Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 1325/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 361/07
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Volle/teilweise Erwerbsminderung - Beweiswürdigung; Vorliegen einer chronsichen Schmerzkrankheit
2. Auch bei der Diagnose Fibromyalgie dürfen quantitative Einschränkungen des beruflichen Leistungsvermögens nciht unterstellt werden, sondern bedürfen der expliziten Feststellung im Einzelfall.
3. Bei Schmerzempfinden ohne organisches Korrelat darf eine quantitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens nur dann angenommen werden, wenn individuell und konkret nachgewiesen ist, warum der Versicherte gerade wegen der Schmerzkrankheit nichtmehr zeitlich voll arbeiten kann.
4. Sichtbare Emotionalität und Polemik eines medizinischen Sachverständigen kann Anlass sein, an der wissenschaftlichen Objektivität des Gutachtens zu zweifeln.
2. Auch bei der Diagnose Fibromyalgie dürfen quantitative Einschränkungen des beruflichen Leistungsvermögens nciht unterstellt werden, sondern bedürfen der expliziten Feststellung im Einzelfall.
3. Bei Schmerzempfinden ohne organisches Korrelat darf eine quantitative Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens nur dann angenommen werden, wenn individuell und konkret nachgewiesen ist, warum der Versicherte gerade wegen der Schmerzkrankheit nichtmehr zeitlich voll arbeiten kann.
4. Sichtbare Emotionalität und Polemik eines medizinischen Sachverständigen kann Anlass sein, an der wissenschaftlichen Objektivität des Gutachtens zu zweifeln.
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 15. März 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Das Berufungsverfahren betrifft die Frage, ob der Klägerin eine Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zusteht.
Die 51-jährige Klägerin ist seit 1989 verheiratet und hat zwei, 1989 und 1997 geborene Töchter, die beide noch in ihrem Haushalt wohnen. Sie begann nach Ende ihrer Schulzeit eine Ausbildung als Floristin, die sie jedoch abbrach. Von 1972 bis 1981 arbeitete sie als Spulenwicklerin, Löterin und Prüferin in der Elektrobranche, von 1981 bis 1984 in der Lackiererei einer Skifirma. Danach war sie bis 1989 wiederum als Löterin und Montiererin tätig. Von da an ging sie keiner abhängigen Beschäftigung mehr nach. Ab 1989 bis 1995 pflegte sie Schwiegermutter, Mutter und Vater jeweils bis zu deren Tod, von 1997 bis 2000 dann den Schwiegervater. Seit 1993 betreibt die Klägerin selbstständig zusammen mit ihrem Ehemann eine Pferdepension; im Stall stehen etwa 10 Pferde (früher 25).
Seit etwa 2000 leidet die Klägerin an Erschöpfungszuständen. In einem Antrag auf Rehabilitationsleistungen vom 10.07.2000 gab sie an, sie würde an sieben Tagen in der Woche täglich 4,5 Stunden arbeiten. Vom 31.08. bis 21.09.2000 durchlief sie die beantragte stationäre Leistung der medizinischen Rehabilitation in der Klinik S.; diese war neurologisch ausgerichtet. Anamnestisch gab die Klägerin damals an, sie sei körperlich und seelisch ziemlich erschöpft. Durch die Belastung mit dem Vierpersonenhaushalt, der beruflichen Einspannung und der Versorgung des Schwiegervaters sei sie am Rande ihrer Belastbarkeit angelangt. Sie leide seit vielen Jahren unter Kopfschmerzen, die anfallsweise aufträten; bei jeder Form der Bewegung würden sie schlechter. Am meisten würden Ruhe und die Abschirmung von Außenreizen helfen. Seit Jahren leide sie unter chronischen Rückenschmerzen, hauptsächlich im LWS-Bereich, ohne Ausstrahlung in die Beine; die Schmerzen seien belastungsabhängig. In dem Entlassungsbericht wurde mitgeteilt, die Klägerin arbeite je nach Arbeitsanfall drei bis sieben Stunden täglich, auch am Wochenende. Es handle sich um schwere körperliche Arbeit mit Heben und Bewegen von Lasten bis 25 kg (Strohballen). Die Arbeit werde stehend und gehend verrichtet, zum Teil in Zwangshaltungen, zum Teil über Kopf, zum Teil auch mit Besteigen von Leitern und Gerüsten. Die Klägerin, so der Entlassungsbericht, sei bei der Entlassung beschwerdefrei gewesen, die Stimmung deutlich angehoben; sie habe keine psychotherapeutische Mitbehandlung gewünscht. Ihre körperliche Leistungsfähigkeit liege im Durchschnitt.
2001 erkrankte der Ehemann der Klägerin an Krebs. Am 17.07. und 31.07.2003 wurde die Klägerin ihrerseits wegen eines malignen Melanoms am Rücken operiert. Vom 15.08. bis 05.09.2003 kam es zu einem stationären internistisch/onkologischen Heilverfahren in der B.Klinik F ... Bei der Aufnahme beklagte die Klägerin innere Unruhe, Nervosität, Schlappheit, Müdigkeit. Seit der Hauterkrankung hätten die seit drei Jahren bestehenden Beschwerden im LWS-Bereich und im linken Bein zugenommen. Seit der Krebsoperation hätte sie im Haushalt Probleme bei Überkopfarbeiten und anstrengenden Tätigkeiten; schweres Heben und Tragen würden vermieden. Die Klinik nahm bei der Entlassung ein tägliches Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr für leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen, an. Die Klägerin gab zu diesem Zeitpunkt an, sie habe sich sehr gut erholt; die Schmerzen im Narbenbereich und der LWS hätten sich weit gehend zurückgebildet. Bei der Kontrolluntersuchung, so der Entlassungsbericht, habe sie sehr erholt und optimistisch gewirkt.
Seit 2003 ist die Klägerin in nervenärztlicher Behandlung. Von 01. bis 03.08.2007 befand sie sich in stationärer Behandlung im Bezirksklinikum M ... Dort war ein vollständig unauffälliger neurologischer Befund erhoben worden. Ausgeschlossen werden konnten eine entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems sowie eine Borreliose.
Am 18.11.2004 beantragte die Klägerin eine Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 22.11.2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil ausgehend vom Datum der Rentenantragstellung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Mit Schreiben vom 16.12.2004 legte die Klägerin Widerspruch ein. Im Widerspruchsverfahren erfolgte eine Begutachtung durch den Internisten Dr. R., der eine Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen für mindestens sechs Stunden täglich sah. In diesem Zusammenhang war ein nervenärztliches Zusatzgutachten des Dr. S. erstellt und in die Beurteilung integriert worden. Vor dem Nervenarzt teilte die Klägerin mit, sie sei immer müde, immer hätte sie Schmerzen in Gelenken. Manchmal sei sie ganz traurig. Sie hätte LWS-Beschwerden und dürfe nicht schwer heben. Ein bis zwei Mal im Monat habe sie Migräne. Ab November 2002 habe sie sich nicht mehr so leistungsfähig gefühlt. Im Stall würde sie ein bis zwei Stunden am Tag arbeiten, auch schwere Arbeiten. Zum Tagesablauf gab die Klägerin an, sie stehe gegen 6 Uhr auf, mache dann die Kinder für die Schule fertig und wasche anschließend Wäsche. Es folgten Stallarbeit und Versorgung der Pferde, sodann Hausarbeiten (Einkaufen). Sie versuche, regelmäßig zu kochen. Mittags würde sie sich eine halbe Stunde hinlegen. Nachmittags mache sie Hausaufgaben mit der Tochter. Gegen 21 Uhr gehe sie zu Bett; sie schlafe gut ein, habe aber Durchschlafstörungen. Dr. S. gab eine gedrückte Grundstimmung an, die affektive Schwingungsfähigkeit sei leicht eingeschränkt, es bestünden weder Affektlabilität noch formale Denkstörungen. Sie wirke zwar etwas matt und schwunglos, der Antrieb sei aber nicht stärkergradig vermindert. Es bestünden Minderwertigkeitsgefühle wegen verminderter Leistungsfähigkeit.
Daraufhin erteilte die Beklagte einen abermaligen, auf den 26.09.2005 datierten Ablehnungsbescheid, wobei sie sich dieses Mal auf das Fehlen einer relevanten Erwerbsminderung stützte. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Mit Schriftsatz vom 03.11.2005 erhob die Klägerin beim Sozialgericht Landshut Klage. Dieses holte ein nervenärztliches Gutachten von Dr. Dr. C. W. ein. Aus dessen nach persönlicher Untersuchung erstelltem Gutachten vom 20.07.2006 ergibt sich, dass die Klägerin bei der Anamnese Schmerzen am ganzen Körper beklagte. Sie leide auch unter Kopfschmerzen. Seelisch gehe es ihr seit der Krebsoperation nun etwas besser. Insbesondere 2001 sei es ihr aufgrund der vielen Sorgen schlecht gegangen. Auch die soziale Situation habe sich wieder etwas geglättet. Die Psychotherapie tue ihr gut; sie könne wieder reden. Ihr Schlaf sei schmerzbedingt unterbrochen; sie gehe gegen 21 bis 22 Uhr ins Bett und stehe um 6 Uhr auf. Zum Tagesablauf äußerte die Klägerin, sie wecke um 6.30 Uhr die Kinder, fahre sie um 6.45 Uhr in die Schule, richte um 7.30 Uhr das Frühstück, kümmere sich um die Hausarbeit. Um 8 Uhr ruhe sie sich wegen Erschöpfung aus, ab 10 Uhr folge die Stallarbeit (Aufräumen, Zusammenkehren), ab 11 Uhr koche sie. Bis zum Essen um 13 Uhr und etwa um 14 Uhr ruhe sie sich aus. Ab 14.30 mache sie mit den Kindern Hausaufgaben, ab 16 Uhr stehe das Füttern im Stall an. Um 18 Uhr bereite sie das Abendessen zu, danach erledige sie Hausarbeiten. Sodann bringe sie ihre Kinder zu Bett. Nur beim Fenster putzen und im Garten benötige sie Hilfe. Dr. Dr. W. berichtete, die Klägerin sei voll orientiert gewesen, bewusstseinsklar und formal vollkommen geordnet. Es habe kein Anhalt bestanden für Defizite bei Aufmerksamkeit, Vigilanz, Kognition und Gedächtnis. Die Resonanzfähigkeit sei vermindert gewesen, ebenfalls die affektive Beweglichkeit und emotionale Ausdrucksfülle. Antrieb und Intentionalität seien erhalten. Die neurologischen Verhältnisse seien bei der Untersuchung unauffällig gewesen. Der Sachverständige stellte die Diagnosen Migräne, Dysthymie und somatoforme Schmerzstörung. Die Klägerin sei in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts zu verrichten; das entspreche auch dem kontemporär geleisteten Einsatz.
