Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
24
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 84 KR 577/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 24 KR 153/09 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. April 2009 geändert. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die Antragstellerin mit einer stationären Maßnahme zur ganzheitlichen immunbiologischen Therapie in der H Klinik in B als Sachleistung zu versorgen. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im einstweiligen Rechtsschutzverfahren Versorgung mit einer stationären Maßnahme zur ganzheitlichen immunbiologischen Therapie wegen ihrer Krebserkrankung.
Die im Dezember 1958 geborene Antragstellerin, die bei der Antragsgegnerin über ihren Ehemann familienversichert ist, leidet an einem ossär, hepatogen und lymphogen metastasierten Mamma-Karzinom. Trotz maximaler konventioneller Therapie (Biphosphonat, Chemotherapie, Antihormontherapie, Schmerztherapie) und palliativ-medizinischer Maßnahmen bildeten sich erneut Metastasen. Weitere kurativ-therapeutische Ansätze stehen nicht mehr zur Verfügung (Berichte der Internistin und Onkologin Dr. A vom 10. Dezember 2008 und 31. März 2009).
Im Dezember 2008 beantragte die Antragstellerin unter Vorlage einer entsprechenden Verordnung der Internistin und Onkologin Dr. A vom 08. Dezember 2008 nebst Attest vom 10. Dezember 2008 Krankenhausbehandlung in der H Klinik zur ganzheitlichen biologischen Tumortherapie. Wegen des sehr guten Allgemein- und Kräftezustandes seien die Aussichten für eine Selbstmobilisierung der Widerstandskräfte des Organismus sehr gut.
Bei der H-Klinik in B handelt es sich nach deren Web-Auftritt um eine internistische Rehabilitationseinrichtung nach § 111 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), die keine Zulassung als Krankenhaus besitzt. Sie versteht sich als Spezialklinik für ganzheitliche immunbiologische Therapie, in der eine unspezifische vorwiegend biologische, das körpereigene Abwehrsystem aufbauende Behandlung insbesondere krebskranker Patienten durchgeführt wird. Der Behandlung liegt ein ganzheitsmedizinisches Konzept zugrunde. Dieses Konzept besagt, dass eine Reihe chronischer und insbesondere bösartiger Erkrankungen nur entstehen können, wenn das körpereigene Milieu durch eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Faktoren negativ verändert wird. Diese Milieustörung als komplexe Störung von Regel- und Abwehrmechanismen schwäche ganze Organsysteme, insbesondere das für die Abwehr von Krankheiten zuständige Immunsystem. Bei diesem Konzept ist der Tumor ein sekundäres Ereignis, dem eine Störung des Gesamtorganismus vorausgeht. Demzufolge ist der Tumor lediglich ein Symptom, mit dessen Beseitigung die Krankheit noch nicht geheilt ist. Zur Heilung bedarf es neben der Entgiftung auch der Regeneration und der Aktivierung der Abwehrkräfte. Ist bereits ein metastasiertes Stadium erreicht, kommen in einer solchen so genannten Palliativ-Situation neben einer Chemotherapie in niedrigerer Dosierung, um die negativen Auswirkungen einer solchen Chemotherapie so gering wie möglich zu halten, oder wenn keine konventionelle Chemotherapie in Frage kommt, insbesondere eine immunbiologische Therapie zur Aktivierung der körpereigenen Abwehrkräfte mit dem Ziel der Verbesserung des Allgemeinbefindens durch Stillstand oder gar Rückgang der Krebserkrankung in Betracht. Die in der H Klinik festgestellten überdurchschnittlichen Spontanheilungen, also die völlige oder teilweise Rückbildung von Krebstumoren ohne gleichzeitige konventionelle Behandlung, wird hierbei als beweisend für die Wirksamkeit der ganzheitlichen immunbiologischen Therapie angesehen (vgl. www.hufeland.com, Stand 14. Juni 2009).
Nach Einholung der Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) der Dr. S vom 07. Januar 2009 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag mit Bescheid vom 19. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2009 ab: Die Notwendigkeit einer stationären Behandlung in der H-Klinik sei nicht ersichtlich. Die angestrebte palliative Behandlung, also eine kontinuierliche symptomorientierte Therapie, könne auch am Wohnort erfolgen.
Am 01. April 2009 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Berlin mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ihr Begehren weiterverfolgt.
Sie hat darauf hingewiesen, es gehe um eine ultima-ratio-Behandlung eines todgeweihten Menschen zur Linderung seiner Beschwerden. Eine Rehabilitationsmaßnahme in der H-Klinik sei zur Stabilisierung des geschwächten Allgemeinzustandes und zur emotionalen Entlastung erforderlich. Da diese Klinik nach § 111 SGB V zugelassen sei, bestehe Anspruch auf eine stationäre Krankenhausbehandlung. Eine andere Behandlungsmöglichkeit sei nicht vorhanden. Die Antragsgegnerin habe keine Alternativen benannt. Eine Linderung der Beschwerden sei ambulant nicht möglich. Es gehe nicht um eine palliative Therapiesituation, sondern um eine Stabilisierung des geschwächten Organismus. Die Antragstellerin hat u. a. das Attest bzw. die Stellungnahme der Internistin Dr. A vom 03. März 2009 und vom 31. März 2009 vorgelegt. Eine zeitnahe Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen scheide aus, so dass im Rahmen einer Folgenabwägung die einstweilige Anordnung zu erlassen sei.
