Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 9 U 5154/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 4268/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 14. August 2009 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Anerkennung von Rückenbeschwerden als Folgen des Arbeitsunfalls vom 29. Oktober 1980.
Der 1951 geborene Kläger stürzte am 29. Oktober 1980 beim Beladen eines Lkw von der Ladefläche aus einer Höhe von ca. 1,5 m auf den Boden. Er fiel direkt auf den Rücken.
Mit Schreiben vom 9. September 2005 machte die Krankenkasse des Klägers gegenüber der Beklagten deshalb einen Erstattungsanspruch wegen der Kosten der Krankenbehandlung seiner Rückenbeschwerden geltend.
Mit Schreiben vom 7. Dezember 2005 erläuterte der Kläger gegenüber der Beklagten ausführlich das damalige Geschehen, insbesondere auch den Sturzverlauf.
Die Beklagte nahm daraufhin Ermittlungen zum ehemaligen Beschäftigungsbetrieb, zu Unterlagen aus der damaligen Zeit (Meldung eines Arbeitsunfalls etc.) auf und zog das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse bei. Auf Anfrage der Beklagten teilte der behandelnde Chirurg und Durchgangsarzt Dr. D. mit, er habe Kenntnis nur von einem Unfall 1994, 1980 sei er noch nicht niedergelassen gewesen. Er fügte seinen Durchgangsarztbericht vom 19. August 1994 bei. Darin ist ausgeführt, dass der Kläger wohl einen Unfall mit Lendenwirbelsäulenverletzung 1980 erwähnte; die röntgenologische Untersuchung der Wirbelsäule habe jedoch keinen Anhalt für eine frische knöcherne Verletzung ergeben. Es habe sich jedoch unfallunabhängig wohl ein Zustand nach einem alten Vorderkantenabriss im Bereich LWK 3 (knöchern verheilt) gezeigt. Degenerative Zeichen bestünden nicht. Dr. K. berichtete, er behandle den Kläger erst seit 1995 und habe keine Kenntnis von einem Unfall 1980, allerdings einen Aktenvermerk seines Vorgängers (beigefügt Arztbrief des Dr. H. vom 6. Juli 1981: Nach dem Röntgenbild sei u.a. die Halslordose gut ausgeprägt, lediglich in Höhe C 3/4 bestehe ein leicht kyphotischer Knick, keine Wirbeldislokation). Beigezogen wurden auch der Entlassungsbericht aus der Rehabilitation im November 2005 sowie Röntgenaufnahmen ab 1994, die dem Beratungsarzt vorgelegt wurden.
Mit Bescheid vom 18. Mai 2006 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls ab, da eine rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nicht gegeben sei.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch unter Hinweis auf ständige Schmerzen. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 2006 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 18. Oktober 2006 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Dr. B., Facharzt für Orthopädie, vom 17. Mai 2007 eingeholt. Als Befunde hat dieser aufgeführt etwa altersentsprechende degenerative Veränderungen in Form einer mäßigen Osteochondrose mit reaktiver Spondylose, am deutlichsten im Bewegungssegment L 2/3 ohne Nachweis von Nervenwurzelirritationen. Er hat weiter dargestellt, dass sich die objektiven Befunde und die geäußerten Klagen nicht deckten und ergänzt, dass, ganz gleich, welcher Sturzverlauf zugrunde gelegt werde (gegenüber Dr. B. hat der Kläger angegeben, er sei aus 4 m Höhe direkt auf das Gesäß gestürzt), eine knöcherne Veränderung nicht festzustellen sei. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 30. Juli 2007 auf Einwände des Klägers hat Dr. B. erläutert, dass der einzige objektivierbare Befund, der hypothetisch mit einem Sturz aus größerer Höhe in Zusammenhang gebracht werden könne, die Vorderkantenveränderung am 3. Lendenwirbelkörper betreffe, die im D-Bericht vom 19. August 1994 als "alter Vorderkantenabriss" gedeutet worden sei. Die aktuellen Bilder hätten im betreffenden Bewegungssegment jedoch nur ventral und rechts lateral grob angewulstete Grund- und Deckplatten im Sinne degenerativer spondylotischer Veränderungen gezeigt. Eindeutige posttraumatische Residuen seien röntgenologisch nicht gesichert. Selbst wenn also ein Vorderkantenabriss unterstellt werde, sei dieser spätestens nach 6 - 8 Wochen ausgeheilt. Das vom Kläger demonstrierte Beschwerdebild könne daraus nicht abgeleitet werden.
