Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mainz (RPF)
Aktenzeichen
S 2 KA 213/05
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 5 KA 20/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine belegärztliche Tätigkeit neben einer Praxistätigkeit mit erheblichem Honorarumsatz rechtfertigt grundsätzlich nicht die Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst.
Sozialgericht Mainz Urteil vom 14.05.2008 Aktenzeichen: S 2 KA 213/05 Landessozialgericht Rheinland-Pfalz Urteil vom 03.09.2009 Aktenzeichen: L 5 KA 20/08
1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 14.5.2008 wird zurückgewiesen. Die auf Befreiung von der Verpflichtung zur Zah-lung der Umlage für die Bereitschaftsdienst-Zentrale gerichtete Klage wird abge-wiesen.
2. Die Kläger haben auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger begehren die Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst.
Die Kläger sind Orthopäden und nehmen seit 1.1.2004 als Gemeinschaftspraxis an der vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der Beklagten teil; gleichzeitig betreuen sie als Belegärzte auf der orthopädischen Station im DRK-Krankenhaus in A vier Belegbetten. Im März 2004 beantragten sie bei der damaligen Kassenärztlichen Vereinigung K , einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklag-ten, die Befreiung vom allgemeinen ärztlichen Notdienst, weil sie 26 Wochen im Jahr (einschließlich Wochenenden und Feiertage) belegärztlichen Bereitschafts-dienst absolvieren und zusätzlich die tägliche Krankenbetreuung vor Ort, ebenfalls auch an allen Wochenenden und Feiertagen, sicherstellen müssten. Die verblei-benden 26 Wochenenden müssten zu einem großen Teil für Fortbildung verwandt werden. Die zusätzliche Beteiligung am ärztlichen Notdienst sei deshalb nicht zu-mutbar.
Mit Bescheid vom 7.7.2004 erteilte der Notdienstbeauftragte der Kassenärztlichen Vereinigung Koblenz eine vorübergehende teilweise Befreiung zu 50 v.H. vom ärztlichen Notdienst befristet bis 30.6.2005. Den Widerspruch der Kläger wies der Vorstand der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 14.6.2005 (per Einschrei-ben mit Rückschein an den Verfahrensbevollmächtigten der Kläger ausgeliefert am 30.6.2005) zurück. Hiergegen haben die Kläger am 1.8.2005 (Montag) beim Sozialgericht Mainz Klage erhoben mit dem Antrag, den Bescheid der Beklagten vom 7.7.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.6.2005 aufzuheben. Zur Begründung haben sie ausgeführt, wegen des belegärztlichen notfalldienst-ähnlichen Bereitschaftsdienstes seien sie vom ärztlichen Notfalldienst zu befreien. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat der Vorsitzende darauf hingewiesen, der angefochtene Bescheid habe sich möglicherweise durch Fristab-lauf erledigt, deshalb komme nur eine Fortsetzungsfeststellungsklage in Betracht. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat darauf hingewiesen, dass die Kläger nach wie vor zu "Beiträgen" betreffend den Notdienst herangezogen würden und an seinem Anfechtungsantrag aus der Klageschrift festgehalten.
Mit Urteil vom 14.5.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begrün-dung hat es im Wesentlichen ausgeführt, als Anfechtungsklage sei die Klage un-zulässig, da sich der angefochtene Bescheid mit Ablauf der bis zum 30.6.2005 gesetzten Frist in seinen rechtlichen Auswirkungen erledigt habe. Die Umstellung auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage habe der Prozessbevollmächtigte der Kläger ausdrücklich verweigert. Ungeachtet dessen liege auch kein für eine Fort-setzungsfeststellungsklage erforderliches besonderes Feststellungsinteresse vor. Eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht, da der Notdienst zum 1.7.2006 umstruk-turiert worden sei. Die vom Kläger vorgetragenen Aspekte der neuen Bereit-schaftsdienstzentrale seien nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 12.6.2008 zugestellte Urteil haben die Kläger am 14.7.2008 (Montag) Berufung eingelegt. Sie tragen vor, die Befrei-ung vom vertragsärztlichen Notdienst hätte wegen des belegärztlichen Bereit-schaftsdienstes ohne Einschränkung und Befristung in vollem Umfang erteilt wer-den müssen. Die angefochtenen Bescheide hätten sich nicht erledigt. Eine Erledi-gung sei insbesondere auch nicht durch die Umstrukturierung des Notdienstes eingetreten.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 14.5.2008 aufzuheben sowie den Be-scheid der Beklagten vom 7.7.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.6.2005 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, sie von der Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst und der Verpflichtung zur Zahlung der Umlage für die Bereitschaftsdienst-Zentrale zu befreien.
Die Beklagte beantragt
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Die Kläger hätten bisher eine unzumutbare Belastung, die materiellrechtlich eine Befreiung rechtfertigen könnte, nicht dargelegt. Im Übrigen verweise sie auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 6.2.2008 - B 6 KA 13/06 R.
Auf Anfrage des Senats hat die Beklagte mitgeteilt, weitere Befreiungsanträge sei-en von den Klägern zwischenzeitlich nicht gestellt worden; weitere Befreiungen seien von der Beklagten nicht bewilligt worden; die Kläger zahlten eine monatliche Umlage an das Bereitschaftsdienstzentrum; wenn die Kläger aktiv am Bereit-schaftsdienst teilnehmen würden, müssten sie mit einem Einsatz einmal im Monat rechnen. Beschwerden von Patienten über lange Wartezeiten oder Nichterreich-barkeit der Kläger in ihrer Praxis lägen nicht vor. Im Vergleich zur Fachgruppe der Orthopäden hätten die Kläger in den letzten Quartalen folgende Honorare erzielt:
Quartal Honorar der Praxis der Kläger aus ambulanter Tätigkeit Honorar der Praxis der Kläger aus belegärztl. Tätigkeit Honorar der Kläger gesamt Durchschnittshonorar der
Ärzte der Fachgruppe Orthopädie
4/2007 65.265,25 EUR 26.986,60 EUR 92.251,85 EUR 50.190,12 EUR
1/2008 60.348,20 EUR 26.543,90 EUR 86.892,10 EUR 50.767,51 EUR
2/2008 65998,53 EUR 14.717,37 EUR 80.715,90 EUR 50.874,06 EUR
3/2008 71.925,06 EUR 7.265,44 EUR 79.190,50 EUR 49.880,19 EUR
Der Vorstand der Beklagten habe am 7.7.2008 eine Härtefallregelung beschlossen, wonach Praxen mit einem Quartalsumsatz bis zu 10.000 EUR nur 50% der Umlage für den Bereitschaftsdienst zu zahlen hätten.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts verweist der Senat auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung war.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Kläger ist zulässig. Da die Klagen weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt und auch keine Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden betreffen, ist die Berufung unabhängig vom Wert des Beschwerdegegenstands statthaft (§ 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Berufung ist auch entsprechend § 151 SGG innerhalb eines Monats nach der am 12.6.2008 erfolgten Zustellung des erstinstanzlichen Urteils eingelegt worden, da die Frist gemäß § 64 Abs. 3 SGG erst am Montag, den 14.7.2008 geendet hat.
