Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 3441/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 292/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. November 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle einer ihm bereits gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der am 1950 geborene Kläger war im erlernten Beruf als Maurer bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 3. November 2005 versicherungspflichtig beschäftigt. Er beantragte am 5. Dezember 2005 wegen Rückenschmerzen zunächst medizinische Rehabilitationsmaßnahmen. Daraufhin wurde vom 23. Februar bis zum 16. März 2006 eine Rehabilitationsmaßnahme in der Reha-Klinik Donaueschingen durchgeführt. Nach dem Reha-Entlassungsbericht vom 17. März 2006 wurden als Diagnose ein Halswirbelsäulen-, Brustwirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulen-Syndrom bei degenerativen Wirbelsäulen-Veränderungen und Morbus Forestier, eine Hypertonie und Hypercholesterinämie sowie ein schädlicher Gebrauch von Alkohol und ein Nikotinabusus festgestellt. Seine letzte berufliche Tätigkeit als Maurer könne er nur noch in einem Umfang von weniger als drei Stunden täglich ausüben. Im Übrigen könne er leichte Tätigkeiten unter Beachtung von Einschränkungen im Bewegungs- bzw. Haltungsapparat täglich sechs Stunden und mehr verrichten. Mit Schreiben vom 21. März 2006 leitete die IKK Baden-Württemberg und Hessen den Antrag auf Rehabilitationsmaßnahmen an die Beklagte mit der Begründung weiter, dass der Antrag in einen Rentenantrag umzudeuten sei, da Erwerbsminderung vorliege.
Auf der Grundlage einer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 7. April 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 17. Mai 2006 für die Zeit ab dem 1. Dezember 2005 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, da er berufsunfähig sei. Hiergegen legte der Kläger am 6. Juni 2006 mit der Begründung Widerspruch ein, dass er keine Tätigkeit mehr über drei Stunden täglich ausüben könne. Er könne nicht einmal mehr eine Getränkekiste tragen. An manchen Tagen schaffe er es nicht einmal ohne die Hilfe seiner Frau aus dem Bett, da er in seinen Bewegungen eingeschränkt sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, dass er nach den vorliegenden Unterlagen nach Auffassung des Sozialmedizinischen Dienstes leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Wechselschicht, ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule und ohne Rotationsbelastungen des Schultergürtels mindestens sechs Stunden täglich ausüben könne. Ob er einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz innehabe bzw. ob ihm von der Agentur für Arbeit ein entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden könne, sei - solange er noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne - für einen Rentenanspruch nicht ausschlaggebend. Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehe daher nicht.
Hiergegen hat der Kläger am 21. Juli 2006 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) mit der Begründung Klage erhoben, dass er nach 40 Jahren Berufstätigkeit als Maurer jetzt einfach derart abgearbeitet sei, dass er keine Arbeit mehr verrichten könne, die über drei Stunden täglich hinausgehe. Eine wirtschaftlich sinnvolle Arbeit könne er nicht mehr verrichten.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen gehört und Beweis erhoben durch die Einholung von Sachverständigengutachten.
Nach dem Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. Fr. vom 21. Mai 2007 liegen beim Kläger ein vertebragenes cervicales Schmerzsyndrom bei degenerativen Veränderungen, ein thorakales und lumbales Schmerzsyndrom bei fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen, eine Wirbelsäulenfehlstatik sowie eine Koxarthrose beidseits vor. Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen sei eine Leistungsfähigkeit im erlernten und bisher ausgeübten Beruf als Maurer nicht mehr gegeben. Unter Beachtung bestimmter Einschränkungen (keine schweren und mittelschweren körperlichen Arbeiten, kein Heben und Tragen von Lasten über zehn bis fünfzehn Kilopond, kein Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Vermeidung von Nässe- und Kälteeinfluss, keine Zwangshaltungen der Wirbelsäule) bestehe allerdings noch eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Besondere Arbeitsbedingungen wie betriebsunübliche Pausen oder besonders gestaltetes Arbeitsgerät müssten nicht vorhanden sein. Die Gesundheitsstörungen bestünden seit mehreren Jahren, nach Aktenlage und Anamnese mindestens aber seit 2005. Es handle sich dabei um Gesundheitsstörungen mit Dauercharakter, die lediglich einer lindernden konservativen Therapie zugänglich seien. Es sei unwahrscheinlich, dass auch durch intensivste therapeutische Maßnahmen eine wesentliche Verbesserung der Leistungsfähigkeit erreicht werden könne. Mit den medizinischen Schlussfolgerungen insbesondere des Reha-Entlassungsberichtes bestehe grundsätzliche Übereinstimmung.
Nach dem Gutachten des Nervenarztes und Facharztes für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie - Psychoanalyse - Rehabilitationswesen - Suchttherapie - Psychosomatische Schmerztherapie Dr. Mi. vom 14. November 2007 liegt beim Kläger mit Ausnahme des Verdachtes auf passageren Alkoholmissbrauch und Nikotinabusus bei Verdacht auf Nikotinabhängigkeit kein Hinweis auf Krankheiten, Gebrechen oder Schwächen auf körperlichem und geistigem Gebiet durch psychiatrische oder psychosomatische Störungen vor. Seelisch oder seelisch bedingte Störungen (Hemmungen) lägen nicht vor. Allerdings bestehe auf orthopädischem Fachgebiet in Form des vertebragenen cervicalen und thorakolumbalen Schmerzsyndroms bei degenerativen Veränderungen eine Gesundheitsstörung, welche Einfluss auf die Leistungsfähigkeit als Maurer oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt habe. Demzufolge sei die Leistungsfähigkeit im bisher ausgeübten Beruf als Maurer aufgehoben. Leistungsfähigkeit bestehe für leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, z.B. für Pförtnertätigkeiten. Die noch möglichen Tätigkeiten könnten vollschichtig ausgeübt werden. Dabei seien die vom Facharzt für Orthopädie bereits festgestellten Einschränkungen zu berücksichtigen. Besondere Arbeitsbedingungen seien nicht erforderlich.
