Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 4 RA 617/03
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 R 104/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 16. Februar 2006 wird abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Oktober 2004 verpflichtet, den Bescheid vom 4. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2003 aufzuheben und den Bescheid vom 28. August 1997 abzuändern und die dem Verstorbenen gewährte Witwerrente ab dem 1. Mai 1999 unter Beachtung der Vorschrift des § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG neu zu berechnen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten beider Rechtszüge zu 20%. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die dem Verstorbenen gezahlte Witwerrente neu zu berechnen.
Die am ... 1921 geborene und am ... 1993 verstorbene Ehefrau (im Folgenden: Versicherte) des am. 2009 verstorbenen vormaligen Klägers (im Folgenden: Verstorbener) gehörte der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates an. Ab 1. August 1981 erhielt sie eine Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates. Die Beklagte überführte die Versorgung ab 1. Januar 1992 in die gesetzliche Rentenversicherung. Am 14. Januar 1994 beantragte der Verstorbene die Gewährung einer Witwerrente. Mit Bescheid vom 28. Juni 1994 stellte die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Zusatzversorgungsträger für die Versicherte die Zeiträume vom 15. August 1956 bis zum 16. Oktober 1960, vom 17. Juli 1961 bis zum 21. September 1969 und vom 24. November 1969 bis zum 31. Mai 1981 als Zeiten der Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates fest. Mit Bescheid vom 27. April 1995 stellte die Beklagte die Rente der Versicherten für den Zeitraum vom 1. Juli 1990 bis zum 31. Oktober 1993 neu fest. Mit Bescheid vom 11. August 1995 gewährte die Beklagte dem Verstorbenen für den Zeitraum ab 1. November 1993 große Witwerrente. Die Bescheide vom 28. Juni 1994, vom 27. April 1995 und vom 11. August 1995 wurden bestandskräftig.
Am 20. Februar 1997 erließ die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Zusatzversorgungsträger für die Versicherte unter Anwendung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG-ÄndG) vom 11. November 1996 (BGBl. I S. 1674) einen neuen Überführungsbescheid. Mit Bescheid vom 28. August 1997 stellte die Beklagte die Witwerrente des Verstorbenen für den Zeitraum ab 1. Januar 1997 unter Berücksichtigung des Bescheides vom 20. Februar 1997 neu fest. Dabei ergab sich eine Nachzahlung in Höhe von 150,30 DM, die die Beklagte vorläufig einbehielt. Die Bescheide vom 20. Februar 1997 und vom 28. August 1997 wurden bestandskräftig.
Am 28. Februar 2003 beantragte der Verstorbene alle ihm seit 1. Juli 1990 erteilten Rentenbescheide gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) zu überprüfen und ihm unter Änderung der Bescheide eine höhere Rente zu gewähren.
Mit Bescheid vom 4. April 2003 lehnte es die Beklagte ab, die Witwerrente des Verstorbenen unter Berücksichtigung des § 307 b des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (2. AAÜG-ÄndG) vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1939) neu festzustellen. Zur Begründung führte sie u. a. aus, nach § 307 b SGB VI in der neuen Fassung sei die Berechnung einer Vergleichsrente aus den Verdiensten der letzten 20 Jahre vor dem Ende der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit vorgesehen. Von der Vorschrift seien jedoch nur Bestandsrenten des Beitrittsgebiets erfasst, die aufgrund eines Leistungsanspruchs aus einem Sonder- bzw. Zusatzversorgungssystem nach dem AAÜG in die gesetzliche Rentenversicherung zu überführen gewesen seien. Bei der Witwerrente des Verstorbenen handle es sich jedoch nicht um eine solche Bestandsrente.
Mit Bescheid vom 10. April 2003 lehnte die Beklagte eine Anpassung des Auffüllbetrages, Renten- oder Übergangszuschlages entsprechend der Lohn- und Einkommensentwicklung in den neuen Bundesländern ab, da ein solcher Betrag nicht in der Rente des Verstorbenen enthalten sei.
Mit Schreiben vom 16. April 2003 teilte die Beklagte dem Verstorbenen mit, dass die Nachzahlung in Höhe von 76,85 EUR (150,30 DM, siehe Bescheid vom 28. August 1997) überwiesen werde, da ein Erstattungsanspruch Dritter nicht geltend gemacht worden sei.
Am 30. Mai 2003 erhob der Verstorbene gegen die Bescheide vom 4. April 2003 und vom 10. April 2003 und gegen die Mitteilung vom 16. April 2003 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheiden vom 17. September 2003 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 4. April 2003 und vom 10. April 2003 als verfristet zurück.
Am 17. Oktober 2003 hat der Verstorbene Klage bei dem Sozialgericht Magdeburg erhoben. Er hat ausgeführt, dass die Beklagte verpflichtet gewesen sei, die Widersprüche gegen die Bescheide vom 4. April 2003 und vom 10. April 2003 als Überprüfungsanträge auszulegen. Er beantrage daher nunmehr, einen entsprechenden Überprüfungsbescheid zu erteilen. Dabei solle die Beklagte die Rente der Versicherten als Ausgangspunkt für die Hinterbliebenenrente gem. § 307 b SGB VI berechnen, die Vergleichsberechnung nach § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG vornehmen, den garantierten Zahlbetrag ordnungsgemäß feststellen und dynamisieren, die Rentenanpassungen zum 1. Juli 2000 und danach entsprechend den verbindlichen Vorgaben des Einigungsvertrages und des Grundgesetzes durchführen und die verfassungswidrige Auferlegung der vollen Beitragslast zur Pflegeversicherung korrigieren.
