Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 14 RA 2131/03
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 12 R 306/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. November 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten für das Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Feststellung von Zusatzversorgungszeiten.
Der 1934 geborene Kläger erwarb am 26. Juni 1956 an der Humboldt-Universität zu Berlin den akademischen Grad eines Diplom-Wirtschaftlers. Am 22. Februar 1966 schloss er an der Ingenieurschule für Maschinenbau und Elektrotechnik Berlin ein Fachschulstudium in der Fachrichtung Technologie des Maschinenbaus ab und erhielt damit das Recht, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen.
Nach einer Beschäftigung im Kraftwerksanlagenbau war er seit dem 1. Mai 1970 beim Kombinat Robotron, Betriebsteil Berlin, als Leiter des Bereiches Programmierung werktätig. Ab 1981 war er dann als Chefkonstrukteur des VEB Robotron Vertrieb Berlin verantwortlich für die Entwicklung und Produktionsüberleitung der Robotron Bildverarbeitungssysteme. Das Beschäftigungsverhältnis bestand auch über den 30. Juni 1990 hinaus nach Umwandlung des VEB Robotron Vertrieb Berlin in die Computer-Vertriebs-Union Berlin GmbH noch fort.
Am 28. März 2001 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften aus dem Zusatzversorgungssystem nach Nr. 1 zu Anlage 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG). Durch Bescheid vom 20. November 2002 lehnte die Beklagte die Feststellung der Beschäftigungszeit vom 1. Februar 1966 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem ab. Eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Weder habe eine positive Versorgungszusage zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990, dem Tag der Schließung der Zusatzversorgungssysteme, eine Beschäftigung ausgeübt worden die - aus bundesrechtlicher Sicht - dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre.
Der Kläger erhob Widerspruch und machte geltend, dass der VEB Robotron Vertrieb Berlin vom Charakter seiner Aufgaben her eindeutig als ein den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellter Betrieb einzuordnen sei. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 27. März 2003). Der Kläger sei weder in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen, doch habe er einen Anspruch auf eine Versorgungszusage gehabt. Im Juni 1990 habe er als Ingenieur eine seiner Qualifikation entsprechende Beschäftigung im VEB Robotron Vertrieb Berlin ausgeübt. Dabei handele es sich jedoch nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie und Bau) und auch nicht um einen den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellten Betrieb. Mit der am 23. April 2003 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein auf die Anerkennung von Zusatzversorgungszeiten gerichtetes Begehren weiter. Das Sozialgericht hat (u.a.) die Anweisung über die Gründung und Zuordnung des VEB Robotron Vertriebs Berlin vom 20. Dezember 1973, Auszüge aus dem Register der Volkseigenen Wirtschaft, das Statut des VEB Kombinat Robotron vom 25. Juni 1984, die Eröffnungsbilanz der Computer-Vertriebs-Union Berlin GmbH i.Gr. als Rechtsnachfolger des VEB Robotron Vertrieb Berlin sowie die Aussagen des Werner Krüger und des Hartmut Ewert vor dem Sozialgericht Berlin in dem Verfahren S 9 RA 3399/01 beigezogen und den Beteiligten zur Kenntnis gegeben.
Anschließend hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen (Urteil vom 19. November 2007). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger im strittigen Zeitraum keinem Zusatzversorgungssystem angehört habe, auch eine fingierte Zugehörigkeit komme nicht in Betracht. Er habe am 30. Juni 1990 keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt. Es mangele an der betrieblichen Voraussetzung der Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb. Das für den VEB Robotron Vertrieb Berlin zuständige Staatsorgan sei das Ministerium für Elektrotechnik und Elektronik gewesen. Der Betrieb sei der Wirtschaftsgruppe 16649 (Reparatur- Montagebetriebe der Datenverarbeitungs- und Büromaschinenindustrie) zugeordnet und demzufolge vorrangig durch die Erbringung von Reparatur- und Montageleistungen geprägt gewesen. Als Vertriebsbetrieb sei er auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne der Versorgungsordnung gewesen. Der Ausschluss des Klägers von der Anerkennung fiktiver Anwartschaften verstoße auch nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes, da allein die Texte der Versorgungsordnungen über den Kreis der Berechtigten entscheiden würden.