Die Antragsgegnerin hat gemeint, es sei unklar, ob eine Krankenhausbehandlung oder eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme beansprucht werde. Es stünden jedenfalls vertraglich zugelassene Möglichkeiten zur Verfügung, nämlich eine ambulante schulmedizinische palliative Symptom- und Schmerzlinderung, die, soweit sie nicht ausreichend sei, in einem am Wohnort der Antragstellerin zugelassenen Krankenhaus auch stationär erbracht werden könne. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98) erfasse eine palliative Behandlung als reine Symptomlinderung und damit den vorliegenden Sachverhalt nicht.
Mit Beschluss vom 27. April 2009 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen: Einer Folgenabwägung habe es nicht bedurft, denn die Antragstellerin habe keinen Anspruch auf stationäre Krankenhausbehandlung in der H Klinik, weil diese Klinik kein Vertragskrankenhaus sei. Die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung in einer nicht zugelassenen Klinik sei nicht erkennbar. Die im Urteil des BVerfG aufgestellten Grundsätze zur verfassungskonformen Auslegung leistungsbegrenzender Regelungen beträfen lediglich den Bereich der ambulant und nicht der stationär durchzuführenden Behandlungsmethoden, denn § 137 c SGB V enthalte keinen § 135 SGB V entsprechenden Anerkennungsvorbehalt.
Gegen den ihrer Prozessbevollmächtigten am 04. Mai 2009 zugestellten Beschluss richtet sich die am 11. Mai 2009 eingelegte Beschwerde der Antragstellerin.
Sie meint, es bestehe Anspruch auf Behandlung in einem Krankenhaus nach § 39 Abs. 1 SGB V, weil das Behandlungsziel nicht durch ambulante Behandlung erreicht werden könne. Es werde verkannt, dass die behandelnde Onkologin eine Verordnung von Krankenhausbehandlung für eine biologische Tumortherapie ausgestellt habe, die offensichtlich nicht mit einer schulmedizinischen palliativen Symptom- und Schmerzlinderung zur Verfügung gestellt werden könne. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts sei eine verfassungskonforme Auslegung geboten.
Die Antragstellerin beantragt,
unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Berlin vom 27. April 2009 die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Antragstellerin eine stationäre Maßnahme in der H-Klinik in Bals Sachleistung zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht abgelehnt. Da eine vollständige, insbesondere zeitnahe, Aufklärung der Sach- und Rechtslage zur Beurteilung, ob der Antragstellerin ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung oder auf eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme zur ganzheitlichen immunbiologischen Therapie zusteht, nicht möglich ist und wegen der lebensbedrohlichen Erkrankung der Antragstellerin eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage verwehrt ist, ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden, die zugunsten der Antragstellerin ausfällt.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (so genannte Regelungsanordnung). Voraussetzung sind ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund, welche glaubhaft zu machen sind (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO). Sie sind glaubhaft gemacht, wenn das Vorliegen der insoweit beweisbedürftigen Tatsachen überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. Zoeller, Zivilprozessordnung, 25. Auflage, § 920 Rdnr. 8, § 294 Rdnrn. 1 und 6; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 65. Auflage, § 920 Rdnr. 11, § 294 Rdnr. 1).
Daraus folgt: Besteht kein Anordnungsanspruch oder ist er nicht überwiegend wahrscheinlich, ist eine einstweilige Anordnung nicht zu erlassen, denn der begehrte Anspruch könnte auch im Hauptsacheverfahren nicht festgestellt werden. Ist hingegen der Anordnungsanspruch überwiegend wahrscheinlich, genügt dies für eine einstweilige Anordnung nicht, wenn nicht zugleich ein Anordnungsgrund vorliegt und dieser überwiegend wahrscheinlich ist. Selbst wenn der Anordnungsanspruch sicher feststeht, entfällt die Notwendigkeit eines Anordnungsgrundes nicht; die Anforderungen hinsichtlich der wesentlichen Nachteile, die überwiegend wahrscheinlich sein müssen, können jedoch geringer sein. Im Übrigen kann ausnahmsweise eine einstweilige Anordnung in Betracht kommen, wenn dem Antragsteller unter Abwägung seiner Interessen und der öffentlichen Interessen nicht zuzumuten ist, eine Hauptsacheentscheidung abzuwarten. Dies gilt insbesondere, wenn ein Anordnungsanspruch zumindest möglich erscheint sowie wesentliche Nachteile eintreten und nicht mehr vollständig rückgängig gemacht werden können, weil das Leben, die Gesundheit oder die wirtschaftliche Existenz betroffen sind. Eine Vorwegnahme der Hauptsache darf durch eine einstweilige Anordnung grundsätzlich nicht stattfinden (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 8. Auflage, § 86 b Rdnr. 31). Insoweit ist allerdings der in Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) niedergelegte Grundsatz des Gebotes eines effektiven Rechtsschutzes zu beachten. Daher kann der Entscheidung in der Hauptsache vorgegriffen werden, wenn ansonsten ein Rechtsschutz nicht erreichbar und dies für den Antragsteller unzumutbar wäre.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) begegnet es in gerichtlichen Eilverfahren grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Fachgerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren. Allerdings ist in den Fällen, in denen es um existenziell bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung geht, eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage verwehrt. Die Gerichte haben unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen (Beschlüsse des BVerfG vom 06. Februar 2007 - 1 BvR 3101/06 und vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02, abgedruckt in NJW 2003, 1236). Erforderlich ist hierbei eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage (BVerfG, Beschluss vom 19. März 2004 - 1 BvR 131/04, abgedruckt in NJW 2004, 246). Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 06. Februar 2007 - 1 BvR 3101/06).
