Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 1 R 4705/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 12 R 743/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. April 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten für das Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung von Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz vom 1. September 1969 bis 28. Februar 1987.
Der 1947 geborene Kläger bestand nach Besuch der Ingenieurschule für Bauwesen Berlin am 1. Dezember 1969 die staatliche Ingenieurprüfung. Am 16. Juni 1982 verlieh ihm die Technische Universität Dresden den akademischen Grad eines Diplomingenieurs. Ausweislich der Eintragungen in seinem Sozialversicherungsausweis war er vom 1. August 1969 bis zum 31. Dezember 1984 als Invest-Bauleiter und vom 1. Januar 1985 bis 28. Februar 1987 als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei dem Zentralen Investitionsbüro Sportbauten Berlin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde ab dem 1. März 1987 auf das Staatssekretariat für Körperkultur und Sport übergeleitet, bei dem der Kläger bis zum 30. Juni 1990 – unterbrochen durch ein Studium an der Parteihochschule "Karl Marx" in der Zeit vom 1. September 1987 bis zum 30. Juni 1988 – beschäftigt blieb. Vom 1. März 1987 bis zum 30. Juni 1990 entrichtete der Kläger Beiträge zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates.
Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens überprüfte die Beklagte die Zugehörigkeit des Klägers zu einem Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 bis 27 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG). Durch Bescheid vom 18. April 2005 stellte sie die Zugehörigkeit des Klägers zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates für den Zeitraum vom 1. März 1987 bis 31. August 1987 und vom 1. Juli 1988 bis 30. Juni 1990 mit den entsprechenden erzielten Arbeitsentgelten fest. Die Anerkennung der Zeit vom 1. August 1969 bis zum 28. Februar 1987 als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz lehnte die Beklagte dagegen ab. Die Voraussetzungen für eine Anerkennung lägen nicht vor, die Beschäftigung sei nicht im Geltungsbereich des Zusatzversorgungssystems - volkseigener Produktionsbetrieb - ausgeübt worden.
Der Kläger legte am 13. Mai 2005 Widerspruch ein und bat um nochmalige Überprüfung. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück; (Widerspruchsbescheid vom 13. September 2005). Dem Begehren könne nicht entsprochen werden. Bei Anwendung des § 5 AAÜG sei maßgeblich, ob die ausgeübte Beschäftigung der Art nach (abstrakt-generell) von einem Versorgungssystem erfasst werde. In der Zeit vom 1. August 1969 bis zum 28. Februar 1987 sei der Kläger im zentralen Investitionsbüro für Sportbauten beschäftigt gewesen. Dieser Betrieb sei weder ein volkseigener Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) noch ein gleichgestellter Betrieb gewesen.
Mit der am 6. Oktober 2005 beim Sozialgericht eingegangenen Klage hat der Kläger sein auf die Anerkennung weiterer Zusatzversorgungszeiten gerichtetes Begehren weiter verfolgt und vorgetragen, Sportbauten seien in der DDR ausschließlich durch seinen damaligen Beschäftigungsbetrieb errichtet worden. Wegen seiner Erfolge im Leistungssport (Europa- und Weltmeister sowie Olympiamedaillengewinner im Rudern) sei er gerade in diesem Betrieb angestellt worden, ohne dass für ihn eine Entscheidungsfreiheit bestanden habe.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 6. April 2006). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger werde in dem streitigen Zeitraum nicht vom Anwendungsbereich des AAÜG erfasst. In die Altersversorgung der technischen Intelligenz sei er nicht einbezogen worden, es liege auch keine entsprechende Rehabilitierungsentscheidung vor. Selbst nach dem zum Bundesrecht gewordenen Regeln des Versorgungssystems habe der Kläger keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz gehabt. Das Versorgungssystem sei eingerichtet gewesen für Personen, die berechtigt gewesen seien, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen, die eine dieser Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit auch tatsächlich ausgeübt hätten und zwar in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einer gleichgestellten Einrichtung. Das zentrale Investitionsbüro Sportbauten sei kein volkseigener Betrieb gewesen. Ebenfalls habe es sich nicht um einen Produktionsbetrieb oder einen gleichgestellten Betrieb gehandelt. Eine auf individuelle Besonderheiten abstellende Einzelfallentscheidung sei nicht zulässig.