Mit Bescheid vom 15. Oktober 2004 hat die Beklagte den Überprüfungsantrag, mit dem die "Berechnung einer Vergleichsrente beantragt" werde, abgelehnt. § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG sei am 1. Januar 1992 in Kraft getreten, wenn der Rentenbescheid am 28. April 1999 noch nicht bestandskräftig gewesen sei. Sei er dagegen an diesem Tag bestandskräftig gewesen, trete die Neuregelung am 1. Mai 1999 in Kraft. Vorliegend sei der Bescheid zu der nach § 307 b SGB VI berechneten Rente am 28. April 1999 bestandskräftig gewesen. Ein Anspruch auf diese nach § 307 b SGB VI berechnete Rente habe am 1. Mai 1999 nicht mehr bestanden. Eine Vergleichsberechnung nach § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG könne daher nicht erfolgen. Damit scheide auch eine Ermittlung der bei der Nachfolgerente zu schützenden Entgeltpunkte aus.
Mit Gerichtsbescheid vom 16. Februar 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Dabei hat es den sinngemäßen Antrag des Verstorbenen zugrunde gelegt, den Bescheid vom 4. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2003 sowie den Bescheid vom 15. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine Vergleichsberechnung der Regelaltersrente der Versicherten sowie der Witwerrente nach § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG vorzunehmen und dem Verstorbenen eine sich hieraus ergebende höhere Witwerrente zu zahlen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, der Bescheid vom 15. Oktober 2004 sei nach § 96 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Rechtstreits geworden, erweise sich jedoch als rechtmäßig und verletze den Verstorbenen nicht in seinen Rechten. Dieser habe weder einen Anspruch auf eine Vergleichsberechnung der Regelaltersrente der Versicherten noch seiner Witwerrente nach § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG. Die Regelaltersrentenfeststellung der Versicherten und die zugrundeliegenden Überführungsbescheide seien am 28. April 1999 bestandskräftig gewesen. Nach Art. 13 Abs. 1 und 5 des 2. AAÜG-ÄndG hätte die Regelaltersrente der Versicherten daher erst für Leistungszeiträume ab dem 1. Mai 1999 neu festgestellt werden können. Zu diesem Zeitpunkt sei die Regelaltersrente der Versicherten jedoch bereits weggefallen. Eine Vergleichsberechnung auf Grundlage der Verdienste der letzten 20 Jahre scheide daher aus. Der Verstorbene habe auch keinen Anspruch auf eine Vergleichsberechnung der Witwerrente nach § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG. Dafür sei Voraussetzung, dass es sich bei der Rente um eine Bestandsrente handele. Darunter sei eine Rente zu verstehen, die bereits vor dem 31. Januar 1991 (wohl gemeint 31. Dezember 1991) als Rente nach den Vorschriften der DDR gezahlt und zum 1. Januar 1992 in eine Rente nach dem SGB VI überführt worden sei. Bei der Witwerrente handele es sich nicht um eine solche Bestandsrente, da sie dem Verstorbenen erst ab 1. November 1993 bewilligt worden sei.
Gegen den ihm am 28. Februar 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Verstorbene am 3. März 2006 Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Er habe zumindest ab 1. Mai 1999 einen Anspruch auf die Vergleichsberechnung nach § 307 b SGB VI und verweist zur Begründung auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004, Az: B 4 RA 27/04).
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt wörtlich,
1. die Beklagte zu verpflichten, den Gerichtsbescheid vom 16.2.2006 sowie den Bescheid vom 4.4.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.8.2003 sowie den Bescheid vom 15.10.2004 aufzuheben und der Klägerin eine höhere Witwerrente sowie für die Verstorbene eine höhere Altersrente zu gewähren. Insbesondere sind dazu die bisher seit 1991 erteilten Rentenbescheide und alle weiteren Bescheide über die Höhe der Rente einschließlich der mit den Rentenanpassungsmitteilungen bekannt gegebenen Entscheidungen über die Rentenanpassungen/-angleichungen Ost an West seit dem 1.7.2000 abzuändern:
1.1. Die Beklagte hat dabei die Ansprüche auf Renten aus der SV und aus dem zusätzlichen Versorgungssystem, dem die Versicherte angehörte, in Übereinstimmung mit dem Zahlbetragsschutz des Einigungsvertrages zu berechnen, und zwar nach dem garantierten Zahlbetrag exakt nach dem Beispiel des Ausgangsfalles für das Leiturteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999 (BVerfGE 100, 1ff.), zum 31. Dezember 1991 erhöht um 6,84% und ab dem 1.7.1990 (für die Witwerrente zunächst fiktiv) angepasst wie die Löhne und Einkommen im Beitrittsgebiet, wobei nach der Entscheidung des BSG (B 4 RA 120/00 R) die Inflationsrate nicht unterschritten werden darf.
1.2. Gleichzeitig hat sie eine Vergleichsberechnung gemäß § 307b SGB VI i. d. F. des 2. AAÜG-ÄndG nach den Vorgaben des BVerfG vorzunehmen, wobei 49 Arbeitsjahre als rentenrechtliche Zeit festzustellen sind. Die Berechnung für die Witwerrente hat ab 1.11.1993, hilfsweise ab dem 1.5.1999 zu erfolgen.
1.3. Die Versichertenrente nach dem SGB VI ist im Rahmen der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze und nicht abgesenkt auf die verfassungswidrig abgesenkte besondere Beitragsbemessungsgrenze Ost (§§ 228a und 256a SGB VI) zu berechnen.