Sodann wurde ein nervenärztliches Gutachten nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) von Dr. K. K. eingeholt. In dessen nach persönlicher Untersuchung erstelltem Gutachten vom 18.12.2006 ist die anamnestische Angabe der Klägerin dokumentiert, bei ihr sei vermutlich alles zusammengekommen. Zunächst habe der Körper gestreikt mit Beginn der chronischen Schmerzen 2001. 2003 sei dann zunehmend eine depressive Störung aufgetreten. Das Schlimmste für sie sei, dass sie insgesamt in ihrer allgemeinen Leistungsfähigkeit entscheidend nachgelassen habe. Morgens komme sie kaum aus dem Bett, einerseits wegen der Schmerzen, andererseits aus Antriebsmangel. Dr. K. stellte fest, die Stimmungslage sei deutlich zum depressiven Pol hin verschoben, das Antriebsverhalten mäßig reduziert, Konzentrationsvermögen, Aufmerksamkeit und Durchhaltevermögen seien leicht reduziert. Es bestehe allgemein ein deutlicher Leidensdruck auch unter dem Aspekt des chronischen generalisierten Schmerzsyndroms. Bei der Klägerin habe sich aufgrund der Krebsangst eine Phobie entwickelt. Dazu sei seitdem eine deutlich progrediente depressive Störung aufgetreten, die von Dr. Dr. W. nur oberflächlich gewürdigt worden sei. Die Diagnose einer Dysthymie sei falsch. Dr. Dr. W. habe den Arbeitsalltag der Klägerin vollkommen falsch eingeschätzt und die Fibromyalgie ignoriert. Die Klägerin könne nur noch drei bis vier Stunden pro Tag leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten verrichten. Sie könne sich nicht auf andere Tätigkeiten umstellen.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 15.03.2007 ab. Es schloss sich im Wesentlichen dem Sachverständigen Dr. Dr. W. an. Abgesehen von einer Druckschmerzhaftigkeit an verschiedenen Körperstellen, so das Sozialgericht zur Begründung, lasse sich bei der Klägerin in körperlicher Hinsicht kein pathologischer Befund erheben. Trotz der psychischen Belastung, der die Klägerin ausgesetzt sei, hätten sich keine Anhaltspunkte für ein gravierendes depressives Geschehen oder eine relevante Angsterkrankung ergeben. Die Tagesstruktur der Klägerin sei weit gehend erhalten. Gegenüber Dr. Dr. W. habe sie angegeben, ihren Haushalt noch weit gehend selbstständig zu erledigen; lediglich für schwere körperliche Arbeiten benötige sie Hilfe. Dem Gutachten des Dr. K. könne nicht gefolgt werden. Die Beschwerdeschilderung der Klägerin gegenüber Dr. Dr. W. auf der einen und Dr. K. auf der anderen Seite deckten sich im Wesentlichen. Auch Dr. K. habe keine nennenswert pathologischen Befunde in körperlicher Hinsicht erhoben. Nicht dargelegt sei, inwieweit die Krebsangst zeitliche Leistungseinschränkungen begründen könnte. Dr. K. habe seine Einschätzung der Leistungsfähigkeit allein auf die subjektiven Angaben der Klägerin gestützt.
Mit Schriftsatz vom 25.04.2007 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie trägt vor, das Sozialgericht hätte sich nicht mit dem Gutachten des Dr. Dr. W. begnügen dürfen, da es nicht widerspruchsfrei sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 15. März 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 22. November 2004 sowie vom 26. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Oktober 2005 zu verurteilen, ihr eine Rente wegen Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Von einer gesonderten Begründung hat die Beklagte abgesehen.
Mit verschiedenen Vormerkungsbescheiden hat die Beklagte Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung bis einschließlich 13.05.2007 anerkannt.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines fachchirurgisch-orthopädischen Gutachtens von Dr. T. L ... Dieser hat in seinem nach persönlicher Untersuchung erstellten Gutachten vom 04.03.2008 festgestellt, beide Hände zeigten ein gutes Verarbeitungsmuster im Hinblick auf die Beschwielung. Es liege ein leichtes, allenfalls mittelschweres LWS-Syndrom vor mit sich daraus ergebendem Funktionsdefizit ohne Zeichen eines peripher-neurogenen Defektes. Die Klägerin sei in der Lage, leichte, fallweise mittelschwere Arbeiten (Anteil der mittelschweren Arbeit drei bis vier Stunden) zu verrichten. Nicht zumutbar seien Arbeiten in einer konstanten Rumpfbeugehaltung. Entfallen sollten das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, häufiges Bücken, häufiges Knien, häufiges Treppensteigen, häufiges Besteigen von Leitern und Gerüsten. Der gelegentliche Wechsel der Körperhaltung müsse gewährleistet sein. Arbeiten, welche eine volle Gebrauchsfähigkeit der Hände erforderten, seien möglich. Unter Beachtung qualitativer Einschränkungen bestehe noch eine achtstündige tägliche Leistungsfähigkeit. Das berufliche Leistungsvermögen könne durch eine gezielte wirbelsäulenorientierte krankengymnastische Übungsbehandlung noch gebessert werden. Die körperliche Verfassung hinsichtlich des Stütz- und Bewegungsapparates könne durchaus als noch gut bezeichnet werden.
Weiter hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens nach persönlicher Untersuchung von Dr. E. (Gutachten vom 07.04.2008). Die Klägerin habe, so Dr. E., in psychopathologischer Hinsicht über Erschöpfungsgefühl, vermehrte Müdigkeit, depressive Verstimmung, Freudlosigkeit, Versagensgefühle, Minderwertigkeitsgefühle, Antriebsmangel, innere Unruhe und Merkfähigkeitsstörungen, in körperlicher Hinsicht über multilokuläre Schmerzen geklagt. Ein bis zwei Mal pro Woche träten migräneartige Kopfschmerzen auf. Sie, die Klägerin, habe Kontakt mit einer Selbsthilfegruppe für Fibromyalgiekranke aufgenommen. Bei Gruppengesprächen sei sie bislang nicht gewesen. Mit einer Frau aus der Selbsthilfegruppe telefoniere sie gelegentlich. Dr. E. hat festgestellt, die Angaben zum Beschwerdebild seien klagsam erfolgt. Die Stimmungslage sei gedrückt, subdepressiv, besorgt und ängstlich getönt; es bestünden Minderwertigkeits- und Versagensgefühle. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei leichtgradig eingeschränkt. Die Klägerin habe die fast zweistündige Exploration durchgehalten, ohne aufstehen zu müssen. Die psychomotorischen Abläufe seien nicht verlangsamt. Eine Schonhaltung sei nicht erkennbar. Vom Antrieb her wirke die Klägerin etwas matt und schwunglos bei glaubhaft angegebenem Erschöpfungsgefühl. Sie wirke nicht vitalgemindert, abnorm müde oder im Antrieb gehemmt. Epikritisch ist Dr. E. zum Ergebnis gekommen, durch die zehnjährige Pflege von Angehörigen seien ein psychophysischer Erschöpfungszustand sowie chronische Kopfschmerzen eingetreten. Eine 2001 festgestellte Krebserkrankung des Ehemanns sowie das Auftreten des Melanoms 2003 stellten weitere belastende Umstände dar. Nach der Melanomoperation hätten sich vermehrt Erschöpfungszustände sowie multilokuläre Schmerzen eingestellt; jene hätten durch organpathologische Befunde nicht ausreichend erklärt werden können. Auch die neurologische Untersuchung durch sie, Dr. E., habe keine Hinweise für ein sensomotorisches Defizit bezüglich der geklagten wirbelsäulenabhängigen Beschwerden ergeben. Eine 2003 eingeleitete nervenärztliche Behandlung, in deren Verlauf verschiedene Antidepressiva zur Anwendung gekommen seien, habe nur mäßigen Erfolg gezeigt. Seit 2005 befinde sich die Klägerin in psychotherapeutischer Behandlung, wobei die Sitzungsfrequenz - einmal im Monat - relativ niedrig sei. Eine Erkrankung aus dem entzündlich-rheumatischen Formenkreis sei nicht festgestellt worden. Das Gutachten von Dr. Dr. W. lasse keine Rückschlüsse auf ein gravierendes depressives Geschehen oder eine relevante Angsterkrankung zu. Auch bei Dr. Dr. W. habe keine Schmerzschonhaltung bestanden. Die von ihm festgestellte Druck- und Berührungsempfindlichkeit an verschiedenen Körperstellen reiche nicht aus, um auf ein quantitativ vermindertes Leistungsvermögen zu schließen. Der in seinem Gutachten genannte Tagesablauf lasse erkennen, dass trotz Einlegung von Ruhepausen die Leistungsfähigkeit im Wesentlichen erhalten sei; teilweise mit etwas Hilfe komme die Klägerin mit der Versorgung eines Vierpersonenhaushalts zurecht. Ein Morgentief habe nicht eruiert werden können. Dass die Schmerzen morgens an schlimmsten seien, finde man bei vielen chronisch Schmerzkranken. Der Umstand, dass in der Herbstzeit die Stimmung schlechter sei, spreche nicht zwingend für eine Depression. Ein phasenhafter Krankheitsverlauf könne nicht festgestellt werden, so dass eine rezidivierende depressive Erkrankung ausscheide. Vielmehr dürfte eine chronisch-depressive Entwicklung bei reaktiven Faktoren bestehen, wobei die prämorbiden Persönlichkeitszüge der Klägerin ein Übriges täten; es bestehe bei der innerlich angespannten Klägerin ein leicht bis mittelgradig ausgeprägtes depressives Syndrom im Sinn einer Dysthymie. Trotz der depressiven Symptomatik, der Schmerzen und der Erschöpfung sei die Klägerin im Wesentlichen in der Lage, mit den alltäglichen Anforderungen zurecht zu kommen. Die angegebenen Ruhepausen bei der täglichen Hausarbeit ließen noch nicht auf ein generell eingeschränktes Leistungsvermögen schließen. Das angegebene Taubheitsgefühl in den Händen wirke sich nicht belangvoll bei Tätigkeiten im Haushalt aus. Von Aggravation oder Simulation sei nicht auszugehen; die Klägerin stehe angesichts der chronischen Schmerzen tatsächlich unter Leidensdruck. Die Behandlungsmaßnahmen in Bezug auf die Migräne seien nicht ausgeschöpft. Es bestehe eine Komorbidität mit einer - jedoch nicht schwergradigen - depressiven Störung. Trotz der schon langen Dauer der Schmerzen sei noch keine spezifische Schmerztherapie durchgeführt worden; ein Analgetikamissbrauch liege nicht vor, Forderungen nach invasiven Maßnahmen habe es bislang nicht gegeben. Die Erschöpfung sei zwar glaubhaft, stelle aber kein gravierendes und irreversibles Krankheitsbild dar. Die Klägerin sei in ihrer psychischen, nervlichen und körperlichen Belastbarkeit leicht bis mäßiggradig eingeschränkt; insbesondere existierten Einschränkungen der allgemeinen Stressbelastbarkeit und der Ausdauer. Quantitative Leistungseinschränkungen bestünden nicht. Die Klägerin könne täglich weniger als acht, jedoch noch mindestens sechs Stunden körperlich leichte, gelegentlich mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten. Auch in Zusammenschau mit den orthopädischen Befunden liege keine Summierung ungewöhnlicher Behinderungen oder Funktionseinschränkungen vor.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat der Senat ein rheumatologisch-internistisches Gutachten von Dr. E. D. nach persönlicher Untersuchung eingeholt. Dieser hat im Gutachten vom 15.10.2008 angegeben, die Psyche sei qualitativ unauffällig; die Klägerin wirke leicht ängstlich besorgt mit depressiver Stimmungslage, es bestehe leichte Affektstarre. Der Gutachter hat eine manuelle "tender point"-Messung durchgeführt sowie zwei Fragebögen ausgewertet. In der Beurteilung hat Dr. D. festgestellt, die Klägerin leide an einem deutlichen chronischen Schmerzsyndrom vom Fibromyalgie-Typ. Auch wenn an der "tender point"-Diagnostik Kritik geübt worden sei, so sei sie anzuwenden, weil es keine bessere Methode gebe. Die Klägerin sei nur noch in der Lage, mit benannten qualitativen Einschränkungen drei bis unter sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Vor allem die Fibromyalgie mit typischer Leistungsminderung, Leistungseinbrüchen, Erschöpfungszuständen und vegetativen Begleitsymptomen schränke die Leistungsfähigkeit quantitativ ein. In einer Stellungnahme vom 27.03.2009 hat sich Dr. E. zu dem Gutachten des Dr. D. geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Akten des Sozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts verwiesen. Diese waren alle Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Die gesetzlich festgelegten Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung liegen nicht vor. Folgende materiell-rechtliche Regelungen sind maßgebend:
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebens- jahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind und die im Gesetz genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Versicherte Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie neben der Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen voll erwerbsgemindert sind. Das ist nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI dann der Fall, wenn Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Ungeachtet der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen scheitert ein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung schon am Fehlen eines Leistungsfalls. Denn der Senat ist davon überzeugt, dass bei der Klägerin - trotz aller gesundheitlichen Beeinträchtigungen - im gesamten streitbefangenen Zeitraum weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung gegeben ist oder war. Die Klägerin ist vielmehr in der Lage, unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Senat folgt insoweit den übereinstimmenden medizinischen Gutachten von Dr. Dr. W., Dr. L. und Dr. E ... Betrachtet man alle drei Gutachten in einer Zusammenschau, so sind überaus sorgfältig Befunde erhoben und einfühlsam bewertet worden. Keines der Gutachten lässt fachliche oder methodologische Schwächen erkennen, die sich negativ auf die Überzeugungskraft auswirken könnten.
