L 5 R 3/05 KN

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 6 KN 533/01
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 3/05 KN
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 KN 1/07 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 25. November 2003 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die bei Berechnung der Altersrente des Klägers zu berücksichtigenden rentenrechtlichen Zeiten.

Der in B./Kreis K. (0., jetzt P.) geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und im Besitz des Ausweises für Flüchtlinge und Vertriebene "A". Er legte im Herkunftsgebiet die folgenden (rentenrechtlichen) Zeiten zurück:

27.11.1955 bis 12.06.1958 Fachschulbesuch
01.09.1958 bis 27.04.1959 Elektromechaniker
02.05.1959 bis 01.10.1960 streitig
02.10.1960 bis 30.09.1965 Hochschulbesuch
01.07.1966 bis 26.05.1982 Tätigkeit im Bergbau
27.05.1982 bis 26.11.1982 arbeitsunfähig
27.11.1982 bis 14.11.1983 Rentenbezug in P.

Der Kläger übersiedelte am 15. November 1983 in die Bundesrepublik Deutschland und beantragte hier am 6. Februar 1984 die Gewährung von Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit. Hinsichtlich der Zeit vom 2. Mai 1959 bis zum 1. Oktober 1960 gab er in einem ihm übersandten Fragebogen "Unterlagen und Angaben zu polnischen Militärdienstzeiten" vom 26. Juli 1984 in polnischer Sprache an, dass er in diesem Zeitraum Militärdienst geleistet habe.

Die Beklagte bewilligte dem Kläger durch in der Sache bindend gewordenen Bescheid vom 19. Dezember 1984 unter Zugrundelegung eines am 15. November 1983 eingetretenen Versicherungsfalls die Gewährung von Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit in gesetzlicher Höhe. Die vom Kläger in P. zurückgelegten Beschäftigungszeiten wurden dabei nach Maßgabe des deutsch- polnischen Rentenabkommens vom 9. Oktober 1975 (DPRA 1975) in die bundesdeutsche gesetzliche Rentenversicherung übernommen. Die Zeit vom 2. Mai 1959 bis zum 1. Oktober 1960 wurde entsprechend den Angaben des Klägers als polnische Militärdienstzeit berücksichtigt. Durch in der Sache bindend gewordenen Bescheid der Beklagten vom 6. Juli 1988 wurde die Rente des Klägers sodann unter Zugrundelegung eines am 8. November 1985 eingetretenen Versicherungsfalls in eine Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer umgewandelt. Die in P. zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten des Klägers wurden dabei wie im vorangehenden Rentenbescheid berücksichtigt.

Am 1. September 1999 stellte der Kläger den hier maßgeblichen Antrag auf Altersrente wegen Vollendung des 60. Lebensjahres. Die Beklagte bewilligte ihm daraufhin durch Bescheid vom 14. Dezember 1999 unter Zugrundelegung eines am 31. Dezember 1999 eingetretenen Leistungsfalls für die Zeit ab 1. Januar 2000 die Gewährung einer Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige. Die in P. zurückgelegten Beitragszeiten des Klägers wurden dabei wiederum nach dem DPRA 1975 berücksichtigt. Die Zeit der Fachschulausbildung wurde erst ab Vollendung des 17. Lebensjahres, d.h. ab 27. November 1956 angerechnet. Bezüglich des zuvor bereits anerkannten Wehrdienstes wurden nunmehr Pflichtbeiträge berücksichtigt. Die Zeit der Hochschulausbildung des Klägers wurde begrenzt auf eine Höchstdauer von drei Jahren berücksichtigt. Hinsichtlich des Jahres 1999 wurde das in einer Entgeltvorausbescheinigung des Arbeitgebers vom 12. Oktober 1999 bescheinigte Entgelt zugrunde gelegt.

Der Kläger erhob am 10. Januar 2000 Widerspruch und machte geltend, dass die ihm nunmehr bewilligte Altersrente lediglich um 12,5% höher als die vorherige Berufsunfähigkeitsrente sei. Nach dem Rentengesetz müsse die Altersrente hingegen um 50% höher sein. Der Kläger beanstandete, dass bei der Rentenberechnung verschiedene rentenrechtliche Zeiten unzutreffend berücksichtigt worden seien.

Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2001 zurück und legte im Einzelnen dar, aus welchen Gründen die von dem Kläger beanstandeten Zeiten bei der Rentenberechnung wie geschehen berücksichtigt worden seien.

Der Kläger erhob daraufhin am 16. März 2001 Klage bei dem Sozialgericht Gießen und verfolgte sein Begehren weiter. Die Beklagte berief sich auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 25. November 2003 mit der Begründung abgewiesen, dass die Altersrente des Klägers zutreffend berechnet worden sei. Während die durch Bescheid vom 6. Juli 1988 bewilligte Berufsunfähigkeitsrente nach den seinerzeit geltenden Vorschriften berechnet worden sei, habe die nunmehr gewährte Altersrente nach dem neuen Rentenrecht berechnet werden müssen. Zwischenzeitlich hätten sich allerdings - unter anderem durch die Rentenreform 1992 - wesentliche Veränderungen ergeben, so dass hinsichtlich der Höhe beider Renten kein direkter Vergleich möglich sei.

Gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) seien Zeiten der Fachschulausbildung und Hochschulausbildung nur noch nach vollendetem 17. Lebensjahr und höchstens für einen Zeitraum von insgesamt bis zu acht Jahren anzurechnen. Die Beklagte habe angesichts dessen zu Recht bei der Berechnung der Altersrente in den angefochtenen Bescheiden die Fachschulausbildung des Klägers erst für die Zeit vom 27. November 1956 an und die Hochschulausbildung des Klägers lediglich für die Zeit bis zum 31. Dezember 1962 berücksichtigt.

Auch die seitens der Beklagten hinsichtlich der Zeit vom 2. Mai 1959 bis zum 1. Oktober 1960 vorgenommene Zuordnung sei nicht zu beanstanden. Der Kläger sei im Rahmen des polnischen Wehrdienstes als Arbeiter unter Tage beziehungsweise als Kesselschlosser über Tage tätig gewesen. Das ergebe sich aus dem Abkehrschein des Steinkohlebergwerks D. und aus der entsprechenden Bestätigung des polnischen Versicherungsträgers. Der Zeitraum vom 2. Mai 1959 bis zum 1. Oktober 1960 sei von der Beklagten zutreffend als Beitragszeit während des Wehrdienstes berücksichtigt worden.

Schließlich habe die Beklagte auch das Weihnachts- und Urlaubsgeld des Klägers aus dem Jahre 1999 bei der Rentenberechnung zu Recht nicht berücksichtigt. Die Rente des Klägers sei aufgrund des durch den Arbeitgeber des Klägers in der Entgeltvorausbescheinigung vom 12. Oktober 1999 für die Zeit vom 1. Oktober 1999 bis zum 31. Dezember 1999 ausgewiesenen vorläufigen Arbeitsentgelts berechnet worden. Hiermit habe der Kläger sich anlässlich der Rentenantragstellung ausdrücklich schriftlich einverstanden erklärt.

Der Kläger hat gegen das ihm am 9. Dezember 2003 zugestellte Urteil des Sozialgerichts am 8. Januar 2004 Berufung eingelegt. Er wiederholt sein bisheriges Vorbringen.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 25. November 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 14. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2001 zu verurteilen, die Zeit vom 27. November 1955 bis zum 26. November 1956 und die Zeit vom 1. Januar 1963 bis zum 30. September 1965 als Anrechnungszeit wegen Ausbildung sowie die Zeit vom 2. Mai 1959 bis zum 1. Oktober 1960 komplett als knappschaftliche Beitragszeit anzuerkennen und die ihm für die Zeit ab 1. Januar 2000 bewilligte Altersrente auf dieser Grundlage sowie unter Berücksichtigung des im Jahre 1999 insgesamt erzielten tatsächlichen Arbeitsentgelts zu berechnen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie sieht sich in ihrer Auffassung durch das erstinstanzliche Urteil bestätigt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstands im Übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der den Kläger betreffenden Rentenakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

Das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 25. November 2003 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 14. Dezember 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 2001 ist zu Recht ergangen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf, dass bei der Berechnung seiner Altersrente weitere bzw. andere rentenrechtliche Zeiten berücksichtigt werden. Wie sich aus § 63 SGB VI ergibt, richtet sich die Höhe der dem Kläger zu gewährenden Altersrente unter anderem nach den von ihm zurückgelegten rentenrechtlichen Zeiten. Gemäß § 54 Abs. 1 SGB VI sind rentenrechtliche Zeiten

1. Beitragszeiten,
2. beitragsfreie Zeiten und
3. Berücksichtigungszeiten.

Beitragszeiten sind der Vorschrift des § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB VI zufolge Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Beitragsfreie Zeiten sind nach der Begriffsbestimmung des § 54 Abs. 4 5GB VI Kalendermonate, die mit Anrechnungszeiten, mit einer Zurechnungszeit oder mit Ersatzzeiten belegt sind, wenn für sie nicht auch Beiträge gezahlt worden sind. Anrechnungszeiten sind gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI unter anderem Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung), insgesamt jedoch höchstens bis zu acht Jahren.

Wie bereits das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, sind die vom Kläger zurückgelegten Zeiten einer schulischen Ausbildung in den angefochtenen Bescheiden genau nach Maßgabe dieser gesetzlichen Bestimmungen berücksichtigt worden. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass in seinem Falle über die zum allein maßgeblichen Zeitpunkt des Rentenbeginns am 1. Januar 2000 geltenden gesetzlichen Bestimmungen hinausgehend auch bereits Ausbildungszeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres oder aber über die Höchstdauer von acht Jahren hinausgehend berücksichtigt werden.