1.4. Die Rentenanpassungen sowie die Rentenangleichung Ost an West zum 1.7.2000 für die Witwerrente bis Januar 2009 nach den verbindlichen Vorgaben des EV und des GG an die Lohn- und Gehaltsentwicklung im Beitrittsgebiet durchzuführen, ohne Unterschreitung der Inflationsrate.
1.5. Der Klägerin ist der Zahlbetrag einschließlich der Nachzahlungen zu gewähren, der im Vergleich der auf den unterschiedlichen Rechtsgrundlagen erfolgten Rentenberechnungen am höchsten ist.
2. Die Klägerin regt weiter hilfsweise an, einen Beschluss gem. Art. 100 GG zu fassen und dem BVerfG die im Schriftsatz vom 20.11.2008 unter Punkt 3 aufgeworfenen Fragen zur Entscheidung vorzulegen,
ob die mit §§ 228a und 256a SGB VI durch das RÜG geschaffene besondere Beitragsbemessungsgrenze Ost, die für die Bürger, die in der DDR-SV pflichtversichert waren, ein von den allgemeinen Regelungen des SGB VI abweichendes nachteiliges Sonderrecht darstellt,
ob in einen rechtmäßig in der DDR abgeschlossenen Versicherungsvertrag bzw. in einen arbeitsrechtlichen Einzelvertrag, der ausdrücklich eine Vollversorgung zusicherte, durch den Gesetzgeber oder auf andere Weise im Zusammenhang mit der Herstellung der Einheit Deutschlands eingegriffen und der jeweils weiter geltende Vertrag bzw. die per Vorschrift dauerhaft gegebene Zusage aus dem einschlägigen Versorgungssystem als nichtig behandelt werden darf, und
ob nach den geltenden Bestimmungen und ihrer Umsetzung durch die Beklagte zur Klärung der Forderungen der Klägerin ein faires Verfahren garantiert war und
ob diese Regelungen und Verfahrensweisen mit dem GG übereinstimmen oder ob sie den Eigentumsschutz (Art. 14 GG), den Gleichheitssatz (Art. 3 GG) und das Gebot der schrittweisen Angleichung der Einkommens- und Lebensverhältnisse Ost an West (Art. 72 GG) verletzen und ein faires Verfahren ausschließen.
3. Die Klägerin beantragt, die Revision zuzulassen.
4. Die Klägerin beantragt, die Kosten des Verfahrens der Beklagten aufzuerlegen.
5. Der Antrag auf Beweiserhebung im Schriftsatz vom 28.7.2008 wird bekräftigt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Mit Schreiben vom 2. Dezember 2009 hat die Klägerin angezeigt, dass sie testamentarische Alleinerbin des Verstorbenen ist und eine Abschrift des Testaments eingereicht.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf deren Inhalt ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist teilweise begründet.
Die Klägerin hat als Alleinerbin des Verstorbenen einen Anspruch darauf (§ 1922 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)), dass die dem Verstorbenen gewährte Witwerrente ab 1. Mai 1999 nach der Vorschrift des § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG neu berechnet wird.
Dabei ist streitig, ob der Bescheid vom 15. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten ist, den bestandskräftigen Bescheid vom 4. April 2003, mit dem sie eine Abänderung des Witwerrentenbescheides vom 28. August 1997 nach § 48 Abs. 1 SGB X abgelehnt hat, nach § 44 Abs. 1 SGB X aufzuheben und den Witwerrentenbescheid entsprechend zu ändern. Der Bescheid vom 15. Oktober 2004 wurde Gegenstand des Klageverfahrens. Nach § 96 Abs. 1 SGG wird nämlich auch ein Bescheid einbezogen, der nach § 44 SGB X hinsichtlich des Streitgegenstandes eines anhängigen Klageverfahrens ergeht (siehe Behrend in Hennig u. a., SGG, § 96, Rdnr. 147). Streitgegenstand der am 17. Oktober 2003 bei dem Sozialgericht erhobenen Klage war, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Witwerrentenbescheid vom 28. August 1997 nach § 48 Abs. 1 SGB X abzuändern. Dies war auch Gegenstand des Überprüfungsbescheides vom 15. Oktober 2004.
Ein wörtlich dementsprechender Antrag wurde im Berufungsverfahren nicht gestellt. Gemäß §§ 153 Abs. 1, 123 SGG entscheidet das Landessozialgericht jedoch über den vom Kläger erhobenen Anspruch, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Anspruch meint dabei das Klagebegehren des Klägers, nämlich das vom Kläger auf Grund eines bestimmten Sachverhalts an das Gericht gerichtete Begehren (siehe Keller in Meyer-Ladewig u. a., SGG, 9. Aufl., § 123, Rdnr. 3; Leitherer, a. a. O., § 95, Rdnr. 5). Bei der Auslegung wird darauf abgestellt, dass die Klägerin erkennbar eine Berechnung der Witwerrente nach § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG begehrt. Dazu ist der Bescheid vom 28. August 1997 nach § 48 Abs. 1 SGB X abzuändern und der dies ablehnende Bescheid vom 4. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2003 aufzuheben.
Als es die Beklagte mit Bescheid vom 4. April 2003 ablehnte, die Witwerrente des Verstorbenen nach § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG neu zu berechnen, hat sie das Recht unrichtig angewandt. Es besteht daher ein Anspruch darauf, dass die Beklagte diesen Bescheid nach § 44 SGB X zurücknimmt. Der dies ablehnende Bescheid vom 15. Oktober 2004 ist daher aufzuheben.