Gegen das ihm am 25. April 2006 zugestellte Urteil richtet sich die beim Sozialgericht Berlin eingelegte Berufung des Klägers vom 19. Mai 2006. Er habe eine klassische Bauleitertätigkeit ausgeübt, nur habe sein Betrieb statt Wohnungen Sportstätten gebaut. Die seinen Beruf bestimmenden Arbeitsmerkmale hätten den Leistungsbildern von Architekten und Ingenieuren entsprochen. Obwohl der Betrieb in den frühen siebziger Jahren in "Zentrales Investitionsbüro" umbenannt worden sei, habe es sich der Sache nach um ein Produktionsbetrieb gehandelt. Die formelle Einordnung des Betriebes spiegele nicht dessen tatsächliche Stellung in der Volkswirtschaft der DDR wieder. Er sei nicht nur für die Projektierung, sondern auch für die Fertigung von Sportbauten zuständig gewesen. Im Fünfjahresplan sei ein Investitionsvolumen von 500 Millionen Mark vorgesehen gewesen. Zu seinen Mitarbeitern hätten ausschließlich Bauleiter und nachgeordnetes Personal gehört. Der Hochleistungssport, dem der Betrieb gedient habe, hätte in der DDR eben einen besonderen Stellenwert gehabt. Diese Besonderheiten erklärten möglicherweise, dass der Betrieb nicht in der Rechtsform eines VEB geführt worden sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. April 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 1. September 1969 bis zum 28. Februar 1987 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) sowie die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, das Zentrale Investitionsbüro für Sportbauten sei ein Projektierungsbetrieb gewesen. Es habe sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb oder eine gleichgestellte Einrichtung gehandelt.
Der Senat hat wegen Rechtsform und Gegenstand des Investitionsbüros Sportbauten beim Bundesarchiv sowie beim Sportmuseum Berlin Auskünfte beigezogen. Wegen der Ergebnisse hierzu wird auf Bl. 79 bis 81 und 83 bis 93 der Gerichtsakten Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird neben der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten auf die Gerichtsakten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts erweist sich als zutreffend. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der Zeit vom 1. September 1969 bis 28. Februar 1987 als Zeit der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG und Ausweisung der in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte. Zwar ist das AAÜG nach seinem § 1 Abs. 1 auf ihn anwendbar. Denn er war mit Aufnahme seiner Tätigkeit für das Staatssekretariat für Körperkultur und Sport ab dem 1. März 1987 in die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates (Anlage 1 Nummer 19 zum AAÜG) einbezogen worden. Das wird durch die als Kopie in der Verwaltungsakte befindliche Beitragsbescheinigung bestätigt und ist von der Beklagten auch mit dem – insoweit nicht angefochtenen – Bescheid vom 18. April 2005 ausgewiesen worden. Zusätzliche Versorgungszeiten sind aber nicht anzuerkennen, da die entsprechenden Voraussetzungen nicht gegeben sind.
Ist das AAÜG anwendbar, so sind (weitere) Versorgungszeiten nach §§ 5, 8 AAÜG festzustellen, wenn in der DDR eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden ist, für die der Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteile vom 30. Juni 1998 – B 4 RA 11/98 R; B 4 RA 94/97 R). Es kommt nicht darauf an, ob ein Versicherter in der DDR konkret – etwa durch Aushändigung einer Urkunde - in ein Versorgungssystem einbezogen worden war. Entsprechend dem vom Kläger gestellten Antrag war für den streitigen Zeitraum allein die Zuordnung zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz gemäß Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG zu prüfen. Der Kläger erfüllt indessen nicht alle Voraussetzungen, unter denen nach dem Wortlaut der für die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz maßgebenden Regelungen zwingend eine Einbeziehung in das Versorgungssystem hätte erfolgen müssen.
Vorgesehen war die Einbeziehung von Beschäftigten in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz, wenn drei Voraussetzungen erfüllt waren, die sich aus § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 17. August 1950 (GBl. S. 844, inhaltlich übereinstimmend die entsprechende Verordnung des Magistrats von G vom 25. November 1950 [VOBl. S. 362]) i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der dazu ergangenen Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) ergeben (vgl. nur BSG, Urteil v. 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 6). In diesen Vorschriften war eine zusätzliche Altersversorgung für Personen vorgesehen, die
a) berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und die b) eine dieser Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausübten (sachliche Voraussetzung), und zwar c) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem diesen gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Diese Anforderungen hat der Kläger in der Zeit vom 1. September 1969 bis 28. Februar 1987 nicht alle erfüllt. Jedenfalls fehlte es an der letzten, der so genannten betrieblichen Voraussetzung.
Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers in der streitigen Zeit vom 1. September 1969 bis 28. Februar 1987 hatte schon nicht die Rechtsform eines volkseigenen Betriebes (VEB). Der versorgungsrechtliche Begriff des VEB entspricht dem des Wirtschaftsrechtes der DDR (BSG, Urt. v. 9. April 2002 – B 4 RA 3/02 R). Ein VEB muss demnach – in Übereinstimmung mit der Kombinatsverordnung oder den früheren für die Gründung eines VEB maßgebenden organi¬sa¬tionsrechtlichen Vorschriften der DDR (vgl. dazu BSG, a.a.O.) – als solcher gegründet und in das Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen worden sein. Die der VO-AVItech und der dazu ergangenen 2. DB zu entnehmende Voraussetzung eines volkseigenen Betriebes ist nur erfüllt, wenn ein Betrieb gerade in dieser – durch das DDR-Recht vorgegebenen – Rechtsform geführt worden ist (BSG, Urt. v. 9. April 2002 – B 4 RA 3/02 R und B 4 RA 31/01 R; Urt. v. 29. Juli 2004 – B 4 RA 12/04 R; Urt. v. 16. März 2006 – B 4 RA 30/05 R; Urt. v. 7. September 2006 – B 4 RA 41/05 R – ständige Rechtsprechung). Denn die Versorgungs¬ord¬nun¬gen sind selbst dann wortlautbezogen auszulegen, wenn die in ihnen zu findenden Voraus¬setzungen als willkürlich gewählt erscheinen, was sich aus dem für die Zusatzversorgungssysteme geltenden Neueinbeziehungsverbot in dem zu Bundesrecht ge¬wordenem Rentenangleichungsgesetz der DDR und dem Einigungsvertrag (Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe a Satz 1 Halbsatz 2) ergibt (BSG, Urt. v. 7. September 2006 – B 4 RA 41/05 R). Auch aus verfassungsrechtlicher Sicht ist deswegen unerheblich, ob und welche sachlichen Unterschiede in der Vergangenheit für die in der DDR getroffene Organisationsentscheidung maßgebend waren, eine Einrichtung nicht in der Rechtsform eines VEB zu führen (Bundesverfassungsgericht, Beschluss v. 3. Oktober 2005 - 1 BvR 1921/04 u.a.). Die Organisationsentscheidungen der DDR können nachträglich weder ignoriert noch korrigiert werden.
Beschäftigungsbetrieb im versorgungsrechtlichen Sinne ist der jeweilige Arbeitgeber (BSG, Urt. v. 7. September 2006 – B 4 RA 41/05 R). Im Falle des Klägers ist mithin auf das Zentrale Investitionsbüro Sportbauten abzustellen. Dieses war aber nicht als VEB gegründet und geführt worden, sondern als nachgeordnete Einrichtung des Staatssekretariats für Körperkultur und Sport. Letzteres ergibt sich aus den vom Senat beim Bundesarchiv und dem Sportmuseum Berlin eingeholten Auskünften und wird von dem Kläger auch nicht in Abrede gestellt. Demnach hatte sein Beschäftigungsbetrieb in dem streitigen Zeitraum schon nicht die Rechtsform eines VEB. Unerheblich ist, aus welchem Grund dies nicht der Fall gewesen ist.
Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass es sich bei dem Zentralen Investitionsbüro Sportbauten um einen Produktionsbetrieb gehandelt haben könnte. Das BSG hat in seinem Urteil vom 9. April 2002 (B 4 RA 41/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 6) ausführlich begründet, dass nach dem maßgeblichen Sprachgebrauch der DDR die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz sich nur auf volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens erstreckte. Entscheidend dafür spricht, dass durch § 1 Abs. 2 der 2. DB bestimmte Einrichtungen "(d)en volkseigenen Produktionsbetrieben" gleichgestellt werden – und gerade nicht den volkseigenen Betrieben schlechthin. Bereits nach § 1 der Ersten Durchführungsbestimmung vom 26. September 1950 (GBl. S. 1043), die durch § 10 Abs. 2 der 2. DB aufgehoben wurde, zählten zum Kreis der Versorgungsberechtigten nur (bestimmte) Beschäftigte in einem Produktionsbetrieb. An diese – auch in anderen Vorschriften des Rechts der DDR zu findende – Unterscheidung zwischen volkseigenen Betrieben im Allgemeinen und volkseigenen Produktionsbetrieben im Besonderen knüpft § 1 Abs. 2 der 2. DB an und lässt so erkennen, dass die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz nur bei Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens (oder einer der durch § 1 Abs. 2 der 2. DB ausdrücklich gleichgestellten Einrichtungen) zu gewähren war. Ein Produktionsbetrieb zeichnet sich dadurch aus, dass der von ihm verfolgte Hauptzweck die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern gewesen ist (BSG, Urt. v. 