In einem weiteren auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingeholten Gutachten vom 20. Juni 2008 hat der Facharzt für Orthopädie Dr. Dl. demgegenüber dargelegt, dass beim Kläger keine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte körperliche Arbeiten bestehe. Vielmehr seien leichte körperliche Arbeiten unter Berücksichtigung von Einschränkungen nicht einmal für drei Stunden täglich zumutbar. Beim Kläger seien schwerste degenerative chronische Veränderungen der gesamten Wirbelsäule festzustellen, durch die er als chronischer Schmerzpatient einzustufen sei. Es bestehe offensichtlich eine fixierte Rundrückenbildung, die zu ständigen brennenden Schmerzen in der Muskulatur im Bereich der Brustwirbelsäule führe. Er sei nicht in der Lage, schwere Gegenstände zu heben oder zu tragen. Es liege ein Wirbelbruch mit statisch bedeutender Deformität und erheblichen Störungen des Wirbelsäulen-Aufbaus vor. Die fixierte Einsteifung der Brustwirbelsäulen-Kyphose sei mit den Veränderungen beim Morbus Bechterew zu vergleichen und werde in den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit mit einem Grad der Behinderung (GdB) bis zu 100 bewertet. Von Seiten der Lendenwirbelsäule bestünden erhebliche Osteochondrosen, Spondylarthrosen mit Einengung des Wirbelkanals und der Nervenaustrittslöcher; hierdurch sei die Gehleistung des Klägers auf ein bis zwei Kilometer reduziert. Es bestehe eine beginnende Claudicatio spinalis (Syndrom des engen Spinalkanales). Die Beweglichkeit von Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule sei massiv eingeschränkt, ständige Schmerzen, auch Lumboischialgien in das linke Bein ausstrahlend seien chronisch. Überkopfarbeiten mit erhobenen Armen seien nicht zumutbar. Im Beruf als Maurer bzw. auf dem Bau sei die Arbeitsfähigkeit auch durch Teilamputationen der Finger 2 bis 4 massiv beeinträchtigt. Der Kläger wirke insgesamt depressiv, niedergeschlagen und etwas antriebsarm. Dies passe zur Gesamtsituation eines seit Jahren schmerzkranken Patienten, der unter chronischen Schmerzen leide und seiner gewohnten Arbeit nicht mehr nachgehen könne. Auf orthopädischem und schmerztherapeutischem Fachgebiet sei der Kläger nicht in der Lage, leichte oder mittelschwere Arbeiten als Maurer auszuüben. Hilfsarbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, etwa als Pförtner, seien bis unter drei Stunden täglich mit mehreren Einschränkungen zumutbar. Der Kläger habe glaubhaft berichtet, dass ihm selbst kleine Reparaturarbeiten an Haus und Hof erhebliche Schmerzen bereiteten. Arbeiten ausschließlich im Stehen, Gehen oder Sitzen sowie in gebückter Stellung seien nicht zumutbar. Das Heben und Tragen von Lasten über fünf Kilogramm, Schicht- und Akkordarbeit, Arbeiten bei besonderer nervlicher Belastung, Arbeiten im Freien mit Begehen von Gerüsten und Steigen auf Leitern sowie das Einnehmen von Zwangshaltungen seien ebenfalls nicht zumutbar. Zusammenfassend sei der Kläger nicht mehr in der Lage, einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit in einer "Fünfstundenwoche" (gemeint: Fünftagewoche) nachzugehen. Der sozialmedizinischen Beurteilung werde nicht zugestimmt. Es sei festzuhalten, dass in den Unterlagen der Reha-Klinik die BWK-12-Fraktur mit extremer Keilwirbelbildung übersehen worden sei. Die fixierte Brustwirbelsäulen-Kyphose sei nicht berücksichtigt worden. Soweit in der sozialmedizinischen Beurteilung eine vollschichtige Einsetzbarkeit für leichte körperliche Tätigkeiten im Wechselrhythmus angenommen werde, sei dies nicht möglich, weil dem Patienten eine absolute Rumpfkontrolle nicht möglich sei. Bezüglich des vorliegenden orthopädischen Gutachtens vom 21. Mai 2007 müsse festgestellt werden, dass z.B. bei den Röntgenbefunden Textbausteine eingesetzt und wesentliche Röntgenbefunde wie die Spangenbildung überhaupt nicht erwähnt worden seien. In der Zusammenfassung werde zwar eine Bewegungseinschränkung beschrieben, die vorliegende fixierte Brustwirbelsäulenkyphose aber nicht gewürdigt. Auch die Tatsache, dass es sich bei dem Kläger um einen chronischen Schmerzpatienten handle, spiegle sich in den Schlussfolgerungen des Gutachtens nicht. In dem psychosomatischen Gutachten vom 14. November 2007 seien die psychosomatischen Zusammenhänge als Schmerzpatient mit chronischen Schmerzen nicht beleuchtet worden.
Die Beklagte hat unter Berücksichtigung einer Stellungnahme ihres Sozialmedizinischen Dienstes vom 29. Juli 2008 an ihrer Auffassung festgehalten. In dieser Stellungnahme wird u.a. darauf hingewiesen, dass degenerative Veränderungen des Achsenorganes in keinerlei Zusammenhang mit empfundenen Schmerzen stünden; somit sei die Verknüpfung zwischen degenerativen Veränderungen der gesamten Wirbelsäule und chronischem Schmerzpatient falsch. Sämtliche in dem Gutachten von Dr. Dl. angeführten Befunde bestätigten unter Zugrundelegung anerkannter sozialmedizinischer Kriterien die bisherige Leistungsbeurteilung. Auch der Sachverständige Dr. Fr. hat sich dieser Einschätzung in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 28. August 2008 angeschlossen. Zwar müsse er sein Gutachten insofern korrigieren, als sich bei nochmaliger Durchsicht der Röntgenaufnahmen die von Dr. Dl. erwähnte Keilwirbelbildung des 12. Brustwirbels nach einer älteren Wirbelkörperfraktur finde; allerdings lasse sich lediglich eine vermehrte Kyphose, keinesfalls eine massiv fixierte Hyperkyphose feststellen. Auch sei es nicht zutreffend, dass in seinem ersten Gutachten vom 21. Mai 2007 keine "Spangenbildung" festgestellt worden sei; vielmehr habe er deutliche ventrale und rechtsbetonte laterale überbrückende Kantenausziehungen beschrieben und damit wohl nur einen etwas anderen Wortlaut gewählt. Auch sei die Schlussfolgerung von Dr. Dl., dass schwerste degenerative chronische Veränderungen der gesamten Wirbelsäule vorlägen und hierdurch der Patient als chronischer Schmerzpatient einzustufen sei, grundsätzlich falsch. Im Rahmen einer chronischen Schmerzerkrankung seien zur Diagnose keineswegs schwerwiegende röntgenologische Veränderungen gefordert; vielmehr wisse man, dass es keinerlei Korrelation zwischen Schmerz und Ausmaß der degenerativen Veränderungen gebe. Zusammenfassend könne er aufgrund des zweiten Gutachtens keine Änderung der Leistungsbeurteilung begründen.
Mit Urteil vom 26. November 2008 hat das SG die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht voll erwerbsgemindert sei. Das SG hat sich insoweit dem orthopädischen Gutachten vom 21. Mai 2007 (unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Stellungnahme des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten) angeschlossen.