Gegen das ihm am 17. Januar 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 18. Februar 2008 (Montag) eingegangene Berufung des Klägers. Der Kläger trägt vor, dass der VEB Robotron Vertrieb Berlin ein Produktionsbetrieb gewesen sei. So sei er dem Industrieministerium für Elektrotechnik/Elektronik unterstellt und sein Hauptzweck die materielle Produktion von Datenverarbeitungsanlagen als Finalprodukte gewesen. Der Betrieb sei im Wirtschaftsbereich 1 (Industrie) eingestuft gewesen. Das belege, dass er nach der Staatspraxis der DDR zu den Produktionsbetrieben gezählt worden sei. Vertrieb bedeute die Finalproduktion eines komplizierten Erzeugnisses. Auch seien Beschäftigte im VEB Robotron Vertrieb Berlin tatsächlich in die Zusatzversorgung einbezogen worden. In der Theorie der industriellen Produktionsprozesse zählten auch Montage- und Inbetriebnahmeleistungen zu den produktiven Leistungen. Die Stückzahl eines gefertigten Gutes sei für den Produktionsbegriff irrelevant. Der Begriff "fordistisches Prinzip" sei der DDR-Wirtschaft unbekannt gewesen, die nur zwischen Einzelfertigung, Serienfertigung und Massenfertigung unterschieden habe. Eine Montage gehöre zum Produktionsprozess, sie müsse vielfach außerhalb des Produktionsbetriebes durchgeführt werden. Die Montage und Installation von Großrechenanlagen beim Kunden seien demnach als Produktion anzusehen. Hauptleistungen des Robotron Vertriebs Berlin seien Montage- und Inbetriebnahmeleistungen für Großrechenanlagen vor Ort beim Kunden gewesen, die Serienproduktion von Bildverarbeitungssystemen und K 1840-Rechnern sowie deren Montage und Inbetriebnahme vor Ort beim Kunden. Hinzu sei noch die Softwareproduktion sowie die Produktion von Radios im Werk Stralsund gekommen. Montage und Inbetriebnahme seien Produktionsabschnitte, ohne dass eine Fertigung stattfinde. Für die Frage, ob ein Produktionsbetrieb vorliege, komme es nicht darauf an, ob und wann der VEB Robotron Vertrieb Berlin in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt worden sei.
Der Kläger beantragt (nach dem Sinn seines Vorbringens)
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. November 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Beschäftigungszeit vom 1. Februar 1966 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG sowie die in dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Ein Produktionsbetrieb im versorgungsrechtlichen Sinne setze nach der Rechtsprechung des BSG eine Massenproduktion im Sinne des fordistischen Modells voraus. Hauptzweck des VEB Robotron Vertrieb Berlin seien Montage und Kundendienst gewesen. Beides unterfalle nicht dem Begriff der industriellen Massenproduktion. Auch sei der VEB Robotron Vertrieb am 30. Juni 1990 nur noch eine "leere Hülle" gewesen, da bereits am 1. Juni 1990 die gesamte Fondsinhaberschaft auf die Nachfolgegesellschaft, eine GmbH, übergegangen sei. Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen hat und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG) und auch im Übrigen zulässige (§ 151 Abs. 1 SGG) Berufung des Klägers ist nicht begründet. Mit Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte für ihn Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem mit den entsprechenden Arbeitsentgelten feststellt.
Der mit der Klage verfolgte Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem für Angehörige der technischen Intelligenz nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG und der währenddessen erzielten Arbeitsentgelte kann sich ausschließlich aus § 8 Abs. 2, 3 Satz 1 und 4 Nr. 1 AAÜG ergeben. Dieses Gesetz ist indessen nach seinem § 1 Abs. 1 nicht auf den Kläger anwendbar.
Der Kläger hat nicht aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem einen Anspruch oder eine Anwartschaft auf Versorgung erworben (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG). Leistungen aus dem Versorgungssystem sind ihm nie bewilligt worden. Er hat auch keine Anwartschaft verloren, deren Verlust als nicht eingetreten gelten würde (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG), weil ihm zu keiner Zeit eine Versorgungszusage (durch Aushändigung einer entsprechenden Urkunde oder in einem Einzelvertrag) erteilt worden ist. Eine sonstige Entscheidung, aufgrund derer er eine Versorgung beanspruchen könnte, ist ebenfalls nicht getroffen worden.
Auch aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG – zur sog. erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG ergibt sich nicht die Anwendbarkeit des AAÜG. Maßgeblich ist insoweit, ob der Kläger aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hat, was nur dann der Fall wäre, wenn er am 30. Juni 1990 noch konkret eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt hätte, derentwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war (BSG, Urteile vom 24. März 1998 – B 4 RA 27/97 R – und vom 12. Juni 2001 – B 4 RA 117/00 R –, SozR 3-8570 § 5 Nr. 3 bzw. 6). Eine solche Beschäftigung hat er indessen nicht ausgeübt. Eine zusätzliche Altersversorgung für Angehörige der technischen Intelligenz – die hier allein in Betracht kommt – war für ihn deswegen auch nicht vorgesehen.
Vorgesehen war die Einbeziehung von Beschäftigten in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz, wenn drei Voraussetzungen erfüllt waren, die sich aus § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 17. August 1950 (GBl. S. 844, inhaltlich übereinstimmend die entsprechende Verordnung des Magistrats von Groß-Berlin vom 25. November 1950 [VOBl. S. 362]) i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der dazu ergangenen Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) ergeben (vgl. nur BSG, Urteil v. 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 6 ). In diesen Rechtsvorschriften war eine zusätzliche Altersversorgung für Personen vorgesehen, die
a) berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und die b) eine entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar c) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem diesen gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Diese Voraussetzungen hat der Kläger am maßgeblichen Stichtag, dem 30. Juni 1990, nicht erfüllt. Zwar hatte er seit dem 22. Februar 1966 das Recht, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen und hat als Chefkonstrukteur offensichtlich auch eine dieser Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt. Jedoch fehlt es für die Anerkennung von Versorgungszeiten an der letzten, der so genannten betrieblichen Voraussetzung.