I. Die Klagen sind - entgegen der Auffassung des Sozialgerichts - als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen zulässig.
1. Das in ihrem ursprünglichen Befreiungsantrag zum Ausdruck kommende Begehren der Kläger war auf (einschränkungslose) Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst gerichtet. An diesem Begehren haben die Kläger auch nach Erlass des angefochtenen Bescheids vom 7.7.2004, mit dem ihnen nur eine zeitlich befristete Befreiung zu 50 v.H. erteilt wurde, festgehalten. Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht ausdrücklich an ihrem (isolierten) Anfechtungsantrag festgehalten haben, hätte das Sozialgericht - ungeachtet der rechtskundigen Vertretung der Kläger - den Antrag als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, gerichtet auf Erteilung einer uneingeschränkten Befrei-ung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst, auslegen müssen. Denn nach § 123 SGG hat das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche zu ent-scheiden, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Zwar ist bei einem durch einen Rechtsanwalt oder anderweitig rechtskundig vertretenen Kläger in der Regel davon auszugehen, dass der gestellte Antrag das Gewollte richtig wiedergibt; ist das nicht der Fall hat das Gericht darauf hinzuwirken, dass sachdienliche und klare Anträge gestellt werden (§ 106 Abs. 1, § 112 Abs. 2 SGG); hat das keinen Erfolg, ist der Antrag vom Gericht entsprechend dem erkennbaren Klageziel auszulegen (Keller, in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 123 Rn. 3 m.w.N.). Diese Auslegung kann auch ergeben, dass statt einer ausdrücklich erhobenen Anfechtungsklage eine Verpflichtungsklage gewollt ist (Keller, a.a.O. Rn. 3b; BVerwG 2.11.1973 - IV C 55.70, BVerwGE 44, 148). Im vorliegenden Fall war das Begehren der Kläger auch im Klageverfahren weiter erkennbar darauf gerichtet, einschränkungslos vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst befreit zu werden. Denn ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht hat der Klägerbevollmächtigte zwar auf den Hinweis des erstinstanzlichen Richters, der angefochtene Bescheid habe sich möglicherweise durch Fristablauf erledigt, an seinem Anfechtungsantrag aus der Klageschrift festgehal-ten, jedoch gleichzeitig darauf hingewiesen, dass die Kläger nach wie vor zu "Bei-trägen" betreffend den Notfalldienst herangezogen werden und um die Protokollie-rung dieses Hinweises gebeten. Damit haben die Kläger zum Ausdruck gebracht, dass sie die Auffassung des Richters zur Erledigung des Verwaltungsakts nicht teilen und es ihnen nach wie vor um eine einschränkungslose Befreiung vom ver-tragsärztlichen Notfalldienst geht. Entsprechend dem geltend gemachten Anspruch war das Begehren der Kläger daher - ungeachtet des gestellten isolierten Anfechtungsantrags - als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage aus-zulegen. Da dem Anfechtungsantrag im Rahmen der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage keine eigenständige Bedeutung zukommt (Keller, a.a.O. § 131 Rn. 11), ist unerheblich, ob der Bescheid vom 7.7.2004 sich mit Ablauf der darin bestimmten Frist erledigt hatte. Jedenfalls hätte sich das Begehren der Klä-ger auf einschränkungslose Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst dadurch nicht erledigt.
2. Die Kläger haben auch ein Rechtsschutzinteresse für eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Dieses ist insbesondere nicht dadurch entfallen, dass die Beklagte die Kläger bisher offensichtlich tatsächlich nicht zum Bereitschaftsdienst, sondern nur zur Zahlung der Umlage nach § 6 Abs. 4 Bereitschaftsdienst-Ordnung der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz in der Fassung des Beschlus-ses der Vertreterversammlung vom 18.4.2007 (Ärzteblatt Rheinland-Pfalz, Ausga-be 6, Juni 2007 S. 24 ff. [im Folgenden BO 2007]; zur Maßgeblichkeit dieser Fas-sung s.u.) herangezogen hat. Denn die bloße Nichteinteilung zum Bereitschaftsdienst stellt keine Befreiung dar (§ 10 Abs. 5 BO). Ohne die begehrte Befreiung müssen die Kläger daher jederzeit damit rechnen, zum Bereitschaftsdienst einge-teilt zu werden.
3. Die am 1.8.2005 erhobene Klage wahrt die Klagefrist des § 87 Abs. 2 SGG. Der per Einschreiben mit Rückschein zugestellte Widerspruchsbescheid gilt an dem Tag als bekannt gegeben, der als Auslieferungstag auf dem Rückschein vermerkt ist (§ 85 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 und 2 Satz 1 Ver-waltungszustellungsgesetz - VwZG; Engelhardt/ App, VwVG, VwZG, 8. Aufl. 2008, § 4 VwZG Rn. 3). Hiernach gilt der Widerspruchsbescheid als am 30.6.2005 zuge-stellt. Die gemäß § 87 Abs. 2 SGG ab diesem Zeitpunkt laufende einmonatige Klagefrist hätte am 30.7.2005 geendet (§ 64 Abs. 2 Sat 1 SGG). Da das Ende auf einen Sonnabend fiel, endete die Frist erst mit Ablauf des nächsten Werktags, somit am Montag, den 1.8.2005 (§ 64 Abs. 3 SGG).
4. Die in einer Gemeinschaftspraxis tätigen Kläger sind als Einzelpersonen klagebefugt, denn die Verpflichtung zur Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst trifft grundsätzlich nicht die Gemeinschaftspraxis als Gesellschaft, sondern jeden Partner der Gemeinschaftspraxis als Einzelperson (§ 9 Abs. 3 Satz 1 BO). Die gemeinschaftlichen Klagen sind gemäß § 74 SGG in Verbindung mit § 60 Zivilprozessordnung wegen der Gleichartigkeit der Ansprüche zulässig.
II. Die zulässigen Klagen sind jedoch nicht begründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf unbeschränkte und unbefristete Befreiung vom Bereitschaftsdienst.
1. Da der Antrag der Kläger als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auszulegen ist, ist für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat (BSG 6.2.2008 - B 6 KA 13/06 R, juris Rn. 12 m.w.N.; Keller, in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 54 Rn. 34 m.w.N.). Maßgeblich ist somit die aktu-elle Bereitschaftsdienst-Ordnung der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz in der Fassung des Beschlusses der Vertreterversammlung vom 18.4.2007, die gemäß ihrem § 19 Abs. 1 für die niedergelassenen Vertragsärzte mit ihrer Veröffentlichung im Ärzteblatt Rheinland-Pfalz im Juni 2007 in Kraft getreten ist.