Am 16. Januar 2009 hat der Kläger gegen dieses seinem Prozessbevollmächtigten am 22. Dezember 2008 zugestellte Urteil beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit der Begründung Berufung eingelegt, dass der Facharzt für Orthopädie Dr. Fr. ganz gravierende Fakten übersehen habe, etwa eine ältere Wirbelkörperfraktur mit einer entsprechenden Keilwirbelbildung des 12. Brustwirbels. Er habe nach Einholung des Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG seine Bewertung im Nachgang korrigiert, ohne jedoch Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers anzuerkennen. Das SG habe Dr. Fr. Gelegenheit gegeben, seine Ausführungen zu revidieren; Dr. Dl., der Gutachter nach § 109 SGG, habe im Gegenzug aber nicht die Möglichkeit erhalten, seine zeitliche Einstufung der Erwerbsfähigkeit zu korrigieren. Nach dessen Ausführungen stehe ihm ein Rentenanspruch zu.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. November 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 17. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 2006 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der ihm bereits gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Dezember 2005 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf das angefochtene Urteil Bezug.
Der Senat hat eine weitere Stellungnahme von Dr. Dl. vom 11. Mai 2009 eingeholt, in der dieser u.a. darauf hinweist, dass außer Frage stehe, dass degenerative Veränderungen der Wirbelsäule nicht zwangsläufig mit starken chronischen Schmerzen einhergehen müssten, dass andererseits der Umkehrschluss aber auch nicht zulässig sei. Auch könne man nicht sagen, dass diese gutartige Erkrankung ohne Auswirkung auf das quantitative Leistungsvermögen sei. Nach nochmaliger kritischer Durchsicht seiner Untersuchungsbefunde und unter Berücksichtigung der Anhaltspunkte für ärztliche Gutachtertätigkeit müsse er objektiv feststellen, dass betreffend der messbaren Untersuchungsbefunde und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass keinerlei neurologische Ausfälle bestünden, dem Kläger eine Belastbarkeit für leichte körperliche Arbeiten bis zu sechs Stunden täglich zugemutet werden könnten. Hierbei hätten die bereits von den Vorgutachtern beschriebenen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit Beachtung zu finden.
Der Kläger hat hierzu ausgeführt, dass es auch nach den in dieser ergänzenden Stellungnahme getroffenen Feststellungen durchaus möglich sei, bei dem vorliegenden Erkrankungsbild unter starken chronischen Schmerzen zu leiden. Dies sei bei ihm der Fall. Er habe bereits bei seiner Untersuchung angegeben, an ständigen täglichen Rückenschmerzen in allen Sequenzen der Wirbelsäule zu leiden. Das Schmerzbild sei derart ausgeprägt, dass er nicht mehr in der Lage sei, seinen Alltag zu Hause zu bewältigen. Die Einschränkungen hinsichtlich seiner Gehfähigkeit und der Schmerzsymptomatik führten dazu, dass ihm der Arbeitsmarkt verschlossen sei, weil es keine Arbeitsstellen gebe, die seinen Beeinträchtigungen entgegenkämen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens und die darin enthaltenen Sachverständigengutachten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG).
Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen kraft Gesetzes (§ 143 SGG) statthaft, ohne dass es ihrer Zulassung bedarf (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist aber nicht begründet.
Das SG hat einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der ihm bereits gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Dezember 2005 zutreffend verneint.
Maßgeblich für die beanspruchte Rente ist vorliegend das ab dem 1. Januar 2001 für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltende Recht (eingeführt durch Gesetz vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827)). Nach § 43 Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben bei Erfüllung hier nicht streitiger versicherungsrechtlicher Voraussetzungen Versicherte Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht unter den genannten Bedingungen bei einem Leistungsvermögen unter 3 Stunden täglich (Abs. 2). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Abs. 3).
Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, die gemäß § 240 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen (vgl. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI) bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bei Versicherten in Betracht kommt, die - wie der Kläger - vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, wird ihm bereits aufgrund des Bewilligungsbescheids vom 17. Mai 2006 gewährt. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung liegen dagegen nicht vor.
Nach Überzeugung des Senats scheidet die Annahme einer Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 3 SGB VI aus, weil der Kläger trotz seiner auf orthopädischem Fachgebiet liegenden Gesundheitsstörungen noch leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann. Ein solches Leistungsvermögen wird (unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen) nunmehr von allen Gutachtern angenommen. Auch Dr. Dl. hat sich in seiner vom Senat eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 11. Mai 2009 dahingehend geäußert, dass er nach nochmaliger kritischer Durchsicht seiner Untersuchungsbefunde und unter Berücksichtigung der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit objektiv feststellen müsse, dass betreffend der messbaren Untersuchungsbefunde und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass keinerlei neurologische Ausfälle bestünden, dem Kläger leichte körperliche Arbeiten bis zu sechs Stunden täglich zugemutet werden könnten. Darüber hinaus ist auch die Einschätzung des Leistungsvermögens des Klägers für leichte Tätigkeiten von sechs Stunden täglich und mehr in den Gutachten vom 21. Mai 2007 und vom 14. November 2007 sowie im Reha-Entlassungsbericht, der sich auch das SG angeschlossen hat, nicht zu beanstanden. Die von Dr. Dl. in seinem Gutachten vom 20. Juni 2008 zunächst vorgebrachten Einwände gegen die Vorgutachten wurden zum einen dadurch entkräftet, dass Dr. Fr. sein Gutachten insofern korrigiert hat, als sich bei nochmaliger Durchsicht der Röntgenaufnahmen die von Dr. Dl. erwähnte Keilwirbelbildung des 12. Brustwirbels nach einer älteren Wirbelkörperfraktur finde; allerdings lasse sich lediglich eine vermehrte Kyphose, keinesfalls eine massiv fixierte Hyperkyphose feststellen. Auch sei es nicht zutreffend, dass in seinem ersten Gutachten vom 21. Mai 2007 keine "Spangenbildung" festgestellt worden sei; vielmehr habe er deutliche ventrale und rechtsbetonte laterale überbrückende Kantenausziehungen beschrieben und damit wohl nur einen etwas anderen Wortlaut gewählt. Zum anderen ist die weitere von Dr. Dl. vorgebrachte Kritik, dass schwerste degenerative chronische Veränderungen der gesamten Wirbelsäule vorlägen und hierdurch der Patient als chronischer Schmerzpatient einzustufen sei, nach den überzeugenden Darlegungen von Dr. Fr. grundsätzlich falsch. Danach sind im Rahmen einer chronischen Schmerzerkrankung zur Diagnose keineswegs schwerwiegende röntgenologische Veränderungen gefordert; vielmehr wisse man, dass es keinerlei Korrelation zwischen Schmerz und Ausmaß der degenerativen Veränderungen gebe. Hierauf weist auch der Sozialmedizinische Dienst der Beklagten in seiner Stellungnahme vom 29. Juli 2008 hin (vgl. Bl. 143/144 der erstinstanzlichen Gerichtsakte). Auch der von Dr. Dl. in seinem Gutachten vom 20. Juni 2008 erhobene Einwand, in dem psychosomatischen Gutachten von Dr. Mi. seien die psychosomatischen Zusammenhänge als Schmerzpatient mit chronischen Schmerzen nicht beleuchtet worden, überzeugt nicht. Aus dem Gutachten von Dr. Mi. ergibt sich vielmehr, dass auch die umfangreiche Diagnostik keinerlei Hinweise auf klinisch relevante Störungen, vor allem im Sinne einer Somatisierungsstörung mit Leitsymptom Schmerz, sowie keine Hinweise für das Vorliegen einer klinisch relevanten Angst- oder depressiven Störung ergeben hat. Diese Einschätzung ist auch unter Berücksichtigung des anlässlich dieser Untersuchung geschilderten Tagesablaufs überzeugend, wonach sich der Kläger mit Aufräumen und Staubsaugen im Haushalt sowie bei der Gartenarbeit und der Betreuung der Enkel aktiv einsetzt.