Die dem Verstorbenen ab 1. November 1993 gewährte Witwerrente fällt unter die Regelung des § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG. Die Witwerrente ist zwar keine Bestandsrente nach § 307 b Abs. 1 Satz 1 SGB VI. Der Anspruch auf Neuberechnung der Rente ergibt sich jedoch aus den Übergangsvorschriften des 2. AAÜG-ÄndG, die ihrerseits das sog. Rechtsfolgenmanagement im Urteil des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 28. April 1999, BVerfGE 100, 104) umgesetzt haben (BSG; Urteil vom 19. November 2009, Az: B 13 R 113/08 R, dokumentiert in juris, Rdnr. 15). Nach § 66 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI sind bei einer Witwerrente Grundlage für die Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte die Entgeltpunkte der (verstorbenen) Versicherten. Wenn diese unter Anwendung der mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärten Norm des § 307 b SGB VI alter Fassung berechnet worden sind, beruht in Anwendung von § 66 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI hierauf auch die Witwerrente (BSG, a. a. O., Rdnr. 21).
Dies ist vorliegend der Fall. Die Rente der Versicherten ist eine Bestandsrente nach § 307 b SGB VI. Die Witwerrente des Verstorbenen wurde nach § 66 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI aus den Entgeltpunkten der Versicherten berechnet.
Die Witwerrente des Verstorbenen ist allerdings erst ab 1. Mai 1999 neu zu berechnen. Dies ergibt sich aus Art. 13 Abs. 1 des 2. AAÜG-ÄndG. Die Sonderregelung des Art. 13 Abs 5 des 2. AAÜG-ÄndG, wonach Art. 2 Nr. 5 des 2. AAÜG-ÄndG (also § 307b SGB VI neue Fassung) mit Wirkung vom 1. Januar 1992 für Personen in Kraft tritt, für die am 28. April 1999 ein Rentenbescheid noch nicht bindend war, ist nicht einschlägig. Sowohl die Bescheide der Beklagten, mit denen sie in ihrer Eigenschaft als Zusatzversorgungsträger für die Versicherte Zusatzversorgungszeiten festgestellt hatte, als auch der Bescheid vom 27. April 1995, mit denen die Beklagte die Rente der Versicherten für den Zeitraum vom 1. Juli 1990 bis zum 31. Oktober 1993 neu festgestellt hatte, waren am 28. April 1999 bestandskräftig. Ob die Witwerrentenbescheide am 28. April 1999 bestandskräftig waren, ist dabei ohne Belang. Rentenbescheid im Sinne des Art. 13 Abs. 5 des 2. AAÜG-ÄndG ist nur ein Bescheid über eine nach § 307 b SGB VI umgewertete Bestandsrente (BSG, a. a. O., Rdnr. 23).
Es besteht jedoch kein Anspruch, auch die der Verstorbenen gewährte Altersrente neu zu berechnen, da diese Rente ab Mai 1999 nicht mehr gewährt worden ist.
Auch die weiteren Anträge haben keinen Erfolg.
Soweit mit den Antrag zu 1. begehrt wird, dem Verstorbenen erteilte bestandskräftige Rentenbescheide gem. § 44 Abs. 1 SGB X zu überprüfen und dazu unter 1.1. bis 1.5. nähere Berechnungsmodalitäten aufgeführt werden, ist die Klage bereits unzulässig. Die Beklagte hat bisher keinen entsprechenden Bescheid nach § 44 SGB X erlassen. Der Bescheid vom 4. April 2003 hingegen war ein Bescheid nach § 48 SGB X. Diese Vorschrift ist einschlägig, wenn ein Dauerverwaltungsakt abzuändern ist, weil eine Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eingetreten ist (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Bescheid vom 4. April 2003 erging in Hinsicht auf die Änderung des § 307 b SGB VI durch das 2. AAÜG-ÄndG. Damit lag eine Änderung in den rechtlichen Verhältnissen nach Erlass des Witwerrentenbescheides vom 28. August 1997 vor. Hätte die Beklagte am 4. April 2003 eine für den Verstorbenen positive Entscheidung getroffen, hätte sie die Abänderung des Witwerrentenbescheides auf § 48 SGB X stützen müssen. Der Bescheid vom 15. Oktober 2004 war dann zwar ein Bescheid nach § 44 SGB X. Er erfasste aber nur den Bescheid vom 4. April 2003. Dies ergibt sich aus dem Bescheidtext. Auch der Verstorbene konnte den Bescheid nur so verstehen, hatte er doch selber darauf hingewiesen, dass seine verfristete Widerspruchserhebung am 30. Mai 2003 gegen den Bescheid vom 4. April 2003 als Überprüfungsantrag zu werten sei. Der Bescheid vom 10. April 2003 ist hingegen wegen der verfristeten Widerspruchserhebung am 30. Mai 2003 bestandskräftig. Über den Überprüfungsantrag in Hinsicht auf den Bescheid ist von der Beklagten nicht entschieden worden. Der Bescheid vom 15. Oktober 2004 erging nur in Bezug auf den Bescheid vom 4. April 2003.
Auf die mit dem Antrag zu 1. in Verbindung stehenden Anträge zu 2. (Vorlage beim Bundesverfassungsgericht) und zu 5. (Beweisantrag) muss daher nicht weiter eingegangen werden. Über die Anträge zu 3. und 4. entscheidet der Senat von Amts wegen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG bestehen nicht.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die dem Verstorbenen gezahlte Witwerrente neu zu berechnen.