2. Als Anspruchsgrundlage für eine Befreiung der Kläger vom Bereitschaftsdienst kommt allein § 10 BO 2007 in Betracht. Diese Bestimmung lautet:
§ 10 Befreiung von der Verpflichtung zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst
(1) In besonders gelagerten Einzelfallen kann der niedergelassene Arzt auf schriftlichen Antrag vorüber-gehend, ganz oder teilweise von seiner Verpflichtung zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst befreit re-spektive der nach § 9 Absatz 3 festgestellte Umfang eines Arztes bzw. der nach § 9 Absatz 4 festge-stellte Umfang der Teilnahmepflicht eines Medizinischen Versorgungszentrums angepasst werden, wenn ein schwerwiegender Grund vorliegt und dadurch die Sicherstellung der Patientenversorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten im Notfalldienstbereich nicht gefährdet ist.
Als schwerwiegende Gründe in diesem Sinne gelten insbesondere:
e) eine belegärztliche Tätigkeit, wenn diese im Hinblick auf die Anzahl der Belegbetten, einer kooperati-ven Ausübung der Belegarzttätigkeit, des Vorliegens einer Gemeinschaftspraxis/Einzelpraxis und der Dienstfrequenz im Bereitschaftsdienst-Bereich im Einzelfall unzumutbar erscheint.
(2) Ein schwerwiegender Grund liegt in der Regel jedoch dann nicht vor, wenn seitens des Antragstellers eine Praxistätigkeit in nicht deutlich eingeschränktem Umfang aufrechterhalten wird. Die Befreiung von der Teilnahmepflicht kann auch davon abhängig gemacht werden, ob dem Vertragsarzt aufgrund sei-nes Honorarumsatzes nicht mehr zugemutet werden kann, den Bereitschaftsdienst auf eigene Kosten von einem Vertreter wahrnehmen zu lassen.
(3) Die freiwillige Teilnahme am Rettungsdienst begründet keinen Anspruch auf Befreiung von der Pflicht zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst. Der freiwillig am Rettungsdienst teilnehmende Arzt muss si-cherstellen, dass er durch die Teilnahme am Rettungsdienst nicht gehindert ist, seiner Bereitschafts-dienstverpflichtung nachzukommen.
(5) Die bloße Nichteinteilung zum Bereitschaftsdienst stellt keine Befreiung oder Anpassung im Sinne des Absatz 1 dar.
(8) Die Befreiung oder Anpassung der Verpflichtung zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst nach Absatz 1 entbindet grundsätzlich nicht vor der Verpflichtung zur Entrichtung einer Umlage. In begründeten Ein-zelfällen kann die Höhe der Umlage jedoch aufgrund des Honorarumsatzes reduziert oder von ihrer Erhebung ganz abgesehen werden (Härtefallregelung). Absatz 6 gilt entsprechend.
Die von den Klägern geltend gemachte Belastung durch ihre belegärztliche Tätig-keit könnte allenfalls eine Befreiung nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e BO rechtfertigen. Insoweit liegen bereits die Tatbestandsvoraussetzungen dieses Be-freiungsgrundes nicht vor. Denn im Hinblick auf die Anzahl der Belegbetten, die kooperative Ausübung der Belegarzttätigkeit und die Dienstfrequenz im Bereitschaftsdienst-Bereich ist den Klägern unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls die (unbeschränkte) Teilnahme am Bereitschaftsdienst zumutbar.
Die Kläger betreuen nur vier Belegbetten. Unter Berücksichtigung der geringen Bettenzahl ist davon auszugehen, dass der belegärztliche Bereitschaftsdienst ggf. auch neben dem vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst ausgeübt werden kann. Zudem üben die Kläger die belegärztliche Tätigkeit und auch den belegärztlichen Bereitschaftsdienst gemeinsam aus. Bei einer gleichmäßigen Verteilung fällt der belegärztliche Bereitschaftsdienst für jeden der Kläger daher nur alle zwei Wochen an. Die Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst, die nach den Angaben der Beklagten für jeden Kläger einmal im Monat anfallen würde, mag daher eine besondere Belastung darstellen, erscheint aber unter Berücksichtigung der Bedeutung des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes (s. dazu unten 5.) und der Umstände des Einzelfalls noch zumutbar. Dieses Ergebnis wird bestätigt durch eine Gesamtbetrachtung der Befreiungsregelungen in § 10 BO. So ist die beleg-ärztliche Tätigkeit in dem Befreiungstatbestand des § 10 Abs. 1 Satz 2 Buchsta-be c BO ausdrücklich ausgenommen. Der belegärztliche Bereitschaftsdienst ist damit gerade nicht mit anderen Bereitschaftsdiensten gleichzusetzen und führt nur beim Vorliegen der in Buchstabe e genannten zusätzlichen Voraussetzungen zu einer Befreiung. Nach § 10 Abs. 3 BO begründet die freiwillige Teilnahme am Ret-tungsdienst generell keinen Anspruch auf Befreiung vom vertragsärztlichen Be-reitschaftsdienst, vielmehr muss der Arzt sicherstellen, dass seine Teilnahme am Rettungsdienst seine vertragsärztliche Bereitschaftsdienstverpflichtung nicht behindert. Da auch die belegärztliche Tätigkeit auf Grund einer freiwilligen Entschei-dung des Arztes ausgeübt wird, erscheint es sachgerecht, auch in diesem Fall an eine Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst eher strenge Anforderungen zu stellen.
Andere Gründe, die einen Anspruch der Kläger auf Befreiung vom vertragsärztli-chen Bereitschaftsdienst begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Zwar sind die in § 10 Abs. 1 Satz 2 BO genannten Befreiungstatbestände - wie sich aus der Einleitung "insbesondere" ergibt - nicht abschließend, es handelt sich vielmehr um Regelbeispiele. Zudem enthält Buchstabe d einen Auffangtatbestand für "ver-gleichbar schwerwiegende Gründe, welche die Teilnahme am Bereitschaftsdienst unzumutbar erscheinen lassen". Sonstige Gründe sind jedoch von den Beteiligten weder vorgetragen noch ersichtlich.
3. Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Befreiung erfüllt sind. Denn selbst wenn die Voraussetzungen eines Regelbei-spiels erfüllt wären, wäre ein schwerwiegender Grund nach § 10 Abs. 2 BO zu verneinen. Hiernach liegt ein schwerwiegender Grund für eine Befreiung vom Be-reitschaftsdienst in der Regel nicht vor, wenn seitens des Antragstellers eine Praxistätigkeit in nicht deutlich eingeschränktem Umfang aufrecht erhalten wird. Die Befreiung der Teilnahmepflicht kann auch davon abhängig gemacht werden, ob dem Vertragsarzt aufgrund seines Honorarumsatzes nicht mehr zugemutet werden kann, den Bereitschaftsdienst auf eigene Kosten von einem Vertreter wahrnehmen zu lassen.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Da Beschwerden von Patienten über lange Wartezeiten oder Nichterreichbarkeit der Kläger nicht bekannt wurden, ist nicht feststellbar, dass die Kläger den Umfang ihrer Praxistätigkeit deutlich eingeschränkt hätten. Zwar liegt das Einzelhonorar der Kläger aus der ambulanten Tätigkeit deutlich unter dem Durchschnittshonorar eines Arztes der Fachgruppe. Das Honorar ist jedoch nicht so niedrig, dass es den Klägern nicht mehr zuzumuten wäre, den Bereitschaftsdienst auf eigene Kosten von einem Vertreter wahrnehmen zu lassen. Da die Unzumutbarkeit bereits auf Grund der alleinigen Berücksichtigung des Honorars aus der ambulanten Tätigkeit nicht gegeben ist, kann dahinstehen, ob für die Frage der Unzumutbarkeit auch das Honorar aus der belegärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen ist. Sonstige Gesichtspunkte, die eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst oder ein Abweichen von der Regel des § 10 Abs. 2 BO rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
4. Soweit die Kläger bisher tatsächlich nicht zum Bereitschaftsdienst herangezogen wurden, stellt dies rechtlich keine Befreiung oder Anpassung der Teilnahmepflicht dar (§ 10 Abs. 5 BO). Dem entsprechend können die Kläger aus ihrer bisherigen Nichtheranziehung auch keinen Anspruch ableiten, für die Zukunft vom Bereitschaftsdienst befreit zu werden.
III. Soweit die Kläger erstmals im Berufungsverfahren zusätzlich beantragt haben, die Beklagte zu verurteilen, sie von der Verpflichtung zur Zahlung der Umlage für die Bereitschaftsdienst-Zentrale zu befreien, ist diese Klage unzulässig. Es handelt sich um eine nicht zweckdienliche Klageänderung im Sinne des § 99 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Um eine nicht als Klageänderung anzusehende bloße Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache ohne Änderung des Klagegrundes im Sinne des § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG würde es sich nur dann handeln, wenn die Kläger auf ein sinngemäß schon im ursprünglichen Klageantrag enthaltenes Begehren umgestellt hätten (Leitherer, in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 99 Rn. 4a m.w.N.). Die Kläger haben jedoch im erstinstanz-lichen Verfahren einen reinen Anfechtungsantrag gestellt. Soweit der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht unter Aufrechterhaltung dieses Antrags hat protokollieren lassen, dass die Kläger nach wie vor zu "Beiträgen" betreffend den Notfalldienst herangezogen werden, lässt sich daraus auch bei sachdienlicher Auslegung des ursprünglichen Klageantrags nicht herleiten, dass die Kläger schon mit dem ursprünglichen Klageantrag eine Befreiung von der Umlagepflicht erstrebt hätten. Selbst wenn dies der Fall wäre, wäre diese Klage unzulässig, da insoweit das erforderliche Vorverfahren (§ 78 Abs. 1 Satz 1 SGG) nicht durchgeführt wurde. Denn die von den Klägern im Verwaltungsverfahren beantragte Befreiung vom Bereitschaftsdienst enthält nicht gleichzeitig einen Antrag auf Befreiung von der Verpflichtung zur Zahlung der Umlage für die Bereitschaftsdienst-Zentrale. Vielmehr trifft die Umlagepflicht nach § 6 Abs. 4 BO 2007 alle im Bereitschaftsdienst-Bereich niedergelassenen - und nicht etwa nur die bereitschaftsdienstpflichtigen - Ärzte. § 10 Abs. 8 BO 2007 stellt zusätzlich klar, dass die Befreiung vom Bereitschaftsdienst grundsätzlich nicht von der Verpflichtung zur Entrichtung einer Umlage entbindet und nur in begründeten Einzelfällen auf Grund des Honorarumsatzes von der Erhebung der Umlage ganz oder teilweise abgesehen werden kann. Für eine Entscheidung über die Befreiung von der Umlage hätte es somit eines eigenständigen Antrags bedurft, der von den Klägern nicht gestellt wurde.
Im Übrigen hat die Beklagte das ihr bei der Reduzierung der Umlage nach § 10 Abs. 8 BO zustehende Ermessen durch einen Vorstandsbeschluss dahin konkretisiert, dass bei einem Quartalsumsatz von mehr als 10.000 EUR eine Reduzierung der Umlage nicht vorzunehmen ist. Der Quartalsumsatz der Kläger lag bisher ganz erheblich über dieser Grenze.
IV. Die hier anzuwendenden Bestimmungen der als Satzung zu wertenden Bereitschaftsdienst-Ordnung verstoßen auch nicht gegen höherrangiges Recht. Soweit die Bereitschaftsdienst-Ordnung den Bereitschaftsdienst der Vertragsärzte regelt hat sie ihre gesetzliche Grundlage in § 79 Abs. 3 Nr. 1, § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 in Verbindung mit § 75 Abs. 1 SGB V. Aus dem Zulassungsstatus als Vertragsarzt folgt die Verpflichtung des Vertragsarztes für die der Kassenärztlichen Vereinigung nach § 75 Abs. 1 SGB V obliegende Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung in zeitlicher Hinsicht umfassend zur Verfügung zu stehen (dazu und zum Folgenden BSG 6.2.2008 - B 6 KA 13/06 R, juris Rn. 13 ff.; BSG 6.9.2006 - B 6 KA 43/05 R, juris Rn. 10 ff. jeweils m.w.N.). Der einzelne Arzt wird durch den organisierten Bereitschaftsdienst von seiner andernfalls bestehenden Verpflichtung zur Dienstbereitschaft rund um die Uhr entlastet. Als Gegenleistung hierfür muss jeder Vertragsarzt den Bereitschaftsdienst als gemeinsame Aufgabe aller Ärzte gleichwertig mittragen. Unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgebots kommt eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst nur in Betracht, wenn gesundheitliche oder vergleichbare Belastungen zu einer deutlichen Einschränkung der Pra-xistätigkeit des Arztes führen und ihm zudem aufgrund geringer Einkünfte aus der ärztlichen Tätigkeit nicht mehr zuzumuten ist, den Notfalldienst auf eigene Kosten durch einen Vertreter wahrnehmen zu lassen. Die Bereitschaftsdienst-Ordnung der Beklagten, insbesondere deren § 10 Abs. 2 trägt diesen gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben ausreichend Rechnung.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 14.5.2008 wird zurückgewiesen. Die auf Befreiung von der Verpflichtung zur Zah-lung der Umlage für die Bereitschaftsdienst-Zentrale gerichtete Klage wird abge-wiesen.
