Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
104
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 104 AS 7370/06 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Gründe:
Der Antrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin zu verurteilen, ihm ab dem 22. Juni 2006 fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren, hat keinen Erfolg.
Soweit der Antragsteller die Gewährung von Arbeitslosengeld II (Alg II) für die Zeit vom 22. Juni 2006 bis zum 16. August 2006, also für die Zeit vor der Antragstellung bei Gericht am 17. August 2006, geltend macht, besteht für die von ihm begehrte Regelungsanordnung (§ 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) zumindest kein Anordnungsgrund. Denn dem Antragsteller ist es in den in der Vergangenheit liegenden Zeiträumen offensichtlich gelungen, mit den ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln, seinen Bedarf zu sichern. Insoweit erscheint der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht nötig, um wesentliche Nachteile abzuwenden (vgl. Keller in: Meyer/Ladewig-Keller-Leiterer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage, § 86 b, RdNr. 28).
Der Antrag hat jedoch auch für die Zeit ab dem 17. August 2006 (Tag der Antragstellung) keinen Erfolg. Im Rahmen der im vorläufigen Rechtsschutz-Verfahren allein gebotenen - und möglichen - summarischen Prüfung lässt sich nämlich nicht feststellen, dass ein für die Regelungsanordnung erforderlicher Anordnungsanspruch bestehen würde. Der Antragsteller ist nämlich nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) nicht anspruchsberechtigt. Vom Erhalt von Leistungen nach dem SGB II sind hiernach u.a. Ausländer ausgenommen, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Die ab dem 1. April 2006 gültige Neufassung des § 7 Abs. 1 Satz 2 (Gesetz v. 24.03.2006 - BGBl. I S. 558) ist auf den Antragsteller anwendbar, denn die den geltend gemachten Leistungen zugrunde liegende Antragstellung ist auf den 26. Juni 2006 datiert. Mit der Neufassung von Satz 2 hat der Gesetzgeber Art. 24 Abs. 2 i.V.m. Art. 14 Abs. 4 lit.b) der Richtlinie 2004 - 38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 (vgl. Amtsblatt der Europäischen Union vom 30. April 2004, L 158/77 ff.) umgesetzt (vgl. Bundestags-Drucks. 16/688, S. 13). Danach ist der Aufnahmemitgliedsstaat nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Art. 14 Abs. 4 lit.b einen Anspruch auf Sozialhilfe zu gewähren. In diesem Sinne ergibt sich das Aufenthaltsrecht des Antragstellers aber allein aus dem Zweck der Arbeitsuche. Der Antragsteller besitzt eine vom Bezirksamt Pankow von Berlin vom 20. Dezember 2005 ausgestellte Bescheinigung über das gemeinschaftliche Aufenthaltsrecht gemäß § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU). Diese Bescheinigung kann sich vorliegend aber nur auf das Recht auf Einreise und Aufenthalt im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 2. Alternative (Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten wollen) gründen. Ein anderer Tatbestand des § 2 Abs. 2, der Grundlage einer gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeitsberechtigung sein könnte, trifft auf den Kläger offensichtlich nicht zu. So hält sich der Antragsteller bereits nach seinen eigenen Angaben gegenüber der Antragsgegnerin seit seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland am 16. Dezember 2005 nicht als Arbeitnehmer (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 1. Alternative FreizügG/EU) und auch nicht zur Berufsausbildung (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 3. Alternative FreizügG/ER) in der Bundesrepublik auf. Der Antragsteller übt auch keine selbständige Erwerbstätigkeit aus (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU), ist kein Erbringer von Dienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 FreizügG/EU) noch ist er ein Empfänger von Dienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 FreizügG/EU). Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 5 FreizügG/EU liegen ebenfalls nicht vor (zu den Voraussetzungen im Einzelnen vgl. Beschluss des SG Speyer vom 13.07.2006 - S 1 ER 211/06 AS -). Des Weiteren handelt es sich bei dem Antragsteller auch nicht um einen nichterwerbstätigen Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4 FreizügG/EU (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 FreizügG), denn durch die Antragstellung auf Gewährung von Alg II bei der Antragsgegnerin und zuvor bei der Arbeitsgemeinschaft JobCenter Pankow hat der Antragsteller deutlich gemacht, dass er nicht über ausreichende Existenzmittel im Sinne des § 4 FreizügG verfügt. Schließlich hält sich der Antragsteller auch nicht seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet auf, sodass ihm gemäß § 2 Abs. 5 FreizügG unabhängig vom weiteren Vorliegen der Freizügigkeitsvoraussetzungen das Recht auf Einreise und Aufenthalt erteilt werden könnte. Vielmehr hat der Antragsteller kraft seines Alg II-Antrags seinen Willen zur Arbeitsuche dokumentiert und damit als arbeitsuchender EU-Bürger das Freizügigkeitsrecht aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 2. Alternative FreizügG/EU erlangt (vgl. Beschluss des SG Berlin vom 13. März 2006 - S 37 AS 1801/06 ER -). Da somit der von dem Antragsteller erstrebten Gewährung von Alg II die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II entgegensteht, konnte der Antrag in der Sache keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Gründe:
Der Antrag des Antragstellers, die Antragsgegnerin zu verurteilen, ihm ab dem 22. Juni 2006 fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren, hat keinen Erfolg.
