L 19 R 696/06

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 R 881/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 696/06
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Frage der vollen Erwerbsminderung eines Versicherten (hier: psychische Erkrankung).
I. Das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 08.09.2006 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.




Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger über den 31.01.2005 hinaus einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer gegen die Beklagte hat.

Der 1955 in der ehemaligen DDR geborene Kläger hat den Beruf eines Baufacharbeiters (Maurers) gelernt, den er nach Abschluss der Lehre im Jahr 1974 auch bis Oktober 1978 ausgeübt hatte. Nach Absolvierung des Wehrdienstes bei der NVA für die Dauer von 1 1/2 Jahren war der Kläger bis 1986 als Angestellter im Justizvollzug tätig. Anschließend hat er ein Jahr im Wellpappenwerk A. gearbeitet, bis 1993 war er anschließend bei einem Möbelhandel tätig. 1993 übersiedelte der Kläger in die Bundesrepublik Deutschland, wo er von 1993 bis 1999 wieder als Maurer versicherungspflichtig beschäftigt war. Anschließend war der Kläger arbeitslos. Im November 2000 stellte er erstmals einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit, der mit Bescheid vom 20.06.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.12.2001 zunächst abgelehnt worden war. Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Nürnberg (SG) mit dem Az. S 18 RJ 25/02 wurde nach Einholung entsprechender Befundberichte und Gutachten sowie nach Vorlage eines Reha-Entlassungsberichtes über einen stationären Aufenthalt des Klägers in der Reha-Einrichtung D. im Mai/Juni 2003 im Wege des Abschlusses eines Prozessvergleiches am 21.01.2004 dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit unter Annahme eines Leistungsfalles vom 03.07.2003 (Entlassung aus der stationären Reha-Maßnahme) für die Zeit vom 01.02.2004 bis 31.01.2005 bewilligt.

Am 24.09.2004 beantragte der Kläger die Weitergewährung der vollen Erwerbsminderungsrente über den 31.01.2005 hinaus. Die Beklagte holte nach Beiziehung ärztlicher Befundunterlagen ein chirurgisch-orthopädisches Gutachten von Dr.L. ein, der am 26.11.2004 zu dem Ergebnis kam, dass der Kläger seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maurer nur noch unter 3 Stunden ausüben könne, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes jedoch im Umfang von mehr als 6 Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen. Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 07.12.2004 den Antrag auf Weiterzahlung der vollen Erwerbsminderungsrente über den 31.01.2005 hinaus ab. Aufgrund des hiergegen eingelegten Widerspruchs holte die Beklagte ein neurologisches Gutachten von Dr.D. ein, der am 06.05.2005 zu dem Ergebnis kam, dass der Kläger seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Maurer nur noch unter 3 Stunden, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes allerdings im Umfang von mehr als 6 Stunden täglich verrichten könne. Für adäquate Verweisungsberufe verfüge der Kläger jedoch nicht mehr über das erforderliche Umstellungsvermögen. Die Beklagte bewilligte daraufhin mit Bescheid vom 23.05.2005 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit als Zeitrente für die Dauer vom 01.02.2005 bis 31.01.2007 (mit Bescheiden vom 18.01.2007 und 11.08.2009 weitergewährt bis 31.10.2012). Im Übrigen wurde der Widerspruch gegen den Bescheid vom 07.12.2004 mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2005 als unbegründet zurückgewiesen.