Die Antragstellerin leidet an einer lebensbedrohlichen Erkrankung.
Dies folgt aus der Stellungnahme der Internistin und Onkologin Dr. A vom 31. März 2009, wonach sich trotz intensiver Behandlung erneut Metastasen gebildet haben. Diese Progredienz wird durch den Bericht der Radiologin Dr. B vom 03. Dezember 2008 über ein Computertomogramm von Thorax und Abdomen, wonach in allen dargestellten knöchernen Abschnitten der Brustwirbelsäule, insbesondere von BWK 6 und 7, Metastasen vorhanden sind und sich die Lebermetastasen gegenüber der Voruntersuchung vom 20. Dezember 2007 von 10 mm auf 21 mm bzw. von 9 auf 28 mm vergrößert haben, und durch eine Abdomensonografie vom 23. Februar 2009 der Dr. A, wonach im Bereich der Leber Raumforderungen im Durchmesser von 49 mm x 30 mm vorhanden sind, bestätigt. Nach der Stellungnahme der behandelnden Ärztin Dr. A sind umfangreiche kurativ-therapeutische Maßnahmen und palliativ-medizinische Maßnahmen erfolglos geblieben, so dass, wie von der Antragstellerin vorgetragen, ein fortgeschrittenes Tumor-Stadium mit schlechter Prognose damit glaubhaft gemacht ist.
Der Senat vermag ohne erforderliche Beweisaufnahme mittels eines medizinischen Sachverständigengutachtens nicht zu beurteilen, ob die Anspruchsvoraussetzungen für eine stationäre Maßnahme zur ganzheitlichen immunbiologischen Therapie erfüllt sind. Dabei ist sowohl nach der Verordnung der Internistin und Onkologin Dr. A vom 08. Dezember 2008 über Krankenhausbehandlung, deren Attest vom 03. März 2009 und deren Stellungnahme vom 31. März 2009, die bezüglich solcher Maßnahmen, die über eine palliative Linderung hinaus gehen, widersprüchlich sind, als auch nach dem ebenfalls widersprüchlichen Vorbringen der Antragstellerin, die die H-Klinik als zugelassenes Krankenhaus aufgrund deren Status nach § 111 SGB V, der jedoch Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen zum Regelungsgegenstand hat, ansieht, unklar, ob die Antragstellerin eine stationäre Maßnahme als Krankenhausbehandlung oder als stationäre Rehabilitationsmaßnahme beansprucht.
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Leistungen zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52 SGB V).
Ein Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V besteht, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u. a. die Krankenhausbehandlung und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 5 und 6 SGB V).
Nach § 39 Abs. 1 SGB V wird die Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§ 115 a SGB V) sowie ambulant (§ 115 b SGB V) erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- oder nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrages des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1 SGB V), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation.
Die genannte Vorschrift macht ein Stufenverhältnis der verschiedenen Maßnahmen der Krankenbehandlung deutlich, das bereits aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V folgt, wonach die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Daraus ergibt sich, dass eine Krankenhausbehandlung gerade als vollstationäre Behandlung nur dann in Betracht kommt, wenn insbesondere eine ambulante Krankenbehandlung nicht ausreichend ist. Liegt letztgenannter Sachverhalt vor, darf Krankenhausbehandlung allerdings gleichwohl nicht bewilligt werden, wenn diese keine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür bietet, dass das Ziel der Krankenbehandlung erreicht werden kann. Ist dieses Ziel im konkreten Einzelfall nicht zu verwirklichen, ist die in Frage kommende Behandlungsmaßnahme unwirtschaftlich und darf deshalb nach § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht bewirkt werden.
Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB V gilt: Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs. 2 SGB V beschriebenen Ziele zu erreichen, kann die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht, oder, soweit dies für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit medizinischen Leistungen ambulanter Rehabilitation erforderlich ist, in wohnortnahen Einrichtungen erbringen. Reicht diese Leistung nicht aus, kann die Krankenkasse stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht (§ 40 Abs. 2 SGB V).
Das in § 40 Abs. 1 und 2 SGB V normierte Stufenverhältnis der verschiedenen Maßnahmen der Krankenbehandlung, das bereits aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V folgt, wonach die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen, ist ebenfalls bei einer stationären Rehabilitation nach § 41 SGB V zu beachten.
Die Anspruchsvoraussetzungen der beiden genannten Vorschriften lassen sich ohne Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten nicht feststellen. So muss offen bleiben, ob ggf. in verfassungskonformer Auslegung eine Krankenhausbehandlung oder eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme geboten ist oder ob die eine oder die andere stationäre Maßnahme deswegen ausscheidet, weil geeignete ambulante Maßnahmen zur Verfügung stehen, oder ob überhaupt nur die in der H-Klinik angebotenen Maßnahmen der ganzheitlichen immunbiologischen Therapie konkret in Bezug auf die Antragstellerin als ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich (§ 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V) in Betracht kommen, weil gleichwertige andere Maßnahmen nicht zur Verfügung stehen.