Die Gesundheitsstörungen, die das orthopädische Fachgebiet betreffen, sind nicht gravierend. Dr. L. hat plausibel lediglich ein leichtes, allenfalls mittelschweres LWS-Syndrom mit sich daraus ergebendem Funktionsdefizit ohne Zeichen eines peripher-neurogenen Defektes diagnostiziert. Er sieht die Klägerin in der Lage, zeitlich uneingeschränkt leichte, fallweise mittelschwere Arbeiten (Anteil der mittelschweren Arbeit drei bis vier Stunden) zu verrichten. Auch die von ihm gesehenen qualitativen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit der Klägerin halten sich durchaus noch im Rahmen; fasst man die diesbezügliche Passage des Gutachtens zusammen, so müssen im Wesentlichen nur einseitige Belastungen der LWS unterbleiben. Dr. L. sieht sogar eine Besserungsfähigkeit des beruflichen Leistungsvermögens, wenn die Klägerin wirbelsäulenorientierte krankengymnastische Übungen durchführen würde. Bezeichnender Weise schätzt der Sachverständige die körperliche Verfassung hinsichtlich des Stütz- und Bewegungsapparates als noch gut ein.
Das gesundheitliche Hauptproblem der Klägerin liegt auf psychiatrischem Fachgebiet. Zweifellos leidet sie inzwischen an einer chronischen Schmerzkrankheit. Ihre Schmerzen finden kein körperliches Korrelat. Die beiden Nervenärzte, die im gerichtlichen Verfahren als Sachverständige aufgetreten sind, haben übereinstimmend und restlos überzeugend festgestellt, dass die Klägerin trotzdem zustandsangepasste Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich zu den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts verrichten kann.
Allgemein führt eine chronische Schmerzkrankheit keineswegs automatisch dazu, dass die von ihr betroffene Person nicht mehr zeitlich voll erwerbstätig sein kann. Gerade einen derartigen Automatismus proklamiert die Klägerin. Indem sie sich auf die beiden gemäß § 109 SGG eingeschalteten Gutachter stützt, kommt sie zum Ergebnis, bei ihr liege eine Fibromyalgie vor. Ob das tatsächlich der Fall ist, kann hier dahinstehen, weil eine Diagnose allein die Leistungsbeurteilung nicht unmittelbar determiniert.
Auch im vorliegenden Fall verkörpert "Fibromyalgie" eine Hilfsdiagnose, weil die Mediziner nicht in der Lage sind, die Schmerzen mit einem organischen Korrelat in Verbindung zu bringen. "Fibromyalgie" wird im weitesten Sinn als "Auffangbecken" für ätiologisch nicht zuordenbare Schmerzerscheinungen benutzt. Das zeigen ihre diagnostischen Kriterien: wenigstens 11 von 18 definierten tender points druckschmerzhaft, Ganzkörperschmerz, respektive Schmerz in wenigstens drei Körperregionen, diverse vegetative Beschwerden. In ihr wird ein bestimmtes Befundbild zusammengefasst, das aber per se keine zwingenden Rückschlüsse auf die berufliche Leistungsfähigkeit der betroffenen Person zulässt. Die Auswirkungen auf das Leistungsbild müssen vielmehr für den konkreten Einzelfall unter Einbeziehung aller Befunde individualisiert ermittelt werden. Gerade das hat die Sachverständige Dr. E. vorbildlich praktiziert, während die Gutachten von Dr. K. und Dr. D. in diesem entscheidenden Punkt unübersehbare Mängel aufweisen.
Die Klägerin begreift Fibromyalgie unzutreffend als Diagnose einer schweren Erkrankung, die für ihr Arbeitsleben und ihr Leben allgemein zwangsläufig eine deutliche Zäsur bedeutet und sie von vornherein dem Arbeitsmarkt weitgehend entzieht. Auch ohne medizinische Fachkenntnisse vermag der Senat festzustellen, dass eine solche Betrachtungsweise zu sehr vereinfacht und pauschaliert und deshalb im Rahmen der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung fehl am Platz ist. Das gilt umso mehr, als - was Dr. D. einräumt - bereits die Diagnosestellung selbst höchst umstritten ist. Dr. L. hat in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass sogar Frederic Wolfe, der die Fibromyalgie 1990 zum ersten Mal beschrieben hatte, 13 Jahre später von den von ihm selbst entwickelten Diagnosekriterien abgerückt ist. Dr. D. hat dies zwar konzediert, das Festhalten an diesen aber damit gerechtfertigt, es gebe eben keine besseren. Wie der Gutachter an eine also offenbar wissenschaftlich nicht gesicherte Diagnosestellung eine derart drastische Leistungseinschätzung anknüpfen konnte, erscheint nicht nachvollziehbar. Dass er es dennoch getan hat, erweckt beim Senat durchaus etwas den Eindruck, dass dem Gutachten bis zu einem gewissen Grad auch die Motivation zugrunde gelegen haben könnte, die Fibromyalgie als Diagnose und als eigenständige Krankheit zu "verteidigen".
Es muss aber individuell und konkret festgestellt werden, inwieweit bestimmte gesundheitliche Defizite sich auf das berufliche Leistungsvermögen auswirken. Der Senat schließt sich Dr. Dr. W. und Dr. E. an, wenn sie ein zeitlich nicht signifikant limitiertes Leistungsvermögen für zustandsangepasste Tätigkeiten annehmen.
Die Überlegungen, die von den medizinischen Sachverständigen, aber auch vom Gericht insoweit anzustellen sind, stellen sich als vergleichsweise einfach dar, wenn Schmerzen sich unmittelbar auf bestimmte somatische Störungen zurückführen lassen. Es gibt Gesundheitsstörungen, die objektiv bestimmte Tätigkeiten unmöglich machen, entweder weil die dabei anfallenden Handgriffe schmerzbedingt von vornherein nicht möglich sind oder sie unmittelbar unzumutbare Schmerzen erzeugen oder verstärken. Die kausalen Zusammenhänge - einschließlich von Wechselwirkungen - zwischen bestimmten mit Arbeitsverrichtungen verbundenen Körperbewegungen und der Schmerzentwicklung liegen relativ klar zu Tage. Sind davon häufig anfallende Verrichtungen betroffen, wird mitunter auch das quantitative Leistungsvermögen zum Teil oder völlig aufgehoben sein.
Bei Schmerzempfinden ohne adäquate funktionelle Defizite oder allgemein ohne somatisches Korrelat sind die genannten medizinisch-kausalen Zusammenhänge ungleich schwerer nachzuweisen. Wenn das organische Substrat fehlt, werden wohl im Wesentlichen psychische Prozesse im Rahmen der Arbeit (z.B. Anspannung, Stress, übertriebener Perfektionismus etc.) geeignet sein, die Schmerzen erzeugen oder steigern. Der Nachweis entsprechender Kausalzusammenhänge muss jedoch mit hinreichender Sicherheit erbracht werden; eine Einschränkung der quantitativen Leistungsfähigkeit kann auch bei chronischen Schmerzerkrankungen nur dann gerechtfertigt sein, wenn erwiesen ist, dass gerade die Arbeit sich entweder schmerzerzeugend oder -verstärkend auswirkt. Andererseits könnte sich aus Laiensicht auch ein unspezifischer Dauerschmerz möglicherweise im Sinn einer Zermürbung negativ auf das Durchhaltevermögen auswirken. Eine weitere greifbare Einschränkung der Leistungsfähigkeit könnte theoretisch dadurch gegeben sein, dass unter Umständen der Nachtschlaf aufgrund der Schmerzen derart gestört ist, dass die Leistungsfähigkeit am Tag signifikant reduziert erscheint. Weiter wäre eventuell denkbar, dass die chronischen Schmerzen nur durch zahlreiche Ruhepausen in erträglichem Maß gehalten werden könnte, die aber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unüblich sind. Vergleichsweise häufig tritt schließlich eine depressive Komorbidität auf mit den typischen damit verbundenen leistungshemmenden Faktoren wie zum Beispiel Antriebshemmung, Zurückgezogenheit, kognitiven Defiziten, Reduktion der psychophysischen Belastbarkeit oder der Ausdauerfähigkeit.
Von einem solchen oder ähnlichen Wirkungszusammenhang muss das Gericht überzeugt sein, bevor es speziell aus einer chronischen Schmerzerkrankung auf eine quantitative Reduzierung der beruflichen Leistungsfähigkeit schließt. Diese Überzeugung kann dem Gericht nur durch medizinische Sachverständige vermittelt werden. Dr. E. hat sich dieser Aufgabe eingehend und fundiert gewidmet. Ihr Gutachten besticht durch die ausführliche, abgewogene und authentische Begründung, warum gerade keine quantitative Leistungseinschränkung anzunehmen ist. Dabei basiert ihre Einschätzung auf einer intensiven, realistischen und sensiblen Auseinandersetzung mit der Persönlichkeit und den spezifischen Problemen der Klägerin. Die Sachverständige beweist in diesem Zusammenhang ein gutes Gespür für die Verhältnisse am Arbeitsmarkt, was nicht zuletzt auf ihre Zusatzqualifikation als Sozialmedizinerin zurückzuführen ist.
Zentrale Prämisse für die Leistungseinschätzung der Dr. E. ist einerseits, dass die neurologische Untersuchung keine Hinweise für ein sensomotorisches Defizit bezüglich der geklagten wirbelsäulenabhängigen Beschwerden ergeben hat. Das harmoniert mit den Feststellungen des Bezirksklinikums M. vom August 2003, wo ein vollständig unauffälliger neurologischer Befund erhoben worden war. Ebenso wenig beruhen die Schmerzen auf einer rheumatischen Erkrankung; das hat Dr. E. ausdrücklich ausgeschlossen. Erstaunlicher Weise hat Dr. D., der immerhin Rheumatologe ist, weder einen eigenständigen rheumatologischen Befund ausgewiesen noch in seiner Beurteilung auch nur ein einziges Wort über Erkrankungen aus dem entzündlich-rheumatischen Formenkreis verloren; auch dieser Umstand ist der Überzeugungskraft des Gutachtens abträglich.