Das SG hat nach Beiziehung ärztlicher Befundberichte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr.H. eingeholt, der am 25.05.2006 zu dem Ergebnis kam, dass der Kläger aufgrund der bei ihm bestehenden psychischen Erkrankungen nur noch in der Lage sei, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter 3 Stunden täglich auszuüben. Es liege eine somatoforme Schmerzstörung, eine rezidivierende depressive Störung sowie ein chronisches Schmerzsyndrom vor. Nachdem die Beklagte eine Stellungnahme des Neurologen Dr.D. vorgelegt hatte, wonach bei vergleichbaren Diagnosen die Bewertung des Restleistungsvermögens des Klägers sozialmedizinisch nicht nachvollziehbar sei, holte das SG eine ergänzende Stellungnahme von Dr.H. ein, der am 31.07.2006 darauf hinwies, dass das Leistungsvermögen aufgrund der bestehenden Comorbidität der Depression mit dem chronischen Schmerzsyndrom sowie die hirnorganisch bestehenden Veränderungen durch früheren Alkoholmissbrauch und die dadurch bedingte Persönlichkeitsänderung auf unter 3 Stunden auch für den allgemeinen Arbeitsmarkt reduziert sei. Das SG hat daraufhin mit Urteil vom 08.09.2006 die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 07.12.2004 und vom 23.05.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2005 verurteilt, dem Kläger eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer über den 31.01.2005 hinaus in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Zur Begründung hat sich das SG in erster Linie auf das Gutachten Dr.H. gestützt, der das eingeschränkte Restleistungsvermögen des Klägers durch die bestehende Comorbidität begründet hat. Die Beklagte habe dem Kläger bereits aufgrund der bestehenden Arthrose des Kniegelenkes eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zuerkannt und zwischenzeitlich hätten sich weitergehende Erkrankungen auf psychischem Gebiet eingestellt. Die Einholung eines weiteren Gutachtens sei nicht erforderlich gewesen, da der gerichtliche Sachverständige Dr.H. auch in der Lage sei, die beim Kläger vorliegenden orthopädischen Beschwerden, die hinreichend dokumentiert seien, im Hinblick auf sein Leistungsvermögen zu beurteilen.

Zur Begründung der am 13.10.2006 beim Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung trägt die Beklagte vor, dass nach den vorliegenden Befunden der Schwerpunkt der Leistungsbeeinträchtigung beim Kläger auf orthopädischem Fachgebiet liege, so dass auch die Einholung eines entsprechenden Gutachtens durch das SG notwendig gewesen wäre. In den bereits eingeholten Gutachten sei Aggravation des Klägers festgehalten. Hiermit setze sich der gerichtliche Sachverständige Dr.H. nicht ausreichend auseinander. Die Bewertung des Ausmaßes der psychischen Erkrankung durch Dr.H. sei fehlerhaft. Insbesondere könne nicht nachvollzogen werden, weshalb die Alkoholerkrankung des Klägers zur Begründung herangezogen werde, nachdem der Kläger bereits seit 1992 nachweislich alkoholabstinent sei. Sollten überhaupt hirnorganische Veränderungen bestanden haben, so seien diese weder nachgewiesen und zum anderen hätten sie sich aufgrund des langen Zeitraums wohl wieder zurückgebildet. Ebenfalls nicht nachgewiesen sei, dass der Kläger für Verweisungsberufe eine fehlende Umstellungsfähigkeit habe. Er sei nach wie vor für den allgemeinen Arbeitsmarkt im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen einsetzbar.

Der Senat hat Befundberichte der behandelnden Ärzte Dr.C. und Dr.R. eingeholt und anschließend Prof. Dr.S., W.Krankenhaus St.M., E., mit der Erstellung eines fachorthopädischen Gutachtens beauftragt. Prof. Dr.S. kam in seinem Gutachten vom 17.12.2007 zu folgenden Diagnosen:
- Fortgeschrittenes degeneratives HWS-Syndrom mit pseudoradikulärer Schmerzausstrahlung und ohne sicher nachweisbare Wurzelreizsymptomatik oder ein einer Nervenwurzel zuordenbares sensorisches oder motorisches Defizit.
- Fortgeschrittenes degeneratives LWS-Syndrom ohne aktuell nachweisbare Wurzelreizsymptomatik und ohne ein aktuell nachweisbares, einer Wurzel zuordenbares sensorisches oder motorisches Defizit.
- Mäßige bis fortgeschrittene Gonarthrose bds.; Z.n. valgesierender Tibiakopfosteotomie rechts mit erheblicher Beschwerdesymptomatik.
- Anamnestisch Impingementsyndrom linke Schulter mit radiologisch indirekten Zeichen eines Impingementsyndroms und aktuell guter Funktion der linken Schulter.
Die Tätigkeit als Maurer könne nicht mehr durchgeführt werden, jedoch könnten leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen noch im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich überwiegend im Sitzen, mit möglichem Wechsel zum Stehen und Gehen, ausgeübt werden. Arbeiten im Freien unter wechselnden Klimaeinflüssen könnten nicht mehr durchgeführt werden, ebenso wenig Arbeiten unter Zeitdruck, im Akkord, am Fließband, in Wechselschicht und bei Nacht. Ebenfalls nicht zugemutet werden können Arbeiten mit Zwangshaltungen (Heben, Tragen und Bewegen von Lasten) sowie Arbeiten im Bücken, im Knien, auf Treppen, Leitern und Gerüsten sowie an laufenden Maschinen. Tätigkeiten an Büromaschinen und Bildschirmgeräten seien nach wie vor zumutbar. Die Wegefähigkeit des Klägers sei gegeben, obwohl er zur Untersuchung mit zwei Unterarmgehstützen erschienen und von ihm seine Gehstrecke auf wenige 100 m beziffert worden sei. Der auf orthopädischem Fachgebiet festgestellte Gesundheitszustand bestehe seit dem Jahr 2000, als bei erheblichen Kniebeschwerden eine Tibiakopfosteotomie durchgeführt worden sei. Im Sinne eines chronischen Verlaufes sei eher von einer leichten Verschlimmerung auszugehen, auch dürfte es sich um einen dauerhaften Zustand handeln.