Soweit der Kläger in Bezug auf die erneute Stellungnahme von Dr. Dl. geltend macht, dass es nach den Ausführungen des Gutachters durchaus möglich sei, bei dem vorliegenden Erkrankungsbild unter starken chronischen Schmerzen zu leiden, was bei ihm der Fall sei, stellt dies die Gesamtbewertung seiner Erkrankungen nicht in Frage. Zwar hat Dr. Dl. in seiner Stellungnahme vom 11. Mai 2009 in der Tat ausgeführt, dass es außer Frage stehe, dass degenerative Veränderungen der Wirbelsäule nicht zwangsläufig mit starken chronischen Schmerzen einhergehen müssten, andererseits aber auch der Umkehrschluss nicht zulässig sei, dass ein Patient mit einer Spondylosis hyperostotica, Morbus Forestier, niemals Schmerzen habe. Dieser Umstand hat aber bereits in seine - nunmehr korrigierte - Gesamtbewertung Eingang gefunden.
Auch der Einwand des Klägers, dass es keine Arbeitsstellen gebe, die seinen Beeinträchtigungen entsprächen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn § 43 Abs. 3 SGB VI stellt nach der amtlichen Begründung klar, dass bei der Prüfung der Erwerbsminderung leistungsgeminderter, aber noch vollschichtig – jetzt sechsstündig – einsatzfähiger Versicherter die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht berücksichtigt werden soll (Bundestagsdrucksache 13/3697 S. 4). Die Aussichten, auf dem Arbeitsmarkt einen Arbeitsplatz zu finden, sind also bei der Beurteilung einer Erwerbsminderung nach dem eindeutigen Wortlaut des § 43 Abs. 3 SGB VI nicht zu beachten.
Schließlich bedingen auch die qualitativen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit des Klägers weder nach ihrer Art noch in der Gesamtheit eine so weitgehende Einengung der noch zumutbaren Tätigkeiten, dass die Gefahr der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes bestanden hätte. In diesem Fall wäre trotz eines sechsstündigen Leistungsvermögens von einer vollen Erwerbsminderung auszugehen, wenn von der Beklagten kein leidensgerechter Arbeitsplatz benannt werden könnte. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) werden hierbei als Fallgruppen Einschränkungen genannt aufgrund schwerer spezifischer Leistungsbehinderung wie z. B. Einarmigkeit bei gleichzeitiger Einäugigkeit (SozR 2200 § 1246 Nr. 30), das Vorliegen besonderer Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz (SozR 2200 § 1246 Nr. 104 und 117), die Notwendigkeit von zwei zusätzlich erforderlichen Arbeitspausen von je 15 Minuten (SozR 2200 § 1246 Nr. 136) oder von drei zusätzlich erforderlichen Arbeitspausen von zehn Minuten je Arbeitstag (BSG, Urteil vom 20.08.1997 - 13 RJ 39/96 - (juris)), Einschränkungen bei Arm- und Handbewegungen, Erforderlichkeit eines halbstündigen Wechsels vom Sitzen zum Gehen (SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8) oder Einschränkungen aufgrund regelmäßig einmal in der Woche auftretender Fieberschübe (SozR 3-2200 § 1247 Nr. 14). Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist dagegen insbesondere nicht erforderlich im Falle des Ausschlusses von Tätigkeiten, die überwiegendes Stehen oder ständiges Sitzen erfordern, in Nässe oder Kälte oder mit häufigem Bücken zu leisten sind, besondere Fingerfertigkeiten erfordern oder mit besonderen Unfallgefahren verbunden sind, bei Ausschluss von Arbeiten im Akkord, im Schichtdienst, an laufenden Maschinen, bei Ausschluss von Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das Seh-, Hör- oder Konzentrationsvermögen stellen, sowie bei Ausschluss von Tätigkeiten, die häufiges Bücken erfordern (vgl. zu allem BSG Großer Senat SozR 3–2600 § 44 Nr. 8 m.w.N.; vgl. weiter Bayerisches LSG, Urteil vom 27. Januar 2010 - L 13 R 300/09 - (juris)). Vorliegend bestehen beim Kläger insofern Einschränkungen der Leistungsfähigkeit, als er keine schweren und mittelschweren körperlichen Arbeiten mehr verrichten, keine Lasten über zehn bis fünfzehn Kilopond mehr heben und tragen und keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten ausüben darf sowie Nässe- und Kälteeinfluss sowie Zwangshaltungen der Wirbelsäule zu vermeiden sind. Insgesamt liegt damit aber noch keine derartige Einengung der noch zumutbaren Tätigkeiten vor, dass - vergleichbar mit den oben dargelegten Fallgruppen - die Gefahr der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes bestanden hätte. Einer konkreten Benennung eines noch zumutbaren Tätigkeitsfeldes bedarf es daher nicht. Auch die Wegefähigkeit ist weder in zeitlicher Hinsicht noch hinsichtlich der Wegstrecke oder der Nutzung bestimmter Verkehrsmittel eingeschränkt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle einer ihm bereits gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der am 1950 geborene Kläger war im erlernten Beruf als Maurer bis zum Beginn der Arbeitsunfähigkeit am 3. November 2005 versicherungspflichtig beschäftigt. Er beantragte am 5. Dezember 2005 wegen Rückenschmerzen zunächst medizinische Rehabilitationsmaßnahmen. Daraufhin wurde vom 23. Februar bis zum 16. März 2006 eine Rehabilitationsmaßnahme in der Reha-Klinik Donaueschingen durchgeführt. Nach dem Reha-Entlassungsbericht vom 17. März 2006 wurden als Diagnose ein Halswirbelsäulen-, Brustwirbelsäulen- und Lendenwirbelsäulen-Syndrom bei degenerativen Wirbelsäulen-Veränderungen und Morbus Forestier, eine Hypertonie und Hypercholesterinämie sowie ein schädlicher Gebrauch von Alkohol und ein Nikotinabusus festgestellt. Seine letzte berufliche Tätigkeit als Maurer könne er nur noch in einem Umfang von weniger als drei Stunden täglich ausüben. Im Übrigen könne er leichte Tätigkeiten unter Beachtung von Einschränkungen im Bewegungs- bzw. Haltungsapparat täglich sechs Stunden und mehr verrichten. Mit Schreiben vom 21. März 2006 leitete die IKK Baden-Württemberg und Hessen den Antrag auf Rehabilitationsmaßnahmen an die Beklagte mit der Begründung weiter, dass der Antrag in einen Rentenantrag umzudeuten sei, da Erwerbsminderung vorliege.