Eine gravierende depressive Erkrankung, die geeignet sein könnte, die Klägerin von einer zustandsangepassten Arbeit abzuhalten, liegt nicht vor. Zu diesem Ergebnis ist Dr. E. mittels einer breit angelegten Befundauswertung sowie unter sorgfältiger und ausführlicher Begründung gekommen. Der Senat ist von der Richtigkeit dieser Einschätzung überzeugt, zumal Dr. E. sich sowohl auf die von ihr selbst als auch parallel auf die von Dr. Dr. W. erhobenen Befunde gestützt hat. Danach besteht bei der Klägerin eine chronisch-depressive Entwicklung bei reaktiven Faktoren, wobei ihre prämorbiden Persönlichkeitszüge von erheblichem Einfluss sind. Als solche hat Dr. E. Klagsamkeit und innere Anspannung benannt. In Übereinstimmung mit der Sachverständigen geht der Senat von einem leicht bis mittelgradig ausgeprägten depressiven Syndrom im Sinn einer Dysthymie aus. Der von Dr. E. dokumentierte psychische Befund lässt sich damit sehr gut in Einklang bringen: Die Angaben zum Beschwerdebild seitens der Klägerin seien klagsam erfolgt. Aggravation bestehe nicht. Die Stimmungslage sei gedrückt, subdepressiv, besorgt und ängstlich getönt; es bestünden Minderwertigkeits- und Versagensgefühle. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei leichtgradig eingeschränkt. Die psychomotorischen Abläufe seien nicht verlangsamt. Vom Antrieb her wirke die Klägerin etwas matt und schwunglos, bei glaubhaft angegebenem Erschöpfungsgefühl, gleichwohl nicht vitalgemindert, abnorm müde oder im Antrieb gehemmt. Ein Morgentief habe nicht eruiert werden können.
Der Befund, die Klägerin habe nicht abnorm müde gewirkt, findet Bestätigung sowohl durch die Schlafanamnese bei Dr. Dr. W. als auch bei Dr. E. selbst. Laut den Angaben, welche die Klägerin bei Dr. E. gemacht hat, ist ihr Nachtschlaf zwar unterbrochen, sie kommt aber immerhin auf eine Gesamtschlafdauer von etwa sieben Stunden. Berücksichtigt man das Alter der Klägerin, kann sicherlich nicht von einem quantitativen Schlafdefizit gesprochen werden.
Zu Recht hat Dr. E. auf den Umstand hingewiesen, dass die Klägerin noch immer mit nur wenig Hilfestellung einen Vierpersonenhaushalt versorgt. Eine Erschöpfungs-, Schmerz- und psychiatrisch Symptomatik bestand bereits im Jahr 2000 bei Aufnahme in die Klinik S ... Das ergibt sich eindeutig aus den aus dieser Zeit vorliegenden Befunden sowie aus den über die Jahre hinweg im Wesentlichen unveränderten Beschwerdeschilderungen der Klägerin. Damals hatte sie aber noch massiv im Gestüt mitgearbeitet (sieben Tage, 4,5 Stunden täglich). Zum Zeitpunkt der Begutachtungen durch Dr. S. und Dr. Dr. W. - letztere fand immerhin im Juli 2006 statt - hat die Klägerin einen sehr ausgefüllten, arbeitsreichen Tagesablauf geschildert, wobei sie nach wie vor maßgebend in der Pferdepension mitgearbeitet hat. Das überrascht umso mehr, als bis 2003 nach Angaben der Klägerin noch eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustands eingetreten war (chronische Schmerzen, Depressionen). Vor Dr. K., also im Dezember 2006, hat sie sogar geäußert, sie habe das Gestüt sozusagen allein versorgt. Aus dem Entlassungsbericht der Klinik S. geht hervor, dass dabei auch schwere Arbeiten und Tätigkeiten in Zwangshaltungen angefallen sind bzw. anfallen. Es mag sein, dass die Klägerin, wie sie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, diese Mitarbeit nun reduziert hat. Aber bereits als die von ihr beklagte Symptomatik voll ausgeprägt war, war sie augenscheinlich erstaunlich leistungsfähig. Und von einer Befundverschlechterung zwischen 2006 und heute kann nicht ausgegangen werden. Dann aber lässt sich nicht nachvollziehen, warum die Klägerin nicht einmal mehr leichte Tätigkeiten sechs Stunden täglich ausüben können soll. Unberechtigt ist die Kritik des Dr. K. an dem Gutachten des Dr. Dr. W., dieser habe den Arbeitsalltag der Klägerin vollkommen falsch eingeschätzt; diese Kritik muss sich vielmehr Dr. K. gefallen lassen.
Im Gegenteil vermag man bei der Klägerin eine Verbesserung der Lebensumstände festzustellen. Die vor allem zwischen 2001 und 2003 bestehenden großen finanziellen Probleme haben mittlerweile abgenommen. Die Krebserkrankung des Ehemanns und ihre eigene befinden sich in vollständiger Remission. Ihre depressive Verstimmung, die Müdigkeit und Abgeschlagenheit hat die Klägerin, wie sich aus Befundberichten des Uniklinikums D-Stadt 2004 und 2005 ergibt, auch auf die onkologische Behandlung mit Interferon zurückgeführt. Diese wurde aber im Mai 2005 beendet. Pflegefälle muss sie nicht mehr betreuen.
Zudem weisen verschiedene Faktoren auf einen sich noch im Rahmen haltenden Leidensdruck hin. Zwar ist unbestritten, dass die Klägerin chronische Schmerzen hat. Mit
Dr. E. geht der Senat auch davon aus, dass Aggravation oder Simulation nicht vorliegen; vielmehr leidet die Klägerin tatsächlich. Jedoch ist trotz der schon langen Dauer der Schmerzen noch keine spezifische Schmerztherapie durchgeführt worden; Forderungen nach invasiven Maßnahmen hat es bislang nicht gegeben. Die Konsultationsfrequenz bei der Psychologin ist relativ gering; bei der Fibromyalgie-Selbsthilfegruppe hat die Klägerin nicht an Gruppensitzungen teilgenommen, sondern sich auf gelegentliche Telefonate mit einem Mitglied beschränkt. Gezielte wirbelsäulenorientierte Krankengymnastik, die
Dr. L. empfiehlt, wird nicht praktiziert. Die Klägerin hat bei Dr. E. keine Schonhaltung und keine schmerzbedingte Sitzunruhe gezeigt. Der Leidensdruck wird auch dadurch relativiert, dass aus dem für die Klägerin dramatischen Jahr 2001 keine ärztlichen Befunde vorliegen; offenbar hat sie in diesem Jahr unvermindert in der Pferdepension gearbeitet.
In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass laut Dr. E. die Behandlungsmaßnahmen in Bezug auf die Migräne nicht ausgeschöpft sind. Daher geht die in der mündlichen Verhandlung geäußerte Kritik der Klägerin, Dr. E. habe die Migräne ignoriert, ins Leere.
Das Gutachten der Dr. E. überzeugt nicht zuletzt deswegen, weil es ihr gelungen ist, die gesundheitlichen Beschwerden der Klägerin lebensecht und plausibel zu erläutern, indem sie die Primärpersönlichkeit und den seit ihrer Heirat nicht einfachen Lebenslauf der Klägerin ausgewertet und berücksichtigt hat. In Übereinstimmung mit der Sachverständigen ist der Senat der Ansicht, dass die Biografie der Klägerin ihre Beschwerden nachvollziehbar werden lässt, ohne sie "rentenwürdig" erscheinen zu lassen. Ganz offensichtlich musste die Klägerin seit ihrer Eheschließung hart und ohne nennenswerte Phasen größerer Erholung arbeiten. Sie übernahm die Pflege sämtlicher Eltern- und Schwiegerelternteile bis zu deren Tod. Ihr oblag "selbstverständlich" auch der Haushalt. Außerdem war sie Aktivposten bei der Pferdepension; sie selbst hat vor Dr. K. von "Alleinversorgung" gesprochen. Trotz dieses enormen Pensums hat die Klägerin stets eine entsprechende Anerkennung, insbesondere vom Ehemann, vermisst. Den bezeichnet sie als sehr streng. Dass sie im Jahr 2000 ausgebrannt war, verwundert angesichts dessen niemand. Bezeichnender Weise hat ihr die stationäre Reha-Maßnahme in diesem Jahr in der Klinik S. sehr gut getan. Das indiziert, dass bei der Klägerin in erster Linie der "Akku leer" war. Statt danach die Belastung etwas reduzieren zu können, kam es 2001 mit der Krebserkrankung des Ehemannes und dann 2003 der eigenen noch schlimmer. Dennoch war die stationäre Reha-Maßnahme in F. wiederum ein voller Erfolg, was für eine gut ausgeprägte Regenerationsfähigkeit der Klägerin spricht. Gleichwohl hatte sie keine Chance, sich nachhaltig zu erholen. Die Klägerin erschien und erscheint mit der vielen Arbeit schlicht überfordert. Trotz ihrer Verdienste um ihre Familie hegt sie Insuffizienzgefühle, als ob sie ihre verminderte Leistungsfähigkeit rechtfertigen müsste. Eine Rechtfertigung in Form einer Rentenbewilligung muss ihr jedoch vorenthalten bleiben. Ebenso wenig kann eine Rente als Kompensation für das über die Klägerin hereingebrochene Ungemach dienen.
Die beiden nach § 109 SGG eingeholten Gutachten vermögen nicht zu überzeugen. Bereits oben ist auf gravierende Mängel des Gutachtens des Dr. D. eingegangen worden. Hinzu kommt, dass Dr. D. bei der Beantwortung der Beweisfragen unvermittelt verschiedene mit der Fibromyalgie verbundene Begleitsymptome behauptet hat, ohne hierzu neben den von ihm angewandten Fragebögen Befunde erhoben zu haben. Beispielsweise fehlt es im Gutachten - außer der generellen Angabe von Ein- und Durchschlafstörungen - an einer eingehenden Schlafanamnese. Im Gutachten des Dr. K. bleibt unklar, wie sich die Angst vor einem Krebsrezidiv zu einer Phobie ausgeweitet haben soll, die eine vollzeitige Beschäftigung vereitelt; an dieser Stelle weist das Gutachten einen deutlichen Bruch auf. Zudem wirkt es unverhältnismäßig emotional und gegenüber dem Vorgutachter polemisch; dieser Umstand lässt seine wissenschaftliche Objektivität in zweifelhaftem Licht erscheinen. Schließlich weist das Gutachten des Dr. K. die Schwäche auf, die quantitative Leistungseinschätzung zwar emotionsgeladen in den Raum zu stellen, nicht aber sachlich-wissenschaftlich zu begründen. Dr. K. verknüpft wie Dr. D. die Diagnose Fibromyalgie offenbar automatisch mit einer negativen Leistungseinschätzung.