Des Weiteren hat der Senat ein nervenfachärztliches Gutachten von Dr.H. eingeholt, der am 21.04.2008 zu dem Ergebnis kam, dass beim Kläger aus nervenärztlicher Sicht eine Dysthymie sowie ein chronisches Schmerzsyndrom vorlägen. Gegenüber seiner Vorbegutachtung vom Mai 2006 habe sich der Gesundheitszustand des Klägers auf psychiatrischem Fachgebiet gebessert. Für den Zeitraum Januar 2005 bis April 2008 gälten die Gesundheitsstörungen, die in seinem Gutachten für das SG Nürnberg aufgeführt worden seien, unverändert fort. Der Kläger könne die Tätigkeit als Maurer nur noch unter 3 Stunden ausüben, jedoch könne er ab April 2008 unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes konkret 6 Stunden täglich erwerbstätig sein.

Nach Beiziehung eines Anschlussbefundberichtes des behandelnden Neurologen Dr.R. sowie weiterer Unterlagen über den Alkoholentzug des Klägers im Jahr 1992/1993 hat der Senat Dr. D. mit einem nervenärztlichen Fachgutachten nach Aktenlage für die streitige Zeit vom 01.02.2005 bis 31.03.2008 beauftragt. Dr.D. kommt in seinem Gutachten vom 12.12.2009 zu dem Ergebnis, dass der Kläger unter Berücksichtigung der bestehenden Erkrankungen auf nervenfachärztlichem Gebiet in der Zeit vom 01.02.2005 bis 31.03.2008 leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes überwiegend im Sitzen noch vollschichtig, d.h. 6 Stunden und mehr hätte ausüben können. Die Wegefähigkeit sei unter Berücksichtigung der orthopädischen Erkrankung gegeben gewesen. Als relevante Diagnosen werden gestellt:
- Gonarthrose rechts und Z.n. verschiedenen invasiven Eingriffen am rechten Kniegelenk
- Anhaltende somatoforme Schmerzstörung.
- Dysthymia.
- Degeneratives Wirbelsäulensyndrom ohne radikuläre Symptomatik.
- Z.n. Operation eines Karpaltunnelsyndroms links 1993.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des SG Nürnberg vom 08.09.2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des SG Nürnberg vom 08.09.2006 zurückzuweisen.

Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten, die Akten des SG Nürnberg Az: S 18 RJ 25/02 sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.



Entscheidungsgründe:


Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist zulässig und auch begründet. Das SG Nürnberg hat zu Unrecht mit Urteil vom 08.09.2006 die Beklagte dazu verurteilt, dem Kläger über den 31.01.2005 hinaus eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren. Die Voraussetzungen hierfür liegen nicht vor.

Für die Beurteilung eines Anspruchs des Klägers auf Erwerbsminderungsrente ist auf die Regelung des § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) idF ab dem 01.01.2001 abzustellen. Zwar stammte der ursprüngliche Rentenantrag des Klägers aus November 2000, ihm wurde jedoch im Wege eines Prozessvergleiches im Januar 2004 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit erst für die Zeit vom 01.02.2004 bis 31.01.2005 unter Annahme eines Leistungsfalles 03.07.2003 zuerkannt. Damit kommt § 302b SGB VI nicht zur Anwendung. Der Anspruch auf Fortzahlung der zeitweise gewährten Rente wegen voller Erwerbsminderung ist deshalb auf der Grundlage des § 43 SGB VI idF ab dem 01.01.2001 zu beurteilen.