Das BSG hat in seinem Urteil vom 9. April 2002 (B 4 RA 41/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 6) ausführlich begründet, dass nach dem maßgeblichen Sprachgebrauch der DDR die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz sich nur auf volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens erstreckte. Entscheidend dafür spricht, dass durch § 1 Abs. 2 der 2. DB bestimmte Einrichtungen "(d)en volkseigenen Produktionsbetrieben" gleichgestellt werden – und gerade nicht den volkseigenen Betrieben schlechthin. Bereits nach § 1 der Ersten Durchführungsbestimmung vom 26. September 1950 (GBl. S. 1043), die durch § 10 Abs. 2 der 2. DB aufgehoben wurde, zählten zum Kreis der Versorgungsberechtigten nur (bestimmte) Beschäftigte in einem Produktionsbetrieb. An diese – auch in anderen Vorschriften des Rechts der DDR zu findende - Unterscheidung zwischen volkseigenen Betrieben im Allgemeinen und volkseigenen Produktionsbetrieben im Besonderen knüpft § 1 Abs. 2 der 2. DB an und lässt so erkennen, dass die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz nur zu gewähren war bei Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens (oder einer der durch § 1 Abs. 2 der 2. DB ausdrücklich gleichgestellten Einrichtungen).
Der VEB Robotron-Vertrieb Berlin war kein Produktionsbetrieb in diesem Sinne (so schon LSG Berlin, Urt. v. 21. April 2004 – L 17 RA 104/03 - ; LSG Brandenburg, Urt. v. 14. Dezember 2004 – L 2 RA 14/03 - und LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 29. März 2006 – L 16 R 471/05, Urteil des erkennenden Senats v. 30. Januar 2007 – L 12 RA 32/02, Urteile des LSG Berlin-Brandenburg v. 6. Dezember 2007 und 24. Juli 2009 – L 8 RA 2/03 und L 3 R 169/08 ). Ein Produktionsbetrieb zeichnet sich dadurch aus, dass der von ihm verfolgte Hauptzweck die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern gewesen ist (BSG, Urt. v. 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 6). Maßgebend für die Zuordnung eines bestimmten VEB zur industriellen Produktion ist, welche Aufgabe dem VEB das Gepräge gegeben hat. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse des Betriebs, die auf der Grundlage der tatsächlich übernommen Aufgaben, der Organisation und der Mittelverwendung zu bestimmen sind. Als Hilfstatsachen bei der Beweiswürdigung können insbesondere Eintragungen in die Liste der volkseigenen Betriebe, Statuten und Geschäftsunterlagen wie auch die Zuordnung zu bestimmten Ministerien von Bedeutung sein (BSG Urt. v. 18. Dezember 2003 – B 4 RA 18/03 R = SozR 4-8570 § 1 Nr. 1 ).
Gegen die Annahme, dass es sich bei dem VEB Robotron-Vertrieb Berlin um einen Produktionsbetrieb handelte, spricht schon seine Gründungsanweisung vom 20. Dezember 1973, in der auf das Statut des VEB Kombinat Robotron Bezug genommen wird. Dieses bestimmt in seinem § 7: "Dem VEB Robotron-Vertrieb Berlin obliegt der Vertrieb, der technische Kundendienst für Geräte der Datenverarbeitungs- und Rechentechnik, der Vertrieb von Systemunterlagen in den Nordbezirken der DDR und die Wahrnehmung von Leitfunktionen entsprechend geltender Kombinatsordnung sowie die Anwenderschulung auf dem Gebiet der Prozessrechentechnik." Zwar nennt das Statut in seinem § 7 ausdrücklich auch die Produktion von Geräten, weist sie als Aufgabe aber dem VEB Robotron-Elektronik Radeberg, dem VEB Robotron-Elektronik Dresden, dem VEB Robotron-Elektronik Riesa und dem VEB Robotron-Elektronik Hoyerswerda zu. Die Forschung, Entwicklung und Applikation von Geräten, Verfahren und Systemunterlagen der Rechentechnik wird als Aufgabe des VEB Robotron-Zentrum für Forschung und Technik (in Dresden) genannt. Nach dem Statut des VEB Kombinat Robotron und der darauf Bezug nehmenden Gründungsanweisung des Robotron-Vertrieb Berlin waren Gegenstand der betrieblichen Tätigkeit des Beschäftigungsbetriebs des Klägers folglich weder Produktion noch Forschung und Entwicklung.
Die tatsächlichen Verhältnisse in dem VEB Robotron-Vertrieb Berlin rechtfertigen keine andere Sicht. Dem Senat liegen – ebenso wie schon dem Sozialgericht - die Aussagen von in einem anderen sozialgerichtlichen Verfahren mit vergleichbarem Streitgegenstand gehörten Zeugen vor, nämlich die Aussagen von Werner Krüger, Direktor Vertrieb und später Direktor Forschung und Entwicklung beim VEB Robotron-Vertrieb Berlin und von Hartmut Ewert, ökonomischer Direktor beim VEB Robotron-Vertrieb Berlin aus dem Verfahren vor dem SG Berlin S 9 RA 3399/01. Diese Aussagen sind den Beteiligten bekannt gegeben worden, sie können im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden. Zwar ist die Tatsache, dass es beim VEB Robotron-Vertrieb Berlin einen Direktor auch für Forschung und Entwickung gegeben hat, ein Beleg dafür, dass entgegen dem Statut des Kombinats entsprechende Aufgaben tatsächlich wahrgenommen worden sind. Sie sagt aber nichts über die Produktion aus.