Die am ... 1921 geborene und am ... 1993 verstorbene Ehefrau (im Folgenden: Versicherte) des am. 2009 verstorbenen vormaligen Klägers (im Folgenden: Verstorbener) gehörte der freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates an. Ab 1. August 1981 erhielt sie eine Altersversorgung für Mitarbeiter des Staatsapparates. Die Beklagte überführte die Versorgung ab 1. Januar 1992 in die gesetzliche Rentenversicherung. Am 14. Januar 1994 beantragte der Verstorbene die Gewährung einer Witwerrente. Mit Bescheid vom 28. Juni 1994 stellte die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Zusatzversorgungsträger für die Versicherte die Zeiträume vom 15. August 1956 bis zum 16. Oktober 1960, vom 17. Juli 1961 bis zum 21. September 1969 und vom 24. November 1969 bis zum 31. Mai 1981 als Zeiten der Zugehörigkeit zur freiwilligen zusätzlichen Altersversorgung für hauptamtliche Mitarbeiter des Staatsapparates fest. Mit Bescheid vom 27. April 1995 stellte die Beklagte die Rente der Versicherten für den Zeitraum vom 1. Juli 1990 bis zum 31. Oktober 1993 neu fest. Mit Bescheid vom 11. August 1995 gewährte die Beklagte dem Verstorbenen für den Zeitraum ab 1. November 1993 große Witwerrente. Die Bescheide vom 28. Juni 1994, vom 27. April 1995 und vom 11. August 1995 wurden bestandskräftig.
Am 20. Februar 1997 erließ die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Zusatzversorgungsträger für die Versicherte unter Anwendung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) in der Fassung des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG-ÄndG) vom 11. November 1996 (BGBl. I S. 1674) einen neuen Überführungsbescheid. Mit Bescheid vom 28. August 1997 stellte die Beklagte die Witwerrente des Verstorbenen für den Zeitraum ab 1. Januar 1997 unter Berücksichtigung des Bescheides vom 20. Februar 1997 neu fest. Dabei ergab sich eine Nachzahlung in Höhe von 150,30 DM, die die Beklagte vorläufig einbehielt. Die Bescheide vom 20. Februar 1997 und vom 28. August 1997 wurden bestandskräftig.
Am 28. Februar 2003 beantragte der Verstorbene alle ihm seit 1. Juli 1990 erteilten Rentenbescheide gemäß § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) zu überprüfen und ihm unter Änderung der Bescheide eine höhere Rente zu gewähren.
Mit Bescheid vom 4. April 2003 lehnte es die Beklagte ab, die Witwerrente des Verstorbenen unter Berücksichtigung des § 307 b des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) in der Fassung des Zweiten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (2. AAÜG-ÄndG) vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1939) neu festzustellen. Zur Begründung führte sie u. a. aus, nach § 307 b SGB VI in der neuen Fassung sei die Berechnung einer Vergleichsrente aus den Verdiensten der letzten 20 Jahre vor dem Ende der letzten versicherungspflichtigen Beschäftigung oder Tätigkeit vorgesehen. Von der Vorschrift seien jedoch nur Bestandsrenten des Beitrittsgebiets erfasst, die aufgrund eines Leistungsanspruchs aus einem Sonder- bzw. Zusatzversorgungssystem nach dem AAÜG in die gesetzliche Rentenversicherung zu überführen gewesen seien. Bei der Witwerrente des Verstorbenen handle es sich jedoch nicht um eine solche Bestandsrente.
Mit Bescheid vom 10. April 2003 lehnte die Beklagte eine Anpassung des Auffüllbetrages, Renten- oder Übergangszuschlages entsprechend der Lohn- und Einkommensentwicklung in den neuen Bundesländern ab, da ein solcher Betrag nicht in der Rente des Verstorbenen enthalten sei.
Mit Schreiben vom 16. April 2003 teilte die Beklagte dem Verstorbenen mit, dass die Nachzahlung in Höhe von 76,85 EUR (150,30 DM, siehe Bescheid vom 28. August 1997) überwiesen werde, da ein Erstattungsanspruch Dritter nicht geltend gemacht worden sei.
Am 30. Mai 2003 erhob der Verstorbene gegen die Bescheide vom 4. April 2003 und vom 10. April 2003 und gegen die Mitteilung vom 16. April 2003 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheiden vom 17. September 2003 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 4. April 2003 und vom 10. April 2003 als verfristet zurück.
Am 17. Oktober 2003 hat der Verstorbene Klage bei dem Sozialgericht Magdeburg erhoben. Er hat ausgeführt, dass die Beklagte verpflichtet gewesen sei, die Widersprüche gegen die Bescheide vom 4. April 2003 und vom 10. April 2003 als Überprüfungsanträge auszulegen. Er beantrage daher nunmehr, einen entsprechenden Überprüfungsbescheid zu erteilen. Dabei solle die Beklagte die Rente der Versicherten als Ausgangspunkt für die Hinterbliebenenrente gem. § 307 b SGB VI berechnen, die Vergleichsberechnung nach § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG vornehmen, den garantierten Zahlbetrag ordnungsgemäß feststellen und dynamisieren, die Rentenanpassungen zum 1. Juli 2000 und danach entsprechend den verbindlichen Vorgaben des Einigungsvertrages und des Grundgesetzes durchführen und die verfassungswidrige Auferlegung der vollen Beitragslast zur Pflegeversicherung korrigieren.