Der Kläger beanstandet im Übrigen auch zu Unrecht, dass die Zeit vom 2. Mai 1959 bis zum 1. Oktober 1960 nicht in der richtigen Weise berücksichtigt worden sei. Das Sozialgericht hat insoweit zunächst zu Recht darauf hingewiesen, dass der betreffende Zeitraum nunmehr gemäß § 15 Abs. 3 Satz 2 Fremdrentengesetz (FRG) in der ab 1. Januar 1992 maßgeblichen Fassung vom 18. Dezember 1989 bei Berechnung der Altersrente des Klägers als Beitragszeit während des Wehrdienstes anerkannt worden ist.

Die Berücksichtung des Wehrdienstes entspricht den vom Kläger bereits anlässlich der erstmaligen Rentenantragstellung im Jahre 1984 auf die Anfrage der Beklagten vom 26. Juli 1984 (vgl. Bl. 53 Rückseite Rentenakten) zur Dauer seines militärischen Dienstes zeitnah gemachten Angaben. In der Arbeitsbescheinigung der Energie-, Mess- und Versuchsbetriebe "E." vom 3. Oktober 1983 (Bl. 19/20 Rentenakten) und auch in dem seinerzeit ausgestellten Arbeitszeugnis vom 3. Oktober 1983 (Bl. 21 Rentenakten) heißt es in diesem Sinne ausdrücklich, dass der Kläger "im Rahmen der Wehrdienstableistung" zur D. hinübergewechselt sei. Der Zeitraum vom 2. Mai 1959 bis zum 1. Oktober 1960 ist im Übrigen auch in den nachfolgenden Rentenbescheiden vom 19. Dezember 1984 (Bl. 83 Rentenakten), vom 22. April 1987 (Bl. 256 Rentenakten) sowie vom 6. Juli 1988 (Bl. 483 Rentenakten) durchgängig als "militärischer Dienst" berücksichtigt worden, ohne dass der Kläger insoweit zu irgendeinem Zeitpunkt die Unrichtigkeit dieser Zuordnung beanstandet hätte.

Soweit der Kläger sich dagegen wendet, dass der betreffende Zeitraum nicht komplett als knappschaftliche Beitragszeit Berücksichtigung gefunden hat, muss er sich entgegen halten lassen, dass die Beklagte bei der Zuordnung dieses Zeitraums genau den Angaben im Abkehrschein der D. S. vom 4. Oktober 1983 (Bl. 22/23 Rentenakten) gefolgt ist, in welchem bescheinigt wird, dass der Kläger lediglich vom 2. Mai 1959 bis zum 31. August 1959 als Untertagearbeiter und nachfolgend vom 1.September 1959 bis zum 1. Oktober 1960 als Kesselschlosser über Tage tätig gewesen ist. Dies ist in der Auskunft des polnischen Sozialversicherungsträgers (ZUS) vom 5. September 1984 (Bl. 61/62 Rentenakten) nochmals ausdrücklich bestätigt worden.

Schließlich beanstandet der Kläger auch zu Unrecht, das der Rentenberechnung in den angefochtenen Bescheiden hinsichtlich des Jahres 1999 lediglich das in der Entgeltvorausbescheinigung seines letzten Arbeitgebers vom 12. Oktober 1999 (Bl. 723 Rentenakten) ausgewiesene vorläufige Arbeitsentgelt zu Grunde gelegt worden ist. Die betreffende Entgeltvorausbescheinigung enthält die folgende Erklärung des Versicherten:

"Ich bin damit einverstanden, dass der zuständige Rentenversicherungsträger das vorläufig bescheinigte Arbeitsentgelt der Rentenberechnung zugrunde legt."

Diese Erklärung hat der Kläger unter dem 15. Oktober 1999 eigenhändig unterschrieben. Er kann sich auch nicht darauf berufen, dass er insoweit seitens der Beklagten hinsichtlich der Auswirkungen auf die Rentenberechnung nicht ausreichend beraten worden sei, denn das Formular für die Entgeltvorausbescheinigung enthält auf der Rückseite unter anderem die folgenden unmissverständlichen "Hinweise für den Versicherten":

"Der Arbeitgeber hat auf Verlangen des Versicherten die Entgeltbescheinigung für die Zeit bis zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses bis zu drei Monate im Voraus auszustellen ... Dadurch kann die Rente schon vor dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses berechnet werden. Ein tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt, das von dem vorausbescheinigten Arbeitsentgelt abweicht, ist allerdings erst bei einer später zu zahlenden Rente (z.B. Hinterbliebenenrente) zu berücksichtigen."

Die Beklagte hat angesichts dessen die Altersrente des Klägers genau entsprechend den von ihm selbst gewünschten Modalitäten berechnet.

Die Berufung des Klägers konnte daher im Ergebnis keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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