Aus den Aussagen der Zeugen ergibt sich zunächst, dass im VEB Robotron-Vertrieb Berlin insoweit produziert worden ist, als in dem zum Betrieb gehörenden Werk in Stralsund ab 1974/1975 Radiogeräte gefertigt worden sind. Diese Produktion hat dem Betrieb allerdings nicht sein Gepräge gegeben, weil nur eine Minderzahl der Beschäftigten an der Produktion der Radiogeräte beteiligt gewesen ist (vgl. dazu die Aussage der Zeugen Krüger und Ewert aus dem Verfahren vor dem SG Berlin S 9 RA 3399/01). Eigentlicher Gegenstand der Betriebstätigkeit des VEB Robotron-Vertrieb Berlin war - neben der Wartung von Computeranlagen, die indessen offensichtlich nicht unter den Begriff der industriellen Produktion fällt - die Zusammenstellung von EDV-Anlagen aus vorgefertigten Komponenten nach Kundenwünschen, wofür auch ein Bildverarbeitungssystem, Steckverbindungen und Kabelbäume produziert worden sind. Das ergibt sich neben den Zeugenaussagen auch aus der Eröffnungsbilanz des Nachfolgebetriebes des VEB Robotron-Vertrieb Berlin, der CVU Computer-Vertriebs-Union Berlin GmbH, wo ausgeführt ist, dass Gegenstand des Unternehmens "der Vertrieb, Service, Schulung, Applikation und Produktion von bzw. für bürotypische und elektrotechnische/elektronische Erzeugnisse und Leistungen sowie sonstiger damit in Zusammenhang stehender Erzeugnisse und Leistungen" sei. Selbst wenn das Zusammenstellen von EDV-Anlagen nicht als Dienstleistung, sondern als Herstellung eines neues Produkts anzusehen wäre wofür spricht, dass nicht nur Geräte mit schon vorhandenen Nutzungsmöglichkeiten ausgeliefert, sondern die Möglichkeiten zur Nutzung der vorgefertigten Geräte durch den Zusammenbau qualitativ verändert worden sind – ist jedenfalls keine Produktion im Sinne des fordistischen Produktionsmodells gegeben. Wesentliches Kennzeichen der industriellen Fertigung fordistischer Prägung ist der Massenausstoß von Produkten, die durch Wiederholung von gleichartigen Bearbeitungsvorgängen unter Einsatz von Maschinen, die an die Stelle menschlicher Arbeitskraft treten, hergestellt worden sind. Sofern das Zusammenstellen von Computeranlagen überhaupt als Produktion anzusehen ist, liegt darin jedenfalls eine andere Art der Herstellung von Sachgütern als die Produktion fordistischer Prägung (=Massenfertigung im gerade beschriebenen Sinne). Der VEB Robotron-Vertrieb Berlin nahm die (endgültige) Zusammensetzung der Anlagen beim Kunden vor. Die "Produktion" erfolgte damit nicht auf dem Betriebsgelände eines Herstellers, wie es für eine industrielle Fertigung fordistischer Art typisch wäre. Insbesondere fehlt es aber an dem Einsatz von Maschinen im Herstellungsprozess. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass bei der Zusammenstellung der Anlagen maschinengestützte Produktionsschritte angefallen sind. Eine Produktion fordistischer Art setzt indessen voraus, dass der Herstellungsprozess in einzelne maschinelle Bearbeitungsschritte aufgespalten ist. Fehlen diese, sind die Bedingungen industrieller (Massen-)Fertigung nicht gegeben. Schon aus diesem Grund kann die vom Beschäftigungsbetrieb des Klägers vorgenommene Zusammensetzung von Computeranlagen nicht als Gegenstand industrieller Produktion angesehen werden. Infolgedessen kann dahingestellt bleiben, ob die Annahme einer industriellen Produktion auch daran scheitern muss, dass die Zahl der zusammengesetzten Anlagen nicht ausreichte, um die Voraussetzung einer Massenproduktion zu erfüllen. Exakte Vorgaben zur erforderlichen Stückzahl sind insoweit schwierig zu bestimmen, weil die Schwelle zur Massenproduktion auch von der Art des Produktes abhängig ist.
Der VEB Robotron-Vertrieb Berlin war schließlich auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB. Maßgeblich für die Gleichstellung ist ausschließlich das Versorgungsrecht der DDR (BSG, Urt. v. 9. April 2002 - B 4 RA 3/02 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 7 ). In versorgungsrechtlicher Sicht ist keine Gleichstellung eines Vertriebsbetriebes mit einem Produktionsbetrieb erfolgt, was sich daran zeigt, dass Vertriebsbetriebe in § 1 Abs. 2 der 2. DB nicht erwähnt werden.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Tatbestand:
Streitig ist die Feststellung von Zusatzversorgungszeiten.