Dafür, dass der Klägerin der Arbeitsmarkt unter dem Aspekt einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung verschlossen sein könnte, bestehen keine Anhaltspunkte. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände ist nicht beeinträchtigt, zusätzliche Arbeitspausen sind, auch wenn die Klägerin insoweit anderer Ansicht ist, nicht erforderlich. Ihre Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit im Hinblick auf den technischen Wandel oder andere Berufe ist ausreichend.
Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheidet aus, weil, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, die Klägerin angesichts ihrer bisherigen Tätigkeit, die dem Bereich der ungelernten Berufe zuzuordnen ist, keinen Berufsschutz genießt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Klägerin auch vor dem Bayerischen Landessozialgericht ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Das Berufungsverfahren betrifft die Frage, ob der Klägerin eine Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zusteht.
Die 51-jährige Klägerin ist seit 1989 verheiratet und hat zwei, 1989 und 1997 geborene Töchter, die beide noch in ihrem Haushalt wohnen. Sie begann nach Ende ihrer Schulzeit eine Ausbildung als Floristin, die sie jedoch abbrach. Von 1972 bis 1981 arbeitete sie als Spulenwicklerin, Löterin und Prüferin in der Elektrobranche, von 1981 bis 1984 in der Lackiererei einer Skifirma. Danach war sie bis 1989 wiederum als Löterin und Montiererin tätig. Von da an ging sie keiner abhängigen Beschäftigung mehr nach. Ab 1989 bis 1995 pflegte sie Schwiegermutter, Mutter und Vater jeweils bis zu deren Tod, von 1997 bis 2000 dann den Schwiegervater. Seit 1993 betreibt die Klägerin selbstständig zusammen mit ihrem Ehemann eine Pferdepension; im Stall stehen etwa 10 Pferde (früher 25).
Seit etwa 2000 leidet die Klägerin an Erschöpfungszuständen. In einem Antrag auf Rehabilitationsleistungen vom 10.07.2000 gab sie an, sie würde an sieben Tagen in der Woche täglich 4,5 Stunden arbeiten. Vom 31.08. bis 21.09.2000 durchlief sie die beantragte stationäre Leistung der medizinischen Rehabilitation in der Klinik S.; diese war neurologisch ausgerichtet. Anamnestisch gab die Klägerin damals an, sie sei körperlich und seelisch ziemlich erschöpft. Durch die Belastung mit dem Vierpersonenhaushalt, der beruflichen Einspannung und der Versorgung des Schwiegervaters sei sie am Rande ihrer Belastbarkeit angelangt. Sie leide seit vielen Jahren unter Kopfschmerzen, die anfallsweise aufträten; bei jeder Form der Bewegung würden sie schlechter. Am meisten würden Ruhe und die Abschirmung von Außenreizen helfen. Seit Jahren leide sie unter chronischen Rückenschmerzen, hauptsächlich im LWS-Bereich, ohne Ausstrahlung in die Beine; die Schmerzen seien belastungsabhängig. In dem Entlassungsbericht wurde mitgeteilt, die Klägerin arbeite je nach Arbeitsanfall drei bis sieben Stunden täglich, auch am Wochenende. Es handle sich um schwere körperliche Arbeit mit Heben und Bewegen von Lasten bis 25 kg (Strohballen). Die Arbeit werde stehend und gehend verrichtet, zum Teil in Zwangshaltungen, zum Teil über Kopf, zum Teil auch mit Besteigen von Leitern und Gerüsten. Die Klägerin, so der Entlassungsbericht, sei bei der Entlassung beschwerdefrei gewesen, die Stimmung deutlich angehoben; sie habe keine psychotherapeutische Mitbehandlung gewünscht. Ihre körperliche Leistungsfähigkeit liege im Durchschnitt.
2001 erkrankte der Ehemann der Klägerin an Krebs. Am 17.07. und 31.07.2003 wurde die Klägerin ihrerseits wegen eines malignen Melanoms am Rücken operiert. Vom 15.08. bis 05.09.2003 kam es zu einem stationären internistisch/onkologischen Heilverfahren in der B.Klinik F ... Bei der Aufnahme beklagte die Klägerin innere Unruhe, Nervosität, Schlappheit, Müdigkeit. Seit der Hauterkrankung hätten die seit drei Jahren bestehenden Beschwerden im LWS-Bereich und im linken Bein zugenommen. Seit der Krebsoperation hätte sie im Haushalt Probleme bei Überkopfarbeiten und anstrengenden Tätigkeiten; schweres Heben und Tragen würden vermieden. Die Klinik nahm bei der Entlassung ein tägliches Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr für leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen, an. Die Klägerin gab zu diesem Zeitpunkt an, sie habe sich sehr gut erholt; die Schmerzen im Narbenbereich und der LWS hätten sich weit gehend zurückgebildet. Bei der Kontrolluntersuchung, so der Entlassungsbericht, habe sie sehr erholt und optimistisch gewirkt.
Seit 2003 ist die Klägerin in nervenärztlicher Behandlung. Von 01. bis 03.08.2007 befand sie sich in stationärer Behandlung im Bezirksklinikum M ... Dort war ein vollständig unauffälliger neurologischer Befund erhoben worden. Ausgeschlossen werden konnten eine entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems sowie eine Borreliose.
Am 18.11.2004 beantragte die Klägerin eine Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 22.11.2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil ausgehend vom Datum der Rentenantragstellung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Mit Schreiben vom 16.12.2004 legte die Klägerin Widerspruch ein. Im Widerspruchsverfahren erfolgte eine Begutachtung durch den Internisten Dr. R., der eine Leistungsfähigkeit für leichte Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen für mindestens sechs Stunden täglich sah. In diesem Zusammenhang war ein nervenärztliches Zusatzgutachten des Dr. S. erstellt und in die Beurteilung integriert worden. Vor dem Nervenarzt teilte die Klägerin mit, sie sei immer müde, immer hätte sie Schmerzen in Gelenken. Manchmal sei sie ganz traurig. Sie hätte LWS-Beschwerden und dürfe nicht schwer heben. Ein bis zwei Mal im Monat habe sie Migräne. Ab November 2002 habe sie sich nicht mehr so leistungsfähig gefühlt. Im Stall würde sie ein bis zwei Stunden am Tag arbeiten, auch schwere Arbeiten. Zum Tagesablauf gab die Klägerin an, sie stehe gegen 6 Uhr auf, mache dann die Kinder für die Schule fertig und wasche anschließend Wäsche. Es folgten Stallarbeit und Versorgung der Pferde, sodann Hausarbeiten (Einkaufen). Sie versuche, regelmäßig zu kochen. Mittags würde sie sich eine halbe Stunde hinlegen. Nachmittags mache sie Hausaufgaben mit der Tochter. Gegen 21 Uhr gehe sie zu Bett; sie schlafe gut ein, habe aber Durchschlafstörungen. Dr. S. gab eine gedrückte Grundstimmung an, die affektive Schwingungsfähigkeit sei leicht eingeschränkt, es bestünden weder Affektlabilität noch formale Denkstörungen. Sie wirke zwar etwas matt und schwunglos, der Antrieb sei aber nicht stärkergradig vermindert. Es bestünden Minderwertigkeitsgefühle wegen verminderter Leistungsfähigkeit.
Daraufhin erteilte die Beklagte einen abermaligen, auf den 26.09.2005 datierten Ablehnungsbescheid, wobei sie sich dieses Mal auf das Fehlen einer relevanten Erwerbsminderung stützte. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Mit Schriftsatz vom 03.11.2005 erhob die Klägerin beim Sozialgericht Landshut Klage. Dieses holte ein nervenärztliches Gutachten von Dr. Dr. C. W. ein. Aus dessen nach persönlicher Untersuchung erstelltem Gutachten vom 20.07.2006 ergibt sich, dass die Klägerin bei der Anamnese Schmerzen am ganzen Körper beklagte. Sie leide auch unter Kopfschmerzen. Seelisch gehe es ihr seit der Krebsoperation nun etwas besser. Insbesondere 2001 sei es ihr aufgrund der vielen Sorgen schlecht gegangen. Auch die soziale Situation habe sich wieder etwas geglättet. Die Psychotherapie tue ihr gut; sie könne wieder reden. Ihr Schlaf sei schmerzbedingt unterbrochen; sie gehe gegen 21 bis 22 Uhr ins Bett und stehe um 6 Uhr auf. Zum Tagesablauf äußerte die Klägerin, sie wecke um 6.30 Uhr die Kinder, fahre sie um 6.45 Uhr in die Schule, richte um 7.30 Uhr das Frühstück, kümmere sich um die Hausarbeit. Um 8 Uhr ruhe sie sich wegen Erschöpfung aus, ab 10 Uhr folge die Stallarbeit (Aufräumen, Zusammenkehren), ab 11 Uhr koche sie. Bis zum Essen um 13 Uhr und etwa um 14 Uhr ruhe sie sich aus. Ab 14.30 mache sie mit den Kindern Hausaufgaben, ab 16 Uhr stehe das Füttern im Stall an. Um 18 Uhr bereite sie das Abendessen zu, danach erledige sie Hausarbeiten. Sodann bringe sie ihre Kinder zu Bett. Nur beim Fenster putzen und im Garten benötige sie Hilfe. Dr. Dr. W. berichtete, die Klägerin sei voll orientiert gewesen, bewusstseinsklar und formal vollkommen geordnet. Es habe kein Anhalt bestanden für Defizite bei Aufmerksamkeit, Vigilanz, Kognition und Gedächtnis. Die Resonanzfähigkeit sei vermindert gewesen, ebenfalls die affektive Beweglichkeit und emotionale Ausdrucksfülle. Antrieb und Intentionalität seien erhalten. Die neurologischen Verhältnisse seien bei der Untersuchung unauffällig gewesen. Der Sachverständige stellte die Diagnosen Migräne, Dysthymie und somatoforme Schmerzstörung. Die Klägerin sei in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts zu verrichten; das entspreche auch dem kontemporär geleisteten Einsatz.