Mit Gerichtsbescheid vom 14. August 2009 hat das SG die Klage abgewiesen, gestützt auf das Gutachten von Dr. B. sowie dessen ergänzende gutachterliche Stellungnahme.
Dagegen hat der Kläger am 16. September 2009 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, er sei vor dem Unfall beschwerdefrei gewesen, der Arztbrief von 1981 spreche von einem "kyphotischen Knick", darüber hinaus sei er aus 4 m Höhe gestürzt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 14. August 2009 sowie den Bescheid vom 18. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. September 2006 aufzuheben und festzustellen, dass es bei ihm durch den Arbeitsunfall vom 29. Oktober 1980 zu einer strukturellen Veränderung der Lendenwirbelsäule mit anhaltenden und derzeit behandlungsbedürftigen Beschwerden gekommen sei und die Beklagte zu verurteilen, wegen der Folgen des Arbeitsunfalls eine Rente nach einer MdE um mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
und verweist zur Begründung im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.
Die Berichterstatterin des Verfahrens hat am 12. Januar 2010 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Feststellung seiner Rückenbeschwerden als behandlungsbedürftige Unfallfolgen noch auf die Gewährung einer Verletztenrente. Die insoweit erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 Satz 1, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) hat das SG daher zu Recht als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht nicht mit der gebotenen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit fest, dass sich der Kläger durch den Unfall vom 29. Oktober 1980 überhaupt Verletzungen im Bereich des Rückens zugezogen hat, die als Unfallfolgen anzuerkennen sind und ihn derzeit rentenrelevant in seiner Leistungsfähigkeit limitieren.
Es fehlt bereits an objektivierbaren Erkrankungen im Bereich des Rückens, die als Ursache der vorgebrachten Beschwerden festgestellt werden können. Dr. B. hat in seinem Gutachten und der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme schlüssig und anhand der erhobenen Befunde nachvollziehbar ausgeführt, dass beim Kläger allenfalls altersentsprechende degenerative Veränderungen vorliegen, aber keinerlei Hinweise auf traumatische Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule gegeben sind. Die von Dr. B. erhobenen Befunde entsprechen im Übrigen auch denjenigen, die während der Rehabilitationsmaßnahme erhoben bzw. im Entlassungsbericht als Vorbefunde mitgeteilt worden sind. Deshalb konnte offen bleiben, ob der Kläger, wie er zunächst im Dezember 2005 ausführlich der Beklagten geschildert hat, aus einer Höhe von lediglich 1,5 m oder, wie er jedenfalls seit der Begutachtung durch Dr. B., auch noch im Berufungsverfahren, vorträgt, aus 4 m Höhe von der Lkw-Ladefläche gestürzt ist. Ebenso unerheblich ist die Frage, ob er flach auf den Rücken (so seine ersten Schilderungen) oder auf das Gesäß (so der Vortrag gegenüber Dr. B.) gestürzt ist. Selbst wenn man aber davon ausgehen wollte, dass sich der Kläger bei dem angeschuldigten Sturz tatsächlich eine jetzt in Röntgenaufnahmen nicht mehr erkennbare Vorderkantenabsprengung zugezogen hat, wäre diese nach 6 - 8 Wochen folgenlos verheilt gewesen und könnte jetzt die geklagten Beschwerden ebenfalls nicht erklären. Gegen eine schwerwiegende Verletzung spricht im Übrigen auch der Umstand, dass der Kläger 8 Tage nach dem Unfall die Arbeit wieder aufgenommen hat und erst 6 Monate später wegen einer Lumbalgie wieder für 4 Tage arbeitsunfähig war. Deshalb ist nur ergänzend mit Dr. B. darauf hinzuweisen, dass bei einem Sturz direkt auf den Rücken, wie es der Kläger gegenüber der Beklagten dargestellt hat, bereits nach dem Unfallmechanismus eine knöcherne Verletzung der Wirbelsäule unwahrscheinlich ist.