Der 1934 geborene Kläger erwarb am 26. Juni 1956 an der Humboldt-Universität zu Berlin den akademischen Grad eines Diplom-Wirtschaftlers. Am 22. Februar 1966 schloss er an der Ingenieurschule für Maschinenbau und Elektrotechnik Berlin ein Fachschulstudium in der Fachrichtung Technologie des Maschinenbaus ab und erhielt damit das Recht, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen.
Nach einer Beschäftigung im Kraftwerksanlagenbau war er seit dem 1. Mai 1970 beim Kombinat Robotron, Betriebsteil Berlin, als Leiter des Bereiches Programmierung werktätig. Ab 1981 war er dann als Chefkonstrukteur des VEB Robotron Vertrieb Berlin verantwortlich für die Entwicklung und Produktionsüberleitung der Robotron Bildverarbeitungssysteme. Das Beschäftigungsverhältnis bestand auch über den 30. Juni 1990 hinaus nach Umwandlung des VEB Robotron Vertrieb Berlin in die Computer-Vertriebs-Union Berlin GmbH noch fort.
Am 28. März 2001 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften aus dem Zusatzversorgungssystem nach Nr. 1 zu Anlage 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG). Durch Bescheid vom 20. November 2002 lehnte die Beklagte die Feststellung der Beschäftigungszeit vom 1. Februar 1966 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem ab. Eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Weder habe eine positive Versorgungszusage zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990, dem Tag der Schließung der Zusatzversorgungssysteme, eine Beschäftigung ausgeübt worden die - aus bundesrechtlicher Sicht - dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre.
Der Kläger erhob Widerspruch und machte geltend, dass der VEB Robotron Vertrieb Berlin vom Charakter seiner Aufgaben her eindeutig als ein den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellter Betrieb einzuordnen sei. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid vom 27. März 2003). Der Kläger sei weder in ein Versorgungssystem einbezogen gewesen, doch habe er einen Anspruch auf eine Versorgungszusage gehabt. Im Juni 1990 habe er als Ingenieur eine seiner Qualifikation entsprechende Beschäftigung im VEB Robotron Vertrieb Berlin ausgeübt. Dabei handele es sich jedoch nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie und Bau) und auch nicht um einen den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellten Betrieb. Mit der am 23. April 2003 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein auf die Anerkennung von Zusatzversorgungszeiten gerichtetes Begehren weiter. Das Sozialgericht hat (u.a.) die Anweisung über die Gründung und Zuordnung des VEB Robotron Vertriebs Berlin vom 20. Dezember 1973, Auszüge aus dem Register der Volkseigenen Wirtschaft, das Statut des VEB Kombinat Robotron vom 25. Juni 1984, die Eröffnungsbilanz der Computer-Vertriebs-Union Berlin GmbH i.Gr. als Rechtsnachfolger des VEB Robotron Vertrieb Berlin sowie die Aussagen des Werner Krüger und des Hartmut Ewert vor dem Sozialgericht Berlin in dem Verfahren S 9 RA 3399/01 beigezogen und den Beteiligten zur Kenntnis gegeben.
Anschließend hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen (Urteil vom 19. November 2007). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger im strittigen Zeitraum keinem Zusatzversorgungssystem angehört habe, auch eine fingierte Zugehörigkeit komme nicht in Betracht. Er habe am 30. Juni 1990 keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt. Es mangele an der betrieblichen Voraussetzung der Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb. Das für den VEB Robotron Vertrieb Berlin zuständige Staatsorgan sei das Ministerium für Elektrotechnik und Elektronik gewesen. Der Betrieb sei der Wirtschaftsgruppe 16649 (Reparatur- Montagebetriebe der Datenverarbeitungs- und Büromaschinenindustrie) zugeordnet und demzufolge vorrangig durch die Erbringung von Reparatur- und Montageleistungen geprägt gewesen. Als Vertriebsbetrieb sei er auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne der Versorgungsordnung gewesen. Der Ausschluss des Klägers von der Anerkennung fiktiver Anwartschaften verstoße auch nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes, da allein die Texte der Versorgungsordnungen über den Kreis der Berechtigten entscheiden würden.