Sodann wurde ein nervenärztliches Gutachten nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) von Dr. K. K. eingeholt. In dessen nach persönlicher Untersuchung erstelltem Gutachten vom 18.12.2006 ist die anamnestische Angabe der Klägerin dokumentiert, bei ihr sei vermutlich alles zusammengekommen. Zunächst habe der Körper gestreikt mit Beginn der chronischen Schmerzen 2001. 2003 sei dann zunehmend eine depressive Störung aufgetreten. Das Schlimmste für sie sei, dass sie insgesamt in ihrer allgemeinen Leistungsfähigkeit entscheidend nachgelassen habe. Morgens komme sie kaum aus dem Bett, einerseits wegen der Schmerzen, andererseits aus Antriebsmangel. Dr. K. stellte fest, die Stimmungslage sei deutlich zum depressiven Pol hin verschoben, das Antriebsverhalten mäßig reduziert, Konzentrationsvermögen, Aufmerksamkeit und Durchhaltevermögen seien leicht reduziert. Es bestehe allgemein ein deutlicher Leidensdruck auch unter dem Aspekt des chronischen generalisierten Schmerzsyndroms. Bei der Klägerin habe sich aufgrund der Krebsangst eine Phobie entwickelt. Dazu sei seitdem eine deutlich progrediente depressive Störung aufgetreten, die von Dr. Dr. W. nur oberflächlich gewürdigt worden sei. Die Diagnose einer Dysthymie sei falsch. Dr. Dr. W. habe den Arbeitsalltag der Klägerin vollkommen falsch eingeschätzt und die Fibromyalgie ignoriert. Die Klägerin könne nur noch drei bis vier Stunden pro Tag leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten verrichten. Sie könne sich nicht auf andere Tätigkeiten umstellen.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 15.03.2007 ab. Es schloss sich im Wesentlichen dem Sachverständigen Dr. Dr. W. an. Abgesehen von einer Druckschmerzhaftigkeit an verschiedenen Körperstellen, so das Sozialgericht zur Begründung, lasse sich bei der Klägerin in körperlicher Hinsicht kein pathologischer Befund erheben. Trotz der psychischen Belastung, der die Klägerin ausgesetzt sei, hätten sich keine Anhaltspunkte für ein gravierendes depressives Geschehen oder eine relevante Angsterkrankung ergeben. Die Tagesstruktur der Klägerin sei weit gehend erhalten. Gegenüber Dr. Dr. W. habe sie angegeben, ihren Haushalt noch weit gehend selbstständig zu erledigen; lediglich für schwere körperliche Arbeiten benötige sie Hilfe. Dem Gutachten des Dr. K. könne nicht gefolgt werden. Die Beschwerdeschilderung der Klägerin gegenüber Dr. Dr. W. auf der einen und Dr. K. auf der anderen Seite deckten sich im Wesentlichen. Auch Dr. K. habe keine nennenswert pathologischen Befunde in körperlicher Hinsicht erhoben. Nicht dargelegt sei, inwieweit die Krebsangst zeitliche Leistungseinschränkungen begründen könnte. Dr. K. habe seine Einschätzung der Leistungsfähigkeit allein auf die subjektiven Angaben der Klägerin gestützt.
Mit Schriftsatz vom 25.04.2007 hat die Klägerin Berufung eingelegt. Sie trägt vor, das Sozialgericht hätte sich nicht mit dem Gutachten des Dr. Dr. W. begnügen dürfen, da es nicht widerspruchsfrei sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 15. März 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 22. November 2004 sowie vom 26. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. Oktober 2005 zu verurteilen, ihr eine Rente wegen Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Von einer gesonderten Begründung hat die Beklagte abgesehen.
Mit verschiedenen Vormerkungsbescheiden hat die Beklagte Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung bis einschließlich 13.05.2007 anerkannt.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines fachchirurgisch-orthopädischen Gutachtens von Dr. T. L ... Dieser hat in seinem nach persönlicher Untersuchung erstellten Gutachten vom 04.03.2008 festgestellt, beide Hände zeigten ein gutes Verarbeitungsmuster im Hinblick auf die Beschwielung. Es liege ein leichtes, allenfalls mittelschweres LWS-Syndrom vor mit sich daraus ergebendem Funktionsdefizit ohne Zeichen eines peripher-neurogenen Defektes. Die Klägerin sei in der Lage, leichte, fallweise mittelschwere Arbeiten (Anteil der mittelschweren Arbeit drei bis vier Stunden) zu verrichten. Nicht zumutbar seien Arbeiten in einer konstanten Rumpfbeugehaltung. Entfallen sollten das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, häufiges Bücken, häufiges Knien, häufiges Treppensteigen, häufiges Besteigen von Leitern und Gerüsten. Der gelegentliche Wechsel der Körperhaltung müsse gewährleistet sein. Arbeiten, welche eine volle Gebrauchsfähigkeit der Hände erforderten, seien möglich. Unter Beachtung qualitativer Einschränkungen bestehe noch eine achtstündige tägliche Leistungsfähigkeit. Das berufliche Leistungsvermögen könne durch eine gezielte wirbelsäulenorientierte krankengymnastische Übungsbehandlung noch gebessert werden. Die körperliche Verfassung hinsichtlich des Stütz- und Bewegungsapparates könne durchaus als noch gut bezeichnet werden.
Weiter hat der Senat Beweis erhoben durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens nach persönlicher Untersuchung von Dr. E. (Gutachten vom 07.04.2008). Die Klägerin habe, so Dr. E., in psychopathologischer Hinsicht über Erschöpfungsgefühl, vermehrte Müdigkeit, depressive Verstimmung, Freudlosigkeit, Versagensgefühle, Minderwertigkeitsgefühle, Antriebsmangel, innere Unruhe und Merkfähigkeitsstörungen, in körperlicher Hinsicht über multilokuläre Schmerzen geklagt. Ein bis zwei Mal pro Woche träten migräneartige Kopfschmerzen auf. Sie, die Klägerin, habe Kontakt mit einer Selbsthilfegruppe für Fibromyalgiekranke aufgenommen. Bei Gruppengesprächen sei sie bislang nicht gewesen. Mit einer Frau aus der Selbsthilfegruppe telefoniere sie gelegentlich. Dr. E. hat festgestellt, die Angaben zum Beschwerdebild seien klagsam erfolgt. Die Stimmungslage sei gedrückt, subdepressiv, besorgt und ängstlich getönt; es bestünden Minderwertigkeits- und Versagensgefühle. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei leichtgradig eingeschränkt. Die Klägerin habe die fast zweistündige Exploration durchgehalten, ohne aufstehen zu müssen. Die psychomotorischen Abläufe seien nicht verlangsamt. Eine Schonhaltung sei nicht erkennbar. Vom Antrieb her wirke die Klägerin etwas matt und schwunglos bei glaubhaft angegebenem Erschöpfungsgefühl. Sie wirke nicht vitalgemindert, abnorm müde oder im Antrieb gehemmt. Epikritisch ist Dr. E. zum Ergebnis gekommen, durch die zehnjährige Pflege von Angehörigen seien ein psychophysischer Erschöpfungszustand sowie chronische Kopfschmerzen eingetreten. Eine 2001 festgestellte Krebserkrankung des Ehemanns sowie das Auftreten des Melanoms 2003 stellten weitere belastende Umstände dar. Nach der Melanomoperation hätten sich vermehrt Erschöpfungszustände sowie multilokuläre Schmerzen eingestellt; jene hätten durch organpathologische Befunde nicht ausreichend erklärt werden können. Auch die neurologische Untersuchung durch sie, Dr. E., habe keine Hinweise für ein sensomotorisches Defizit bezüglich der geklagten wirbelsäulenabhängigen Beschwerden ergeben. Eine 2003 eingeleitete nervenärztliche Behandlung, in deren Verlauf verschiedene Antidepressiva zur Anwendung gekommen seien, habe nur mäßigen Erfolg gezeigt. Seit 2005 befinde sich die Klägerin in psychotherapeutischer Behandlung, wobei die Sitzungsfrequenz - einmal im Monat - relativ niedrig sei. Eine Erkrankung aus dem entzündlich-rheumatischen Formenkreis sei nicht festgestellt worden. Das Gutachten von Dr. Dr. W. lasse keine Rückschlüsse auf ein gravierendes depressives Geschehen oder eine relevante Angsterkrankung zu. Auch bei Dr. Dr. W. habe keine Schmerzschonhaltung bestanden. Die von ihm festgestellte Druck- und Berührungsempfindlichkeit an verschiedenen Körperstellen reiche nicht aus, um auf ein quantitativ vermindertes Leistungsvermögen zu schließen. Der in seinem Gutachten genannte Tagesablauf lasse erkennen, dass trotz Einlegung von Ruhepausen die Leistungsfähigkeit im Wesentlichen erhalten sei; teilweise mit etwas Hilfe komme die Klägerin mit der Versorgung eines Vierpersonenhaushalts zurecht. Ein Morgentief habe nicht eruiert werden können. Dass die Schmerzen morgens an schlimmsten seien, finde man bei vielen chronisch Schmerzkranken. Der Umstand, dass in der Herbstzeit die Stimmung schlechter sei, spreche nicht zwingend für eine Depression. Ein phasenhafter Krankheitsverlauf könne nicht festgestellt werden, so dass eine rezidivierende depressive Erkrankung ausscheide. Vielmehr dürfte eine chronisch-depressive Entwicklung bei reaktiven Faktoren bestehen, wobei die prämorbiden Persönlichkeitszüge der Klägerin ein Übriges täten; es bestehe bei der innerlich angespannten Klägerin ein leicht bis mittelgradig ausgeprägtes depressives Syndrom im Sinn einer Dysthymie. Trotz der depressiven Symptomatik, der Schmerzen und der Erschöpfung sei die Klägerin im Wesentlichen in der Lage, mit den alltäglichen Anforderungen zurecht zu kommen. Die angegebenen Ruhepausen bei der täglichen Hausarbeit ließen noch nicht auf ein generell eingeschränktes Leistungsvermögen schließen. Das angegebene Taubheitsgefühl in den Händen wirke sich nicht belangvoll bei Tätigkeiten im Haushalt aus. Von Aggravation oder Simulation sei nicht auszugehen; die Klägerin stehe angesichts der chronischen Schmerzen tatsächlich unter Leidensdruck. Die Behandlungsmaßnahmen in Bezug auf die Migräne seien nicht ausgeschöpft. Es bestehe eine Komorbidität mit einer - jedoch nicht schwergradigen - depressiven Störung. Trotz der schon langen Dauer der Schmerzen sei noch keine spezifische Schmerztherapie durchgeführt worden; ein Analgetikamissbrauch liege nicht vor, Forderungen nach invasiven Maßnahmen habe es bislang nicht gegeben. Die Erschöpfung sei zwar glaubhaft, stelle aber kein gravierendes und irreversibles Krankheitsbild dar. Die Klägerin sei in ihrer psychischen, nervlichen und körperlichen Belastbarkeit leicht bis mäßiggradig eingeschränkt; insbesondere existierten Einschränkungen der allgemeinen Stressbelastbarkeit und der Ausdauer. Quantitative Leistungseinschränkungen bestünden nicht. Die Klägerin könne täglich weniger als acht, jedoch noch mindestens sechs Stunden körperlich leichte, gelegentlich mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verrichten. Auch in Zusammenschau mit den orthopädischen Befunden liege keine Summierung ungewöhnlicher Behinderungen oder Funktionseinschränkungen vor.
Auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG hat der Senat ein rheumatologisch-internistisches Gutachten von Dr. E. D. nach persönlicher Untersuchung eingeholt. Dieser hat im Gutachten vom 15.10.2008 angegeben, die Psyche sei qualitativ unauffällig; die Klägerin wirke leicht ängstlich besorgt mit depressiver Stimmungslage, es bestehe leichte Affektstarre. Der Gutachter hat eine manuelle "tender point"-Messung durchgeführt sowie zwei Fragebögen ausgewertet. In der Beurteilung hat Dr. D. festgestellt, die Klägerin leide an einem deutlichen chronischen Schmerzsyndrom vom Fibromyalgie-Typ. Auch wenn an der "tender point"-Diagnostik Kritik geübt worden sei, so sei sie anzuwenden, weil es keine bessere Methode gebe. Die Klägerin sei nur noch in der Lage, mit benannten qualitativen Einschränkungen drei bis unter sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Vor allem die Fibromyalgie mit typischer Leistungsminderung, Leistungseinbrüchen, Erschöpfungszuständen und vegetativen Begleitsymptomen schränke die Leistungsfähigkeit quantitativ ein. In einer Stellungnahme vom 27.03.2009 hat sich Dr. E. zu dem Gutachten des Dr. D. geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Akten des Sozialgerichts und des Bayerischen Landessozialgerichts verwiesen. Diese waren alle Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat zutreffend entschieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat.