Gemäß § 43 Abs 1 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie
1. teilweise erwerbsgemindert sind,
2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und
3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes für mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Einen Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben nach § 43 Abs 2
SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Zu beachten ist vorliegend, dass die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 23.05.2005 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI zugesprochen hat, nachdem der Gutachter im Verwaltungsverfahren, Dr.D., dem Kläger bescheinigt hatte, dass er seine letzte versicherungspflichtige Tätigkeit als Maurer nicht mehr ausüben könne und zumutbare Verweisungsberufe aufgrund einer fehlenden Umstellungsfähigkeit nicht mehr bestehen. Diese Rente nach § 240 SGB VI war zeitlich zunächst für die Zeit vom 01.02.2005 bis 31.01.2007 gewährt worden, zwischenzeitlich ist die Rente mit Bescheid vom 18.01.2007 für die Zeit vom 01.03.2007 bis zum 31.10.2009 und weiter mit Bescheid vom 11.08.2009 bis zum 31.10.2012 weitergewährt worden. Streitig ist somit ausschließlich noch die Frage, ob dem Kläger Rente wegen Erwerbsminderung nach Maßgabe des § 43 SGB VI über den 31.01.2005 hinaus zusteht.

Nach Überzeugung des Senats ist dies jedoch nicht der Fall. Nach dem eingeholten ärztlichen Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet von Prof. Dr.S. ist der Kläger noch in der Lage, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen überwiegend im Sitzen sowie im Wechsel mit Gehen und Stehen im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich auszuüben. Die vom gerichtlichen Sachverständigen getroffenen Beurteilungen sind für den Senat überzeugend und decken sich mit den in den Akten vorhandenen Befundunterlagen. Hinweise für sichere neurologische Ausfälle im Bereich der HWS oder der LWS sind nicht feststellbar. Die Beschwerden im Knie bestätigt der Sachverständige, das vom Kläger geschilderte Ausmaß kann er jedoch nicht objektivieren. Insoweit spricht er von einer psychopathologischen Fehlverarbeitung. Ohne Nervenwurzelreizsymptomatik oder gesicherte neurologische Ausfälle kann aber nach wie vor von einem quantitativen Leistungsvermögen von mehr als 6 Stunden täglich für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgegangen werden. Gleichzeitig ist zu beachten, dass der Sachverständige beim Kläger Aggravationstendenzen festgestellt hat, auch wenn er ihm dabei nicht unbedingt Absicht unterstellt. In dem vom Senat eingeholten Gutachten von Dr.H. auf nervenärztlichem Fachgebiet vom 21.04.2008 ist festgehalten, dass der Kläger jedenfalls ab April 2008 unter Einbeziehung der orthopädischen Leiden auf nervenfachärztlichem Gebiet wieder über ein Leistungsvermögen im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen verfügt. Dr.H. konstatierte hier gegenüber der Begutachtung im Jahre 2006 für das SG Nürnberg eine deutliche Besserung des Zustandes des Klägers, der ihm einen durchstrukturierten Tagesablauf und entsprechende gesellschaftliche und soziale Kontakte schilderte, so dass keine relevanten depressiven Erkrankungen vorliegen können. Dr.H. spricht nunmehr nur noch von einer Dysthymie sowie von einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung, die aus den gegebenen orthopädischen Leiden erklärbar sei. Für die Zeit vom 01.02.2005 bis 31.03.2008 bleibt er jedoch bei der Einschätzung eines nur eingeschränkten Leistungsvermögens des Klägers von unter 3 Stunden für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes. Nachdem von der Beklagten und ihrem ärztlichen Dienst erhebliche Bedenken gegen das Gutachten von Dr.H. im Jahr 2006 vorgetragen wurden, hat der Senat ein Gutachten nach Aktenlage für den hier weiter fraglichen Zeitraum vom 01.02.2005 bis 31.03.2008 eingeholt, ab dem 01.04.2008 wäre auch nach Dr.H. kein eingeschränktes quantitatives Leistungsvermögen des Klägers mehr gegeben. Dr.D. kommt in seinem Gutachten vom 12.12.2009 nach Aktenlage jedoch zu dem Ergebnis, dass die Leistungseinschätzung durch Dr.H. im Gutachten von 2006 nicht nachvollzogen werden kann und stützt dies nach Ansicht