L 19 B 219/09 AS NZB RG

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 3 AS 186/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 B 219/09 AS NZB RG
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 03.07.2009 - L 19 B 60/09 AS NZB - wird zurückgewiesen. Kosten des Verfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Der Kläger begehrt von der Beklagten höhere Grundsicherungsleistungen infolge eines krankheitsbedingten Mehrbedarfs. Widerspruch und Klage sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid vom 16.10.2007, Urteil des Sozialgerichts Münster vom 21.01.2009).

Mit Beschluss vom 03.07.2009 hat der Senat die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts abgelehnt.

Die hiergegen gerichtete Anhörungsrüge ist nach § 178 a Abs. 1 SGG statthaft, weil gegen den Beschluss des Senats vom 03.07.2009 kein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegeben ist.

Sie ist auch ansonsten zulässig, insbesondere innerhalb der Zweiwochenfrist des § 178 a Abs. 2 S.1 SGG erhoben worden.

Sie ist aber nicht begründet, weil das rechtliche Gehör des Klägers nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden ist. Durch den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG, §§ 62, 128 Abs. 2 SGG) ist zu gewährleisten, dass die Beteiligten durch eine Entscheidung nicht überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen oder Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten, und dass ihr Vorbringen vor Gericht in seine Erwägungen einbezogen wird (BSG Urt. v. 11.11.2003 - B 2 U 32/02 R = NZS 2004, 660, 661). Diese Rechte des Klägers sind jedoch gewahrt worden.

Soweit er rügt, die Berufung sei zu Unrecht als unzulässig angesehen worden, kann dies der Rüge schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil die Nichtzulassungsbeschwerde in diesem Falle ebenfalls zurückzuweisen gewesen wäre. Die Statthaftigkeit der Berufung hätte dann nämlich die Unzulässigkeit einer entsprechenden Beschwerde nach sich gezogen. Darüber hinaus trifft die Auffassung des Klägers nicht zu. Weder hat seine Klage die Höhe des Regelsatzes zum Gegenstand gehabt, noch konnten ohne ausdrückliche Erklärung weitere Bescheide/Leistungszeiträume Gegenstand des Verfahrens werden. Mehrbedarfe nach § 21 SGB sind keine akzessorischen Leistungen, die nur im Zusammenhang mit der Anfechtung der Festsetzung der Regelleistung verlangt werden können (BSG Urt. v. 06.09.2007 - B 14/7b AS 36/06 R, Rn 23; Lang/Knickrehm in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 21 Rn 4). Da sich Klageantrag und Klagebegründung aber ausnahmslos auf den streitigen Mehrbedarf bezogen haben, kann ihnen eine Anfechtung des bewilligten Regelsatzes daher nicht beigemessen werden.

Die Beschränkung des Verfahrens auf die jeweilig ausdrücklich in Bezug genommenen Bescheide und die restriktive Anwendung des § 96 SGG - wonach ausnahmsweise ohne eine solche Erklärung Bescheide Gegenstand des Verfahrens werden können - dienen, auch wenn sie zu einer erhöhten Klageanzahl führen, der Prozessvereinfachung, weil andernfalls durch die Ausdehnung des Streitstoffes eine zeitnahe Entscheidung nicht mehr gewährleistet wäre (ständige Rechtssprechung des BSG, vgl. z.B. Urt.v. 27.02.2008 - B 14/7b AS 64/06 R, Rn 16).

Ebenso wenig liegt der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG vor, wonach die Berufung zuzulassen ist, wenn das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Die Berufung ist nicht schon deshalb zuzulassen, weil der Kläger - wie er mit der Anhörungsrüge geltend macht - diese Vorschrift versehentlich falsch zitiert hat (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG statt § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG) und der Senat sich mit dieser Zulassungsvoraussetzung nicht auseinandergesetzt hat.

Zum einen hat der Senat die Vorschrift des § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG geprüft (vgl. S.3 Abs. 3 des Beschl. v. 03.07.2009), zum anderen ist die behauptete Verwechslung auszuschließen, weil die Bezugnahme auf § 144 Abs. 1 S. 2 SGG in der Beschwerdeschrift (S. 2 Abs. 1) sich nur auf die Zulässigkeit der Berufung, deren Statthaftigkeit allein § 144 Abs. 1 SGG regelt, und nicht auf die Zulassung der Berufung, deren Regelung § 144 Abs. 2 SGG zum Inhalt hat, bezogen hat.

Unabhängig davon liegt die gerügte Abweichung nicht vor. Das SG hat sein Urteil auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe in der dritten, völlig neu überarbeiteten Auflage 2008 gestützt. Diese lagen aber zum Zeitpunkt der vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Beschl. v. 20.06.2006 - 1 BvR 2673/05 = info also 2006, 279) und des Bundessozialgerichts (Urt. v. 27.02.2008 B 14/7 b AS 32 und 64/06 R = NDV-RD 2008, 99 = SozR 4-4200 § 21 Nrn. 1 u. 2) noch nicht vor und konnten daher auch nicht deren Entscheidungsgrundlage bilden. Dass die entsprechenden Empfehlung jedoch als Orientierungshilfe dienen können und weitere Ermittlungen im Einzelfall nur dann erforder- lich sind , wenn von ihnen abweichende Bedarfe geltend gemacht werden, entspricht auch diesen Entscheidungen (vgl. dazu Beschl. des Senats vom 22.07.2009 - L 19 AS 41/08). Da nach den nunmehr gültigen Empfehlungen die zum Zeitpunkt der Entscheidung des SG belegten Erkrankungen keinen zusätzlichen Ernährungsaufwand bedingen, hat das SG auch zu Recht weitere, insbesondere gutachterliche Ermittlungen unterlassen.

Die Anhörungsrüge kann daher keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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