Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
47
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 47 SO 2142/09 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller im Zeitraum vom 24. September 2009 bis 31. Dezember 2009 Einzelfallhilfe durch einen Schulhelfer im Stundenumfang von bis zu vier Stunden je Schultag zu gewähren, längstens jedoch bis zum Einsatz eines Schulhelfers durch die Schulverwaltung. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen. Der Antragsgegner hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu erstatten.
Gründe:
Der am 1. September 2009 bei Gericht eingegangene Antrag,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, dem Antragsteller die Leistungen der Eingliederungshilfe, hier Schulhelfer im Umfang von vier Stunden täglich, zu gewähren,
hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Da der Antragsteller die Veränderung eines derzeit leistungslosen Zustandes begehrt, kann ihm einstweiliger Rechtsschutz nur unter den Voraussetzungen des § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gewährt werden. Danach sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Begründet ist der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, wenn sich bei summarischer Prüfung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit ergibt, dass ein Anspruch nach materiellem Recht besteht (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 916 ZPO; Anordnungsanspruch) und eine besondere Eilbedürftigkeit vorliegt (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 917, 918 ZPO; Anordnungsgrund).
Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Gewährung von Einzelfallhilfe nach den §§ 53 Abs. 1 S. 1, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Zwölften Sozialgesetzbuchs (SGB XII) i.V.m. § 12 Nr. 2 der Verordnung nach § 60 des SGB XII (Eingliederungshilfe-VO). Er gehört – unstreitig - zu dem Personenkreis der Behinderten i.S.d. § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 2 des Neunten Sozialgesetzbuchs (SGB IX). Er hat daher grundsätzlich Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe. Diese umfasst gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII Hilfen zur angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu. Sie umfasst auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Nach § 12 Nr. 2 Eingliederungshilfe-VO werden auch geeignete und erforderliche Maßnahmen der Schulbildung zur Ermöglichung einer im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbaren Bildung gewährt.
Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung ist die begehrte Einzelfallhilfe als Maßnahme nach § 12 Eingliederungshilfe-VO geeignet und erforderlich um einen Besuch der L -Grundschule zu ermöglichen. Denn den vorgelegten schulärztlichen Stellungnahmen des Bezirksamtes Spandau von Berlin, Abteilung Soziales und Gesundheit, Kinder- und Jugendgesundheitsdienst, vom 26. Februar und 15. Mai 2009 wird der Einsatz eines Schulhelfers empfohlen. Es wird ausgeführt, dass bei bestehendem Diabetes Mellitus Typ I neben der mehrfachen Insulingaben in Form von Spritzen und der regelmäßigen Blutzuckerkontrollen eine besondere Ernährungsform und sofort wirksame Maßnahmen im Falle der Regulationsstörung des Zuckerstoffwechsels (Über- oder Unterzuckerung) notwendig seien. Aufgabe des Schulhelfers sei es, dem Antragsteller bei der Eingliederung in den Schulalltag durch Beratung und Betreuung zu Fragen des Blutzucker- und Ernährungsmanagements zu helfen; der Einsatz sei täglich erforderlich (Stellungnahme vom 15. Mai 2009). Für das Einüben der exakten Einnahme der Broteinheiten und auch in besonderen Situationen zur Teilhabe am Schulalltag bei besonderen Anlässen (Ausflüge, Klassenfahrten) sei der Einsatz erforderlich (so Stellungnahme vom 26. Februar 2009). Das Sozialpädiatrische Zentrum für chronisch kranke Kinder der Charité hält in seinen Bescheinigungen vom 25. August 2009 und 3. September 2009 gleichfalls den Einsatz eines Schulhelfers für notwendig. Hierin wird ein Stundenumfang von 20 Stunden wöchentlich angegeben, der unter Berücksichtigung der schulärztlichen Stellungnahmen nachvollziehbar erscheint (fünf Tage á vier Stunden).
