicht beraten. Diese missachte bewusst und vorsätzlich die "Hartz-II- Gesetze".
Mit Gerichtsbescheid vom 06.04.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe weiterhin keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II. Von einer Hilfebedürftigkeit des Klägers könne nicht ausgegangen werden. Noch am 10.06.2008 habe er über Vermögen von deutlich über 40.000 EUR verfügt. Das auf seine Mutter "übertragene" Vermögen sei nach wie vor ihm zuzurechnen. Selbst wenn man zu seinen Gunsten von einer wirksamen Vermögensübertragung ausgehe, habe er gemäß § 528 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einen Rückforderungsanspruch, der die Hilfebedürftigkeit ausschließe. Dieser Rückgewähranspruch entstehe mit dem Eintritt der Notlage des Schenkers und damit spätestens zu dem Zeitpunkt, in dem der Kläger einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II gestellt und damit Bedürftigkeit geltend gemacht habe. Die aktuelle Verwertbarkeit sei nur dann zu verneinen, wenn der Verwertung des Vermögens rechtliche oder tatsächliche Hindernisse entgegen stünden. Unzulässig sei, auf unrealisierbare oder zumindest zeitlich nicht rechtzeitig durchsetzbare Ansprüche abzustellen. Von einem zeitlich nicht rechtzeitig durchsetzbaren Anspruch könne allerdings erst ausgegangen werden, wenn der Anspruch vom Anspruchsinhaber vergeblich geltend gemacht worden und erkennbar sei, dass eine zeitnahe Durchsetzung des Anspruchs nicht möglich sei. Anhaltspunkte hierfür seien nicht ersichtlich. Es fehle bereits an einer Aufforderung des Klägers an seine Mutter, das Geschenkte zurückzugeben. Auch die "Bürgschaften", die der Kläger gegenüber seiner Mutter abgegeben habe, stünden einer Verwertbarkeit nicht entgegen. Durch eine Bürgschaft trete für sich genommen kein Vermögensverbrauch ein. Da somit kein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II bestehe, könne der Kläger auch keinen Anspruch auf Einstiegsgeld gemäß § 29 SGB II haben.
Hiergegen hat der Kläger am 16.04.2009 Berufung eI.legt mit der Begründung, das Urteil (richtig Gerichtsbescheid) des SG sei ungültig. Der Tatbestand hinsichtlich des im Jahr 2006 gestellten Antrags sei falsch dargestellt. Die Tatbestandserläuterung und die klageabweisende Begründung der Klage berufe sich auf einen nichtigen Verwaltungsakt. Die Rechtsbeugung und die Gesetzesverstöße der Behörde im Verfahren fänden keine Beachtung, Würdigung und Ahndung. Anlässlich der mündlichen Verhandlung am 24.0ß6.2009 hat der Kläger erklärt, dass die Vermögensübertragung an die Mutter rückgängig gemacht worden sei.
Der Kläger beantragt,
1. die Rücknahme des Fehlurteils des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12.11.2008 - L 3 AS 4541/08 -, 2. die Rücknahme aller im Gerichtsbescheid des SG vom 06. April 2009 aufgeführten Ablehnungsbescheide, die Aufhebung des Gerichtsbescheids vom 06.04.2009, 3. die Rücknahme der Forderungen der Bundesagentur für Arbeit unter dem Az: G - 186 R 6566, 4. die Bewilligung der ausstehenden Alg II-Leistungen seit dem 01. Mai 2008, 5. die Ausstellung einer Tragfähigkeitsbescheinigung für die vorliegenden, bankentauglichen Existenzgründungskonzepte, 6. die Bezahlung der Honorarforderung des Klägers gegenüber dem Jobcenter Landkreis TübI.n aus dem Auftrag zur Erstellung zweier Existenzgründungskonzepte für den Zeitraum Mai 2007 bis Mai 2009, 7. Schadensersatz für die entstandenen Verhandlungskosten und den Verlust des Vermögens des Klägers sowie den Verdienstausfall aufgrund der bewussten und vorsätzlichen Verhinderung der Existenzgründung des Klägers für den Zeitraum Mai 2007 bis Mai 2009.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Dir form- und fristgerecht eI.legte Berufung (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist insoweit zulässig, als der Kläger die Aufhebung des Gerichtsbescheids des SG vom 06.04.2009 und der Ablehnungsbescheide der Beklagten vom 12.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.02.2009 begehrt (Antrag Nr. 2).