Soweit sich ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung als gerechtfertigt erweisen sollte und diese Behandlung in verfassungskonformer Auslegung nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG ausschließlich in der H-Klinik durchführbar ist, weil die Behandlungsmethode nicht in einem zugelassenen Krankenhaus angeboten wird, stünde einer solchen Behandlungsmethode nicht die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus (Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung) vom 21. März 2006 (Bundesanzeiger 2006, 4466), zuletzt geändert am 19. Juni 2008 (Bundesanzeiger 2008, 3571) entgegen. Die (immun)biologische Tumortherapie, deren Wirksamkeit und Nutzen nach der MDK-Stellungnahme der Dr. S vom 07. Januar 2009 gemäß den Kriterien der Evidenz basierten Medizin nicht als belegt gelten könne, wird nach § 4 der Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung nicht von der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen von Krankenhausbehandlung ausgeschlossen. Ob es daher ernsthafte Hinweise auf einen nicht ganz entfernt liegenden Erfolg der Heilung oder auch nur auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf im konkreten Einzelfall hinsichtlich der in der H Klinik angewandten Behandlungsmethode gibt, so wie im Web-Auftritt dieser Klinik unter dem Stichwort "Erfolg" dargestellt, dürfte somit nicht von Belang sein.
Allein im einstweiligen Rechtsschutzverfahren genügen zur Glaubhaftmachung die Atteste und die Stellungnahme der Internistin und Onkologin Dr. A vom 10. Dezember 2008, 03. März 2009 und vom 31. März 2009, wonach wegen des sehr guten Allgemein- und Körperzustandes der Antragstellerin Aussicht auf Selbstmobilisierung der Widerstandskräfte des Organismus und damit eine gute Chance auf Krankheitsrückgang bzw. zur erheblichen Verbesserung der Krankheitssituation besteht und die Behandlung in der H-Klinik in Form von medizinischen, psychotherapeutischen und naturheilkundlichen Maßnahmen in dieser kompakten und aufeinander aufbauenden Form am Wohnort so weder ambulant noch stationär möglich ist.
Wegen der lebensbedrohlichen Erkrankung der Antragstellerin ist es daher nicht ausreichend, wie in der MDK-Stellungnahme der Dr. S vom 07. Januar 2009 geschehen, allgemein auf geeignete ambulante bzw. stationäre Maßnahmen am Wohnort zu verweisen, ohne diesbezüglich konkrete Behandlungsalternativen in Form von Behandlungsarten und Behandlungseinrichtungen aufzuzeigen.
Ob ein Anordnungsanspruch allerdings tatsächlich besteht, ist ohne die aufgezeigte Beweiserhebung völlig offen.
Bei dieser Sachlage und der lebensbedrohlichen Erkrankung der Antragstellerin muss der Senat anhand einer Folgenabwägung entscheiden. Diese fällt zugunsten der Antragstellerin aus.
Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, das Verfassungsrang hat (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz - GG - ), ist bereits dann berührt, wenn dem Grundrechtsträger eine Behandlung vorenthalten wird, die entweder, wenn möglicherweise auch nur kurz, lebensverlängernd ist oder die eine nicht nur unwesentliche Verbesserung seines Gesundheitszustandes im Angesicht eines nahen Todes bewirkt. Im Hinblick darauf haben finanzielle Interessen der Antragsgegnerin zurückzustehen.
Sollte sich die einstweilige Anordnung als von Anfang an ungerechtfertigt erweisen, ist der Antragsteller verpflichtet, der Antragsgegnerin den Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Vollziehung entsteht (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 945 ZPO). Die Antragsgegnerin hat damit die Möglichkeit, die Kosten, die sie durch die Versorgung mit einer stationären Maßnahme der Antragstellerin aufgrund dieser einstweiligen Anordnung hat, von der Antragstellerin als Schadenersatz zurückzulangen, wenn sich herausstellen sollte, dass die Voraussetzungen der §§ 39 Abs. 1 und 40 Abs. 2 SGB V ggf. in verfassungskonformer Auslegung nicht vorliegen und damit kein Anspruch auf Versorgung mit Krankenhausbehandlung bzw. mit einer stationären Rehabilitationsmaßnahme begründet war. Mit dem vorliegenden Beschluss wird nämlich nicht darüber entschieden, ob der geltend gemachte Anspruch (endgültig) zusteht.
Die Anordnung einer Sicherheitsleistung (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 936, § 921 Satz 2, § 108 ZPO) kommt nicht in Betracht, da die Antragstellerin eine solche aufgrund ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht leisten kann.
Die Beschwerde hat somit Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Verfahrens.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt im einstweiligen Rechtsschutzverfahren Versorgung mit einer stationären Maßnahme zur ganzheitlichen immunbiologischen Therapie wegen ihrer Krebserkrankung.
Die im Dezember 1958 geborene Antragstellerin, die bei der Antragsgegnerin über ihren Ehemann familienversichert ist, leidet an einem ossär, hepatogen und lymphogen metastasierten Mamma-Karzinom. Trotz maximaler konventioneller Therapie (Biphosphonat, Chemotherapie, Antihormontherapie, Schmerztherapie) und palliativ-medizinischer Maßnahmen bildeten sich erneut Metastasen. Weitere kurativ-therapeutische Ansätze stehen nicht mehr zur Verfügung (Berichte der Internistin und Onkologin Dr. A vom 10. Dezember 2008 und 31. März 2009).