Der begehrten Hilfe steht auch nicht der Nachranggrundsatz des § 2 Abs. 1 SGB XII in der Weise entgegen, dass Schulhelfer durch die Schulverwaltung zu stellen sind und deshalb grundsätzlich nicht mehr als Leistung der Eingliederungshilfe gewährt werden können. Zwar ist es zutreffend, dass die Hilfen nach § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII den Verpflichtungen des Schulträgers im Sinne des § 2 SGB XII nachrangig sind (vgl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 54 Rn. 22; Bieritz-Harder in LPK-SGB XII, § 54 Rn. 53, Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 21. Dezember 2005, L 23 B 1064/05 SO ER und 11. November 2005, L 23 B 1035/05 SO ER). Dementsprechend sollen im Lande Berlin die erforderlichen Hilfen grundsätzlich durch den Schulträger erbracht werden, was Sinn macht, weil dieser schneller und besser den erforderlichen Hilfebedarf erkennen und zeitnah die erforderlichen Hilfen zur Verfügung stellen kann. Jedoch setzt die Nachrangigkeit voraus, dass die erforderlichen Maßnahmen durch den Schulträger tatsächlich erbracht werden. Werden sie nicht erbracht und können sie auch nicht rechtzeitig durchgesetzt werden, verbleibt es dabei, dass die erforderliche Hilfe durch den Träger der Sozialhilfe zu erbringen ist. Es entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass der betroffene Bürger auf dem Gebiet des Sozialhilferechts und des Sozialrechts allgemein nicht gezwungen werden kann, den Streit über die Zuständigkeit zwischen den Behörden auf sein Risiko und seine Kosten zu klären. Der Zuständigkeitsstreit ist vielmehr von den beteiligten Behörden auszutragen. Bei der Beurteilung, ob der Hilfesuchende sich in einem seinen Sozialhilfeanspruch ausschließenden Sinne selbst helfen könne, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Hilfesuchende einen Rechtsanspruch gegen einen Dritten – hier die Schulverwaltung - hat, sondern darauf, ob er die benötigte Hilfe auch tatsächlich erhalten oder den Anspruch gegen den Dritten rechtzeitig realisieren kann (so LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O. unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts).
Ein durch den Schulträger bereitgestellter Schulhelfer steht aber derzeit nicht zur Verfügung. Zum einen besteht auf die Zurverfügungstellung nach der Rechtsprechung der Berliner Verwaltungsgerichtsbarkeit auch kein individueller Anspruch (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 30. September 2002, OVG 8 S 88.02 und VG Berlin, Beschluss vom 2. April 2002, VG 3 A 139.02). Zum anderen ist auch nicht ersichtlich, dass zeitnah der zuständige Schulträger einen solchen zur Verfügung stellen wird. Das Sonderpädagogische Förderzentrum Spandau – Koordinierungsstelle – hatte unter dem 29. Juli 2009 mitgeteilt, dass ein Schulhelfer trotz der anerkannten Notwendigkeit allein deshalb nicht zur Verfügung gestellt werden könne, weil der L -Grundschule keine entsprechenden Schulhelferstunden, also Mittel, zugeteilt seien. Zwar hat der Antragsgegner unter dem 3. September 2009 die zuständige Senatsverwaltung um Bereitstellung entsprechender finanzieller Mittel gebeten. Ob und wann tatsächlich diese bewilligt werden, ist vollkommen offen. Dieser interne Streit kann nicht zu Lasten des Klägers gehen.
Dem Anspruch steht auch nicht entgegen, dass die erforderliche Hilfe zumindest vorübergehend durch einen Pflegedienst erbracht werden könnte. Abgesehen davon, dass unklar ist, wie die Finanzierung eines solchen Einsatzes erfolgt (durch den Schulträger, den Sozialhilfeträger oder die Krankenkasse?), werden im Rahmen solcher Pflegeeinsätze regelmäßig nur die erforderlichen Behandlungspflegemaßnahmen, also die Blutzuckerkontrolle und die Insulingabe erbracht. Die erforderlichen Hilfen, die der Kläger benötigt, gehen jedoch nach den schulärztlichen Stellungnahmen und der Bescheinigung der Charité hierüber hinaus (siehe oben), so dass durch den Pflegedienst der Hilfebedarf nur zum Teil gedeckt werden würde. Letztendlich kann der Hilfebedarf auch nicht durch die Integrationslehrkräfte erbracht werden. Denn in der Stellungnahme der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 3. September 2009 wird darauf hingewiesen, dass die Integrationslehrerin keine pflegerischen Aufgaben übernehmen kann. Deren Aufgabe bestehe vorwiegend in der Unterstützung beim Erlernen der Lerninhalte, da der Antragsteller mit dem Förderschwerpunkt "Körperliche und motorischen Entwicklung" zielgerichtet unterrichtet werde. In Anbetracht dessen dürfte aber auch eine Übernahme der Hilfen, die nicht durch den Pflegedienst übernommen werden können, weil sie keine Behandlungspflegemaßnahmen sind, durch die Integrationslehrerin ausscheiden.