des Senats überzeugend auf die vorhanden Aktenunterlagen. Dr.H. kommt zu dem Ergebnis, dass die Beschwerdeentwicklung im psychischen Bereich beim Kläger, die aufgrund der wirtschaftlichen Folgen in einem gewissen Ausmaß durchaus nachvollziehbar sei, im Rahmen eines bewusstseinsnahen Geschehens erfolgt sei und begründet dies im Wesentlichen mit der Analyse der tatsächlich erfolgten Behandlungsmaßnahmen. Zwar sei eine regelmäßige nervenärztliche Behandlung bei Dr.R. erfolgt, die therapeutischen Maßnahmen, die tatsächlich angewandt worden seien, seien jedoch nicht sehr intensiv gewesen. Dies betreffe sowohl die Möglichkeiten einer Schmerzbehandlung als auch die Behandlung von immer wieder berichteten depressiven Symptomen. Auch auf orthopädischem Fachgebiet habe der Gutachter Dr.M. bereits im Jahre 2002 auf mangelhafte konservative Maßnahmen hingewiesen, was auch in den Folgejahren so zu bestätigen sei. Dies betreffe sowohl die medikamentösen als auch nicht medikamentöse Maßnahmen. Die medikamentöse Behandlung der psychischen Erkrankung lasse ebenfalls den Schluss zu, dass sämtliche Therapiemaßnahmen unterdosiert gewesen und auch keine Therapiespiegelüberprüfungen zur Frage der Therapieoptimierung durchgeführt worden seien. Gleiches gelte auch für die nicht medikamentösen Therapieansätze wie etwa Entspannungsmaßnahmen, Verhaltenstherapie etc, die ebenfalls nicht zur Anwendung gelangt seien. Aufgrund des Fehlens einer optimalen Therapie könne somit zu keinem Zeitpunkt von einer Therapieresistenz ausgegangen werden. Ein relevanter Leidensdruck des Klägers und erheblicher Ausprägungsgrad ließen sich aus den tatsächlichen Therapiemaßnahmen nicht ableiten. Der gerichtliche Sachverständige Dr.H. hätte sich bei dem Beck Depressionstest mit einer Punktzahl von 41 gezwungen sehen müssen, ein Gegenrating durch einen Fremdbeurteilungsbogen zu erheben. Bei Punktzahlen über 40 ergäben sich Hinweise auf einen Aggravationsverdacht, möglicherweise auch alternativ für eine Persönlichkeitsstörung. Bemerkenswert sei der Sachverhalt, dass der Kläger bei der zweiten Begutachtung durch Dr.H. im Beck Depressionstest eine noch höherer Punktzahl von 46 erzielt habe, obwohl Dr.H. zu diesem Zeitpunkt von einem verbesserten psychischen Gesundheitszustand, insbesondere auch gemessen an den Alltagsaktivitäten, ausgehe. Aus den Unterlagen sei daher eher davon auszugehen, dass auch zum damaligen Zeitpunkt, d.h. im Februar 2005 bis März 2008, aus nervenärztlicher Sicht eine Leistungsfähigkeit bestanden habe, welche bei qualitativen Einschränkungen die Ausübung einer leichten Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes vollschichtig ermöglich hätte. Der Senat schließt sich den überzeugenden Ausführungen des Gutachters Dr.D. an. In den im laufenden Verfahren beigezogenen ärztlichen Befundberichten finden sich nach Überzeugung des Senats keine hinreichenden Anhaltspunkte, die das Vorliegen einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung des Klägers im Sinne eines aufgehobenen Leistungsvermögens auf psychischem Fachgebiet objektivieren würden. Der Kläger ist aufgrund der bei ihm bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen seit Januar 2005 nicht mehr in der Lage, seinen bisherigen Beruf als Maurer im Umfang von mehr als 6 Stunden täglich auszuüben so dass eine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI vorliegt, weil die erforderliche Umstellungsfähigkeit für mögliche Verweisungsberufe nicht mehr gegeben ist. Er erhält deshalb ab diesem Zeitpunkt zu Recht aufgrund des Bescheides vom 23.05.2005 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit von der Beklagten, die zwischenzeitlich bis 31.10.2012 verlängert wurde. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI steht dem Kläger jedoch nicht zu, weil er noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung von qualitativen Leistungseinschränkungen im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Das Urteil des SG D-Stadt war deshalb aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 07.12.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2005 abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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