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 6). Ein Produktionsbetrieb des Bauwesens setzt eine derartige Massenproduktion im Bereich des Bauswesens voraus (BSG Urt. v. 8. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R). Maßgebend für die Zuordnung eines bestimmten VEB zur industriellen Produktion ist, welche Aufgabe dem VEB das Gepräge gegeben hat. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse des Betriebs, die auf der Grundlage der tatsächlich übernommenen Aufgaben, der Organisation und der Mittelverwendung zu bestimmen sind. Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers, das Investitionsbüro Sportbauten Berlin, hatte offensichtlich weder die personellen noch die sachlichen Kapazitäten, um mit den eigenen betrieblichen Mitteln Bauwerke herzustellen. Selbst wenn Sportbauten nicht nur projektiert wurden, sondern – wie der Kläger ausgeführt hat – auch ihre Errichtung veranlasst, koordiniert, überwacht und betreut wurde, musste sich das Zentrale Investitionsbüro doch anderer Baubetriebe (Baukombinate) bedienen, damit seine Projekte realisiert werden konnten. Schon aus dem Umstand, dass – wie der Kläger vorträgt – überwiegend Bauleiter angestellt waren, erhellt sich, dass die tatsächliche Herstellung von Bauten nicht die eigentliche Aufgabe des Investitionsbüros Sportbauten gewesen sein kann. Denn es fehlen ihm Bauarbeiter und Poliere, welche die Bautätigkeiten hätten verrichten können. Die leitende und koordinierende Funktion als Generalauftragnehmer reicht nicht aus, um versorgungsrechtlich zu den Produktionsbetrieben gezählt zu werden (Urteil des Senats v. 14. Februar 2006 – L 12 RA 24/03, bestätig durch BSG, Urt. v. 23. August 2007 – B 4 RS 3/06 R).
Das Investitionsbüro Sportbauten war in der Zeit vom 1. September 1969 bis 28. Februar 1987 schließlich auch kein (mit einem volkseigenen Produktionsbetrieb) gleichgestellter Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB. Maßgeblich für die Gleichstellung ist ausschließlich das Versorgungsrecht der DDR, abzustellen ist demnach auf den Wortlaut der 2. DB zur VO AVItech (BSG, Urt. v. 9. April 2002 - B 4 RA 3/02 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 7). Investitionsbüros sind in § 1 Abs. 2 der 2. DB aber nicht genannt, in dem wissenschaftliche Institute; Forschungsinstitute; Versuchsstationen; Laboratorien; Konstruktionsbüros; technische Hochschulen; technische Schulen; Bauakademie und Bauschulen; Bergakademie und Bergbauschulen; Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens; Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigene Güter; Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien aufgezählt werden. Das Zentrale Investitionsbüro Sportbauten war auch weder Hauptverwaltung noch Ministerium. Hauptverwaltungen im versorgungsrechtlichen Sinne sind nämlich nur wirtschaftsleitende staatliche Organe der DDR (BSG, Urt. v. 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R). Auch als Ministerium kann das Zentrale Investitionsbüro Sportbauten nicht angesehen werden. Selbst die übergeordnete Stelle, zu der es gehörte, hatte jedenfalls in dem hier streitigen Zeitraum nicht den Rang eines Ministeriums inne, sondern war ein Staatssekretariat des Ministerrates der DDR. Darüber hinaus kommt es für die versorgungsrechtliche Gleichstellung nicht auf die übergeordnete Stelle, sondern auf den Träger der Beschäftigung, also den jeweiligen Arbeitgeber an. Dass das Zentrale Investitionsbüro Sportbauten als nachgeordnete Einrichtung (auch) in arbeitsrechtlicher Hinsicht nicht als identisch mit seiner übergeordneten Stelle angesehen worden ist, belegt insbesondere der vom Kläger in Kopie vorgelegte Überleitungsvertrag zwischen dem Zentralen Investitionsbüro Sportbauten und dem Staatssekretariat für Körperkultur und Sport vom 24. Februar 1987. Die nachgeordnete Einrichtung eines Staatssekretariates ist aber – erst recht – nicht als Ministerium im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB anzusehen.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - unter Berücksichtigung des Ergebnisses in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist die Anerkennung von Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz vom 1. September 1969 bis 28. Februar 1987.