Gegen das ihm am 17. Januar 2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 18. Februar 2008 (Montag) eingegangene Berufung des Klägers. Der Kläger trägt vor, dass der VEB Robotron Vertrieb Berlin ein Produktionsbetrieb gewesen sei. So sei er dem Industrieministerium für Elektrotechnik/Elektronik unterstellt und sein Hauptzweck die materielle Produktion von Datenverarbeitungsanlagen als Finalprodukte gewesen. Der Betrieb sei im Wirtschaftsbereich 1 (Industrie) eingestuft gewesen. Das belege, dass er nach der Staatspraxis der DDR zu den Produktionsbetrieben gezählt worden sei. Vertrieb bedeute die Finalproduktion eines komplizierten Erzeugnisses. Auch seien Beschäftigte im VEB Robotron Vertrieb Berlin tatsächlich in die Zusatzversorgung einbezogen worden. In der Theorie der industriellen Produktionsprozesse zählten auch Montage- und Inbetriebnahmeleistungen zu den produktiven Leistungen. Die Stückzahl eines gefertigten Gutes sei für den Produktionsbegriff irrelevant. Der Begriff "fordistisches Prinzip" sei der DDR-Wirtschaft unbekannt gewesen, die nur zwischen Einzelfertigung, Serienfertigung und Massenfertigung unterschieden habe. Eine Montage gehöre zum Produktionsprozess, sie müsse vielfach außerhalb des Produktionsbetriebes durchgeführt werden. Die Montage und Installation von Großrechenanlagen beim Kunden seien demnach als Produktion anzusehen. Hauptleistungen des Robotron Vertriebs Berlin seien Montage- und Inbetriebnahmeleistungen für Großrechenanlagen vor Ort beim Kunden gewesen, die Serienproduktion von Bildverarbeitungssystemen und K 1840-Rechnern sowie deren Montage und Inbetriebnahme vor Ort beim Kunden. Hinzu sei noch die Softwareproduktion sowie die Produktion von Radios im Werk Stralsund gekommen. Montage und Inbetriebnahme seien Produktionsabschnitte, ohne dass eine Fertigung stattfinde. Für die Frage, ob ein Produktionsbetrieb vorliege, komme es nicht darauf an, ob und wann der VEB Robotron Vertrieb Berlin in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt worden sei.
Der Kläger beantragt (nach dem Sinn seines Vorbringens)
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. November 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. November 2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27. März 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Beschäftigungszeit vom 1. Februar 1966 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG sowie die in dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Ein Produktionsbetrieb im versorgungsrechtlichen Sinne setze nach der Rechtsprechung des BSG eine Massenproduktion im Sinne des fordistischen Modells voraus. Hauptzweck des VEB Robotron Vertrieb Berlin seien Montage und Kundendienst gewesen. Beides unterfalle nicht dem Begriff der industriellen Massenproduktion. Auch sei der VEB Robotron Vertrieb am 30. Juni 1990 nur noch eine "leere Hülle" gewesen, da bereits am 1. Juni 1990 die gesamte Fondsinhaberschaft auf die Nachfolgegesellschaft, eine GmbH, übergegangen sei. Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen hat und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 Abs. 1 SGG) und auch im Übrigen zulässige (§ 151 Abs. 1 SGG) Berufung des Klägers ist nicht begründet. Mit Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte für ihn Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem mit den entsprechenden Arbeitsentgelten feststellt.
Der mit der Klage verfolgte Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem für Angehörige der technischen Intelligenz nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG und der währenddessen erzielten Arbeitsentgelte kann sich ausschließlich aus § 8 Abs. 2, 3 Satz 1 und 4 Nr. 1 AAÜG ergeben. Dieses Gesetz ist indessen nach seinem § 1 Abs. 1 nicht auf den Kläger anwendbar.
Der Kläger hat nicht aufgrund seiner Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem einen Anspruch oder eine Anwartschaft auf Versorgung erworben (§ 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG). Leistungen aus dem Versorgungssystem sind ihm nie bewilligt worden. Er hat auch keine Anwartschaft verloren, deren Verlust als nicht eingetreten gelten würde (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG), weil ihm zu keiner Zeit eine Versorgungszusage (durch Aushändigung einer entsprechenden Urkunde oder in einem Einzelvertrag) erteilt worden ist. Eine sonstige Entscheidung, aufgrund derer er eine Versorgung beanspruchen könnte, ist ebenfalls nicht getroffen worden.
Auch aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG – zur sog. erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG ergibt sich nicht die Anwendbarkeit des AAÜG. Maßgeblich ist insoweit, ob der Kläger aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hat, was nur dann der Fall wäre, wenn er am 30. Juni 1990 noch konkret eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt hätte, derentwegen ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war (BSG, Urteile vom 24. März 1998 – B 4 RA 27/97 R – und vom 12. Juni 2001 – B 4 RA 117/00 R –, SozR 3-8570 § 5 Nr. 3 bzw. 6). Eine solche Beschäftigung hat er indessen nicht ausgeübt. Eine zusätzliche Altersversorgung für Angehörige der technischen Intelligenz – die hier allein in Betracht kommt – war für ihn deswegen auch nicht vorgesehen.
Vorgesehen war die Einbeziehung von Beschäftigten in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz, wenn drei Voraussetzungen erfüllt waren, die sich aus § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 17. August 1950 (GBl. S. 844, inhaltlich übereinstimmend die entsprechende Verordnung des Magistrats von Groß-Berlin vom 25. November 1950 [VOBl. S. 362]) i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der dazu ergangenen Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) ergeben (vgl. nur BSG, Urteil v. 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 6 ). In diesen Rechtsvorschriften war eine zusätzliche Altersversorgung für Personen vorgesehen, die
a) berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und die b) eine entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt haben (sachliche Voraussetzung), und zwar c) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem diesen gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Diese Voraussetzungen hat der Kläger am maßgeblichen Stichtag, dem 30. Juni 1990, nicht erfüllt. Zwar hatte er seit dem 22. Februar 1966 das Recht, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen und hat als Chefkonstrukteur offensichtlich auch eine dieser Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt. Jedoch fehlt es für die Anerkennung von Versorgungszeiten an der letzten, der so genannten betrieblichen Voraussetzung.