Auf der Grundlage einer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 7. April 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 17. Mai 2006 für die Zeit ab dem 1. Dezember 2005 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, da er berufsunfähig sei. Hiergegen legte der Kläger am 6. Juni 2006 mit der Begründung Widerspruch ein, dass er keine Tätigkeit mehr über drei Stunden täglich ausüben könne. Er könne nicht einmal mehr eine Getränkekiste tragen. An manchen Tagen schaffe er es nicht einmal ohne die Hilfe seiner Frau aus dem Bett, da er in seinen Bewegungen eingeschränkt sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, dass er nach den vorliegenden Unterlagen nach Auffassung des Sozialmedizinischen Dienstes leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne Wechselschicht, ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule und ohne Rotationsbelastungen des Schultergürtels mindestens sechs Stunden täglich ausüben könne. Ob er einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz innehabe bzw. ob ihm von der Agentur für Arbeit ein entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden könne, sei - solange er noch mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein könne - für einen Rentenanspruch nicht ausschlaggebend. Ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bestehe daher nicht.
Hiergegen hat der Kläger am 21. Juli 2006 beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) mit der Begründung Klage erhoben, dass er nach 40 Jahren Berufstätigkeit als Maurer jetzt einfach derart abgearbeitet sei, dass er keine Arbeit mehr verrichten könne, die über drei Stunden täglich hinausgehe. Eine wirtschaftlich sinnvolle Arbeit könne er nicht mehr verrichten.
Das SG hat die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen gehört und Beweis erhoben durch die Einholung von Sachverständigengutachten.
Nach dem Gutachten des Facharztes für Orthopädie Dr. Fr. vom 21. Mai 2007 liegen beim Kläger ein vertebragenes cervicales Schmerzsyndrom bei degenerativen Veränderungen, ein thorakales und lumbales Schmerzsyndrom bei fortgeschrittenen degenerativen Veränderungen, eine Wirbelsäulenfehlstatik sowie eine Koxarthrose beidseits vor. Aufgrund dieser Gesundheitsstörungen sei eine Leistungsfähigkeit im erlernten und bisher ausgeübten Beruf als Maurer nicht mehr gegeben. Unter Beachtung bestimmter Einschränkungen (keine schweren und mittelschweren körperlichen Arbeiten, kein Heben und Tragen von Lasten über zehn bis fünfzehn Kilopond, kein Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, Vermeidung von Nässe- und Kälteeinfluss, keine Zwangshaltungen der Wirbelsäule) bestehe allerdings noch eine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Besondere Arbeitsbedingungen wie betriebsunübliche Pausen oder besonders gestaltetes Arbeitsgerät müssten nicht vorhanden sein. Die Gesundheitsstörungen bestünden seit mehreren Jahren, nach Aktenlage und Anamnese mindestens aber seit 2005. Es handle sich dabei um Gesundheitsstörungen mit Dauercharakter, die lediglich einer lindernden konservativen Therapie zugänglich seien. Es sei unwahrscheinlich, dass auch durch intensivste therapeutische Maßnahmen eine wesentliche Verbesserung der Leistungsfähigkeit erreicht werden könne. Mit den medizinischen Schlussfolgerungen insbesondere des Reha-Entlassungsberichtes bestehe grundsätzliche Übereinstimmung.
Nach dem Gutachten des Nervenarztes und Facharztes für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie - Psychoanalyse - Rehabilitationswesen - Suchttherapie - Psychosomatische Schmerztherapie Dr. Mi. vom 14. November 2007 liegt beim Kläger mit Ausnahme des Verdachtes auf passageren Alkoholmissbrauch und Nikotinabusus bei Verdacht auf Nikotinabhängigkeit kein Hinweis auf Krankheiten, Gebrechen oder Schwächen auf körperlichem und geistigem Gebiet durch psychiatrische oder psychosomatische Störungen vor. Seelisch oder seelisch bedingte Störungen (Hemmungen) lägen nicht vor. Allerdings bestehe auf orthopädischem Fachgebiet in Form des vertebragenen cervicalen und thorakolumbalen Schmerzsyndroms bei degenerativen Veränderungen eine Gesundheitsstörung, welche Einfluss auf die Leistungsfähigkeit als Maurer oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt habe. Demzufolge sei die Leistungsfähigkeit im bisher ausgeübten Beruf als Maurer aufgehoben. Leistungsfähigkeit bestehe für leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, z.B. für Pförtnertätigkeiten. Die noch möglichen Tätigkeiten könnten vollschichtig ausgeübt werden. Dabei seien die vom Facharzt für Orthopädie bereits festgestellten Einschränkungen zu berücksichtigen. Besondere Arbeitsbedingungen seien nicht erforderlich.