Im Dezember 2008 beantragte die Antragstellerin unter Vorlage einer entsprechenden Verordnung der Internistin und Onkologin Dr. A vom 08. Dezember 2008 nebst Attest vom 10. Dezember 2008 Krankenhausbehandlung in der H Klinik zur ganzheitlichen biologischen Tumortherapie. Wegen des sehr guten Allgemein- und Kräftezustandes seien die Aussichten für eine Selbstmobilisierung der Widerstandskräfte des Organismus sehr gut.
Bei der H-Klinik in B handelt es sich nach deren Web-Auftritt um eine internistische Rehabilitationseinrichtung nach § 111 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), die keine Zulassung als Krankenhaus besitzt. Sie versteht sich als Spezialklinik für ganzheitliche immunbiologische Therapie, in der eine unspezifische vorwiegend biologische, das körpereigene Abwehrsystem aufbauende Behandlung insbesondere krebskranker Patienten durchgeführt wird. Der Behandlung liegt ein ganzheitsmedizinisches Konzept zugrunde. Dieses Konzept besagt, dass eine Reihe chronischer und insbesondere bösartiger Erkrankungen nur entstehen können, wenn das körpereigene Milieu durch eine Vielzahl sehr unterschiedlicher Faktoren negativ verändert wird. Diese Milieustörung als komplexe Störung von Regel- und Abwehrmechanismen schwäche ganze Organsysteme, insbesondere das für die Abwehr von Krankheiten zuständige Immunsystem. Bei diesem Konzept ist der Tumor ein sekundäres Ereignis, dem eine Störung des Gesamtorganismus vorausgeht. Demzufolge ist der Tumor lediglich ein Symptom, mit dessen Beseitigung die Krankheit noch nicht geheilt ist. Zur Heilung bedarf es neben der Entgiftung auch der Regeneration und der Aktivierung der Abwehrkräfte. Ist bereits ein metastasiertes Stadium erreicht, kommen in einer solchen so genannten Palliativ-Situation neben einer Chemotherapie in niedrigerer Dosierung, um die negativen Auswirkungen einer solchen Chemotherapie so gering wie möglich zu halten, oder wenn keine konventionelle Chemotherapie in Frage kommt, insbesondere eine immunbiologische Therapie zur Aktivierung der körpereigenen Abwehrkräfte mit dem Ziel der Verbesserung des Allgemeinbefindens durch Stillstand oder gar Rückgang der Krebserkrankung in Betracht. Die in der H Klinik festgestellten überdurchschnittlichen Spontanheilungen, also die völlige oder teilweise Rückbildung von Krebstumoren ohne gleichzeitige konventionelle Behandlung, wird hierbei als beweisend für die Wirksamkeit der ganzheitlichen immunbiologischen Therapie angesehen (vgl. www.hufeland.com, Stand 14. Juni 2009).
Nach Einholung der Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) der Dr. S vom 07. Januar 2009 lehnte die Antragsgegnerin den Antrag mit Bescheid vom 19. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. April 2009 ab: Die Notwendigkeit einer stationären Behandlung in der H-Klinik sei nicht ersichtlich. Die angestrebte palliative Behandlung, also eine kontinuierliche symptomorientierte Therapie, könne auch am Wohnort erfolgen.
Am 01. April 2009 hat die Antragstellerin beim Sozialgericht Berlin mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ihr Begehren weiterverfolgt.
Sie hat darauf hingewiesen, es gehe um eine ultima-ratio-Behandlung eines todgeweihten Menschen zur Linderung seiner Beschwerden. Eine Rehabilitationsmaßnahme in der H-Klinik sei zur Stabilisierung des geschwächten Allgemeinzustandes und zur emotionalen Entlastung erforderlich. Da diese Klinik nach § 111 SGB V zugelassen sei, bestehe Anspruch auf eine stationäre Krankenhausbehandlung. Eine andere Behandlungsmöglichkeit sei nicht vorhanden. Die Antragsgegnerin habe keine Alternativen benannt. Eine Linderung der Beschwerden sei ambulant nicht möglich. Es gehe nicht um eine palliative Therapiesituation, sondern um eine Stabilisierung des geschwächten Organismus. Die Antragstellerin hat u. a. das Attest bzw. die Stellungnahme der Internistin Dr. A vom 03. März 2009 und vom 31. März 2009 vorgelegt. Eine zeitnahe Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen scheide aus, so dass im Rahmen einer Folgenabwägung die einstweilige Anordnung zu erlassen sei.
Die Antragsgegnerin hat gemeint, es sei unklar, ob eine Krankenhausbehandlung oder eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme beansprucht werde. Es stünden jedenfalls vertraglich zugelassene Möglichkeiten zur Verfügung, nämlich eine ambulante schulmedizinische palliative Symptom- und Schmerzlinderung, die, soweit sie nicht ausreichend sei, in einem am Wohnort der Antragstellerin zugelassenen Krankenhaus auch stationär erbracht werden könne. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 06. Dezember 2005 (1 BvR 347/98) erfasse eine palliative Behandlung als reine Symptomlinderung und damit den vorliegenden Sachverhalt nicht.