Weiterhin kommen auch keine vorrangige Eingliederungshilfemaßnahmen für seelisch behinderte Kinder durch den Träger der Jugendhilfe nach § 35a des Achten Sozialgesetzbuchs (SGB VIII) in Betracht, da es hier nicht um Hilfe zum Ausgleich einer seelischen Behinderung geht.
Das für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Eilbedürfnis ist ebenfalls gegeben. Denn es ist zu befürchten, dass, wenn die Hilfe bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache oder aber bis zu einer Zurverfügungstellung der Hilfe durch den Schulträger länger nicht erbracht wird, die schulische Ausbildung nicht ordnungsgemäß und erfolgreich durchgeführt werden kann und ggf. dadurch eine Verzögerung in der Schullaufbahn eintritt.
Dem Wesen des einsteiligen Rechtsschutzverfahrens entsprechend war die Anordnung zu befristen und lediglich mit Wirkung für die Zukunft auszusprechen: Es sollen mit ihr nur wesentliche Nachteile abgewendet werden, die bei Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache einträten. Wurde die Hilfe in der Vergangenheit nicht erbracht, so kann sie auch für die Vergangenheit nicht mehr nachträglich erbracht werden. Wurde sie dagegen - ohne Kostenübernahme durch den Sozialhilfeträger – tatsächlich geleistet, so handelt es sich allein um einen Kostenerstattungsstreit, bei dem es ohne weiteres zumutbar ist, die Entscheidung der Hauptsache abzuwarten.
Der Antrag war, da er keine Befristung der vorläufigen Leistung vorsah, im Übrigen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG und berücksichtigt den Erfolg der Klage. Soweit der Antrag im Übrigen abgewiesen wurde, ist dies auf die ungenaue Fassung des Antrags zurückzuführen und in Anbetracht dessen, dass durch die Mehrforderung bei den nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz anzusetzenden Betragsrahmengebühren keine Mehrkosten anfallen, bei der Kostenentscheidung nicht weiter zu berücksichtigen.
Gründe:
Der am 1. September 2009 bei Gericht eingegangene Antrag,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig zu verpflichten, dem Antragsteller die Leistungen der Eingliederungshilfe, hier Schulhelfer im Umfang von vier Stunden täglich, zu gewähren,
hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Da der Antragsteller die Veränderung eines derzeit leistungslosen Zustandes begehrt, kann ihm einstweiliger Rechtsschutz nur unter den Voraussetzungen des § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gewährt werden. Danach sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Begründet ist der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, wenn sich bei summarischer Prüfung mit ausreichender Wahrscheinlichkeit ergibt, dass ein Anspruch nach materiellem Recht besteht (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 916 ZPO; Anordnungsanspruch) und eine besondere Eilbedürftigkeit vorliegt (§ 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG in Verbindung mit §§ 920 Abs. 2, 917, 918 ZPO; Anordnungsgrund).
Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Gewährung von Einzelfallhilfe nach den §§ 53 Abs. 1 S. 1, 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Zwölften Sozialgesetzbuchs (SGB XII) i.V.m. § 12 Nr. 2 der Verordnung nach § 60 des SGB XII (Eingliederungshilfe-VO). Er gehört – unstreitig - zu dem Personenkreis der Behinderten i.S.d. § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 2 des Neunten Sozialgesetzbuchs (SGB IX). Er hat daher grundsätzlich Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe. Diese umfasst gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII Hilfen zur angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu. Sie umfasst auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Nach § 12 Nr. 2 Eingliederungshilfe-VO werden auch geeignete und erforderliche Maßnahmen der Schulbildung zur Ermöglichung einer im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbaren Bildung gewährt.
Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung ist die begehrte Einzelfallhilfe als Maßnahme nach § 12 Eingliederungshilfe-VO geeignet und erforderlich um einen Besuch der L -Grundschule zu ermöglichen. Denn den vorgelegten schulärztlichen Stellungnahmen des Bezirksamtes Spandau von Berlin, Abteilung Soziales und Gesundheit, Kinder- und Jugendgesundheitsdienst, vom 26. Februar und 15. Mai 2009 wird der Einsatz eines Schulhelfers empfohlen. Es wird ausgeführt, dass bei bestehendem Diabetes Mellitus Typ I neben der mehrfachen Insulingaben in Form von Spritzen und der regelmäßigen Blutzuckerkontrollen eine besondere Ernährungsform und sofort wirksame Maßnahmen im Falle der Regulationsstörung des Zuckerstoffwechsels (Über- oder Unterzuckerung) notwendig seien. Aufgabe des Schulhelfers sei es, dem Antragsteller bei der Eingliederung in den Schulalltag durch Beratung und Betreuung zu Fragen des Blutzucker- und Ernährungsmanagements zu helfen; der Einsatz sei täglich erforderlich (Stellungnahme vom 15. Mai 2009). Für das Einüben der exakten Einnahme der Broteinheiten und auch in besonderen Situationen zur Teilhabe am Schulalltag bei besonderen Anlässen (Ausflüge, Klassenfahrten) sei der Einsatz erforderlich (so Stellungnahme vom 26. Februar 2009). Das Sozialpädiatrische Zentrum für chronisch kranke Kinder der Charité hält in seinen Bescheinigungen vom 25. August 2009 und 3. September 2009 gleichfalls den Einsatz eines Schulhelfers für notwendig. Hierin wird ein Stundenumfang von 20 Stunden wöchentlich angegeben, der unter Berücksichtigung der schulärztlichen Stellungnahmen nachvollziehbar erscheint (fünf Tage á vier Stunden).
Der begehrten Hilfe steht auch nicht der Nachranggrundsatz des § 2 Abs. 1 SGB XII in der Weise entgegen, dass Schulhelfer durch die Schulverwaltung zu stellen sind und deshalb grundsätzlich nicht mehr als Leistung der Eingliederungshilfe gewährt werden können. Zwar ist es zutreffend, dass die Hilfen nach § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB XII den Verpflichtungen des Schulträgers im Sinne des § 2 SGB XII nachrangig sind (vgl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 54 Rn. 22; Bieritz-Harder in LPK-SGB XII, § 54 Rn. 53, Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 21. Dezember 2005, L 23 B 1064/05 SO ER und 11. November 2005, L 23 B 1035/05 SO ER). Dementsprechend sollen im Lande Berlin die erforderlichen Hilfen grundsätzlich durch den Schulträger erbracht werden, was Sinn macht, weil dieser schneller und besser den erforderlichen Hilfebedarf erkennen und zeitnah die erforderlichen Hilfen zur Verfügung stellen kann. Jedoch setzt die Nachrangigkeit voraus, dass die erforderlichen Maßnahmen durch den Schulträger tatsächlich erbracht werden. Werden sie nicht erbracht und können sie auch nicht rechtzeitig durchgesetzt werden, verbleibt es dabei, dass die erforderliche Hilfe durch den Träger der Sozialhilfe zu erbringen ist. Es entspricht höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass der betroffene Bürger auf dem Gebiet des Sozialhilferechts und des Sozialrechts allgemein nicht gezwungen werden kann, den Streit über die Zuständigkeit zwischen den Behörden auf sein Risiko und seine Kosten zu klären. Der Zuständigkeitsstreit ist vielmehr von den beteiligten Behörden auszutragen. Bei der Beurteilung, ob der Hilfesuchende sich in einem seinen Sozialhilfeanspruch ausschließenden Sinne selbst helfen könne, kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Hilfesuchende einen Rechtsanspruch gegen einen Dritten – hier die Schulverwaltung - hat, sondern darauf, ob er die benötigte Hilfe auch tatsächlich erhalten oder den Anspruch gegen den Dritten rechtzeitig realisieren kann (so LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O. unter Bezugnahme auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts).