2. Die Kläger haben auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Kläger begehren die Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst.
Die Kläger sind Orthopäden und nehmen seit 1.1.2004 als Gemeinschaftspraxis an der vertragsärztlichen Versorgung im Bezirk der Beklagten teil; gleichzeitig betreuen sie als Belegärzte auf der orthopädischen Station im DRK-Krankenhaus in A vier Belegbetten. Im März 2004 beantragten sie bei der damaligen Kassenärztlichen Vereinigung K , einer der Rechtsvorgängerinnen der Beklag-ten, die Befreiung vom allgemeinen ärztlichen Notdienst, weil sie 26 Wochen im Jahr (einschließlich Wochenenden und Feiertage) belegärztlichen Bereitschafts-dienst absolvieren und zusätzlich die tägliche Krankenbetreuung vor Ort, ebenfalls auch an allen Wochenenden und Feiertagen, sicherstellen müssten. Die verblei-benden 26 Wochenenden müssten zu einem großen Teil für Fortbildung verwandt werden. Die zusätzliche Beteiligung am ärztlichen Notdienst sei deshalb nicht zu-mutbar.
Mit Bescheid vom 7.7.2004 erteilte der Notdienstbeauftragte der Kassenärztlichen Vereinigung Koblenz eine vorübergehende teilweise Befreiung zu 50 v.H. vom ärztlichen Notdienst befristet bis 30.6.2005. Den Widerspruch der Kläger wies der Vorstand der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 14.6.2005 (per Einschrei-ben mit Rückschein an den Verfahrensbevollmächtigten der Kläger ausgeliefert am 30.6.2005) zurück. Hiergegen haben die Kläger am 1.8.2005 (Montag) beim Sozialgericht Mainz Klage erhoben mit dem Antrag, den Bescheid der Beklagten vom 7.7.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.6.2005 aufzuheben. Zur Begründung haben sie ausgeführt, wegen des belegärztlichen notfalldienst-ähnlichen Bereitschaftsdienstes seien sie vom ärztlichen Notfalldienst zu befreien. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht hat der Vorsitzende darauf hingewiesen, der angefochtene Bescheid habe sich möglicherweise durch Fristab-lauf erledigt, deshalb komme nur eine Fortsetzungsfeststellungsklage in Betracht. Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat darauf hingewiesen, dass die Kläger nach wie vor zu "Beiträgen" betreffend den Notdienst herangezogen würden und an seinem Anfechtungsantrag aus der Klageschrift festgehalten.
Mit Urteil vom 14.5.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begrün-dung hat es im Wesentlichen ausgeführt, als Anfechtungsklage sei die Klage un-zulässig, da sich der angefochtene Bescheid mit Ablauf der bis zum 30.6.2005 gesetzten Frist in seinen rechtlichen Auswirkungen erledigt habe. Die Umstellung auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage habe der Prozessbevollmächtigte der Kläger ausdrücklich verweigert. Ungeachtet dessen liege auch kein für eine Fort-setzungsfeststellungsklage erforderliches besonderes Feststellungsinteresse vor. Eine Wiederholungsgefahr bestehe nicht, da der Notdienst zum 1.7.2006 umstruk-turiert worden sei. Die vom Kläger vorgetragenen Aspekte der neuen Bereit-schaftsdienstzentrale seien nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 12.6.2008 zugestellte Urteil haben die Kläger am 14.7.2008 (Montag) Berufung eingelegt. Sie tragen vor, die Befrei-ung vom vertragsärztlichen Notdienst hätte wegen des belegärztlichen Bereit-schaftsdienstes ohne Einschränkung und Befristung in vollem Umfang erteilt wer-den müssen. Die angefochtenen Bescheide hätten sich nicht erledigt. Eine Erledi-gung sei insbesondere auch nicht durch die Umstrukturierung des Notdienstes eingetreten.
Die Kläger beantragen,
das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 14.5.2008 aufzuheben sowie den Be-scheid der Beklagten vom 7.7.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.6.2005 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, sie von der Teilnahme am ärztlichen Bereitschaftsdienst und der Verpflichtung zur Zahlung der Umlage für die Bereitschaftsdienst-Zentrale zu befreien.
Die Beklagte beantragt
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. Die Kläger hätten bisher eine unzumutbare Belastung, die materiellrechtlich eine Befreiung rechtfertigen könnte, nicht dargelegt. Im Übrigen verweise sie auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 6.2.2008 - B 6 KA 13/06 R.
Auf Anfrage des Senats hat die Beklagte mitgeteilt, weitere Befreiungsanträge sei-en von den Klägern zwischenzeitlich nicht gestellt worden; weitere Befreiungen seien von der Beklagten nicht bewilligt worden; die Kläger zahlten eine monatliche Umlage an das Bereitschaftsdienstzentrum; wenn die Kläger aktiv am Bereit-schaftsdienst teilnehmen würden, müssten sie mit einem Einsatz einmal im Monat rechnen. Beschwerden von Patienten über lange Wartezeiten oder Nichterreich-barkeit der Kläger in ihrer Praxis lägen nicht vor. Im Vergleich zur Fachgruppe der Orthopäden hätten die Kläger in den letzten Quartalen folgende Honorare erzielt:
Quartal Honorar der Praxis der Kläger aus ambulanter Tätigkeit Honorar der Praxis der Kläger aus belegärztl. Tätigkeit Honorar der Kläger gesamt Durchschnittshonorar der
Ärzte der Fachgruppe Orthopädie
4/2007 65.265,25 EUR 26.986,60 EUR 92.251,85 EUR 50.190,12 EUR
1/2008 60.348,20 EUR 26.543,90 EUR 86.892,10 EUR 50.767,51 EUR
2/2008 65998,53 EUR 14.717,37 EUR 80.715,90 EUR 50.874,06 EUR
3/2008 71.925,06 EUR 7.265,44 EUR 79.190,50 EUR 49.880,19 EUR
Der Vorstand der Beklagten habe am 7.7.2008 eine Härtefallregelung beschlossen, wonach Praxen mit einem Quartalsumsatz bis zu 10.000 EUR nur 50% der Umlage für den Bereitschaftsdienst zu zahlen hätten.
Zu den weiteren Einzelheiten des Sachverhalts verweist der Senat auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung war.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Kläger ist zulässig. Da die Klagen weder eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung noch einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt und auch keine Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden betreffen, ist die Berufung unabhängig vom Wert des Beschwerdegegenstands statthaft (§ 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Berufung ist auch entsprechend § 151 SGG innerhalb eines Monats nach der am 12.6.2008 erfolgten Zustellung des erstinstanzlichen Urteils eingelegt worden, da die Frist gemäß § 64 Abs. 3 SGG erst am Montag, den 14.7.2008 geendet hat.