Mit Beschluss vom 27. April 2009 hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen: Einer Folgenabwägung habe es nicht bedurft, denn die Antragstellerin habe keinen Anspruch auf stationäre Krankenhausbehandlung in der H Klinik, weil diese Klinik kein Vertragskrankenhaus sei. Die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung in einer nicht zugelassenen Klinik sei nicht erkennbar. Die im Urteil des BVerfG aufgestellten Grundsätze zur verfassungskonformen Auslegung leistungsbegrenzender Regelungen beträfen lediglich den Bereich der ambulant und nicht der stationär durchzuführenden Behandlungsmethoden, denn § 137 c SGB V enthalte keinen § 135 SGB V entsprechenden Anerkennungsvorbehalt.
Gegen den ihrer Prozessbevollmächtigten am 04. Mai 2009 zugestellten Beschluss richtet sich die am 11. Mai 2009 eingelegte Beschwerde der Antragstellerin.
Sie meint, es bestehe Anspruch auf Behandlung in einem Krankenhaus nach § 39 Abs. 1 SGB V, weil das Behandlungsziel nicht durch ambulante Behandlung erreicht werden könne. Es werde verkannt, dass die behandelnde Onkologin eine Verordnung von Krankenhausbehandlung für eine biologische Tumortherapie ausgestellt habe, die offensichtlich nicht mit einer schulmedizinischen palliativen Symptom- und Schmerzlinderung zur Verfügung gestellt werden könne. Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts sei eine verfassungskonforme Auslegung geboten.
Die Antragstellerin beantragt,
unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Berlin vom 27. April 2009 die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Antragstellerin eine stationäre Maßnahme in der H-Klinik in Bals Sachleistung zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des sonstigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Unrecht abgelehnt. Da eine vollständige, insbesondere zeitnahe, Aufklärung der Sach- und Rechtslage zur Beurteilung, ob der Antragstellerin ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung oder auf eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme zur ganzheitlichen immunbiologischen Therapie zusteht, nicht möglich ist und wegen der lebensbedrohlichen Erkrankung der Antragstellerin eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage verwehrt ist, ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden, die zugunsten der Antragstellerin ausfällt.
Nach § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (so genannte Regelungsanordnung). Voraussetzung sind ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund, welche glaubhaft zu machen sind (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO). Sie sind glaubhaft gemacht, wenn das Vorliegen der insoweit beweisbedürftigen Tatsachen überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. Zoeller, Zivilprozessordnung, 25. Auflage, § 920 Rdnr. 8, § 294 Rdnrn. 1 und 6; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 65. Auflage, § 920 Rdnr. 11, § 294 Rdnr. 1).
Daraus folgt: Besteht kein Anordnungsanspruch oder ist er nicht überwiegend wahrscheinlich, ist eine einstweilige Anordnung nicht zu erlassen, denn der begehrte Anspruch könnte auch im Hauptsacheverfahren nicht festgestellt werden. Ist hingegen der Anordnungsanspruch überwiegend wahrscheinlich, genügt dies für eine einstweilige Anordnung nicht, wenn nicht zugleich ein Anordnungsgrund vorliegt und dieser überwiegend wahrscheinlich ist. Selbst wenn der Anordnungsanspruch sicher feststeht, entfällt die Notwendigkeit eines Anordnungsgrundes nicht; die Anforderungen hinsichtlich der wesentlichen Nachteile, die überwiegend wahrscheinlich sein müssen, können jedoch geringer sein. Im Übrigen kann ausnahmsweise eine einstweilige Anordnung in Betracht kommen, wenn dem Antragsteller unter Abwägung seiner Interessen und der öffentlichen Interessen nicht zuzumuten ist, eine Hauptsacheentscheidung abzuwarten. Dies gilt insbesondere, wenn ein Anordnungsanspruch zumindest möglich erscheint sowie wesentliche Nachteile eintreten und nicht mehr vollständig rückgängig gemacht werden können, weil das Leben, die Gesundheit oder die wirtschaftliche Existenz betroffen sind. Eine Vorwegnahme der Hauptsache darf durch eine einstweilige Anordnung grundsätzlich nicht stattfinden (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, Kommentar, 8. Auflage, § 86 b Rdnr. 31). Insoweit ist allerdings der in Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) niedergelegte Grundsatz des Gebotes eines effektiven Rechtsschutzes zu beachten. Daher kann der Entscheidung in der Hauptsache vorgegriffen werden, wenn ansonsten ein Rechtsschutz nicht erreichbar und dies für den Antragsteller unzumutbar wäre.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) begegnet es in gerichtlichen Eilverfahren grundsätzlich keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn sich die Fachgerichte bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage an den Erfolgsaussichten der Hauptsache orientieren. Allerdings ist in den Fällen, in denen es um existenziell bedeutsame Leistungen der Krankenversicherung geht, eine lediglich summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage verwehrt. Die Gerichte haben unter diesen Voraussetzungen die Sach- und Rechtslage abschließend zu prüfen (Beschlüsse des BVerfG vom 06. Februar 2007 - 1 BvR 3101/06 und vom 22. November 2002 - 1 BvR 1586/02, abgedruckt in NJW 2003, 1236). Erforderlich ist hierbei eine eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage (BVerfG, Beschluss vom 19. März 2004 - 1 BvR 131/04, abgedruckt in NJW 2004, 246). Ist dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 06. Februar 2007 - 1 BvR 3101/06).
Die Antragstellerin leidet an einer lebensbedrohlichen Erkrankung.