In einem weiteren auf Antrag des Klägers nach § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eingeholten Gutachten vom 20. Juni 2008 hat der Facharzt für Orthopädie Dr. Dl. demgegenüber dargelegt, dass beim Kläger keine vollschichtige Leistungsfähigkeit für leichte körperliche Arbeiten bestehe. Vielmehr seien leichte körperliche Arbeiten unter Berücksichtigung von Einschränkungen nicht einmal für drei Stunden täglich zumutbar. Beim Kläger seien schwerste degenerative chronische Veränderungen der gesamten Wirbelsäule festzustellen, durch die er als chronischer Schmerzpatient einzustufen sei. Es bestehe offensichtlich eine fixierte Rundrückenbildung, die zu ständigen brennenden Schmerzen in der Muskulatur im Bereich der Brustwirbelsäule führe. Er sei nicht in der Lage, schwere Gegenstände zu heben oder zu tragen. Es liege ein Wirbelbruch mit statisch bedeutender Deformität und erheblichen Störungen des Wirbelsäulen-Aufbaus vor. Die fixierte Einsteifung der Brustwirbelsäulen-Kyphose sei mit den Veränderungen beim Morbus Bechterew zu vergleichen und werde in den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit mit einem Grad der Behinderung (GdB) bis zu 100 bewertet. Von Seiten der Lendenwirbelsäule bestünden erhebliche Osteochondrosen, Spondylarthrosen mit Einengung des Wirbelkanals und der Nervenaustrittslöcher; hierdurch sei die Gehleistung des Klägers auf ein bis zwei Kilometer reduziert. Es bestehe eine beginnende Claudicatio spinalis (Syndrom des engen Spinalkanales). Die Beweglichkeit von Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule sei massiv eingeschränkt, ständige Schmerzen, auch Lumboischialgien in das linke Bein ausstrahlend seien chronisch. Überkopfarbeiten mit erhobenen Armen seien nicht zumutbar. Im Beruf als Maurer bzw. auf dem Bau sei die Arbeitsfähigkeit auch durch Teilamputationen der Finger 2 bis 4 massiv beeinträchtigt. Der Kläger wirke insgesamt depressiv, niedergeschlagen und etwas antriebsarm. Dies passe zur Gesamtsituation eines seit Jahren schmerzkranken Patienten, der unter chronischen Schmerzen leide und seiner gewohnten Arbeit nicht mehr nachgehen könne. Auf orthopädischem und schmerztherapeutischem Fachgebiet sei der Kläger nicht in der Lage, leichte oder mittelschwere Arbeiten als Maurer auszuüben. Hilfsarbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, etwa als Pförtner, seien bis unter drei Stunden täglich mit mehreren Einschränkungen zumutbar. Der Kläger habe glaubhaft berichtet, dass ihm selbst kleine Reparaturarbeiten an Haus und Hof erhebliche Schmerzen bereiteten. Arbeiten ausschließlich im Stehen, Gehen oder Sitzen sowie in gebückter Stellung seien nicht zumutbar. Das Heben und Tragen von Lasten über fünf Kilogramm, Schicht- und Akkordarbeit, Arbeiten bei besonderer nervlicher Belastung, Arbeiten im Freien mit Begehen von Gerüsten und Steigen auf Leitern sowie das Einnehmen von Zwangshaltungen seien ebenfalls nicht zumutbar. Zusammenfassend sei der Kläger nicht mehr in der Lage, einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit in einer "Fünfstundenwoche" (gemeint: Fünftagewoche) nachzugehen. Der sozialmedizinischen Beurteilung werde nicht zugestimmt. Es sei festzuhalten, dass in den Unterlagen der Reha-Klinik die BWK-12-Fraktur mit extremer Keilwirbelbildung übersehen worden sei. Die fixierte Brustwirbelsäulen-Kyphose sei nicht berücksichtigt worden. Soweit in der sozialmedizinischen Beurteilung eine vollschichtige Einsetzbarkeit für leichte körperliche Tätigkeiten im Wechselrhythmus angenommen werde, sei dies nicht möglich, weil dem Patienten eine absolute Rumpfkontrolle nicht möglich sei. Bezüglich des vorliegenden orthopädischen Gutachtens vom 21. Mai 2007 müsse festgestellt werden, dass z.B. bei den Röntgenbefunden Textbausteine eingesetzt und wesentliche Röntgenbefunde wie die Spangenbildung überhaupt nicht erwähnt worden seien. In der Zusammenfassung werde zwar eine Bewegungseinschränkung beschrieben, die vorliegende fixierte Brustwirbelsäulenkyphose aber nicht gewürdigt. Auch die Tatsache, dass es sich bei dem Kläger um einen chronischen Schmerzpatienten handle, spiegle sich in den Schlussfolgerungen des Gutachtens nicht. In dem psychosomatischen Gutachten vom 14. November 2007 seien die psychosomatischen Zusammenhänge als Schmerzpatient mit chronischen Schmerzen nicht beleuchtet worden.
Die Beklagte hat unter Berücksichtigung einer Stellungnahme ihres Sozialmedizinischen Dienstes vom 29. Juli 2008 an ihrer Auffassung festgehalten. In dieser Stellungnahme wird u.a. darauf hingewiesen, dass degenerative Veränderungen des Achsenorganes in keinerlei Zusammenhang mit empfundenen Schmerzen stünden; somit sei die Verknüpfung zwischen degenerativen Veränderungen der gesamten Wirbelsäule und chronischem Schmerzpatient falsch. Sämtliche in dem Gutachten von Dr. Dl. angeführten Befunde bestätigten unter Zugrundelegung anerkannter sozialmedizinischer Kriterien die bisherige Leistungsbeurteilung. Auch der Sachverständige Dr. Fr. hat sich dieser Einschätzung in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 28. August 2008 angeschlossen. Zwar müsse er sein Gutachten insofern korrigieren, als sich bei nochmaliger Durchsicht der Röntgenaufnahmen die von Dr. Dl. erwähnte Keilwirbelbildung des 12. Brustwirbels nach einer älteren Wirbelkörperfraktur finde; allerdings lasse sich lediglich eine vermehrte Kyphose, keinesfalls eine massiv fixierte Hyperkyphose feststellen. Auch sei es nicht zutreffend, dass in seinem ersten Gutachten vom 21. Mai 2007 keine "Spangenbildung" festgestellt worden sei; vielmehr habe er deutliche ventrale und rechtsbetonte laterale überbrückende Kantenausziehungen beschrieben und damit wohl nur einen etwas anderen Wortlaut gewählt. Auch sei die Schlussfolgerung von Dr. Dl., dass schwerste degenerative chronische Veränderungen der gesamten Wirbelsäule vorlägen und hierdurch der Patient als chronischer Schmerzpatient einzustufen sei, grundsätzlich falsch. Im Rahmen einer chronischen Schmerzerkrankung seien zur Diagnose keineswegs schwerwiegende röntgenologische Veränderungen gefordert; vielmehr wisse man, dass es keinerlei Korrelation zwischen Schmerz und Ausmaß der degenerativen Veränderungen gebe. Zusammenfassend könne er aufgrund des zweiten Gutachtens keine Änderung der Leistungsbeurteilung begründen.
Mit Urteil vom 26. November 2008 hat das SG die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht voll erwerbsgemindert sei. Das SG hat sich insoweit dem orthopädischen Gutachten vom 21. Mai 2007 (unter Berücksichtigung der hierzu ergangenen Stellungnahme des Sozialmedizinischen Dienstes der Beklagten) angeschlossen.