I. Die Klagen sind - entgegen der Auffassung des Sozialgerichts - als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen zulässig.
1. Das in ihrem ursprünglichen Befreiungsantrag zum Ausdruck kommende Begehren der Kläger war auf (einschränkungslose) Befreiung vom ärztlichen Bereitschaftsdienst gerichtet. An diesem Begehren haben die Kläger auch nach Erlass des angefochtenen Bescheids vom 7.7.2004, mit dem ihnen nur eine zeitlich befristete Befreiung zu 50 v.H. erteilt wurde, festgehalten. Soweit die Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht ausdrücklich an ihrem (isolierten) Anfechtungsantrag festgehalten haben, hätte das Sozialgericht - ungeachtet der rechtskundigen Vertretung der Kläger - den Antrag als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, gerichtet auf Erteilung einer uneingeschränkten Befrei-ung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst, auslegen müssen. Denn nach § 123 SGG hat das Gericht über die vom Kläger erhobenen Ansprüche zu ent-scheiden, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Zwar ist bei einem durch einen Rechtsanwalt oder anderweitig rechtskundig vertretenen Kläger in der Regel davon auszugehen, dass der gestellte Antrag das Gewollte richtig wiedergibt; ist das nicht der Fall hat das Gericht darauf hinzuwirken, dass sachdienliche und klare Anträge gestellt werden (§ 106 Abs. 1, § 112 Abs. 2 SGG); hat das keinen Erfolg, ist der Antrag vom Gericht entsprechend dem erkennbaren Klageziel auszulegen (Keller, in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 123 Rn. 3 m.w.N.). Diese Auslegung kann auch ergeben, dass statt einer ausdrücklich erhobenen Anfechtungsklage eine Verpflichtungsklage gewollt ist (Keller, a.a.O. Rn. 3b; BVerwG 2.11.1973 - IV C 55.70, BVerwGE 44, 148). Im vorliegenden Fall war das Begehren der Kläger auch im Klageverfahren weiter erkennbar darauf gerichtet, einschränkungslos vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst befreit zu werden. Denn ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Sozialgericht hat der Klägerbevollmächtigte zwar auf den Hinweis des erstinstanzlichen Richters, der angefochtene Bescheid habe sich möglicherweise durch Fristablauf erledigt, an seinem Anfechtungsantrag aus der Klageschrift festgehal-ten, jedoch gleichzeitig darauf hingewiesen, dass die Kläger nach wie vor zu "Bei-trägen" betreffend den Notfalldienst herangezogen werden und um die Protokollie-rung dieses Hinweises gebeten. Damit haben die Kläger zum Ausdruck gebracht, dass sie die Auffassung des Richters zur Erledigung des Verwaltungsakts nicht teilen und es ihnen nach wie vor um eine einschränkungslose Befreiung vom ver-tragsärztlichen Notfalldienst geht. Entsprechend dem geltend gemachten Anspruch war das Begehren der Kläger daher - ungeachtet des gestellten isolierten Anfechtungsantrags - als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage aus-zulegen. Da dem Anfechtungsantrag im Rahmen der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage keine eigenständige Bedeutung zukommt (Keller, a.a.O. § 131 Rn. 11), ist unerheblich, ob der Bescheid vom 7.7.2004 sich mit Ablauf der darin bestimmten Frist erledigt hatte. Jedenfalls hätte sich das Begehren der Klä-ger auf einschränkungslose Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst dadurch nicht erledigt.
2. Die Kläger haben auch ein Rechtsschutzinteresse für eine Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Dieses ist insbesondere nicht dadurch entfallen, dass die Beklagte die Kläger bisher offensichtlich tatsächlich nicht zum Bereitschaftsdienst, sondern nur zur Zahlung der Umlage nach § 6 Abs. 4 Bereitschaftsdienst-Ordnung der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz in der Fassung des Beschlus-ses der Vertreterversammlung vom 18.4.2007 (Ärzteblatt Rheinland-Pfalz, Ausga-be 6, Juni 2007 S. 24 ff. [im Folgenden BO 2007]; zur Maßgeblichkeit dieser Fas-sung s.u.) herangezogen hat. Denn die bloße Nichteinteilung zum Bereitschaftsdienst stellt keine Befreiung dar (§ 10 Abs. 5 BO). Ohne die begehrte Befreiung müssen die Kläger daher jederzeit damit rechnen, zum Bereitschaftsdienst einge-teilt zu werden.
3. Die am 1.8.2005 erhobene Klage wahrt die Klagefrist des § 87 Abs. 2 SGG. Der per Einschreiben mit Rückschein zugestellte Widerspruchsbescheid gilt an dem Tag als bekannt gegeben, der als Auslieferungstag auf dem Rückschein vermerkt ist (§ 85 Abs. 3 Satz 1 und 2 SGG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 und 2 Satz 1 Ver-waltungszustellungsgesetz - VwZG; Engelhardt/ App, VwVG, VwZG, 8. Aufl. 2008, § 4 VwZG Rn. 3). Hiernach gilt der Widerspruchsbescheid als am 30.6.2005 zuge-stellt. Die gemäß § 87 Abs. 2 SGG ab diesem Zeitpunkt laufende einmonatige Klagefrist hätte am 30.7.2005 geendet (§ 64 Abs. 2 Sat 1 SGG). Da das Ende auf einen Sonnabend fiel, endete die Frist erst mit Ablauf des nächsten Werktags, somit am Montag, den 1.8.2005 (§ 64 Abs. 3 SGG).
4. Die in einer Gemeinschaftspraxis tätigen Kläger sind als Einzelpersonen klagebefugt, denn die Verpflichtung zur Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst trifft grundsätzlich nicht die Gemeinschaftspraxis als Gesellschaft, sondern jeden Partner der Gemeinschaftspraxis als Einzelperson (§ 9 Abs. 3 Satz 1 BO). Die gemeinschaftlichen Klagen sind gemäß § 74 SGG in Verbindung mit § 60 Zivilprozessordnung wegen der Gleichartigkeit der Ansprüche zulässig.
II. Die zulässigen Klagen sind jedoch nicht begründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf unbeschränkte und unbefristete Befreiung vom Bereitschaftsdienst.
1. Da der Antrag der Kläger als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auszulegen ist, ist für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat (BSG 6.2.2008 - B 6 KA 13/06 R, juris Rn. 12 m.w.N.; Keller, in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 54 Rn. 34 m.w.N.). Maßgeblich ist somit die aktu-elle Bereitschaftsdienst-Ordnung der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz in der Fassung des Beschlusses der Vertreterversammlung vom 18.4.2007, die gemäß ihrem § 19 Abs. 1 für die niedergelassenen Vertragsärzte mit ihrer Veröffentlichung im Ärzteblatt Rheinland-Pfalz im Juni 2007 in Kraft getreten ist.