Der Vortrag, vor dem Unfall beschwerdefrei gewesen zu sein und seitdem dauerhaft unter Schmerzen zu leiden, vermag eine abweichende Beurteilung nicht zu stützen. Allein dieser - für wahr unterstellte - zeitliche Ablauf liefert noch keinen Nachweis der Ursächlichkeit des angeschuldigten Geschehens für die geklagten Einschränkungen. Dem Vorerkrankungsverzeichnis können darüber hinaus für 1981 lediglich zwei Behandlungen (Dr. A. und Dr. H.) im Bereich der Wirbelsäule entnommen werden, in der beide als Diagnosen eine Lumbalgie bzw. Kypho-Skoliose festgestellt haben. Während es sich bei einer Kyphoskoliose um eine angeborene Buckelbildung handelt (und damit eine traumatische Ursache ausscheidet), handelt es sich bei einer Lumbalgie um einen unspezifischen Befund. Darüber hinaus findet sich im Vorerkrankungsverzeichnis zwischen 1995 und 2002 und zwischen 2002 und 2005 eine deutliche Lücke in den dokumentierten Behandlungen, was ebenfalls gegen den vom Kläger geltend gemachten Dauerschmerz spricht. Soweit der Kläger zuletzt vorbringt, er habe gleichwohl dauerhaft unter Schmerzen gelitten, nur hätten dies die Ärzte offenbar nicht dokumentiert, wertet das Gericht dieses Vorbringen als Schutzbehauptung, die durch nichts belegt ist. Denn gerade der behandelnde Arzt Dr. K. hat nur relevante Befundberichte aus 1995, 2002 und 2005 vorlegen können, die belegen, dass in den Zwischenzeiten insoweit keine ärztlichen Konsultationen bzw. Behandlungen stattgefunden haben.
Da es schon am Nachweis unfallbedingter Erkrankungen fehlt, konnte die Frage offen bleiben, ob anhand der objektivierbaren Veränderungen überhaupt eine Rentengewährung in Betracht gekommen wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Im Streit steht die Anerkennung von Rückenbeschwerden als Folgen des Arbeitsunfalls vom 29. Oktober 1980.
Der 1951 geborene Kläger stürzte am 29. Oktober 1980 beim Beladen eines Lkw von der Ladefläche aus einer Höhe von ca. 1,5 m auf den Boden. Er fiel direkt auf den Rücken.
Mit Schreiben vom 9. September 2005 machte die Krankenkasse des Klägers gegenüber der Beklagten deshalb einen Erstattungsanspruch wegen der Kosten der Krankenbehandlung seiner Rückenbeschwerden geltend.
Mit Schreiben vom 7. Dezember 2005 erläuterte der Kläger gegenüber der Beklagten ausführlich das damalige Geschehen, insbesondere auch den Sturzverlauf.
Die Beklagte nahm daraufhin Ermittlungen zum ehemaligen Beschäftigungsbetrieb, zu Unterlagen aus der damaligen Zeit (Meldung eines Arbeitsunfalls etc.) auf und zog das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse bei. Auf Anfrage der Beklagten teilte der behandelnde Chirurg und Durchgangsarzt Dr. D. mit, er habe Kenntnis nur von einem Unfall 1994, 1980 sei er noch nicht niedergelassen gewesen. Er fügte seinen Durchgangsarztbericht vom 19. August 1994 bei. Darin ist ausgeführt, dass der Kläger wohl einen Unfall mit Lendenwirbelsäulenverletzung 1980 erwähnte; die röntgenologische Untersuchung der Wirbelsäule habe jedoch keinen Anhalt für eine frische knöcherne Verletzung ergeben. Es habe sich jedoch unfallunabhängig wohl ein Zustand nach einem alten Vorderkantenabriss im Bereich LWK 3 (knöchern verheilt) gezeigt. Degenerative Zeichen bestünden nicht. Dr. K. berichtete, er behandle den Kläger erst seit 1995 und habe keine Kenntnis von einem Unfall 1980, allerdings einen Aktenvermerk seines Vorgängers (beigefügt Arztbrief des Dr. H. vom 6. Juli 1981: Nach dem Röntgenbild sei u.a. die Halslordose gut ausgeprägt, lediglich in Höhe C 3/4 bestehe ein leicht kyphotischer Knick, keine Wirbeldislokation). Beigezogen wurden auch der Entlassungsbericht aus der Rehabilitation im November 2005 sowie Röntgenaufnahmen ab 1994, die dem Beratungsarzt vorgelegt wurden.
Mit Bescheid vom 18. Mai 2006 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalls ab, da eine rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nicht gegeben sei.