Dies folgt aus der Stellungnahme der Internistin und Onkologin Dr. A vom 31. März 2009, wonach sich trotz intensiver Behandlung erneut Metastasen gebildet haben. Diese Progredienz wird durch den Bericht der Radiologin Dr. B vom 03. Dezember 2008 über ein Computertomogramm von Thorax und Abdomen, wonach in allen dargestellten knöchernen Abschnitten der Brustwirbelsäule, insbesondere von BWK 6 und 7, Metastasen vorhanden sind und sich die Lebermetastasen gegenüber der Voruntersuchung vom 20. Dezember 2007 von 10 mm auf 21 mm bzw. von 9 auf 28 mm vergrößert haben, und durch eine Abdomensonografie vom 23. Februar 2009 der Dr. A, wonach im Bereich der Leber Raumforderungen im Durchmesser von 49 mm x 30 mm vorhanden sind, bestätigt. Nach der Stellungnahme der behandelnden Ärztin Dr. A sind umfangreiche kurativ-therapeutische Maßnahmen und palliativ-medizinische Maßnahmen erfolglos geblieben, so dass, wie von der Antragstellerin vorgetragen, ein fortgeschrittenes Tumor-Stadium mit schlechter Prognose damit glaubhaft gemacht ist.
Der Senat vermag ohne erforderliche Beweisaufnahme mittels eines medizinischen Sachverständigengutachtens nicht zu beurteilen, ob die Anspruchsvoraussetzungen für eine stationäre Maßnahme zur ganzheitlichen immunbiologischen Therapie erfüllt sind. Dabei ist sowohl nach der Verordnung der Internistin und Onkologin Dr. A vom 08. Dezember 2008 über Krankenhausbehandlung, deren Attest vom 03. März 2009 und deren Stellungnahme vom 31. März 2009, die bezüglich solcher Maßnahmen, die über eine palliative Linderung hinaus gehen, widersprüchlich sind, als auch nach dem ebenfalls widersprüchlichen Vorbringen der Antragstellerin, die die H-Klinik als zugelassenes Krankenhaus aufgrund deren Status nach § 111 SGB V, der jedoch Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen zum Regelungsgegenstand hat, ansieht, unklar, ob die Antragstellerin eine stationäre Maßnahme als Krankenhausbehandlung oder als stationäre Rehabilitationsmaßnahme beansprucht.
Nach § 11 Abs. 1 Nr. 4 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Leistungen zur Behandlung einer Krankheit (§§ 27 bis 52 SGB V).
Ein Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V besteht, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst u. a. die Krankenhausbehandlung und Leistungen zur medizinischen Rehabilitation (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 5 und 6 SGB V).
Nach § 39 Abs. 1 SGB V wird die Krankenhausbehandlung vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§ 115 a SGB V) sowie ambulant (§ 115 b SGB V) erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- oder nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankenhausbehandlung umfasst im Rahmen des Versorgungsauftrages des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung (§ 28 Abs. 1 SGB V), Krankenpflege, Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln, Unterkunft und Verpflegung; die akutstationäre Behandlung umfasst auch die im Einzelfall erforderlichen und zum frühestmöglichen Zeitpunkt einsetzenden Leistungen zur Frührehabilitation.
Die genannte Vorschrift macht ein Stufenverhältnis der verschiedenen Maßnahmen der Krankenbehandlung deutlich, das bereits aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V folgt, wonach die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen. Daraus ergibt sich, dass eine Krankenhausbehandlung gerade als vollstationäre Behandlung nur dann in Betracht kommt, wenn insbesondere eine ambulante Krankenbehandlung nicht ausreichend ist. Liegt letztgenannter Sachverhalt vor, darf Krankenhausbehandlung allerdings gleichwohl nicht bewilligt werden, wenn diese keine hinreichende Wahrscheinlichkeit dafür bietet, dass das Ziel der Krankenbehandlung erreicht werden kann. Ist dieses Ziel im konkreten Einzelfall nicht zu verwirklichen, ist die in Frage kommende Behandlungsmaßnahme unwirtschaftlich und darf deshalb nach § 12 Abs. 1 Satz 2 SGB V nicht bewirkt werden.
Nach § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB V gilt: Reicht bei Versicherten eine ambulante Krankenbehandlung nicht aus, um die in § 11 Abs. 2 SGB V beschriebenen Ziele zu erreichen, kann die Krankenkasse aus medizinischen Gründen erforderliche ambulante Rehabilitationsleistungen in Rehabilitationseinrichtungen, für die ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V besteht, oder, soweit dies für eine bedarfsgerechte, leistungsfähige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten mit medizinischen Leistungen ambulanter Rehabilitation erforderlich ist, in wohnortnahen Einrichtungen erbringen. Reicht diese Leistung nicht aus, kann die Krankenkasse stationäre Rehabilitation mit Unterkunft und Verpflegung in einer Rehabilitationseinrichtung erbringen, mit der ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht (§ 40 Abs. 2 SGB V).
Das in § 40 Abs. 1 und 2 SGB V normierte Stufenverhältnis der verschiedenen Maßnahmen der Krankenbehandlung, das bereits aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V folgt, wonach die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein müssen und das Maß des Notwendigen nicht überschreiten dürfen, ist ebenfalls bei einer stationären Rehabilitation nach § 41 SGB V zu beachten.