Am 16. Januar 2009 hat der Kläger gegen dieses seinem Prozessbevollmächtigten am 22. Dezember 2008 zugestellte Urteil beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg mit der Begründung Berufung eingelegt, dass der Facharzt für Orthopädie Dr. Fr. ganz gravierende Fakten übersehen habe, etwa eine ältere Wirbelkörperfraktur mit einer entsprechenden Keilwirbelbildung des 12. Brustwirbels. Er habe nach Einholung des Sachverständigengutachtens nach § 109 SGG seine Bewertung im Nachgang korrigiert, ohne jedoch Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers anzuerkennen. Das SG habe Dr. Fr. Gelegenheit gegeben, seine Ausführungen zu revidieren; Dr. Dl., der Gutachter nach § 109 SGG, habe im Gegenzug aber nicht die Möglichkeit erhalten, seine zeitliche Einstufung der Erwerbsfähigkeit zu korrigieren. Nach dessen Ausführungen stehe ihm ein Rentenanspruch zu.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 26. November 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 17. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Juli 2006 zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der ihm bereits gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Dezember 2005 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie nimmt auf das angefochtene Urteil Bezug.
Der Senat hat eine weitere Stellungnahme von Dr. Dl. vom 11. Mai 2009 eingeholt, in der dieser u.a. darauf hinweist, dass außer Frage stehe, dass degenerative Veränderungen der Wirbelsäule nicht zwangsläufig mit starken chronischen Schmerzen einhergehen müssten, dass andererseits der Umkehrschluss aber auch nicht zulässig sei. Auch könne man nicht sagen, dass diese gutartige Erkrankung ohne Auswirkung auf das quantitative Leistungsvermögen sei. Nach nochmaliger kritischer Durchsicht seiner Untersuchungsbefunde und unter Berücksichtigung der Anhaltspunkte für ärztliche Gutachtertätigkeit müsse er objektiv feststellen, dass betreffend der messbaren Untersuchungsbefunde und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass keinerlei neurologische Ausfälle bestünden, dem Kläger eine Belastbarkeit für leichte körperliche Arbeiten bis zu sechs Stunden täglich zugemutet werden könnten. Hierbei hätten die bereits von den Vorgutachtern beschriebenen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit Beachtung zu finden.
Der Kläger hat hierzu ausgeführt, dass es auch nach den in dieser ergänzenden Stellungnahme getroffenen Feststellungen durchaus möglich sei, bei dem vorliegenden Erkrankungsbild unter starken chronischen Schmerzen zu leiden. Dies sei bei ihm der Fall. Er habe bereits bei seiner Untersuchung angegeben, an ständigen täglichen Rückenschmerzen in allen Sequenzen der Wirbelsäule zu leiden. Das Schmerzbild sei derart ausgeprägt, dass er nicht mehr in der Lage sei, seinen Alltag zu Hause zu bewältigen. Die Einschränkungen hinsichtlich seiner Gehfähigkeit und der Schmerzsymptomatik führten dazu, dass ihm der Arbeitsmarkt verschlossen sei, weil es keine Arbeitsstellen gebe, die seinen Beeinträchtigungen entgegenkämen. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten des erst- und zweitinstanzlichen Verfahrens und die darin enthaltenen Sachverständigengutachten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG).
Die Berufung ist zulässig. Sie ist nach § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen kraft Gesetzes (§ 143 SGG) statthaft, ohne dass es ihrer Zulassung bedarf (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Berufung ist aber nicht begründet.
Das SG hat einen Anspruch des Klägers auf Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung anstelle der ihm bereits gewährten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab dem 1. Dezember 2005 zutreffend verneint.
Maßgeblich für die beanspruchte Rente ist vorliegend das ab dem 1. Januar 2001 für die Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit geltende Recht (eingeführt durch Gesetz vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I S. 1827)). Nach § 43 Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben bei Erfüllung hier nicht streitiger versicherungsrechtlicher Voraussetzungen Versicherte Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Volle Erwerbsminderung besteht unter den genannten Bedingungen bei einem Leistungsvermögen unter 3 Stunden täglich (Abs. 2). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (Abs. 3).
Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, die gemäß § 240 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen (vgl. hierzu § 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI) bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bei Versicherten in Betracht kommt, die - wie der Kläger - vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind, wird ihm bereits aufgrund des Bewilligungsbescheids vom 17. Mai 2006 gewährt. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung liegen dagegen nicht vor.
Nach Überzeugung des Senats scheidet die Annahme einer Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 3 SGB VI aus, weil der Kläger trotz seiner auf orthopädischem Fachgebiet liegenden Gesundheitsstörungen noch leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann. Ein solches Leistungsvermögen wird (unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen) nunmehr von allen Gutachtern angenommen. Auch Dr. Dl. hat sich in seiner vom Senat eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 11. Mai 2009 dahingehend geäußert, dass er nach nochmaliger kritischer Durchsicht seiner Untersuchungsbefunde und unter Berücksichtigung der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit objektiv feststellen müsse, dass betreffend der messbaren Untersuchungsbefunde und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass keinerlei neurologische Ausfälle bestünden, dem Kläger leichte körperliche Arbeiten bis zu sechs Stunden täglich zugemutet werden könnten. Darüber hinaus ist auch die Einschätzung des Leistungsvermögens des Klägers für leichte Tätigkeiten von sechs Stunden täglich und mehr in den Gutachten vom 21. Mai 2007 und vom 14. November 2007 sowie im Reha-Entlassungsbericht, der sich auch das SG angeschlossen hat, nicht zu beanstanden. Die von Dr. Dl. in seinem Gutachten vom 20. Juni 2008 zunächst vorgebrachten Einwände gegen die Vorgutachten wurden zum einen dadurch entkräftet, dass Dr. Fr. sein Gutachten insofern korrigiert hat, als sich bei nochmaliger Durchsicht der Röntgenaufnahmen die von Dr. Dl. erwähnte Keilwirbelbildung des 12. Brustwirbels nach einer älteren Wirbelkörperfraktur finde; allerdings lasse sich lediglich eine vermehrte Kyphose, keinesfalls eine massiv fixierte Hyperkyphose feststellen. Auch sei es nicht zutreffend, dass in seinem ersten Gutachten vom 21. Mai 2007 keine "Spangenbildung" festgestellt worden sei; vielmehr habe er deutliche ventrale und rechtsbetonte laterale überbrückende Kantenausziehungen beschrieben und damit wohl nur einen etwas anderen Wortlaut gewählt. Zum anderen ist die weitere von Dr. Dl. vorgebrachte Kritik, dass schwerste degenerative chronische Veränderungen der gesamten Wirbelsäule vorlägen und hierdurch der Patient als chronischer Schmerzpatient einzustufen sei, nach den überzeugenden Darlegungen von Dr. Fr. grundsätzlich falsch. Danach sind im Rahmen einer chronischen Schmerzerkrankung zur Diagnose keineswegs schwerwiegende röntgenologische Veränderungen gefordert; vielmehr wisse man, dass es keinerlei Korrelation zwischen Schmerz und Ausmaß der degenerativen Veränderungen gebe. Hierauf weist auch der Sozialmedizinische Dienst der Beklagten in seiner Stellungnahme vom 29. Juli 2008 hin (vgl. Bl. 143/144 der erstinstanzlichen Gerichtsakte). Auch der von Dr. Dl. in seinem Gutachten vom 20. Juni 2008 erhobene Einwand, in dem psychosomatischen Gutachten von Dr. Mi. seien die psychosomatischen Zusammenhänge als Schmerzpatient mit chronischen Schmerzen nicht beleuchtet worden, überzeugt nicht. Aus dem Gutachten von Dr. Mi. ergibt sich vielmehr, dass auch die umfangreiche Diagnostik keinerlei Hinweise auf klinisch relevante Störungen, vor allem im Sinne einer Somatisierungsstörung mit Leitsymptom Schmerz, sowie keine Hinweise für das Vorliegen einer klinisch relevanten Angst- oder depressiven Störung ergeben hat. Diese Einschätzung ist auch unter Berücksichtigung des anlässlich dieser Untersuchung geschilderten Tagesablaufs überzeugend, wonach sich der Kläger mit Aufräumen und Staubsaugen im Haushalt sowie bei der Gartenarbeit und der Betreuung der Enkel aktiv einsetzt.