Dagegen erhob der Kläger Widerspruch unter Hinweis auf ständige Schmerzen. Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 2006 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 18. Oktober 2006 Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat das SG nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Dr. B., Facharzt für Orthopädie, vom 17. Mai 2007 eingeholt. Als Befunde hat dieser aufgeführt etwa altersentsprechende degenerative Veränderungen in Form einer mäßigen Osteochondrose mit reaktiver Spondylose, am deutlichsten im Bewegungssegment L 2/3 ohne Nachweis von Nervenwurzelirritationen. Er hat weiter dargestellt, dass sich die objektiven Befunde und die geäußerten Klagen nicht deckten und ergänzt, dass, ganz gleich, welcher Sturzverlauf zugrunde gelegt werde (gegenüber Dr. B. hat der Kläger angegeben, er sei aus 4 m Höhe direkt auf das Gesäß gestürzt), eine knöcherne Veränderung nicht festzustellen sei. In seiner ergänzenden Stellungnahme vom 30. Juli 2007 auf Einwände des Klägers hat Dr. B. erläutert, dass der einzige objektivierbare Befund, der hypothetisch mit einem Sturz aus größerer Höhe in Zusammenhang gebracht werden könne, die Vorderkantenveränderung am 3. Lendenwirbelkörper betreffe, die im D-Bericht vom 19. August 1994 als "alter Vorderkantenabriss" gedeutet worden sei. Die aktuellen Bilder hätten im betreffenden Bewegungssegment jedoch nur ventral und rechts lateral grob angewulstete Grund- und Deckplatten im Sinne degenerativer spondylotischer Veränderungen gezeigt. Eindeutige posttraumatische Residuen seien röntgenologisch nicht gesichert. Selbst wenn also ein Vorderkantenabriss unterstellt werde, sei dieser spätestens nach 6 - 8 Wochen ausgeheilt. Das vom Kläger demonstrierte Beschwerdebild könne daraus nicht abgeleitet werden.
Mit Gerichtsbescheid vom 14. August 2009 hat das SG die Klage abgewiesen, gestützt auf das Gutachten von Dr. B. sowie dessen ergänzende gutachterliche Stellungnahme.
Dagegen hat der Kläger am 16. September 2009 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, er sei vor dem Unfall beschwerdefrei gewesen, der Arztbrief von 1981 spreche von einem "kyphotischen Knick", darüber hinaus sei er aus 4 m Höhe gestürzt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 14. August 2009 sowie den Bescheid vom 18. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. September 2006 aufzuheben und festzustellen, dass es bei ihm durch den Arbeitsunfall vom 29. Oktober 1980 zu einer strukturellen Veränderung der Lendenwirbelsäule mit anhaltenden und derzeit behandlungsbedürftigen Beschwerden gekommen sei und die Beklagte zu verurteilen, wegen der Folgen des Arbeitsunfalls eine Rente nach einer MdE um mindestens 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
und verweist zur Begründung im Wesentlichen auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidungen.
Die Berichterstatterin des Verfahrens hat am 12. Januar 2010 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage durchgeführt. Auf die Sitzungsniederschrift wird verwiesen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG auch im Übrigen zulässige Berufung, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist unbegründet. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Feststellung seiner Rückenbeschwerden als behandlungsbedürftige Unfallfolgen noch auf die Gewährung einer Verletztenrente. Die insoweit erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 Satz 1, 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG) hat das SG daher zu Recht als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII).
Als Folge eines Unfalls sind Gesundheitsstörungen nur zu berücksichtigen, wenn das Unfallereignis wie auch das Vorliegen der konkreten Beeinträchtigung bzw. Gesundheitsstörung jeweils bewiesen und die Beeinträchtigung mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen ist. Für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und dem Unfall einerseits (haftungsbegründende Kausalität) und zwischen der hierbei eingetretenen Schädigung und der Gesundheitsstörung andererseits (haftungsausfüllende Kausalität) erforderlich. Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG, Urt. v. 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Hinreichende Wahrscheinlichkeit bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Umständen ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (BSGE 45, 285, 286). Kommen mehrere Ursachen in Betracht, so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSGE 63, 277, 278). Lässt sich ein Zusammenhang nicht wahrscheinlich machen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten (vgl. BSGE 6, 70, 72; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 11 S. 33).
Nach Maßgabe dieser Grundsätze steht nicht mit der gebotenen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit fest, dass sich der Kläger durch den Unfall vom 29. Oktober 1980 überhaupt Verletzungen im Bereich des Rückens zugezogen hat, die als Unfallfolgen anzuerkennen sind und ihn derzeit rentenrelevant in seiner Leistungsfähigkeit limitieren.