Die gesetzlich festgelegten Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung liegen nicht vor. Folgende materiell-rechtliche Regelungen sind maßgebend:
Nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebens- jahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie teilweise erwerbsgemindert sind und die im Gesetz genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).
Gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI haben bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Versicherte Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie neben der Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen voll erwerbsgemindert sind. Das ist nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI dann der Fall, wenn Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Ungeachtet der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen scheitert ein Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung schon am Fehlen eines Leistungsfalls. Denn der Senat ist davon überzeugt, dass bei der Klägerin - trotz aller gesundheitlichen Beeinträchtigungen - im gesamten streitbefangenen Zeitraum weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung gegeben ist oder war. Die Klägerin ist vielmehr in der Lage, unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Senat folgt insoweit den übereinstimmenden medizinischen Gutachten von Dr. Dr. W., Dr. L. und Dr. E ... Betrachtet man alle drei Gutachten in einer Zusammenschau, so sind überaus sorgfältig Befunde erhoben und einfühlsam bewertet worden. Keines der Gutachten lässt fachliche oder methodologische Schwächen erkennen, die sich negativ auf die Überzeugungskraft auswirken könnten.
Die Gesundheitsstörungen, die das orthopädische Fachgebiet betreffen, sind nicht gravierend. Dr. L. hat plausibel lediglich ein leichtes, allenfalls mittelschweres LWS-Syndrom mit sich daraus ergebendem Funktionsdefizit ohne Zeichen eines peripher-neurogenen Defektes diagnostiziert. Er sieht die Klägerin in der Lage, zeitlich uneingeschränkt leichte, fallweise mittelschwere Arbeiten (Anteil der mittelschweren Arbeit drei bis vier Stunden) zu verrichten. Auch die von ihm gesehenen qualitativen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit der Klägerin halten sich durchaus noch im Rahmen; fasst man die diesbezügliche Passage des Gutachtens zusammen, so müssen im Wesentlichen nur einseitige Belastungen der LWS unterbleiben. Dr. L. sieht sogar eine Besserungsfähigkeit des beruflichen Leistungsvermögens, wenn die Klägerin wirbelsäulenorientierte krankengymnastische Übungen durchführen würde. Bezeichnender Weise schätzt der Sachverständige die körperliche Verfassung hinsichtlich des Stütz- und Bewegungsapparates als noch gut ein.
Das gesundheitliche Hauptproblem der Klägerin liegt auf psychiatrischem Fachgebiet. Zweifellos leidet sie inzwischen an einer chronischen Schmerzkrankheit. Ihre Schmerzen finden kein körperliches Korrelat. Die beiden Nervenärzte, die im gerichtlichen Verfahren als Sachverständige aufgetreten sind, haben übereinstimmend und restlos überzeugend festgestellt, dass die Klägerin trotzdem zustandsangepasste Tätigkeiten noch mindestens sechs Stunden täglich zu den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts verrichten kann.
Allgemein führt eine chronische Schmerzkrankheit keineswegs automatisch dazu, dass die von ihr betroffene Person nicht mehr zeitlich voll erwerbstätig sein kann. Gerade einen derartigen Automatismus proklamiert die Klägerin. Indem sie sich auf die beiden gemäß § 109 SGG eingeschalteten Gutachter stützt, kommt sie zum Ergebnis, bei ihr liege eine Fibromyalgie vor. Ob das tatsächlich der Fall ist, kann hier dahinstehen, weil eine Diagnose allein die Leistungsbeurteilung nicht unmittelbar determiniert.
Auch im vorliegenden Fall verkörpert "Fibromyalgie" eine Hilfsdiagnose, weil die Mediziner nicht in der Lage sind, die Schmerzen mit einem organischen Korrelat in Verbindung zu bringen. "Fibromyalgie" wird im weitesten Sinn als "Auffangbecken" für ätiologisch nicht zuordenbare Schmerzerscheinungen benutzt. Das zeigen ihre diagnostischen Kriterien: wenigstens 11 von 18 definierten tender points druckschmerzhaft, Ganzkörperschmerz, respektive Schmerz in wenigstens drei Körperregionen, diverse vegetative Beschwerden. In ihr wird ein bestimmtes Befundbild zusammengefasst, das aber per se keine zwingenden Rückschlüsse auf die berufliche Leistungsfähigkeit der betroffenen Person zulässt. Die Auswirkungen auf das Leistungsbild müssen vielmehr für den konkreten Einzelfall unter Einbeziehung aller Befunde individualisiert ermittelt werden. Gerade das hat die Sachverständige Dr. E. vorbildlich praktiziert, während die Gutachten von Dr. K. und Dr. D. in diesem entscheidenden Punkt unübersehbare Mängel aufweisen.
Die Klägerin begreift Fibromyalgie unzutreffend als Diagnose einer schweren Erkrankung, die für ihr Arbeitsleben und ihr Leben allgemein zwangsläufig eine deutliche Zäsur bedeutet und sie von vornherein dem Arbeitsmarkt weitgehend entzieht. Auch ohne medizinische Fachkenntnisse vermag der Senat festzustellen, dass eine solche Betrachtungsweise zu sehr vereinfacht und pauschaliert und deshalb im Rahmen der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung fehl am Platz ist. Das gilt umso mehr, als - was Dr. D. einräumt - bereits die Diagnosestellung selbst höchst umstritten ist. Dr. L. hat in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass sogar Frederic Wolfe, der die Fibromyalgie 1990 zum ersten Mal beschrieben hatte, 13 Jahre später von den von ihm selbst entwickelten Diagnosekriterien abgerückt ist. Dr. D. hat dies zwar konzediert, das Festhalten an diesen aber damit gerechtfertigt, es gebe eben keine besseren. Wie der Gutachter an eine also offenbar wissenschaftlich nicht gesicherte Diagnosestellung eine derart drastische Leistungseinschätzung anknüpfen konnte, erscheint nicht nachvollziehbar. Dass er es dennoch getan hat, erweckt beim Senat durchaus etwas den Eindruck, dass dem Gutachten bis zu einem gewissen Grad auch die Motivation zugrunde gelegen haben könnte, die Fibromyalgie als Diagnose und als eigenständige Krankheit zu "verteidigen".
Es muss aber individuell und konkret festgestellt werden, inwieweit bestimmte gesundheitliche Defizite sich auf das berufliche Leistungsvermögen auswirken. Der Senat schließt sich Dr. Dr. W. und Dr. E. an, wenn sie ein zeitlich nicht signifikant limitiertes Leistungsvermögen für zustandsangepasste Tätigkeiten annehmen.
Die Überlegungen, die von den medizinischen Sachverständigen, aber auch vom Gericht insoweit anzustellen sind, stellen sich als vergleichsweise einfach dar, wenn Schmerzen sich unmittelbar auf bestimmte somatische Störungen zurückführen lassen. Es gibt Gesundheitsstörungen, die objektiv bestimmte Tätigkeiten unmöglich machen, entweder weil die dabei anfallenden Handgriffe schmerzbedingt von vornherein nicht möglich sind oder sie unmittelbar unzumutbare Schmerzen erzeugen oder verstärken. Die kausalen Zusammenhänge - einschließlich von Wechselwirkungen - zwischen bestimmten mit Arbeitsverrichtungen verbundenen Körperbewegungen und der Schmerzentwicklung liegen relativ klar zu Tage. Sind davon häufig anfallende Verrichtungen betroffen, wird mitunter auch das quantitative Leistungsvermögen zum Teil oder völlig aufgehoben sein.
Bei Schmerzempfinden ohne adäquate funktionelle Defizite oder allgemein ohne somatisches Korrelat sind die genannten medizinisch-kausalen Zusammenhänge ungleich schwerer nachzuweisen. Wenn das organische Substrat fehlt, werden wohl im Wesentlichen psychische Prozesse im Rahmen der Arbeit (z.B. Anspannung, Stress, übertriebener Perfektionismus etc.) geeignet sein, die Schmerzen erzeugen oder steigern. Der Nachweis entsprechender Kausalzusammenhänge muss jedoch mit hinreichender Sicherheit erbracht werden; eine Einschränkung der quantitativen Leistungsfähigkeit kann auch bei chronischen Schmerzerkrankungen nur dann gerechtfertigt sein, wenn erwiesen ist, dass gerade die Arbeit sich entweder schmerzerzeugend oder -verstärkend auswirkt. Andererseits könnte sich aus Laiensicht auch ein unspezifischer Dauerschmerz möglicherweise im Sinn einer Zermürbung negativ auf das Durchhaltevermögen auswirken. Eine weitere greifbare Einschränkung der Leistungsfähigkeit könnte theoretisch dadurch gegeben sein, dass unter Umständen der Nachtschlaf aufgrund der Schmerzen derart gestört ist, dass die Leistungsfähigkeit am Tag signifikant reduziert erscheint. Weiter wäre eventuell denkbar, dass die chronischen Schmerzen nur durch zahlreiche Ruhepausen in erträglichem Maß gehalten werden könnte, die aber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unüblich sind. Vergleichsweise häufig tritt schließlich eine depressive Komorbidität auf mit den typischen damit verbundenen leistungshemmenden Faktoren wie zum Beispiel Antriebshemmung, Zurückgezogenheit, kognitiven Defiziten, Reduktion der psychophysischen Belastbarkeit oder der Ausdauerfähigkeit.
Von einem solchen oder ähnlichen Wirkungszusammenhang muss das Gericht überzeugt sein, bevor es speziell aus einer chronischen Schmerzerkrankung auf eine quantitative Reduzierung der beruflichen Leistungsfähigkeit schließt. Diese Überzeugung kann dem Gericht nur durch medizinische Sachverständige vermittelt werden. Dr. E. hat sich dieser Aufgabe eingehend und fundiert gewidmet. Ihr Gutachten besticht durch die ausführliche, abgewogene und authentische Begründung, warum gerade keine quantitative Leistungseinschränkung anzunehmen ist. Dabei basiert ihre Einschätzung auf einer intensiven, realistischen und sensiblen Auseinandersetzung mit der Persönlichkeit und den spezifischen Problemen der Klägerin. Die Sachverständige beweist in diesem Zusammenhang ein gutes Gespür für die Verhältnisse am Arbeitsmarkt, was nicht zuletzt auf ihre Zusatzqualifikation als Sozialmedizinerin zurückzuführen ist.
Zentrale Prämisse für die Leistungseinschätzung der Dr. E. ist einerseits, dass die neurologische Untersuchung keine Hinweise für ein sensomotorisches Defizit bezüglich der geklagten wirbelsäulenabhängigen Beschwerden ergeben hat. Das harmoniert mit den Feststellungen des Bezirksklinikums M. vom August 2003, wo ein vollständig unauffälliger neurologischer Befund erhoben worden war. Ebenso wenig beruhen die Schmerzen auf einer rheumatischen Erkrankung; das hat Dr. E. ausdrücklich ausgeschlossen. Erstaunlicher Weise hat Dr. D., der immerhin Rheumatologe ist, weder einen eigenständigen rheumatologischen Befund ausgewiesen noch in seiner Beurteilung auch nur ein einziges Wort über Erkrankungen aus dem entzündlich-rheumatischen Formenkreis verloren; auch dieser Umstand ist der Überzeugungskraft des Gutachtens abträglich.