Der 1947 geborene Kläger bestand nach Besuch der Ingenieurschule für Bauwesen Berlin am 1. Dezember 1969 die staatliche Ingenieurprüfung. Am 16. Juni 1982 verlieh ihm die Technische Universität Dresden den akademischen Grad eines Diplomingenieurs. Ausweislich der Eintragungen in seinem Sozialversicherungsausweis war er vom 1. August 1969 bis zum 31. Dezember 1984 als Invest-Bauleiter und vom 1. Januar 1985 bis 28. Februar 1987 als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei dem Zentralen Investitionsbüro Sportbauten Berlin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde ab dem 1. März 1987 auf das Staatssekretariat für Körperkultur und Sport übergeleitet, bei dem der Kläger bis zum 30. Juni 1990 – unterbrochen durch ein Studium an der Parteihochschule "Karl Marx" in der Zeit vom 1. September 1987 bis zum 30. Juni 1988 – beschäftigt blieb. Vom 1. März 1987 bis zum 30. Juni 1990 entrichtete der Kläger Beiträge zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates.
Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens überprüfte die Beklagte die Zugehörigkeit des Klägers zu einem Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 bis 27 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG). Durch Bescheid vom 18. April 2005 stellte sie die Zugehörigkeit des Klägers zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates für den Zeitraum vom 1. März 1987 bis 31. August 1987 und vom 1. Juli 1988 bis 30. Juni 1990 mit den entsprechenden erzielten Arbeitsentgelten fest. Die Anerkennung der Zeit vom 1. August 1969 bis zum 28. Februar 1987 als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz lehnte die Beklagte dagegen ab. Die Voraussetzungen für eine Anerkennung lägen nicht vor, die Beschäftigung sei nicht im Geltungsbereich des Zusatzversorgungssystems - volkseigener Produktionsbetrieb - ausgeübt worden.
Der Kläger legte am 13. Mai 2005 Widerspruch ein und bat um nochmalige Überprüfung. Die Beklagte wies den Widerspruch zurück; (Widerspruchsbescheid vom 13. September 2005). Dem Begehren könne nicht entsprochen werden. Bei Anwendung des § 5 AAÜG sei maßgeblich, ob die ausgeübte Beschäftigung der Art nach (abstrakt-generell) von einem Versorgungssystem erfasst werde. In der Zeit vom 1. August 1969 bis zum 28. Februar 1987 sei der Kläger im zentralen Investitionsbüro für Sportbauten beschäftigt gewesen. Dieser Betrieb sei weder ein volkseigener Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) noch ein gleichgestellter Betrieb gewesen.
Mit der am 6. Oktober 2005 beim Sozialgericht eingegangenen Klage hat der Kläger sein auf die Anerkennung weiterer Zusatzversorgungszeiten gerichtetes Begehren weiter verfolgt und vorgetragen, Sportbauten seien in der DDR ausschließlich durch seinen damaligen Beschäftigungsbetrieb errichtet worden. Wegen seiner Erfolge im Leistungssport (Europa- und Weltmeister sowie Olympiamedaillengewinner im Rudern) sei er gerade in diesem Betrieb angestellt worden, ohne dass für ihn eine Entscheidungsfreiheit bestanden habe.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 6. April 2006). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger werde in dem streitigen Zeitraum nicht vom Anwendungsbereich des AAÜG erfasst. In die Altersversorgung der technischen Intelligenz sei er nicht einbezogen worden, es liege auch keine entsprechende Rehabilitierungsentscheidung vor. Selbst nach dem zum Bundesrecht gewordenen Regeln des Versorgungssystems habe der Kläger keinen fiktiven Anspruch auf Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz gehabt. Das Versorgungssystem sei eingerichtet gewesen für Personen, die berechtigt gewesen seien, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen, die eine dieser Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit auch tatsächlich ausgeübt hätten und zwar in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einer gleichgestellten Einrichtung. Das zentrale Investitionsbüro Sportbauten sei kein volkseigener Betrieb gewesen. Ebenfalls habe es sich nicht um einen Produktionsbetrieb oder einen gleichgestellten Betrieb gehandelt. Eine auf individuelle Besonderheiten abstellende Einzelfallentscheidung sei nicht zulässig.