Mit Bescheid vom 15. Oktober 2004 hat die Beklagte den Überprüfungsantrag, mit dem die "Berechnung einer Vergleichsrente beantragt" werde, abgelehnt. § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG sei am 1. Januar 1992 in Kraft getreten, wenn der Rentenbescheid am 28. April 1999 noch nicht bestandskräftig gewesen sei. Sei er dagegen an diesem Tag bestandskräftig gewesen, trete die Neuregelung am 1. Mai 1999 in Kraft. Vorliegend sei der Bescheid zu der nach § 307 b SGB VI berechneten Rente am 28. April 1999 bestandskräftig gewesen. Ein Anspruch auf diese nach § 307 b SGB VI berechnete Rente habe am 1. Mai 1999 nicht mehr bestanden. Eine Vergleichsberechnung nach § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG könne daher nicht erfolgen. Damit scheide auch eine Ermittlung der bei der Nachfolgerente zu schützenden Entgeltpunkte aus.
Mit Gerichtsbescheid vom 16. Februar 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Dabei hat es den sinngemäßen Antrag des Verstorbenen zugrunde gelegt, den Bescheid vom 4. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2003 sowie den Bescheid vom 15. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, eine Vergleichsberechnung der Regelaltersrente der Versicherten sowie der Witwerrente nach § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG vorzunehmen und dem Verstorbenen eine sich hieraus ergebende höhere Witwerrente zu zahlen. Zur Begründung hat es u. a. ausgeführt, der Bescheid vom 15. Oktober 2004 sei nach § 96 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des Rechtstreits geworden, erweise sich jedoch als rechtmäßig und verletze den Verstorbenen nicht in seinen Rechten. Dieser habe weder einen Anspruch auf eine Vergleichsberechnung der Regelaltersrente der Versicherten noch seiner Witwerrente nach § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG. Die Regelaltersrentenfeststellung der Versicherten und die zugrundeliegenden Überführungsbescheide seien am 28. April 1999 bestandskräftig gewesen. Nach Art. 13 Abs. 1 und 5 des 2. AAÜG-ÄndG hätte die Regelaltersrente der Versicherten daher erst für Leistungszeiträume ab dem 1. Mai 1999 neu festgestellt werden können. Zu diesem Zeitpunkt sei die Regelaltersrente der Versicherten jedoch bereits weggefallen. Eine Vergleichsberechnung auf Grundlage der Verdienste der letzten 20 Jahre scheide daher aus. Der Verstorbene habe auch keinen Anspruch auf eine Vergleichsberechnung der Witwerrente nach § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG. Dafür sei Voraussetzung, dass es sich bei der Rente um eine Bestandsrente handele. Darunter sei eine Rente zu verstehen, die bereits vor dem 31. Januar 1991 (wohl gemeint 31. Dezember 1991) als Rente nach den Vorschriften der DDR gezahlt und zum 1. Januar 1992 in eine Rente nach dem SGB VI überführt worden sei. Bei der Witwerrente handele es sich nicht um eine solche Bestandsrente, da sie dem Verstorbenen erst ab 1. November 1993 bewilligt worden sei.
Gegen den ihm am 28. Februar 2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Verstorbene am 3. März 2006 Berufung bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. Er habe zumindest ab 1. Mai 1999 einen Anspruch auf die Vergleichsberechnung nach § 307 b SGB VI und verweist zur Begründung auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004, Az: B 4 RA 27/04).
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt wörtlich,
1. die Beklagte zu verpflichten, den Gerichtsbescheid vom 16.2.2006 sowie den Bescheid vom 4.4.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.8.2003 sowie den Bescheid vom 15.10.2004 aufzuheben und der Klägerin eine höhere Witwerrente sowie für die Verstorbene eine höhere Altersrente zu gewähren. Insbesondere sind dazu die bisher seit 1991 erteilten Rentenbescheide und alle weiteren Bescheide über die Höhe der Rente einschließlich der mit den Rentenanpassungsmitteilungen bekannt gegebenen Entscheidungen über die Rentenanpassungen/-angleichungen Ost an West seit dem 1.7.2000 abzuändern:
1.1. Die Beklagte hat dabei die Ansprüche auf Renten aus der SV und aus dem zusätzlichen Versorgungssystem, dem die Versicherte angehörte, in Übereinstimmung mit dem Zahlbetragsschutz des Einigungsvertrages zu berechnen, und zwar nach dem garantierten Zahlbetrag exakt nach dem Beispiel des Ausgangsfalles für das Leiturteil des Bundesverfassungsgerichts vom 28. April 1999 (BVerfGE 100, 1ff.), zum 31. Dezember 1991 erhöht um 6,84% und ab dem 1.7.1990 (für die Witwerrente zunächst fiktiv) angepasst wie die Löhne und Einkommen im Beitrittsgebiet, wobei nach der Entscheidung des BSG (B 4 RA 120/00 R) die Inflationsrate nicht unterschritten werden darf.
1.2. Gleichzeitig hat sie eine Vergleichsberechnung gemäß § 307b SGB VI i. d. F. des 2. AAÜG-ÄndG nach den Vorgaben des BVerfG vorzunehmen, wobei 49 Arbeitsjahre als rentenrechtliche Zeit festzustellen sind. Die Berechnung für die Witwerrente hat ab 1.11.1993, hilfsweise ab dem 1.5.1999 zu erfolgen.
1.3. Die Versichertenrente nach dem SGB VI ist im Rahmen der allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze und nicht abgesenkt auf die verfassungswidrig abgesenkte besondere Beitragsbemessungsgrenze Ost (§§ 228a und 256a SGB VI) zu berechnen.