Das BSG hat in seinem Urteil vom 9. April 2002 (B 4 RA 41/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 6) ausführlich begründet, dass nach dem maßgeblichen Sprachgebrauch der DDR die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz sich nur auf volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens erstreckte. Entscheidend dafür spricht, dass durch § 1 Abs. 2 der 2. DB bestimmte Einrichtungen "(d)en volkseigenen Produktionsbetrieben" gleichgestellt werden – und gerade nicht den volkseigenen Betrieben schlechthin. Bereits nach § 1 der Ersten Durchführungsbestimmung vom 26. September 1950 (GBl. S. 1043), die durch § 10 Abs. 2 der 2. DB aufgehoben wurde, zählten zum Kreis der Versorgungsberechtigten nur (bestimmte) Beschäftigte in einem Produktionsbetrieb. An diese – auch in anderen Vorschriften des Rechts der DDR zu findende - Unterscheidung zwischen volkseigenen Betrieben im Allgemeinen und volkseigenen Produktionsbetrieben im Besonderen knüpft § 1 Abs. 2 der 2. DB an und lässt so erkennen, dass die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz nur zu gewähren war bei Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens (oder einer der durch § 1 Abs. 2 der 2. DB ausdrücklich gleichgestellten Einrichtungen).
Der VEB Robotron-Vertrieb Berlin war kein Produktionsbetrieb in diesem Sinne (so schon LSG Berlin, Urt. v. 21. April 2004 – L 17 RA 104/03 - ; LSG Brandenburg, Urt. v. 14. Dezember 2004 – L 2 RA 14/03 - und LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 29. März 2006 – L 16 R 471/05, Urteil des erkennenden Senats v. 30. Januar 2007 – L 12 RA 32/02, Urteile des LSG Berlin-Brandenburg v. 6. Dezember 2007 und 24. Juli 2009 – L 8 RA 2/03 und L 3 R 169/08 ). Ein Produktionsbetrieb zeichnet sich dadurch aus, dass der von ihm verfolgte Hauptzweck die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern gewesen ist (BSG, Urt. v. 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 6). Maßgebend für die Zuordnung eines bestimmten VEB zur industriellen Produktion ist, welche Aufgabe dem VEB das Gepräge gegeben hat. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse des Betriebs, die auf der Grundlage der tatsächlich übernommen Aufgaben, der Organisation und der Mittelverwendung zu bestimmen sind. Als Hilfstatsachen bei der Beweiswürdigung können insbesondere Eintragungen in die Liste der volkseigenen Betriebe, Statuten und Geschäftsunterlagen wie auch die Zuordnung zu bestimmten Ministerien von Bedeutung sein (BSG Urt. v. 18. Dezember 2003 – B 4 RA 18/03 R = SozR 4-8570 § 1 Nr. 1 ).
Gegen die Annahme, dass es sich bei dem VEB Robotron-Vertrieb Berlin um einen Produktionsbetrieb handelte, spricht schon seine Gründungsanweisung vom 20. Dezember 1973, in der auf das Statut des VEB Kombinat Robotron Bezug genommen wird. Dieses bestimmt in seinem § 7: "Dem VEB Robotron-Vertrieb Berlin obliegt der Vertrieb, der technische Kundendienst für Geräte der Datenverarbeitungs- und Rechentechnik, der Vertrieb von Systemunterlagen in den Nordbezirken der DDR und die Wahrnehmung von Leitfunktionen entsprechend geltender Kombinatsordnung sowie die Anwenderschulung auf dem Gebiet der Prozessrechentechnik." Zwar nennt das Statut in seinem § 7 ausdrücklich auch die Produktion von Geräten, weist sie als Aufgabe aber dem VEB Robotron-Elektronik Radeberg, dem VEB Robotron-Elektronik Dresden, dem VEB Robotron-Elektronik Riesa und dem VEB Robotron-Elektronik Hoyerswerda zu. Die Forschung, Entwicklung und Applikation von Geräten, Verfahren und Systemunterlagen der Rechentechnik wird als Aufgabe des VEB Robotron-Zentrum für Forschung und Technik (in Dresden) genannt. Nach dem Statut des VEB Kombinat Robotron und der darauf Bezug nehmenden Gründungsanweisung des Robotron-Vertrieb Berlin waren Gegenstand der betrieblichen Tätigkeit des Beschäftigungsbetriebs des Klägers folglich weder Produktion noch Forschung und Entwicklung.
Die tatsächlichen Verhältnisse in dem VEB Robotron-Vertrieb Berlin rechtfertigen keine andere Sicht. Dem Senat liegen – ebenso wie schon dem Sozialgericht - die Aussagen von in einem anderen sozialgerichtlichen Verfahren mit vergleichbarem Streitgegenstand gehörten Zeugen vor, nämlich die Aussagen von Werner Krüger, Direktor Vertrieb und später Direktor Forschung und Entwicklung beim VEB Robotron-Vertrieb Berlin und von Hartmut Ewert, ökonomischer Direktor beim VEB Robotron-Vertrieb Berlin aus dem Verfahren vor dem SG Berlin S 9 RA 3399/01. Diese Aussagen sind den Beteiligten bekannt gegeben worden, sie können im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden. Zwar ist die Tatsache, dass es beim VEB Robotron-Vertrieb Berlin einen Direktor auch für Forschung und Entwickung gegeben hat, ein Beleg dafür, dass entgegen dem Statut des Kombinats entsprechende Aufgaben tatsächlich wahrgenommen worden sind. Sie sagt aber nichts über die Produktion aus.