Soweit der Kläger die Rücknahme des Urteils des erkennenden Senats vom 12.11.2008 (Antrag Nr. 1), der Erstattungsforderung der Beklagten (Antrag Nr. 3), die Bewilligung von Alg II-Leistungen seit Mai 2008 (Antrag Nr. 4), die Ausstellung einer Tragfähigkeitsbescheinigung (Antrag Nr. 5), die Bezahlung einer Honorarforderung (Antrag Nr. 6) und Schadensersatz (Antrag Nr. 7) fordert, ist die Berufung bereits nicht statthaft (§ 143 SGG), da sie sich nicht gegen eine mit der Berufung anfechtbare Entscheidung richtet. Diese Anträge waren nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens. Hierüber hat das SG deshalb auch nicht entschieden. Hinsichtlich des Antrags Nr. 1 wurde unter dem Aktenzeichen L 3 AS 1441/09 ein gesondertes Verfahren geführt. Mit Ausnahme des Bescheids vom 12.12.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.02.2009 waren die die Leistung ablehnenden Bescheide seit Mai 2008 bereits Gegenstand der Überprüfung (Antrag Nr. 4). Die Entscheidungen sind mittlerweile rechtskräftig (Bescheid vom 01.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.04.2008, Klage SG S 12 AS 1662/08, LSG Baden-Württemberg L 3 AS 3071/08 bzw. Bescheid vom 21.04.2008). Ebenso verhält es sich mit der Erstattungsforderung der Beklagten (Antrag Nr. 3; Bescheid vom 16.04.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.04.2008). Soweit der Kläger eine Honorarforderung (Antrag Nr. 6) und Schadensersatzansprüche (Antrag Nr. 7) geltend macht, ist darauf hinzuweisen, dass eine Honorarforderung als zivilrechtlicher Anspruch ebenso wie Amtshaftungsansprüche gemäß § 839 Bürgerliches Gesetzbuch in Verbindung mit Artikel 34 Grundgesetz den Zivilgerichten und nicht der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesen sind. Hinsichtlich der Tragfähigkeitsbescheinigung (Antrag Nr. 5) wurde eine Klage wegen "Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Ausstellung einer Tragfähigkeitsbescheinigung" vom SG mit Gerichtsbescheid vom 09.02.2009 abgewiesen (S 12 AS 4123/08). Berufung wurde dagegen nicht eI.legt. Die Entscheidung des SG ist rechtskräftig.
Die hinsichtlich des Antrags Nr. 2 zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Insoweit hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen, weil ein Anspruch des Klägers auf Leistungen nach dem SGB II und auf die Gewährung von Einstiegsgeld nicht besteht.
Hinsichtlich der Darstellung der Rechtsgrundlagen für einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II und hierbei insbesondere die Hilfebedürftigkeit gem. § 9 SGB II nimmt der Senat auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (vgl. § 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist insoweit auszuführen, dass ein Anspruch auf Einstiegsgeld in der bis 31.12.2008 geltenden Fassung des § 29 SGB II ebenso wie in dem seit 01.01.2009 das Einstiegsgeld regelnden § 16b SGB II Hilfebedürftigkeit voraussetzt.
Die Berufung ist aus den vom SG im angefochtenen Gerichtsbescheid ausführlich und überzeugend dargelegten Gründen als unbegründet zurückzuweisen. Der Senat nimmt auf diese Ausführungen, um unnötige Wiederholungen zu vermeiden, ebenfalls Bezug und sieht deshalb auch diesbezüglich von einer Darstellung der Entscheidungsgründe ab.
Ergänzend ist zum Vortrag des Klägers im Berufungverfahren noch auf Folgendes hinzuweisen:
Der Gerichtsbescheid des SG ist nicht deshalb ungültig, weil er nach den Ausführungen des Klägers auf einem falschen Tatbestand beruht. Abgesehen davon, dass es richtig ist, dass der Kläger erstmals am 31.08.2006 einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (vgl. Antragsformular Bl. 1 der Verwaltungsakte Band I) gestellt hat, würde ein unrichtiger Tatbestand nicht zur Ungültigkeit der Entscheidung führen. Für Berichtigungen des Urteils und des Tatbestands sehen die §§ 138 und 139 SGG besondere Verfahren vor. Nach § 138 SGG sind Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten im Urteil jederzeit von Amts wegen zu berichtigen. Für den Fall, dass der Tatbestand des Urteils andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten enthält, kann die Berichtigung binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils beantragt werden (§ 139 SGG). Schreib-, Rechenfehler oder andere offenbare Unrichtigkeiten macht der Kläger nicht geltend. Er beruft sich auf andere Unrichtigkeiten im Hinblick auf die Antragstellung im Jahr 2006. Insoweit hätte er die Berichtigung des Urteils binnen 2 Wochen beantragen können. Vom erkennenden Senat kann eine solche Berichtigung nicht durchgeführt werden. Zuständig sind die Richter, die das Urteil gefällt haben (§ 139 Abs. 2 Satz 3 SGG). Eine Nichtigkeit oder Ungültigkeit des Urteils hat ein unrichtiger Tatbestand indessen nicht zur Folge.
Ergänzende Ausführungen zum Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung, wonach die auf die Mutter erfolgte Vermögensübertragung rückgängig gemacht worden sei, sind entbehrlich. Insoweit wurde der Kläger schon mehrfach vom SG darauf hI.wiesen, dass eigenes Vermögen der Hilfebedürftigkeit entgegen steht. Im Übrigen widerlegte die Übertragung an die Mutter die bisher geltend gemachte Härte im Hinblick auf die Existenzgründung. Dass das Geld auf die Mutter übertragen werden konnte, belegt, dass es nicht für die Existenzgründung benötigt wird.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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