Die Anspruchsvoraussetzungen der beiden genannten Vorschriften lassen sich ohne Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten nicht feststellen. So muss offen bleiben, ob ggf. in verfassungskonformer Auslegung eine Krankenhausbehandlung oder eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme geboten ist oder ob die eine oder die andere stationäre Maßnahme deswegen ausscheidet, weil geeignete ambulante Maßnahmen zur Verfügung stehen, oder ob überhaupt nur die in der H-Klinik angebotenen Maßnahmen der ganzheitlichen immunbiologischen Therapie konkret in Bezug auf die Antragstellerin als ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich (§ 12 Abs. 1 Satz 1 SGB V) in Betracht kommen, weil gleichwertige andere Maßnahmen nicht zur Verfügung stehen.
Soweit sich ein Anspruch auf Krankenhausbehandlung als gerechtfertigt erweisen sollte und diese Behandlung in verfassungskonformer Auslegung nach Maßgabe der Rechtsprechung des BVerfG ausschließlich in der H-Klinik durchführbar ist, weil die Behandlungsmethode nicht in einem zugelassenen Krankenhaus angeboten wird, stünde einer solchen Behandlungsmethode nicht die Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus (Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung) vom 21. März 2006 (Bundesanzeiger 2006, 4466), zuletzt geändert am 19. Juni 2008 (Bundesanzeiger 2008, 3571) entgegen. Die (immun)biologische Tumortherapie, deren Wirksamkeit und Nutzen nach der MDK-Stellungnahme der Dr. S vom 07. Januar 2009 gemäß den Kriterien der Evidenz basierten Medizin nicht als belegt gelten könne, wird nach § 4 der Richtlinie Methoden Krankenhausbehandlung nicht von der Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung im Rahmen von Krankenhausbehandlung ausgeschlossen. Ob es daher ernsthafte Hinweise auf einen nicht ganz entfernt liegenden Erfolg der Heilung oder auch nur auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf im konkreten Einzelfall hinsichtlich der in der H Klinik angewandten Behandlungsmethode gibt, so wie im Web-Auftritt dieser Klinik unter dem Stichwort "Erfolg" dargestellt, dürfte somit nicht von Belang sein.
Allein im einstweiligen Rechtsschutzverfahren genügen zur Glaubhaftmachung die Atteste und die Stellungnahme der Internistin und Onkologin Dr. A vom 10. Dezember 2008, 03. März 2009 und vom 31. März 2009, wonach wegen des sehr guten Allgemein- und Körperzustandes der Antragstellerin Aussicht auf Selbstmobilisierung der Widerstandskräfte des Organismus und damit eine gute Chance auf Krankheitsrückgang bzw. zur erheblichen Verbesserung der Krankheitssituation besteht und die Behandlung in der H-Klinik in Form von medizinischen, psychotherapeutischen und naturheilkundlichen Maßnahmen in dieser kompakten und aufeinander aufbauenden Form am Wohnort so weder ambulant noch stationär möglich ist.
Wegen der lebensbedrohlichen Erkrankung der Antragstellerin ist es daher nicht ausreichend, wie in der MDK-Stellungnahme der Dr. S vom 07. Januar 2009 geschehen, allgemein auf geeignete ambulante bzw. stationäre Maßnahmen am Wohnort zu verweisen, ohne diesbezüglich konkrete Behandlungsalternativen in Form von Behandlungsarten und Behandlungseinrichtungen aufzuzeigen.
Ob ein Anordnungsanspruch allerdings tatsächlich besteht, ist ohne die aufgezeigte Beweiserhebung völlig offen.
Bei dieser Sachlage und der lebensbedrohlichen Erkrankung der Antragstellerin muss der Senat anhand einer Folgenabwägung entscheiden. Diese fällt zugunsten der Antragstellerin aus.
Das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, das Verfassungsrang hat (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz - GG - ), ist bereits dann berührt, wenn dem Grundrechtsträger eine Behandlung vorenthalten wird, die entweder, wenn möglicherweise auch nur kurz, lebensverlängernd ist oder die eine nicht nur unwesentliche Verbesserung seines Gesundheitszustandes im Angesicht eines nahen Todes bewirkt. Im Hinblick darauf haben finanzielle Interessen der Antragsgegnerin zurückzustehen.
Sollte sich die einstweilige Anordnung als von Anfang an ungerechtfertigt erweisen, ist der Antragsteller verpflichtet, der Antragsgegnerin den Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Vollziehung entsteht (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 945 ZPO). Die Antragsgegnerin hat damit die Möglichkeit, die Kosten, die sie durch die Versorgung mit einer stationären Maßnahme der Antragstellerin aufgrund dieser einstweiligen Anordnung hat, von der Antragstellerin als Schadenersatz zurückzulangen, wenn sich herausstellen sollte, dass die Voraussetzungen der §§ 39 Abs. 1 und 40 Abs. 2 SGB V ggf. in verfassungskonformer Auslegung nicht vorliegen und damit kein Anspruch auf Versorgung mit Krankenhausbehandlung bzw. mit einer stationären Rehabilitationsmaßnahme begründet war. Mit dem vorliegenden Beschluss wird nämlich nicht darüber entschieden, ob der geltend gemachte Anspruch (endgültig) zusteht.
Die Anordnung einer Sicherheitsleistung (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 936, § 921 Satz 2, § 108 ZPO) kommt nicht in Betracht, da die Antragstellerin eine solche aufgrund ihrer Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht leisten kann.
Die Beschwerde hat somit Erfolg.
Die Kostenentscheidung folgt aus der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Verfahrens.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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