Eine gravierende depressive Erkrankung, die geeignet sein könnte, die Klägerin von einer zustandsangepassten Arbeit abzuhalten, liegt nicht vor. Zu diesem Ergebnis ist Dr. E. mittels einer breit angelegten Befundauswertung sowie unter sorgfältiger und ausführlicher Begründung gekommen. Der Senat ist von der Richtigkeit dieser Einschätzung überzeugt, zumal Dr. E. sich sowohl auf die von ihr selbst als auch parallel auf die von Dr. Dr. W. erhobenen Befunde gestützt hat. Danach besteht bei der Klägerin eine chronisch-depressive Entwicklung bei reaktiven Faktoren, wobei ihre prämorbiden Persönlichkeitszüge von erheblichem Einfluss sind. Als solche hat Dr. E. Klagsamkeit und innere Anspannung benannt. In Übereinstimmung mit der Sachverständigen geht der Senat von einem leicht bis mittelgradig ausgeprägten depressiven Syndrom im Sinn einer Dysthymie aus. Der von Dr. E. dokumentierte psychische Befund lässt sich damit sehr gut in Einklang bringen: Die Angaben zum Beschwerdebild seitens der Klägerin seien klagsam erfolgt. Aggravation bestehe nicht. Die Stimmungslage sei gedrückt, subdepressiv, besorgt und ängstlich getönt; es bestünden Minderwertigkeits- und Versagensgefühle. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei leichtgradig eingeschränkt. Die psychomotorischen Abläufe seien nicht verlangsamt. Vom Antrieb her wirke die Klägerin etwas matt und schwunglos, bei glaubhaft angegebenem Erschöpfungsgefühl, gleichwohl nicht vitalgemindert, abnorm müde oder im Antrieb gehemmt. Ein Morgentief habe nicht eruiert werden können.
Der Befund, die Klägerin habe nicht abnorm müde gewirkt, findet Bestätigung sowohl durch die Schlafanamnese bei Dr. Dr. W. als auch bei Dr. E. selbst. Laut den Angaben, welche die Klägerin bei Dr. E. gemacht hat, ist ihr Nachtschlaf zwar unterbrochen, sie kommt aber immerhin auf eine Gesamtschlafdauer von etwa sieben Stunden. Berücksichtigt man das Alter der Klägerin, kann sicherlich nicht von einem quantitativen Schlafdefizit gesprochen werden.
Zu Recht hat Dr. E. auf den Umstand hingewiesen, dass die Klägerin noch immer mit nur wenig Hilfestellung einen Vierpersonenhaushalt versorgt. Eine Erschöpfungs-, Schmerz- und psychiatrisch Symptomatik bestand bereits im Jahr 2000 bei Aufnahme in die Klinik S ... Das ergibt sich eindeutig aus den aus dieser Zeit vorliegenden Befunden sowie aus den über die Jahre hinweg im Wesentlichen unveränderten Beschwerdeschilderungen der Klägerin. Damals hatte sie aber noch massiv im Gestüt mitgearbeitet (sieben Tage, 4,5 Stunden täglich). Zum Zeitpunkt der Begutachtungen durch Dr. S. und Dr. Dr. W. - letztere fand immerhin im Juli 2006 statt - hat die Klägerin einen sehr ausgefüllten, arbeitsreichen Tagesablauf geschildert, wobei sie nach wie vor maßgebend in der Pferdepension mitgearbeitet hat. Das überrascht umso mehr, als bis 2003 nach Angaben der Klägerin noch eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustands eingetreten war (chronische Schmerzen, Depressionen). Vor Dr. K., also im Dezember 2006, hat sie sogar geäußert, sie habe das Gestüt sozusagen allein versorgt. Aus dem Entlassungsbericht der Klinik S. geht hervor, dass dabei auch schwere Arbeiten und Tätigkeiten in Zwangshaltungen angefallen sind bzw. anfallen. Es mag sein, dass die Klägerin, wie sie in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, diese Mitarbeit nun reduziert hat. Aber bereits als die von ihr beklagte Symptomatik voll ausgeprägt war, war sie augenscheinlich erstaunlich leistungsfähig. Und von einer Befundverschlechterung zwischen 2006 und heute kann nicht ausgegangen werden. Dann aber lässt sich nicht nachvollziehen, warum die Klägerin nicht einmal mehr leichte Tätigkeiten sechs Stunden täglich ausüben können soll. Unberechtigt ist die Kritik des Dr. K. an dem Gutachten des Dr. Dr. W., dieser habe den Arbeitsalltag der Klägerin vollkommen falsch eingeschätzt; diese Kritik muss sich vielmehr Dr. K. gefallen lassen.
Im Gegenteil vermag man bei der Klägerin eine Verbesserung der Lebensumstände festzustellen. Die vor allem zwischen 2001 und 2003 bestehenden großen finanziellen Probleme haben mittlerweile abgenommen. Die Krebserkrankung des Ehemanns und ihre eigene befinden sich in vollständiger Remission. Ihre depressive Verstimmung, die Müdigkeit und Abgeschlagenheit hat die Klägerin, wie sich aus Befundberichten des Uniklinikums D-Stadt 2004 und 2005 ergibt, auch auf die onkologische Behandlung mit Interferon zurückgeführt. Diese wurde aber im Mai 2005 beendet. Pflegefälle muss sie nicht mehr betreuen.
Zudem weisen verschiedene Faktoren auf einen sich noch im Rahmen haltenden Leidensdruck hin. Zwar ist unbestritten, dass die Klägerin chronische Schmerzen hat. Mit
Dr. E. geht der Senat auch davon aus, dass Aggravation oder Simulation nicht vorliegen; vielmehr leidet die Klägerin tatsächlich. Jedoch ist trotz der schon langen Dauer der Schmerzen noch keine spezifische Schmerztherapie durchgeführt worden; Forderungen nach invasiven Maßnahmen hat es bislang nicht gegeben. Die Konsultationsfrequenz bei der Psychologin ist relativ gering; bei der Fibromyalgie-Selbsthilfegruppe hat die Klägerin nicht an Gruppensitzungen teilgenommen, sondern sich auf gelegentliche Telefonate mit einem Mitglied beschränkt. Gezielte wirbelsäulenorientierte Krankengymnastik, die
Dr. L. empfiehlt, wird nicht praktiziert. Die Klägerin hat bei Dr. E. keine Schonhaltung und keine schmerzbedingte Sitzunruhe gezeigt. Der Leidensdruck wird auch dadurch relativiert, dass aus dem für die Klägerin dramatischen Jahr 2001 keine ärztlichen Befunde vorliegen; offenbar hat sie in diesem Jahr unvermindert in der Pferdepension gearbeitet.
In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass laut Dr. E. die Behandlungsmaßnahmen in Bezug auf die Migräne nicht ausgeschöpft sind. Daher geht die in der mündlichen Verhandlung geäußerte Kritik der Klägerin, Dr. E. habe die Migräne ignoriert, ins Leere.
Das Gutachten der Dr. E. überzeugt nicht zuletzt deswegen, weil es ihr gelungen ist, die gesundheitlichen Beschwerden der Klägerin lebensecht und plausibel zu erläutern, indem sie die Primärpersönlichkeit und den seit ihrer Heirat nicht einfachen Lebenslauf der Klägerin ausgewertet und berücksichtigt hat. In Übereinstimmung mit der Sachverständigen ist der Senat der Ansicht, dass die Biografie der Klägerin ihre Beschwerden nachvollziehbar werden lässt, ohne sie "rentenwürdig" erscheinen zu lassen. Ganz offensichtlich musste die Klägerin seit ihrer Eheschließung hart und ohne nennenswerte Phasen größerer Erholung arbeiten. Sie übernahm die Pflege sämtlicher Eltern- und Schwiegerelternteile bis zu deren Tod. Ihr oblag "selbstverständlich" auch der Haushalt. Außerdem war sie Aktivposten bei der Pferdepension; sie selbst hat vor Dr. K. von "Alleinversorgung" gesprochen. Trotz dieses enormen Pensums hat die Klägerin stets eine entsprechende Anerkennung, insbesondere vom Ehemann, vermisst. Den bezeichnet sie als sehr streng. Dass sie im Jahr 2000 ausgebrannt war, verwundert angesichts dessen niemand. Bezeichnender Weise hat ihr die stationäre Reha-Maßnahme in diesem Jahr in der Klinik S. sehr gut getan. Das indiziert, dass bei der Klägerin in erster Linie der "Akku leer" war. Statt danach die Belastung etwas reduzieren zu können, kam es 2001 mit der Krebserkrankung des Ehemannes und dann 2003 der eigenen noch schlimmer. Dennoch war die stationäre Reha-Maßnahme in F. wiederum ein voller Erfolg, was für eine gut ausgeprägte Regenerationsfähigkeit der Klägerin spricht. Gleichwohl hatte sie keine Chance, sich nachhaltig zu erholen. Die Klägerin erschien und erscheint mit der vielen Arbeit schlicht überfordert. Trotz ihrer Verdienste um ihre Familie hegt sie Insuffizienzgefühle, als ob sie ihre verminderte Leistungsfähigkeit rechtfertigen müsste. Eine Rechtfertigung in Form einer Rentenbewilligung muss ihr jedoch vorenthalten bleiben. Ebenso wenig kann eine Rente als Kompensation für das über die Klägerin hereingebrochene Ungemach dienen.
Die beiden nach § 109 SGG eingeholten Gutachten vermögen nicht zu überzeugen. Bereits oben ist auf gravierende Mängel des Gutachtens des Dr. D. eingegangen worden. Hinzu kommt, dass Dr. D. bei der Beantwortung der Beweisfragen unvermittelt verschiedene mit der Fibromyalgie verbundene Begleitsymptome behauptet hat, ohne hierzu neben den von ihm angewandten Fragebögen Befunde erhoben zu haben. Beispielsweise fehlt es im Gutachten - außer der generellen Angabe von Ein- und Durchschlafstörungen - an einer eingehenden Schlafanamnese. Im Gutachten des Dr. K. bleibt unklar, wie sich die Angst vor einem Krebsrezidiv zu einer Phobie ausgeweitet haben soll, die eine vollzeitige Beschäftigung vereitelt; an dieser Stelle weist das Gutachten einen deutlichen Bruch auf. Zudem wirkt es unverhältnismäßig emotional und gegenüber dem Vorgutachter polemisch; dieser Umstand lässt seine wissenschaftliche Objektivität in zweifelhaftem Licht erscheinen. Schließlich weist das Gutachten des Dr. K. die Schwäche auf, die quantitative Leistungseinschätzung zwar emotionsgeladen in den Raum zu stellen, nicht aber sachlich-wissenschaftlich zu begründen. Dr. K. verknüpft wie Dr. D. die Diagnose Fibromyalgie offenbar automatisch mit einer negativen Leistungseinschätzung.
Dafür, dass der Klägerin der Arbeitsmarkt unter dem Aspekt einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung verschlossen sein könnte, bestehen keine Anhaltspunkte. Die Gebrauchsfähigkeit der Hände ist nicht beeinträchtigt, zusätzliche Arbeitspausen sind, auch wenn die Klägerin insoweit anderer Ansicht ist, nicht erforderlich. Ihre Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit im Hinblick auf den technischen Wandel oder andere Berufe ist ausreichend.
Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit scheidet aus, weil, wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, die Klägerin angesichts ihrer bisherigen Tätigkeit, die dem Bereich der ungelernten Berufe zuzuordnen ist, keinen Berufsschutz genießt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Klägerin auch vor dem Bayerischen Landessozialgericht ohne Erfolg geblieben ist.
Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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