Aus den Aussagen der Zeugen ergibt sich zunächst, dass im VEB Robotron-Vertrieb Berlin insoweit produziert worden ist, als in dem zum Betrieb gehörenden Werk in Stralsund ab 1974/1975 Radiogeräte gefertigt worden sind. Diese Produktion hat dem Betrieb allerdings nicht sein Gepräge gegeben, weil nur eine Minderzahl der Beschäftigten an der Produktion der Radiogeräte beteiligt gewesen ist (vgl. dazu die Aussage der Zeugen Krüger und Ewert aus dem Verfahren vor dem SG Berlin S 9 RA 3399/01). Eigentlicher Gegenstand der Betriebstätigkeit des VEB Robotron-Vertrieb Berlin war - neben der Wartung von Computeranlagen, die indessen offensichtlich nicht unter den Begriff der industriellen Produktion fällt - die Zusammenstellung von EDV-Anlagen aus vorgefertigten Komponenten nach Kundenwünschen, wofür auch ein Bildverarbeitungssystem, Steckverbindungen und Kabelbäume produziert worden sind. Das ergibt sich neben den Zeugenaussagen auch aus der Eröffnungsbilanz des Nachfolgebetriebes des VEB Robotron-Vertrieb Berlin, der CVU Computer-Vertriebs-Union Berlin GmbH, wo ausgeführt ist, dass Gegenstand des Unternehmens "der Vertrieb, Service, Schulung, Applikation und Produktion von bzw. für bürotypische und elektrotechnische/elektronische Erzeugnisse und Leistungen sowie sonstiger damit in Zusammenhang stehender Erzeugnisse und Leistungen" sei. Selbst wenn das Zusammenstellen von EDV-Anlagen nicht als Dienstleistung, sondern als Herstellung eines neues Produkts anzusehen wäre wofür spricht, dass nicht nur Geräte mit schon vorhandenen Nutzungsmöglichkeiten ausgeliefert, sondern die Möglichkeiten zur Nutzung der vorgefertigten Geräte durch den Zusammenbau qualitativ verändert worden sind – ist jedenfalls keine Produktion im Sinne des fordistischen Produktionsmodells gegeben. Wesentliches Kennzeichen der industriellen Fertigung fordistischer Prägung ist der Massenausstoß von Produkten, die durch Wiederholung von gleichartigen Bearbeitungsvorgängen unter Einsatz von Maschinen, die an die Stelle menschlicher Arbeitskraft treten, hergestellt worden sind. Sofern das Zusammenstellen von Computeranlagen überhaupt als Produktion anzusehen ist, liegt darin jedenfalls eine andere Art der Herstellung von Sachgütern als die Produktion fordistischer Prägung (=Massenfertigung im gerade beschriebenen Sinne). Der VEB Robotron-Vertrieb Berlin nahm die (endgültige) Zusammensetzung der Anlagen beim Kunden vor. Die "Produktion" erfolgte damit nicht auf dem Betriebsgelände eines Herstellers, wie es für eine industrielle Fertigung fordistischer Art typisch wäre. Insbesondere fehlt es aber an dem Einsatz von Maschinen im Herstellungsprozess. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass bei der Zusammenstellung der Anlagen maschinengestützte Produktionsschritte angefallen sind. Eine Produktion fordistischer Art setzt indessen voraus, dass der Herstellungsprozess in einzelne maschinelle Bearbeitungsschritte aufgespalten ist. Fehlen diese, sind die Bedingungen industrieller (Massen-)Fertigung nicht gegeben. Schon aus diesem Grund kann die vom Beschäftigungsbetrieb des Klägers vorgenommene Zusammensetzung von Computeranlagen nicht als Gegenstand industrieller Produktion angesehen werden. Infolgedessen kann dahingestellt bleiben, ob die Annahme einer industriellen Produktion auch daran scheitern muss, dass die Zahl der zusammengesetzten Anlagen nicht ausreichte, um die Voraussetzung einer Massenproduktion zu erfüllen. Exakte Vorgaben zur erforderlichen Stückzahl sind insoweit schwierig zu bestimmen, weil die Schwelle zur Massenproduktion auch von der Art des Produktes abhängig ist.
Der VEB Robotron-Vertrieb Berlin war schließlich auch kein gleichgestellter Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB. Maßgeblich für die Gleichstellung ist ausschließlich das Versorgungsrecht der DDR (BSG, Urt. v. 9. April 2002 - B 4 RA 3/02 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 7 ). In versorgungsrechtlicher Sicht ist keine Gleichstellung eines Vertriebsbetriebes mit einem Produktionsbetrieb erfolgt, was sich daran zeigt, dass Vertriebsbetriebe in § 1 Abs. 2 der 2. DB nicht erwähnt werden.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
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