Es fehlt bereits an objektivierbaren Erkrankungen im Bereich des Rückens, die als Ursache der vorgebrachten Beschwerden festgestellt werden können. Dr. B. hat in seinem Gutachten und der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme schlüssig und anhand der erhobenen Befunde nachvollziehbar ausgeführt, dass beim Kläger allenfalls altersentsprechende degenerative Veränderungen vorliegen, aber keinerlei Hinweise auf traumatische Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule gegeben sind. Die von Dr. B. erhobenen Befunde entsprechen im Übrigen auch denjenigen, die während der Rehabilitationsmaßnahme erhoben bzw. im Entlassungsbericht als Vorbefunde mitgeteilt worden sind. Deshalb konnte offen bleiben, ob der Kläger, wie er zunächst im Dezember 2005 ausführlich der Beklagten geschildert hat, aus einer Höhe von lediglich 1,5 m oder, wie er jedenfalls seit der Begutachtung durch Dr. B., auch noch im Berufungsverfahren, vorträgt, aus 4 m Höhe von der Lkw-Ladefläche gestürzt ist. Ebenso unerheblich ist die Frage, ob er flach auf den Rücken (so seine ersten Schilderungen) oder auf das Gesäß (so der Vortrag gegenüber Dr. B.) gestürzt ist. Selbst wenn man aber davon ausgehen wollte, dass sich der Kläger bei dem angeschuldigten Sturz tatsächlich eine jetzt in Röntgenaufnahmen nicht mehr erkennbare Vorderkantenabsprengung zugezogen hat, wäre diese nach 6 - 8 Wochen folgenlos verheilt gewesen und könnte jetzt die geklagten Beschwerden ebenfalls nicht erklären. Gegen eine schwerwiegende Verletzung spricht im Übrigen auch der Umstand, dass der Kläger 8 Tage nach dem Unfall die Arbeit wieder aufgenommen hat und erst 6 Monate später wegen einer Lumbalgie wieder für 4 Tage arbeitsunfähig war. Deshalb ist nur ergänzend mit Dr. B. darauf hinzuweisen, dass bei einem Sturz direkt auf den Rücken, wie es der Kläger gegenüber der Beklagten dargestellt hat, bereits nach dem Unfallmechanismus eine knöcherne Verletzung der Wirbelsäule unwahrscheinlich ist.
Der Vortrag, vor dem Unfall beschwerdefrei gewesen zu sein und seitdem dauerhaft unter Schmerzen zu leiden, vermag eine abweichende Beurteilung nicht zu stützen. Allein dieser - für wahr unterstellte - zeitliche Ablauf liefert noch keinen Nachweis der Ursächlichkeit des angeschuldigten Geschehens für die geklagten Einschränkungen. Dem Vorerkrankungsverzeichnis können darüber hinaus für 1981 lediglich zwei Behandlungen (Dr. A. und Dr. H.) im Bereich der Wirbelsäule entnommen werden, in der beide als Diagnosen eine Lumbalgie bzw. Kypho-Skoliose festgestellt haben. Während es sich bei einer Kyphoskoliose um eine angeborene Buckelbildung handelt (und damit eine traumatische Ursache ausscheidet), handelt es sich bei einer Lumbalgie um einen unspezifischen Befund. Darüber hinaus findet sich im Vorerkrankungsverzeichnis zwischen 1995 und 2002 und zwischen 2002 und 2005 eine deutliche Lücke in den dokumentierten Behandlungen, was ebenfalls gegen den vom Kläger geltend gemachten Dauerschmerz spricht. Soweit der Kläger zuletzt vorbringt, er habe gleichwohl dauerhaft unter Schmerzen gelitten, nur hätten dies die Ärzte offenbar nicht dokumentiert, wertet das Gericht dieses Vorbringen als Schutzbehauptung, die durch nichts belegt ist. Denn gerade der behandelnde Arzt Dr. K. hat nur relevante Befundberichte aus 1995, 2002 und 2005 vorlegen können, die belegen, dass in den Zwischenzeiten insoweit keine ärztlichen Konsultationen bzw. Behandlungen stattgefunden haben.
Da es schon am Nachweis unfallbedingter Erkrankungen fehlt, konnte die Frage offen bleiben, ob anhand der objektivierbaren Veränderungen überhaupt eine Rentengewährung in Betracht gekommen wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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