Soweit der Kläger in Bezug auf die erneute Stellungnahme von Dr. Dl. geltend macht, dass es nach den Ausführungen des Gutachters durchaus möglich sei, bei dem vorliegenden Erkrankungsbild unter starken chronischen Schmerzen zu leiden, was bei ihm der Fall sei, stellt dies die Gesamtbewertung seiner Erkrankungen nicht in Frage. Zwar hat Dr. Dl. in seiner Stellungnahme vom 11. Mai 2009 in der Tat ausgeführt, dass es außer Frage stehe, dass degenerative Veränderungen der Wirbelsäule nicht zwangsläufig mit starken chronischen Schmerzen einhergehen müssten, andererseits aber auch der Umkehrschluss nicht zulässig sei, dass ein Patient mit einer Spondylosis hyperostotica, Morbus Forestier, niemals Schmerzen habe. Dieser Umstand hat aber bereits in seine - nunmehr korrigierte - Gesamtbewertung Eingang gefunden.
Auch der Einwand des Klägers, dass es keine Arbeitsstellen gebe, die seinen Beeinträchtigungen entsprächen, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn § 43 Abs. 3 SGB VI stellt nach der amtlichen Begründung klar, dass bei der Prüfung der Erwerbsminderung leistungsgeminderter, aber noch vollschichtig – jetzt sechsstündig – einsatzfähiger Versicherter die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht berücksichtigt werden soll (Bundestagsdrucksache 13/3697 S. 4). Die Aussichten, auf dem Arbeitsmarkt einen Arbeitsplatz zu finden, sind also bei der Beurteilung einer Erwerbsminderung nach dem eindeutigen Wortlaut des § 43 Abs. 3 SGB VI nicht zu beachten.
Schließlich bedingen auch die qualitativen Einschränkungen der Leistungsfähigkeit des Klägers weder nach ihrer Art noch in der Gesamtheit eine so weitgehende Einengung der noch zumutbaren Tätigkeiten, dass die Gefahr der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes bestanden hätte. In diesem Fall wäre trotz eines sechsstündigen Leistungsvermögens von einer vollen Erwerbsminderung auszugehen, wenn von der Beklagten kein leidensgerechter Arbeitsplatz benannt werden könnte. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) werden hierbei als Fallgruppen Einschränkungen genannt aufgrund schwerer spezifischer Leistungsbehinderung wie z. B. Einarmigkeit bei gleichzeitiger Einäugigkeit (SozR 2200 § 1246 Nr. 30), das Vorliegen besonderer Schwierigkeiten hinsichtlich der Gewöhnung und Anpassung an einen neuen Arbeitsplatz (SozR 2200 § 1246 Nr. 104 und 117), die Notwendigkeit von zwei zusätzlich erforderlichen Arbeitspausen von je 15 Minuten (SozR 2200 § 1246 Nr. 136) oder von drei zusätzlich erforderlichen Arbeitspausen von zehn Minuten je Arbeitstag (BSG, Urteil vom 20.08.1997 - 13 RJ 39/96 - (juris)), Einschränkungen bei Arm- und Handbewegungen, Erforderlichkeit eines halbstündigen Wechsels vom Sitzen zum Gehen (SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8) oder Einschränkungen aufgrund regelmäßig einmal in der Woche auftretender Fieberschübe (SozR 3-2200 § 1247 Nr. 14). Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist dagegen insbesondere nicht erforderlich im Falle des Ausschlusses von Tätigkeiten, die überwiegendes Stehen oder ständiges Sitzen erfordern, in Nässe oder Kälte oder mit häufigem Bücken zu leisten sind, besondere Fingerfertigkeiten erfordern oder mit besonderen Unfallgefahren verbunden sind, bei Ausschluss von Arbeiten im Akkord, im Schichtdienst, an laufenden Maschinen, bei Ausschluss von Tätigkeiten, die besondere Anforderungen an das Seh-, Hör- oder Konzentrationsvermögen stellen, sowie bei Ausschluss von Tätigkeiten, die häufiges Bücken erfordern (vgl. zu allem BSG Großer Senat SozR 3–2600 § 44 Nr. 8 m.w.N.; vgl. weiter Bayerisches LSG, Urteil vom 27. Januar 2010 - L 13 R 300/09 - (juris)). Vorliegend bestehen beim Kläger insofern Einschränkungen der Leistungsfähigkeit, als er keine schweren und mittelschweren körperlichen Arbeiten mehr verrichten, keine Lasten über zehn bis fünfzehn Kilopond mehr heben und tragen und keine Arbeiten auf Leitern und Gerüsten ausüben darf sowie Nässe- und Kälteeinfluss sowie Zwangshaltungen der Wirbelsäule zu vermeiden sind. Insgesamt liegt damit aber noch keine derartige Einengung der noch zumutbaren Tätigkeiten vor, dass - vergleichbar mit den oben dargelegten Fallgruppen - die Gefahr der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes bestanden hätte. Einer konkreten Benennung eines noch zumutbaren Tätigkeitsfeldes bedarf es daher nicht. Auch die Wegefähigkeit ist weder in zeitlicher Hinsicht noch hinsichtlich der Wegstrecke oder der Nutzung bestimmter Verkehrsmittel eingeschränkt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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