1.4. Die Rentenanpassungen sowie die Rentenangleichung Ost an West zum 1.7.2000 für die Witwerrente bis Januar 2009 nach den verbindlichen Vorgaben des EV und des GG an die Lohn- und Gehaltsentwicklung im Beitrittsgebiet durchzuführen, ohne Unterschreitung der Inflationsrate.
1.5. Der Klägerin ist der Zahlbetrag einschließlich der Nachzahlungen zu gewähren, der im Vergleich der auf den unterschiedlichen Rechtsgrundlagen erfolgten Rentenberechnungen am höchsten ist.
2. Die Klägerin regt weiter hilfsweise an, einen Beschluss gem. Art. 100 GG zu fassen und dem BVerfG die im Schriftsatz vom 20.11.2008 unter Punkt 3 aufgeworfenen Fragen zur Entscheidung vorzulegen,
ob die mit §§ 228a und 256a SGB VI durch das RÜG geschaffene besondere Beitragsbemessungsgrenze Ost, die für die Bürger, die in der DDR-SV pflichtversichert waren, ein von den allgemeinen Regelungen des SGB VI abweichendes nachteiliges Sonderrecht darstellt,
ob in einen rechtmäßig in der DDR abgeschlossenen Versicherungsvertrag bzw. in einen arbeitsrechtlichen Einzelvertrag, der ausdrücklich eine Vollversorgung zusicherte, durch den Gesetzgeber oder auf andere Weise im Zusammenhang mit der Herstellung der Einheit Deutschlands eingegriffen und der jeweils weiter geltende Vertrag bzw. die per Vorschrift dauerhaft gegebene Zusage aus dem einschlägigen Versorgungssystem als nichtig behandelt werden darf, und
ob nach den geltenden Bestimmungen und ihrer Umsetzung durch die Beklagte zur Klärung der Forderungen der Klägerin ein faires Verfahren garantiert war und
ob diese Regelungen und Verfahrensweisen mit dem GG übereinstimmen oder ob sie den Eigentumsschutz (Art. 14 GG), den Gleichheitssatz (Art. 3 GG) und das Gebot der schrittweisen Angleichung der Einkommens- und Lebensverhältnisse Ost an West (Art. 72 GG) verletzen und ein faires Verfahren ausschließen.
3. Die Klägerin beantragt, die Revision zuzulassen.
4. Die Klägerin beantragt, die Kosten des Verfahrens der Beklagten aufzuerlegen.
5. Der Antrag auf Beweiserhebung im Schriftsatz vom 28.7.2008 wird bekräftigt.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Mit Schreiben vom 2. Dezember 2009 hat die Klägerin angezeigt, dass sie testamentarische Alleinerbin des Verstorbenen ist und eine Abschrift des Testaments eingereicht.
Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf deren Inhalt ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach §§ 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist teilweise begründet.
Die Klägerin hat als Alleinerbin des Verstorbenen einen Anspruch darauf (§ 1922 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB)), dass die dem Verstorbenen gewährte Witwerrente ab 1. Mai 1999 nach der Vorschrift des § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG neu berechnet wird.
Dabei ist streitig, ob der Bescheid vom 15. Oktober 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten ist, den bestandskräftigen Bescheid vom 4. April 2003, mit dem sie eine Abänderung des Witwerrentenbescheides vom 28. August 1997 nach § 48 Abs. 1 SGB X abgelehnt hat, nach § 44 Abs. 1 SGB X aufzuheben und den Witwerrentenbescheid entsprechend zu ändern. Der Bescheid vom 15. Oktober 2004 wurde Gegenstand des Klageverfahrens. Nach § 96 Abs. 1 SGG wird nämlich auch ein Bescheid einbezogen, der nach § 44 SGB X hinsichtlich des Streitgegenstandes eines anhängigen Klageverfahrens ergeht (siehe Behrend in Hennig u. a., SGG, § 96, Rdnr. 147). Streitgegenstand der am 17. Oktober 2003 bei dem Sozialgericht erhobenen Klage war, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Witwerrentenbescheid vom 28. August 1997 nach § 48 Abs. 1 SGB X abzuändern. Dies war auch Gegenstand des Überprüfungsbescheides vom 15. Oktober 2004.
Ein wörtlich dementsprechender Antrag wurde im Berufungsverfahren nicht gestellt. Gemäß §§ 153 Abs. 1, 123 SGG entscheidet das Landessozialgericht jedoch über den vom Kläger erhobenen Anspruch, ohne an die Fassung der Anträge gebunden zu sein. Anspruch meint dabei das Klagebegehren des Klägers, nämlich das vom Kläger auf Grund eines bestimmten Sachverhalts an das Gericht gerichtete Begehren (siehe Keller in Meyer-Ladewig u. a., SGG, 9. Aufl., § 123, Rdnr. 3; Leitherer, a. a. O., § 95, Rdnr. 5). Bei der Auslegung wird darauf abgestellt, dass die Klägerin erkennbar eine Berechnung der Witwerrente nach § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG begehrt. Dazu ist der Bescheid vom 28. August 1997 nach § 48 Abs. 1 SGB X abzuändern und der dies ablehnende Bescheid vom 4. April 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2003 aufzuheben.
Als es die Beklagte mit Bescheid vom 4. April 2003 ablehnte, die Witwerrente des Verstorbenen nach § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG neu zu berechnen, hat sie das Recht unrichtig angewandt. Es besteht daher ein Anspruch darauf, dass die Beklagte diesen Bescheid nach § 44 SGB X zurücknimmt. Der dies ablehnende Bescheid vom 15. Oktober 2004 ist daher aufzuheben.