Soweit der Antragsteller die Gewährung von Arbeitslosengeld II (Alg II) für die Zeit vom 22. Juni 2006 bis zum 16. August 2006, also für die Zeit vor der Antragstellung bei Gericht am 17. August 2006, geltend macht, besteht für die von ihm begehrte Regelungsanordnung (§ 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) zumindest kein Anordnungsgrund. Denn dem Antragsteller ist es in den in der Vergangenheit liegenden Zeiträumen offensichtlich gelungen, mit den ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln, seinen Bedarf zu sichern. Insoweit erscheint der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht nötig, um wesentliche Nachteile abzuwenden (vgl. Keller in: Meyer/Ladewig-Keller-Leiterer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage, § 86 b, RdNr. 28).
Der Antrag hat jedoch auch für die Zeit ab dem 17. August 2006 (Tag der Antragstellung) keinen Erfolg. Im Rahmen der im vorläufigen Rechtsschutz-Verfahren allein gebotenen - und möglichen - summarischen Prüfung lässt sich nämlich nicht feststellen, dass ein für die Regelungsanordnung erforderlicher Anordnungsanspruch bestehen würde. Der Antragsteller ist nämlich nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) nicht anspruchsberechtigt. Vom Erhalt von Leistungen nach dem SGB II sind hiernach u.a. Ausländer ausgenommen, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt. Die ab dem 1. April 2006 gültige Neufassung des § 7 Abs. 1 Satz 2 (Gesetz v. 24.03.2006 - BGBl. I S. 558) ist auf den Antragsteller anwendbar, denn die den geltend gemachten Leistungen zugrunde liegende Antragstellung ist auf den 26. Juni 2006 datiert. Mit der Neufassung von Satz 2 hat der Gesetzgeber Art. 24 Abs. 2 i.V.m. Art. 14 Abs. 4 lit.b) der Richtlinie 2004 - 38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 (vgl. Amtsblatt der Europäischen Union vom 30. April 2004, L 158/77 ff.) umgesetzt (vgl. Bundestags-Drucks. 16/688, S. 13). Danach ist der Aufnahmemitgliedsstaat nicht verpflichtet, anderen Personen als Arbeitnehmern oder Selbständigen, Personen, denen dieser Status erhalten bleibt, und ihren Familienangehörigen während der ersten drei Monate des Aufenthalts oder gegebenenfalls während des längeren Zeitraums nach Art. 14 Abs. 4 lit.b einen Anspruch auf Sozialhilfe zu gewähren. In diesem Sinne ergibt sich das Aufenthaltsrecht des Antragstellers aber allein aus dem Zweck der Arbeitsuche. Der Antragsteller besitzt eine vom Bezirksamt Pankow von Berlin vom 20. Dezember 2005 ausgestellte Bescheinigung über das gemeinschaftliche Aufenthaltsrecht gemäß § 5 Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU). Diese Bescheinigung kann sich vorliegend aber nur auf das Recht auf Einreise und Aufenthalt im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 2. Alternative (Unionsbürger, die sich zur Arbeitsuche aufhalten wollen) gründen. Ein anderer Tatbestand des § 2 Abs. 2, der Grundlage einer gemeinschaftsrechtlichen Freizügigkeitsberechtigung sein könnte, trifft auf den Kläger offensichtlich nicht zu. So hält sich der Antragsteller bereits nach seinen eigenen Angaben gegenüber der Antragsgegnerin seit seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland am 16. Dezember 2005 nicht als Arbeitnehmer (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 1. Alternative FreizügG/EU) und auch nicht zur Berufsausbildung (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 3. Alternative FreizügG/ER) in der Bundesrepublik auf. Der Antragsteller übt auch keine selbständige Erwerbstätigkeit aus (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU), ist kein Erbringer von Dienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Nr. 3 FreizügG/EU) noch ist er ein Empfänger von Dienstleistungen (§ 2 Abs. 2 Nr. 4 FreizügG/EU). Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 5 FreizügG/EU liegen ebenfalls nicht vor (zu den Voraussetzungen im Einzelnen vgl. Beschluss des SG Speyer vom 13.07.2006 - S 1 ER 211/06 AS -). Des Weiteren handelt es sich bei dem Antragsteller auch nicht um einen nichterwerbstätigen Unionsbürger unter den Voraussetzungen des § 4 FreizügG/EU (§ 2 Abs. 2 Nr. 6 FreizügG), denn durch die Antragstellung auf Gewährung von Alg II bei der Antragsgegnerin und zuvor bei der Arbeitsgemeinschaft JobCenter Pankow hat der Antragsteller deutlich gemacht, dass er nicht über ausreichende Existenzmittel im Sinne des § 4 FreizügG verfügt. Schließlich hält sich der Antragsteller auch nicht seit fünf Jahren ständig rechtmäßig im Bundesgebiet auf, sodass ihm gemäß § 2 Abs. 5 FreizügG unabhängig vom weiteren Vorliegen der Freizügigkeitsvoraussetzungen das Recht auf Einreise und Aufenthalt erteilt werden könnte. Vielmehr hat der Antragsteller kraft seines Alg II-Antrags seinen Willen zur Arbeitsuche dokumentiert und damit als arbeitsuchender EU-Bürger das Freizügigkeitsrecht aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 2. Alternative FreizügG/EU erlangt (vgl. Beschluss des SG Berlin vom 13. März 2006 - S 37 AS 1801/06 ER -). Da somit der von dem Antragsteller erstrebten Gewährung von Alg II die Ausschlussregelung des § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II entgegensteht, konnte der Antrag in der Sache keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
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