Gegen das ihm am 25. April 2006 zugestellte Urteil richtet sich die beim Sozialgericht Berlin eingelegte Berufung des Klägers vom 19. Mai 2006. Er habe eine klassische Bauleitertätigkeit ausgeübt, nur habe sein Betrieb statt Wohnungen Sportstätten gebaut. Die seinen Beruf bestimmenden Arbeitsmerkmale hätten den Leistungsbildern von Architekten und Ingenieuren entsprochen. Obwohl der Betrieb in den frühen siebziger Jahren in "Zentrales Investitionsbüro" umbenannt worden sei, habe es sich der Sache nach um ein Produktionsbetrieb gehandelt. Die formelle Einordnung des Betriebes spiegele nicht dessen tatsächliche Stellung in der Volkswirtschaft der DDR wieder. Er sei nicht nur für die Projektierung, sondern auch für die Fertigung von Sportbauten zuständig gewesen. Im Fünfjahresplan sei ein Investitionsvolumen von 500 Millionen Mark vorgesehen gewesen. Zu seinen Mitarbeitern hätten ausschließlich Bauleiter und nachgeordnetes Personal gehört. Der Hochleistungssport, dem der Betrieb gedient habe, hätte in der DDR eben einen besonderen Stellenwert gehabt. Diese Besonderheiten erklärten möglicherweise, dass der Betrieb nicht in der Rechtsform eines VEB geführt worden sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. April 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. April 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. September 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 1. September 1969 bis zum 28. Februar 1987 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG) sowie die während dieser Zeit erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, das Zentrale Investitionsbüro für Sportbauten sei ein Projektierungsbetrieb gewesen. Es habe sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb oder eine gleichgestellte Einrichtung gehandelt.
Der Senat hat wegen Rechtsform und Gegenstand des Investitionsbüros Sportbauten beim Bundesarchiv sowie beim Sportmuseum Berlin Auskünfte beigezogen. Wegen der Ergebnisse hierzu wird auf Bl. 79 bis 81 und 83 bis 93 der Gerichtsakten Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird neben der den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten auf die Gerichtsakten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts erweist sich als zutreffend. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der Zeit vom 1. September 1969 bis 28. Februar 1987 als Zeit der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG und Ausweisung der in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte. Zwar ist das AAÜG nach seinem § 1 Abs. 1 auf ihn anwendbar. Denn er war mit Aufnahme seiner Tätigkeit für das Staatssekretariat für Körperkultur und Sport ab dem 1. März 1987 in die freiwillige zusätzliche Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates (Anlage 1 Nummer 19 zum AAÜG) einbezogen worden. Das wird durch die als Kopie in der Verwaltungsakte befindliche Beitragsbescheinigung bestätigt und ist von der Beklagten auch mit dem – insoweit nicht angefochtenen – Bescheid vom 18. April 2005 ausgewiesen worden. Zusätzliche Versorgungszeiten sind aber nicht anzuerkennen, da die entsprechenden Voraussetzungen nicht gegeben sind.
Ist das AAÜG anwendbar, so sind (weitere) Versorgungszeiten nach §§ 5, 8 AAÜG festzustellen, wenn in der DDR eine entgeltliche Beschäftigung ausgeübt worden ist, für die der Art nach eine zusätzliche Altersversorgung vorgesehen war (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteile vom 30. Juni 1998 – B 4 RA 11/98 R; B 4 RA 94/97 R). Es kommt nicht darauf an, ob ein Versicherter in der DDR konkret – etwa durch Aushändigung einer Urkunde - in ein Versorgungssystem einbezogen worden war. Entsprechend dem vom Kläger gestellten Antrag war für den streitigen Zeitraum allein die Zuordnung zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz gemäß Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG zu prüfen. Der Kläger erfüllt indessen nicht alle Voraussetzungen, unter denen nach dem Wortlaut der für die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz maßgebenden Regelungen zwingend eine Einbeziehung in das Versorgungssystem hätte erfolgen müssen.
Vorgesehen war die Einbeziehung von Beschäftigten in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz, wenn drei Voraussetzungen erfüllt waren, die sich aus § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 17. August 1950 (GBl. S. 844, inhaltlich übereinstimmend die entsprechende Verordnung des Magistrats von G vom 25. November 1950 [VOBl. S. 362]) i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der dazu ergangenen Zweiten Durchführungsbestimmung (2. DB) ergeben (vgl. nur BSG, Urteil v. 9. April 2002 – B 4 RA 41/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 6). In diesen Vorschriften war eine zusätzliche Altersversorgung für Personen vorgesehen, die
a) berechtigt waren, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und die b) eine dieser Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausübten (sachliche Voraussetzung), und zwar c) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem diesen gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung).
Diese Anforderungen hat der Kläger in der Zeit vom 1. September 1969 bis 28. Februar 1987 nicht alle erfüllt. Jedenfalls fehlte es an der letzten, der so genannten betrieblichen Voraussetzung.
Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers in der streitigen Zeit vom 1. September 1969 bis 28. Februar 1987 hatte schon nicht die Rechtsform eines volkseigenen Betriebes (VEB). Der versorgungsrechtliche Begriff des VEB entspricht dem des Wirtschaftsrechtes der DDR (BSG, Urt. v. 9. April 2002 – B 4 RA 3/02 R). Ein VEB muss demnach – in Übereinstimmung mit der Kombinatsverordnung oder den früheren für die Gründung eines VEB maßgebenden organi¬sa¬tionsrechtlichen Vorschriften der DDR (vgl. dazu BSG, a.a.O.) – als solcher gegründet und in das Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen worden sein. Die der VO-AVItech und der dazu ergangenen 2. DB zu entnehmende Voraussetzung eines volkseigenen Betriebes ist nur erfüllt, wenn ein Betrieb gerade in dieser – durch das DDR-Recht vorgegebenen – Rechtsform geführt worden ist (BSG, Urt. v. 9. April 2002 – B 4 RA 3/02 R und B 4 RA 31/01 R; Urt. v. 29. Juli 2004 – B 4 RA 12/04 R; Urt. v. 16. März 2006 – B 4 RA 30/05 R; Urt. v. 7. September 2006 – B 4 RA 41/05 R – ständige Rechtsprechung). Denn die Versorgungs¬ord¬nun¬gen sind selbst dann wortlautbezogen auszulegen, wenn die in ihnen zu findenden Voraus¬setzungen als willkürlich gewählt erscheinen, was sich aus dem für die Zusatzversorgungssysteme geltenden Neueinbeziehungsverbot in dem zu Bundesrecht ge¬wordenem Rentenangleichungsgesetz der DDR und dem Einigungsvertrag (Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe a Satz 1 Halbsatz 2) ergibt (BSG, Urt. v. 7. September 2006 – B 4 RA 41/05 R). Auch aus verfassungsrechtlicher Sicht ist deswegen unerheblich, ob und welche sachlichen Unterschiede in der Vergangenheit für die in der DDR getroffene Organisationsentscheidung maßgebend waren, eine Einrichtung nicht in der Rechtsform eines VEB zu führen (Bundesverfassungsgericht, Beschluss v. 3. Oktober 2005 - 1 BvR 1921/04 u.a.). Die Organisationsentscheidungen der DDR können nachträglich weder ignoriert noch korrigiert werden.
Beschäftigungsbetrieb im versorgungsrechtlichen Sinne ist der jeweilige Arbeitgeber (BSG, Urt. v. 7. September 2006 – B 4 RA 41/05 R). Im Falle des Klägers ist mithin auf das Zentrale Investitionsbüro Sportbauten abzustellen. Dieses war aber nicht als VEB gegründet und geführt worden, sondern als nachgeordnete Einrichtung des Staatssekretariats für Körperkultur und Sport. Letzteres ergibt sich aus den vom Senat beim Bundesarchiv und dem Sportmuseum Berlin eingeholten Auskünften und wird von dem Kläger auch nicht in Abrede gestellt. Demnach hatte sein Beschäftigungsbetrieb in dem streitigen Zeitraum schon nicht die Rechtsform eines VEB. Unerheblich ist, aus welchem Grund dies nicht der Fall gewesen ist.
Im Übrigen ist auch nicht ersichtlich, dass es sich bei dem Zentralen Investitionsbüro Sportbauten um einen Produktionsbetrieb gehandelt haben könnte. Das BSG hat in seinem Urteil vom 9. April 2002 (B 4 RA 41/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 6) ausführlich begründet, dass nach dem maßgeblichen Sprachgebrauch der DDR die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz sich nur auf volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens erstreckte. Entscheidend dafür spricht, dass durch § 1 Abs. 2 der 2. DB bestimmte Einrichtungen "(d)en volkseigenen Produktionsbetrieben" gleichgestellt werden – und gerade nicht den volkseigenen Betrieben schlechthin. Bereits nach § 1 der Ersten Durchführungsbestimmung vom 26. September 1950 (GBl. S. 1043), die durch § 10 Abs. 2 der 2. DB aufgehoben wurde, zählten zum Kreis der Versorgungsberechtigten nur (bestimmte) Beschäftigte in einem Produktionsbetrieb. An diese – auch in anderen Vorschriften des Rechts der DDR zu findende – Unterscheidung zwischen volkseigenen Betrieben im Allgemeinen und volkseigenen Produktionsbetrieben im Besonderen knüpft § 1 Abs. 2 der 2. DB an und lässt so erkennen, dass die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz nur bei Beschäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens (oder einer der durch § 1 Abs. 2 der 2. DB ausdrücklich gleichgestellten Einrichtungen) zu gewähren war. Ein Produktionsbetrieb zeichnet sich dadurch aus, dass der von ihm verfolgte Hauptzweck die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern gewesen ist (BSG, Urt. v. 