2. Als Anspruchsgrundlage für eine Befreiung der Kläger vom Bereitschaftsdienst kommt allein § 10 BO 2007 in Betracht. Diese Bestimmung lautet:
§ 10 Befreiung von der Verpflichtung zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst
(1) In besonders gelagerten Einzelfallen kann der niedergelassene Arzt auf schriftlichen Antrag vorüber-gehend, ganz oder teilweise von seiner Verpflichtung zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst befreit re-spektive der nach § 9 Absatz 3 festgestellte Umfang eines Arztes bzw. der nach § 9 Absatz 4 festge-stellte Umfang der Teilnahmepflicht eines Medizinischen Versorgungszentrums angepasst werden, wenn ein schwerwiegender Grund vorliegt und dadurch die Sicherstellung der Patientenversorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten im Notfalldienstbereich nicht gefährdet ist.
Als schwerwiegende Gründe in diesem Sinne gelten insbesondere:
e) eine belegärztliche Tätigkeit, wenn diese im Hinblick auf die Anzahl der Belegbetten, einer kooperati-ven Ausübung der Belegarzttätigkeit, des Vorliegens einer Gemeinschaftspraxis/Einzelpraxis und der Dienstfrequenz im Bereitschaftsdienst-Bereich im Einzelfall unzumutbar erscheint.
(2) Ein schwerwiegender Grund liegt in der Regel jedoch dann nicht vor, wenn seitens des Antragstellers eine Praxistätigkeit in nicht deutlich eingeschränktem Umfang aufrechterhalten wird. Die Befreiung von der Teilnahmepflicht kann auch davon abhängig gemacht werden, ob dem Vertragsarzt aufgrund sei-nes Honorarumsatzes nicht mehr zugemutet werden kann, den Bereitschaftsdienst auf eigene Kosten von einem Vertreter wahrnehmen zu lassen.
(3) Die freiwillige Teilnahme am Rettungsdienst begründet keinen Anspruch auf Befreiung von der Pflicht zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst. Der freiwillig am Rettungsdienst teilnehmende Arzt muss si-cherstellen, dass er durch die Teilnahme am Rettungsdienst nicht gehindert ist, seiner Bereitschafts-dienstverpflichtung nachzukommen.
(5) Die bloße Nichteinteilung zum Bereitschaftsdienst stellt keine Befreiung oder Anpassung im Sinne des Absatz 1 dar.
(8) Die Befreiung oder Anpassung der Verpflichtung zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst nach Absatz 1 entbindet grundsätzlich nicht vor der Verpflichtung zur Entrichtung einer Umlage. In begründeten Ein-zelfällen kann die Höhe der Umlage jedoch aufgrund des Honorarumsatzes reduziert oder von ihrer Erhebung ganz abgesehen werden (Härtefallregelung). Absatz 6 gilt entsprechend.
Die von den Klägern geltend gemachte Belastung durch ihre belegärztliche Tätig-keit könnte allenfalls eine Befreiung nach § 10 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe e BO rechtfertigen. Insoweit liegen bereits die Tatbestandsvoraussetzungen dieses Be-freiungsgrundes nicht vor. Denn im Hinblick auf die Anzahl der Belegbetten, die kooperative Ausübung der Belegarzttätigkeit und die Dienstfrequenz im Bereitschaftsdienst-Bereich ist den Klägern unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls die (unbeschränkte) Teilnahme am Bereitschaftsdienst zumutbar.
Die Kläger betreuen nur vier Belegbetten. Unter Berücksichtigung der geringen Bettenzahl ist davon auszugehen, dass der belegärztliche Bereitschaftsdienst ggf. auch neben dem vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst ausgeübt werden kann. Zudem üben die Kläger die belegärztliche Tätigkeit und auch den belegärztlichen Bereitschaftsdienst gemeinsam aus. Bei einer gleichmäßigen Verteilung fällt der belegärztliche Bereitschaftsdienst für jeden der Kläger daher nur alle zwei Wochen an. Die Teilnahme am vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst, die nach den Angaben der Beklagten für jeden Kläger einmal im Monat anfallen würde, mag daher eine besondere Belastung darstellen, erscheint aber unter Berücksichtigung der Bedeutung des vertragsärztlichen Bereitschaftsdienstes (s. dazu unten 5.) und der Umstände des Einzelfalls noch zumutbar. Dieses Ergebnis wird bestätigt durch eine Gesamtbetrachtung der Befreiungsregelungen in § 10 BO. So ist die beleg-ärztliche Tätigkeit in dem Befreiungstatbestand des § 10 Abs. 1 Satz 2 Buchsta-be c BO ausdrücklich ausgenommen. Der belegärztliche Bereitschaftsdienst ist damit gerade nicht mit anderen Bereitschaftsdiensten gleichzusetzen und führt nur beim Vorliegen der in Buchstabe e genannten zusätzlichen Voraussetzungen zu einer Befreiung. Nach § 10 Abs. 3 BO begründet die freiwillige Teilnahme am Ret-tungsdienst generell keinen Anspruch auf Befreiung vom vertragsärztlichen Be-reitschaftsdienst, vielmehr muss der Arzt sicherstellen, dass seine Teilnahme am Rettungsdienst seine vertragsärztliche Bereitschaftsdienstverpflichtung nicht behindert. Da auch die belegärztliche Tätigkeit auf Grund einer freiwilligen Entschei-dung des Arztes ausgeübt wird, erscheint es sachgerecht, auch in diesem Fall an eine Befreiung vom vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst eher strenge Anforderungen zu stellen.
Andere Gründe, die einen Anspruch der Kläger auf Befreiung vom vertragsärztli-chen Bereitschaftsdienst begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Zwar sind die in § 10 Abs. 1 Satz 2 BO genannten Befreiungstatbestände - wie sich aus der Einleitung "insbesondere" ergibt - nicht abschließend, es handelt sich vielmehr um Regelbeispiele. Zudem enthält Buchstabe d einen Auffangtatbestand für "ver-gleichbar schwerwiegende Gründe, welche die Teilnahme am Bereitschaftsdienst unzumutbar erscheinen lassen". Sonstige Gründe sind jedoch von den Beteiligten weder vorgetragen noch ersichtlich.
3. Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Befreiung erfüllt sind. Denn selbst wenn die Voraussetzungen eines Regelbei-spiels erfüllt wären, wäre ein schwerwiegender Grund nach § 10 Abs. 2 BO zu verneinen. Hiernach liegt ein schwerwiegender Grund für eine Befreiung vom Be-reitschaftsdienst in der Regel nicht vor, wenn seitens des Antragstellers eine Praxistätigkeit in nicht deutlich eingeschränktem Umfang aufrecht erhalten wird. Die Befreiung der Teilnahmepflicht kann auch davon abhängig gemacht werden, ob dem Vertragsarzt aufgrund seines Honorarumsatzes nicht mehr zugemutet werden kann, den Bereitschaftsdienst auf eigene Kosten von einem Vertreter wahrnehmen zu lassen.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Da Beschwerden von Patienten über lange Wartezeiten oder Nichterreichbarkeit der Kläger nicht bekannt wurden, ist nicht feststellbar, dass die Kläger den Umfang ihrer Praxistätigkeit deutlich eingeschränkt hätten. Zwar liegt das Einzelhonorar der Kläger aus der ambulanten Tätigkeit deutlich unter dem Durchschnittshonorar eines Arztes der Fachgruppe. Das Honorar ist jedoch nicht so niedrig, dass es den Klägern nicht mehr zuzumuten wäre, den Bereitschaftsdienst auf eigene Kosten von einem Vertreter wahrnehmen zu lassen. Da die Unzumutbarkeit bereits auf Grund der alleinigen Berücksichtigung des Honorars aus der ambulanten Tätigkeit nicht gegeben ist, kann dahinstehen, ob für die Frage der Unzumutbarkeit auch das Honorar aus der belegärztlichen Tätigkeit zu berücksichtigen ist. Sonstige Gesichtspunkte, die eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst oder ein Abweichen von der Regel des § 10 Abs. 2 BO rechtfertigen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
4. Soweit die Kläger bisher tatsächlich nicht zum Bereitschaftsdienst herangezogen wurden, stellt dies rechtlich keine Befreiung oder Anpassung der Teilnahmepflicht dar (§ 10 Abs. 5 BO). Dem entsprechend können die Kläger aus ihrer bisherigen Nichtheranziehung auch keinen Anspruch ableiten, für die Zukunft vom Bereitschaftsdienst befreit zu werden.
III. Soweit die Kläger erstmals im Berufungsverfahren zusätzlich beantragt haben, die Beklagte zu verurteilen, sie von der Verpflichtung zur Zahlung der Umlage für die Bereitschaftsdienst-Zentrale zu befreien, ist diese Klage unzulässig. Es handelt sich um eine nicht zweckdienliche Klageänderung im Sinne des § 99 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Um eine nicht als Klageänderung anzusehende bloße Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache ohne Änderung des Klagegrundes im Sinne des § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG würde es sich nur dann handeln, wenn die Kläger auf ein sinngemäß schon im ursprünglichen Klageantrag enthaltenes Begehren umgestellt hätten (Leitherer, in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 99 Rn. 4a m.w.N.). Die Kläger haben jedoch im erstinstanz-lichen Verfahren einen reinen Anfechtungsantrag gestellt. Soweit der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht unter Aufrechterhaltung dieses Antrags hat protokollieren lassen, dass die Kläger nach wie vor zu "Beiträgen" betreffend den Notfalldienst herangezogen werden, lässt sich daraus auch bei sachdienlicher Auslegung des ursprünglichen Klageantrags nicht herleiten, dass die Kläger schon mit dem ursprünglichen Klageantrag eine Befreiung von der Umlagepflicht erstrebt hätten. Selbst wenn dies der Fall wäre, wäre diese Klage unzulässig, da insoweit das erforderliche Vorverfahren (§ 78 Abs. 1 Satz 1 SGG) nicht durchgeführt wurde. Denn die von den Klägern im Verwaltungsverfahren beantragte Befreiung vom Bereitschaftsdienst enthält nicht gleichzeitig einen Antrag auf Befreiung von der Verpflichtung zur Zahlung der Umlage für die Bereitschaftsdienst-Zentrale. Vielmehr trifft die Umlagepflicht nach § 6 Abs. 4 BO 2007 alle im Bereitschaftsdienst-Bereich niedergelassenen - und nicht etwa nur die bereitschaftsdienstpflichtigen - Ärzte. § 10 Abs. 8 BO 2007 stellt zusätzlich klar, dass die Befreiung vom Bereitschaftsdienst grundsätzlich nicht von der Verpflichtung zur Entrichtung einer Umlage entbindet und nur in begründeten Einzelfällen auf Grund des Honorarumsatzes von der Erhebung der Umlage ganz oder teilweise abgesehen werden kann. Für eine Entscheidung über die Befreiung von der Umlage hätte es somit eines eigenständigen Antrags bedurft, der von den Klägern nicht gestellt wurde.
Im Übrigen hat die Beklagte das ihr bei der Reduzierung der Umlage nach § 10 Abs. 8 BO zustehende Ermessen durch einen Vorstandsbeschluss dahin konkretisiert, dass bei einem Quartalsumsatz von mehr als 10.000 EUR eine Reduzierung der Umlage nicht vorzunehmen ist. Der Quartalsumsatz der Kläger lag bisher ganz erheblich über dieser Grenze.
IV. Die hier anzuwendenden Bestimmungen der als Satzung zu wertenden Bereitschaftsdienst-Ordnung verstoßen auch nicht gegen höherrangiges Recht. Soweit die Bereitschaftsdienst-Ordnung den Bereitschaftsdienst der Vertragsärzte regelt hat sie ihre gesetzliche Grundlage in § 79 Abs. 3 Nr. 1, § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 in Verbindung mit § 75 Abs. 1 SGB V. Aus dem Zulassungsstatus als Vertragsarzt folgt die Verpflichtung des Vertragsarztes für die der Kassenärztlichen Vereinigung nach § 75 Abs. 1 SGB V obliegende Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung in zeitlicher Hinsicht umfassend zur Verfügung zu stehen (dazu und zum Folgenden BSG 6.2.2008 - B 6 KA 13/06 R, juris Rn. 13 ff.; BSG 6.9.2006 - B 6 KA 43/05 R, juris Rn. 10 ff. jeweils m.w.N.). Der einzelne Arzt wird durch den organisierten Bereitschaftsdienst von seiner andernfalls bestehenden Verpflichtung zur Dienstbereitschaft rund um die Uhr entlastet. Als Gegenleistung hierfür muss jeder Vertragsarzt den Bereitschaftsdienst als gemeinsame Aufgabe aller Ärzte gleichwertig mittragen. Unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgebots kommt eine Befreiung vom Bereitschaftsdienst nur in Betracht, wenn gesundheitliche oder vergleichbare Belastungen zu einer deutlichen Einschränkung der Pra-xistätigkeit des Arztes führen und ihm zudem aufgrund geringer Einkünfte aus der ärztlichen Tätigkeit nicht mehr zuzumuten ist, den Notfalldienst auf eigene Kosten durch einen Vertreter wahrnehmen zu lassen. Die Bereitschaftsdienst-Ordnung der Beklagten, insbesondere deren § 10 Abs. 2 trägt diesen gesetzlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben ausreichend Rechnung.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Rechtskraft
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