Ein durch den Schulträger bereitgestellter Schulhelfer steht aber derzeit nicht zur Verfügung. Zum einen besteht auf die Zurverfügungstellung nach der Rechtsprechung der Berliner Verwaltungsgerichtsbarkeit auch kein individueller Anspruch (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 30. September 2002, OVG 8 S 88.02 und VG Berlin, Beschluss vom 2. April 2002, VG 3 A 139.02). Zum anderen ist auch nicht ersichtlich, dass zeitnah der zuständige Schulträger einen solchen zur Verfügung stellen wird. Das Sonderpädagogische Förderzentrum Spandau – Koordinierungsstelle – hatte unter dem 29. Juli 2009 mitgeteilt, dass ein Schulhelfer trotz der anerkannten Notwendigkeit allein deshalb nicht zur Verfügung gestellt werden könne, weil der L -Grundschule keine entsprechenden Schulhelferstunden, also Mittel, zugeteilt seien. Zwar hat der Antragsgegner unter dem 3. September 2009 die zuständige Senatsverwaltung um Bereitstellung entsprechender finanzieller Mittel gebeten. Ob und wann tatsächlich diese bewilligt werden, ist vollkommen offen. Dieser interne Streit kann nicht zu Lasten des Klägers gehen.
Dem Anspruch steht auch nicht entgegen, dass die erforderliche Hilfe zumindest vorübergehend durch einen Pflegedienst erbracht werden könnte. Abgesehen davon, dass unklar ist, wie die Finanzierung eines solchen Einsatzes erfolgt (durch den Schulträger, den Sozialhilfeträger oder die Krankenkasse?), werden im Rahmen solcher Pflegeeinsätze regelmäßig nur die erforderlichen Behandlungspflegemaßnahmen, also die Blutzuckerkontrolle und die Insulingabe erbracht. Die erforderlichen Hilfen, die der Kläger benötigt, gehen jedoch nach den schulärztlichen Stellungnahmen und der Bescheinigung der Charité hierüber hinaus (siehe oben), so dass durch den Pflegedienst der Hilfebedarf nur zum Teil gedeckt werden würde. Letztendlich kann der Hilfebedarf auch nicht durch die Integrationslehrkräfte erbracht werden. Denn in der Stellungnahme der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 3. September 2009 wird darauf hingewiesen, dass die Integrationslehrerin keine pflegerischen Aufgaben übernehmen kann. Deren Aufgabe bestehe vorwiegend in der Unterstützung beim Erlernen der Lerninhalte, da der Antragsteller mit dem Förderschwerpunkt "Körperliche und motorischen Entwicklung" zielgerichtet unterrichtet werde. In Anbetracht dessen dürfte aber auch eine Übernahme der Hilfen, die nicht durch den Pflegedienst übernommen werden können, weil sie keine Behandlungspflegemaßnahmen sind, durch die Integrationslehrerin ausscheiden.
Weiterhin kommen auch keine vorrangige Eingliederungshilfemaßnahmen für seelisch behinderte Kinder durch den Träger der Jugendhilfe nach § 35a des Achten Sozialgesetzbuchs (SGB VIII) in Betracht, da es hier nicht um Hilfe zum Ausgleich einer seelischen Behinderung geht.
Das für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Eilbedürfnis ist ebenfalls gegeben. Denn es ist zu befürchten, dass, wenn die Hilfe bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache oder aber bis zu einer Zurverfügungstellung der Hilfe durch den Schulträger länger nicht erbracht wird, die schulische Ausbildung nicht ordnungsgemäß und erfolgreich durchgeführt werden kann und ggf. dadurch eine Verzögerung in der Schullaufbahn eintritt.
Dem Wesen des einsteiligen Rechtsschutzverfahrens entsprechend war die Anordnung zu befristen und lediglich mit Wirkung für die Zukunft auszusprechen: Es sollen mit ihr nur wesentliche Nachteile abgewendet werden, die bei Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache einträten. Wurde die Hilfe in der Vergangenheit nicht erbracht, so kann sie auch für die Vergangenheit nicht mehr nachträglich erbracht werden. Wurde sie dagegen - ohne Kostenübernahme durch den Sozialhilfeträger – tatsächlich geleistet, so handelt es sich allein um einen Kostenerstattungsstreit, bei dem es ohne weiteres zumutbar ist, die Entscheidung der Hauptsache abzuwarten.
Der Antrag war, da er keine Befristung der vorläufigen Leistung vorsah, im Übrigen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG und berücksichtigt den Erfolg der Klage. Soweit der Antrag im Übrigen abgewiesen wurde, ist dies auf die ungenaue Fassung des Antrags zurückzuführen und in Anbetracht dessen, dass durch die Mehrforderung bei den nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz anzusetzenden Betragsrahmengebühren keine Mehrkosten anfallen, bei der Kostenentscheidung nicht weiter zu berücksichtigen.
Rechtskraft
Aus
Login
BRB
Saved