Die dem Verstorbenen ab 1. November 1993 gewährte Witwerrente fällt unter die Regelung des § 307 b SGB VI in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG. Die Witwerrente ist zwar keine Bestandsrente nach § 307 b Abs. 1 Satz 1 SGB VI. Der Anspruch auf Neuberechnung der Rente ergibt sich jedoch aus den Übergangsvorschriften des 2. AAÜG-ÄndG, die ihrerseits das sog. Rechtsfolgenmanagement im Urteil des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 28. April 1999, BVerfGE 100, 104) umgesetzt haben (BSG; Urteil vom 19. November 2009, Az: B 13 R 113/08 R, dokumentiert in juris, Rdnr. 15). Nach § 66 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI sind bei einer Witwerrente Grundlage für die Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte die Entgeltpunkte der (verstorbenen) Versicherten. Wenn diese unter Anwendung der mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärten Norm des § 307 b SGB VI alter Fassung berechnet worden sind, beruht in Anwendung von § 66 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI hierauf auch die Witwerrente (BSG, a. a. O., Rdnr. 21).
Dies ist vorliegend der Fall. Die Rente der Versicherten ist eine Bestandsrente nach § 307 b SGB VI. Die Witwerrente des Verstorbenen wurde nach § 66 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI aus den Entgeltpunkten der Versicherten berechnet.
Die Witwerrente des Verstorbenen ist allerdings erst ab 1. Mai 1999 neu zu berechnen. Dies ergibt sich aus Art. 13 Abs. 1 des 2. AAÜG-ÄndG. Die Sonderregelung des Art. 13 Abs 5 des 2. AAÜG-ÄndG, wonach Art. 2 Nr. 5 des 2. AAÜG-ÄndG (also § 307b SGB VI neue Fassung) mit Wirkung vom 1. Januar 1992 für Personen in Kraft tritt, für die am 28. April 1999 ein Rentenbescheid noch nicht bindend war, ist nicht einschlägig. Sowohl die Bescheide der Beklagten, mit denen sie in ihrer Eigenschaft als Zusatzversorgungsträger für die Versicherte Zusatzversorgungszeiten festgestellt hatte, als auch der Bescheid vom 27. April 1995, mit denen die Beklagte die Rente der Versicherten für den Zeitraum vom 1. Juli 1990 bis zum 31. Oktober 1993 neu festgestellt hatte, waren am 28. April 1999 bestandskräftig. Ob die Witwerrentenbescheide am 28. April 1999 bestandskräftig waren, ist dabei ohne Belang. Rentenbescheid im Sinne des Art. 13 Abs. 5 des 2. AAÜG-ÄndG ist nur ein Bescheid über eine nach § 307 b SGB VI umgewertete Bestandsrente (BSG, a. a. O., Rdnr. 23).
Es besteht jedoch kein Anspruch, auch die der Verstorbenen gewährte Altersrente neu zu berechnen, da diese Rente ab Mai 1999 nicht mehr gewährt worden ist.
Auch die weiteren Anträge haben keinen Erfolg.
Soweit mit den Antrag zu 1. begehrt wird, dem Verstorbenen erteilte bestandskräftige Rentenbescheide gem. § 44 Abs. 1 SGB X zu überprüfen und dazu unter 1.1. bis 1.5. nähere Berechnungsmodalitäten aufgeführt werden, ist die Klage bereits unzulässig. Die Beklagte hat bisher keinen entsprechenden Bescheid nach § 44 SGB X erlassen. Der Bescheid vom 4. April 2003 hingegen war ein Bescheid nach § 48 SGB X. Diese Vorschrift ist einschlägig, wenn ein Dauerverwaltungsakt abzuändern ist, weil eine Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eingetreten ist (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Der Bescheid vom 4. April 2003 erging in Hinsicht auf die Änderung des § 307 b SGB VI durch das 2. AAÜG-ÄndG. Damit lag eine Änderung in den rechtlichen Verhältnissen nach Erlass des Witwerrentenbescheides vom 28. August 1997 vor. Hätte die Beklagte am 4. April 2003 eine für den Verstorbenen positive Entscheidung getroffen, hätte sie die Abänderung des Witwerrentenbescheides auf § 48 SGB X stützen müssen. Der Bescheid vom 15. Oktober 2004 war dann zwar ein Bescheid nach § 44 SGB X. Er erfasste aber nur den Bescheid vom 4. April 2003. Dies ergibt sich aus dem Bescheidtext. Auch der Verstorbene konnte den Bescheid nur so verstehen, hatte er doch selber darauf hingewiesen, dass seine verfristete Widerspruchserhebung am 30. Mai 2003 gegen den Bescheid vom 4. April 2003 als Überprüfungsantrag zu werten sei. Der Bescheid vom 10. April 2003 ist hingegen wegen der verfristeten Widerspruchserhebung am 30. Mai 2003 bestandskräftig. Über den Überprüfungsantrag in Hinsicht auf den Bescheid ist von der Beklagten nicht entschieden worden. Der Bescheid vom 15. Oktober 2004 erging nur in Bezug auf den Bescheid vom 4. April 2003.
Auf die mit dem Antrag zu 1. in Verbindung stehenden Anträge zu 2. (Vorlage beim Bundesverfassungsgericht) und zu 5. (Beweisantrag) muss daher nicht weiter eingegangen werden. Über die Anträge zu 3. und 4. entscheidet der Senat von Amts wegen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG bestehen nicht.
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