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 6). Ein Produktionsbetrieb des Bauwesens setzt eine derartige Massenproduktion im Bereich des Bauswesens voraus (BSG Urt. v. 8. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R). Maßgebend für die Zuordnung eines bestimmten VEB zur industriellen Produktion ist, welche Aufgabe dem VEB das Gepräge gegeben hat. Entscheidend sind die tatsächlichen Verhältnisse des Betriebs, die auf der Grundlage der tatsächlich übernommenen Aufgaben, der Organisation und der Mittelverwendung zu bestimmen sind. Der Beschäftigungsbetrieb des Klägers, das Investitionsbüro Sportbauten Berlin, hatte offensichtlich weder die personellen noch die sachlichen Kapazitäten, um mit den eigenen betrieblichen Mitteln Bauwerke herzustellen. Selbst wenn Sportbauten nicht nur projektiert wurden, sondern – wie der Kläger ausgeführt hat – auch ihre Errichtung veranlasst, koordiniert, überwacht und betreut wurde, musste sich das Zentrale Investitionsbüro doch anderer Baubetriebe (Baukombinate) bedienen, damit seine Projekte realisiert werden konnten. Schon aus dem Umstand, dass – wie der Kläger vorträgt – überwiegend Bauleiter angestellt waren, erhellt sich, dass die tatsächliche Herstellung von Bauten nicht die eigentliche Aufgabe des Investitionsbüros Sportbauten gewesen sein kann. Denn es fehlen ihm Bauarbeiter und Poliere, welche die Bautätigkeiten hätten verrichten können. Die leitende und koordinierende Funktion als Generalauftragnehmer reicht nicht aus, um versorgungsrechtlich zu den Produktionsbetrieben gezählt zu werden (Urteil des Senats v. 14. Februar 2006 – L 12 RA 24/03, bestätig durch BSG, Urt. v. 23. August 2007 – B 4 RS 3/06 R).
Das Investitionsbüro Sportbauten war in der Zeit vom 1. September 1969 bis 28. Februar 1987 schließlich auch kein (mit einem volkseigenen Produktionsbetrieb) gleichgestellter Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. DB. Maßgeblich für die Gleichstellung ist ausschließlich das Versorgungsrecht der DDR, abzustellen ist demnach auf den Wortlaut der 2. DB zur VO AVItech (BSG, Urt. v. 9. April 2002 - B 4 RA 3/02 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 7). Investitionsbüros sind in § 1 Abs. 2 der 2. DB aber nicht genannt, in dem wissenschaftliche Institute; Forschungsinstitute; Versuchsstationen; Laboratorien; Konstruktionsbüros; technische Hochschulen; technische Schulen; Bauakademie und Bauschulen; Bergakademie und Bergbauschulen; Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens; Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigene Güter; Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien aufgezählt werden. Das Zentrale Investitionsbüro Sportbauten war auch weder Hauptverwaltung noch Ministerium. Hauptverwaltungen im versorgungsrechtlichen Sinne sind nämlich nur wirtschaftsleitende staatliche Organe der DDR (BSG, Urt. v. 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R). Auch als Ministerium kann das Zentrale Investitionsbüro Sportbauten nicht angesehen werden. Selbst die übergeordnete Stelle, zu der es gehörte, hatte jedenfalls in dem hier streitigen Zeitraum nicht den Rang eines Ministeriums inne, sondern war ein Staatssekretariat des Ministerrates der DDR. Darüber hinaus kommt es für die versorgungsrechtliche Gleichstellung nicht auf die übergeordnete Stelle, sondern auf den Träger der Beschäftigung, also den jeweiligen Arbeitgeber an. Dass das Zentrale Investitionsbüro Sportbauten als nachgeordnete Einrichtung (auch) in arbeitsrechtlicher Hinsicht nicht als identisch mit seiner übergeordneten Stelle angesehen worden ist, belegt insbesondere der vom Kläger in Kopie vorgelegte Überleitungsvertrag zwischen dem Zentralen Investitionsbüro Sportbauten und dem Staatssekretariat für Körperkultur und Sport vom 24. Februar 1987. Die nachgeordnete Einrichtung eines Staatssekretariates ist aber – erst recht – nicht als Ministerium im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB anzusehen.
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - unter Berücksichtigung des Ergebnisses in der Hauptsache.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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